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Anne Frank - eine Geschichte für Darmstadt - Darmstädter Anne ...

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„Veränderungen in der Erinnerungsarbeit sind notwendig“<br />

Klaus Müller Guides führen durch die Ausstellung Die Guides Christian und Christina Macho stehen interessierten Schülern Rede und Antwort<br />

<strong>Anne</strong> <strong>Frank</strong><br />

„Das Versprechen, niemals zu vergessen und zu vergeben,<br />

ist nicht genug…“<br />

Zur pädagogischen Konzeption der <strong>Darmstädter</strong> <strong>Anne</strong>-<strong>Frank</strong>-Ausstellung<br />

Klaus Müller<br />

Das Tagebuch der <strong>Anne</strong> <strong>Frank</strong> ist zweifellos<br />

<strong>eine</strong>s der faszinierendsten literarischen<br />

Werke des 20. Jahrhunderts. Und es spricht<br />

auch heute noch immer wieder neue Generationen<br />

heranwachsender Jugendlicher<br />

an. Das liegt im Kern darin, dass an diesem<br />

Einzelschicksal der Zugang zu <strong>eine</strong>m der<br />

größten Verbrechen in der <strong>Geschichte</strong> der<br />

Menschheit – der von Deutschen organisierte<br />

systematische Mord an den Juden Europas<br />

- in <strong>eine</strong>r ganz besonderen Weise eröffnet<br />

wird. Dieses Besondere liegt in Folgendem:<br />

– Hier schreibt ein 14 jähriges Mädchen in<br />

<strong>eine</strong>r total isolierten und täglich existenziell<br />

bedrohten Lebenssituation. <strong>Anne</strong> <strong>Frank</strong><br />

sucht nach <strong>eine</strong>m „Kommunikationspartner“,<br />

dem sie ihre Gedanken anvertrauen kann<br />

und gibt ihm <strong>eine</strong>n Namen: Kitty - ihr Tagebuch.<br />

Das dort fast täglich über <strong>eine</strong>n Zeitraum<br />

von zweieinhalb Jahren Notierte ist<br />

auch heute noch an vielen Stellen so dicht<br />

an den Problemen Heranwachsender – ins-<br />

besondere junger Mädchen -, dass ihr Interesse<br />

in <strong>eine</strong>r ganz besonderen Weise geweckt wird.<br />

Dies bezieht sich vor allem auf die Auseinandersetzung<br />

mit den Eltern – insbesondere den<br />

Konflikt zwischen <strong>Anne</strong> und ihrer Mutter und<br />

auf Fragen zum Thema Sexualität und zu dem<br />

Verhältnis zum anderen Geschlecht. Dieser<br />

Sachverhalt all<strong>eine</strong> weckt schon das Interesse<br />

vieler heutiger Jugendlicher – ist ihnen doch<br />

der Gedanke des Rückzuges und der Abgrenzung<br />

von der Welt der Erwachsenen nicht<br />

fremd.<br />

– Das Tagebuch zeichnet sich allerdings durch<br />

ein sehr viel breiteres Spektrum aus. Es ist<br />

diese Mischung aus schlicht Alltäglichem und<br />

aus <strong>Anne</strong>s spontanen Emotionen - ihrem<br />

Ärger, ihrer Freude, ihrer Aufregung - mit<br />

politischen Kenntnissen und sehr persönlichen<br />

intimen Gedanken sowie außerordentlich erwachsenen,<br />

manchmal geradezu philosophisch<br />

anmutenden Überlegungen, die die Lektüre<br />

gerade auch <strong>für</strong> junge Menschen so interessant<br />

macht. Für ein Mädchen dieses Alters sind viele<br />

der von ihr geäußerten Gedanken eigentlich<br />

unvorstellbar – verstehen kann man sie nur<br />

vor dem Hintergrund <strong>eine</strong>r sehr gebildeten<br />

bürgerlichen Herkunftsfamilie. Kritiker haben<br />

das, was <strong>Anne</strong> geschrieben hat, als „frühreif“<br />

bezeichnet - sicher nicht falsch, aber auch<br />

abwertend und insofern nicht zutreffend.<br />

– Zugleich ist bei der Lektüre immer auch der<br />

gesamte Lebenszusammenhang der acht versteckten<br />

Menschen im Hinterhaus in der Prinzengracht<br />

263 in Amsterdam und der dahinter<br />

stehende gesellschaftspolitische Hintergrund –<br />

das nationalsozialistische Terrorregime in den<br />

Niederlanden – präsent: die nicht nachlassende<br />

tagtägliche Bedrohung ihrer Existenz. Die<br />

Anspannung und die Angst der Eingesperrten<br />

übertragen sich auf den Leser. Er fiebert mit.<br />

Er ist erleichtert, wenn es mal wieder gelungen<br />

ist, <strong>eine</strong>r Entdeckung zu entkommen. Und er<br />

hofft immer wieder neu, dass die <strong>Geschichte</strong><br />

doch <strong>eine</strong>n positiven Ausgang nehmen möchte<br />

– wohl wissend, dass es ja anders kommt.<br />

Das Tagebuch erzeugt auch heute noch <strong>eine</strong><br />

ganz besondere Spannung und entfaltet vor<br />

dem Hintergrund des Schicksals von <strong>Anne</strong><br />

<strong>Frank</strong> und ihrer Familie <strong>eine</strong> ergreifende<br />

Wirkung. Dass dieses Mädchen, das so liebenswert,<br />

so klug, so gebildet und als junge<br />

Pubertierende auch so normal ist, wegen<br />

der NS-Rassenideologie ermordet wurde,<br />

das provoziert nach wie vor sowohl zum<br />

Nachdenken über die Frage, wie das geschehen<br />

konnte, als auch darüber, was unsere<br />

Gesellschaft heute charakterisiert, was sie<br />

zusammenhält oder auch trennt. Neben der<br />

historischen Frage nach den Ursachen in<br />

der Vergangenheit, steht unabwendbar die<br />

Frage nach unserer Gegenwart und unserer<br />

Zukunft.<br />

Neue Anforderungen an die Erinnerungsarbeit<br />

In <strong>eine</strong>r Gesellschaft, in der sich immer<br />

mehr unterschiedliche kulturelle Wurzeln<br />

sammeln, wird historische Erinnerungsarbeit<br />

immer komplizierter, weil immer mehr<br />

verschiedene „Vergangenheiten“ der in<br />

Deutschland lebenden Menschen vorhanden<br />

sind. Welche Bedeutung hat <strong>für</strong> junge<br />

Menschen aus der Türkei, aus Marokko, aus<br />

Bosnien oder Afghanistan, die in Deutschland<br />

zur Schule gehen, die Beschäftigung mit „der<br />

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