NEWSLETTER Dezember 2012 - Mffv
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So hat sich die ökonomische wie die künstlerische Situation des deutschen<br />
Kinofilms, aber vor allem des Dokumentarfilms trotz seines hohen Ansehens in<br />
den letzten 10 Jahren stetig verschlechtert. Denn überall haben die Buchhalter<br />
das Sagen: in den Förderinstitutionen, den Gremien und Verbänden der Verwerter<br />
und in den Sendern. Sie reden über Zahlen. Diese Zahlen heißen dann<br />
Quote, Regionaleffekt oder box office. Letztlich bestimmen diese Zahlendiskurse,<br />
die sich bis in die Feuilletons verbreitet haben, über den FILM, der sich<br />
eben nicht mit den Kriterien des Buchhalters und deren Fokus auf die nur<br />
monetären Zusammenhänge beschreiben lässt. Übrigens auch nicht mit den<br />
Instrumenten des Marketing-Managers, dem Bruder des Buchhalters.<br />
Diese Dominanz der Buchhalter ist schädlich in der filmpolitischen Diskussion.<br />
Es ist eine Dominanz im nicht auflösbaren Zusammenhang und Widerspruch<br />
zwischen dem »Wirtschaftsgut« und der »Kultur« Film und Fernsehen.<br />
In den Gremien der FFA, der größten deutschen Filmförderung, ist zwar immer<br />
auch ein »Kreativer«, immer auch ein Mitglied der Produzentenallianz, der<br />
Altproduzenten und der AG DOK vertreten. Doch die Vertreter der Verwertung<br />
(Verleiher-Verbände, Kino-Verbände und TV-Anstalten) haben den Diskurs<br />
schon lange übernommen. So nennen die Verwerter das bei der FFA einzuzahlende<br />
Geld grundsätzlich »ihr« Geld, wogegen es doch nur treuhänderisch vom<br />
Publikum entgegengenommen und an die FFA weitergereicht wird.<br />
Hat man aber einmal durchgesetzt, dass bei der gesetzlich verankerten Filmabgabe<br />
alle vom Geld der Kinos, dem Geld der Verleiher, dem Geld der DVD-<br />
Verkäufer reden, dann ist der Weg nicht mehr weit zur Forderung, man müsse<br />
auch etwas von »seinem« Geld von der Förderung zurückbekommen.<br />
Und kommt dann nach Meinung der Buchhalter nicht genug zurück, wird eben<br />
geklagt und die FFA jahrelang blockiert.<br />
Besonders abstrus wird es, wenn die öffentlich-rechtlichen Sender in den Gremien<br />
der FFA oder bei den politischen Diskussionen rund um FFG und Länderförderungen<br />
von »ihrem Geld« reden und dann auch in den Vergabekommissionen<br />
oder bei den Terms of Trade-Verhandlungen mit den Produzenten mehr<br />
Entgegenkommen für eigene TV-Projekte bei der Produktionsförderung einfordern.<br />
Bereits vor zwei Jahren hat eine Studie der AG DOK gezeigt, dass einige<br />
öffentlich-rechtliche Sender mehr Geld von den Förderungen wiederbekommen<br />
bzw. mehr Geld in die Projekte der Töchterfirmen dieser Sender fließen, als<br />
die Sender an öffentlichen Mitteln eingezahlt haben.<br />
Die Buchhalter brauchen die Kultur mehr, als die Kultur die Buchhalter braucht.<br />
Es gäbe sonst nach EU-Recht keine Filmförderung mehr. Die Anstalten könnten<br />
ihren Auftrag nicht mehr rechtfertigen. Das sehen sie zähneknirschend ein.<br />
Das passende Zitat in einer FFA-Sitzung wurde von einem Verwerter an die AG<br />
DOK gerichtet: »Haben Sie keine Sorge, wir werden Ihr Bambi ›Dokumentarfilm‹<br />
schon nicht verrecken lassen.«<br />
In jeder politischen Grundsatzdiskussion erklären die Vertreter der Verwerter,<br />
dass jeder Spielfilm, jede Form des TV-Infotainments natürlich auch Kultur sei.<br />
Aber für die Verwendung öffentlicher Mittel müssen wir einen trennschärferen<br />
Begriff von öffentlich zu finanzierender Kultur entwickeln, der auch im Zusammenhang<br />
mit der Diskussion um den Auftrag der öffentlich-rechtlichen<br />
Sender Verwendung finden könnte. ˘