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Financial Times Deutschland vom 19.11.2008 Dossier

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MittwochI 19. November 2008 ...........................................................................................................................................................................................11<br />

Doch damit die Finanzkommunikation ihre<br />

ganze Stärke ausspielen kann, müssen Unternehmer<br />

zunächst einmal einen Plan aufstellen. „Die<br />

Kommunikation mit Banken und anderen Kapitalgebern<br />

sollte immer planvoll verlaufen“, begründet<br />

Martin Wambach, Partner der Steuerberatungs-<br />

und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />

Rödl. Denn wenn die nötige Konstanz fehlt, verwirren<br />

und verunsichern Informationen die Banker<br />

mehr als dass sie erhellend wirken. „Unternehmer<br />

sollten deshalb zunächst einen Rahmen abstecken,<br />

wie oft und in welchem Turnus sie Informationen<br />

verschicken wollen“, sagt Wambach.<br />

ÜBERLEGUNGEN ZUM INHALT folgen dann erst in<br />

einem zweiten Schritt. Hier müssen Unternehmer<br />

einen Mittelweg fi nden. „Kleinere Unternehmen<br />

sollten sich auf zwei hochwertige Halbjahresberichte<br />

beschränken, statt jeden Monat einen oberfl<br />

ächlichen Bericht zu liefern“, sagt Wambach.<br />

Banken, Leasinggesellschaften und Factoring-Anbieter<br />

sind nämlich von Mittelständlern nicht gerade<br />

verwöhnt. Wer zwei hochwertige Berichte<br />

pro Jahr erhält, ist deshalb meist schon zufrieden.<br />

„Schicken Unternehmen dann noch zusätzlich einen<br />

Plan mit einem Ausblick für die kommenden<br />

Monate, hinterlassen sie bei der Bank einen hervorragenden<br />

Eindruck“, sagt Wambach.<br />

Um dieses gute Bild von Beginn an abzugeben,<br />

empfi ehlt Wambach Unternehmern, gemeinsam<br />

mit einem Steuerberater eine Finanzkommunikationsstrategie<br />

zu entwickeln. „Dann<br />

hat man schon einen Plan in der Tasche, wenn<br />

man mit dem Berater der Hausbank spricht.“ Böse<br />

Überraschungen können Unternehmer so nicht<br />

mehr erleben. Schließlich wissen sie schon vor<br />

dem Bankgespräch, welche Informationen vorliegen<br />

– oder wie lange es dauern würde, bestimmte<br />

weitere Kennzahlen zu berechnen.<br />

Über die äußere Form der Finanzberichte an<br />

die Bank brauchen sich Unternehmer keine Gedanken<br />

zu machen. Sind die Informationen übersichtlich<br />

aufbereitet, ist es gleich, ob es sich um ei-<br />

Kurz nachdem Christof<br />

Küchle vor rund zehn Jahren<br />

beim gleichnamigen Backzutatenhersteller<br />

im schwäbischen<br />

Günzburg das Ruder übernommen<br />

hatte, traf er sich mit dem<br />

Berater seiner Hausbank. „Damals<br />

habe ich bemerkt, dass er sehr interessiert<br />

war und viele Fragen hatte“,<br />

erinnert sich der Chef des Familienunternehmens.<br />

Er fasste einen Beschluss:<br />

„Ich wollte proaktiver<br />

werden.“ Seither informiert er seine<br />

Bank regelmäßig. „Schließlich will<br />

ich etwas von der Bank.“<br />

Anfangs stellte Küchle nur ein<br />

paar Zahlen zusammen. Heute informiert<br />

er seine Bank dreimal pro<br />

Jahr in detaillierten Zwischenberich-<br />

BESSER BESPRECHEN<br />

Folgen einer schlechten Finanzkommunikation<br />

Frage Kapitalgeber: Bei wie viel Prozent Ihrer Kunden kam es in den letzten drei Jahren zu<br />

einem der folgenden Ereignisse? Frage Kapitalnehmer: Kam es in den letzten drei Jahren<br />

schon einmal zu einem der drei folgenden Ereignisse?<br />

Kapitalnehmer Kapitalgeber<br />

Mehr oder häufigere Informationen<br />

über das Unternehmen verlangt<br />

Kapital/Kredit verteuert<br />

Bürokratischer verhalten als zuvor<br />

Mehr Sicherheit verlangt<br />

Druck zur Informationsherausgabe<br />

erhöht<br />

Kredite bzw. Kreditlinien gekürzt<br />

gene Excel-Tabellen oder eine betriebswirtschaftliche<br />

Auswertung des Steuerberaters handelt.<br />

Haben Mittelständler einen Plan entwickelt,<br />

nach welchem Muster sie ihre Kapitalgeber informieren<br />

wollen, müssen sie sich nur noch um die<br />

Geschwindigkeit sorgen, sagt Hermann Zimmermann,<br />

Mitinhaber der Agentur Engel & Zimmermann<br />

und Experte für Finanzkommunikation im<br />

Mittelstand. Das Maß der Dinge sind dabei<br />

börsennotierte Konzerne: Inhabergeführte Unternehmen<br />

sollten ihre Banken genauso schnell informieren.<br />

Gewinn- und Verlustrechnungen, Bilanzen<br />

und Marktdaten sollen möglichst aktuell<br />

sein, wenn sie bei den Finanziers ankommen.<br />

Darüber hinaus sollten Mittelständler sich<br />

nicht nur an Kapitalgeber richten, sondern auch<br />

andere Gruppen mit einbeziehen, rät Zimmermann.<br />

„Zur Zielgruppe gehören auch Bürgermeister<br />

und Landrat, Bundestagsabgeordnete,<br />

Verbände und die Presse“, sagt der PR-Fachmann.<br />

„Unternehmen brauchen ein Netzwerk in der Finanz-Community.<br />

Durch regelmäßige Gespräche<br />

KÜCHLE WEISS, WAS DIE BANKEN WOLLEN<br />

ten über seine Geschäfte. Auch über<br />

neue Produkte und Expansionspläne<br />

unterrichtet er den Kapitalgeber.<br />

Diese Berichte nützen auch ihm.<br />

„Ich kann daran ebenso wie die<br />

Bank erkennen, wie es dem Unternehmen<br />

geht und wo Handlungs-<br />

24<br />

27<br />

27<br />

bedarf besteht“, sagt er. Das ist in<br />

dieser Branche besonders wichtig.<br />

Denn Küchle produziert Zutaten<br />

für die Weihnachtsbäckerei – ein<br />

extrem saisonabhängiges Geschäft.<br />

Den meisten Umsatz macht das<br />

Unternehmen vor Weihnachten.<br />

KÜCHLE IN GÜNZBURG informiert seine Bank auch über neue Produkte<br />

8<br />

8<br />

12<br />

18<br />

21<br />

23<br />

28<br />

34<br />

33<br />

FTD/jst; Quelle: Studie Fikomm 2008<br />

(Euler Hermes/Ruhruniversität Bochum)<br />

BEDARF 82 Prozent der<br />

Finanziers wünschen sich<br />

von Betrieben mehr harte<br />

Fakten, etwa Zahlen aus<br />

dem Controlling, 56 Prozent<br />

pochen auf ein besseres<br />

Timing, 43 Prozent auf<br />

mehr Ehrlichkeit, Off enheit,<br />

Partnerschaftlichkeit<br />

und Zuverlässigkeit, auch<br />

in der Krise.<br />

VERBESSERUNG Eine gute<br />

Finanzkommunikation<br />

erhöht aus Sicht der Kapitalgeber<br />

vor allem die Beziehungsqualität.<br />

Das<br />

schaff t Vertrauen und erleichtert<br />

den Umgang.<br />

baut man sich solche Verbindungen auf und<br />

schaff t Vertrauen.“<br />

Wichtigster Maßstab der Finanzkommunikation<br />

ist aber Konstanz, sagt der Experte. Denn<br />

wer eine Krise kommen sieht und dann schnell<br />

mit Kommunikation gegensteuern will, wird<br />

seine Gesprächspartner eher verunsichern als<br />

beruhigen. „Ein mittelständisches Unternehmen<br />

kann man nicht über Nacht zu einer transparenten<br />

Firma machen“, sagt Zimmermann.<br />

Das weiß auch Bernhard Kallup, Chef des<br />

Büromöbelbauers Sedus Stoll. „Unsere Branche<br />

ist extrem konjunkturabhängig“, sagt Kallup. So<br />

schloss Sedus zum Beispiel das Jahr 2003 mit<br />

einem Verlust ab. Doch die Banken konnte Sedus<br />

trotzdem bei Laune halten. Denn Finanzchef<br />

Carl-Heinz Osten hatte mit Finanzkommunikation<br />

vorgesorgt, indem er Banken, Aktionäre,<br />

Mitarbeitern und die Presse regelmäßig über die<br />

geschäftszahlen informiert hatte. „Finanzkommunikation<br />

ist Krisenprävention“, sagt Osten. „Eine<br />

Versicherung gegen schlechte Zeiten.“4<br />

Die Folge: „Wir müssen jedes Jahr<br />

mehrere Monate vorfi nanzieren.“<br />

Seine Strategie kommt bei den<br />

Banken an und wurde jetzt mit dem<br />

Preis „Beste Finanzkommunikation<br />

im Mittelstand“ ausgezeichnet. „Auf<br />

diesem Weg kann ich mich von anderen<br />

Kunden unterscheiden“, sagt<br />

Küchle. In der aktuellen Krise ist das<br />

viel wert. „Vor einer möglichen Kreditklemme<br />

habe ich keine Angst.“<br />

Gerade erst hat Küchle mit seinem<br />

Be rater eine größere Kreditlinie ausgehandelt,<br />

um die aktuelle Weihnachtsproduktion<br />

vorzufi nanzieren.<br />

„Viel erklären musste ich da nicht.<br />

Die Bank weiß ja, wofür ich das<br />

Geld brauche. Weil sie mein Geschäft<br />

kennt.“ CHRISTOPH HUS

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