NEWSLETTER Dezember 2012 - Mffv
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der traum:<br />
television vom<br />
fernseh-kodex<br />
Erschöpft vom Erfi nden und Warten<br />
bin ich eingenickt auf dem Papierstapel<br />
voller eingereichter Projektideen. Der<br />
Tag war wie so viele meiner Tage:<br />
etliche Themen zum Sender geschickt,<br />
Entscheidungsträgern hinterher telefoniert,<br />
wieder einmal niemanden erreicht.<br />
Kalkulationen nach unten<br />
korrigiert, unrealistische Vertragszusätze<br />
akzeptiert und von einer Ausschreibung<br />
gehört, die unerklärlicherweise<br />
an mir vorbei gegangen ist.<br />
Tiefste Selbstzweifel suchen mich heim.<br />
Bin ich denn so schlecht?! Ein paar<br />
meiner Filme haben doch schon Preise<br />
gewonnen. Aber das sind keine<br />
mitteldeutschen Produktionen. Hier<br />
begnüge ich mich mit den kleinen,<br />
den ganz kleinen Dingen. Alles, was<br />
ich cool fi nde, fi ndet im TV ohnehin<br />
nicht statt. Und wenn doch, fi ndet<br />
es immer ohne mich statt.<br />
Mein Gewissen meldet sich: Es wird<br />
endlich Zeit. Zeit für mehr Anstand im<br />
Fernsehen, für viel mehr Mut, für Fairness,<br />
Respekt und Vertrauen. Wo ist sie,<br />
die Hand aus dem Himmel mit den<br />
wegweisenden Geboten, den göttlichen<br />
Umgangsformen, den niedergeschriebenen<br />
Werten, die das Miteinander zwischen<br />
Produzent und Sender regeln?<br />
Ich will keine fadenscheinigen Absagen<br />
mehr. In Großbritannien bei der BBC<br />
existiert er doch, der »Code Of Practice«.<br />
Er folgt den sieben Prinzipien des öffentlichen<br />
Lebens:<br />
Selbstlosigkeit<br />
Integrität<br />
Objektivität<br />
Rechenschaftspfl icht<br />
Offenheit<br />
Ehrlichkeit<br />
Führung.<br />
Es sind einfache Regeln, die jeder Redakteur<br />
und jeder Direktor, jeder<br />
Produzent und jeder Kameramann,<br />
jeder Autor und jeder Tonmann, überhaupt<br />
jeder Mann und jede Frau<br />
begreift und anwenden MUSS. Und so<br />
gehen die Redaktionen mit den Produzenten<br />
offen um. An Programmplanung<br />
und Entwicklung sind Produzenten<br />
gleichberechtigt beteiligt. Die BBC –<br />
ein Produzentenhimmel!?<br />
3<br />
Plötzlich fällt gleißendes Licht durch<br />
mein Bürofenster, die Flügel werden auf<br />
gestoßen und zwei ziemlich olle Holzplatten<br />
knallen auf meinen Schreibtisch.<br />
Eine Stimme aus dem Off verkündet:<br />
»Nimm diese beiden Tafeln und<br />
verbreite ihre Message! Das mögen die<br />
Zehn Fernsehgebote für die nächsten<br />
2000 Jahre sein. So seiet endlich einander<br />
fair und wohl gesonnen.« Hellwach<br />
starre ich auf die massive Botschaft.<br />
Menschenskind, lieber Gott, geht’s nicht<br />
etwas moderner, wenn du dich schon<br />
einmischst? Schwere Holztafeln und<br />
antiquierte Schrift?! Die Formatierung<br />
lässt zu wünschen übrig. Okay, muss ja<br />
nicht immer gleich alles in Stein gemeißelt<br />
sein. Aber vielleicht, wenn erst die<br />
Patina von der Eiche geblättert ist,<br />
könnte das Wunder geschehen. Ich<br />
ahne, diese Botschaft wird die Moral<br />
des deutschen Fernsehens für die<br />
nächsten 2000 Jahren revolutionieren…