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Mai – Juni 2012 - Evangelische Kirchengemeinde Langenfeld

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Herzlichkeit trifft Dankbarkeit<br />

Mit Schwester Silke auf Pflege-Tour<br />

Eigentlich war das Vorhaben ganz einfach zustande<br />

gekommen:<br />

In einem persönlichen Gespräch am Rande einer<br />

Ausschusssitzung bot mir die Leiterin der Diakoniepflegestation<br />

und Presbyterin Ursula Jaeger an, einmal einen<br />

Nachmittag und Abend in einer Schicht des Mobilen Pflegedienstes<br />

mitzufahren. Ein Angebot, das ich spontan gern<br />

annahm, weil es neue Einblicke und Horizonte eröffnen<br />

kann <strong>–</strong> hatte ich doch den Service mobiler Pflegedienste<br />

vor vielen Jahren nur kurz bei meinen Eltern kennen<br />

gelernt, also aus der Rolle des Angehörigen Betroffener. Als<br />

es jetzt meine dienstfreie Zeit zuließ, vereinbarte ich einen<br />

Termin. Und dann war es also klar: Nächste Woche werde<br />

ich am Mittwoch Schwester Silke ab 16.15 Uhr bis gegen<br />

22.00 Uhr auf ihrer Pflege-Tour begleiten. Ich soll Proviant<br />

mitnehmen, den ich dann während des Dienstes bei der<br />

Fahrt im Auto verzehren kann ...<br />

Klar: Wer von Haus zu Haus fährt, um Menschen in<br />

ihren Wohnungen zu besuchen, hat keinen „Pausenraum“<br />

oder ähnliches. Wie wird das wohl erst mit dem Toilettenbedürfnis<br />

werden?<br />

Je näher der Termin rückt, desto mehr Fragen erfüllen<br />

mich: Werde ich, obwohl im Pflegebereich absoluter Laie,<br />

auch einzelne Handgriffe selbst durchführen können? Wie<br />

groß wird überhaupt das Spektrum dessen sein, was zu tun<br />

ist? In welchen Lebenssituationen werden die Menschen<br />

angetroffen werden? Und wie viele Menschen werden nicht<br />

akzeptieren, dass ich dabei bin, so dass ich im Auto warten<br />

muss (oder auch im Wohnzimmer)? Inwiefern werde ich<br />

vielleicht auch Schwester Silke zur Last fallen?<br />

Fragen über Fragen. So mache ich mich denn auf den<br />

Weg zum verabredeten Treffpunkt <strong>–</strong> als Mensch, der<br />

Neues lernen will <strong>–</strong> über Menschen, über Notlagen, über<br />

diejenige(n), die Menschen in schwierigen Lebenslagen<br />

helfen, und auch über das Christliche im diakonischen<br />

Dienst.<br />

Der erste Kontakt zu Schwester Silke verläuft dann<br />

auch gleich völlig unproblematisch: eine freundliche und<br />

offene Person, die (wie ich) vorsichtig die gegenseitigen<br />

Erwartungshaltungen in dieser seltenen Situation auslotet,<br />

aber auch ebenso klare Vorstellungen davon hat, was möglich<br />

ist und was nicht. Schwester Silke hat ihre „Kunden“,<br />

wie man heute sagt (ich würde lieber von „Patienten“ oder<br />

„Klienten“ sprechen), bereits am Vortag gefragt, ob sie mit<br />

meiner Hospitation einverstanden sind. Die erste Überraschung:<br />

Nur eine Dame möchte nicht, dass ich mit ins<br />

<strong>Mai</strong> <strong>–</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2012</strong><br />

Thematischer Schwerpunkt<br />

(Foto: © F. W. Frank)<br />

Haus komme <strong>–</strong> und eine weitere möchte, dass ich während<br />

des Waschens im Badezimmer lieber im Wohnzimmer<br />

warte. Alle anderen sind einverstanden mit meiner Anwesenheit;<br />

welch ein Vertrauensbeweis <strong>–</strong> vor allem gegenüber<br />

Schwester Silke.<br />

Klar wird auch: Nein, selbst aktiv werde ich nicht<br />

werden. Unterstützung während der Einnahme von Mahlzeiten<br />

wird nicht durchgeführt, und alles andere erfordert<br />

spezifische Kenntnisse. Ich werde also zuschauen.<br />

Kaum sind diese Grundlagen geklärt, sind wir auch<br />

schon bei der ersten Patientin angekommen. Eine ältere<br />

Dame, Diabetikerin, bekommt den Blutdruck gemessen<br />

und erhält nach Messung des Blutzuckerspiegels ihre Insulinspritze.<br />

So beginnt ein Nachmittag und Abend, an dem<br />

die über 20 Besuche sehr unterschiedlich sein werden. Die<br />

Dauer variiert von wenigen Minuten bis zu deutlich über<br />

einer halben Stunde, je nachdem, was gemacht werden<br />

muss, und sehr verschieden sind auch die Aufgaben, die<br />

für die pflegende Schwester anstehen: Manche Patienten<br />

benötigen Hilfe beim Ausziehen der Stützstrümpfe, bei<br />

manchen geht es um die Einnahme von Medizin oder den<br />

Einsatz von Augentropfen; es gibt aber auch Menschen,<br />

die gewaschen und deren Windel gewechselt werden muss.<br />

Und eine Patientin erhält aufgrund einer Verdauungserkrankung<br />

jeden Abend eine in der Nacht laufende Infusion<br />

mit Fertignahrung, die mit vielen professionellen Handgriffen<br />

extra frisch unter sterilen Bedingungen zubereitet<br />

werden muss. Welche Verantwortung!<br />

GeMeindeBrief 3/<strong>2012</strong><br />

3

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