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Financial Times Deutschland vom 19.11.2008 Dossier

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Mittwoch I 19. November 2008 .............................................................................................................................................................................................3<br />

EIN<br />

MITARBEITER VON<br />

MÜNSTERMANN BEIM SCHWEISSEN.<br />

DER BETRIEB GILT ALS EXPERTE IN DER<br />

FERTIGUNG VON TROCKNUNGSANLAGEN<br />

B<br />

ernd Münstermann beschönigt nichts,<br />

wenn er die Situation beschreibt, in der<br />

sich sein Unternehmen vor nunmehr fünf<br />

Jahren befand. Die Wirtschaftsfl aute hatte<br />

den Spezialisten für Sonderanlagenbau hart getroff<br />

en: „Wir lagen am Boden, und die Banken<br />

haben uns die Pistole auf die Brust gesetzt“, sagt<br />

er. „Du kriegst kein Geld mehr, hieß es schlicht<br />

und brutal.“ Die radikale Haltung der Banken<br />

hätte beinahe das Aus des mittlerweile 160 Jahre<br />

alten Industriebetriebs bedeutet. Dass das Unternehmen<br />

damals nicht von der Bildfl äche verschwand,<br />

hat es – so paradox es auch klingt – genau<br />

jenem brutalen „Nein“ der Banken zu<br />

verdanken. Denn es zwang Münstermann dazu,<br />

einiges in seinem Unter nehmen zu verändern –<br />

vor allem die Kommunikationspolitik.<br />

Sie war einer der Gründe für die ablehnende<br />

Haltung der Bank. Also beschloss Münstermann,<br />

künftig off ener mit den Banken zu reden. Zusätzliche<br />

Mitarbeiter und ein<br />

neues EDV-System halfen,<br />

die notwendigen Daten auf-<br />

zube reiten. Die Rechnung<br />

ging auf: Dank der neuen<br />

Transparenz konnte Münstermann<br />

seinen Kapitalgebern<br />

schließlich doch noch<br />

das dringend benötigte Geld<br />

entlocken. Seitdem ist das<br />

Unternehmen auf Expansionskurs.<br />

Lag der Umsatz im<br />

Krisenjahr 2003 noch bei<br />

18 Mio. €, stieg er bis 2007<br />

auf 43 Mio. €.<br />

Heute erhalten alle Kapitalgeber<br />

und jeder Mitarbeiter<br />

die Plan- und Ist-Zahlen<br />

sowie umfangreiche Informationen<br />

über die gegenwärtige<br />

Lage des Unternehmens.<br />

Dazu zählen Monats-, Quartals-<br />

und Jahresergebnisse sowie<br />

die Entwicklung der Auftragseingänge,<br />

der Ertragslage<br />

und des Eigenkapitals.<br />

Für seinen vorbildliche<br />

Informationspolitik wurde<br />

Münstermann in diesem Jahr<br />

IDEALE<br />

mit dem Preis „Beste Finanzkommunikation im<br />

Mittelstand“ in der Kategorie Mittlerer Mittelstand<br />

ausgezeichnet. Ausgelobt wurde der Preis<br />

<strong>vom</strong> Kreditversicherer Euler Hermes, der Commerzbank,<br />

dem Bundeswirtschaftsministerium,<br />

dem Bundesverband der Deutschen Industrie,<br />

dem Wirtschaftsmagazin „Impulse“ und der <strong>Financial</strong><br />

<strong>Times</strong> <strong>Deutschland</strong>. „Münstermann hat<br />

den Kapitalgebern eine Story präsentiert, eine<br />

Unternehmensgeschichte, gespickt mit Informationen,<br />

emotional und professionell“, erklärt<br />

Hans Joachim Kasperski, Marketingleiter bei<br />

Euler Hermes.<br />

Weitere Preisträger sind der Backoblatenhersteller<br />

Küchle (Kategorie „kleiner Mittelstand“)<br />

und der Heiztechnikspezialist Vaillant (Kategorie<br />

„großer Mittelstand“). Vaillant überzeugte die Jury<br />

vor allem dadurch, dass sich die Informationspolitik<br />

an den Bedürfnissen der jeweiligen Ziel-<br />

gruppen orientiet. Seien es Journalisten, Gesellschafter,<br />

Banken oder die Mitarbeiter. Mit jedem<br />

führt die Geschäftsführung regelmäßige Gespräche<br />

und hält sie über die aktuellen Entwicklungen<br />

auf dem Laufenden.<br />

So gekonnt wie Münstermann, Vaillant und<br />

Küchle kommunizieren die kleinen und mittleren<br />

Firmen noch zu selten. Das ergab eine Studie von<br />

Euler Hermes (Fikomm-Studie), für die 716 Unternehmen<br />

aus unterschiedlichen Branchen sowie<br />

300 Kapitalgeber und 100 Startups zum Th ema<br />

Finanzkommunikation befragt wurden. Zwar bewegt<br />

das Th ema der richtigen Finanzierung die<br />

deutschen Mittelständler wie kein anderes. Doch<br />

wenn es darum geht, Banken, Leasinggesellschaften<br />

oder Beteiligungskapital geber mit Informationen<br />

zu versorgen, mauern die meisten<br />

Unternehmer. Dabei kann Transparenz und die<br />

richtige Information zur richtigen Zeit die Mittelbeschaff<br />

ung erheblich erleichtern, die Beziehung<br />

zu Finanzierungspartnern<br />

verbessern und damit den<br />

Spielraum erweitern.<br />

Vor dem Hintergrund der<br />

EHRLICHKEIT Voraussetzung für eine ver-<br />

aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise<br />

ist eine profestrauensvolle<br />

Partnerschaft mit der Bank sionelleFinanzkommuni- ist die Bereitschaft, in Gelddingen alle kation wichtiger den je. „Es<br />

Karten off en auf den Tisch zu legen. Wer wird künftig nicht einfacher<br />

etwas verheimlicht, schadet in erster Linie werden, einen Kredit zu<br />

sich selbst.<br />

bekommen“, sagt Stephan<br />

Paul, der an der Ruhr-Uni-<br />

TRANSPARENZ Bilanzzahlen, Zwischenversität Bochum Finanzieberichte<br />

und fi nanzielle Planungen sollten rung und Kreditwirtschaft<br />

nachvollziehbar und nach allgemein lehrt und die Fikomm-Stu-<br />

anerkannten Standards aufb ereitet sein, die durchgeführt hat. „Un-<br />

sodass sie von der Bank schnell und ternehmen müssen ihre<br />

unkompliziert eingesehen werden Finanzkommunikation jetzt<br />

können.<br />

krisenfest machen – damit<br />

daraus keine Kreditklemme<br />

ÜBERZEUGUNG Auch wenn vor allem erwächst“, sagt Paul.<br />

die Fakten zählen: Kapitalgeber lassen Viele Mittelständler sind<br />

sich noch immer davon beeindrucken, damit aber erheblich über-<br />

wenn Unternehmer ihnen das Gefühl verfordert. Laut Fikomm-Stumitteln,<br />

vollkommen hinter ihrer Sache zu die scheitert bei vielen eine<br />

stehen. Eine Einladung in den Betrieb transparente Informations-<br />

kann dabei durchaus helfen.<br />

politik an ganz grundlegenden<br />

Dingen. „Es ist erschreckend.<br />

Selbst bei Bilanzen,<br />

die eigentlich Standard sind, gibt es Lücken“,<br />

sagt Paul. Und auch die Gewinn- und<br />

Verlustrechung ist häufi g mit Fehlern gespickt –<br />

wenn sie überhaupt ein gereicht wird.<br />

Dahinter steckt auch, dass vielen Firmenchefs<br />

eine umfassende Informationsweitergabe nicht<br />

geheuer ist. „Das ist traditionell in den Unternehmen<br />

verankert. Gerade kleine und mittelständische<br />

Unternehmen wollen wenig rausrücken.<br />

Und wenn, dann nur das notwendigste“, berichtet<br />

der Finanz- und Mittelstandsexperte Diethard<br />

Simmert von der International School for Management<br />

in Dortmund.<br />

In vielen Unternehmen spielt die Devise „Tue<br />

Gutes und sprich nicht darüber“ eine Rolle, sagt<br />

Studien-Autor Paul. Andere fürchten, dass Daten<br />

an Wettbewerber gelangen könnten, und geben<br />

deshalb Informationen nur zögerlich und äußerst<br />

spärlich heraus. „Den Unternehmen fehlt oft 3

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