Materialien Geschlechtersensible Pädagogik in der Kita (PDF, 1
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Auftraggeber<br />
Trägerverbund Hessisch Oldendorf,<br />
R<strong>in</strong>teln, Auetal und Hameln<br />
<strong>Geschlechtersensible</strong> <strong>Pädagogik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> KiTa<br />
Gen<strong>der</strong>konzept im Umfang von vier Modulen<br />
für auszubildende Erzieher_<strong>in</strong>nen<br />
MATERIALIEN<br />
Institut für Gen<strong>der</strong>-Perspektiven<br />
Kontakt:<br />
Michael Drogand-Strud<br />
Fenna Paproth<br />
Heimvolkshochschule<br />
'Alte Molkerei Frille'<br />
Mitteldorf 1<br />
D-32469 Petershagen<br />
Fon: 05702-9771<br />
Fax: 05702-2295<br />
drogand-strud@hvhs-frille.de<br />
paproth@hvhs-frille.de
Drogand-Strud/Paproth: MATERIALIEN <strong>Geschlechtersensible</strong> <strong>Pädagogik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> KiTa 2<br />
Inhaltsverzeichnis <strong>Materialien</strong><br />
Modul I: Grundlagen und Sensibilisierung für geschlechtsbezogene Sichtweisen<br />
Methode „Eigene Sozialisationserfahrungen“ Seite 3<br />
Material: - Biografische E<strong>in</strong>stimmung<br />
- Leitfragen<br />
Methode „Eigene Wahrnehmungen von Mädchen und Jungen“ (45 M<strong>in</strong>uten) Seite 5<br />
Material: - Thesenpapier<br />
- zwei Stuhlkreise <strong>in</strong>e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> gestellt<br />
Methode „Wissensvermittlung“ Seite 6<br />
Material: Vortragsfolien<br />
Modul II: <strong>Geschlechtersensible</strong> Angebote für Mädchen und Jungen<br />
Methode „Köpfe tauschen“ (45 M<strong>in</strong>uten) Seite 10<br />
Material: - Verschiedene aktuelle Kaufhauskataloge mit Modeteil;<br />
Flipchartpapier, Scheren, Klebestifte, Stifte<br />
(nicht im Materialpaket enthalten)<br />
- Auswertungsfragen „Köpfe tauschen“<br />
Methode „Geschlechterbil<strong>der</strong> <strong>in</strong> Märchen & Geschichten analysieren & verän<strong>der</strong>n“ Seite 11<br />
Material: - E<strong>in</strong> bekanntes Märchen, z.B. „Rotkäppchen“<br />
- Arbeitsaufgaben 1-4<br />
Mädchen- und Jungenbil<strong>der</strong> von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n zum Thema machen Seite 13<br />
Material: - Praxisbeispiel 1: „Mädchen-Junge-Projekt“<br />
- Praxisbeispiel 2: „Der Außerirdische MOX befragt Jungen und Mädchen“<br />
- Auswertungsfragen „Mädchen- und Jungenbil<strong>der</strong> zum Thema machen“<br />
Modul III: <strong>Geschlechtersensible</strong> Elternarbeit<br />
Methode: „Argumentationshilfen“ (45 M<strong>in</strong>uten) Seite 16<br />
Material: - Vorlage „Argumentationshilfe“<br />
- Arbeitsaufgaben „Argumente für e<strong>in</strong>e geschlechterbewusste <strong>Pädagogik</strong>“<br />
Modul IV:Konsequenzen für die eigene Praxis/Auswertung des Tages<br />
Material: - Reflexionsfragen „Abschlusse<strong>in</strong>heit“<br />
- Vorlage „5-F<strong>in</strong>ger – Auswertung“<br />
Seite 19
Drogand-Strud/Paproth: MATERIALIEN <strong>Geschlechtersensible</strong> <strong>Pädagogik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> KiTa 3<br />
Modul I: Methode „Eigene Sozialisationserfahrungen“<br />
Biografische E<strong>in</strong>stimmung<br />
Atmosphäre herstellen<br />
Kontakt f<strong>in</strong>den (langsam vorgehen, Wie<strong>der</strong>holungen e<strong>in</strong>setzen, Gruppe beobachten)<br />
Anleitung zur Entspannung und E<strong>in</strong>stimmung:<br />
„Leg dich bequem auf den Boden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Haltung, die dir angenehm und vertraut ist. Räkle dich<br />
e<strong>in</strong> wenig, so dass es nicht irgendwo drückt o<strong>der</strong> klemmt. Lass es dir ganz gut gehen. Schließe die<br />
Augen. Konzentriere dich ganz auf dich selbst. Atme e<strong>in</strong> und tief wie<strong>der</strong> aus…(mehrmals<br />
wie<strong>der</strong>holen!) Spüre den Strom de<strong>in</strong>es Atems durch de<strong>in</strong>en Körper gehen…Lass Gedanken und<br />
Bil<strong>der</strong> auf-steigen, halte sie nicht fest…Nimm wahr, wie du daliegst, wie de<strong>in</strong> Körper Kontakt zum<br />
Boden hat, von ihm getragen wird… Spüre <strong>in</strong> jeden Teil de<strong>in</strong>es Körpers h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>: Spüre de<strong>in</strong><br />
Gesicht…die Muskeln <strong>in</strong> de<strong>in</strong>em Gesicht…die Stirn…die Augen…die Wangen…den Mund…den<br />
Unterkiefer… Wenn du Anspannungen spürst, gehe ihnen nach, verstärke sie und lasse sie dann<br />
los… Spüre de<strong>in</strong>en Nacken, fühle, wie du de<strong>in</strong>e Schultern hältst, de<strong>in</strong>e Arme…de<strong>in</strong>e Hände…<br />
Spürst du Impulse, gehe ihnen <strong>in</strong> Gedanken kurz nach. Spüre de<strong>in</strong>e Brust…Fühle de<strong>in</strong>en Rücken,<br />
geh langsam de<strong>in</strong>e Wirbelsäule entlang…Spüre de<strong>in</strong>en Bauch, atme tief <strong>in</strong> ihn h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>…Fühle de<strong>in</strong><br />
Becken…Spüre de<strong>in</strong> Gesäß… Nimm de<strong>in</strong>e Oberschenkel wahr…de<strong>in</strong>e Be<strong>in</strong>e…de<strong>in</strong>e Füße…de<strong>in</strong>e<br />
Zehen.“<br />
Wir begeben uns gleich auf e<strong>in</strong>e Reise <strong>in</strong> die Fantasie. Ich lade dich e<strong>in</strong>:<br />
Stell dir vor, du bist vierzehn Jahre alt. Betrachte den Ort <strong>in</strong> dem du mit 14 gelebt hast, ….wie sah<br />
das Zimmer aus, <strong>in</strong> dem du wohntest,…wie hast du dich gekleidet?...womit hast du dich mit 14<br />
umgeben, wofür hast du geschwärmt, was war dir noch sehr fremd. Wer lebte mit dir dort …<br />
Eltern, Geschwister, Verwandte… Mit wem hattest du noch Kontakt: Freunde, Mitschüler<strong>in</strong>nen<br />
und – schüler, Tra<strong>in</strong>er, Tra<strong>in</strong>er<strong>in</strong>nen, Lehrer<strong>in</strong>nen, Lehrer an<strong>der</strong>e Erwachsene….<br />
Wen hast du gemieden?<br />
Wie hast du de<strong>in</strong>e körperlichen Entwicklungen wahrgenommen? Welche Vorstellung hattest du<br />
von de<strong>in</strong>em künftigen Leben als junge Frau o<strong>der</strong> als junger Mann? Gab es Erwartungen an dich<br />
als Mädchen o<strong>der</strong> als Junge?<br />
Verlasse <strong>in</strong> de<strong>in</strong>er Fantasie den Ort, an dem du mit 14 Jahren gelebt hast und begebe dich an<br />
den Ort, wo du mit 7 Jahren gelebt hast….<br />
Wie<strong>der</strong>holen <strong>der</strong> Er<strong>in</strong>nerungsanstöße für dieses Alter und noch e<strong>in</strong>mal für das Alter von 4 Jahren.<br />
Nun kommst du an de<strong>in</strong>en Platz <strong>in</strong> diesem Raum zurück. Nimm alle Er<strong>in</strong>nerungen mit und spüre<br />
de<strong>in</strong>e F<strong>in</strong>ger, de<strong>in</strong>e Be<strong>in</strong>e, de<strong>in</strong>en Körper. Komm langsam hier an und öffne de<strong>in</strong>e Augen.“<br />
c/o HVHS Alte Molkerei Frille
Drogand-Strud/Paproth: MATERIALIEN <strong>Geschlechtersensible</strong> <strong>Pädagogik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> KiTa 4<br />
Modul I: Leitfragen zur Methode „Eigene Sozialisationserfahrungen“<br />
Biografische Rekonstruktion<br />
- E<strong>in</strong>zelarbeit -<br />
Welche Erwartungen wurden <strong>in</strong> de<strong>in</strong>er Jugend an dich herangetragen, wie<br />
du dich als Mädchen bzw. Junge und Frau/Mann zu verhalten hast?<br />
- Wann hast du dich <strong>in</strong> beson<strong>der</strong>em Maße als „männlich“/„weiblich“<br />
angesprochen gefühlt?<br />
- Wie hast du dich dem gegenüber selbst verhalten bzw. dich <strong>in</strong>szeniert?<br />
- Hast du die Ansprache bzgl. „Geschlecht“ <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit<br />
Zuschreibungen an<strong>der</strong>er Kategorien wahrgenommen?<br />
An wem hast du dich <strong>in</strong> de<strong>in</strong>er Entwicklung orientiert?<br />
- Welche Rolle spielten de<strong>in</strong>e Eltern (biologisch/sozial)?<br />
- Welche Rolle spielten pädagogische Fachkräfte?<br />
- Gab es an<strong>der</strong>e erwachsenen Personen, die für dich wichtig waren?<br />
- Welche Rolle spielten Gleichaltrige für dich?<br />
Wie hast du de<strong>in</strong>e Berufs- und Lebensplanung vorgenommen?<br />
- Wer hat dich unterstützt?<br />
- Gab es e<strong>in</strong>e Erweiterung traditioneller Möglichkeiten?<br />
- Hast du Wahlfreiheit gespürt o<strong>der</strong> bist du gelenkt worden?<br />
Wie hast du dich <strong>in</strong> de<strong>in</strong>em Körper gefühlt?<br />
- Wann und wie hast du de<strong>in</strong>en Körper als „weiblich“/“männlich“ erlebt?<br />
- Hast du dich aufgrund de<strong>in</strong>es Körpers e<strong>in</strong>geschränkt o<strong>der</strong> bestärkt<br />
gefühlt?<br />
c/o HVHS Alte Molkerei Frille
Drogand-Strud/Paproth: MATERIALIEN <strong>Geschlechtersensible</strong> <strong>Pädagogik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> KiTa 5<br />
Modul I: Methode „Eigene Wahrnehmungen von Mädchen und Jungen“<br />
Karussell- o<strong>der</strong> Kugellager Diskussion<br />
Thesenpapier<br />
� Bevorzugen Mädchen und Jungen unterschiedliche<br />
Spiele o<strong>der</strong> Tätigkeiten?<br />
� Drücken Mädchen und Jungen bestimmte Gefühle wie<br />
Wut, Trauer o<strong>der</strong> Freude unterschiedlich aus?<br />
� Denken Sie, dass Mädchen wie Jungen gleichermaßen<br />
mit den pädagogischen Angeboten <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong>tagese<strong>in</strong>richtung zufrieden s<strong>in</strong>d?<br />
� Verweigern K<strong>in</strong><strong>der</strong> an<strong>der</strong>en K<strong>in</strong><strong>der</strong>n unter<br />
ausdrücklichem H<strong>in</strong>weis auf ihr Geschlecht die<br />
Teilnahme an e<strong>in</strong>em Spiel?<br />
� Ist für die K<strong>in</strong><strong>der</strong> Ihrer Gruppe das Thema „Mädchen-<br />
und Junge-Se<strong>in</strong>“ e<strong>in</strong> (Bildungs-) Thema?<br />
c/o HVHS Alte Molkerei Frille
Drogand-Strud/Paproth: MATERIALIEN <strong>Geschlechtersensible</strong> <strong>Pädagogik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> KiTa 6<br />
Modul I: Methode „Wissensvermittlung“<br />
Ziele pädagogischer<br />
Arbeit zum Thema<br />
Gen<strong>der</strong><br />
� Chancengleichheit für<br />
Mädchen und Jungen<br />
� Ke<strong>in</strong>e Benachteiligung und<br />
Diskrim<strong>in</strong>ierung<br />
� Freie Entfaltung <strong>der</strong> Persönlichkeit<br />
� Verantwortung für sich und an<strong>der</strong>e<br />
Gen<strong>der</strong>: Was ist das?<br />
soziales, kulturell hergestelltes Geschlecht
Drogand-Strud/Paproth: MATERIALIEN <strong>Geschlechtersensible</strong> <strong>Pädagogik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> KiTa 7<br />
Sex und Gen<strong>der</strong>:<br />
• ersche<strong>in</strong>en unverrückbar verbunden<br />
• e<strong>in</strong> Mädchen soll auch wie e<strong>in</strong><br />
Mädchen se<strong>in</strong>, e<strong>in</strong> Junge ebenso:<br />
- „halber Junge“<br />
- „Mädchen“<br />
• gegengeschlechtliches Verhalten<br />
wird sanktioniert:<br />
auch schon bei und unter K<strong>in</strong><strong>der</strong>n!!!!<br />
ABER:<br />
Sex und Gen<strong>der</strong>:<br />
Was als „weiblich“ und was als „männlich“ gilt,<br />
s<strong>in</strong>d gesellschaftliche Vere<strong>in</strong>barungen, die<br />
� verän<strong>der</strong>bar<br />
� erweiterbar<br />
� austauschbar<br />
s<strong>in</strong>d.<br />
Wir müssen wissen, welchem Geschlecht<br />
e<strong>in</strong> Mensch angehört<br />
• damit wir<br />
handlungsfähig werden<br />
• damit wir dessen/<strong>der</strong>en<br />
Verhalten e<strong>in</strong>ordnen können<br />
Da Menschen sich so stark über ihre<br />
Geschlechtsorgane identifizieren, dass<br />
sie sich aufgrund dieser sogar <strong>in</strong> zwei<br />
grundlegende Gruppen unterscheiden –<br />
Männer und Frauen – s<strong>in</strong>d Aussagen<br />
über Geschlechtsorgane <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel<br />
als Aussagen über das gesamte<br />
Geschlecht zu lesen. Mithu Sanyal
Drogand-Strud/Paproth: MATERIALIEN <strong>Geschlechtersensible</strong> <strong>Pädagogik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> KiTa 8<br />
Technisches<br />
Interesse<br />
Körperlichkeit<br />
Mann o<strong>der</strong> Frau?<br />
Caster Semenya<br />
800 m Weltmeister<strong>in</strong><br />
Autonomie<br />
Ironie, Humor<br />
und Coolness<br />
Selbstbewusstse<strong>in</strong><br />
Balian (Yvonne) Buschbaum<br />
Stabhochsprung<br />
Sarah Gronert<br />
Tennis<br />
Une<strong>in</strong>deutigkeiten des Geschlechts<br />
irritieren und schließen aus<br />
Homophobie<br />
Jungensozialisation<br />
Pr<strong>in</strong>zip<br />
<strong>der</strong> Gewalt<br />
Risikofreude<br />
Überlegenheit<br />
Konkurrenz<br />
Wettkampf<br />
Verunsicherung<br />
Powermädchen<br />
Anpassung<br />
Lieb und nett se<strong>in</strong><br />
Soziale Aktivitäten:<br />
E<strong>in</strong>kaufsbummel<br />
bis Umweltschutz<br />
Tabu <strong>der</strong><br />
Gewalt<br />
Mädchensozialisation<br />
Soziale<br />
Kompetenzen<br />
Kreative<br />
Unterlegenheit<br />
Potentiale<br />
Internalisierte<br />
Konkurrenz<br />
Aggression<br />
Gen<strong>der</strong> wird hergestellt durch:<br />
außen:<br />
• Sozialisation<br />
• Erziehung<br />
• Peers<br />
• Medien<br />
<strong>in</strong>nen:<br />
• Selbst<strong>in</strong>szenierungen<br />
• aktive Aneignung – do<strong>in</strong>g gen<strong>der</strong><br />
Experimentierfel<strong>der</strong><br />
Gut drauf<br />
se<strong>in</strong> müssen!
Drogand-Strud/Paproth: MATERIALIEN <strong>Geschlechtersensible</strong> <strong>Pädagogik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> KiTa 9<br />
Mit Gen<strong>der</strong> werden<br />
Unterschiede hergestellt<br />
• Entwicklungen werden<br />
e<strong>in</strong>geschränkt<br />
• Interessen werden<br />
e<strong>in</strong>seitig geför<strong>der</strong>t<br />
• Erwartungen<br />
unterscheiden sich<br />
• Hierarchien werden stabilisiert<br />
Gen<strong>der</strong>-<strong>Pädagogik</strong><br />
� ist e<strong>in</strong>e pädagogische Arbeit, die bewusst die<br />
Kategorie Geschlechter e<strong>in</strong>bezieht<br />
� wendet sich gegen Geschlechternormierungen<br />
� basiert auf e<strong>in</strong>er Haltung <strong>der</strong> Fachkraft<br />
� f<strong>in</strong>det im pädagogischen Alltag statt. Je nach<br />
Sett<strong>in</strong>g und Auftrag <strong>in</strong> verschiedenen<br />
Konstellationen<br />
Gen<strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>t:<br />
• Selbstwahrnehmung und -reflexion<br />
• Qualifikation<br />
• geme<strong>in</strong>sames Wollen von Vielfalt<br />
• gegenseitige Rückmeldungen<br />
• Bereitschaft, klassisches Rollenverhalten zu<br />
verän<strong>der</strong>n<br />
• Willen zur Herstellung von Gleichberechtigung<br />
• geme<strong>in</strong>same Entwicklung im Team
Drogand-Strud/Paproth: MATERIALIEN <strong>Geschlechtersensible</strong> <strong>Pädagogik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> KiTa 10<br />
Modul II: Auswertungsfragen zur Methode „Köpfe tauschen“<br />
� Welche Reaktionen und Gefühle lösen diese Bil<strong>der</strong> aus?<br />
� Gibt es Bil<strong>der</strong>, die irritieren? Wenn ja, warum?<br />
� Gibt es Bil<strong>der</strong>, die vertraut wirken? Wenn ja, warum?<br />
� Gibt es Ausdrucksformen, Körperhaltungen und<br />
Kleidung, die e<strong>in</strong>em Geschlecht vorbehalten s<strong>in</strong>d?<br />
� Gibt es Ausdrucksformen, Körperhaltungen und<br />
Kleidung, die für alle akzeptiert s<strong>in</strong>d?<br />
� An welchen Punkten herrscht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gruppe E<strong>in</strong>igkeit,<br />
an welchen nicht?<br />
Die Methode „Köpfe tauschen“ stammt von Christiane Kohrs.<br />
Vgl. Christiane Burbach, Heike Schlottau (Hg.) Abenteuer Fairness. E<strong>in</strong> Arbeitsbuch zum Gen<strong>der</strong>tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g. 2001
Drogand-Strud/Paproth: MATERIALIEN <strong>Geschlechtersensible</strong> <strong>Pädagogik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> KiTa 11<br />
Modul II: Methode Rotkäppchen und <strong>der</strong> Wolf – frei erzählt nach den Gebrü<strong>der</strong>n Grimm<br />
Es war e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es süßes Mädchen, die hatte je<strong>der</strong>mann lieb, <strong>der</strong> sie nur ansah, am<br />
allerliebsten aber ihre Großmutter, die wußte gar nicht, was sie alles dem K<strong>in</strong>de geben sollte.<br />
E<strong>in</strong>mal schenkte sie ihm e<strong>in</strong> Käppchen von rotem Sammet, und weil ihm das so wohl stand und es<br />
nichts an<strong>der</strong>s mehr tragen wollte, hieß es nur das Rotkäppchen.<br />
E<strong>in</strong>es Tages sprach se<strong>in</strong>e Mutter zu ihm: »Komm, Rotkäppchen, da hast du e<strong>in</strong> Stück Kuchen und<br />
e<strong>in</strong>e Flasche We<strong>in</strong>, br<strong>in</strong>g das <strong>der</strong> Großmutter h<strong>in</strong>aus; sie ist krank und schwach und wird sich daran<br />
laben. Mach dich auf, bevor es heiß wird, und wenn du h<strong>in</strong>auskommst, so geh hübsch sittsam und<br />
lauf nicht vom Weg ab, sonst fällst du und zerbrichst das Glas, und die Großmutter hat nichts. Und<br />
wenn du <strong>in</strong> ihre Stube kommst, so vergiß nicht, guten Morgen zu sagen und guck nicht erst <strong>in</strong> alle<br />
Ecken herum.«<br />
»Ich will schon alles gut machen«, sagte Rotkäppchen zur Mutter und gab ihr die Hand darauf. Die<br />
Großmutter aber wohnte draußen im Wald, e<strong>in</strong>e halbe Stunde vom Dorf. Wie nun Rotkäppchen <strong>in</strong><br />
den Wald kam, begegnete ihm <strong>der</strong> Wolf. Rotkäppchen aber wußte nicht, was das für e<strong>in</strong> böses Tier<br />
war und fürchtete sich nicht vor ihm.<br />
»Guten Tag, Rotkäppchen«, sprach er. »Schönen Dank, Wolf.« »Wo h<strong>in</strong>aus so früh,<br />
Rotkäppchen?« »Zur Großmutter.« »Was trägst du unter <strong>der</strong> Schürze?« »Kuchen und We<strong>in</strong>:<br />
gestern haben wir gebacken, da soll sich die kranke und schwache Großmutter etwas zugut tun<br />
und sich damit stärken.«<br />
»Rotkäppchen, wo wohnt de<strong>in</strong>e Großmutter?« »Noch e<strong>in</strong>e gute Viertelstunde weiter im Wald,<br />
unter den drei großen Eichbäumen, da steht ihr Haus, unten s<strong>in</strong>d die Nußhecken, das wirst du ja<br />
wissen«, sagte Rotkäppchen. Der Wolf dachte bei sich: »Das junge zarte D<strong>in</strong>g, das ist e<strong>in</strong> fetter<br />
Bissen, <strong>der</strong> wird noch besser schmecken als die Alte: du mußt es listig anfangen, damit du beide<br />
erschnappst.«Da g<strong>in</strong>g er e<strong>in</strong> Weilchen neben Rotkäppchen her, dann sprach er: »Rotkäppchen,<br />
sieh e<strong>in</strong>mal die schönen Blumen, die r<strong>in</strong>gsumher stehen, warum guckst du dich nicht um? Ich<br />
glaube, du hörst gar nicht, wie die Vögle<strong>in</strong> so lieblich s<strong>in</strong>gen?<br />
Rotkäppchen schlug die Augen auf, und als es sah, wie die Sonnenstrahlen durch die Bäume h<strong>in</strong><br />
und her tanzten und alles voll schöner Blumen stand, dachte es: »Wenn ich <strong>der</strong> Großmutter e<strong>in</strong>en<br />
frischen Strauß mitbr<strong>in</strong>ge, <strong>der</strong> wird ihr auch Freude machen; es ist so früh am Tag, dass ich doch zu<br />
rechter Zeit ankomme«, lief vom Wege ab <strong>in</strong> den Wald h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> und suchte Blumen. Und wenn es<br />
e<strong>in</strong>e gebrochen hatte, me<strong>in</strong>te es, weiter h<strong>in</strong>aus stände e<strong>in</strong>e schönere, und lief danach, und geriet<br />
immer tiefer <strong>in</strong> den Wald h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>….<br />
»Wer ist draußen?« »Rotkäppchen, das br<strong>in</strong>gt Kuchen und We<strong>in</strong>, mach auf!« »Drück nur auf die<br />
Kl<strong>in</strong>ke«, rief die Großmutter, »ich b<strong>in</strong> zu schwach und kann nicht aufstehen. « Der Wolf drückte<br />
auf die Kl<strong>in</strong>ke, die Türe sprang auf, und er g<strong>in</strong>g, ohne e<strong>in</strong> Wort zu sprechen, gerade zum Bett <strong>der</strong><br />
Großmutter und verschluckte sie. Dann tat er ihre Klei<strong>der</strong> an, setzte ihre Haube auf, legte sich <strong>in</strong><br />
ihr Bett und zog die Vorhänge vor.<br />
Rotkäppchen aber war nach den Blumen herumgelaufen, und als es so viel zusammen hatte, daß<br />
es ke<strong>in</strong>e mehr tragen konnte, fiel ihm die Großmutter wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>, und es machte sich auf den Weg<br />
zu ihr. Es wun<strong>der</strong>te sich, daß die Türe aufstand, und wie es <strong>in</strong> die Stube trat, so kam es ihm so<br />
seltsam dar<strong>in</strong> vor, daß es dachte: »Ei, du me<strong>in</strong> Gott, wie ängstlich wird mir's heute zumut und b<strong>in</strong><br />
sonst so gerne bei <strong>der</strong> Großmutter!«<br />
Es rief »Guten Morgen«, bekam aber ke<strong>in</strong>e Antwort. Darauf g<strong>in</strong>g es zum Bett und zog die<br />
Vorhänge zurück: da lag die Großmutter und hatte die Haube tief <strong>in</strong>s Gesicht gesetzt und sah so<br />
wun<strong>der</strong>lich aus.
Drogand-Strud/Paproth: MATERIALIEN <strong>Geschlechtersensible</strong> <strong>Pädagogik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> KiTa 12<br />
»Ei, Großmutter, was hast du für große Ohren!« »Dass ich dich besser hören kann.« »Ei,<br />
Großmutter, was hast du für große Augen!« »Dass ich dich besser sehen kann.« »Ei, Großmutter,<br />
was hast du für große Hände« »Dass ich dich besser packen kann.« »Aber, Großmutter, was hast<br />
du für e<strong>in</strong> entsetzlich großes Maul!« »Dass ich dich besser fressen kann.« Kaum hatte <strong>der</strong> Wolf das<br />
gesagt, so tat er e<strong>in</strong>en Satz aus dem Bette und verschlang das arme Rotkäppchen.<br />
Wie <strong>der</strong> Wolf se<strong>in</strong> Gelüsten gestillt hatte, legte er sich wie<strong>der</strong> <strong>in</strong>s Bett, schlief e<strong>in</strong> und f<strong>in</strong>g an,<br />
überlaut zu schnarchen. Der Jäger g<strong>in</strong>g eben an dem Haus vorbei und dachte: »Wie die alte Frau<br />
schnarcht, du mußt doch sehen, ob ihr etwas fehlt« Da trat er <strong>in</strong> die Stube, und wie er vor das<br />
Bette kam, so sah er, daß <strong>der</strong> Wolf dar<strong>in</strong> lag. »F<strong>in</strong>de ich dich hier, du alter Sün<strong>der</strong>«, sagte er, »ich<br />
habe dich lange gesucht«<br />
Nun wollte er se<strong>in</strong>e Büchse anlegen, da fiel ihm e<strong>in</strong>, <strong>der</strong> Wolf könnte die Großmutter gefressen<br />
haben und sie wäre noch zu retten. Er schoss nicht, son<strong>der</strong>n nahm e<strong>in</strong>e Schere und f<strong>in</strong>g an, dem<br />
schlafenden Wolf den Bauch aufzuschneiden. Wie er e<strong>in</strong> paar Schnitte getan hatte, da sah er das<br />
rote Käppchen leuchten, und noch e<strong>in</strong> paar Schnitte, da sprang das Mädchen heraus und rief:<br />
»Ach, wie war ich erschrocken, wie war's so dunkel <strong>in</strong> dem Wolf se<strong>in</strong>em Leib!« Und dann kam die<br />
alte Großmutter auch noch lebendig heraus und konnte kaum atmen. Rotkäppchen aber holte<br />
geschw<strong>in</strong>d große Ste<strong>in</strong>e, damit füllten sie dem Wolf den Leib, und wie er aufwachte, wollte er<br />
fortspr<strong>in</strong>gen, aber die Ste<strong>in</strong>e waren so schwer, dass er gleich nie<strong>der</strong>sank und sich totfiel.<br />
Da waren alle drei vergnügt; <strong>der</strong> Jäger zog dem Wolf den Pelz ab und g<strong>in</strong>g damit heim, die<br />
Großmutter aß den Kuchen und trank den We<strong>in</strong>, den Rotkäppchen gebracht hatte, und erholte<br />
sich wie<strong>der</strong>, Rotkäppchen aber dachte: »Du willst de<strong>in</strong> Lebtag nicht wie<strong>der</strong> alle<strong>in</strong> vom Wege ab <strong>in</strong><br />
den Wald laufen, wenn dir's die Mutter verboten hat.«<br />
Aufgabe 1: Beschreiben Sie die Eigenschaften und Charaktere <strong>der</strong> im Märchen agierenden Akteure, z.B.<br />
mutig, böse, ängstlich, traurig, stark, schwach, cool, zart, umsichtig, h<strong>in</strong>terlistig, streng….<br />
Was kennzeichnet die Figuren und ihr Handeln?<br />
Mutter:<br />
Großmutter:<br />
Rotkäppchen:<br />
Jäger:<br />
Aufgabe 2: Vertauschen sie nun die Geschlechterrollen und schreiben sie die Geschichte neu/um:<br />
Mutter = Vater<br />
Großmutter = Großvater<br />
Rotkäppchen = Rotmütze<br />
Jäger = Jäger<strong>in</strong><br />
Aufgabe 3: Besprechen sie folgende Fragen untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong>:<br />
- Wie wirkt das neue, verän<strong>der</strong>te Märchen auf Sie persönlich?<br />
- Was s<strong>in</strong>d die zentralen Unterschiede im Vergleich zur traditionellen Geschichte?<br />
Aufgabe 4: Wie kann diese Methode „Geschlechtertausch im Märchen“ E<strong>in</strong>gang f<strong>in</strong>den <strong>in</strong> das<br />
pädagogische Sett<strong>in</strong>g Ihrer E<strong>in</strong>richtung?
Drogand-Strud/Paproth: MATERIALIEN <strong>Geschlechtersensible</strong> <strong>Pädagogik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> KiTa 13<br />
Modul II: Methode Mädchen- und Jungenbil<strong>der</strong> <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> aufgreifen und zum Thema machen<br />
Praxisbeispiel 1: Mädchen- und Jungenprojekt aus <strong>der</strong> <strong>Kita</strong> Prenzlzwerge 1<br />
In <strong>der</strong> Berl<strong>in</strong>er K<strong>in</strong><strong>der</strong>tagese<strong>in</strong>richtung Prenzlzwerge griff die Erzieher<strong>in</strong> die Me<strong>in</strong>ung <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />
auf, Jungen seien stärker als Mädchen. In <strong>der</strong> ersten Phase startete das „Mädchen-, Jungen-<br />
Projekt“ mit den Fragen:<br />
„Wie heiße ich?<br />
Was s<strong>in</strong>d me<strong>in</strong>e Liebl<strong>in</strong>gsfarben, me<strong>in</strong>e Liebl<strong>in</strong>gsspielzeuge, me<strong>in</strong>e Freunde?<br />
Möchte ich gern mal an<strong>der</strong>s heißen, mal jemand an<strong>der</strong>es se<strong>in</strong>?“<br />
Aus e<strong>in</strong>em Katalog konnten die K<strong>in</strong><strong>der</strong> dann, unter dem Motto „So möchte ich gerne se<strong>in</strong>“,<br />
Personen, Kleidungsstücke und an<strong>der</strong>e Gegenstände ausschneiden, auf e<strong>in</strong> Blatt Papier kleben und<br />
sich e<strong>in</strong>en neuen Namen geben.<br />
In <strong>der</strong> zweiten Phase wurden Männer- und Frauenberufe thematisiert. Zuerst zählten die K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />
die Berufe auf, die ihnen e<strong>in</strong>fielen. Danach ordneten sie die Berufe Frauen- und Männerberufen<br />
zu. Viele <strong>der</strong> benannten Berufe wurden, teilweise nach kurzen Diskussionen, Frauen- und<br />
Männerberufen zugeteilt.<br />
In den weiteren Phasen besprachen die K<strong>in</strong><strong>der</strong> zusammen mit <strong>der</strong> Erzieher<strong>in</strong> folgende Fragen:<br />
„Woran erkennt man Mädchen und Jungen?<br />
Was f<strong>in</strong>det ihr toll an Mädchen/Jungen?<br />
Was f<strong>in</strong>det ihr nicht so toll an Mädchen/Jungen?<br />
Was haben Mädchen und Jungen gleich?<br />
Wärst du gern e<strong>in</strong>mal für e<strong>in</strong>e kurze Zeit e<strong>in</strong> Junge bzw. e<strong>in</strong> Mädchen?“<br />
Bei <strong>der</strong> Beantwortung dieser Fragen wurde deutlich, dass die K<strong>in</strong><strong>der</strong> Mädchen und Jungen und<br />
ihre Wünsche sehr differenziert wahrnahmen und beschrieben. Als die K<strong>in</strong><strong>der</strong> zum Beispiel die<br />
Frage diskutierten „woran erkennt man Mädchen und Jungen?“, konnten sie bestimmte Klischees,<br />
wie „Jungen tragen ke<strong>in</strong>e Ohrr<strong>in</strong>ge“, nicht lange aufrecht erhalten. Schnell fand sich e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d, das<br />
doch e<strong>in</strong>en Jungen mit Ohrr<strong>in</strong>gen kannte. In dieser Frage e<strong>in</strong>igten sich die K<strong>in</strong><strong>der</strong> darauf, dass<br />
manche Jungen Ohrr<strong>in</strong>ge tragen, an<strong>der</strong>e eben nicht. Auf die Frage „Wärst du gern mal e<strong>in</strong> Junge,<br />
e<strong>in</strong> Mädchen?“ machte e<strong>in</strong> Junge deutlich, dass er gern e<strong>in</strong> Mädchen se<strong>in</strong> möchte, weil Mädchen<br />
lange Haare und rosa Klei<strong>der</strong> haben dürften. Zwei Mädchen erzählten, dass sie gern für e<strong>in</strong>e<br />
Woche Jungen se<strong>in</strong> würden, weil die mehr toben dürften.<br />
Nach Beendigung des Projekts berichtet die Erzieher<strong>in</strong>, dass klischeehafte Sprüche über Mädchen<br />
und Jungen weniger geworden seien. Fällt doch mal e<strong>in</strong> Spruch, wie zum Beispiel „Mädchen<br />
dürfen nicht kämpfen“, dann reagieren <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel die K<strong>in</strong><strong>der</strong> selber darauf und s<strong>in</strong>d überzeugt:<br />
„Doch, Mädchen dürfen kämpfen!“<br />
1 Die Methode ist im Rahmen des Projekts Gen<strong>der</strong>Loops erprobt worden und dem „Praxisbuch für e<strong>in</strong>e<br />
geschlechterbewusste und –gerechte KiTa“ entnommen (www.gen<strong>der</strong>loops.eu)
Drogand-Strud/Paproth: MATERIALIEN <strong>Geschlechtersensible</strong> <strong>Pädagogik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> KiTa 14<br />
Modul II: Methode Mädchen- und Jungenbil<strong>der</strong> <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> aufgreifen und zum Thema machen<br />
Praxisbeispiel 2: Der Außerirdische „Mox“ befragt Mädchen- und Jungen zu ihren Mädchen- und<br />
Jungenbil<strong>der</strong>n 2<br />
Über e<strong>in</strong>en Zeitraum von mehreren Tagen wurden e<strong>in</strong>zelne K<strong>in</strong><strong>der</strong> o<strong>der</strong> Gruppen von zwei bis drei<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong>n e<strong>in</strong>er 26-köpfigen K<strong>in</strong><strong>der</strong>gruppe <strong>der</strong> Berl<strong>in</strong>er K<strong>in</strong><strong>der</strong>tagese<strong>in</strong>richtung „INA-K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten<br />
Dresdenerstraße“ mit Hilfe e<strong>in</strong>er Handpuppe zu ihren Ansichten gegenüber Mädchen und Jungen<br />
befragt worden.<br />
Die Handpuppe hieß Mox, kam von e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Planeten und war das erste Mal auf <strong>der</strong> Erde.<br />
Mox war beson<strong>der</strong>s daran <strong>in</strong>teressiert zu erfahren, ob es stimme, dass es auf <strong>der</strong> Erde Mädchen<br />
und Jungen gebe und woran man sie erkennen könne. Folgende Fragen stellte Mox den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n:<br />
Stimmt es, dass es auf <strong>der</strong> Erde Mädchen und Jungen gibt?<br />
Kann man erkennen, ob e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> Mädchen o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Junge ist?<br />
Gibt es etwas, das Mädchen nicht machen o<strong>der</strong> nicht anziehen dürfen?<br />
Gibt es etwas, das Jungen nicht machen o<strong>der</strong> anziehen dürfen?<br />
Gibt es etwas, das Mädchen gar nicht mögen?<br />
Gibt es etwas, das Jungen gar nicht mögen?<br />
Gibt es etwas, das Mädchen beson<strong>der</strong>s gern spielen?<br />
Gibt es etwas, das Jungen beson<strong>der</strong>s gern spielen?<br />
Gibt es etwas, das Mädchen und Jungen gleich gern spielen o<strong>der</strong> tun?<br />
Gibt es etwas, das Mädchen besser können als Jungen?<br />
Gibt es etwas, das Jungen besser können als Mädchen?<br />
Gibt es etwas, das Mädchen und Jungen gleich gut können?<br />
Während des Interviews wurden zudem „GeschlechterThemen“ <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>gruppe aufgegriffen<br />
und nachgefragt. In e<strong>in</strong>er K<strong>in</strong><strong>der</strong>gruppe herrschte zum Beispiel die Me<strong>in</strong>ung vor, dass Jungen ke<strong>in</strong>e<br />
Haarspangen tragen und dass Mädchen nicht gern Ritter o<strong>der</strong> Pirat spielen möchten.<br />
So wurden die K<strong>in</strong><strong>der</strong> gefragt, ob sie das auch glaubten und ob sie eventuell Jungen kennen<br />
würden, die Haarspangen tragen o<strong>der</strong> Ritter bzw. Piraten spielende Mädchen.<br />
Die Bewertung dieses Interviewprojekts fällt gemischt aus. Nicht alle K<strong>in</strong><strong>der</strong> konnten mit den<br />
Fragen etwas anfangen, waren überfor<strong>der</strong>t o<strong>der</strong> machten die Fragen e<strong>in</strong>fach nicht zu ihrem<br />
Thema. Es gab jedoch auch K<strong>in</strong><strong>der</strong>, die sich auf die Interviewsituation e<strong>in</strong>ließen. Bewegend war<br />
das Gespräch mit e<strong>in</strong>em Jungen, <strong>der</strong> berichtete, er würde gern e<strong>in</strong> Geheimnis erzählen. Ihm<br />
musste aber versprochen werden, dass es <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Kita</strong> nicht weitererzählt wird. Er fürchte nämlich,<br />
dass ihn dann die an<strong>der</strong>en K<strong>in</strong><strong>der</strong> auslachen würden. Der Junge erzählte darauf h<strong>in</strong>, dass er zu<br />
Hause sehr gern Klei<strong>der</strong> anzieht. In <strong>der</strong> <strong>Kita</strong> würde er sich dies jedoch nicht trauen. Interessant war<br />
auch zu hören, wie unterschiedlich die Mädchen- und Jungenbil<strong>der</strong> <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> waren. E<strong>in</strong>ige<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong> hatten klare und fest gefügte Vorstellungen von Mädchen und Jungen, an<strong>der</strong>e wie<strong>der</strong>um<br />
waren viel weniger <strong>in</strong> ihren Me<strong>in</strong>ungen festgelegt und konnten beispielsweise Ritter spielende<br />
Mädchen viel besser <strong>in</strong> ihr Weltbild <strong>in</strong>tegrieren. Der an den Interviews beteiligte Erzieher<br />
berichtete zudem, dass ihm e<strong>in</strong>ige <strong>der</strong> Interviews dazu verholfen hätten, die K<strong>in</strong><strong>der</strong> neu<br />
wahrzunehmen.<br />
2 Die Methode ist im Rahmen des Projekts Gen<strong>der</strong>Loops erprobt worden und dem „Praxisbuch für e<strong>in</strong>e<br />
geschlechterbewusste und –gerechte KiTa“ entnommen (www.gen<strong>der</strong>loops.eu)
Drogand-Strud/Paproth: MATERIALIEN <strong>Geschlechtersensible</strong> <strong>Pädagogik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> KiTa 15<br />
Modul II: Auswertungsfragen zur Methode<br />
„Mädchen- und Jungenbil<strong>der</strong> zum Thema machen“<br />
� Wie bewerten Sie die beiden Ansätze und das jeweilige<br />
methodische Vorgehen?<br />
� S<strong>in</strong>d beide Ansätze Ihrer Me<strong>in</strong>ung nach für die<br />
Umsetzung <strong>in</strong> die pädagogische Praxis geeignet?<br />
Welche Än<strong>der</strong>ungen würden Sie evtl. vornehmen?<br />
Welche Reaktionen seitens <strong>der</strong> Mädchen und Jungen <strong>in</strong><br />
ihren E<strong>in</strong>richtungen erwarten Sie?<br />
� Haben Sie eigene Ideen für e<strong>in</strong>e k<strong>in</strong>dgerechte Reflexion<br />
von Mädchen- und Jungenbil<strong>der</strong>n? Wenn ja, welche?
Drogand-Strud/Paproth: MATERIALIEN <strong>Geschlechtersensible</strong> <strong>Pädagogik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> KiTa 16<br />
Modul III: Methode Argumentationshilfe 3 :<br />
Begründungen und Argumente für e<strong>in</strong>e geschlechterbewusste <strong>Pädagogik</strong><br />
E<strong>in</strong>e geschlechterbewusste <strong>Pädagogik</strong> erhöht die Bildungschancen Ihrer K<strong>in</strong><strong>der</strong>.<br />
Bildung bee<strong>in</strong>flusst Lebenswege und Lebenschancen und die wissenschaftliche Forschung <strong>der</strong> letzten Jahre<br />
hebt immer häufiger hervor, dass gerade K<strong>in</strong><strong>der</strong>tagese<strong>in</strong>richtungen wichtige Bildungs<strong>in</strong>stitutionen<br />
darstellen. Um K<strong>in</strong><strong>der</strong>n bereits <strong>in</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>tagese<strong>in</strong>richtungen Bildungsprozesse zu ermöglichen, ist es<br />
hilfreich, Bildung nicht nur als e<strong>in</strong>e von außen herangetragene Bildung son<strong>der</strong>n auch als Selbstbildung <strong>der</strong><br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong> zu verstehen. K<strong>in</strong><strong>der</strong> eignen sich <strong>in</strong> diesem Selbstbildungsprozess aktiv und neugierig die Welt an.<br />
Sie machen sich e<strong>in</strong> Bild von <strong>der</strong> Welt und lernen sich <strong>in</strong> dieser zu orientieren. Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund<br />
treffen K<strong>in</strong><strong>der</strong> dann Entscheidungen und richten ihr Handeln aus. Die Bildungschancen von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />
vergrößern sich, je vielfältiger diese Welt-Bil<strong>der</strong> s<strong>in</strong>d, die sie sich <strong>in</strong> ihrem Selbstbildungsprozess aneignen<br />
und je neugieriger sie ihre Welt-Bil<strong>der</strong> durch körperlich-s<strong>in</strong>nliche Erfahrungen überprüfen können. E<strong>in</strong>e<br />
geschlechterbewusste <strong>Pädagogik</strong> will Mädchen und Jungen dar<strong>in</strong> unterstützen, sich möglichst vielfältige<br />
Welt-Bil<strong>der</strong> anzueignen. Sie will K<strong>in</strong><strong>der</strong> dazu motivieren, sich den unterschiedlichsten Spielen, Tätigkeiten<br />
und Interessensgebieten offen und neugierig zu nähern und diese auszuprobieren. E<strong>in</strong>e<br />
geschlechterbewusste <strong>Pädagogik</strong> will zudem die Überw<strong>in</strong>dung von Geschlechtergrenzen und stereotypen<br />
ermöglichen. (Denn) Geschlechter-stereotype und Klischees verengen den Blick auf die Welt und h<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong> daran, sich für möglichst vielfältige Interessensgebiete zu <strong>in</strong>teressieren. E<strong>in</strong>e geschlechterbewusste<br />
<strong>Pädagogik</strong> erhöht die Bildungschancen von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und för<strong>der</strong>t die Entwicklung <strong>der</strong> eigenen Persönlichkeit.<br />
E<strong>in</strong>e geschlechterbewusste <strong>Pädagogik</strong> hilft K<strong>in</strong><strong>der</strong>n sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Kultur <strong>der</strong><br />
Zweigeschlechtlichkeit zurechtzuf<strong>in</strong>den.<br />
Schon sehr früh erfahren K<strong>in</strong><strong>der</strong>, dass Erwachsene <strong>in</strong> Männer und Frauen unterschieden werden und sich<br />
Männer und Frauen sche<strong>in</strong>bar grundsätzlich vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> unterscheiden. Im Alter von 3 Jahren beg<strong>in</strong>nen<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong> zu verstehen, dass sie <strong>in</strong> Mädchen o<strong>der</strong> Jungen e<strong>in</strong>geteilt werden und die meisten K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />
übernehmen diese E<strong>in</strong>teilung auch für sich. K<strong>in</strong><strong>der</strong> merken ab diesem Alter zudem, dass den Geschlechtern<br />
verschiedene Eigenschaften und Verhaltensweisen zugeschrieben werden. Diese zugeschriebenen<br />
Eigenschaften und Verhaltensweisen s<strong>in</strong>d jedoch nicht e<strong>in</strong>heitlich und wi<strong>der</strong>sprechen sich zudem häufig, so<br />
zum Beispiel wenn es heißt, Frauen könnten nicht e<strong>in</strong>parken, sie aber trotzdem die besseren (weil sicheren)<br />
Autofahrer<strong>in</strong>nen se<strong>in</strong> sollen. Zudem machen K<strong>in</strong><strong>der</strong> immer wie<strong>der</strong> die Erfahrung, dass Frauen und Männern<br />
zugeschriebene Eigenschaften nicht mit ihren Alltagserfahrungen übere<strong>in</strong>stimmen, so zum Beispiel wenn es<br />
heißt, Jungen spielten nicht mit Puppen, <strong>der</strong> eigene Bru<strong>der</strong> dies aber doch tut. Für K<strong>in</strong><strong>der</strong> ist es gar nicht so<br />
e<strong>in</strong>fach, sich <strong>in</strong> diese Zwei-Geschlechter-Kultur zurechtzuf<strong>in</strong>den und sich e<strong>in</strong> Bild vom angemessenen<br />
Geschlechter-verhalten zu machen. Rabe-Kleberg spricht dann auch davon, dass K<strong>in</strong><strong>der</strong> selbst,<br />
Forscher/<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Kultur <strong>der</strong> Zweigeschlechtlichkeit seien (vgl. Rabe-Kleberg 2006). E<strong>in</strong>e<br />
geschlechterbewusste <strong>Pädagogik</strong> will K<strong>in</strong><strong>der</strong>n dieses Forschen erleichtern, <strong>in</strong>dem sie die<br />
Geschlechterfragen <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> aufgreift und mit ihnen behandelt. E<strong>in</strong>e geschlechterbewusste <strong>Pädagogik</strong><br />
will zudem dazu beitragen, dass K<strong>in</strong><strong>der</strong> vielfältige und teils wi<strong>der</strong>sprüchliche Bil<strong>der</strong> <strong>in</strong> ihr geschlechtliches<br />
Selbstbild <strong>in</strong>tegrieren können, denn die e<strong>in</strong>fachen gesellschaftlich zugeschriebenen Stereotype stimmen<br />
mit den komplexen und ausdifferenzierten Lebensentwürfen von Frauen und Männern immer seltener<br />
übere<strong>in</strong>, weil sie nicht mehr zeitgemäß s<strong>in</strong>d.<br />
3 Die Argumentationshilfe für e<strong>in</strong>e geschlechterbewusste <strong>Pädagogik</strong> ist e<strong>in</strong> zusätzliches Arbeitsmaterial des Gen<strong>der</strong> Loops - Praxisbuchs für e<strong>in</strong>e<br />
geschlechterbewusste und –gerechte K<strong>in</strong><strong>der</strong>tagese<strong>in</strong>richtung, herausgegeben von Krabel, Jens/Cremers, Michael (2008). Onl<strong>in</strong>e<br />
verfügbar unter: www.gen<strong>der</strong>loops.eu
Drogand-Strud/Paproth: MATERIALIEN <strong>Geschlechtersensible</strong> <strong>Pädagogik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> KiTa 17<br />
Das Bestärken von geschlechteruntypischen Interessen verhilft K<strong>in</strong><strong>der</strong>n zu größerem<br />
Selbstbewusstse<strong>in</strong><br />
E<strong>in</strong>e frühk<strong>in</strong>dliche Bildungsarbeit setzt bei den Interessen und Themen <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> an. (…) Dies gilt<br />
une<strong>in</strong>geschränkt auch für die so genannten geschlechteruntypischen Themen <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>. Greifen Eltern<br />
und Erzieher/<strong>in</strong>nen die geschlechteruntypischen Themen <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> auf, dann ermöglichen sie dem K<strong>in</strong>d<br />
nicht nur, eigenen Interessen nachzugehen und wichtige Erfahrungen zu machen son<strong>der</strong>n sie vermitteln<br />
den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n zudem: Ich erkenne de<strong>in</strong>e Wünsche und Bedürfnisse an und schätze sie wert.<br />
E<strong>in</strong>e geschlechterbewusste <strong>Pädagogik</strong> ist gesetzlich verankert<br />
Geschlechterbewusste <strong>Pädagogik</strong> leitet sich aus verschiedenen Verordnungen, Gesetzen und Leitl<strong>in</strong>ien ab.<br />
So ist zum Beispiel im deutschen Sozialgesetzbuch (SGB) Achtes Buch (VIII) - K<strong>in</strong><strong>der</strong>- und Jugendhilfegesetz<br />
(KJHG) vorgegeben, dass bei <strong>der</strong> Ausgestaltung <strong>der</strong> Leistungen und <strong>der</strong> Erfüllung <strong>der</strong> Aufgaben die<br />
unterschiedlichen Lebenslagen von Mädchen und Jungen zu berücksichtigen, Benachteiligungen abzubauen<br />
und die Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen zu för<strong>der</strong>n s<strong>in</strong>d.<br />
In an<strong>der</strong>en Fel<strong>der</strong>n <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>- und Jugendarbeit ist e<strong>in</strong>e geschlechterbewusste <strong>Pädagogik</strong> schon<br />
viel etablierter<br />
Geschlechterbewusste <strong>Pädagogik</strong> kann <strong>in</strong> Deutschland schon auf e<strong>in</strong>e langjährige Tradition zurückblicken.<br />
In <strong>der</strong> außerschulischen K<strong>in</strong><strong>der</strong>- und Jugendsozialarbeit und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bildungs- und Berufsorientierungsarbeit<br />
für Jugendliche gibt es mittlerweile vielfältige Ansätze und Erfahrungen mit Mädchen- und Jungenarbeit<br />
sowie mit geschlechterbewusster <strong>Pädagogik</strong> im koedukativen Gruppensett<strong>in</strong>g. Der Bereich <strong>der</strong><br />
Frühpädagogik h<strong>in</strong>kt hier <strong>der</strong> Entwicklung noch h<strong>in</strong>terher und hat daher großen Nachholbedarf.<br />
E<strong>in</strong>e geschlechterbewusste <strong>Pädagogik</strong> kann dazu beitragen, Konflikte zwischen den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n zu<br />
verr<strong>in</strong>gern<br />
Geschlechterstereotype E<strong>in</strong>stellungen und „Grenzziehungen“ von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n können <strong>in</strong><br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong>tagese<strong>in</strong>richtungen zu Konflikten unter den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n führen. So können beispielsweise Konflikte<br />
entstehen, wenn K<strong>in</strong><strong>der</strong> sich über geschlechteruntypisch handelnde K<strong>in</strong><strong>der</strong> lustig machen o<strong>der</strong> wenn<br />
stereotype Geschlechterbil<strong>der</strong> dazu führen, dass K<strong>in</strong><strong>der</strong> an<strong>der</strong>e K<strong>in</strong><strong>der</strong> von bestimmten Tätigkeiten<br />
ausschließen („Hau ab, Mädchen dürfen nicht auf den Bauteppich“) o<strong>der</strong> wenn K<strong>in</strong><strong>der</strong> sich über an<strong>der</strong>e<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong> stellen („Jungen s<strong>in</strong>d stärker als Mädchen“). Erfahrungen zeigen, dass e<strong>in</strong>e geschlechterbewusste<br />
<strong>Pädagogik</strong>, die mit den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n stereotype Geschlechterbil<strong>der</strong> bearbeitet, solche Geschlechterkonflikte<br />
unter K<strong>in</strong><strong>der</strong>n verr<strong>in</strong>gern kann (siehe auch Krabel/Cremers, 2008, S.20).<br />
E<strong>in</strong> geschlechterbewusster Blick verbessert die Qualität <strong>der</strong> frühk<strong>in</strong>dlichen <strong>Pädagogik</strong><br />
Geschlechterbewusste <strong>Pädagogik</strong> erfor<strong>der</strong>t e<strong>in</strong> Überprüfen geschlechterstereotyper Wahrnehmungen und<br />
e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>gehen auf die unterschiedlichen Bedürfnisse <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>. E<strong>in</strong>e geschlechterbewusste <strong>Pädagogik</strong>, die<br />
die K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>in</strong> ihren vielfältigen Interessen und Wünschen wahrnimmt, und ihnen gerecht wird, kann dazu<br />
führen, dass K<strong>in</strong><strong>der</strong> mit dem pädagogischen Angebot zufriedener werden. So schreibt zum Beispiel Gabi<br />
Lass, Leiter<strong>in</strong> <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>tagesstätte Schneidemühler Weg: Durch das Zusammenlegen von traditionellen<br />
Mädchenspielecken (wie die Puppenecke) mit Angeboten, die auch für Jungen attraktiv s<strong>in</strong>d (verkleiden,<br />
Arzt spielen, Ritter se<strong>in</strong>, etc.) ist bisher <strong>in</strong> weiten Teilen gelungen, das Mädchen bzw. Jungen verstärkt alle<br />
Angebote nutzen und sich <strong>in</strong> ihrem Spielen nicht so e<strong>in</strong>schränken. Das gleiche gilt für die traditionell<br />
klassischen Jungenspielecken (wie die Bauecke), die mit Puppenhaus und kreativen Baumaterialien<br />
zusammengelegt wurde und damit Mädchen als auch Jungen neue Spielräume ermöglichen.
Drogand-Strud/Paproth: MATERIALIEN <strong>Geschlechtersensible</strong> <strong>Pädagogik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> KiTa 18<br />
Modul III: Arbeitsaufgaben zur Methode<br />
„Argumente für e<strong>in</strong>e geschlechterbewusste <strong>Pädagogik</strong>“<br />
� Bitte überlegen Sie, welche Argumente Ihre<br />
Zustimmung/Ablehnung erhalten und warum.<br />
� Welche Reaktionen vermuten Sie bei Vätern und Müttern<br />
bei den e<strong>in</strong>zelnen Argumenten?<br />
� Fallen Ihnen weitere Argumente für e<strong>in</strong>e<br />
geschlechterbewusste <strong>Pädagogik</strong> e<strong>in</strong>?
Drogand-Strud/Paproth: MATERIALIEN <strong>Geschlechtersensible</strong> <strong>Pädagogik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> KiTa 19<br />
Modul IV: Reflexionsfragen „Abschlusse<strong>in</strong>heit“<br />
� Wie habe ich den Tag erlebt?<br />
� Welche biographischen Fragen wurden berührt?<br />
� Wie lief <strong>der</strong> Gruppenprozess ab?<br />
� Welche Erkenntnisse zu Geschlechterbil<strong>der</strong>n habe ich<br />
gewonnen?<br />
� Welche neuen Aspekte für die Arbeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> KiTa habe ich<br />
erfahren?<br />
� Was ist mir am Geschlechterverhältnis wichtig und<br />
welche Kompetenzen zu Geschlechterthemen br<strong>in</strong>ge ich<br />
schon <strong>in</strong> die Arbeit mit?<br />
� Welche Kompetenzen möchte ich weiterentwickeln?<br />
� Auf welche Aspekte will ich <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er künftigen Praxis<br />
mit den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n achten?
Drogand-Strud/Paproth: MATERIALIEN <strong>Geschlechtersensible</strong> <strong>Pädagogik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> KiTa 20<br />
Modul IV: Vorlage „5-F<strong>in</strong>ger – Auswertung“<br />
� Daumen Das war spitze - Daran werde ich<br />
weiterarbeiten.<br />
� Zeigef<strong>in</strong>ger: Diesen H<strong>in</strong>weis habe ich hier erhalten.<br />
� Mittelf<strong>in</strong>ger: Gar nicht gefallen hat mir: ...<br />
� R<strong>in</strong>gf<strong>in</strong>ger: Die Atmosphäre hier war ...<br />
� Kle<strong>in</strong>er F<strong>in</strong>ger: Zu kurz gekommen ist mir ...<br />
Gef€r<strong>der</strong>t von: