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w u n S c H<br />
u n d w i r k l i c H k e i T d e S i r e A n d r e A l i T y<br />
Los Angeles. Hollywood. Stadt der<br />
Inszenierung, des Verfalls, des<br />
sozialen Desasters, der Angst, der<br />
Gewalt, des Glamours, der Immigration<br />
und Diskriminierung, der Überwachung,<br />
der Sehnsucht, des Lichts<br />
und der Dunkelheit: Sunshine and<br />
Noir. In der kalifornischen Metropole<br />
finden sich alle Formen des Widerspruchs<br />
– ob sozialer, ökologischer,<br />
utopischer, kultureller oder politischer<br />
Natur. Eine Weltstadt,<br />
die geprägt ist von sozialer Härte<br />
und urbaner Totalität, durch<br />
alternative Lebensweisen und organisierte<br />
Kriminalität, durch Film- und<br />
Rüstungsindustrie, Familienunterhaltung<br />
und Pornografie, Big Business<br />
und völlige Armut. Eine Stadt,<br />
deren Mythen und Möglichkeiten umfangreich<br />
in Bildender Kunst, Film und<br />
Literatur beschrieben wurden.<br />
Ausgehend von dieser Vielzahl an Bildern<br />
und Widersprüchen entstand<br />
2002 die zehnteilige Arbeit UNIGLORY<br />
von <strong>Caroline</strong> <strong>Hake</strong>. Sie zeigt eine<br />
Stadt ohne Menschen, die in der Arbeit<br />
zu einem Extrakt der Inszenierung<br />
und der Künstlichkeit gerät.<br />
UNIGLORY ist eine fotografische<br />
Fiktion, die Orte zeigt, die bereits<br />
als modellhafte Inszenierung angelegt<br />
sind oder die durch den Blick<br />
der Fotografin ein fiktionales und<br />
inszeniertes Moment erhalten. <strong>Hake</strong><br />
verwischt absichtlich die vermeintlich<br />
klaren Grenzen zwischen<br />
einer dokumentarischen Sicht der<br />
Dinge und einer Form der Fotografie,<br />
die stärker interpretiert und<br />
inszeniert. In den Bildern werden<br />
Projektionsräume des gesellschaftlichen<br />
Lebens sichtbar:<br />
als Naturinszenierung im Pacific Ocean<br />
Aquarium 16, als TV-Studio einer<br />
Gameshow 20 oder als Bühne für die<br />
Wahl der Miss World 11. Die Wunder<br />
der Natur in domestizierter und unterhaltsamer<br />
Form genießen zu<br />
können ist dem Wunsch, sich im Fernsehen<br />
als Kurzzeitstar mit Aussicht<br />
auf einen satten Geld- oder Sachgewinn<br />
darzustellen, gleichgestellt.<br />
Genauso wie die erotisch aufgeladene<br />
Sicht auf normierte Frauenkörper,<br />
die den sexuellen Hunger und globalen<br />
Anspruch der Jury und Zuschauer<br />
der Misswahl gleichermaßen befriedigt.<br />
Die ganze Arbeit bewegt sich<br />
entlang einer Sollbruchstelle,<br />
die zwischen Wunsch und Wirklichkeit,<br />
Idealismus und Realismus verläuft.<br />
Besonders deutlich tritt dieses<br />
Interesse und ästhetische Vorgehen<br />
zu Tage, wenn <strong>Caroline</strong> <strong>Hake</strong> nicht<br />
im Museum oder im Fernsehstudio,<br />
sondern Ausschnitte der realen Stadtlandschaft<br />
fotografiert. Die romantische<br />
Stimmung des im Morgennebel<br />
liegenden L. A. 12 verkehrt sich in<br />
das apokalyptische Gegenteil, wenn<br />
klar wird, dass die Stadt unter<br />
einer Glocke aus Staub und Autoabgasen<br />
erstickt. Auch die Schönheit<br />
und Faszination der Lichtstreifen am<br />
nächtlichen Himmel relativieren sich,<br />
da sie die Bahn eines über dem Bezirk<br />
kreisenden Polizeihubschraubers<br />
beschreiben 18. Die Vermischung von<br />
Realität und Fiktion, die Erzeugung<br />
einer falschen Welt unter den Vorzeichen<br />
der Wahrheit ist sicher ein<br />
Privileg der Unterhaltungsindustrie.<br />
Alles ist möglich: der Blick in die<br />
Zukunft, die Sichtbarmachung des<br />
Nichtsichtbaren, die Nahsicht auf das<br />
Los Angeles. Hollywood. City of<br />
staged events, decay, social disaster,<br />
fear, violence, glamour, immigration<br />
and discrimination, surveillance,<br />
longing, light and darkness:<br />
Sunshine and Noir. The California<br />
metropolis contains within itself all<br />
forms of contradiction – whether<br />
of a social, ecological, utopian, cultural<br />
or political nature. A cosmopolitan<br />
city marked by social hardship<br />
and urban totality, by alternative<br />
lifestyles and organized criminality,<br />
by the film and armaments industries,<br />
family entertainment and pornography,<br />
big business and abject<br />
poverty. A city whose myths and<br />
possibilities have been extensively<br />
described in the visual arts, film<br />
and literature. This multiplicity of<br />
images and contradictions inspired<br />
the ten-part work UNIGLORY which<br />
<strong>Caroline</strong> <strong>Hake</strong> created in 2002.<br />
She depicts a city without inhabitants<br />
which, in this artwork, turns<br />
into an extract of theatricality<br />
and artificiality. UNIGLORY is a photographic<br />
fiction portraying sites<br />
which have already been set up as<br />
model stagings or which the perspective<br />
of the photographer imbues<br />
with a staged and fictional aspect.<br />
<strong>Hake</strong> deliberately obscures the<br />
supposedly clear borders between a<br />
documentary view of things and a<br />
form of photography that is more<br />
deeply involved in interpreting and<br />
staging. Emerging into view in the<br />
stylized pictures are projectionspaces<br />
of social life: as a spectacle<br />
of nature in the Pacific Ocean<br />
Aquarium 16, as the television studio<br />
of a game show 20, or as the stage<br />
for the Miss World contest 11. The<br />
opportunity of enjoying the wonder<br />
of nature in domesticated and entertaining<br />
form is equated with the<br />
desire to present oneself on television<br />
as the star of the moment,<br />
with the dizzying prospect of winning<br />
a heap of money or merchandise.<br />
In the same manner, the erotically<br />
charged view of standardized female<br />
bodies satiates both the sexual<br />
hunger and global ambition of the jury<br />
and audience during the beauty<br />
pageant. The entire artwork moves<br />
along a pre-determined breaking<br />
point running between desire and<br />
reality, idealism and realism. This thematic<br />
focus and aesthetic procedure<br />
become particularly apparent<br />
when <strong>Caroline</strong> <strong>Hake</strong> takes pictures,<br />
not in museums or television studios,<br />
but as segments of authentic<br />
cityscapes. The romantic atmosphere<br />
of an L.A. that is still nestled<br />
in the mists of morning shifts 12<br />
abruptly into its apocalyptic opposite<br />
when it becomes clear that<br />
the city is suffocating beneath a covering<br />
of dust and auto exhaust.<br />
Similarly, the beauty and fascination<br />
of streaks of light across a nocturnal<br />
sky are relativized through the<br />
realization that they trace out the<br />
flight pattern of a police helicopter<br />
circling over the district 18. The<br />
blending of reality and fiction, the<br />
creation of a false world beneath<br />
the sign of truth, is doubtlessly the<br />
privilege of the entertainment<br />
industry. Everything is possible: the<br />
view into the future, the rendering<br />
visible of the invisible, the closeup<br />
onto that which is far removed.