<strong>Mai</strong> <strong>–</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2012</strong> 19 GeMeindeBrief 3/<strong>2012</strong>
„Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. Jesu von Nazareth hat den Menschen, die ihm nachfolgen, viel zugetraut, wie die Textstelle aus Matthäus 5 zeigt. Was bedeutet es, unser Licht vor den Menschen leuchten zu lassen? Eine syrische Kirchenordnung aus dem 5. Jahrhundert n. Chr. beschreibt die Aufgaben eines Gemeindediakons, der damals direkt dem Bischof zugeordnet war, dem Leiter der Stadtkirche. Der Diakon geht demnach in den Häusern der Armen ein und aus, um festzustellen, ob es jemanden gibt, der in Not ist. Er packt selber mit an, sorgt sich um die Lebenden wie um die Toten und er bildet die Brücke zur <strong>Kirchengemeinde</strong> <strong>–</strong> er weist sie auf die hin, die Hilfe brauchen, und lässt ihnen Hilfe zukommen. Das heißt: Die Gemeinde schottet sich Elend und Not gegenüber nicht ab, sondern öffnet sich bewusst. Besonders deutlich wird das im Verhältnis zu den Fremden, einer Gruppe, von der man damals nun wirklich nicht wissen konnte, was mit ihnen los ist, ob sie etwa Krankheiten einschleppen oder ob sie Böses im Schilde führen. Sie mussten in den letzten Winkeln der Stadt leben <strong>–</strong> und genau dorthin schickt die Gemeinde ihre Diakone. Dort soll sich der Diakon nach Kranken und Hilfebedürftigen erkundigen. Wo müssten wir da heute hingehen? Was bewirkt das? Man kann sich wahrscheinlich heute kaum vorstellen, welchen Eindruck in der damaligen Zeit dieser Einsatz gegen das Elend und für die Armen gemacht hat. Begründet ist zu vermuten, dass diese gelebte All- 15 Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es allen, die im Hause sind. 16 So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.“ (aus Matthäus 5) Diakonie <strong>–</strong> damals und tagspraxis mehr Menschen den Gemeinden zugeführt hat als ihre Gottesdienste und Predigten. Was dort gesagt wurde, das gewann hier an überzeugender Glaubwürdigkeit <strong>–</strong> was dort als Gemeinschaft und Liebe verkündet wurde, das wurde hier anschaulich. Was bedeutet das für Kirche, damals wie heute? heute Ein solches Handeln ist nur aus einer Logik der Zuwendung und der Liebe zu erklären, rechnen wird sich das kaum. Darum ist etwa, wenn es um die Frage nach dem Sinn eines evangelischen Gemeindekindergartens geht, nicht die Frage entscheidend, wie viele evangelische Kinder dazugehören, sondern ob dort etwas von dieser Zuwendung spürbar wird. In dieser Zuwendung zum Menschen, in dieser Wertschätzung dem Leben gegenüber <strong>–</strong> darin zeigt Kirche, dass sie ihrem Gott folgt, der um der Menschen willen Mensch geworden ist. In dieser Bewegung zu den Menschen zeigt sich nicht nur die Glaubwürdigkeit der Kirche, sondern vor allem ihr Bild von Gott. Die Bedeutung der Diakone für das Leben der Kirche wird in der syrischen Kirchenordnung hervorgehoben, wo es heißt: Der Diakon wird in allem das Auge der Kirche sein. Lasst Euer Licht leuchten vor den Menschen, damit sie euren Vater im Himmel preisen <strong>–</strong> was das bedeutet heute, das wird Diakonie als eine Haltung und Praxis, die geleitet ist von der Diakonie Jesu, immer wieder neu herauszufinden und deutlich zu machen haben. Amen. Text: Hans Höroldt, Diakoniepfarrer unseres Kirchenkreises Leverkusen (Fotos: © Helene Souza & Dieter Schütz, pixelio.de)