NEWSLETTER Dezember 2012 - Mffv
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Außerdem brauchen wir Transparenzkriterien für Förderer und Anstalten.<br />
Andernorts in Europa sind sie längst üblich. Das bedeutet: Offenlegung<br />
der Auftragsvergabe mit öffentlichen Geldern, der Vergabe an Tochterunternehmen,<br />
der Rückzahlungsquoten bei den Förderern, der internen Kriterien<br />
jener Gremien, die über unsere Projekte entscheiden.<br />
Wir müssen grundsätzlich über Sinn und Zweck des deutschen Filmförderwesens<br />
diskutieren. Auch auf die Gefahr hin, dass die ein oder andere Förderung<br />
wegfällt. Das Solidarmodell FFA unter gesetzlicher Legitimation des FFG hat<br />
abgewirtschaftet. Es ist zu einer zinsfreien und risikolosen Hauptfinanzierung<br />
des mittelmäßigen und mittelgroßen deutschen Kinofilms verkommen –<br />
ein Selbstbedienungsladen der Verwerter.<br />
Die überregionale Filmförderung ist zwar per Gesetz zur Steigerung der Qualität<br />
und der wirtschaftlichen Basis des deutschen Films verpflichtet. Doch sie hat<br />
in 50 Jahren keinerlei Anstalten unternommen, ernsthafte Kriterien für die<br />
Bemessung der Qualität des deutschen Films zu entwickeln. Länderförderer sind<br />
sowieso meist eher dem wirtschaftlichen Effekt in ihrer Region als dem Film<br />
als wichtigem Kulturgut verbunden.<br />
Wir brauchen eine Trennung der Bereiche wirtschaftlicher Film – künstlerischer<br />
Film. Kommerziell geplante und kulturell innovativ entwickelte Filme sollten<br />
in den Förderungen wieder unterschiedlichen Kriterien zugeordnet werden. Das<br />
jetzige Fördersystem bedient sich des Dokumentarfilms und des innovativen<br />
fiktionalen Films ausschließlich als Alibi, z.B. bei der Notifizierung in Brüssel.<br />
Der Produzent, die Produzentin dieser Filme verkümmert dabei.<br />
Doch wir müssen auch uns selbst fragen: Sind wir Produzentinnen und Produzenten<br />
bereit, uns verstärkt einer Diskussion um kulturelle Erfolgskriterien<br />
zu stellen? Förderung kann nicht Daueralimentierung bedeuten. Was sind<br />
erfolgreiche, gesellschaftlich wichtige, kulturell innovative, künstlerisch<br />
aufregende Filme? Wie wird ihr Erfolg gemessen?<br />
Damit sind wir beim Kern: bei den Werten, bei unserer Vorstellung, was einen<br />
wichtigen, aufklärerischen, filmisch innovativen Dokumentar- oder Spielfilm<br />
ausmacht und bei dem berechtigten Anspruch, mit dieser Art der Arbeit das<br />
Überleben einer Firma, eines Produzenten, einer Produzentin zu sichern.<br />
Es ist lange verpönt gewesen, diesen umfassenden Anspruch gemeinsam zu<br />
artikulieren. Kinos, Verleihfirmen, Vertriebe, Produktionsfirmen und Fernsehmacher,<br />
die mehr sein wollen als Buchhalter, müssen sich dieser Frage nach den<br />
Inhalten, nach dem Anspruch an uns selber heute stellen, wenn sie film- und<br />
medienpolitisch für ihre Arbeit, ihre Filme, ihre Formate, einstehen wollen,<br />
wenn sie deren Existenz politisch sichern wollen.<br />
Unsere ersten Partner in der Filmpolitik sind daher die Politiker, die Vertreter<br />
der Öffentlichkeit. Und eben nicht mehr die Verwerter auf der einen Seite, die<br />
mit ihrer Selbstbedienungsmentalität und ihren Gerichtsprozessen die FFA<br />
unterhöhlt und letztlich zerstört haben. Oder die Quotenzähler bei den Sendern.<br />
Wir können diese Krise nur überwinden, wenn wir wieder politisch im umfassenderen<br />
Sinn – nicht nur im Lobby-Sinn – eine Diskussion und eine Öffentlichkeit<br />
suchen, die außer den ökonomischen Notwendigkeiten auch den künstlerischen<br />
und moralischen Visionen unserer Filme gerecht wird.<br />
Diese Visionen sind das Wichtigste. ó