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Kommunikations- wissenschaft - Medien ...

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M&K 51. Jahrgang 2/2003<br />

Lücke 2002). 20 Dabei konzentrieren wir uns in der Darstellung, gestützt auf die dazu<br />

vorliegende Literatur, auf diejenigen Ergebnisse, die für Genres des performativen ebenso<br />

wie des narrativen Reality TV konstitutiv sind. Diese Charakteristika lassen sich in<br />

vor allem den Inhalt betreffende Grenzübertretungen und vor allem die Form betreffende<br />

Inszenierungsstrategien unterteilen.<br />

6.1 Grenzübertretungen<br />

Grenzübertretungen markieren das Innovative der neuen Genres: Reality TV löst als<br />

Sammlung von Hybridgenres vermeintliche Gegensätze von Authentizität und Inszenierung,<br />

Information und Unterhaltung, Alltäglichem und Außergewöhnlichem auf<br />

und vermischt diese zu neuen Fernseh-Produkten. 21 Grenzüberschreitend sind diese<br />

Merkmale in einem doppelten Sinn: Sie gelten für alle zum Reality TV zählenden Genres<br />

und sie verlassen gleichzeitig bis in die 90er Jahre hinein geltende Konventionen. 22<br />

Zwischen Authentizität und Inszenierung: Als authentisch wird etwas bezeichnet,<br />

wenn es „echt, glaubwürdig“ ist (Meyers Lexikonredaktion 1995, 264). Eine Fernsehsendung<br />

halten Bente und Fromm dann für authentisch, wenn unprominente Menschen<br />

„wahre Geschichten“ erzählen und/oder vor der Kamera darstellen (vgl. 1997, 20).<br />

Herrmann (2002, 130f.) beschreibt Authentizität in Talk Shows so: „Nichtprominente<br />

Bürger erzählen von ihrem Schicksal. (…) Die Geschichten sind also nicht erfunden,<br />

sondern wahr (…).“ Als Vertreter des performativen Reality TV stellen auch Docu<br />

Soaps und Reality Soaps Geschichten und Erlebnisse gewöhnlicher Menschen in den<br />

Mittelpunkt. Laut Selbstaussage der Fernsehsender handelt es sich vor allem bei der<br />

Docu Soap um ein authentisches Genre. Der Sender RTL II23 betont in seiner Pressemitteilung<br />

zu „Reeperbahn“ die Authentizität der Serie: „Keine Szene wird gestellt, wir<br />

begleiten unsere Darsteller mit der Kamera und lassen sie einfach erzählen (…): ‚Dialoge<br />

schreiben wir nicht, die liefern uns unsere Darsteller.‘“ Noch direkter formuliert das<br />

ZDF in der Pressemappe zu „OP. Schicksale im Klinikum“ (1998): Es „entstanden Ge-<br />

20 Im Rahmen einer kommunikations<strong>wissenschaft</strong>lichen Abschlussarbeit wurde zwischen April<br />

1998 (erste Docu Soap im deutschen Fernsehen) und Mai 2001 das Fernsehprogramm mehrerer<br />

Fernsehzeitschriften durchgesehen und auf dieser Basis, kombiniert mit Selbstauskünften der<br />

Fernsehsender ARD, ZDF, ARTE, aller Dritten Programme, RTL, RTL II, SAT.1, Pro Sieben<br />

sowie VOX, alle bis zu diesem Zeitpunkt ausgestrahlten Docu Soaps und Reality Soaps erfasst.<br />

Von allen ermittelten Sendungen (46 Docu Soaps sowie 11 Reality Soaps) wurden Pressematerial<br />

sowie die Einschaltquoten bei der Erstausstrahlung angefordert sowie Zahl und Länge der<br />

Folgen, Ausstrahlungszeitraum, Hauptpersonen und -schauplatz sowie die Produktionsfirma<br />

recherchiert. Anhand der Durchsicht einer Auswahl von Docu Soaps und Reality Soaps wurde<br />

überprüft, inwieweit die aus der theoretischen Literatur hervorgehenden Gattungsmerkmale<br />

des Reality TV, von Daily Soaps und Dokumentationen sich in Docu Soaps und Reality Soaps<br />

wiederfinden.<br />

21 Dass Reality TV ebenfalls Privates öffentlich macht, zeigt dieses Kapitel. Allerdings gehen die<br />

Autorinnen davon aus, dass Fernsehsendungen nicht erst mit dem Beginn der Ära Reality TV<br />

Privates thematisierten, sondern dies seit ihren ersten Tagen tun, wie z. B. Bleicher oder Herrmann<br />

herausarbeiten (vgl. Bleicher 2002, 208ff.; Herrmann 2002, 39 – 51). Es handelt sich deshalb<br />

in unserem Sinne nicht um eine formative Grenzübertretung.<br />

22 Wie beispielsweise die Trennung des Fernsehprogramms in fiktionale und non-fiktionale Produkte.<br />

23 RTL II nimmt für sich in Anspruch, die erste Docu Soap („Reeperbahn!“) im Privatfernsehen<br />

produziert zu haben.<br />

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