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Bauerngärten in Niederösterreich - Institut für ökologischen ...

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E<strong>in</strong> weiterer Grund, warum die Gartenarbeit <strong>in</strong> der<br />

Verantwortung von nur e<strong>in</strong>er Frau liegt, ist nach<br />

Aussagen der Bäuer<strong>in</strong>nen die Tatsache, dass die<br />

Zusammenarbeit von zwei Frauen im Garten nicht<br />

wirklich gut funktioniert. E<strong>in</strong>gespielte Abläufe und<br />

Gewohnheiten der verantwortlichen Gärtner<strong>in</strong>nen<br />

werden oft hartnäckig beibehalten. Neue Ideen und<br />

Anregungen bei der Gartengestaltung oder Pflanzwünsche<br />

der jüngeren, unerfahreneren Gärtner<strong>in</strong><br />

werden oft nicht berücksichtigt. Die Älteren wollen<br />

<strong>in</strong> Bezug auf die Arbeiten im Garten nichts ändern.<br />

Die Jüngeren müssen dann mit der Verwirklichung<br />

ihrer Ideen oft warten, bis sie die Hauptverantwortung<br />

im Garten übernehmen und dann selber aktiv<br />

gestalten dürfen.<br />

Abbildung 41: Die „nützliche“ Gartenarbeit ist bei den<br />

älteren Frauen sehr beliebt<br />

Für die älteren Frauen stellt der Garten e<strong>in</strong>en Arbeitsbereich<br />

dar, den sie <strong>in</strong> ihrem Alter noch bewältigen<br />

können und wo sie anschaffen und regieren<br />

dürfen. Sie fühlen sich nützlich und können e<strong>in</strong>en<br />

Beitrag zur Selbstversorgung <strong>für</strong> Haus, Hof und Familie<br />

leisten. Die gesamte Familie ist dann oft froh,<br />

wenn die „Alten“ dieser s<strong>in</strong>nvollen Beschäftigung<br />

nachgehen, dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Lebensaufgabe sehen, die sie<br />

im Alter geistig rege, körperlich fit und damit rundherum<br />

länger gesund hält. Daher ist die Gartenarbeit<br />

unter den älteren Frauen sehr beliebt und wird nur<br />

schweren Herzens abgegeben. Das „Regiment über<br />

das Gartenreich“ wird meist erst dann abgetreten,<br />

wenn die Gartenarbeit körperlich zu anstrengend<br />

wird oder krankheitsbed<strong>in</strong>gt die Arbeiten nicht mehr<br />

durchgeführt werden können. Es s<strong>in</strong>d dann <strong>in</strong> erster<br />

L<strong>in</strong>ie die Schwiegertöchter, manchmal auch die<br />

Töchter, die den Garten weiterbewirtschaften (Tabelle<br />

11). Dabei wird kaum e<strong>in</strong> vollkommen „neuer<br />

Bauerngarten“ an e<strong>in</strong>em neuen Standort angelegt.<br />

Wenn der Garten übernommen wird, dann wird von<br />

vielen Frauen der Platz des alten Gartens beibehalten.<br />

Tabelle 11: Vorgänger<strong>in</strong>nen, d.h. Personen, die vor<br />

der befragten Bäuer<strong>in</strong> den Garten bewirtschaftet<br />

haben (n=144 Bäuer<strong>in</strong>nen)<br />

Vorgänger<strong>in</strong> %-Anteil<br />

Schwiegermutter 56<br />

Mutter 26<br />

Sonstige (Oma, Tante, etc.) 18<br />

Berücksichtigung eigener Bedürfnisse<br />

(Größe, Planung, Bewirtschaftung,<br />

Artenausstattung)<br />

Zugewiesener Platz und Größe<br />

E<strong>in</strong> wesentlicher Grund <strong>für</strong> die Bewirtschaftung der<br />

Gärten ist nach Aussagen der Bäuer<strong>in</strong>nen, dass e<strong>in</strong><br />

Garten e<strong>in</strong>fach zu e<strong>in</strong>em Hof dazugehört. So ist bei<br />

niederösterreichischen Gärten oft zu beobachten,<br />

dass die Orte, die den Gärten zugewiesen s<strong>in</strong>d, über<br />

zum<strong>in</strong>dest zwei bis drei Generationen beibehalten<br />

wurden (Tabelle 12). Dieses Festhalten an den vorgegebenen<br />

Strukturen wird vielfach damit begründet,<br />

dass durch bauliche Gegebenheiten ke<strong>in</strong>e Veränderungen<br />

möglich wären.<br />

Tabelle 12: Prozentanteil jener Gärten, bei denen die<br />

Bäuer<strong>in</strong>nen angeben, sie wären an der Stelle schon<br />

angelegt gewesen, wie sie die Bewirtschaftung übernommen<br />

haben (n=173 Gärten).<br />

Viertel %-Anteil<br />

We<strong>in</strong>viertel 61%<br />

Mostviertel 57%<br />

Waldviertel 74%<br />

Industrieviertel 60%<br />

Allerd<strong>in</strong>gs ist dieses Festhalten nicht allzu streng<br />

zu sehen, denn der Garten ist e<strong>in</strong> Raum, der den<br />

<strong>in</strong>dividuellen Gegebenheiten immer wieder angepasst<br />

wird. Wenn zum Beispiel mehr Platz <strong>für</strong> die<br />

Kultivierung von Pflanzen benötigt wird, dann wird<br />

e<strong>in</strong>fach „angestückelt“, bzw. außen am Zaun herum<br />

gepflanzt. Es kommt auch vor, dass zusätzliche<br />

Gärten oder Rabatten an anderen Orten geschaffen<br />

werden. Diese Zunahme an Gartenfläche steht meist<br />

im Zusammenhang mit der Liebe der Gärtner<strong>in</strong> zu<br />

neuen Pflanzenarten, die irgendwann im alten Garten<br />

ke<strong>in</strong>en Platz mehr haben. Es kommt auch vor,<br />

dass die Anzahl der Esser am Hof zunimmt und deswegen<br />

die Fläche <strong>für</strong> Gemüse, Gewürze und Kräuter<br />

ausgedehnt wird. E<strong>in</strong>ige Frauen geben auch an, dass<br />

sie ihre Lebense<strong>in</strong>stellungen geändert haben und<br />

beispielsweise bed<strong>in</strong>gt durch e<strong>in</strong>e Krankheit bewusster<br />

das eigene Gemüse und die eigenen Kräuter wieder<br />

schätzen und deshalb mehr Platz zum Anbauen<br />

brauchen.<br />

Auch die gesunde Ernährung <strong>für</strong> die K<strong>in</strong>der und die<br />

Flächenausdehnung <strong>für</strong> den Anbau von Gemüse s<strong>in</strong>d<br />

wichtige Argumente, wenn der Garten vergrößert<br />

wird. In diesem Fall werden die K<strong>in</strong>der zu denjenigen,<br />

die bestimmen, welche Pflanzenarten im Garten<br />

angebaut werden: Himbeeren, Erbsen, Karotten und<br />

Erdbeeren s<strong>in</strong>d wohl die beliebtesten K<strong>in</strong>derpflanzen.<br />

Die Früchte frisch von der Staude abzuernten<br />

oder die Wurzeln aus dem Boden herauszuziehen,<br />

gehört nicht nur zu e<strong>in</strong>er gesunden Ernährung, sondern<br />

auch zu den ganz besonderen Erlebnissen der<br />

Kle<strong>in</strong>en. Wenn dann die K<strong>in</strong>der auch noch beim<br />

Kochen mithelfen dürfen und im Garten die Kräuter<br />

<strong>für</strong> die Mittagssuppe oder den Salat <strong>für</strong> die Hauptspeise<br />

holen dürfen – und wissen, welche Pflanzen<br />

sie holen sollen! – ist der Stolz ganz besonders groß.<br />

Aber nicht nur Gemüse und Kräuter lösen Freude<br />

bei den K<strong>in</strong>dern aus, sondern auch die vielen Blumen,<br />

die sie mit geschickten Händen zu e<strong>in</strong>em schönen<br />

Blumenstrauß formen, der nicht nur zum Muttertag<br />

Hochsaison hat.<br />

Abbildung 42: Frische Beeren und Früchte werden<br />

von den K<strong>in</strong>dern gerne direkt im Garten verspeist<br />

Abbildung 43: Blumensträuße haben immer Saison<br />

Dass der Garten gerade bei den K<strong>in</strong>dern so beliebt<br />

ist, hat gute Gründe und die Frauen s<strong>in</strong>d sich auch<br />

der Bedeutung dieses Arbeitsbereiches <strong>für</strong> die Entwicklung<br />

der K<strong>in</strong>der bewusst; sie vergrößern oder<br />

bewirtschaften deshalb besonders gerne den Garten.<br />

Die Frauen wollen den K<strong>in</strong>dern e<strong>in</strong>e Grundlage <strong>für</strong><br />

das Entstehen e<strong>in</strong>er verantwortungsvollen Beziehung<br />

im Umgang mit der Natur, mit Hilfe des Gartens,<br />

vermitteln. Die K<strong>in</strong>der lernen mit Pflanzen umzugehen<br />

und dass diese Pflege und Fürsorge brauchen.<br />

Sich gedulden und mit Vorfreude auf etwas warten<br />

können, wird genauso erlebt wie die Gesetzmäßigkeiten<br />

der Natur. Besonders schön ist natürlich der<br />

Erfolg und die Belohnung <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er eigenen<br />

Ernte.<br />

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