Kommunikations - Medien & Kommunikationswissenschaft - Nomos
Kommunikations - Medien & Kommunikationswissenschaft - Nomos
Kommunikations - Medien & Kommunikationswissenschaft - Nomos
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HANS-BREDOW-INSTITUT E 20039 F<br />
&<br />
<strong>Medien</strong><br />
<strong>Kommunikations</strong>wissenschaft<br />
Wolfgang Seufert<br />
Programmaufwand, Qualität und Wirtschaftlichkeit<br />
öffentlich-rechtlicher Rundfunkangebote<br />
Jens Wolling / Christoph Kuhlmann<br />
Zerstreute Aufmerksamkeit. Empirischer Test eines<br />
Erklärungsmodells für die Nebenbeinutzung des Fernsehens<br />
Kathrin Junghanns / Thomas Hanitzsch<br />
Deutsche Auslandskorrespondenten im Profil<br />
Jutta Milde / Georg Ruhrmann<br />
Molekulare Medizin in deutschen TV-Wissenschaftsmagazinen.<br />
Ergebnisse von Journalisteninterviews und Inhaltsanalysen<br />
Jörg Hagenah<br />
Möglichkeiten der Nutzung von Media-Analyse-Radiodaten für<br />
Sekundäranalysen von 1972 bis heute<br />
<strong>Nomos</strong> Verlagsgesellschaft<br />
Baden-Baden<br />
M&K 54. Jg. 2006/3
HANS-BREDOW-INSTITUT<br />
<strong>Medien</strong><br />
<strong>Kommunikations</strong>wissenschaft<br />
Redaktion:<br />
Joan Kristin Bleicher, Hardy Dreier, Christiane Eilders,<br />
Uwe Hasebrink, Thorsten Held, Anja Herzog,<br />
Claudia Lampert, Christiane Matzen, Jutta Popp,<br />
Her mann-Dieter Schröder, Wolfgang Schulz, Jutta Simon<br />
<strong>Nomos</strong> Verlagsgesellschaft<br />
Baden-Baden<br />
&<br />
M&K 54. Jg. 2006/3
Wolfgang Seufert Programmaufwand, Qualität und Wirtschaftlichkeit<br />
öffentlich-rechtlicher Rundfunkangebote . . . . . . . 365<br />
Jens Wolling / Christoph Kuhlmann Zerstreute Aufmerksamkeit. Empirischer Test eines<br />
Erklärungsmodells für die Nebenbeinutzung des<br />
Fernsehens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386<br />
Kathrin Junghanns/Thomas Hanitzsch Deutsche Auslandskorrespondenten im Profil . . . 412<br />
Jutta Milde / Georg Ruhrmann Molekulare Medizin in deutschen TV-Wissen schaftsmagazinen.<br />
Ergebnisse von Jour na listen interviews<br />
und Inhaltsanalysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430<br />
Jörg Hagenah Möglichkeiten der Nutzung von Media-Analyse-Radiodaten<br />
für Sekundäranalysen von 1972 bis<br />
heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457<br />
LITERATUR<br />
Besprechungen<br />
INHALTSVERZEICHNIS<br />
Dagmar Hoffmann Bertram Scheufele: Sexueller Missbrauch. <strong>Medien</strong>darstellung<br />
und <strong>Medien</strong>wirkung. Wiesbaden: VS,<br />
2005 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 486<br />
Steffen Kolb / Steffen Burkhardt Norbert Baumgärtner: Risiko- und Krisenkommunikation.<br />
Rahmenbedingungen, Herausforderungen<br />
und Erfolgsfaktoren, dargestellt am Beispiel der chemischen<br />
Industrie. München: Dr. Hut, 2005 . . . . . 488<br />
Jan Krone Jens Damm/Simona Thomas (Hrsg.): Chinese Cyberspaces.<br />
Technological Changes and Political Effects.<br />
London u. New York: Routledge, 2006 . . . . 489<br />
Hans-Dieter Kübler Rudolf Kammerl: Internetbasierte Kommunikation<br />
und Identitätskonstruktion. Selbstdarstellungen und<br />
Regelorientierungen 14- bis 16-jähriger Jugendlicher.<br />
Hamburg: Dr. Kovac, 2005 . . . . . . . . . . . . . . . 491<br />
Hans Peter Peters Steffen Kolb: Mediale Thematisierung in Zyk len.<br />
Theoretischer Entwurf und empirische Anwendung.<br />
Köln: Herbert von Halem, 2005 . . . . . . . . . . . . . . . 493<br />
Ulrich Riehm Mirko Marr: Internetzugang und politische Informiertheit.<br />
Zur digitalen Spaltung der Gesellschaft.<br />
Konstanz: UVK, 2005 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 497<br />
363
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Helge Rossen-Stadtfeld Astrid Link: Unternehmensbeteiligungen öffentlich-rechtlicher<br />
Rundfunkanstalten. Öffentlichrechtlicher<br />
Programmauftrag und privatrechtliche<br />
Organisationsformen. Baden-Baden: <strong>Nomos</strong> Verlagsgesellschaft,<br />
2005 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500<br />
Jörg Ukrow Kristina Hopf: Jugendschutz im Fernsehen. Eine<br />
verfassungsrechtliche Prüfung der materiellen Jugendschutzbestimmungen.<br />
Frankfurt am Main, 2005 503<br />
Stephan Alexander Weichert Günther Rager / Karola Graf-Szczuka / Gregor Hasse<br />
mer / Stephanie Süper: Zeitungsjournalismus.<br />
Empirische Leserschaftsforschung. Konstanz, 2006 504<br />
Zeitschriftenlese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 506<br />
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 546<br />
English abstracts<br />
Autorinnen und Autoren<br />
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 552<br />
dieses Heftes<br />
Hinweise für Autorinnen<br />
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 555<br />
und Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 557<br />
Korrektur:<br />
Im Artikel „Abschied vom ‚Internet für alle’? Der ‚blinde Fleck’ in der Diskussion zur digitalen<br />
Spaltung“ von Ulrich Riehm und Bettina-Johanna Krings, erschienen in M&K 1/2006, haben sich<br />
in Abb. 2+3 Fehler eingeschlichen. Der Artikel mit korrigierten Abbildungen ist zum Download<br />
verfügbar: http://www.hans-bredow-institut.de/publikationen/muk/M&K_01.06_05Riehm.Krings.<br />
pdf<br />
364
Programmaufwand, Qualität und Wirtschaftlichkeit<br />
öffentlich-rechtlicher Rundfunkangebote<br />
Wolfgang Seufert<br />
Betriebswirtschaftliche Kennziffern bzw. Indikatoren dienen sowohl der internen Steuerung<br />
von Produktionsprozessen als auch der externen Kontrolle der Zielerreichung durch<br />
die Aufsichtsgremien von Unternehmen. Der Beitrag befasst sich mit zwei Aspekten<br />
der externen Kontrolle der Wirtschaftlichkeit öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten:<br />
mit der Frage, ob der von der KEF verwendete Indikator „Minutenkosten“ für solche<br />
Wirtschaftlichkeitsvergleiche generell geeignet ist, und mit der Frage, inwieweit das Kostenniveau<br />
privater Anbieter auch als Zielwert (Benchmark) für öffentlich-rechtliche Angebote<br />
herangezogen werden kann. Auf Basis theoretischer Überlegungen zum Zusammenhang<br />
zwischen Programmaufwand, Qualität und Zuschauer- bzw. Hörernachfrage<br />
wird deutlich, dass Tausenderkontaktkosten (TKK) als Wirtschaftlichkeitsindikator für<br />
Rundfunkveranstalter generell besser geeignet sind als Minutenkosten, wobei zu berücksichtigen<br />
ist, dass sich das TKK-Niveau für unterschiedliche Programmgenres systematisch<br />
unterscheidet. Unterschiedliche Programmstrukturen bzw. spezielle Vorgaben<br />
für die öffentlich-rechtlichen Angebote (z. B. für Informations- oder Wortanteile) schlagen<br />
deshalb auf deren TKK-Niveau durch. In einem empirischen Teil werden für die<br />
deutschen TV-Vollprogramme und landesweiten Hörfunkprogramme die vermuteten<br />
Zusammenhänge zwischen Kostenniveau und Rezipientennachfrage bzw. zwischen Produktionsaufwand<br />
und Programmstruktur bestätigt. Private TKK-Niveaus eignen sich<br />
als Benchmark nur eingeschränkt, da hierbei auch die Effekte von Marktanteilszielen als<br />
einer weiteren Qualitätsdimension öffentlich-rechtlicher Angebote zu berücksichtigen<br />
sind.<br />
Schlagwörter: <strong>Medien</strong>qualität, Produktionsaufwand, Rundfunkfinanzierung, Rundfunkregulierung,<br />
Tausenderkontaktkosten, Wirtschaftlichkeit<br />
1. Minutenkosten als Indikator für die Wirtschaftlichkeit von<br />
Rundfunkangeboten?<br />
Mit dem Übergang zum dualen Rundfunksystem im Jahr 1984 hat sich die Diskussion<br />
über die wirtschaftliche Effizienz bzw. Wirtschaftlichkeit des öffentlich-rechtlichen<br />
Rundfunks insofern verändert, als sie verstärkt unter Bezugnahme auf das Gegenmodell<br />
„privater Rundfunk“ erfolgt (u. a. Kronberger Kreis, 1989; Heinrich, 2005). Dabei<br />
wird dem öffentlich-rechtlichen Teilsystem häufig pauschal unwirtschaftliches Verhalten<br />
vorgeworfen und der private Rundfunk generell als effizienter und kostengünstiger<br />
eingeschätzt (u. a. Eickhof/Never, 2000; Radke/Then Berg, 2004), wobei als empirischer<br />
Beleg niedrigere Durchschnittskosten der privaten Anbieter angeführt werden. Immer<br />
häufiger versucht die <strong>Medien</strong>politik deshalb – zuletzt durch eine willkürliche Begrenzung<br />
des von der KEF empfohlenen Rundfunkgebührenanstiegs – einen Sparzwang auf<br />
die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auszuüben. Am weitesten geht bislang das<br />
Positionspapier der Ministerpräsidenten von Bayern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen,<br />
in dem 2003 konkrete Sparsummen und Programmreduzierungen gefordert wurden<br />
(Gemeinsame Initiative der Bundesländer Bayern, NRW und Sachsen, 2003).<br />
Aus einer medienökonomischen Perspektive ist dabei überraschend, dass diese Aus-<br />
365
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
einandersetzung über die Wirtschaftlichkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks fast<br />
keinen Bezug zur Qualitätsdebatte hat, in der wiederum der Vorwurf der Selbstkommerzialisierung,<br />
d. h. einer zu starken Anpassung der öffentlich-rechtlichen Programme<br />
an das niedrigere – weil am Massengeschmack ausgerichtete – Qualitätsniveau der Privaten<br />
dominiert (vgl. Krüger, 1991; Heyen, 2001; Stock, 2005). Auch bei der Produktion<br />
von TV- und Radioprogrammen ist aber – wie in allen anderen Wirtschaftszweigen<br />
– davon auszugehen, dass ein Zusammenhang zwischen Produktqualität und Produktionsaufwand<br />
besteht, höhere Qualitätsansprüche sich in der Regel also in einem höheren<br />
Kostenniveau widerspiegeln.<br />
Die Ausblendung des Zusammenhangs von Kosten und Qualität ist sicher auch auf<br />
die Praxis der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten<br />
(KEF) in ihren Wirtschaftlichkeitsvergleichen zwischen den öffentlich-rechtlichen<br />
Rundfunkanstalten zurückzuführen. Diese werden im Auftrag der Ministerpräsidenten<br />
der Länder seit 1991 regelmäßig durchgeführt (vgl. Nafziger/Schwertzel, 1996) und nutzen<br />
als wichtigste Vergleichsgröße die jeweiligen durchschnittlichen Minutenkosten der<br />
gesendeten Programmminuten (zuletzt KEF, 2005: 27ff.). Das Kostenniveau der jeweils<br />
günstigsten Anstalt soll dabei als Benchmark für Einsparpotenziale bei den anderen<br />
Anstalten dienen (KEF, 2003: 251). Damit wird jedoch eine Kennziffer verwendet, mit<br />
der Qualitätsunterschiede von Rundfunkprogrammen nicht angemessen berücksichtigt<br />
werden können. Der folgende Beitrag untersucht deshalb zwei Fragen:<br />
Gibt es für einen Wirtschaftlichkeitsvergleich öffentlich-rechtlicher Rundfunkangebote<br />
eine andere Kennziffer als die „durchschnittlichen Minutenkosten“, die die Interdependenz<br />
von Qualitätszielen und Wirtschaftlichkeitszielen besser erfasst?<br />
Eignet sich ein solcher Indikator damit auch für einen Wirtschaftlichkeitsvergleich<br />
zwischen öffentlich-rechtlichen Anstalten und privaten Anbietern, indem er die spezifischen<br />
Qualitätsziele öffentlich-rechtlicher Rundfunkangebote mit berücksichtigen<br />
kann?<br />
2. Wirtschaftlichkeitskennziffern für Rundfunkprogramme – Minutenkosten<br />
versus Tausenderkontaktkosten (TKK)<br />
2.1 Stückkosten als Wirtschaftlichkeitskennziffern<br />
Auch Non-Profit-Unternehmen werden von ihren Eigentümern in der Regel zu wirtschaftlichem<br />
Verhalten verpflichtet, damit sie ihre gemeinnützigen Zwecke bestmöglich<br />
erfüllen können. Dabei kann zwei Entscheidungsregeln gefolgt werden. Wird Kostenwirksamkeit<br />
angestrebt, soll mit den vorhandenen Ressourcen eine maximale Leistung,<br />
meist definiert über Outputmengen und Qualitätsniveaus, erzielt werden (Maximalprinzip).<br />
Wird Kostenwirtschaftlichkeit angestrebt, soll eine definierte Leistung mit minimalem<br />
Ressourceneinsatz erreicht werden (Minimalprinzip). In beiden Fällen geht es<br />
also darum, das Verhältnis von Leistungs- bzw. Outputeinheiten zu Inputeinheiten zu<br />
optimieren (Nafziger/Schwerzel, 1996: 21; Schumann/Hess, 2003: 3).<br />
Um der Unternehmensleitung und den Mitarbeitern intern ökonomisch rationale<br />
Produktionsentscheidungen zu ermöglichen und um darüber hinaus auch eine effiziente<br />
externe Kontrolle durchführen zu können, müssen Produktionsmenge, Produktqualität<br />
und Inputs durch geeignete Kennziffern bzw. Indikatoren abgebildet werden. Grundsätzlich<br />
kann dabei zur Quantifizierung der Input/Outputrelationen mit Kennziffern<br />
unterschiedlicher Dimensionen gearbeitet werden:<br />
366
Seufert · Programmaufwand, Qualität und Wirtschaftlichkeit<br />
• Faktorproduktivitäten setzen die Leistungs- bzw. Outputeinheiten mit den notwendigen<br />
Inputmengen (z. B. Arbeitsstunden) ins Verhältnis.<br />
• Stückkosten setzen Leistungs- bzw. Outputeinheiten – bei gegebenen Preisen für die<br />
Produktionsfaktoren – zu den Inputwerten (z. B. Lohnkosten) ins Verhältnis.<br />
Während hierbei gewinnorientierte Unternehmen versuchen, ihre Profitrate zu maximieren<br />
und eine möglichst große positive Differenz zwischen dem Preis einer Outputeinheit<br />
und ihren Stückkosten zu erreichen, gilt bei Non-Profit-Unternehmen das<br />
Kostendeckungsprinzip.<br />
2.2 Leistungseinheit Programmmenge: Minutenkosten als Wirtschaftlichkeitsindikator<br />
Zur Berechnung von Stückkosten bietet es sich auf den ersten Blick an, die Outputeinheiten<br />
von TV- und Radioprogrammen als Zeitmengen zu definieren, beispielsweise als<br />
Zahl der eigenproduzierten oder der gesendeten Programmminuten. Allerdings spricht<br />
dagegen, dass es sich bei Rundfunkprogrammen nicht um standardisierbare Güter handelt.<br />
Sie bestehen, sieht man von Wiederholungen ab, aus Einzelanfertigungen (Unikate).<br />
Diese Einzelbeiträge bzw. Sendungen können zudem unterschiedlich zu Programmen<br />
kombiniert werden. Rundfunkprogramme sind also sehr heterogene Leistungsbündel.<br />
Im Ergebnis variieren die Stückkosten auf der Basis von Minutenkosten ebenso stark<br />
zwischen den Sendungen und Einzelbeiträgen eines Veranstalters wie zwischen den Gesamtangeboten<br />
verschiedener TV- oder Radioveranstalter.<br />
Die KEF versucht diesem Problem zu begegnen, indem sie ihre Kostenvergleiche auf<br />
Basis von Minutenkosten nicht allein für das jeweilige Gesamtprogramm der Anstalten,<br />
sondern auch für Programmgenres, d. h. für inhaltlich ähnliche Sendungen, durchführt.<br />
Im 15. KEF-Bericht werden beispielsweise die TV-Minutenkosten der Dritten<br />
Programme im Jahr 2004 in acht Kategorien („Politik und Gesellschaft“, „Kultur und<br />
Wissenschaft“, „Sport“, „Fernsehspiel“, Spielfilm“, „Unterhaltung“, „Familie“ sowie<br />
„Bildung und Beratung“) differenziert. Die Minutenkostenvergleiche der ARD-Radioprogramme<br />
beziehen sich auf drei Wortkategorien („Information und Service“, „Kultur/Bildung“,<br />
„Unterhaltung“) sowie drei Musikkategorien („Rock-/Popmusik“, „Unterhaltungsmusik“,<br />
„Klassik“).<br />
2.3 Leistungseinheit Zuschauermenge: Tausenderkontaktkosten (TKK) als<br />
Wirtschaftlichkeitsindikator<br />
Selbst bei ausreichend tiefer Genredifferenzierung stellt sich allerdings grundsätzlich die<br />
Frage, ob die Leistungseinheit „Sendeminuten“ – die für Rundfunkproduktionsbetriebe<br />
sinnvoll sein mag – für TV- und Radioveranstalter ebenfalls geeignet ist.<br />
Für einen privaten TV-Veranstalter ist es beispielsweise keine sinnvolle Strategie, ein<br />
Programm mit minimalen Minutenkosten zu produzieren, indem er sein Leistungsbündel<br />
aus möglichst kostengünstigen Programmelementen zusammenstellt. Gesetzt den<br />
Fall, Unterhaltungsangebote hätten im Durchschnitt doppelt so hohe Minutenkosten<br />
wie Informationsangebote, aber ein dreimal so hohes Zuschauerpotenzial, dann würde<br />
ein Anbieter konsequenterweise auf die Ausstrahlung der „billigeren“ Informationssendungen<br />
verzichten und nur die nach diesem Maßstab „teureren“ Unterhaltungsprogramme<br />
senden.<br />
Für ein gewinnorientiertes Rundfunkunternehmen ist es also rationaler, die Rentabilität<br />
bzw. Wirtschaftlichkeit von Programmalternativen nicht auf der Basis der Minutenkosten<br />
zu vergleichen, sondern auf Basis von Tausenderkontaktkosten (TKK), bei<br />
367
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
denen die Minutenkosten zusätzlich auf jeweils 1000 erreichte Zuschauer oder Hörer<br />
bezogen werden. 1<br />
Dies bedeutet aber nicht, dass alle privaten Anbieter deshalb das gleiche „quotenmaximierende“<br />
Programmbündel anbieten und keine kleineren Rezipientengruppen mit<br />
speziellen Programminteressen mehr bedienen werden. Allerdings werden auf Dauer<br />
nur Genres in das Angebot aufgenommen werden, die auf eine ausreichend große<br />
Nachfrage stoßen. Aus einer mikroökonomischen Perspektive haben solche rentablen<br />
Angebote damit per definitionem auch eine ausreichende Mindestqualität. Danach gibt<br />
es zwar in der Regel bei allen Gütern sowohl objektiv messbare als auch subjektiv wahrgenommene<br />
Qualitätsunterschiede – normativ ist dabei jedoch eine „objektiv höhere“<br />
Qualität der „objektiv niedrigeren“ Qualität nicht vorzuziehen. Solange Qualitätsmängel<br />
keine nachhaltigen Schäden bei den Nutzern (oder negative externe Effekte für Dritte)<br />
verursachen, zählt allein das vom subjektiven Nutzen der Rezipienten abhängige<br />
„gewünschte“ Qualitätsniveau. 2<br />
2.4 TKK für Gesamtprogramme versus TKK für Programmgenres<br />
Inwieweit sind Wirtschaftlichkeitsvergleiche auf der Basis von Tausenderkontaktkosten<br />
aber auch für öffentlich-rechtliche Rundfunkveranstalter sinnvoll, die ja besonderen<br />
gesetzlichen Qualitätsanforderungen unterliegen und für die deshalb nicht die Option<br />
besteht, ihr Programmangebot völlig frei zu gestalten und allein auf eine Maximierung<br />
der Zuschauer- bzw. Hörerzahlen auszurichten?<br />
In der aktuellen Fassung des Rundfunkstaatsvertrags (Achter Rundfunkänderungsstaatsvertrag)<br />
sind im Paragraph 11 die Aufgaben der Rundfunkanstalten festgelegt: eine<br />
Pflicht zur umfassenden und ausgewogenen Informationsvermittlung, zur Sendung von<br />
Bildungsangeboten sowie von qualitativ hochwertigen Kultur- und Unterhaltungsprogrammen.<br />
Eingeschlossen sind hierin nach überwiegender Ansicht auch so genannte<br />
Minderheitenprogramme, die nach rein kommerziellen Gesichtspunkten aufgrund der<br />
geringen Rezipientenzahlen nicht rentabel wären, von denen aber angenommen wird,<br />
dass sie unter anderem zur gesellschaftlichen Integration sozialer und kultureller Minderheiten<br />
beitragen (u. a. Eifert/Hoffmann-Riem, 1999; Holznagel/Vesting, 1999; Ladeur,<br />
2000; Brenner, 2002).<br />
Die öffentlich-rechtliche Programmqualität wird deshalb in der öffentlichen Debatte<br />
auch meist anhand der Programmstruktur bewertet (u. a. Kruse, 2004), insbesondere<br />
als explizite oder implizite Zielvorgabe für den Anteil an Informations-, Bildungs- und<br />
Kultursendungen im TV-Programm oder für den Wortanteil im Radioprogramm. Die<br />
unterstellte positive gesellschaftliche Wirkung der Nutzung solcher Programmgenres<br />
kann allerdings nur eintreten, wenn derartige Sendungen auch rezipiert werden. Die<br />
Reichweite stellt damit zwar nicht für das gesamte öffentlich-rechtliche Angebot, wohl<br />
aber für diese Programmteile eine notwendige weitere Qualitätsdimension dar (vgl. Ha-<br />
1 Dies entspricht der Berechnung der Werbepreise als Tausender-Kontakt-Preise (TKP). Um das<br />
Preisniveau für die Ausstrahlung eines Werbespots mit einer bestimmten Dauer zwischen verschiedenen<br />
Anbietern vergleichen zu können, werden diese von den Werbetreibenden als TKP<br />
berechnet, in der Regel wird der Preis je 30 Werbesekunden auf je 1000 erzielbare Werbekontakte<br />
bezogen (Siegert/Brecheis, 2005: 199).<br />
2 Ein hoher Marktanteil bzw. eine hohe „Quote“ eines Programms ist damit auch nicht zwingend<br />
ein Beleg für eine hohe Qualität, sondern zeigt zunächst nur, wie groß das Nachfragesegment<br />
für einen bestimmten Qualitätsstandard ist.<br />
368
Seufert · Programmaufwand, Qualität und Wirtschaftlichkeit<br />
sebrink, 2005: 453). Insofern sind die Tausenderkontaktkosten (TKK) als Wirtschaftlichkeitsindikator<br />
auch für Vergleiche zwischen öffentlich-rechtlichen Anbietern grundsätzlich<br />
besser geeignet als Minutenkosten.<br />
Ein Wirtschaftlichkeitsvergleich zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Anbietern<br />
auf Basis der TKK für Gesamtprogramme würde aufgrund der unterschiedlichen<br />
Programmstrukturen allerdings nicht unbedingt viel bessere Ergebnisse liefern als ein<br />
Vergleich auf Basis von Minutenkosten. Anders sähe es aus, wenn man solche Wirtschaftlichkeitsvergleiche<br />
nur auf ähnliche Programmelemente beschränken würde, sie<br />
also auf Basis von TKK für Programmgenres durchführt. Die Programmgenres sollten<br />
dabei aus theoretischer Sicht idealerweise so abgegrenzt sein, dass sie einerseits Angebote<br />
mit möglichst homogenen Produktionsprozessen darstellen und andererseits auch<br />
unterschiedliche Nachfragepotenziale abbilden, aus Rezipientenperspektive also echte<br />
Teilmärkte (Marktsegmente) darstellen. 3<br />
3. Theoretischer Zusammenhang zwischen Produktionsaufwand und<br />
Rezipientennachfrage<br />
3.1 Qualitätswettbewerb zwischen Rundfunkanbietern und „Qualitätsoptimum“<br />
Die in der Mikroökonomie vorherrschende Vorstellung vom Wettbewerb zwischen<br />
Unternehmen geht von einem Kostensenkungswettbewerb aus, der in einen Preiswettbewerb<br />
übergeht. Der einzelne Anbieter versucht, durch Produktivitätsfortschritte<br />
kostengünstiger zu produzieren als die Konkurrenten und dann über Preissenkungen<br />
höhere Marktanteile zu gewinnen. Die Konkurrenten können entweder bei den Produktivitätsfortschritten<br />
nachziehen, oder sie scheiden langfristig wegen mangelnder<br />
Rentabilität aus dem Markt aus.<br />
Da es sich bei <strong>Medien</strong>produkten um Einzelanfertigungen (Unikate) handelt, wird<br />
die Nachfrageentscheidung der Rezipienten in der Regel stärker von den Produktmerkmalen<br />
(ihren qualitativen Eigenschaften) beeinflusst als vom Preis. Zudem werden die<br />
meisten privaten Rundfunkprogramme ausschließlich oder überwiegend über Werbung<br />
finanziert, da sich damit die notwendigen Transaktionskosten für den Ausschluss von<br />
Nichtzahlen im Vergleich zu Pay-Angeboten stark reduzieren lassen (Picard, 1989: 28).<br />
Ein Preiswettbewerb macht auf Rundfunkmärkten also kaum Sinn. Umstritten ist, ob<br />
es trotzdem zu einer Kostensenkungsstrategie mit in der Tendenz negativen Auswirkungen<br />
auf den Qualitätsstandard von TV- und Radioprogrammen kommt (Heinrich,<br />
1996), oder ob der Wettbewerb zwischen den Rundfunkanbietern nicht im Gegenteil<br />
über eine Erhöhung der Produktqualitäten erfolgt, der so im Zeitverlauf eher zu einer<br />
Anhebung des Kostenniveaus führt (Seufert, 1992).<br />
Das Hauptargument für die Kostensenkungstendenz ist die asymmetrische Informationsverteilung<br />
zwischen Anbietern und Rezipienten in Bezug auf die Produktqualität.<br />
3 Bei der Abgrenzung von Märkten bzw. Teilmärkten wird in der ökonomischen Wettbewerbstheorie<br />
nicht von objektiven Produkteigenschaften, sondern vom Prinzip der funktionalen<br />
Äquivalenz ausgegangen (Bedarfsmarktkonzept). Zu einem Markt werden danach alle Produkte<br />
gerechnet, die aus Sicht der Nachfrager funktional austauschbar sind und so wechselseitig<br />
ein hohes Substitutionspotenzial besitzen (Czygan/Kallfaß, 2003: 299). Übertragen auf TV-<br />
Programme wäre danach das Substitutionspotenzial zwischen unterschiedlichen Qualitätsstufen<br />
eines Programmgenres also höher als zwischen verschiedenen Programmgenres, weil diese<br />
definitionsgemäß unterschiedliche Rezipientenbedürfnisse befriedigen.<br />
369
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Insbesondere bei Informationsangeboten kann ihr Wahrheitsgehalt selbst nach ihrem<br />
„Konsum“ nicht angemessen beurteilt werden. Für die Produzenten gibt es deshalb<br />
keinen Anreiz, einen im Vergleich zur Konkurrenz höheren Rechercheaufwand oder<br />
andere teure und qualitätssteigernde Maßnahmen zu ergreifen, wenn diese von den Rezipienten<br />
nicht wahrgenommen werden können. Es kommt damit tendenziell zu einem<br />
Marktgleichgewicht, bei dem alle Anbieter auf einem Mindestqualitätsniveau produzieren<br />
(Lobigs, 2004).<br />
Die Gegenposition eines kostensteigernden Qualitätswettbewerbs geht damit von<br />
zwei impliziten Voraussetzungen aus: zum einen, dass der Rezipient beim überwiegenden<br />
Teil der angebotenen Rundfunkprogramme einen höheren Produktionsaufwand<br />
auch als höheren Qualitätsstandard wahrnimmt, und zum anderen, dass er Angebote mit<br />
höherer Qualität denen mit niedrigerer Qualität innerhalb des gleichen Genres vorzieht,<br />
weil er selbst bei so genannten „freien“ (gebühren- oder werbefinanzierten) Angeboten<br />
letztlich mit seiner knappen Zeit bezahlen muss.<br />
Allerdings kann weder zwischen Produktionsaufwand und Programmqualität noch<br />
zwischen Programmqualität und Rezipientennachfrage von einem linearen Zusammenhang<br />
ausgegangen werden. Zum einen gilt auch bei TV- und Radioangeboten das Gesetz<br />
abnehmender Grenzerträge: Die Qualität einer Live-Berichterstattung lässt sich<br />
beispielsweise ab einem gewissen Punkt durch zusätzliche Korrespondenten und Kameraperspektiven<br />
nicht mehr sichtbar steigern. Zum anderen gilt auch das Gesetz vom<br />
abnehmenden Grenznutzen bei den Rezipienten, d. h. eine weitere Erhöhung des Qualitätsstandards<br />
wird irgendwann einmal nicht mehr zu einer proportionalen Steigerung<br />
des Programmnutzens und damit des Marktanteils führen.<br />
Im Zusammenhang mit der Analyse des Qualitätswettbewerbs bei Zeitungen wurde<br />
hierfür das Bild der „geknickten Nachfragekurve“ gewählt (Lacy/Simon, 1993: 31). Es<br />
gibt danach für <strong>Medien</strong>angebote einen Bereich, in dem die Kosten je Outputeinheit<br />
Abbildung 1: Zusammenhang zwischen Qualität und Nachfrage nach <strong>Medien</strong>inhalten<br />
370
Seufert · Programmaufwand, Qualität und Wirtschaftlichkeit<br />
(Minutenkosten, Kosten je Seite etc.) durch „Qualitätsinvestitionen“ zwar steigen, die<br />
Tausenderkontaktkosten (TKK) aber fallen. Nach dem Überschreiten eines Qualitätsoptimums<br />
steigen dann bei Rundfunkanbietern mit den Minutenkosten auch wieder die<br />
TKK (vgl. Abb. 1).<br />
3.2 Genrespezifische Qualitäts-Nachfragefunktionen und TKK-Minimum<br />
Das über die Reaktion der Rezipientennachfrage auf Unterschiede im Produktionsaufwand<br />
definierte Qualitätsoptimum entspricht also dem Minimum einer U-förmigen<br />
Funktion, die die Höhe des TKK mit dem damit erzielbaren Marktanteil in Beziehung<br />
setzt. Diese soll im Folgenden als Qualitäts-Nachfragefunktion bezeichnet werden<br />
(Abb. 2).<br />
Dabei ist davon auszugehen, dass das ökonomische Qualitätsoptimum bzw. das<br />
TKK-Minimum für verschiedene Programmgenres unterschiedlich hoch liegt und zudem<br />
mit unterschiedlichen Reichweiten bzw. Marktanteilen verbunden ist. Zum einen<br />
unterscheiden sich Genres aufgrund unterschiedlicher Produktionsprozesse generell in<br />
ihrem durchschnittlichen Produktionsaufwand. So sind im Fernsehen die Minutenkosten<br />
von Non-Fiktion-Programmen in der Regel niedriger als die von Fiktionprogrammen.<br />
Im Hörfunk sind sie für die Wortanteile in der Regel weit teurer als für die meist<br />
nicht selbst produzierten Musikanteile. Zum anderen gibt es für unterschiedliche Programmgenres<br />
unterschiedliche Reichweitenpotenziale. Gemessen an seinen Einschaltquoten<br />
ist beispielsweise das Marktsegment für Dokumentarfilme kleiner als das für<br />
Spielfilme. Das Reichweitenpotenzial für klassische Musik ist ebenfalls kleiner als das<br />
für Rock- und Pop-Musik. Deshalb ist auch anzunehmen, dass der Punkt, ab dem sich<br />
eine Qualitätssteigerung nicht mehr in einem überdurchschnittlichen Reichweitengewinn<br />
niederschlägt, für Programmgenres in kleineren Teilmärkten früher erreicht wird<br />
Abbildung 2: Genrespezifische Qualitäts-Nachfragefunktionen<br />
371
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
als in großen Teilmärkten. Zu vermuten sind also genrespezifische Qualitäts-Nachfragefunktionen<br />
mit unterschiedlichen TKK-Minima.<br />
3.3 TKK-Minimum und Wettbewerbsintensität<br />
Die Lage des TKK-Minimums, d. h. des Punktes auf der genrespezifischen Qualitäts-<br />
Nachfragefunktion, der den in Bezug auf die Rezipientennachfrage jeweils kostenoptimalen<br />
Qualitätsstandard eines Genres definiert, wird außerdem von der Zahl der Wettbewerber<br />
bzw. der Intensität des Wettbewerbs zwischen diesen Anbietern beeinflusst. 4<br />
Je stärker der Qualitätswettbewerb, desto höher liegt die Kurve der Qualitäts-Nachfragefunktion<br />
und damit auch das TKK-Minimum.<br />
Durch unterschiedliche Wettbewerbskonstellationen werden die Tausender-Kontakt-Kosten<br />
eines Genres zudem im Zeitablauf nicht konstant sein. Sie werden steigen,<br />
wenn sich durch Marktzutritte mehr Rundfunkveranstalter am Qualitätswettbewerb<br />
beteiligen. Bei sehr intensivem Qualitätswettbewerb bringt dann ein höherer Produktionsaufwand<br />
einem Anbieter im Vergleich zu den Vorjahren eventuell gar keinen Marktanteilsgewinn<br />
mehr, sondern er verhindert lediglich einen Marktanteilsverlust.<br />
4. Empirischer Zusammenhang zwischen Produktionsaufwand und<br />
Rezipientennachfrage im Jahr 2000<br />
4.1 Empirische Grundlagen zur Bestimmung von Qualitäts-Nachfragefunktionen<br />
Als vorläufiges Fazit lässt sich festhalten, dass genrespezifische Tausenderkontaktkosten<br />
geeignete Kennziffern für Wirtschaftlichkeitsvergleiche zwischen Rundfunkanbietern<br />
sind, sofern zwei Bedingungen erfüllt sind: Zum einen muss bei Rundfunkangeboten<br />
– wie bei anderen Wirtschaftsgütern auch – ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen<br />
dem Produktionsaufwand (gerechnet in Minutenkosten) und dem subjektiv wahrgenommenen<br />
Qualitätsstandard einzelner Sendungen existieren. Zum anderen muss ein<br />
höherer Qualitätsstandard auch zu positiven Nachfragereaktionen (höheren Reichweiten5<br />
) führen. Dargestellt werden können solche empirischen Zusammenhänge zwischen<br />
Produktionsaufwand und Marktanteilen durch entsprechende Qualitäts-Nachfragefunktionen.<br />
Die Datenlage erlaubt es nicht, diesen Zusammenhang für alle deutschen Programme<br />
und differenziert auf der Ebene von Programmgenres zu überprüfen. Für das Jahr 2000<br />
lässt sich für TV-Vollprogramme und landesweite Hörfunkprogramme aber zumindest<br />
eine Analyse auf der Ebene der TKK für Gesamtprogramme durchführen.<br />
Datengrundlage zum Kostenniveau und zum Anteil von Informations- bzw. Wortsendungen<br />
am jeweiligen Gesamtprogramm des Jahres 2000 sind für die öffentlichrechtlichen<br />
Anbieter die ARD- bzw. ZDF-Jahrbücher sowie für die privaten Anbieter<br />
die DLM-Erhebung zur wirtschaftlichen Lage des Rundfunks (DLM, 2002). Als Reichweitendaten<br />
werden die von der GfK für dieses Jahr gemessenen TV-Marktanteile bzw.<br />
die von der AG Media-Analyse ermittelten Hörerreichweiten der einzelnen Programme<br />
4 Durch Absprachen bzw. abgestimmtes Verhalten in engen Oligopolen kann die Wettbewerbsintensität<br />
trotz hoher Anbieterzahl vergleichsweise gering sein.<br />
5 Eine positive Nachfragereaktion kann sich bei gebührenfinanzierten (oder werbefinanzierten)<br />
Programmen nicht in einer höheren Zahlungsbereitschaft der Seher oder Hörer ausdrücken,<br />
sondern nur in einer erhöhten Nachfragemenge.<br />
372
Seufert · Programmaufwand, Qualität und Wirtschaftlichkeit<br />
zugrunde gelegt. Wegen der zugesagten Vertraulichkeit sind die Reichweitendaten der<br />
einzelnen privaten Anbieter als Indexwert aufbereitet, so dass keine Deanonymisierung<br />
möglich ist.<br />
Die Rezipientennachfrage nach TV- und Radioprogrammen kann grundsätzlich in<br />
den unterschiedlichen Dimensionen Reichweite, Einschaltquote oder Marktanteil gemessen<br />
werden. Unter Reichweite wird im Folgenden die absolute Zahl von Zuschauern<br />
bzw. Hörern einer einzelnen Sendung verstanden. Unter Einschaltquote, die als Prozentwert<br />
dimensioniert ist, wird die Reichweite einer einzelnen Sendung in einem bestimmten<br />
Sendegebiet verstanden, die jeweils auf die Gesamtreichweite aller dort empfangbaren<br />
TV- oder Radioprogramme bezogen ist. Der Begriff Marktanteil (ebenfalls<br />
ein Prozentwert) wird häufig synonym zur Einschaltquote auch für Einzelsendungen<br />
verwendet. Im Folgenden wird er jedoch nur für das Gesamtprogramm eines bestimmten<br />
Anbieters genutzt.<br />
4.2 Bundesweite TV-Vollprogramme<br />
In die Untersuchung einbezogen wurden sechs private Vollprogramme (Kabel 1, Pro7,<br />
RTL, RTL 2, Sat.1 und VOX), die ARD- und ZDF-Hauptprogramme sowie – in einer<br />
Gesamtbetrachtung – alle Dritten Programme der ARD. Der durchschnittliche Produktionsaufwand<br />
reichte im Jahr 2000 von 320 € bis 3025 € je Sendeminute, die Sehdaueranteile<br />
lagen zwischen 2,8 % und 19,3 %. Der Anteil der Informationssendungen am<br />
Gesamtprogramm (Selbstauskunft) betrug zwischen 12 % und 46 %.<br />
Eine lineare Regression, in der die Sehdaueranteile (Zuschauer ab 3 Jahre) als abhängige<br />
Variable und die Minutenkosten als unabhängige Variable definiert wurden, zeigt<br />
einen signifikanten und sehr engen Zusammenhang zwischen Produktionsaufwand und<br />
Marktanteil. Das korrigierte Bestimmtheitsmaß R²korr beträgt 0,926.<br />
Nimmt man die jährlichen Produktionsaufwendungen je Marktanteilspunkt als<br />
Hilfsgröße für das jeweilige TKK-Niveau der neun TV-Vollprogramme, so reicht die<br />
Spanne von 30 Mio. € bis 133 Mio. € je Programm. Abbildung 3, in der die Sehdaueranteile<br />
in einen Indexwert (größter Marktanteil gleich 100) überführt wurden, zeigt<br />
zudem erwartungsgemäß, dass das TKK-Niveau mit dem Marktanteil steigt und dabei<br />
Abbildung 3: TKK-Niveau Fernsehen 2000 – bundesweite Vollprogramme<br />
Sehdaueranteil<br />
373
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Abbildung 4: TKK-Niveau Fernsehen 2000 – bundesweite Vollprogramme<br />
Informationsanteil<br />
die öffentlich-rechtlichen Programme mit an der Spitze liegen. Aber auch bei privaten<br />
TV-Vollprogrammen haben die Anbieter mit den höheren Marktanteilen das höchste<br />
TKK-Niveau.<br />
Gleichzeitig wird aus Abbildung 4 aber auch deutlich, dass dies gleichermaßen für<br />
den Informationsanteil am Gesamtprogramm gilt. Zu überprüfen wäre deshalb, in welchem<br />
Umfang dieses höhere TKK-Niveau der öffentlich-rechtlichen Programme auf<br />
ein geringeres Reichweitenpotenzial für Informations- als für Unterhaltungsprogramme<br />
zurückzuführen ist (vgl. unten Punkt 5).<br />
4.3 Landesweite Hörfunkprogramme<br />
In die Analyse einbezogen wurden die neun ARD-Anstalten, die im Jahr 2000 zusammen<br />
51 landesweit ausgestrahlte UKW-Hörfunkprogramme produziert haben,<br />
Deutschlandradio mit zwei bundesweit ausgestrahlten Programmen sowie 15 landesweite<br />
private Hörfunkprogramme, die in ihrem Sendegebiet unter den Privaten jeweils<br />
Marktführer waren. Die Minutenkosten lagen zwischen 7 € und 156 €, die Reichweiten<br />
(Hörer gestern) zwischen 0,1 Mio. und 4,1 Mio. Hörern, wobei für die bis zu 7 Programme<br />
der einzelnen öffentlich-rechtlichen Anstalten jeweils die Gesamtreichweite<br />
in die Berechung einging. Der Wortanteil der Programme (Selbstauskunft) reichte von<br />
10 % bis 64 %.<br />
Eine lineare Regression, in der die Hörerreichweiten als abhängige Variable und die<br />
Minutenkosten sowie der Wortanteil als unabhängige Variablen definiert wurden, zeigt<br />
keinen signifikanten Zusammenhang zwischen Produktionsaufwand und Marktanteil,<br />
aber einen engen Zusammenhang zwischen Produktionsaufwand und Wortanteil. Das<br />
korrigierte Bestimmtheitsmaß R²korr beträgt hier 0,673.<br />
Berechnet man das Niveau der Tausenderkontaktkosten für die 25 Programme, reicht<br />
die Spanne von 11 € bis 923 € je Minute und 1000 Hörer. In Abbildung 5, in der die<br />
Reichweiten wiederum in einen Indexwert (größte Reichweite gleich 100) überführt<br />
wurden, wird sichtbar, dass dabei die öffentlich-rechtlichen Programme durchweg deutlich<br />
über dem TKK-Niveau der privaten Hörfunkprogramme liegen.<br />
Abbildung 6 verdeutlicht jedoch, dass ihr Wortanteil ebenfalls über dem der meisten<br />
374
Seufert · Programmaufwand, Qualität und Wirtschaftlichkeit<br />
Abbildung 5: TKK-Niveau Hörfunk 2000 – ARD und private Erstanbieter – „Hörer<br />
gestern“<br />
Privatangebote liegt. Auch hier wäre deshalb zu überprüfen, ob das höhere TKK-Niveau<br />
auf diese andere Programmstruktur der öffentlich-rechtlichen Angebote zurückzuführen<br />
ist – also entweder auf ein höheres Produktionskostenniveau für Wortprogramme<br />
oder auf ein geringeres Reichweitenpotenzial für „wortlastige“ Hörfunkprogramme.<br />
Abbildung 6: TKK-Niveau Hörfunk 2000 – ARD und private Erstanbieter Wortanteil<br />
5. Empirische Ergebnisse zum Einfluss der Programmstruktur auf das TKK-<br />
Niveau<br />
Welche möglichen Ursachen gibt es nun für die empirisch festgestellten Unterschiede<br />
im TKK-Niveau der einzelnen Programme? Die Kennziffer Tausenderkontaktkosten<br />
(TKK) ist der Quotient aus Minutenkosten (Dimension: € je Sendeminute) und Reichweite<br />
(Dimension: 1000 Zuschauer und Hörer) und kann für eine einzelne Sendung<br />
375
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
(Sendungsebene), als Durchschnitt für alle Sendungen eines bestimmten Programmgenres<br />
(Genreebene) oder als Durchschnitt für das Gesamtprogramm eines Anbieters (Programmebene)<br />
gebildet werden. Bei der Interpretation der Ergebnisse im Hinblick auf<br />
die Wirtschaftlichkeit von Rundfunkprogrammen sind also die Effekte durch potenzielle<br />
Einflussfaktoren auf der Ebene einzelner Pogrammgenres von denjenigen Effekten<br />
zu unterscheiden, die sich aus den jeweils unterschiedlichen Programmstrukturen der<br />
einzelnen TV- und Hörfunkprogramme ergeben.<br />
5.1 Einflussfaktoren auf das TKK-Niveau von Programmgenres<br />
Das TKK-Niveau eines Anbieters für ein Programmgenre wird von fünf wesentlichen<br />
Einflussfaktoren bestimmt (vgl. Abb. 7):<br />
1. davon, ob die Produktionsprozesse optimal organisiert sind, einschließlich der Entscheidungen<br />
zwischen der Sendung von Eigen-, Auftrags- oder Fremdproduktionen<br />
(Kaufprogramme) (Faktor Produktionseffizienz).<br />
2. davon, welches Qualitätsniveau das Unternehmen beim jeweiligen Genre anstrebt,<br />
einschließlich der Entscheidungen zwischen Erstsendungen und Wiederholungen<br />
(Faktor genrespezifischer Produktionsaufwand).<br />
3. davon, welche Zahl an Wettbewerbern das eigene Marktanteilspotenzial beeinflusst;<br />
für einen Monopolisten liegt dieses Potenzial bei 100 %, bei 10 Anbietern beträgt es<br />
– sofern alle Wettbewerber qualitativ gleichwertige Programme senden – nur noch<br />
10 % (Faktor Anbieterzahl).<br />
4. davon, welche Größe der jeweilige Genre-Teilmarkt hat (Faktor genrespezifisches<br />
Reichweitenpotenzial).<br />
5. davon, wann das Genre überwiegend gesendet wird, da das Reichweitenpotenzial im<br />
Tagesverlauf unterschiedlich groß ist (Faktor Sendeplatz).<br />
Der genrespezifische Produktionsaufwand hat also sowohl Einfluss auf die Minutenkosten<br />
(gemeinsam mit der Produktionseffizienz) als auch auf den Genre-Marktanteil<br />
des Anbieters (gemeinsam mit der Anbieterzahl). Mit welcher absoluten Zahl an Rezipienten<br />
(Reichweite) ein bestimmter Marktanteil verbunden ist, hängt außerdem zum<br />
einen vom genrespezifischen Reichweitenpotenzial und zum anderen von der Wahl des<br />
Sendeplatzes ab.<br />
Abbildung 7: Einflussfaktoren auf das TKK-Niveau von Programmgenres<br />
376
5.2 Programmstruktureffekt und TKK-Niveau für Gesamtprogramme<br />
Auf der Ebene des Gesamtprogramms wird der durchschnittliche TKK zusätzlich durch<br />
einen Programmstruktureffekt beeinflusst, d. h. von den unterschiedlichen Anteilen einzelner<br />
Genres am Gesamtprogramm. Zwei Rechenbeispiele sollen diesen Effekt verdeutlichen:<br />
Beispielrechnung Programmstruktureffekt Fernsehen<br />
Unterstellt man, dass<br />
• zwei Anbieter mit gleicher Produktionseffizienz und gleichem Produktionsaufwand,<br />
d. h. mit gleichen Minutenkosten arbeiten,<br />
• diese Anbieter zwei Genres (Unterhaltung und Information) mit unterschiedlichen<br />
Programmanteilen (Anbieter A: 80 zu 20, Anbieter B: 60 zu 40) senden,<br />
• die genrespezifischen Minutenkosten für Unterhaltungssendungen doppelt so hoch<br />
liegen wie für Informationssendungen und<br />
• das genrespezifische Reichweitenpotenzial für Unterhaltungssendungen dreimal so<br />
hoch ist wie für Informationssendungen,<br />
so ist im Ergebnis das TKK-Niveau für Informationssendungen rund 1,5-mal so hoch<br />
wie für Unterhaltungssendungen, und Anbieter B kommt auf ein fast 10 % höheres<br />
TKK-Niveau als Anbieter A, wenn er den gleichen Marktanteil erreichen will (vgl. Tab.<br />
1).<br />
Tabelle 1: Programmstruktureffekt Fernsehen<br />
Seufert · Programmaufwand, Qualität und Wirtschaftlichkeit<br />
Unterhaltung Information Gesamt<br />
(1) Index Minutenkosten 100 50 -<br />
(2) Index Reichweitenpotenzial 100 33,3 -<br />
(3) TKK-Niveau: (1)/(2) * 100 100 151,5 -<br />
(4) Programmstruktur Anbieter A 0,8 0,2 1,0<br />
(5) TKK-Niveau Anbieter A: (3) * (4) 80 + 30,3 = 110,3<br />
(6) Programmstruktur Anbieter B 0,6 0,4 1,0<br />
(7) TKK-Niveau Anbieter B: (3) * (6) 60 + 60,6 = 120,6<br />
Niveauunterschied B zu A: (7)/(5) 109,3<br />
Programmstruktureffekt Hörfunk<br />
Unterstellt man, dass<br />
• zwei Anbieter mit gleicher Produktionseffizienz und gleichem Produktionsaufwand,<br />
d. h. mit gleichen Minutenkosten arbeiten,<br />
• diese Anbieter jeweils unterschiedliche Musik-Wort-Anteile senden (Anbieter C: 90<br />
zu 10, Anbieter D: 70 zu 30),<br />
• die Minutenkosten für Wortprogramme fünfmal so hoch sind wie für Musikprogramme<br />
und<br />
• das Reichweitenpotenzial von Wortprogrammen bei der Hälfte der Musikprogramme<br />
liegt,<br />
377
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
so ist das TKK-Niveau für Wortprogrammanteile zehnmal so hoch wie das von Musikprogrammanteilen,<br />
und Anbieter D kommt auf ein um 95 % höheres TKK-Niveau als<br />
Anbieter C, wenn er den gleichen Marktanteil erreichen will (vgl. Tab. 2).<br />
Tabelle 2: Programmstruktureffekt Hörfunk<br />
Unterhaltung Information Gesamt<br />
(1) Index Minutenkosten 100 500 -<br />
(2) Index Reichweitenpotenzial 100 50 -<br />
(3) TKK-Niveau: (1)/(2) * 100 100 1000 -<br />
(4) Programmstruktur Anbieter C 0,9 0,1 -<br />
(5) TKK-Niveau Anbieter C: (3) * (4) 90 + 100 = 190<br />
(6) Programmstruktur Anbieter D 0,7 0,3 -<br />
(7) TKK-Niveau Anbieter D: (3)* (6) 70 + 300 = 370<br />
Niveauunterschied D zu C: (7)/(5) 194,5<br />
5.3 Empirische Befunde zum genrespezifischen Produktionsaufwand und<br />
genrespezifischen Reichweitenpotenzial<br />
Es gibt wenig veröffentlichtes Datenmaterial zu den Minutenkosten und Reichweitenpotenzialen<br />
einzelner Programmgenres. Genrespezifische Minutenkosten werden, wie<br />
schon erwähnt, in den KEF-Berichten für alle öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten<br />
veröffentlicht. In den Jahrbüchern der ARD werden auf Vollkostenbasis ebenfalls regelmäßig<br />
Durchschnittskosten für unterschiedliche TV- und Radioprogrammkategorien<br />
publiziert. Im Jahr 2000 (ARD-Jahrbuch, 2001, S. 369) lagen die Sendeminutenkosten<br />
für TV-Informationsprogramme im ARD-Hauptprogramm bei 1640 € (Kultur und<br />
Wissenschaft), 1820 € (Politik und Gesellschaft) bzw. 2730 € (Tagesschau/Tagesthemen).<br />
Die Spanne für Programme mit primär unterhaltendem Charakter war breiter, wobei<br />
das Niveau der Minutenkosten dabei durchweg über dem der Informationssendungen<br />
lag: 2920 € (Spielfilme), 4490 € (Non-fiktionale Unterhaltung), 4770 € (Musik), 8900 €<br />
(Sport), 12600 € (Fernsehspiel). Im Mittel hatten TV-Unterhaltungsangebote damit<br />
mehr als doppelt so hohe Minutenkosten wie Informations-, Bildungs- und Kulturprogramme.<br />
Die ARD-Daten zeigen auch einen starken Unterschied im Produktionskostenniveau<br />
zwischen den Wort- und Musikanteilen der Radioprogramme. Die Minutenkosten<br />
für die drei Wortkategorien lagen im Jahr 2000 bei 50 € (Information und Service), 67 €<br />
(Unterhaltung) und 108 € (Kultur/Bildung). Dies war jeweils ein Vielfaches im Vergleich<br />
zu den Minutenkosten der Musikanteile, die bei 11 € (Rock/Pop) bzw. 23 € (Unterhaltungsmusik)<br />
lagen. Aus dem Rahmen fallen hier lediglich die 59 € für klassische Musik,<br />
die auf einen höheren Eigenproduktionsanteil für dieses Programmgenre (teilweise mit<br />
sendereigenen Orchestern) zurückzuführen sind.<br />
Die in den obigen Beispielrechnungen zum Programmstruktureffekt getroffenen Annahmen<br />
zu den genrespezifischen Minutenkosten der unterschiedlichen TV-Programmanteile<br />
sind also der Größenordnung nach für die öffentlich-rechtlichen Anbieter nicht<br />
unrealistisch. Dies gilt auch für die unterstellten unterschiedlichen genrespezifischen<br />
Reichweitenpotenziale von TV-Informationssendungen und TV-Unterhaltungssendungen.<br />
Nach einer auf Basis der GfK-Programmkodierung – diese beruht auf Eigen-<br />
378
Seufert · Programmaufwand, Qualität und Wirtschaftlichkeit<br />
angaben der Veranstalter – vorgenommenen Auswertung war der Sehdaueranteil von<br />
Informationssendungen im Jahr 2004 nur etwa halb so hoch wie der gemeinsame Anteil<br />
von fiktionaler und non-fiktionaler Unterhaltung sowie von Sportprogrammen (Zubayr/Gerhard,<br />
2005: 99).<br />
Für Radioprogramme gibt es keine Nachfragedaten, bei denen nach Wort- und Musikanteilen<br />
getrennt wird. Dies mag unter anderem daran liegen, dass im Radio-Angebot<br />
der Typ der Magazinsendungen, in denen Musik- und Wortanteile gemischt werden,<br />
überwiegt. Radioprogramme unterscheiden sich deshalb eher über den Umfang ihres<br />
Wortanteils. Betrachtet man die Reichweiten der öffentlich-rechtlichen Informations-<br />
und Kulturprogramme mit hohem Wortanteil, so liegen diese weit unter denen der Magazin-Wellen.<br />
Die Annahmen der Beispielrechung, wonach für Radioprogramme mit<br />
einem hohen Wortanteil ein deutlich höheres TKK-Niveau nötig ist, um die gleichen<br />
Hörermarktanteile wie ein Radioprogramm mit überwiegendem Musikanteil zu erreichen,<br />
erscheinen deshalb ebenfalls nicht unrealistisch.<br />
6. Niveau der Tausenderkontaktkosten und öffentlich-rechtliche Qualitätsziele<br />
6.1 Niedrigstes TKK-Niveau als Benchmark?<br />
Aufgrund des empirisch belegbaren positiven Zusammenhangs zwischen Programmaufwand<br />
und Rezipientennachfrage ergibt sich zunächst, dass Tausenderkontaktkosten ein<br />
geeigneter Indikator sind, um die Wirtschaftlichkeit sowohl zwischen privaten Anbietern<br />
von TV- und Radioprogrammen als auch zwischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten<br />
zu vergleichen und dabei gleichzeitig die Unterschiede der von den Rezipienten<br />
gewünschten bzw. von den Aufsichtsorganen geforderten Programmqualität zu berücksichtigen.<br />
Das niedrigste TKK-Niveau eines Anbieters hätte dann jeweils zunächst nur<br />
eine Benchmark-Funktion (Schwertzel, 1997) für alle anderen Rundfunkanbieter des<br />
gleichen Typs im Hinblick auf die aktuell größtmögliche Produktionseffizienz.<br />
Aufgrund der erläuterten Effekte unterschiedlicher Programmstrukturen auf das<br />
TKK-Niveau ist allerdings innerhalb beider Anbietertypen eine Orientierung an den<br />
Anbietern mit den jeweiligen niedrigsten genrespezifischen TKK-Niveaus sinnvoller<br />
als eine allgemeine Orientierung am Anbieter mit dem niedrigsten TKK-Niveau für das<br />
Gesamtprogramm.<br />
Inwieweit kann nun aber ein niedriges genrespezifisches TKK-Niveau eines privaten<br />
Anbieters auch als Benchmark für öffentlich-rechtliche Rundfunkprogramme dienen?<br />
Die Antwort auf diese Frage hängt davon ab, ob man öffentlich-rechtliche Qualitätsstandards<br />
ausschließlich über Programmstrukturvorgaben operationalisiert, oder ob<br />
diese auch Marktanteilsziele als zusätzliche Dimension umfassen.<br />
6.2 Reichweite als Qualitätsdimension öffentlich-rechtlicher Programme<br />
Während man – sowohl was die objektive Messbarkeit der Qualität von <strong>Medien</strong>inhalten<br />
als auch was die Wahrnehmungsfähigkeit unterschiedlicher Qualitätsniveaus durch die<br />
Rezipienten angeht – in der medienökonomischen Literatur einer grundlegenden Skepsis<br />
begegnet (u. a. Heinrich, 1996; Gundlach, 1998; Lobigs 2004), gehört der Versuch,<br />
publizistische Qualität objektiv zu definieren, zu den zentralen Forschungsfeldern der<br />
Publizistik- und <strong>Kommunikations</strong>wissenschaft (u. a. Rager 1984; Schatz/Schulz, 1992;<br />
Ruß-Mohl, 1992; Wyss, 2002; Vowe/Wolling, 2004). Intern werden in den Rundfunkunternehmen<br />
für die Entwicklung von Qualitätskennziffern zudem Zuschauerbefragungen<br />
379
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
und organisatorische Maßnamen zur Sicherung eines angestrebten Qualitätsniveaus berücksichtigt<br />
(u. a. Buß/Gumbl, 2000; Zubayr/Darschin, 2003; Dintner/Brösel/Köcher,<br />
2004; Anker, 2005; Blumers/Klingler, 2005; Tebert/Gierse, 2006).<br />
Dabei besteht in der <strong>Kommunikations</strong>wissenschaft weitgehende Übereinstimmung,<br />
dass man die Qualität einzelner <strong>Medien</strong>angebote aus mindestens vier Perspektiven bewerten<br />
kann (Rosengren/Carlsson/Tagerud, 1991). Bei der Qualitätsdefinition kommen<br />
dann je nach Perspektive unterschiedliche Normensysteme zur Anwendung, die für verschiedene<br />
Bezugsebenen – Gesamtangebot aller <strong>Medien</strong>, Gesamtangebot eines <strong>Medien</strong>unternehmens<br />
oder Einzelbeitrag – operationalisiert werden (Wyss, 2002: 98) können.<br />
Diese vier Sichtweisen sind:<br />
1. eine Reguliererperspektive, bei der die Erfüllung der gesellschaftlichen Informations-<br />
und Orientierungsfunktion im Vordergrund steht; Qualität bedeutet hier eine<br />
möglichst gute Abbildung der Realität in den <strong>Medien</strong>inhalten, die sich unter anderem<br />
in einem möglichst pluralistischen Angebot zeigt;<br />
2. eine Kommunikatorperspektive, bei der die Erfüllung professioneller Standards im<br />
Vordergrund steht; die Qualität von <strong>Medien</strong>inhalten zeigt sich in diesem Fall unter<br />
anderem in einer möglichst großen Anerkennung durch Kollegen oder die <strong>Medien</strong>kritik;<br />
3. eine Rezipientenperspektive, in der der subjektive Nutzen des einzelnen <strong>Medien</strong>nutzers<br />
im Vordergrund steht; die Qualität zeigt sich dann in der mehr oder weniger<br />
großen Akzeptanz der <strong>Medien</strong>angebote durch das Publikum. Diese Sichtweise entspricht<br />
also weitgehend der oben beschriebenen mikroökonomischen Interpretation<br />
von Qualität;<br />
4. eine Wirkungsperspektive, bei der die vom Regulierer, Kommunikator oder Rezipienten<br />
intendierten kognitiven <strong>Kommunikations</strong>wirkungen im Vordergrund stehen;<br />
die Qualität von <strong>Medien</strong>inhalten zeigt sich danach in messbaren Veränderungen des<br />
Wissens, der Einstellungen oder des Verhaltens von Rezipienten.<br />
Diese Systematisierung macht deutlich, dass die Qualität von <strong>Medien</strong> nicht über eine<br />
der vier Qualitätsdimensionen allein operationalisiert werden kann. Sinnvoll lassen sich<br />
Regulierer-, Kommunikator- oder Rezipientenperspektive jeweils nur zusammen mit<br />
einer zusätzlichen Wirkungsperspektive betrachten.<br />
So sind beispielsweise Programmstrukturvorgaben, die Mindestanteile für Informations-,<br />
Bildungs- und Kulturinhalte im TV-Angebot oder für Wortelemente im Radio<br />
festlegen, als Operationalisierung von Qualität aus einer Reguliererperspektive plausibel.<br />
Dieses Ziel ist aber nicht hinreichend, wenn man die damit intendierten positiven<br />
Orientierungsleistungen für die Gesellschaft einbeziehen will. Sofern man einen gesellschaftlichen<br />
Informations- und Bildungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks<br />
einfordert, werden zwangsläufig auch Reichweitenziele als zusätzliche Qualitätsdimension<br />
relevant, da selbst das beste Angebot ohne Rezeption nicht die gewünschten Wirkungen<br />
erzielen kann.<br />
6.3 Reichweitenziele und TKK-Niveau<br />
Sofern aber das von öffentlich-rechtlichen Anbietern anzustrebende Qualitätsniveau<br />
sowohl über Programmstrukturziele (Anteil bestimmter Genres am Gesamtprogramm)<br />
als auch über Reichweitenziele (Marktanteilsvorgaben für die jeweiligen Genres) operationalisiert<br />
wird, hat dies Auswirkungen auf die mögliche Benchmark-Funktion privater<br />
Anbieter für öffentlich-rechtliche Angebote.<br />
Höhere Tausenderkontaktkosten eines öffentlich-rechtlichen Anbieters im Vergleich<br />
380
Seufert · Programmaufwand, Qualität und Wirtschaftlichkeit<br />
zum niedrigsten TKK-Niveau können prinzipiell auf zwei Ursachen zurückzuführen<br />
sein:<br />
• auf mangelnde Produktionseffizienz bzw. Wirtschaftlichkeit oder<br />
• auf einen von diesem Anbieter gewählten höheren Qualitätsstandard des Outputs<br />
(und einen damit verbundenen höheren Produktionsaufwand).<br />
Sofern es einen positiven Zusammenhang zwischen Qualität und Rezipientennachfrage<br />
gibt, muss sich dabei das höhere Qualitätsniveau in einem höheren Marktanteil des<br />
Anbieters niederschlagen. Sein Marktanteil wird also über dem rechnerischen Marktanteilspotenzial<br />
liegen, das bei einer rechnerischen Gleichverteilung der Marktanteile<br />
unter Berücksichtigung der Zahl aller Anbieter zu erwarten wäre. Umgekehrt gilt damit<br />
aber auch, dass Marktanteilsziele, die über dem Gleichverteilungsanteil liegen, zu einem<br />
höheren TKK-Niveau als dem genrespezifischen TKK-Minimum führen müssen (Abb.<br />
8). Welches TKK-Niveau bei welchem Marktanteil angemessen ist, hängt vom Verlauf<br />
der Qualitäts-Nachfragefunktion für das entsprechende Programmgenre ab, die nur empirisch<br />
ermittelt werden kann.<br />
Liegt das TKK-Niveau eines privaten Anbieters über dieser Funktionskurve, ließe<br />
sich entweder auf Produktionsineffizienz oder auf einen „zu hohen“ Qualitätsstandard<br />
schließen, der vom Rezipienten nicht mehr wahrgenommen bzw. nicht gewünscht<br />
wird.<br />
Für einen öffentlich-rechtlichen Anbieter gelten jedoch in zweierlei Hinsicht andere<br />
Maßstäbe. Zum einen kann er als Non-Profit-Unternehmen durch den Gewinnverzicht<br />
– in der Größenordnung der branchentypischen Profitrate – generell alle Programmgenres<br />
zu einem höheren Qualitäts- und damit TKK-Niveau produzieren (Seufert, 2005:<br />
372). Zum anderen muss er – unabhängig vom Programmstruktureffekt – immer dann<br />
Abbildung 8: Qualitäts-Nachfragefunktion und Produktionseffizienz bei<br />
Marktanteilsvorgaben<br />
381
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
zu einem höheren genrespezifischen TKK-Niveau produzieren als der kostengünstigste<br />
private Anbieter, wenn für sein Programm Marktanteilsziele gelten, die über den bei<br />
gegebener Anbieterzahl zu erwartenden „Gleichgewichtsmarktanteilen“ liegen. Auch<br />
für öffentlich-rechtliche Anbieter gilt dabei, dass sich das für dieses Marktsanteilsziel<br />
angemessene TKK-Niveau aus den – empirisch zu schätzenden – Verläufen der Qualitäts-Nachfragefunktion<br />
für die einzelnen Programmgenres ergibt.<br />
Im Hinblick auf die Eignung des kostengünstigsten TKK-Niveaus eines privaten Anbieters<br />
als Benchmark-Wert für öffentlich-rechtliche Angebote bedeutet dies also eine<br />
Einschränkung: Über diesem Niveau liegende genrespezifische TKK einer öffentlichrechtlichen<br />
Anstalt können erst dann als ein Indiz für Ineffizienz interpretiert werden,<br />
wenn sie bei Berücksichtigung der Marktanteilsziele dieser Anstalt nicht auf der Funktionskurve<br />
für das entsprechende Programmgenre liegen, sondern darüber.<br />
7. Resümee<br />
Der von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten<br />
(KEF) in ihren Wirtschaftlichkeitsvergleichen verwendete Indikator „durchschnittliche<br />
Minutenkosten“, der in der öffentlichen Debatte über die Effizienz der öffentlich-rechtlichen<br />
Anstalten zunehmend auch für Vergleiche mit privaten Anbietern herangezogen<br />
wird, führt zu Fehlinterpretationen. Implizit wird dabei von weitgehend standardisierbaren<br />
Produktionsprozessen ausgegangen, die die Heterogenität von TV- und Radioprogrammen<br />
(Unikatproduktion, Leistungsbündel aus unterschiedlichen Programmgenres)<br />
nicht beachten. Insbesondere wird damit aber auch der Zusammenhang zwischen Produktionsaufwand,<br />
Programmqualität und Rezipientennachfrage nicht beachtet. Tausenderkontaktkosten<br />
(TKK), die diesen Zusammenhang berücksichtigen, sind insofern auch<br />
für öffentlich-rechtliche Anbieter die geeigneteren Wirtschaftlichkeitsindikatoren.<br />
Während allerdings private Anbieter ihre Programmstruktur so wählen können, dass<br />
sie ein möglichst geringes TKK-Niveau erreichen, unterliegen öffentlich-rechtliche Anstalten<br />
speziellen Qualitätsanforderungen, die sich auch in Programmstrukturvorgaben<br />
in Form von Mindestprogrammanteilen für Informations-, Bildungs- und Kultursendungen<br />
im TV-Programm oder Wortanteilen im Radioprogramm niederschlagen. Da<br />
diese Genres einen vergleichsweise hohen Produktionsaufwand (Radio-Wortprogramme)<br />
bzw. niedrigere Reichweitenpotenziale (TV-Informationsprogramme und Radio-<br />
Wortprogramme) haben, führt ein Programmstruktureffekt immer zu einem höheren<br />
TKK-Niveau für Gesamtprogramme, die einen hohen Anteil solcher Genres haben.<br />
Wirtschaftlichkeitsvergleiche zwischen verschiedenen Anbietern sollten deshalb nur<br />
auf Basis der TKK für Programmgenres durchgeführt werden.<br />
Sofern man das TKK-Niveau privater Anbieter als Benchmark setzen will, müssen<br />
Reichweitenziele öffentlich-rechtlicher Anbieter für die einzelnen Programmgenres als<br />
zusätzliche Qualitätsanforderungen mit berücksichtigt werden. Je höher dieser angestrebte<br />
Marktanteil ist, desto stärker kann das genrespezifische TKK-Niveau der Rundfunkanstalt<br />
über dem des jeweils kostengünstigsten Anbieters liegen, ohne dass hieraus<br />
Unwirtschaftlichkeit abgeleitet werden kann.<br />
Die Datenlage erlaubt es bislang nur, die Beziehungen zwischen dem Produktionsaufwand<br />
und Programmreichweiten auf der Ebene der Gesamtprogramme zu untersuchen<br />
und nicht für einzelne Programmgenres. Für Externe ist deshalb zurzeit auch<br />
keine angemessene Beurteilung der Wirtschaftlichkeit zwischen den öffentlich-rechtlichen<br />
Anstalten möglich. Voraussetzung wäre, dass die KEF zu den Minutenkosten der<br />
Genres – die noch stärker zu differenzieren wären – auch die damit korrespondieren-<br />
382
Seufert · Programmaufwand, Qualität und Wirtschaftlichkeit<br />
den Reichweitendaten erheben würde, so dass genrespezifische TKK berechnet werden<br />
können.<br />
Eine solche Umstellung der KEF-Wirtschaftlichkeitsvergleiche auf den geeigneteren<br />
Indikator Tausenderkontaktkosten (TKK) hätte auch den Vorzug, dass in der öffentlichen<br />
Debatte über die Effizienz der öffentlich-rechtlichen Anbieter der Zusammenhang<br />
zwischen Kostenniveau und Qualität stärker beachtet würde als bisher, und dass<br />
dann wohl aus dem politischen Raum weniger untaugliche Sparvorschläge zu befürchten<br />
wären. Zudem verbesserten sich damit die externen Kontrollmöglichkeiten durch<br />
die Öffentlichkeit auch im Hinblick auf die Qualitätsziele der Rundfunkanstalten, da<br />
diese zu mehr Transparenz, insbesondere bei ihren Marktanteilszielen gezwungen würden.<br />
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Bericht. Mainz: Selbstverlag.<br />
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384
Seufert · Programmaufwand, Qualität und Wirtschaftlichkeit<br />
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385
Zerstreute Aufmerksamkeit<br />
Empirischer Test eines Erklärungsmodells für die Nebenbeinutzung des Fernsehens<br />
Jens Wolling / Christoph Kuhlmann<br />
Fernsehnutzung ist vielfach nur noch Nebenbeinutzung: Menschen essen, telefonieren,<br />
unterhalten sich mit anderen oder erledigen Hausarbeit, während gleichzeitig der Fernseher<br />
läuft. Der Beitrag forscht nach den Ursachen dieses Handelns, wobei die Autoren<br />
ein komplexes Erklärungsmodell entwickeln, in das Sozialisationsfaktoren, externe und<br />
interne Handlungsrestriktionen, die Bindung an das Fernsehen, Stimmungslagen, Qualitätswahrnehmungen<br />
sowie Motive und Leistungswahrnehmungen aus dem Uses and<br />
Gratifications-Ansatz eingehen. Durch multiple Regressionen wird nicht nur der Umfang<br />
der Nebenbeinutzung erklärt, sondern auch deren Modi, Inhalte und Situationen.<br />
Den stärksten Einfluss auf die Nebenbeinutzung haben drei Faktoren: Zum einen die<br />
positive Beurteilung spezifischer Leistungen des Nebenbeisehens – die insbesondere atmosphärischer<br />
Natur sind –, zum anderen die Fähigkeit, mit den kognitiven Anforderungen<br />
durch die Paralleltätigkeit umzugehen, sowie drittens die Beurteilung der Qualität<br />
des Fernsehens. Die Varianz der übrigen erklärungskräftigen Variablen verdeutlicht die<br />
Vielfalt des Phänomens Nebenbeinutzung: Je nachdem, ob der Fokus der Analyse auf<br />
der Fernsehnutzung bei bestimmten Tätigkeiten oder auf der Nebenbeinutzung von<br />
spezifischen Angeboten liegt, erweisen sich unterschiedliche Gründe als bedeutsam.<br />
Schlagwörter: Aufmerksamkeit, Nebenbeinutzung, Nebenbeifernsehen, Fernsehnutzung,<br />
<strong>Medien</strong>nutzung<br />
1. Einleitung: Ausgangssituation und Fragestellungen<br />
Die Fernsehnutzung erfährt seit einiger Zeit deutliche Veränderungen: Während sich<br />
die Nutzungszeit kaum verändert, treten verstärkt Nutzungsmodi auf, die früher dem<br />
Radio vorbehalten waren. Die Fernsehzuschauer gehen während des Fernsehkonsums<br />
anderen Beschäftigungen nach. Außerhalb der Prime Time widmet bereits mehr als die<br />
Hälfte der Zuschauer dem Fernsehen nicht mehr die volle Aufmerksamkeit 1 .<br />
Theoretisch lenkt diese Beobachtung den Blick auf die Beziehung zwischen spezifischen<br />
<strong>Medien</strong>nutzungsaktivitäten und anderem Handeln. Dieses Handeln kann nicht<br />
nur Bedingung von <strong>Medien</strong>nutzung (etwa durch Beschaffung der technischen Ressourcen)<br />
oder Wirkung von <strong>Medien</strong>nutzung sein (wenn etwa Werbung zum Kauf führt),<br />
sondern auch funktionale Alternative 2 oder Konkurrenz zur <strong>Medien</strong>nutzung: Konkurriert<br />
wird hier um Zeit und damit um Aufmerksamkeit 3 .<br />
1 Diese und andere deskriptive Befunde zur Nebenbeinutzung des Fernsehens wurden an anderer<br />
Stelle ausführlich dargestellt (Kuhlmann & Wolling 2004). Im gleichen Heft von M&K haben<br />
sich auch Jäckel und Wollscheid mit ähnlichen Fragen beschäftigt. Die von ihnen präsentierten<br />
Befunde ergänzen unsere Ergebnisse – gerade auch unter methodischen Gesichtspunkten.<br />
2 Funktionale Alternative kann Handeln etwa beim Mood Management sein, wenn beispielsweise<br />
Gartenarbeit die Stimmung zuverlässiger aufhellt als Fernsehkonsum.<br />
3 Diese Perspektive lässt sich erweitern auf die Beziehungen zwischen <strong>Medien</strong>nutzung und Kognitionen<br />
(wann stört Nachdenken unsere Rezeptionsaufmerksamkeit?), aber auch zwischen<br />
<strong>Medien</strong>nutzung und interpersonaler Kommunikation und ebenso auf die Konkurrenz um Aufmerksamkeit<br />
zwischen verschiedenen <strong>Medien</strong>.<br />
386
Wolling / Kuhlmann · Zerstreute Aufmerksamkeit<br />
Nebenbeisehen ist kein eindimensionales Konstrukt, sondern der Oberbegriff für<br />
verschiedene Formen der Paralleltätigkeit, bei denen neben der Fernsehnutzung andere<br />
Handlungen vollzogen werden, die ebenfalls Aufmerksamkeit beanspruchen. Diese<br />
Nutzungsmodi unterscheiden sich zum einen bezüglich des Sinneskanals in eine nur<br />
visuelle Fernsehnutzung (z. B. Telefonieren mit ausgeschaltetem Fernsehton) und eine<br />
vorwiegend auditive Nutzung (Haus- oder PC-Arbeit mit Hörkontakt zum Fernseher)<br />
sowie eine sozial orientierte Nebenbeinutzung, bei der zwar beide Kanäle wahrgenommen<br />
werden, ein Teil der Aufmerksamkeit aber von Interaktionen mit anwesenden anderen<br />
Akteuren beansprucht wird (geselliges Beisammensein und Essen mit laufendem<br />
Fernseher im Hintergrund) 4 .<br />
Zum anderen variieren die Modi der Nebenbeinutzung in den Anteilen der Aufmerksamkeit<br />
für das Fernsehprogramm und die Begleittätigkeit. Dies hängt zentral vom<br />
Konzentrationsbedarf der Nicht-Fernsehtätigkeit ab und kann von weitgehend automatisierter<br />
Handarbeit bis zum Schreiben wissenschaftlicher Texte am Computer reichen.<br />
Der Grad der Aufmerksamkeit variiert nicht nur zwischen verschiedenen Paralleltätigkeiten,<br />
sondern häufig auch im Zeitverlauf bei ein und derselben Tätigkeit. Deshalb ist<br />
eine Differenzierung von Nutzungstypen entlang dieser Dimension schwierig. Zumal<br />
sich mit den in der Feldforschung einsetzbaren Methoden der Grad der Aufmerksamkeit<br />
nicht messen lässt: Kein Befragter vermag auch nur annähernd anzugeben, wie viel<br />
Prozent seiner Aufmerksamkeit dem Fernseher zuteil wird, wenn dieser zum Beispiel<br />
beim Essen läuft. Unter den nach Kanälen differenzierten Modi der Nebenbeinutzung<br />
dominiert in der Praxis das Nebenbeihören: Die Augen sind von anderen Tätigkeiten<br />
in Anspruch genommen, das Fernsehprogramm wird vor allem auditiv genutzt (Kuhlmann<br />
& Wolling 2004). Hierfür eignen sich vor allem Fernsehformate, die auch ohne<br />
Bild befriedigend genutzt werden können, weil sich die Inhalte auch allein mittels der<br />
Toninhalte verstehen lassen. Dazu zählen primär Musikangebote, aber auch Formate<br />
wie Talk- und Gerichtsshows, bei denen im Bild wenig passiert, was zum Verständnis<br />
des Inhalts notwendig ist. Weitgehend irrelevant ist der Programminhalt dagegen, wenn<br />
das Fernsehen nur noch als Geräuschkulisse zur Vermeidung von Stille genutzt wird.<br />
Alle Studien, die sich mit der Nebenbeinutzung des Fernsehens beschäftigen, zeigen,<br />
dass es sich um ein bedeutsames Phänomen handelt. 5 Mittlerweile wissen wir auch<br />
einiges darüber, wie nebenbei ferngesehen wird. Wir haben aber keine systematischen<br />
Erkenntnisse über die Gründe dieser Nutzungsmuster. Warum verbringen die einen<br />
viel Zeit mit der Nebenbeinutzung, während die anderen fast überhaupt nicht nebenbei<br />
fernsehen? Gibt es unterschiedliche Erklärungen für die verschiedenen Modi der<br />
Nebenbeinutzung? Wird die Nebenbeinutzung bei unterschiedlichen Haupttätigkeiten<br />
auch durch unterschiedliche Erklärungsfaktoren beeinflusst? Lässt sich die Nebenbeinutzung<br />
bestimmter Angebote durch jeweils spezifische Variablen erklären, oder<br />
sind die Gründe inhaltsunspezifisch? Die schon bei der Deskription vorgenommene<br />
Differenzierung der Nebenbeinutzung in zeitlicher, sozialer und sachlicher Hinsicht<br />
wird hier wieder aufgegriffen, um die Frage nach den Ursachen differenziert beantworten<br />
zu können (Kuhlmann & Wolling 2004: 387). Es geht also nicht nur darum, den<br />
Umfang der Nebenbeinutzung zu erklären, sondern es geht auch um die Erklärung der<br />
unterschiedlichen Modi der Nebenbeinutzung sowie der Nebenbeinutzung bestimmter<br />
Inhalte und der Nebenbeinutzung in bestimmten Situationen.<br />
4 Die theoretische Unterscheidung bestätigte sich auch in einer Faktorenanalyse, in der diese<br />
Dimensionen identifiziert wurden (vgl. Kuhlmann & Wolling 2004: 395).<br />
5 Vgl. die Übersicht in Kuhlmann & Wolling 2004.<br />
387
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
2. Theoretische Grundlagen<br />
Für die Erklärung der Fernsehnutzung sind eine Reihe von Theorien entwickelt und<br />
eine Vielzahl von Modellen vorgeschlagen worden. Meistens handelt es sich dabei nicht<br />
um fernsehspezifische Ansätze, sondern um solche, die auch für die Erklärung der Nutzung<br />
anderer <strong>Medien</strong> (Printmedien, Hörfunk, Onlinemedien etc.) herangezogen werden<br />
können. Eine ausführliche Darstellung und kritische Diskussion dieser Theorien<br />
und Ansätze kann hier aus Platzgründen nicht erfolgen (vgl. dazu im Überblick Gehrau<br />
2002; Hasebrink 2003; Meyen 2004). Da die meisten Theorien und Ansätze nicht auf bestimmte<br />
Inhalte oder Nutzungsmodi zugeschnitten oder beschränkt sind, bietet es sich<br />
an zu prüfen, ob sie für die Erklärung der Fernsehnebenbeinutzung nutzbar gemacht<br />
werden können. Da bislang kein Erklärungsmodell für die Nebenbeinutzung des Fernsehens<br />
vorliegt, wird auf mehrere der in Frage kommenden Ansätze zurückgegriffen<br />
und daraus ein Modell entwickelt (Grafik 1). Im Folgenden werden die verschiedenen<br />
Erklärungskomponenten dieses Modells näher erläutert.<br />
2.1 Soziodemographie, Sozialisation, Lebensstil, Restriktionen<br />
Die deskriptiven Auswertungen der Daten zur Nebenbeinutzung hatten ergeben, dass<br />
bei der Aufschlüsselung nach soziodemographischen Variablen teilweise erhebliche<br />
Unterschiede zwischen den Gruppen festzustellen waren. Insbesondere das Alter erwies<br />
sich immer wieder als bedeutsamer Faktor (Kuhlmann & Wolling 2004). Die soziodemographischen<br />
Variablen können als Indikatoren für Sozialisationserfahrungen<br />
interpretiert und als Teil der sozialen Voraussetzungen der <strong>Medien</strong>nutzung angesehen<br />
werden (Katz, Blumler & Gurevitch 1974). Neben solchen unspezifischen Indikatoren<br />
für soziale Erfahrungen sind auch spezifischere Indikatoren der <strong>Medien</strong>sozialisation<br />
zu berücksichtigen. Die wichtigste Instanz der <strong>Medien</strong>sozialisation sind zweifellos die<br />
Eltern. Wer in einem Haushalt aufgewachsen ist, in dem viel ferngesehen wurde, schaut<br />
vermutlich nicht nur selber viel fern (Jäckel 1997: 7), sondern neigt möglicherweise auch<br />
zu einer vermehrten Nebenbeinutzung, da durch die Fixierung auf das Fernsehen alternative<br />
Begleitmedien wie Radio oder Tonträger eine geringere Rolle spielen.<br />
Neben dem sozialisationsbezogenen Bereich der sozialen Erfahrungen wirken sich<br />
sicherlich auch die aktuellen Bedingungen der Lebenssituation auf den Umfang und die<br />
Art der Nebenbeinutzung aus. Zu den Faktoren der sozialen Rahmenbedingungen gehört<br />
neben der beruflichen Einbindung und den Freizeitmöglichkeiten auch die Wohnsituation,<br />
insbesondere die Haushaltsausstattung mit Fernsehgeräten ist hier relevant.<br />
Die Nebenbeinutzung des Fernsehprogramms hängt von der Präsenz eines Fernsehgerätes<br />
zumindest in Hörweite ab: Je größer der Anteil der Räume in einer Wohnung, die<br />
keinen Fernseher aufweisen, desto seltener wird vermutlich nebenbei ferngesehen. Die<br />
Richtung einer möglichen Kausalität ist dabei unklar: Denkbar ist auch, dass intensive<br />
Nebenbeinutzer weitere Fernseher anschaffen bzw. angeschafft haben, um auch bei Tätigkeiten<br />
fernsehen zu können, die nicht im normalen Fernsehzimmer stattfinden.<br />
Diese Überlegungen lassen sich theoretisch an zwei Konzepte anschließen: Einerseits<br />
an das Lebensstilkonzept von Rosengren (1996: 24 ff.), der die genannten Faktoren – soweit<br />
es sich um positionelle Merkmale (Alter, Geschlecht) handelt – unter der Rubrik<br />
Lebensweisen zusammenfasst, und – soweit es sich um individuell determinierte Merkmale<br />
(z. B. Fernsehausstattung) handelt – als Lebensstile bezeichnet.<br />
Die Theorie der Rationalen Wahl stellt den zweiten Anknüpfungspunkt dar. Aus<br />
dieser theoretischen Perspektive handelt es sich bei den genannten Faktoren um Hand-<br />
388
Wolling / Kuhlmann · Zerstreute Aufmerksamkeit<br />
lungsbedingungen, also um Restriktionen bzw. Optionen (Esser 1999: 52 ff.; Jäckel 1992;<br />
Vowe & Wolling 2004: 78 f.). So ist beispielsweise die Berufstätigkeit im Allgemeinen<br />
eine Restriktion für die Nebenbeinutzung, denn wer berufstätig ist, kann während dieser<br />
Zeit meistens nicht nebenbei fernsehen. Generell ist zu erwarten: Wer (aus beruflichen<br />
Gründen) viel Zeit außer Haus verbringt, wird weniger Zeit haben, (nebenbei)<br />
fernzusehen. Anders hingegen verhält es sich mit der Beschäftigung zuhause. Insbesondere<br />
bei Hausarbeiten kann das Fernsehen eine angenehme Begleitung sein, aber<br />
auch eine zuhause ausgeübte Berufstätigkeit eröffnet zumindest die Möglichkeit zur<br />
Nebenbeinutzung.<br />
Bei Restriktionen und Optionen kann zwischen externen und internen unterschieden<br />
werden. Externe Handlungsbedingungen sind solche, die der Akteur in der Umwelt<br />
wahrnimmt, wie z. B. die Anzahl der verfügbaren Fernsehgeräte. Die internen Handlungsbedingungen<br />
sind solche, die der Akteur in sich selbst verortet, wie z. B. seine<br />
Müdigkeit oder auch seine intellektuellen Fähigkeiten. Auch die im Rahmen von Kapazitätstheorien<br />
thematisierten kognitiven Potenziale, die bereits an anderer Stelle als<br />
möglicher Erklärungsansatz benannt wurden (Kuhlmann & Wolling 2004: 389), können<br />
als interne Restriktionen interpretiert werden.<br />
2.2 Motivationale Ansätze: Uses and Gratifications<br />
Wenn im Rahmen der <strong>Medien</strong>- und speziell der Fernsehnutzungsforschung theoretisch<br />
fundierte Forschung betrieben wird, dann spielt der Uses and Gratifications Approach<br />
(vgl. Schenk 2002; Vorderer 1992; Rubin 2002), der später im Wert-Erwartungsmodell<br />
und dem Diskrepanzmodell (Palmgreen, Wenner & Rayburn 1981; Palmgreen & Rayburn<br />
1982; Vowe & Wolling 2001) weiterentwickelt wurde, eine herausragende Rolle.<br />
Wir haben die gesuchten Gratifikationen in Form von allgemeinen kommunikationsbezogenen<br />
Nutzungsmotiven erhoben und zum anderen die erhaltenen Gratifikationen<br />
direkt als wahrgenommene Leistungen des Fernsehens ermittelt.<br />
Bei der Suche nach Motiven von Fernsehnutzern, 6 die ihre Nebenbeinutzung erklären<br />
können, liegt es nahe, sich zunächst denjenigen Nutzungsmotiven zuzuwenden, die auch<br />
zur Erklärung aufmerksamer Fernsehnutzung herangezogen werden. Hierfür kann auf<br />
zahlreiche theoretische Systematisierungsvorschläge und empirisch getestete Aufstellungen<br />
der verschiedenen kommunikationsbezogenen Motive zurückgegriffen werden<br />
(McGuire 1974; Frank & Greenberg 1980; McQuail, Blumler & Brown 1972). An diese<br />
Ausarbeitungen konnte angeknüpft werden, denn einige Modi der Nebenbeinutzung<br />
– wie etwa der häufig auftretende auditive Modus des Fernsehhörens – können durch<br />
Motive – wie etwa das nach aktueller Information 7 oder Eskapismus – möglicherweise<br />
genauso gut erklärt werden wie das aufmerksame Fernsehen. Das Fluchtmotiv könnte<br />
einen positiven Effekt auf den Umfang der Nebenbeinutzung haben, da eine solche<br />
6 Da Fernsehen zunehmend Fernhören wird, sprechen wir nicht mehr vom Zuschauer sondern<br />
vom Nutzer.<br />
7 Das Bedürfnis, ständig über das aktuelle Weltgeschehen auf dem Laufenden zu sein, kann zur<br />
Hintergrundnutzung des Fernsehens führen, indem zum Beispiel den regelmäßigen Nachrichtensendungen<br />
kurz die Aufmerksamkeit geschenkt wird, oder weil damit gerechnet wird, dass<br />
bei außergewöhnlichen Ereignissen (Extremereignissen) wie beispielsweise den Terroranschlägen<br />
vom 11. September das Fernsehen das Programm ändert und live über die Geschehnisse<br />
berichtet. Die große Bedeutung, die das Fernsehen für die Information über solche Extremereignisse<br />
hat, verdeutlichen Ergebnisse von Emmer et al. (2002).<br />
389
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Fernsehnutzung von den Alltagsproblemen ablenken kann. Der nebenbei laufende<br />
Fernseher vertreibt die (auch Einsamkeitsgefühle nährende) Stille im Raum und stört<br />
mögliche Prozesse der (negativen) Selbstreflexion. Auch das Motiv der Anregungssuche<br />
sollte die Nebenbeinutzung positiv beeinflussen. Schließlich liefert das Fernsehangebot<br />
einen permanenten Fluss von Reizen, die den Wunsch nach Anregungen befriedigen<br />
könnten. Insbesondere bei anregungsarmen Tätigkeiten – etwa der Hausarbeit – legt ein<br />
derartiges Motiv die Nebenbeinutzung nahe.<br />
Neben diesen klassischen Motiven sind jedoch auch solche denkbar, die bei der Nebenbeinutzung<br />
eine besondere Rolle spielen, etwa der Wunsch nach Vertreibung der<br />
Stille durch eine Geräuschkulisse oder die sinnvolle Organisation der Zeit. Für das Organisationsmotiv<br />
sind allerdings gegenläufige Hypothesen plausibel: Das Bedürfnis nach<br />
Zeitorganisation kann zu einer systematischen Trennung verschiedener Aktivitäten, aber<br />
auch zu einer geplanten parallelen Ausübung verschiedener Tätigkeiten führen 8 .<br />
2.3 Subjektive Qualitätsauswahl<br />
Ein Kritikpunkt am Uses and Gratifications Approach ist seine Inhaltsvergessenheit<br />
(Vorderer 1992: 32). Gemeint ist damit, dass die Erklärung für die Nutzung der Angebote<br />
allein bei den Rezipienten gesucht wird, die Inhalte und Angebotseigenschaften jedoch<br />
vernachlässigt werden. Dieses Defizit soll durch die Berücksichtigung subjektiver<br />
Qualitätswahrnehmungen kompensiert werden (vgl. Wolling 2004).<br />
Die Qualitätswahrnehmungen können in mehrfacher Hinsicht für die Nebenbeinutzung<br />
des Fernsehens von Bedeutung sein. Zum einen kann die Wahrnehmung der aktuellen<br />
Qualität des Angebots einen Effekt auf die Nebenbeinutzung haben, zum anderen<br />
können sich aber auch wahrgenommene Qualitätsveränderungen auswirken. Wenn das<br />
Fernsehangebot als immer schlechter werdend erlebt wird, könnte dies erklären, warum<br />
die Nutzer ihm keine volle Aufmerksamkeit mehr widmen mögen. Umgekehrt ist es<br />
aber auch denkbar, dass das Fernsehangebot deswegen vermehrt nebenbei genutzt wird,<br />
weil man von dem Angebot so begeistert ist, dass man nichts verpassen möchte und es<br />
deshalb auch (nebenbei) nutzt, wenn andere Tätigkeiten anstehen.<br />
Darüber hinaus könnte auch die wahrgenommene Qualität des Radios die Fernsehnebenbeinutzung<br />
beeinflussen. Eine solche Beziehung ist plausibel, weil das Radio das<br />
Hauptkonkurrenzmedium der Nebenbeinutzung darstellt. Wenn die Qualität des Radioprogramms<br />
als schlecht oder als verschlechtert erlebt wird, dann ist mit einer höheren<br />
Nebenbeinutzung des Fernsehens zu rechnen.<br />
2.4 Bindung an das Fernsehen<br />
In der Studie Massenkommunikation wird schon seit den 70er Jahren die Bindung an die<br />
Massenmedien erhoben, indem ermittelt wird, wie sehr das jeweilige Medium vermisst<br />
würde, wenn es nicht mehr zur Verfügung stünde (Ridder et al. 2002: 24 f.). Auch im<br />
englischen Sprachraum wird diesem Konzept unter dem Stichwort Media Dependency<br />
Aufmerksamkeit geschenkt. Hier spielt es jedoch vor allem als Erklärungsvariable<br />
in <strong>Medien</strong>wirkungsprozessen eine Rolle (Ball-Rokeach & DeFleur 1976; Becker &<br />
8 Dahinter stecken wahrscheinlich zwei unterschiedliche Konzepte: Das Bedürfnis nach Organisation<br />
einzelner Zeiteinheiten dürfte eher zur Trennung der Tätigkeiten, das Bedürfnis nach<br />
Organisation eines knappen Zeithaushaltes eher zur parallelen Ausübung führen. Diese Differenzierung<br />
konnte allerdings in der empirischen Studie noch nicht berücksichtigt werden.<br />
390
Wolling / Kuhlmann · Zerstreute Aufmerksamkeit<br />
Whitney 1980) oder fungiert als abhängige Variable in der Nutzungsforschung (Wenner<br />
1982). Es erscheint sinnvoll, die TV-Bindung im Rahmen dieser Studie zu berücksichtigen,<br />
da bei einer starken Bindung an das Fernsehen mit einer intensiven Nutzung – auch<br />
als Nebenbeimedium – zu rechnen ist.<br />
2.5 Stimmungslagen<br />
Die Theorie des Mood Management besagt, dass Stimmungen und der Wunsch, sie zu<br />
optimieren, die Fernsehnutzung beeinflussen. Die Rezipienten reagieren mit der Auswahl<br />
von <strong>Medien</strong> und spezifischen <strong>Medien</strong>angeboten auf ihre jeweilige Stimmung, um<br />
diese so durch die Nutzung adäquater Angebote zu beeinflussen (Zillmann, Hezel &<br />
Medoff 1980, Zillmann 1994). Die Theorie basiert auf der Annahme, dass Menschen<br />
hedonistische Wesen sind, die einerseits bemüht sind, positive Stimmungslagen zu erreichen,<br />
und andererseits gleichzeitig ein mittleres Erregungsniveau anstreben. Insbesondere<br />
dem Fernsehen sowie der Nutzung von Musik (Wünsch 2001) wird die Fähigkeit<br />
zugeschrieben, stimmungsregulierend wirken zu können.<br />
Die vorliegenden empirischen Befunde bestätigen die Theorie nur teilweise. Vor allem<br />
in experimentellen Laborsituationen zeigt sich, dass Rezipienten gemäß ihrer aktuellen<br />
Stimmung <strong>Medien</strong>angebote auswählen. Diese Vorgehensweise ist jedoch stark kritisiert<br />
worden (Schmitz & Lewandrowski 1993). In den wenigen vorliegenden Feldstudien<br />
sind die Befunde nicht eindeutig. Donsbach und Tasche (1999) kommen zu dem Ergebnis,<br />
dass das Auswahlverhalten sich zwar an den individuellen Stimmungen orientiert,<br />
die Nutzung der Angebote dann aber nicht unbedingt zu der erhofften Stimmungsregulierung<br />
führt. Die Befunde legen die Interpretation nahe, dass nicht die tatsächliche<br />
Veränderung, sondern vielmehr der erwartete Effekt auf die Befindlichkeit für die<br />
Nutzer von Bedeutung ist. Dieses Ergebnis wiederum spricht dafür, dass es sich bei der<br />
stimmungsbasierten Auswahl um ein in hohem Maße habitualisiertes Verhalten handelt.<br />
Wenn dies der Fall ist, dann sollte sich auch dann, wenn man von einzelnen Nutzungssituationen<br />
abstrahiert, ein Zusammenhang zwischen Stimmung und <strong>Medien</strong>nutzung<br />
zeigen. Je nachdem, in welchen Stimmungslagen sich Personen häufiger befinden, sollte<br />
ihr Rezeptionsverhalten sich unterscheiden.<br />
Es erscheint plausibel, dass die Rezipienten von den Begleitgeräuschen des Fernsehens<br />
einen regulierenden Effekt erwarten, etwa zur Aufhellung der Stimmung während<br />
lästiger Arbeiten. Vor allem dann, wenn negative Stimmungen bei geringem Erregungsniveau<br />
(Deprimiertheit, Energielosigkeit) häufig vorkommen, sollten die Hintergrundgeräusche<br />
der Nebenbeinutzung („virtueller Mitbewohner“) als angenehm bzw. Stille in<br />
der Wohnung als unangenehm erlebt werden. Bei vorherrschend positiven Stimmungslagen<br />
mit niedrigem Erregungsniveau (Besinnlichkeit, Ruhe) ist eher mit einer geringfügigen<br />
Nebenbeinutzung zu rechnen, da in diesem Fall Hintergrundgeräusche vermutlich<br />
eher störend wirken. Welche Effekte von Stimmungslagen mit hohem Arousal und<br />
negativer Bewertung (Ärger, Erregtheit) bzw. hohem Arousal und positiver Bewertung<br />
(Aktivität, gehobene Stimmung) auf die Nebenbeinutzung ausgehen könnten, lässt sich<br />
nur schwer vorhersagen.<br />
391
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
2.6 Indirekte Effekte<br />
Möglicherweise wirken sich die Stimmungslagen jedoch nicht nur direkt auf die Nebenbeinutzung<br />
aus, sondern auch indirekt über die gesuchten Gratifikationen (Motive).<br />
Wenn Stimmungen relativ stabil sind (Zillmann 2004) und bei unterschiedlichen Personen<br />
verschiedene Stimmungslagen dominieren, kann sich ein solcher Zusammenhang ergeben.<br />
Aber nicht nur bei den Stimmungslagen erscheint es plausibel, dass sich indirekte<br />
Effekte ergeben. Zu erwarten ist beispielsweise auch, dass sich die Bindung an das Fernsehen<br />
auf die Motivationsstärke auswirkt, dass die Leistungsbewertungen einen Einfluss<br />
auf die Qualitätswahrnehmungen haben und dass sich die Sozialisationsfaktoren auch<br />
auf Restriktionen, Stimmungslagen, die Motive und die TV-Bindung auswirken. Die<br />
hier vermuteten Zusammenhänge sind in Grafik 1 im Überblick dargestellt.<br />
Grafik 1: Erklärungsmodell der Nebenbeinutzung des Fernsehens<br />
Sozialisation<br />
und<br />
<strong>Medien</strong>sozialisation<br />
interne Restriktionen<br />
direkte Effekte: indirekte Effekte:<br />
Im Modell wird zum einen eine bestimmte Kausalitätsrichtung zwischen den verschiedenen<br />
Variablen angenommen; zum anderen wird vermutet, dass die verschiedenen unabhängigen<br />
Variablen nicht gleichberechtigt nebeneinander stehen, sondern dass Differenzierungen<br />
vorgenommen werden sollten. Die Unterscheidung von unabhängigen<br />
und abhängigen Variablen ist dem zugrunde liegenden Erkenntnisinteresse geschuldet.<br />
Mit dieser Einteilung soll nicht angedeutet werden, dass es sich grundsätzlich um einseitige<br />
Kausalzusammenhänge handelt. Gerade die Qualitäts- und Leistungswahrnehmungen<br />
sind natürlich nicht nur Ursache, sondern auch Ergebnis der Nutzung. Bei der<br />
Anordnung der unabhängigen Variablen wurde versucht, dieser Umkehrbarkeit Rechnung<br />
zu tragen. Die weiter links stehenden Variablen werden als stabiler und durch<br />
392<br />
TV<br />
-<br />
B<br />
i<br />
n<br />
d<br />
u<br />
n<br />
g<br />
S<br />
t<br />
i<br />
m<br />
m<br />
u<br />
n<br />
g<br />
e<br />
n<br />
externe Restriktionen<br />
M<br />
o<br />
t<br />
i<br />
v<br />
e<br />
Wahrnehmung<br />
der<br />
Leistung<br />
des TV<br />
und des<br />
Nebenbei-<br />
TV<br />
Qualitätswahrnehmung<br />
TV<br />
Qualitätswahrnehmung<br />
Radio<br />
Nebenbeinutzung<br />
des<br />
Fernsehens
Wolling / Kuhlmann · Zerstreute Aufmerksamkeit<br />
die Nebenbeinutzung weniger beeinflussbar angesehen als diejenigen, die weiter rechts<br />
– näher an der abhängigen Variablen – angeordnet wurden.<br />
3. Datenerhebungsmethoden und Operationalisierungen<br />
Die Datenerhebung wurde mittels einer schriftlichen, vollstandardisierten Befragung<br />
auf Basis einer Quotenstichprobe von 302 Befragten durchgeführt. Mit dem Fragebogen<br />
erhielten die Befragten ein Tagebuch, in dem sie an je einem Wochen- und Wochenendtag<br />
in Viertelstundenintervallen ihre Tätigkeiten protokollieren sollten. 9 51 Prozent<br />
der Befragten sind weiblich und 49 Prozent männlich. Das Durchschnittsalter beträgt<br />
46 Jahre. Die jüngsten Befragten sind 15 und die ältesten 82 Jahre alt. 51 Prozent der<br />
Befragten haben maximal Hauptschulabschluss, 27 Prozent absolvierten die Realschule,<br />
11 Prozent haben Abitur und weitere 10 Prozent haben darüber hinaus die Universität<br />
besucht.<br />
Die verschiedenen Merkmalsgruppen wurden im Fragebogen durch umfangreiche<br />
Itembatterien operationalisiert. Die Konstrukte wurden dabei soweit möglich durch<br />
mehrere Items abgebildet. In diesem Fall ist es sinnvoll, mittels Faktoranalysen die Vielzahl<br />
der Items wieder auf die zugrunde liegenden Dimensionen zu reduzieren. Damit<br />
wird nicht nur Komplexität reduziert, sondern auch geprüft, ob die gewählten Items<br />
tatsächlich diejenigen Konstrukte abbilden, die theoretisch erwartet werden. Um Dopplungen<br />
zu vermeiden, verbinden wir im Folgenden die Präsentation der Fragebogenitems<br />
mit den Ergebnissen dieser Faktorenanalysen und präsentieren auch bereits erste<br />
deskriptive Befunde.<br />
3.1 Abhängige Variable: Dauer der Nebenbeinutzung<br />
Eine annähernd perfekte Messung von Umfang und Art der Paralleltätigkeiten zum<br />
Fernsehen würde eine permanente Videoüberwachung der Nutzer voraussetzen – und<br />
hätte als Folge mit Problemen der Reaktivität zu kämpfen. Auch der einseitige Rückgriff<br />
auf klassische Befragungsmodelle ist problematisch, da sie von den Befragten einen sehr<br />
hohen Grad an Selbstbeobachtung fordern. Deshalb wurden in der Untersuchung zwei<br />
unterschiedliche Verfahren eingesetzt:<br />
Befragung: Im Fragebogen wurde im Anschluss an die Fragen nach dem durchschnittlichen<br />
Fernsehkonsum an Wochentagen und Wochenenden um eine Schätzung<br />
gebeten, wie groß jeweils der Anteil der Fernsehzeit ist, bei der gleichzeitig einer anderen<br />
Tätigkeit nachgegangen wird. Um die Selbstbeobachtungskompetenz der Befragten<br />
nicht zu überfordern, wurde hier eine recht grobe Skala mit den Ausprägungen 0, 25,<br />
50, 75 und 100 Prozent vorgegeben.<br />
Tagebuch: Die Befragten wurden gebeten, für je einen Wochentag und einen Wochenendtag<br />
ein Tagebuch auszufüllen, in dem in Viertelstundenintervallen <strong>Medien</strong>nutzung<br />
und andere Tätigkeiten protokolliert werden sollten. Auf der Basis dieser Daten ließ<br />
sich dann ebenfalls hochrechnen, wie viel Zeit täglich mit der Nebenbeinutzung des<br />
Fernsehens verbracht wird.<br />
Wie Tabelle 1 zeigt, führen beide Verfahren zu teilweise unterschiedlichen Ergebnissen.<br />
Während wochentags noch fast identische Ergebnisse erzielt werden, ist der Umfang<br />
der Nebenbeinutzung laut Tagebuch am Wochenende wesentlich höher. Gleichzeitig<br />
korrelieren die Wochenendwerte aber wesentlich höher miteinander als die Werte<br />
9 Weitere ausführliche Informationen zur Methode finden sich bei Kuhlmann & Wolling (2004).<br />
393
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Tabelle 1: Umfang der Nebenbeinutzung in Fragebogen und Tagebuch<br />
Wochentag<br />
Wochenende<br />
Gesamt<br />
für Wochentage. Das kann mehrere Ursachen haben. Zum Teil sind diese Unterschiede<br />
sicherlich methodisch bedingt. Die erhöhte Selbstaufmerksamkeit beim Ausfüllen eines<br />
Tagebuchs führt vermutlich zu einem exakteren Ergebnis, von daher wären die Tagebuchdaten<br />
vorzuziehen. Andererseits ist aber davon auszugehen, dass die intraindividuelle<br />
Varianz der Nebenbeinutzung tatsächlich recht hoch ist und deswegen die an<br />
dem einen Tag per Tagebuch gemessenen Werte von der durchschnittlichen Nutzung<br />
deutlich abweichen. Dass diese Varianz vor allem an Wochentagen deutlicher ausfällt,<br />
erscheint plausibel. Aus diesem Grund war die ermittelte geringere Korrelation zu erwarten.<br />
Um die Nachteile der jeweiligen Methode zu kompensieren, wurden die beiden<br />
Messungen als Indikator für den Umfang der Nebenbeinutzung zu einem Gesamtindex<br />
zusammengefasst.<br />
3.2 Abhängige Variablen: Modi der Nebenbeinutzung<br />
Die postulierten Dimensionen der audio-, video- und sozialorientierten Nebenbeinutzung<br />
wurden durch eine Reihe von Items operationalisiert, die mittels einer Faktorenanalyse<br />
wieder auf die Ursprungsdimensionen zurückgeführt werden konnten. 10 Die<br />
videoorientierte Nutzung (Fernsehen ohne Ton) tritt so selten auf, dass wir sie hier<br />
ausklammern. Die audioorientierte und die sozialorientierte Nutzung wurden durch<br />
Indizes der Faktoritems abgebildet. 11<br />
3.3 Abhängige Variablen: Tätigkeitsbezogene Indikatoren der Nebenbeinutzung<br />
Mittels einer 5er-Skala (nie, selten, ab und zu, oft, sehr oft) wurde erfragt, wie häufig<br />
die Befragten bei bestimmten Tätigkeiten den Fernseher laufen lassen. Diese Tätigkeiten<br />
lassen sich mittels einer Faktorenanalyse sinnvoll auf zwei Faktoren reduzieren:<br />
Pflichtaufgaben einerseits 12 und Freizeittätigkeiten andererseits 13 , die zusammen 52%<br />
der Varianz erklären. 14<br />
10 Die Ergebnisse der Faktorenanalyse wurden bereits veröffentlicht, vgl. Kuhlmann & Wolling<br />
2004: 393 f.<br />
11 Audioorientierte Nebenbeinutzung: Items „Hin und wieder schaue ich kurz hin, wenn in der<br />
Sendung etwas Interessantes kommt.“; „Der Fernseher läuft und ich passe gar nicht richtig auf,<br />
was kommt.“; „Ich schaue zwar nicht hin, höre aber aufmerksam zu.“; „Der Fernseher ist wie<br />
eine Geräuschkulisse, ich kriege eigentlich nicht mit, was da läuft.“; Sozialorientierte Nebenbeinutzung:<br />
Items „Wenn mich jemand besuchen kommt, schalte ich den Fernseher aus.“; „Ich<br />
unterhalte mich mit anderen, während der Fernseher läuft.“<br />
12 Eigenwert 3,9; Items (Faktorladungen): Essen (.84), Kochen (.83), Hausarbeit (.59), Körperpflege<br />
(.55).<br />
13 Eigenwert 1,3; Items (Faktorladungen): Spiel (.76), Lesen (.65), Sport (.63), Gespräche (.63),<br />
Hobby (.60). Nur die Beschäftigung Hobby hat eine nennenswerte Nebenladung (.43).<br />
14 Ausgeschlossen wurden die Items Beruf und Telefon wegen hoher Doppelladungen, die sich<br />
aber erklären lassen: Telefonieren kann beruflich bedingt und damit Pflichtaufgabe oder aber<br />
394<br />
Fragebogen Tagebuch Korrelation Index<br />
50 min<br />
55 min<br />
52 min<br />
52 min<br />
81 min<br />
61 min<br />
.26***<br />
.45***<br />
.44*** 56 min
Wolling / Kuhlmann · Zerstreute Aufmerksamkeit<br />
3.4 Abhängige Variablen: Inhalte der Nebenbeinutzung<br />
Die Inhalte der nebenbei genutzten Programme wurden mit einem zweistufigen Verfahren<br />
erhoben: Zunächst wurde für eine umfangreiche Liste von Genres mittels einer<br />
4er-Skala (nie, selten, gelegentlich, häufig) ermittelt, wie häufig diese Genres überhaupt<br />
genutzt werden. Für alle zumindest gelegentlich genutzten Genres wurde dann mit derselben<br />
Skala gefragt, „wie häufig es vorkommt, dass Sie gleichzeitig etwas anderes tun,<br />
wenn eine solche Sendung läuft“. Die Häufigkeit der Nebenbeinutzung bestimmter Inhalte<br />
liegt damit bei jedem Genre für eine andere Gruppe von Befragten vor (nämlich die<br />
jeweils gelegentlichen oder häufigen Nutzer des Genres). Das macht eine Faktorenanalyse<br />
zur Reduktion der Itembatterie problematisch. Deshalb haben wir aus den Fragen<br />
zur allgemeinen Nutzung und zur Nebenbeinutzung der Genres durch Multiplikation<br />
der beiden Variablen einen Index erstellt, der den Umfang der Nebenbeinutzung eines<br />
Genres abbildet (Tabelle 2). In den Feldern der Tabelle sind die Werte der neu gebildeten<br />
Variablen dargestellt (Werte 0-6):<br />
Tabelle 2: Berechnung der Indexwerte für die Nebenbeinutzung von Fernsehgenres<br />
Generelle<br />
Nutzung<br />
des Genres<br />
Nebenbeinutzung des Genres<br />
nie (0) selten (1) gelegentlich (2) häufig (3)<br />
nie (0) 0 0 0 0<br />
selten (0) 0 0 0 0<br />
gelegentlich (1) 0 1 2 3<br />
häufig (2) 0 2 4 6<br />
Auf der Basis dieser Indizes lassen sich die Fernsehgenres mittels einer Faktorenanalyse<br />
zu vier Faktoren zusammenfassen, die 59% der Varianz erklären 15 : Im ersten Faktor 16<br />
versammelt sich die Nebenbeinutzung von Genres der leichten Unterhaltung und des<br />
Infotainments, die sich vor allem durch zwei Merkmale auszeichnen: a) Sie lassen sich<br />
wie ein Radioprogramm nutzen, da die meisten Inhalte auf dem Audiokanal vermittelt<br />
werden; b) sie werden überwiegend nachmittags und am Vorabend ausgestrahlt. Der<br />
zweite Faktor 17 enthält ausschließlich klassische Informationsangebote. Die Items Musik<br />
und Comedy im dritten Faktor 18 verbindet, dass es sich dabei um fragmentierte Un-<br />
auch Freizeitbeschäftigung sein. Berufliche Tätigkeit kann ohne Präsenz eines Fernsehers am<br />
Arbeitsplatz, aber auch daheim erfolgen.<br />
15 Wegen hoher Doppelladungen ausgeschlossen wurden die Items Spielfilme, wöchentliche Serien<br />
und Quizshows. Die ersten zwei Items bezeichnen Formate mit Spielhandlungen, bei denen<br />
für den Befragten offen bleiben musste, welchen Charakter ihr Inhalt jeweils hat. Das gleiche gilt<br />
für Quizshows, bei denen Unterhaltung oder Information im Vordergrund stehen kann. Ferner<br />
wurden folgende Genres aus der Analyse ausgeschlossen, die aus verschiedenen Gründen nicht<br />
in die Systematik passen: Kindersendungen (diese werden von erwachsenen Befragten wohl<br />
häufig unfreiwillig nebenbei verfolgt), Frühstücksfernsehen (fällt aufgrund der Sendezeit aus<br />
dem Rahmen), Teleshopping-Sendungen, Werbung und Erotik-Sendungen.<br />
16 Eigenwert 3,6; Items (Faktorladungen): Talkshows (.84), Boulevardmagazine (.68), tägliche Serien<br />
(.66), Gerichtssendungen (.65), Reality-Sendungen (.64).<br />
17 Eigenwert 2,1; Items (Faktorladungen): Natursendungen (.77), Dokumentarfilme (.76), politische<br />
Magazine (.75), Nachrichten (.63).<br />
18 Eigenwert 1,1; Items (Faktorladungen): Musiksendungen (.85), Comedy (.64).<br />
395
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
terhaltung handelt, schnell geschnittene kurze Szenen in den Comedys und Videoclips<br />
wechseln sich in rascher Folge ab, längerfristige Aufmerksamkeit ist nicht erforderlich.<br />
Die Genres Sport und Krimi des vierten Faktors 19 weisen beide einzelne spannende<br />
Höhepunkte (Mord, Elfmeter) auf, bei denen der Rezipient vielleicht kurz mit voller<br />
Aufmerksamkeit zuschaut, um sich dann wieder der Haupttätigkeit zuzuwenden.<br />
3.5 Unabhängige Variablen: Sozialisation und <strong>Medien</strong>sozialisation<br />
Als Sozialisationsindikatoren werden das Geschlecht, das Alter und die Bildung in der<br />
Studie berücksichtigt. Die Fernsehsozialisation im Elternhaus wurde über den Grad der<br />
Zustimmung zu der Aussage „In meinem Elternhaus wurde viel ferngesehen“ auf einer<br />
5er-Skala erhoben. 20<br />
3.6 Unabhängige Variablen: Restriktionen und Optionen<br />
Folgende interne und externe Restriktionen und Optionen wurden in den Analysen<br />
berücksichtigt: 1) die Zahl der verfügbaren TV-Geräte im Haushalt (Durchschnitt: 1,8<br />
Geräte); 2) die Zahl der Räume ohne TV (Durchschnitt: in 2 von 3 Räumen befindet<br />
sich kein TV); 3) beruflich bedingte Zeit außer Haus (Durchschnitt: 25 Stunden pro<br />
Woche); 4) Arbeitszeit zu Hause (Hausarbeit und berufliche Heimarbeit zusammen im<br />
Durchschnitt 15 Stunden pro Woche); 5) Haushaltsgröße (Einpersonenhaushalte 13 %<br />
der Befragten, Zweipersonenhaushalte 37 %, größere Haushalte 49 %); 6) Leben in<br />
einer Partnerschaft: (81 % mit Partner, 19 % ohne Partner); 7) subjektiv empfundene<br />
Erschöpfung (interne Restriktion) 21 und 8) kognitive Kapazität (interne Restriktion) 22 .<br />
3.7 Unabhängige Variablen: Fernseh-Bindung<br />
Die Bindung an das Fernsehen wurde zum einen in Anlehnung an die Vermissensfrage<br />
(Ridder et al. 2002) operationalisiert und zum anderen wurde eine Frage gestellt, die<br />
stärker auf die situative Einbindung des Fernsehens abzielt 23 . Auch bei diesen Aussagen<br />
wurde die Zustimmung auf einer 5er-Skala gemessen.<br />
19 Eigenwert 1,0; Items (Faktorladungen): Sportsendungen (.85), Krimis (.51).<br />
20 Im Nachhinein erscheint diese Frage zur <strong>Medien</strong>sozialisation nur bedingt aussagekräftig, da fast<br />
die Hälfte der Befragten noch ohne Fernsehen aufgewachsen ist. Die Antworten korrelieren von<br />
daher deutlich mit dem Alter (r = -.47) und die Zustimmung zu der Aussage ist insgesamt nur<br />
gering (Ø = 2,1).<br />
21 Dazu wurde die Zustimmung zu der Aussage „Ich bin oft so müde, dass ich einfach nur noch<br />
fernsehen möchte“ auf einer 5er-Skala (1-5) erhoben. Die Zustimmung zu der Aussage ist insgesamt<br />
nur gering (Ø = 2,2).<br />
22 Dazu wurde die Zustimmung auf einer 5er-Skala (1-5) zu den folgenden Aussagen ermittelt:<br />
a) „Gleichzeitig fernzusehen und etwas anderes zu tun, finde ich anstrengend.“ und b) „Es<br />
stört mich, wenn ich etwas machen möchte und gleichzeitig der Fernseher läuft.“ Die beiden<br />
Variablen korrelieren stark miteinander (r = .58) und konnten deshalb zu einem Index zusammengefasst<br />
werden. Die kognitive Überlastung wird von den Befragten im Durchschnitt als<br />
mittelstark erlebt (Ø = 3,1).<br />
23 „Ein Leben ohne Fernsehen kann ich mir sehr gut vorstellen“. (Mittelwert gedreht: 3,3), „Wenn<br />
der Fernseher nicht läuft, fehlt mir etwas“ (1,7); Index: TV-Bindung (Korrelation zwischen den<br />
Items: r = .32, Mittelwert 2,5)<br />
396
Wolling / Kuhlmann · Zerstreute Aufmerksamkeit<br />
3.8 Unabhängige Variablen: Stimmungslagen<br />
Die Bedeutung der unterschiedlichen Stimmungslagen für die Befragten wurde durch<br />
insgesamt 16 Items operationalisiert. Mit jeweils vier Items sollte jede der vier Stimmungs-Hauptdimensionen,<br />
die sich aus der Kombination der Bewertungs- und der<br />
Erregungsdimension ergeben, erhoben werden. Die vorhergesagte Dimensionalität<br />
konnte durch die verwendeten Indikatoritems insgesamt recht gut abgebildet werden24 .<br />
Allerdings mussten fünf der 16 Items aus dem Modell entfernt werden, da eine klare<br />
Zuordnung zu den Faktoren nicht möglich war. Insgesamt zeigt sich jedoch, dass das<br />
ursprünglich für die Erfassung situationsbezogener Befindlichkeiten und Stimmungen<br />
entwickelte Modell (Abele-Brehm und Brehm 1986) auch für die Erfassung langfristig<br />
vorherrschender Stimmungslagen geeignet ist.<br />
Die Mittelwerte der vier Stimmungsdimensionen25 belegen, dass sich die Befragten<br />
überwiegend in einer positiv erregten Stimmungslage befinden (Energievoll-euphorisch<br />
Ø =3,2) 26 . An zweiter Stelle folgt der Ärger (Ø =2,8) 27 . D. h. auch dann, wenn sich<br />
die Personen in negativer Stimmung befinden, dominiert das hohe Erregungsniveau.<br />
Knapp dahinter folgt die Besinnlichkeit, bei der es sich um eine positive Stimmungslage<br />
auf niedrigem Erregungsniveau handelt (Ø =2,7) 28 . Die depressive Stimmung – eine<br />
Kombination aus geringer Erregung und negativer Valenz – findet sich am seltensten<br />
(Ø =2,5) 29 .<br />
3.9 Unabhängige Variablen: <strong>Kommunikations</strong>bezogene Motive und wahrgenommene<br />
Leistungen<br />
Insgesamt vier kommunikationsbezogene Motivdimensionen werden im Rahmen der<br />
vorliegenden Untersuchung berücksichtigt. Zwei davon sind eher kognitionsbezogen,<br />
die anderen beiden eher affektiv-rekreationsbezogen (vgl. Rheinberg 2004: 12; Vowe &<br />
Wolling 2004: 170 f.): Eher kognitionsbezogen sind das Informationsmotiv sowie das<br />
Organisationsmotiv, rekreationsbezogen sind das Motiv der Anregungssuche und das<br />
Escape-Motiv. Durch eine Faktorenanalyse konnte die Dimensionalität bestätigt werden,<br />
60 % der Varianz wurden durch vier Faktoren erklärt (vgl. Tabelle 3).<br />
24 Hauptkomponentenanalyse mit Varimaxrotation; Vorgabe: 4 Faktoren-Lösung; 67 % erklärte<br />
Varianz.<br />
25 Die Einleitungssequenz zum Fragenblock lautet: „Wie häufig kommt es vor, dass Sie...“ Die<br />
Antworten wurden mit einer 5er-Skala von 1 = „nie“ bis 5 = „sehr oft“ erhoben.<br />
26 Eigenwert 3,4; Items (Faktorladungen): ... das Gefühl haben, Sie könnten Bäume ausreißen?<br />
(.82); ... sich tatkräftig und voller Energie fühlen? (.78); ... so richtig gut gelaunt sind? (.76); ...<br />
sich ganz unbeschwert fühlen? (.68). Alpha = .78.<br />
27 Eigenwert 0,9; Items (Faktorladungen): ... gereizt sind? (.78), ... über etwas, was Sie erlebt haben,<br />
sehr wütend sind? (.78).<br />
28 Eigenwert 1,1; Items (Faktorladungen): ...in einer verträumten Stimmung sind? (.88), ...ganz in<br />
Gedanken versunken sind? (.75).<br />
29 Eigenwert 1,9; Items (Faktorladungen): ...sich sehr traurig fühlen? (.83); ...in einer gedrückten,<br />
niedergeschlagenen Stimmung sind? (.79); ...sich lustlos fühlen? (.69). Alpha = .75.<br />
397
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Tabelle 3: <strong>Kommunikations</strong>motive<br />
Manchmal wünsche ich mir, all meine Probleme vergessen zu<br />
können.<br />
.85<br />
Ich habe oft den Wunsch, nicht so allein zu sein. .74<br />
Ich wünsche mir oft, dem Alltag entfliehen zu können. .71 .35<br />
Es ist wichtig für mich, mein tägliches Leben optimal zu planen<br />
und einzuteilen.<br />
.79<br />
Es ist mir wichtig, mich auf das, was ich tue, voll und ganz zu<br />
konzentrieren.<br />
.75<br />
Ich versuche, jede freie Minute sinnvoll zu nutzen. .74<br />
Es stört mich, wenn im Hintergrund ständig Geräusche,<br />
Gespräche oder Musik zu hören sind. (gedreht)<br />
.75<br />
Wenn ich mich richtig konzentrieren will, brauche ich eine Art<br />
Geräuschkulisse im Hintergrund.<br />
.71<br />
Es ist für mich wichtig, Spannendes und Aufregendes zu erleben. .63<br />
Es ist mir wichtig, über aktuelle Ereignisse umfassend informiert<br />
zu werden.<br />
.80<br />
Von wichtigen Ereignissen in der Welt möchte ich möglichst<br />
schnell erfahren.<br />
.77<br />
Es ist mir wichtig, im Bekanntenkreis auf vielen Gebieten<br />
mitreden zu können.<br />
.66<br />
Eigenwerte 2,0 2,4 1,2 1,6<br />
Indexmittelwert 2,8 3,7 2,6 4,0<br />
Alpha .67 .67 .52 .64<br />
Hauptkomponentenanalyse mit Varimaxrotation; 60 % erklärte Varianz; alle Faktorladungen > .30<br />
Neben den vier kommunikationsbezogenen Motiven wurden auch die wahrgenommenen<br />
Leistungen (Gratifications obtained des GS/GO-Modells) erhoben. Sie können<br />
sich zum einen auf das Fernsehen allgemein beziehen und zum anderen auf die situationsbezogenen<br />
Effekte der Nebenbeinutzung. Besondere Erklärungskraft für die Unterschiede<br />
in der Nebenbeinutzung haben vermutlich die speziell auf den Modus der<br />
Nebenbeinutzung abzielenden Leistungsbewertungen, auch wenn über alle Befragten<br />
hinweg dieser Leistungsdimension des Fernsehens im Vergleich zu den anderen vier<br />
Dimensionen keine besondere Bedeutung zugeschrieben wird (Tabelle 4).<br />
398<br />
Eskapismus<br />
Organisation<br />
Anregungssuche<br />
Information
Wolling / Kuhlmann · Zerstreute Aufmerksamkeit<br />
Tabelle 4: Leistungen der Nebenbeinutzung des Fernsehens (Skalenmittelwerte*)<br />
Wenn der Fernseher im Hintergrund läuft, schafft das eine angenehme Atmosphäre. 2,1<br />
Wenn nebenbei der Fernseher läuft, geht mir vieles leichter von der Hand. 1,9<br />
Wenn der Fernseher im Hintergrund läuft, hilft das, Gesprächspausen zu überbrücken. 1,9<br />
Indexmittelwert (Alpha = .81)<br />
* 5er-Skala von 1 „stimme gar nicht zu“ bis 5 „stimme voll zu“<br />
2,0<br />
Bei den auf die generelle Fernsehnutzung bezogenen Leistungseinschätzungen wurden<br />
zwei Dimensionen unterschieden: Zum einen wird auch hier wiederum das Escape-Konzept<br />
berücksichtigt und zum anderen wird die wahrgenommene Leistung des<br />
Fernsehens als Zeitmanager untersucht. Die beiden Dimensionen konnten durch eine<br />
Faktoranalyse bestätigt werden (Tabelle 5).<br />
Tabelle 5: Leistungen des Fernsehens<br />
TV<br />
ist<br />
Zeitmanager<br />
Manchmal schaue ich Fernsehen nur um die Zeit herumzu- .89<br />
bringen.<br />
Um Zeit zu überbrücken, schalte ich oft den Fernseher ein. .87<br />
Das Fernsehen hilft mir den Tag einzuteilen. .55<br />
Das Fernsehen hilft manchmal, die Sorgen und Probleme des<br />
Alltags zu vergessen.<br />
TV<br />
ermöglicht<br />
Escape<br />
Das Fernsehen sorgt für Ablenkung. .81<br />
Fernsehen beruhigt mich, wenn ich Ärger habe. .38 .72<br />
Eigenwerte 2,8 1,3<br />
Indexmittelwerte 2,0 2,7<br />
Alpha .76 .71<br />
Hauptkomponentenanalyse mit Varimaxrotation; 67 % erklärte Varianz; alle Faktorladungen > .30<br />
Die Leistung des Zeitmanagements thematisiert – ähnlich wie das Organisationsmotiv<br />
– die Relation zwischen Fernsehnutzung und Zeitverwendung.<br />
3.10 Unabhängige Variablen: Qualitätswahrnehmung<br />
Um zu überprüfen, ob die wahrgenommene Qualität des Fernsehens und des Radios<br />
einen Einfluss auf die Nebenbeinutzung haben, wurde für beide <strong>Medien</strong> die Einschätzung<br />
der derzeitigen Qualität erfragt. Weiterhin wurde ermittelt, ob die Befragten eine<br />
Veränderung des Angebots zum Besseren oder zum Schlechteren wahrgenommen haben.<br />
Auch hier wurde wiederum die Zustimmung zu den Items auf 5er-Skalen erhoben.<br />
Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die Leistung beider <strong>Medien</strong> eher positiv als negativ<br />
beurteilt wird. Beim Fernsehen wird jedoch eine gewisse Tendenz zum Negativen, beim<br />
Radio hingegen eine leichte Verbesserung der Angebotsqualität konstatiert (Tabelle 6).<br />
.86<br />
399
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Tabelle 6: Qualitätswahrnehmung des Fernsehens und des Radios (Mittelwerte*)<br />
Das Fernsehen bringt die neuesten Nachrichten besonders schnell. 4,0<br />
Das Fernsehen bringt die Dinge fesselnd und interessant. 3,5<br />
Im Fernsehen kommt nur selten etwas, wo es sich lohnt, aufmerksam zuzuschauen<br />
(gedreht).<br />
3,2<br />
Im Fernsehen kommen oft spannende und interessante Sendungen. 3,1<br />
Im Fernsehen läuft irgendwo immer etwas Interessantes. 2,8<br />
Das Fernsehen zeigt die Dinge so, wie sie wirklich sind. 2,5<br />
Index: Qualitätswahrnehmung des Fernsehens (Alpha = .78) 3,2<br />
Das Fernsehprogramm ist in den letzten Jahren immer besser geworden. 2,5<br />
Das Fernsehprogramm ist in den letzten Jahren immer schlechter geworden (gedreht).<br />
3,0<br />
Index: Wahrnehmung Qualitätsveränderung des Fernsehens (r = .70) 2,8<br />
Das Radio bringt die neuesten Nachrichten besonders schnell. 3,9<br />
Das Radio informiert über alles Wichtige, was geschieht. 3,8<br />
Die Musik im Radio gefällt mir nicht (gedreht). 3,7<br />
Im Radio kommt nur selten etwas, wo es sich lohnt, aufmerksam zuzuhören (gedreht).<br />
3,4<br />
Index: Qualitätswahrnehmung des Radios (Alpha = .71) 3,6<br />
Das Radioprogramm ist in den letzten Jahren immer besser geworden. 3,3<br />
Das Radioprogramm ist in den letzten Jahren immer schlechter geworden (gedreht). 3,7<br />
Index: Wahrnehmung Qualitätsveränderung des Radios (r = .63)<br />
* 5er-Skala von 1 „stimme gar nicht zu“ bis 5 „stimme voll zu“<br />
3,5<br />
4. Analytische Ergebnisse<br />
Zunächst wird nun überprüft, ob die oben erläuterten Faktoren einen unmittelbaren<br />
Einfluss auf die Nebenbeinutzung haben. Als abhängige Variable wurden neben dem<br />
generellen Umfang der Nebenbeinutzung auch die audioorientierte und die sozialorientierte<br />
Nebenbeinutzung untersucht. Weiterhin haben wir die beiden tätigkeitsbezogenen<br />
Formen der Nebenbeinutzung (Pflicht- und Freizeittätigkeiten) sowie die vier<br />
inhaltsbezogenen Indizes (Unterhaltung und Infotainment im Nachmittagsprogramm,<br />
Information, Musik & Comedy, Krimi & Sport) berücksichtigt. Auf diese neun Indikatoren<br />
der Fernsehnebenbeinutzung wurden mit den zuvor vorgestellten 29 unabhängigen<br />
Faktoren (Variablen und Indizes) Regressionen berechnet. 30 Der Einfluss der<br />
verschiedenen Einflussfaktoren wurde in einem mehrstufigen Verfahren bestimmt. 31 Die<br />
30 Auf die vier inhaltsbezogenen Indikatoren der Nebenbeinutzung wurden zunächst Regressionsmodelle<br />
gerechnet mit der generellen Nutzung des jeweiligen Genres als unabhängiger Variable.<br />
Die Residuen dieser Regressionen bilden in den nachfolgenden Analysen die abhängige<br />
Variable. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Nebenbeinutzung bestimmter Inhalte<br />
nicht mit den allgemeinen Genrepräferenzen konfundiert wird.<br />
31 Zunächst wurden mit der Forward- und der Backward-Option alle Variablen ermittelt, die<br />
einen signifikanten Effekt haben. Dann wurde geprüft, ob sich diese Variablen auch in einem<br />
einfachen Modell (Enter-Option) als erklärungskräftig erweisen. Nur Variablen, die auch hier<br />
einen signifikanten Effekt hatten, wurden im Modell belassen. Zugleich wurde geprüft, ob zwischen<br />
den unabhängigen Variablen Multikollinearitätsprobleme bestehen. In einigen Fällen sind<br />
400
Wolling / Kuhlmann · Zerstreute Aufmerksamkeit<br />
Ergebnisse sind in Tabelle 7 dargestellt. Nachdem die direkten Effekte ermittelt worden<br />
waren, haben wir als nächstes geprüft, ob sich möglicherweise indirekte Effekte nachweisen<br />
lassen, wie sie durch das Modell in Grafik 1 nahegelegt werden. Dies wurde am<br />
Beispiel der Nebenbeinutzung von Unterhaltungsangeboten realisiert. Die unabhängigen<br />
Variablen, die sich in diesem Modell als erklärungskräftig erwiesen haben, sind in<br />
weiteren Regressionen als abhängige Variable verwendet worden. Bei diesen Faktoren<br />
wurde also eine Pfadanalyse durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Regression werden in<br />
Tabelle 8 dargestellt. In beiden Tabellen sind nur die signifikanten (p < .05) beta-Koeffizienten<br />
ausgewiesen.<br />
4.1 Generelle Effekte<br />
Drei Faktoren erweisen sich nicht nur in der Mehrheit der Modelle als erklärungskräftig,<br />
sondern haben zudem auch meistens einen besonders starken Einfluss: Dabei handelt<br />
es sich um die subjektive Restriktion der kognitiven Überlastung, die wahrgenommene<br />
Leistung der Fernsehnebenbeinutzung sowie die Wahrnehmung der Fernseh-Programmqualität.<br />
Personen, die sich durch die Nebenbeinutzung kognitiv überlastet fühlen, schauen<br />
weniger nebenbei fern. Dieser Effekt war zu erwarten, da kaum anzunehmen ist, dass<br />
Menschen längere Zeit mit einem unangenehm störenden Medium verbringen, wenn<br />
sich dieses auch mit einem Knopfdruck ausschalten lässt. Trivial ist der Befund trotzdem<br />
nicht, zeigt sich doch, dass sich die kognitive Überlastung weder auf die sozialorientierte<br />
Nebenbeinutzung noch auf die Fernsehnutzung bei Erledigung von Pflichtaufgaben<br />
auswirkt. Pflichtaufgaben können in der Regel so routiniert erledigt werden, dass eine<br />
Überlastung kaum auftritt. Auch bei den übrigen abhängigen Variablen variiert die Stärke<br />
des Einflusses der kognitiven Überlastung: Die audioorientierte Nebenbeinutzung<br />
sowie spannende TV-Sendungen im Hintergrund werden demnach als besonders kognitiv<br />
belastend empfunden – hier ist wohl der Ablenkungseffekt und damit die Konzentrationsstörung<br />
bei der Paralleltätigkeit am größten. Dass auch die Nebenbeinutzung<br />
von Comedy und Musik sowie die Rezeption des unterhaltungs- und infotainmentorientierten<br />
Nachmittagsprogramms nicht durch kognitive Überlastung behindert werden,<br />
stützt diese Interpretation.<br />
Weiterhin sehen Personen, die die Situation der Fernsehnebenbeinutzung als positiv<br />
wahrnehmen (vgl. Tab. 7: „Leistung der Nebenbeinutzung“), häufiger nebenbei fern.<br />
Die Wahrnehmung der Nebenbeinutzungssituation als angenehm wirkt sich auf fast<br />
alle Formen und Inhalte der Nebenbeinutzung stark aus, nur auf die Rezeption von<br />
Informationsangeboten sowie von Krimis und Sport ist der Effekt deutlich schwächer.<br />
Es erscheint äußerst plausibel, dass informierende Angebote nicht deswegen nebenbei<br />
genutzt werden, weil die Situation durch den laufenden Fernseher positiv gestaltet wird,<br />
sondern weil ein besonders starkes Informationsmotiv vorhanden ist. Tatsächlich ist<br />
festzustellen, dass dieses Motiv sowohl die Nebenbeinutzung von Informationssendungen<br />
als auch die von Krimis und Sport positiv beeinflusst. Vermutlich steht bei diesen<br />
beiden Angebotssegmenten der Inhalt des Programms noch etwas stärker im Mittelpunkt<br />
der Aufmerksamkeit und die anderen Dinge werden nebenher erledigt, während<br />
problematische Variablen entfernt worden. Abschließend wurde dann bei allen unabhängigen<br />
Variablen noch einmal einzeln geprüft, ob sie in dem nun bereits weitgehend fertig gestellten<br />
Modell noch zusätzliche Varianz erklären können.<br />
401
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Tabelle 7: Erklärungsmodelle: Direkte Einflüsse (Regressionen)<br />
Beta – Koeffizienten<br />
402<br />
Dimensionen der Nebenbeinutzung<br />
Umfang Modus Situationen Inhalte<br />
Audio -<br />
orientiert<br />
Sozial -<br />
orien tiert<br />
Pflicht -<br />
auf gaben<br />
Frei zeittätig<br />
keiten<br />
Enter- u. Infotain<br />
ment am<br />
Nachmittag<br />
In forma tion<br />
Musik und<br />
Co medy<br />
Sport und<br />
Krimi<br />
Sozialisation<br />
Alter -.34<br />
Geschlecht (1 m, 2 w) -.12 .15<br />
Bildung .15<br />
Fernsehkonsum im Elternhaus<br />
Restriktionen/Optionen<br />
Anzahl TV-Geräte .13 .20<br />
Anzahl Räume ohne TV -.13<br />
Im Einpersonenhaushalt lebend .09 -.18 .11<br />
Im Zweipersonenhaushalt lebend -.15<br />
Ohne festen Partner lebend .10 .15<br />
Berufliche Zeitbelastung .15 .13 .15<br />
Zeitbelastung durch Hausarbeit .18 -.12<br />
Müdigkeit .11<br />
Kognitive Überlastung -.27 -.29 -.18 -.22 -.26<br />
TV-Bindung und Stimmungslagen<br />
Fernsehbindung .19 .20<br />
Energievoll-euphorische Stimmung<br />
Ärgerliche Stimmung<br />
Depressive Stimmung<br />
Besinnliche Stimmung .12<br />
<strong>Kommunikations</strong>bezogene Motive<br />
Motiv der Anregungssuche .11<br />
Informationsmotiv -.09 .20 .15<br />
Organisationsmotiv -.13 -.15<br />
Escape-Motiv .13 -.24<br />
Leistungen des Fernsehens<br />
Leistung der Nebenbeinutzung .37 .47 .53 .32 .34 .40 .19 .36 .21<br />
Leistung: TV ist Zeitmanager<br />
Leistung: TV ermöglicht Escape<br />
Qualität des Fernsehens<br />
Qualitätswahrnehmung des TV -.13 .17 -.15 -.11 -.15<br />
Qualitätsveränderung des TV .11 .17<br />
Qualität des Radios<br />
Qualitätswahrnehmung des Radio<br />
Qualitätsveränderung des Radio -.23<br />
R 2 (korrigiert) = .45 .53 .47 .48 .31 .38 .23 .37 .20<br />
n = 302 296 284 289 280 251 300 275 .301
Wolling / Kuhlmann · Zerstreute Aufmerksamkeit<br />
bei den anderen untersuchten TV-Angeboten sich die Relation umgekehrt hat: Hier ist<br />
die spezifische Leistung als Hintergrundmedium ausschlaggebend für die Nutzung.<br />
Eine geringere Effektstärke weist die Wahrnehmung der Qualität bzw. der Veränderung<br />
der Qualität des Fernsehprogramms auf. Bezüglich der Qualität hielten wir Effekte<br />
in beide Richtungen für plausibel: Ein gutes Fernsehprogramm wird unter Umständen<br />
besonders aufmerksam und damit seltener nebenbei genutzt. Womöglich ist ein gutes<br />
Programm für die Rezipienten aber auch so attraktiv, dass man selbst dann nichts verpassen<br />
will, wenn primär andere Tätigkeiten ausgeübt werden. Dies würde dann zu einer<br />
häufigeren Nebenbeinutzung führen. Die erste Annahme dominiert in den Befunden:<br />
Nur beim nachmittäglichen Unterhaltungs- und Infotainmentprogramm wirkt sich eine<br />
positive Qualitätswahrnehmung positiv auf die Nebenbeinutzung aus. Dies ist verständlich,<br />
da die zu dieser Tageszeit anliegenden Arbeiten eine aufmerksame Nutzung häufig<br />
ausschließen werden. Bei Informationssendungen, Comedy und Musik sowie bei Krimis<br />
und Sport, aber auch beim Modus des „Fernhörens“ ist der Zusammenhang dagegen<br />
negativ. Hier führt ein positives Qualitätsurteil zu einer vorwiegend aufmerksamen<br />
Fernsehnutzung 32 . Andere Effekte hat hingegen die wahrgenommene Veränderung der<br />
Programmqualität: Wer das Fernsehprogramm als verbessert erlebt, lässt den Fernseher<br />
in Interaktionssituationen und bei Freizeittätigkeiten häufiger nebenbei laufen.<br />
4.2 Differentielle Effekte<br />
Neben den zwei beschriebenen generellen Effekten finden sich zahlreiche Einflussfaktoren,<br />
die nur bei einzelnen abhängigen Variablen Effekte zeigen.<br />
Umfang der Nebenbeinutzung<br />
Neben den generellen Einflussgrößen hat besonders die Bindung an das Medium Fernsehen<br />
einen positiven Einfluss auf den zeitlichen Umfang der Nebenbeinutzung. Auf<br />
das Fernsehen nicht verzichten zu können, heißt also auch, es nicht missen zu wollen,<br />
wenn andere Tätigkeiten anstehen. Daneben gibt es nur noch zwei weitere, allerdings<br />
schwache Einflüsse: Negativ wirkt sich eine positive Ausprägung des Informationsmotivs<br />
aus: Wer im Fernsehen Informationen sucht, gehört zu denen, die eher weniger<br />
nebenbei fernsehen. Häufiger nutzen dagegen Personen das Fernsehen nebenbei, die<br />
in Einpersonenhaushalten leben. Singles bietet sich demnach häufiger die Gelegenheit,<br />
den Fernseher nebenbei laufen zu lassen, während dies in größeren Haushalten offenbar<br />
nicht so oft möglich ist.<br />
Audioorientierte Nebenbeinutzung<br />
„Fernhören“ ist diejenige Form der Nebenbeinutzung, die insgesamt am besten durch<br />
die unabhängigen Variablen erklärt werden kann. Neben den beschriebenen generellen<br />
Effekten findet sich allerdings nur noch ein weiterer Einflussfaktor. Einen schwachen<br />
Einfluss hat die Müdigkeit: Wer oft so müde ist, dass er nichts anderes mehr machen<br />
möchte als fernzusehen, der lässt häufiger den Fernseher als Geräuschkulisse laufen.<br />
32 Eine entsprechende Analyse belegt dies: Das Qualitätsurteil korreliert mit der Gesamtnutzung<br />
aller Inhaltsgruppen signifikant positiv.<br />
403
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Sozialorientierte Nebenbeinutzung<br />
Das Ausmaß der sozialorientierten Nebenbeinutzung ist hingegen stärker durch die<br />
Sozialisation und die objektiven Restriktionen bestimmt. Den stärksten Einfluss hat<br />
die Haushaltsgröße: In größeren Haushalten ist diese Nutzungsform deutlich häufiger<br />
zu finden, was zeigt, dass die sozialen Interaktionspartner beim Fernsehen wohl meist<br />
Familienmitglieder sind.<br />
Positiv wirkt ferner das Motiv der Anregungssuche: Denkbar ist, dass das im Hintergrund<br />
laufende Fernsehprogramm Themen für die Gespräche liefert. Das Organisationsmotiv<br />
hält die Befragten dagegen eher von dieser Form der Nebenbeinutzung ab: Für<br />
das Bedürfnis, die Zeit gut zu verwenden, ist die Trennung von sozialer Interaktion und<br />
<strong>Medien</strong>nutzung erforderlich. Nicht ganz so leicht zu interpretieren ist schließlich der<br />
Einfluss des Geschlechts: Männer schauen, während sie mit anderen sozial interagieren,<br />
häufiger fern als Frauen. Möglicherweise ist dies Folge davon, dass Männer dem sozialen<br />
Austausch vielfach eine etwas geringe Wichtigkeit zuweisen als Frauen.<br />
Situation: Pflichtaufgaben<br />
Die Erklärung des Nebenbeisehens bei Pflichtaufgaben zeigt den stärksten und wohl<br />
auch interessantesten differentiellen Effekt: Das Alter hat hier einen sehr starken negativen<br />
Einfluss (beta -.34). Arbeit und Fernsehen kombinieren vor allem die jüngeren<br />
Befragten, während ältere Befragte dies eher trennen. Dies lässt sich nur zum Teil durch<br />
die größere Fähigkeit zur Parallelverarbeitung bei Jüngeren erklären – was die später<br />
präsentierte Pfadanalyse belegt. Die entsprechende Variable „kognitive Überlastung“<br />
zeigt hier nicht den bekannten negativen Einfluss, sondern wird durch die Variable Alter<br />
verdrängt. Die Annahme liegt nahe, dass hier normative Vorstellungen in Bezug auf<br />
Arbeit eine Rolle spielen, die zwischen „preußischen Tugenden“ und hedonistischer<br />
Spaßgesellschaft variieren.<br />
Deutlich schwächer sind die übrigen Einflüsse: Die Zahl der Räume ohne Fernsehgeräte<br />
wirkt sich negativ aus. Dies ist unmittelbar plausibel, sind doch viele Arbeiten im<br />
Haushalt an andere Räume als das Fernsehzimmer gebunden. Einen positiven Einfluss<br />
hat die Fernsehbindung: Wenn jemand ohne Fernsehen nicht leben zu können meint,<br />
dann wirkt sich dies auch auf die Integration der Fernsehnutzung als Paralleltätigkeit bei<br />
der Arbeit aus. Ferner sehen Singles häufiger parallel zu Pflichtaufgaben fern.<br />
Situation: Freizeittätigkeiten<br />
Da viele Freizeitaktivitäten an bestimmte Räume der Wohnung gebunden sind, ist der<br />
positive Einfluss der Geräteausstattung plausibel: Je mehr Geräte sich im Haushalt befinden,<br />
desto häufiger begleitet das Fernsehprogramm die Freizeit. Doch warum sollte<br />
jemand, der sich zum Beispiel entspannenden Hobbys widmet, überhaupt nebenbei<br />
fernsehen oder – hören? Hier sind zusätzliche Motive zu erwarten, und so überrascht es<br />
nicht, dass hier das Eskapismusmotiv einen – wenn auch schwachen – positiven Einfluss<br />
hat – im Gegensatz zu allen anderen Modellen, in denen es keine derartige Rolle spielt.<br />
404
Wolling / Kuhlmann · Zerstreute Aufmerksamkeit<br />
Inhalt: Unterhaltung und Infotainment am Nachmittag<br />
Die Nebenbeinutzung leichter Unterhaltungs- und Infotainmentangebote hängt von<br />
einer ganzen Reihe von Faktoren ab. Da die hier abgebildeten Fernsehformate vor allem<br />
nachmittags ausgestrahlt werden, erklärt sich der positive Einfluss der Zeitbelastung<br />
durch Hausarbeit sowie der allgemeinen beruflichen Belastung. Hier wird offensichtlich<br />
das Radio durch das Fernsehen als Begleitmedium abgelöst: Die Wahrnehmung einer<br />
verschlechterten Radioqualität wirkt sich genauso positiv auf den Nebenbeikonsum solcher<br />
Sendungen aus wie die bereits oben (Kapitel 4.1) diskutierte positive Beurteilung<br />
der TV-Programmqualität.<br />
Der negative Einfluss des Eskapismus-Motivs überrascht und lässt sich am ehesten<br />
mit einer umgekehrten Kausalität erklären: Wer durch die Begleitmediennutzung seine<br />
Arbeit angenehmer gestaltet, verringert damit sein Fluchtbedürfnis.<br />
Inhalt: Informationsangebote<br />
Interessanter Weise finden wir positive Effekte des Informationsmotivs und der Bildung<br />
auf die Nebenbeinutzung von Informationsangeboten. Nicht nur die aufmerksame<br />
Nutzung, sondern auch die Nebenbeinutzung wird also durch diese Faktoren<br />
beeinflusst. Der positive Einfluss besinnlicher Stimmungen auf die Nebenbeinutzung<br />
von Informationsangeboten könnte darauf zurückzuführen sein, dass Personen, bei<br />
denen diese Stimmungslagen vorherrschen, am wenigsten Mood Management durch<br />
die Geräuschkulisse benötigen, es aber andererseits als ganz angenehm empfinden, sich<br />
durch anspruchsvollere Inhalte nebenbei anzuregen. Eine starke berufliche Zeitbelastung<br />
wirkt sich ebenfalls positiv aus: Hier führt das Zeitmanagement wohl dazu, dass<br />
die Informationsaufnahme parallel zu anderen Tätigkeiten realisiert wird.<br />
Inhalt: Unterhaltungsfragmente Musik und Comedy<br />
Den stärksten zusätzlichen Einfluss auf die Nebenbeinutzung von Musik und Comedy<br />
hat hier die Anzahl der TV-Geräte im Haushalt. Insbesondere Musik kann in allen<br />
Räumen der Wohnung gut nebenbei genutzt werden, was sich aber nur bei entsprechender<br />
Ausstattung realisieren lässt. Frauen und Personen, die ohne festen Partner<br />
leben, lassen diese Inhalte – von denen eine stimmungsaufhellende Wirkung erwartet<br />
werden kann – besonders häufig im Hintergrund laufen. Negativ wirkt sich dagegen<br />
das Organisationsmotiv aus: Das Bedürfnis nach sinnvoller Zeitplanung führt eher zur<br />
Vermeidung solcher Geräuschkulissen. In diesem Zusammenhang sind auch die Zusammenhänge<br />
mit dem Zeithaushalt interessant: Eine starke berufliche Belastung befördert<br />
den Hintergrundkonsum dieser Angebote, viel Hausarbeit hemmt ihn dagegen. Hinter<br />
diesen Effekten verbirgt sich vermutlich ein komplexes Wechselspiel von Optionen<br />
und Restriktionen, die mit den unterschiedlichen kognitiven Anforderungen von Beruf<br />
und Hausarbeit zusammenhängen: Während in den meisten Fällen bei der Berufsarbeit<br />
allenfalls noch Musik im Hintergrund laufen kann, können die meisten Hausarbeiten<br />
auch durchaus durch Programme begleitet werden, die höhere Anforderungen an die<br />
Aufmerksamkeit stellen.<br />
405
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Inhalt: Spannung in Krimis und Sportsendungen<br />
Dass sich das Informationsmotiv auch auf die Nebenbeinutzung spannender TV-Inhalte<br />
positiv auswirkt, deutet darauf hin, dass diesen Sendungen auch bei geringer Aufmerksamkeit<br />
Informationen entnommen werden können: Dies sind zum einen sicherlich die<br />
Sportergebnisse und zum anderen wohl auch Eindrücke von der Polizeiarbeit, der Gerichtsmedizin<br />
sowie aktueller Probleme mit organisierter Kriminalität. Daneben hat nur<br />
noch das Leben in einem Einpersonenhaushalt einen schwachen positiven Einfluss auf<br />
die Nutzung dieser Inhalte.<br />
4.3 Indirekte Effekte<br />
Das oben vorgeschlagene Modell (Grafik 1) postuliert nicht nur direkte Effekte auf<br />
die Nebenbeinutzung, sondern auch indirekte Effekte (gestrichelte Linien im Modell).<br />
Um zu überprüfen, ob sich solche Effekte nachweisen lassen, sind Pfadanalysen durchgeführt<br />
worden. Da es im Rahmen des Beitrags nicht möglich ist, für alle neun abhängigen<br />
Variablen die Pfadmodelle vorzustellen, soll an dieser Stelle beispielhaft das<br />
Erklärungsmodell für die Nebenbeinutzung von Unterhaltung und Infotainment im<br />
Nachmittagsprogramm berechnet und erläutert werden 33 . Für die anderen Indikatoren<br />
der Nebenbeinutzung würden sich die Pfadmodelle aus anderen Faktoren zusammensetzen,<br />
je nachdem welche Variablen dort direkte Effekte gezeigt haben.<br />
Es wurden Regressionen auf vier der vormals unabhängigen Variablen berechnet, die<br />
sich in dem zuvor vorgestellten Modell als bedeutsame Erklärungsfaktoren erwiesen<br />
hatten (Tabelle 8). Die Ergebnisse belegen, dass zahlreiche indirekte Effekte nachzuweisen<br />
sind. Einzelne Erklärungsfaktoren – insbesondere die Leistungswahrnehmungen der<br />
Nebenbeinutzung und die Qualitätswahrnehmung des TV – lassen sich in erheblichem<br />
Umfang durch andere im Modell integrierte Faktoren erklären. Wenn man sich anschaut,<br />
welche Faktoren hier als Erklärungsvariablen eine Rolle spielen, dann sind mehrere Befunde<br />
hervorzuheben: Zum einen zeigt sich, dass das Alter zwar keine direkten Effekte<br />
auf die Nebenbeinutzung von Unterhaltung hat, sich aber vielfach indirekt auswirkt.<br />
Drei der vier Erklärungsvariablen werden zum Teil ganz erheblich durch das Alter beeinflusst.<br />
Auch die Müdigkeit und die Bindung an das TV – die beide keinen direkten<br />
Einfluss ausüben – wirken sich indirekt aus, indem sie andere Faktoren beeinflussen,<br />
die ihrerseits direkte Effekte bei der Nebenbeinutzung hervorrufen. Bemerkenswert ist<br />
auch, wie sich die Stimmungslagen auf das Escapemotiv auswirken: Negative und dabei<br />
vor allem depressive Stimmungen fördern das Fluchtbedürfnis. Ähnliches gilt auch für<br />
die Motive und Leistungsbewertungen: Die Qualitätswahrnehmungen des Fernsehens<br />
werden – wie durch das Modell postuliert – durch diese Faktoren beeinflusst.<br />
33 Diese Form der Nebenbeinutzung wurde ausgewählt, weil hier ein Modell mittlerer Komplexität<br />
entsteht, das gerade noch visualisierbar ist.<br />
406
Tabelle 8: Erklärungsmodelle: Indirekte Einflüsse (Regressionen)<br />
Beta-<br />
Koeffizienten<br />
Escapemotiv Leistung der<br />
Nebenbeinutzung<br />
Wolling / Kuhlmann · Zerstreute Aufmerksamkeit<br />
Qualitätswahrneh<br />
mung<br />
TV<br />
Sozialisation<br />
Alter -.17 -.23 .33<br />
Geschlecht .14<br />
Bildung<br />
<strong>Medien</strong>sozialisation<br />
Restriktionen/Optionen<br />
-.13 -.14 -.11<br />
Müdigkeit .27<br />
Kognitive Überlastung -.31 .19<br />
Ohne festen Partner lebend<br />
TV-Bindung und<br />
Stimmungslagen<br />
.16 x x x<br />
Fernsehbindung .35 .26<br />
Stimmung<br />
energievoll-euphorisch<br />
-.18 .15<br />
Stimmung ärgerlich .15 .12<br />
Stimmung depressiv .36<br />
Stimmung besinnlich<br />
<strong>Kommunikations</strong> bezogene<br />
Motive<br />
-.09<br />
Informationsmotiv x .20<br />
Organisationsmotiv<br />
Leistungen des Fernsehens<br />
x .14<br />
Leistung der<br />
Nebenbeinutzung<br />
x x<br />
Leistung: TV ist<br />
Zeitmanager<br />
Leistung: TV ermöglicht<br />
Escape<br />
x x -.25<br />
x x .31 .18<br />
R2 (korrigiert) = .36 .58 .47 .19<br />
n = 281 281 281 263<br />
Qualitäts verän<br />
derung<br />
Radio<br />
Bei den mit x gekennzeichneten Feldern wurden die jeweiligen Variablen bei den Regressionen nicht berücksichtigt,<br />
da durch das Modell keine Zusammenhänge postuliert wurden.<br />
407
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Grafik 2: Einflussfaktoren auf die Nebenbeinutzung von Unterhaltungs- und<br />
Infotainmentangeboten im Nachmittagsprogramm<br />
Es ist an dieser Stelle nicht möglich, die zahlreichen indirekten Effekte ausführlich zu<br />
würdigen. Es kann hier nur beispielhaft erläutert werden, wie sie zu interpretieren sind.<br />
Der Grafik 2 ist zu entnehmen, dass die Qualitätswahrnehmung einen positiven Effekt<br />
auf die Nebenbeinutzung von Unterhaltungsangeboten hat. Die Qualitätswahrnehmung<br />
des Fernsehprogramms wird aber wiederum durch die Escape-Leistungswahrnehmung<br />
beeinflusst. Wer also dem Fernsehen stärker zutraut, dass es ihm zur Flucht aus der<br />
Realität verhelfen kann, beurteilt die Qualität des Programms positiver. Die wahrgenommene<br />
Leistung des TV als Mittel zur Realitätsflucht wirkt sich somit indirekt auf<br />
die häufigere Nebenbeinutzung von unterhaltenden TV-Angeboten aus. Die Stärke des<br />
indirekten Effekts lässt sich abschätzen, indem man die beta-Koeffizienten miteinander<br />
multipliziert (0.31 * 0.17 = 0.05). Da auch das Alter und die Fernsehbindung ähnliche<br />
Effekte auf die Qualitätswahrnehmung des TV haben, wirken sich auch diese Faktoren<br />
in indirekter Weise aus. Alter und Fernsehbindung beeinflussen jedoch zusätzlich auch<br />
die Leistungswahrnehmung der Nebenbeinutzung, die wiederum einen starken Effekt<br />
auf die Nebenbeinutzung von Unterhaltung hat. Das Alter und die Fernsehbindung<br />
haben damit nicht nur via Qualitätswahrnehmung, sondern auch vermittelt über die<br />
wahrgenommene Leistung der Nebenbeinutzung einen Einfluss auf die Häufigkeit der<br />
Nebenbeinutzung von Unterhaltung.<br />
408
Wolling / Kuhlmann · Zerstreute Aufmerksamkeit<br />
5. Resümee<br />
Die Nebenbeinutzung des Fernsehens ist nach den vorliegenden Befunden vor allem ein<br />
Mittel, das Menschen nutzen, um Situationen in ihrem Alltag zu gestalten. Dafür spricht,<br />
dass sich jene Faktoren, die sich auf das situationsbezogene Erleben der Nebenbeinutzung<br />
beziehen (kognitive Überlastung und Leistung der Nebenbeinutzung), durchgängig<br />
als einflussreich erweisen. Dafür spricht auch, dass sich die häuslichen Rahmenbedingungen<br />
(Haushaltsgröße, Geräteausstattung) auf das Ob und das Wie der Nebenbeinutzung<br />
auswirken. Das Fernsehen ist aber dennoch – auch bei der Parallelnutzung<br />
– mehr als nur eine reine Geräuschkulisse, denn die situativen Rahmenbedingungen, die<br />
Motive und die Qualitätswahrnehmungen wirken sich auf die Nebenbeinutzung der<br />
unterschiedlichen Inhalte verschieden aus. Solche differenzierten Effekte lassen sich nur<br />
dadurch erklären, dass die Fernsehinhalte auch im Modus der Nebenbeinutzung wahrgenommen<br />
werden und für die Nutzungsentscheidungen bedeutsam sind.<br />
Die Fernsehnutzung hat sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten stark verändert<br />
und wird sich in Zukunft weiter verändern. Ob die hier untersuchten Modi der Nebenbeinutzung<br />
an Bedeutung gewinnen werden oder ob sich möglicherweise völlig andere<br />
Formen der TV-Nutzung entwickeln werden, ist schwer abzuschätzen. Es spricht aber<br />
einiges dafür, dass die Nebenbeinutzung generell eine wesentliche Form der Nutzung<br />
bleiben wird. Unsere Ergebnisse haben gezeigt, dass sich die Geräteausstattung auf die<br />
Art der TV-Nutzung auswirkt. Neue Technologien (Festplattenrecorder, EPGs) und<br />
mobile Abspielgeräte (Handys, Laptops) werden den Rezipienten neue Möglichkeiten<br />
der (Nebenbei-)Nutzung eröffnen.<br />
Die Befunde verdeutlichen aber ebenfalls, dass auch die sozialen Rahmenbedingungen<br />
die Nebenbeinutzung beeinflussen. Von daher ist damit zu rechnen, dass auch die<br />
sich ändernden Lebensgewohnheiten (beispielsweise die zunehmende Anzahl von Alleinlebenden)<br />
Auswirkungen auf die Fernsehnutzung haben werden. Es wird Aufgabe<br />
der <strong>Kommunikations</strong>wissenschaft sein, die technischen und gesellschaftlichen Veränderungen<br />
genau zu beobachten, um so frühzeitig auf Veränderungen im Umgang mit<br />
dem <strong>Medien</strong>angebot aufmerksam zu werden. Eine theoretisch fundierte <strong>Kommunikations</strong>wissenschaft<br />
darf jedoch nicht bei der möglichst frühzeitigen Registrierung von<br />
Entwicklungen stehen bleiben, sondern muss versuchen, Modelle zu entwickeln, mit<br />
denen die Nutzungsentscheidungen der Rezipienten erklärt werden können. Ein solches<br />
Modell wurde hier vorgestellt und hinsichtlich seiner Erklärungskraft geprüft. Dabei hat<br />
sich der Anschluss an etablierte theoretische Ansätze der <strong>Kommunikations</strong>wissenschaft<br />
als äußerst fruchtbar erwiesen. Allerdings war es notwendig, diese Ansätze weiterzuentwickeln.<br />
Zu nennen sind hier insbesondere die kognitiven Restriktionen sowie die<br />
spezifischen Leistungen der Nebenbeinutzung, die sich in vielen Modellen als besonders<br />
einflussreich herausgestellt haben. Vor allem hat sich jedoch gezeigt, dass sich das<br />
integrierte Modell insgesamt bewährt hat. Die Nebenbeinutzung lässt sich im Rahmen<br />
einzelner theoretischer Ansätze nicht hinreichend erklären. Erst durch das Zusammenspiel<br />
verschiedener Einflussfaktoren konnten substanzielle Varianzaufklärungen erzielt<br />
werden. Durch die systematische Prüfung von indirekten Effekten wurde zudem verdeutlicht,<br />
dass bestimmte Variablen wie Alter oder Fernsehbindung sich zwar nicht<br />
direkt, bei genauerer Analyse aber doch indirekt – vermittelt über andere Variablen<br />
– auf die Nebenbeinutzung auswirken. Das hier vorgestellte Modell sollte sich auch auf<br />
die Nutzung anderer <strong>Medien</strong>angebote (zum Beispiel Radioprogramme oder Illustrierte)<br />
übertragen lassen. Die Ergebnisse sollten ermutigen, die vorhandenen theoretischen<br />
Konzepte der Nutzungsforschung stärker aufeinander zu beziehen und soweit möglich<br />
zu integrieren, um so zu einem tieferen Verständnis der <strong>Medien</strong>nutzung zu gelangen.<br />
409
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
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411
Deutsche Auslandskorrespondenten im Profil<br />
Kathrin Junghanns / Thomas Hanitzsch<br />
Die vorliegende Studie unternimmt den Versuch einer ersten explorativen und deskriptiven<br />
Berufsfeldanalyse, basierend auf Online-Interviews mit insgesamt 176 Auslandskorrespondenten,<br />
die für deutsche <strong>Medien</strong> berichten. Die Ergebnisse belegen, dass Auslandskorrespondenten<br />
im Durchschnitt älter und erfahrener sind als ihre Kollegen in den<br />
Heimatredaktionen. Stärker als andere Bereiche des Journalismus wird diese Domäne<br />
von Männern dominiert. Darüber hinaus neigen Auslandskorrespondenten verstärkt zu<br />
einem Rollenverständnis, das sowohl auf eine Kontextualisierung und Einordnung des<br />
Auslandsgeschehens als auch auf die kulturelle Verständigung mit der Berichtsregion<br />
setzt. Aufgrund der komplexen Anforderungen der Tätigkeit ist die Auslandskorrespondenz<br />
kein Feld für Berufseinsteiger.<br />
Schlagwörter: Auslandskorrespondenten, Auslandsberichterstattung, Rollenselbstverständnis,<br />
Berufsfeld<br />
In der modernen <strong>Medien</strong>gesellschaft wird unsere Wahrnehmung von Welt maßgeblich<br />
durch die Auslandsberichterstattung geprägt (vgl. Schmidt & Wilke 1998: 169). Auslandskorrespondenten<br />
berichten aus fremden Ländern und formen damit nicht nur die<br />
Vorstellungen von anderen Kulturen, sondern bestimmen die Beziehungen zwischen<br />
den Völkern entscheidend mit (Maletzke 1966: 326). Insbesondere politische und ökonomische<br />
Prozesse laufen zunehmend medienvermittelt ab, womit den Nachrichten aus<br />
dem Ausland eine geradezu „existenzielle“ Bedeutung zukommt (Schwanebeck 2003:<br />
30). Dies gilt vor allem für die sich unaufhaltsam globalisierende politische Arena, in der<br />
strategische Entscheidungen mit dem Blick auf internationale Konstellationen getroffen<br />
werden müssen. Insbesondere in Krisenzeiten wird der Auslandsberichterstattung<br />
ein erhebliches Beeinflussungspotenzial im Hinblick auf politische Entscheidungen<br />
bescheinigt: So legen Forschungen zum so genannten „CNN-Effekt“ nahe, dass das<br />
US-amerikanische Eingreifen in Somalia 1993 in erster Linie durch eine dramatische<br />
<strong>Medien</strong>berichterstattung herbeigeführt wurde (vgl. Robinson 2002). In ähnlicher Weise<br />
vermutet Hume (1998: 77), dass die Auslandsberichte westlicher Korrespondenten 1999<br />
letztendlich zur NATO-Intervention im Kosovo geführt haben.<br />
Auslandskorrespondenten besetzen daher eine Schlüsselposition in der öffentlichen<br />
Kommunikation von Auslandsgeschehen, und zuweilen liefern sie sogar die Informationsbasis,<br />
auf der Regierungen politische Entscheidungen fällen (vgl. Wu & Hamilton<br />
2004: 519). Angesichts der Bedeutung von Auslandsberichterstattung allgemein und<br />
Auslandskorrespondenten im Besonderen ist es in höchstem Maße erstaunlich, wie wenig<br />
wir über diejenigen wissen, die unser Bild von der Welt mit Informationen „aus erster<br />
Hand“ prägen. Und das, obwohl u. a. Maletzke bereits 1966 eine Untersuchung der<br />
„Psychologie und Soziologie“ dieser speziellen Berufsgruppe gefordert hatte. Im Unterschied<br />
zu den USA, wo bereits seit einem halben Jahrhundert empirische Forschung<br />
auf breiter Front betrieben wird, ist der Forschungsstand im deutschsprachigen Raum<br />
eher bescheiden. In den beiden großen deutschen Journalistenbefragungen (vgl. Schönbach,<br />
Stürzebecher & Schneider 1994; Weischenberg, Löffelholz & Scholl 1993) wurden<br />
Auslandskorrespondenten nicht als eigenständige Subgruppe ausgewiesen. Theoretisch<br />
müssten sie zumindest in der von der „Journalismus in Deutschland“-Studie ermittelten<br />
412
Junghanns / Hanitzsch · Deutsche Auslandskorrespondenten im Profil<br />
Gesamtzahl der Journalisten enthalten sein. Unklar ist hingegen, in welchem Umfang<br />
sie in die Stichprobe gelangten und ob hier etwa durch mangelnde Erreichbarkeit systematische<br />
Verzerrungen vorliegen.<br />
Auslandskorrespondenten sind aufgrund ihrer berufsbedingten Dauermobilität freilich<br />
ein schwer zu greifendes Forschungsobjekt. Diese Tatsache mag erheblich dazu<br />
beigetragen haben, dass die Auslandskorrespondenten von der deutschsprachigen Journalismusforschung<br />
weitgehend ausgeblendet wurden. In diese Forschungslücke stößt<br />
die vorliegende Studie und unternimmt damit den Versuch einer ersten explorativen und<br />
deskriptiven Berufsfeldanalyse. Im Zentrum der Untersuchung stehen die spezifischen<br />
Qualifikationen und Karrierewege, das berufliche Umfeld sowie die Rollenselbstverständnisse<br />
deutscher Auslandskorrespondenten. Zu beantworten wird auch die Frage<br />
sein, inwieweit Auslandskorrespondenten über besondere Merkmale und Einstellungen<br />
verfügen, die es rechtfertigen, von einem besonderen „Volk“ 1 von Journalisten (Hannerz<br />
2004) bzw. von einer eigenständigen „Kultur“ (Hess 2001; Pedelty 1995) zu sprechen.<br />
Aufgrund der Spezifika des Forschungsgegenstandes (Reisetätigkeit, Personalfluktuation,<br />
hohes Arbeitspensum etc.), der mangelhaften Datenlage (Informationen zu Korrespondenten<br />
sind teilweise schwer zu bekommen) sowie sehr begrenzter Ressourcen für<br />
Feldforschung wurde die Studie auf Basis eine Online-Befragung von insgesamt 176 für<br />
deutsche <strong>Medien</strong> tätige Auslandskorrespondenten realisiert.<br />
1. Auslandsberichterstattung als Gegenstand der Forschung<br />
Die Korrespondenten als Produzenten der Auslandsberichterstattung gerieten recht<br />
selten zum Gegenstand wissenschaftlicher Analysen, weshalb Marten (1987: 23) die<br />
Auslandskorrespondenten auch als „unbekannte Wesen“ der Publizistik- und <strong>Kommunikations</strong>wissenschaft<br />
bezeichnete. Zu den ersten Untersuchungen im deutschsprachigen<br />
Raum zählen die Arbeiten von Lugert (1974) über Auslandskorrespondenten in<br />
Österreich sowie von Jürgens (1974) über deutsche Korrespondenten, die für die ARD<br />
und das ZDF aus den USA berichten.<br />
In der Bundesrepublik tätige Auslandskorrespondenten standen jeweils im Fokus der<br />
Untersuchungen von Kluge (1980), Piel (1999) und Sange (1989). Während sich Kluge<br />
mit dem Arbeitsumfeld von Berichterstattern aus Nordamerika und Europa beschäftigte,<br />
konzentrierte Piel ihre Studie auf niederländische Korrespondenten, und Sange untersuchte<br />
japanische Auslandsreporter. Korrespondenten deutscher <strong>Medien</strong> waren Gegenstand<br />
der Arbeiten von Gysin (2000), Kirschstein (1996) und Siemes (2000). Gysin<br />
gelangte in ihrer Befragung von 54 Korrespondenten Deutschschweizer Printmedien zu<br />
dem Ergebnis, dass diese in ihrer Berichterstattung die Schweizer Außenpolitik weitgehend<br />
ignorieren. Kirschstein beklagt in seiner Untersuchung von TV-Korrespondenten<br />
(NDR, WDR, RTL, VOX) eine „Liveberichterstattung im ‚Feuerwehrstil’“, während<br />
Siemens aus ihrer Befragung von in Polen für deutsche <strong>Medien</strong> tätigen Auslandskorrespondenten<br />
schließt, dass angesichts der vielfältigen redaktionellen Zwänge die Rolle der<br />
Korrespondenten nicht ganz so machtvoll ist, wie der erste Blick glauben lässt.<br />
Trotz der zum Teil stark variierenden Untersuchungsanlagen lassen sich aus dem Literaturbestand<br />
einige zentrale Tendenzen herausarbeiten2 : Aufgrund der Spezifika ihrer<br />
Tätigkeit müssen Auslandskorrespondenten über besondere Qualifikationen verfügen.<br />
Häufig werden in diesem Zusammenhang Charaktereigenschaften genannt wie „Be-<br />
1 Hannerz selbst verwendet in diesem Zusammenhang den Begriff „tribe“.<br />
2 Vgl. dazu auch den folgenden Abschnitt.<br />
413
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
lastbarkeit“, „Erkundungsgeschick“, „Flexibilität“, „Neugierde“, „Sensibilität“, „Stilsicherheit“<br />
sowie ein „gutes Kontaktvermögen“ und eine „scharfe Beobachtungsgabe“<br />
(vgl. Neudeck 1985; Tern 1982: 219; Wagner 2001: 18f.). Es scheint, als ob die längst<br />
überwunden geglaubte „Begabungsideologie“ im Journalismus (Weischenberg 1990:<br />
11ff.) hier ihre letzte Nische gefunden hat. Nicht selten erinnern gestandene Auslandsredakteure<br />
wie Dirk Schraeder (2002: 21) vom SWR gerne an die besonderen Härten des<br />
beruflichen Alltags: „Darüber hinaus sollte der Magen alles von roher Walhaut (Grönland)<br />
über verrotteten Hering (Schweden) bis zu Hammel-Testikeln (Türkei) ertragen.<br />
Der notorische Schlafmangel in Kombination mit den erwähnten Küchen- und Klimawechseln<br />
sorgt für ein anfälliges Immunsystem.“<br />
Einigkeit besteht allenfalls darin, dass überdurchschnittliche Fremdsprachenkenntnisse<br />
unverzichtbar sind. Auch profunde Kenntnisse über das Berichterstattungsgebiet<br />
sollten dazu gehören. Die oft nicht rational zu erklärende Besetzung von Auslandskorrespondenzen<br />
führt jedoch dazu, dass sich Journalisten dieses Wissen erst mühsam vor<br />
Ort erarbeiten müssen. So berichtet Hans-Josef Dreckmann, der insgesamt 13 Jahre das<br />
ARD-Studio Nairobi geleitet hat: „Als ich das erste Mal nach Afrika kam, wusste ich<br />
herzlich wenig, zu wenig. Bis heute habe ich nicht alle Länder meines Berichtsgebietes<br />
kennengelernt.“ (Dreckmann in Journalistik Journal 5(1): 16)<br />
Im Hinblick auf den Berufszugang ist festzustellen, dass Auslandskorrespondenten<br />
in der Regel eine traditionelle Journalistenausbildung durchlaufen, wobei ein abgeschlossenes<br />
Studium zunehmend an Relevanz gewinnt (vgl. Lugert 1974: 55f.; Piel 1999:<br />
134; Siemes 2000: 114ff.; Lange 2002: 55). Um sich die nötigen Allround-Kompetenzen<br />
anzueignen, schließt sich zumeist eine mehrjährige journalistische Arbeit im Inland an,<br />
weshalb es sich bei der Tätigkeit als Auslandskorrespondent nur in seltenen Fällen um<br />
einen Einstiegsjob für Berufsanfänger handelt (vgl. Gysin 2000: 68f.; Piel 1999: 134; Siemes<br />
2000: 115). Nicht immer entscheiden dabei objektive Kriterien über die Besetzung<br />
von Korrespondentenstellen: strategische Personalpolitik und der Zufall spielen eine<br />
nicht zu unterschätzende Rolle (vgl. Moskau 1974: 6; Wagner 2001: 17)<br />
Mit Blick auf das Rollenselbstverständnis ist das von Jürgens (1974: 52) unter Amerikakorrespondenten<br />
beschriebene elitäre Selbstverständnis des meinungsbetonten Auslandsjournalismus<br />
im Zuge der Professionalisierung offenbar dem Bild des neutralen<br />
Vermittlers gewichen. Dies ist das Resultat einer Studie unter deutschen Polen-Korrespondenten<br />
(vgl. Siemes 2000: 116ff.). Zu ähnlichen Schlüssen gelangten Befragungen<br />
von Schweizer und niederländischen Korrespondenten (vgl. Gysin 2000: 85f.; Piel 1999:<br />
152f.). Allerdings hat Nafroth (2002) in ihrer Untersuchung über das Japanbild deutscher<br />
<strong>Medien</strong> herausgearbeitet, dass es deutschen Auslandskorrespondenten nicht allein um<br />
die neutrale Vermittlung von Informationen geht, sondern dass diese sich auch in der Rolle<br />
des Experten sehen, der die oft komplexen Zusammenhänge erklärt und interpretiert.<br />
Anders als im deutschsprachigen Raum ist in den USA die empirische Erforschung<br />
von im Ausland tätigen Berufskommunikatoren fest etabliert. Zu den „klassischen<br />
Studien“ zählen die weitgehend deskriptiven Arbeiten von Anderson (1951), Kruglak<br />
(1955) und Wilhelm (1963). In ihrer Anlage prinzipiell ähnlich sind die erst kürzlich publizierten<br />
Untersuchungen von Willnat und Weaver (2003) sowie von Wu und Hamilton<br />
(2004). Während Wu und Hamilton Daten über insgesamt 354 US-Korrespondenten im<br />
Ausland erhoben haben, befragten Willnat und Weaver 152 Auslandskorrespondenten,<br />
die aus Washington und New York über die USA berichten. In methodischer Hinsicht<br />
bemerkenswert ist überdies die ethnografische Studie von Hannerz (2004). Der schwedische<br />
Anthropologe befragte mittels Tiefeninterviews insgesamt 70 Korrespondenten<br />
in Jerusalem, Johannesburg, Kapstadt und Tokio.<br />
414
Junghanns / Hanitzsch · Deutsche Auslandskorrespondenten im Profil<br />
Die Befunde aus älteren Untersuchungen finden sich in den neueren US-amerikanischen<br />
Studien weitgehend bestätigt: Auslandskorrespondenten sind im Durchschnitt<br />
älter und erfahrener als ihre Kollegen im Inland und verfügen über eine bessere Bildung.<br />
Darüber hinaus sind Journalistinnen hier im Vergleich zu den Heimatredaktionen unterrepräsentiert,<br />
während die Bedeutung von Korrespondenten anderer Nationalität (vorzugsweise<br />
die des Berichtslandes) über die Jahre deutlich zugenommen hat (vgl. Willnat<br />
& Weaver 2003: 417; Wu & Hamilton 2004: 521ff.). Mit Blick auf das Rollenverständnis<br />
haben Willnat und Weaver (2003: 415) festgestellt, dass sich Auslandskorrespondenten<br />
stärker in einer Rolle sehen, die auf die Analyse und Interpretation von komplexen<br />
Zusammenhängen abzielt.<br />
2. Theoretische Ansätze<br />
Erst in letzter Zeit häufen sich die Versuche, dem Forschungsfeld ein theoretisches<br />
Fundament zu geben (vgl. Hamilton & Jenner 2004), auch wenn ein „übergreifendes<br />
theoretisches Modell“ nach wie vor fehlt (Siemes 2000: 25). Klassische Definitionen von<br />
Korrespondenten im Ausland sind personenzentriert und orientieren sich am Nationalstaatenkonzept.<br />
So gilt nach Marx (1982: 211) als Auslandskorrespondent, wer „außerhalb<br />
des Landes, des Staates arbeitet, in dem das Informationsorgan seinen Sitz hat“.<br />
Eine solche Definition ist im Hinblick auf empirische Forschungsaktivitäten zweifellos<br />
außerordentlich praktikabel, aber theoretische Tiefe hat sie nicht.<br />
An systemtheoretische Vorstellungen könnte eine Sicht auf Auslandsjournalismus als<br />
journalistisches Subsystem anschließen. Auslandsberichterstattung definiert sich demnach<br />
als Nachrichtenproduktion über Ereignisse, die außerhalb der nationalstaatlichen<br />
Grenzen des Territoriums stattfinden, in dem die jeweilige Redaktion hauptsächlich<br />
operiert. Hiermit wird der zentrale Referenzpunkt auf den geografischen Standort der<br />
(Haupt-)Redaktion gelegt. Allerdings mag dies aus der Perspektive des Publikums gelegentlich<br />
anders aussehen. So werden die ca. 20.000 auf Mallorca lebenden Deutschen<br />
die Berichterstattung des Spiegel über das Rauchverbot auf der Urlaubsinsel nur bedingt<br />
als Auslandsberichterstattung wahrnehmen. Darüber hinaus kann Auslandsberichterstattung<br />
auch als organisationale (Sub-)Struktur von Redaktionen beschrieben werden.<br />
Allerdings verfügen nicht alle <strong>Medien</strong>betriebe über eine Auslandsredaktion, und Redaktionen<br />
wie die des „Weltspiegels“ (ARD) bilden eher die Ausnahme. Zudem: Selbst<br />
wenn <strong>Medien</strong> ein eigenständiges Ressort „Ausland“ unterhalten, dann wird hierunter<br />
zumeist nur das politische Weltgeschehen gefasst. Auch die übrigen Ressorts (z. B. Wirtschaft,<br />
Reise, Sport) werden von Auslandsnachrichten gespeist.<br />
Es erscheint daher am sinnvollsten, das Konzept des Auslandskorrespondenten am<br />
Begriff der Rolle zu verankern, wobei wir – Rühl (1989) folgend – in Arbeits- und Berufsrollen<br />
unterscheiden. Arbeitsrollen stehen mit der aktuellen beruflichen Tätigkeit<br />
im Zusammenhang und werden zumeist durch organisationale Zwänge konstituiert.<br />
Ausdruck finden sie in einer vertikalen Differenzierung entlang der redaktionellen Entscheidungshierarchie,<br />
in einer horizontalen Differenzierung entlang von Ressorts und<br />
in einer für angelsächsische Redaktionen typische funktionale Trennung in Reporter-,<br />
Editor- und Kommentator-Rollen.<br />
Die Gruppe der Auslandskorrespondenten liegt quer zu diesen Vorstellungen, sie<br />
bildet mithin eine vierte Subkategorie, die sich durch die Tätigkeit im Ausland definiert.<br />
Als „klassisches“ Rollenmodell gilt dabei das als Korrespondent entsendete Redaktionsmitglied,<br />
wobei dieses Berufbild zunehmend mit Sonderberichterstattern, Reisekorrespondenten<br />
sowie Wirtschafts- und Kulturkorrespondenten konkurriert (vgl. Schraeder<br />
415
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
2002; Wagner 2001). Auch in Hamilton und Jenners (2004: 313f.) Typologie von Auslandskorrespondenten<br />
kommt das klassische Modell als „traditional foreign correspondent“<br />
vor, während Reisekorrespondenten als „parachute journalists“ und thematische<br />
Sonderkorrespondenten (z. B. Börsenberichterstattung) als „premium service foreign<br />
correspondent“ bezeichnet werden. Darüber hinaus konstatieren die Autoren eine zunehmende<br />
Zahl von „foreign foreign correspondents“ (Ausländer als Korrespondenten)<br />
im Zuge von Rationalisierungsmaßnahmen in Auslandsredaktionen. 3<br />
Der Begriff der Berufsrolle reicht über die konkrete journalistische Arbeitstätigkeit<br />
hinaus und reflektiert auf die Profession als solche. Ein ganz wesentlicher Aspekt in diesem<br />
Zusammenhang ist das berufliche Rollenselbstverständnis, d. h. der „selbstgesteckte<br />
Rahmen des Handelns“ und die „Beobachtung der sich selbst zugeschriebenen Rolle“<br />
(Weischenberg, Löffelholz & Scholl 1994: 160). Die Erforschung des Selbstverständnisses<br />
von Journalisten hat eine lange Tradition: Während Cohen (1963: 20) noch in eine<br />
„neutrale“ und eine „Teilnehmer-Rolle“ unterschied, arbeiten Donsbach und Patterson<br />
(2003: 298ff.) mit einer zweidimensionalen Unterscheidung entlang der Pole passiv vs.<br />
aktiv sowie neutral vs. anwaltschaftlich. Auf diese Weise gelangen die Autoren zu insgesamt<br />
vier Selbstverständnis-Typen: „Passiv-neutral“ (neutrale Vermittler, Makler etc.),<br />
„Passiv-anwaltschaftlich“ (parteiisch usw.), „Aktiv-neutral“ (Spürhund, Vierte Gewalt<br />
etc.) sowie „Aktiv-anwalt schaft lich“ (Ideologen, Missionare etc.).<br />
Im Hinblick auf Auslandskorrespondenten hat Siemes (2000: 57f.) einen Rahmen<br />
konstruiert, der es erlaubt, unterschiedliche Rollenverständnisse zu verorten. Drei Dimensionen<br />
sind hierbei von besonderer Relevanz: Die vermittelnd-erklärende Ebene<br />
umfasst all jene Aspekte, nach denen die vorrangige Aufgabe der Korrespondentenarbeit<br />
darin besteht, den Rezipienten Vorgänge und Phänomene in anderen Ländern verständlich<br />
zu machen. Diplomatisch-missionarische Ansprüche beschreiben Zielsetzungen, die<br />
auf die Beeinflussung der öffentlichen Meinung gerichtet sind, und die neutral-faktenorientierte<br />
Ebene zielt auf die wertungsfreie Weitergabe von Informationen über das<br />
Berichtsgebiet.<br />
Oft wird im Zusammenhang mit Berufsrollen von Auslandskorrespondenten von<br />
einer eigenständigen „Kultur“ (Hess 2001; Pedelty 1995) des Elite-Journalismus (Wu<br />
& Hamilton 2004) oder von einem „Volk“ von Gleichgesinnten (Hannerz 2004) gesprochen.<br />
Begründet wird diese Auffassung durch den Umstand, dass Korrespondenten<br />
häufig über eine besondere Ausbildung und Sachkenntnis, professionelle Netzwerke<br />
sowie über ein eigenes System der Anerkennung herausragender Leistungen verfügen<br />
(vgl. Wu & Hamilton 2004: 519). Letztlich aber muss die Frage, ob Auslandskorrespondenten<br />
tatsächlich eine eigenständige professionelle Subkultur bilden, empirisch<br />
beantwortet werden.<br />
Aus unserem theoretischen Verständnis und der Sichtung der einschlägigen Literatur<br />
heraus ergeben sich folgende Forschungsfragen:<br />
1. Arbeitsrollen: Welche Charakteristika kennzeichnen deutsche Auslandskorrespondenten,<br />
hat diese Berufsgruppe ein besonderes Ausbildungsprofil vorzuweisen?<br />
Welche geografischen Schwerpunkte werden in Korrespondentennetzen gesetzt, wie<br />
ausgedehnt sind die Berichterstattungsgebiete?<br />
3 Die verbleibenden vier von Hamilton und Jenner identifizierten Typen sind entweder nur eine<br />
Subkategorie des traditionellen Modells („foreign local correspondent“), agieren außerhalb<br />
des Journalismussystems („amateur correspondent“) oder haben mit Auslandskorrespondenz<br />
im engeren Sinne nichts gemein („local foreign correspondent“, „in-house foreign correspondent“).<br />
416
Junghanns / Hanitzsch · Deutsche Auslandskorrespondenten im Profil<br />
2. Berufsrollen: Unterscheiden sich deutsche Auslandskorrespondenten hinsichtlich ihres<br />
beruflichen Rollenverständnisses von ihren Kollegen im Inland? Kann von einer<br />
„eigenständigen Kultur“ der Auslandskorrespondenten gesprochen werden?<br />
3. Methode<br />
Da es in der vorliegenden Studie um die Erforschung von Rollenaspekten im Auslandsjournalismus<br />
unter Berücksichtigung eines breiten Spektrums an Berichterstattern ging,<br />
wurde als Erhebungsmethode die vollstandardisierte Online-Befragung gewählt. Die<br />
Methode der webbasierten Online-Befragung hat mittlerweile einen festen Platz in der<br />
empirischen <strong>Kommunikations</strong>- und <strong>Medien</strong>forschung gefunden. Diese Form der Befragung<br />
ist nicht nur extrem kosten- und zeitsparend, sie erscheint auch angemessen für<br />
eine Berufsgruppe, die berufsbedingt an den Umgang mit E-Mail und Internet gewöhnt<br />
und darin geübt ist (vgl. Wagner 2001: 14f.; Wu & Hamilton 2004: 526). Andererseits<br />
musste mit einer geringeren Antwortbereitschaft aufgrund des fehlenden Kontakts zu<br />
einer anderen Person (z. B. Interviewer) und daraus resultierender Unverbindlichkeit<br />
gerechnet werden (vgl. Brosius & Koschel 2001: 131f.). Zudem fällt die Problematik der<br />
Selbstselektion bei Online-Befragungen stärker ins Gewicht.<br />
Der Fragebogen gliederte sich in fünf Themenbereiche: dem beruflichen Werdegang,<br />
der Arbeitssituation, den Arbeitsbedingungen, dem beruflichen Rollenselbstverständnis<br />
sowie den soziodemografischen Merkmalen. Um eine Vergleichbarkeit mit der „Journalismus<br />
in Deutschland“-Studie (Weischenberg, Löffelholz & Scholl 1994) zu ermöglichen,<br />
stützten sich insbesondere die Fragen zum beruflichen Rollenverständnis auf 12<br />
Aussagen der dort verwendeten Item-Batterie sowie auf sechs weitere Aussagen, welche<br />
die Spezifika der Auslandsberichterstattung abbilden sollten. Die beruflichen Einstellungen<br />
wurden analog zur oben zitierten Studie auf einer fünfstufigen Skala abgefragt.<br />
Nach einem Pre-Test ging die Studie vom Mai bis Juli 2004 ins Feld.<br />
Als problematisch erwies sich erwartungsgemäß die Auswahl der zu befragenden<br />
Journalisten. Da keine aussagefähigen Daten zur Gesamtzahl deutscher Auslandskorrespondenten<br />
verfügbar sind, erfolgte die Stichprobenbildung induktiv, d. h. ohne vorherige<br />
Bestimmung der Grundgesamtheit. Ohnehin wäre die Ermittlung des Gesamtbestandes<br />
an Auslandskorrespondenten aufgrund variierender Berufsbezeichnungen,<br />
Personalfluktuation und mangelnder Auskunftsbereitschaft der <strong>Medien</strong>unternehmen<br />
ein Sisyphosgleiches Unterfangen geworden. Journalismusforscher in den USA berichten<br />
von ähnlichen Problemen (vgl. Willnat & Weaver 2003; Wu & Hamilton 2004). Das<br />
größte Problem bilden hierbei die freien Auslandskorrespondenten, die auf Honorarbasis<br />
arbeiten und überwiegend für mehrere <strong>Medien</strong> tätig sind. Die <strong>Medien</strong>verzeichnisse<br />
Stamm und Zimpel weisen diese Journalisten nicht gesondert als Korrespondenten aus<br />
und konnten daher für diese Zwecke nicht herangezogen werden. 4 Um an die Daten<br />
von deutschen Auslandskorrespondenten zu gelangen, wurden deshalb zwei Wege eingeschlagen:<br />
1. Zunächst wurden die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gebeten, die Kontaktdaten<br />
ihrer Auslandskorrespondenten bereitzustellen. Unter den kommerziell<br />
operierenden <strong>Medien</strong>betrieben wurden die privaten Rundfunkanstalten mit den<br />
deutschlandweit höchsten Marktanteilen sowie die überregionalen Abonnement-Ta-<br />
4 Nach Angaben der Zimpel-Redaktion wird diese Option jedoch schon für die nächste Aktualisierung<br />
zur Verfügung stehen.<br />
417
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
geszeitungen und Zeitschriften zum Zeitgeschehen mit den höchsten Reichweiten<br />
um Auskunft gebeten. 5<br />
2. Ausgehend von der Annahme, dass sich Berichterstatter in vielen Ländern akkreditieren<br />
müssen, wurden in einem weiteren Schritt die deutschen Botschaften in die Suche<br />
einbezogen. Die 103 per E-Mail erreichbaren Vertretungen wurden um Auskunft<br />
über akkreditierte Auslandskorrespondenten gebeten.<br />
Auf diese Weise wurden 572 ständige und zeitweilige sowie feste und freie Journalisten<br />
ermittelt, die als deutsche Auslandskorrespondenten geführt werden. Nach einer<br />
ersten Kontaktaufnahme per E-Mail stellte sich heraus, dass 48 E-Mailadressen fehlerhaft<br />
bzw. eingestellt waren und 22 Journalisten bereits nicht mehr als Korrespondenten<br />
tätig waren. Die verbleibende bereinigte Stichprobe von 502 Personen resultierte<br />
in insgesamt 176 verwertbaren Interviews, was einer Rücklaufquote von 35 Prozent<br />
entspricht. 6 Darunter befanden sich 154 Auslandskorrespondenten mit explizit ausgewiesener<br />
deutscher Staatsbürgerschaft. Eine Prüfung des Rücklaufs ergab keine systematischen<br />
Zusammenhänge zwischen <strong>Medien</strong>segment und Anteil der beantworteten<br />
E-Mail-Anfragen. Zwei Drittel der befragten Korrespondenten sind für Zeitungen und<br />
Zeitschriften (66 Prozent) tätig, gefolgt von Hörfunk (32 Prozent), Fernsehen (26 Prozent),<br />
Online-<strong>Medien</strong> (10 Prozent) und Nachrichtenagenturen (6 Prozent). Immerhin<br />
ein Viertel (26 Prozent) von ihnen arbeitet cross-medial, davon die meisten zugleich für<br />
Printmedien und Hörfunksender.<br />
4. Befunde<br />
4.1 Auslandskorrespondenz ist eine Domäne der Männer<br />
Die Ergebnisse der Studie nähren die Vermutung, dass es sich beim Beruf des Auslandskorrespondenten<br />
– zumindest im deutschen Journalismus – um eine Bastion männlicher<br />
Dominanz handelt. Nur knapp 22 Prozent der befragten Auslandskorrespondenten waren<br />
Journalistinnen, womit sich die vor allem von der Fernsehberichterstattung geprägte<br />
öffentliche Wahrnehmung von Auslandsjournalismus als Männerdomäne bestätigt sieht.<br />
Der Frauenanteil von etwa einem Fünftel zieht sich quer durch alle <strong>Medien</strong>bereiche<br />
hindurch und hinterlässt somit ein konsistentes Bild. Im Vergleich mit der neuesten<br />
repräsentativen Befragung von deutschen Journalisten, die einen Frauenanteil von 37<br />
Prozent ermittelt hat (vgl. Weischenberg, Scholl & Malik 2005: 2), fällt der Anteil von<br />
Auslandskorrespondentinnen um Einiges geringer aus. Dass dies keine spezifisch deutsche<br />
Problematik ist, haben andere Studien unter Beweis gestellt. In den USA ist der Anteil<br />
von Journalistinnen unter den Auslandskorrespondenten nach einem „dramatischen<br />
5 Insgesamt waren dies folgende Redaktionen: ARD, ARD III (BR, SR, MDR, NDR, WDR,<br />
RBB, SWR, HR), ZDF, radio bremen, 3sat, DeutschlandRadio, Deutsche Welle, Deutschlandfunk,<br />
arte, Phoenix, RTL, RTLII, Sat.1, ProSieben, VOX, n-tv, Kabel 1, NeunLive, Antenne<br />
Bayern, Stern, Der Spiegel, Focus, SZ, FAZ, Die Welt, Handelsblatt, FR und FTD. Datengrundlage:<br />
Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung 2004; Allensbacher Markt- und Werbeträger-Analyse<br />
2004.<br />
6 Tatsächlich war der elektronische Rücklauf größer: Insgesamt haben 285 Korrespondenten auf<br />
die Umfrage reagiert, allerdings mussten 109 „Interviews“ ausgesondert werden, da – wenn<br />
überhaupt – nur wenige Einstiegsfragen beantwortet wurden. Offensichtlich haben einige Journalisten<br />
die Umfrage in Angriff genommen, sind aber sehr schnell wieder ausgestiegen, als ihnen<br />
der Zeitaufwand bewusst wurde.<br />
418
Junghanns / Hanitzsch · Deutsche Auslandskorrespondenten im Profil<br />
Anstieg“ in den 1980er Jahren seit über einem Jahrzehnt bei etwa 26 Prozent annähernd<br />
stabil geblieben (Wu & Hamilton 2004: 523).<br />
Es ist zu vermuten, dass hierbei gesellschaftliche Mechanismen ganz besonders wirksam<br />
greifen, die traditionell die Zugangschancen zum sowie die Karrierewege im Berufsfeld<br />
Journalismus geschlechtsabhängig beeinflussen (vgl. den Überblick bei Lünenborg<br />
1997). Zum einen sind es die hohen und unkalkulierbaren Arbeitszeiten im Journalismus,<br />
die es erschweren, Erwerbsarbeit und Familie miteinander zu verbinden. Journalistinnen<br />
sind hiervon in besonderem Maße betroffen, da hartnäckige gesellschaftliche Konventionen<br />
Frauen noch immer die Hauptlast der Kinderbetreuung aufbürden. Ähnliche<br />
Prozesse führen, dies ist in der gender-orientierten Journalismusforschung seit längerem<br />
bekannt, auch zu einer Benachteiligung von Journalistinnen bei der Karriereentwicklung.<br />
Zum anderen sind es oft sozial konstruierte Geschlechterimages, die Weiblichkeit<br />
mit „Weichheit“ und „Empathie“ verbinden, womit Männer für die nüchterne Berichterstattung<br />
über (politische) Sachthemen, die den Auslandsjournalismus dominiert, eher<br />
geeignet erscheinen (vgl. Keuneke, Kriener & Meckel 1997: 37).<br />
Lavie und Lehman-Wilzig (2003: 21) vermuten daher, dass unter diesen Bedingungen<br />
viele Journalistinnen bereits an einem frühen Punkt ihrer Karriere dem Berufsfeld des<br />
Nachrichtenjournalismus den Rücken kehren. Es ist anzunehmen, dass diese Problematik<br />
angesichts der spezifischen beruflichen Herausforderungen unter Auslandskorrespondenten<br />
von ganz besonderer Relevanz ist. Ob der geringe Anteil von deutschen<br />
Korrespondentinnen ein Resultat dieser Vermeidungsstrategie oder mehr oder weniger<br />
bewusster beruflicher Diskriminierung ist, kann die vorliegende Studie nicht beantworten.<br />
Auslandskorrespondentinnen sind durchschnittlich fast acht Jahre jünger als ihre<br />
männlichen Kollegen, wobei die jüngste Berichterstatterin der Stichprobe 23 Jahre und<br />
der älteste Korrespondent 67 Jahre alt waren. Dieser Befund ist für die gender-orientierte<br />
Journalismusforschung keine Überraschung, da sich auch in allgemeinen Journalistenbefragungen<br />
gezeigt hat, dass Journalistinnen in der Regel jünger sind (vgl. u. a.<br />
Chambers, Steiner & Fleming 2004: 102). Die Altersdifferenz zwischen Journalistinnen<br />
und Journalisten weist einmal mehr auf die Problematik der Unvereinbarkeit von Beruf<br />
und Familienarbeit hin, die viele Auslandskorrespondentinnen dazu veranlassen mag,<br />
entweder ganz aus dem Beruf auszusteigen oder auf eine besser kalkulierbare Tätigkeit<br />
im Journalismus auszuweichen.<br />
4.2 Auslandskorrespondenten sind erfahrene Journalisten<br />
Deutsche Auslandskorrespondenten können eine überdurchschnittliche Berufserfahrung<br />
von 20 Jahren vorweisen. Durchschnittlich zehn Jahre ist ein Auslandskorrespondent<br />
journalistisch tätig, bevor er sich für eine Korrespondentenstelle entscheidet. Journalistinnen<br />
haben im Mittel fast drei Jahre weniger Berufserfahrung vorzuweisen als ihre<br />
männlichen Kollegen, wenn sie auf eine Korrespondenz wechseln. Angesichts dieser<br />
Befunde lassen sich Auslandskorrespondenten durchaus als besonders erfahrene Journalisten<br />
beschreiben, denen erst im fortgeschrittenen Stadium ihrer Karriere eine solche<br />
Tätigkeit zugetraut wird oder die nach einer längeren und möglicherweise verdienstvollen<br />
redaktionellen Arbeit mit einem lukrativen Posten als Auslandskorrespondent<br />
„belohnt“ werden. Immerhin sind 53 Prozent der befragten Korrespondenten vor ihrer<br />
Auslandstätigkeit bereits mindestens zehn Jahre als Journalist tätig gewesen. Allerdings:<br />
Jeder zehnte befragte Auslandskorrespondent ist direkt in diese Tätigkeit eingestiegen,<br />
419
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
d. h. weitgehend ohne praktische Berufserfahrung. Hierbei handelt es sich vor allem um<br />
freie und nebenberuflich tätige Korrespondenten.<br />
Die von uns befragten Auslandskorrespondenten waren im Durchschnitt knapp 44<br />
Jahre alt, womit sie sich auch in dieser Hinsicht vom Berufsgruppen-Querschnitt unterscheiden<br />
(41 Jahre, vgl. Weischenberg, Scholl & Malik 2005: 2). US-amerikanische<br />
Studien kommen zu ähnlichen Ergebnissen und betonen den elitären Charakter dieser<br />
Berufsgruppe (Wu und Hamilton 2004: 521). Doch schlagen sich diese Besonderheiten<br />
auch in einem spezifischen Ausbildungsprofil nieder? Tabelle 1 lässt erkennen, dass ein<br />
journalistisches Praktikum bzw. eine Hospitanz sowie das Volontariat die Hauptzugangswege<br />
in den Beruf markieren. Nur knapp jeder zehnte befragte Auslandskorrespondent<br />
hat ein Studium der Journalistik absolviert, aber immerhin fast jeder Fünfte<br />
eines der Publizistik, <strong>Kommunikations</strong>- oder <strong>Medien</strong>wissenschaft. Keine journalismusrelevante<br />
Ausbildung hat etwa ein Fünftel der Befragten vorzuweisen.<br />
Damit unterscheiden sich Auslandskorrespondenten nicht gravierend von ihren Kollegen<br />
im Inland. Es lässt sich allenfalls anmerken, dass die Durchdringung des Berufsfeldes<br />
mit Journalisten, die ein Praktikum und/oder ein Volontariat absolviert haben, im<br />
Vergleich zum gesamten Berufsstand etwas geringer ist. Insgesamt können 74 Prozent<br />
der Auslandskorrespondenten einen Studienabschluss vorweisen, wobei auch dieser<br />
Wert nur leicht über dem Durchschnitt liegt (69 Prozent, vgl. Weischenberg, Scholl &<br />
Malik 2005: 2). Die These vom besonderen Ausbildungsprofil lässt sich demnach für<br />
deutsche Auslandskorrespondenten nicht halten.<br />
Tabelle 1: Journalistische Ausbildungswege (N=176, Mehrfachnennungen möglich)<br />
420<br />
Auslandskorrespondenten<br />
Journalisten in<br />
Deutschland*<br />
Hospitanz / Praktikum 46,6 % 68,7 %<br />
Volontariat 42,6 % 62,4 %<br />
Studium der <strong>Kommunikations</strong>- und <strong>Medien</strong>wissenschaft,<br />
Publizistik<br />
18,8 % 17,1 %<br />
Journalistenschule 16,5 % 13,7 %<br />
Studium der Journalistik 10,8 % 13,5 %<br />
keine journalismusrelevante Ausbildung<br />
* Quelle: Weischenberg, Scholl & Malik (2005: 2)<br />
18,8 % k. A.<br />
Unter den Auslandskorrespondenten, die ein Fachstudium absolviert haben, rangieren<br />
die historisch-philologischen Fächer mit 42 Prozent vor den politikwissenschaftlichen<br />
(37 Prozent) und den wirtschaftswissenschaftlichen Studienrichtungen (28 Prozent).<br />
Vielfach wurde auch eine Kombination aus diesen (und anderen) Fächern studiert.<br />
Unter den historisch-philologischen Fächern spielen insbesondere die Geschichtswissenschaft<br />
(25 Prozent) sowie kulturspezifische Philologien (Afrikanistik, Japanologie,<br />
Romanis tik, Sinologie etc.) eine herausragende Rolle. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass<br />
ein regionalspezifisches Fachstudium für jene Auslandskorrespondenten, die ein kulturell<br />
recht kohärentes Berichtsgebiet bearbeiten, von großem Vorteil ist. Für diejenigen<br />
Auslandkorrespondenten, die sich mit einem ausgedehnten und zum Teil sehr heterogenen<br />
Berichtsgebiet (z. B. „Afrika“ oder „Ost-, Südost- und Südasien“) konfrontiert<br />
sehen, ist eine solche berufliche Vorbereitung jedoch kaum möglich.
Junghanns / Hanitzsch · Deutsche Auslandskorrespondenten im Profil<br />
4.3 Standortwahl bestätigt Eurozentrismus der Nachrichtengeografie<br />
Die wenigsten <strong>Medien</strong>betriebe in Deutschland leisten sich ein ähnlich ausgedehntes<br />
Korrespondentennetz wie die ARD (25 Standorte) und der Spiegel (22). Einzig die<br />
Deutsche Presseagentur (dpa) unterhält ein eng gewebtes Korrespondentennetz, das auf<br />
immerhin 120 Standorten in 105 Ländern aufbaut – davon allein sieben in den USA. In<br />
anderen <strong>Medien</strong>betrieben erreichen die Berichterstattungsgebiete deutscher Auslandskorrespondenten<br />
daher zuweilen gigantische geografische Ausmaße. Dabei werden<br />
nicht selten politisch und kulturell heterogene Einheiten gebündelt, wie etwa das arabisch-islamisch<br />
geprägte Nordafrika mit dem subsaharischen Afrika. Durchschnittlich<br />
müssen die Korrespondenten, die an unserer Studie teilgenommen haben, das Geschehen<br />
in etwas mehr als sieben Ländern im Auge behalten. 7<br />
Besonders ausgedehnte Berichterstattungsgebiete bearbeiten dabei Afrika-Korrespondenten,<br />
die oft von Nairobi und Johannesburg aus operieren, sowie ihre Kollegen,<br />
die für Lateinamerika (aus Rio de Janeiro) oder Australien und den pazifischen Raum<br />
(aus Melbourne) zuständig sind. Immerhin neun Prozent der befragten Auslandskorrespondenten<br />
müssen über mehr als 20 Länder berichten, 16 Prozent über elf bis 20<br />
Länder. Üblicherweise berichten Korrespondenten über ein Berichterstattungsgebiet,<br />
das zwischen zwei und fünf Länder (38 Prozent) bzw. zwischen sechs und zehn Länder<br />
(19 Prozent) umfasst. Nur 17 Prozent derer, die an der Studie partizipiert haben, berichten<br />
über ein einziges Land. Hierunter befinden sich vor allem EU-Berichterstatter und<br />
USA-Korrespondenten.<br />
Eine Übersicht über die Haupt-Berichterstattungsgebiete bestätigt das Bild, das Forschungen<br />
zur deutschen Nachrichtengeografie gezeichnet haben (vgl. u.a. Schmidt &<br />
Wilke 1998: 178ff.). Der Standort Europa dominiert erwartungsgemäß unter den Auslandsbüros<br />
(vgl. Tabelle 2). Dahinter folgen der von Konflikten überschattete Nahe und<br />
Mittlere Osten sowie Asien, das vermutlich wegen seiner zunehmenden Wirtschaftskraft<br />
stärker Bedeutung erlangt. Damit schlägt sich die Europa-Dominanz zumindest<br />
nominell auch in der Verteilung der Korrespondentenbüros nieder. Allerdings wird die<br />
EU-Berichterstattung im Zuge des europäischen Integrationsprozesses zunehmend eine<br />
Tabelle 2: Korrespondenten nach Haupt-Berichterstattungsgebieten (N=176)<br />
Haupt-Berichterstattungsgebiet Anteil Auslandskorrespondenten<br />
Europa 44,9 %<br />
Naher und Mittlerer Osten 18,2 %<br />
Asien* 11,4 %<br />
Nordamerika 7,4 %<br />
Afrika 6,3 %<br />
Lateinamerika 5,7 %<br />
GUS-Staaten 4,0 %<br />
Australien und Pazifik 2,3 %<br />
* Dieser Raum schließt die Länder Asiens ohne GUS und den Nahen/Mittleren Osten ein. Im Wesentlichen<br />
sind dies Ost-, Süd- und Südostasien sowie Teile Zentralasiens.<br />
7 Bei EU-Korrespondenten, die überwiegend von Brüssel aus berichten, wurde die Zahl der Länder<br />
auf 1 gesetzt. „Palästina“ wurde als Land gezählt, auch wenn es sich nicht um einen unabhängigen<br />
Staat handelt.<br />
421
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Sonderstellung einnehmen, die zwischen Inlands- und Auslandsberichterstattung anzusiedeln<br />
ist.<br />
Die Grenzen zwischen den Haupt-Berichterstattungsgebieten sind dabei nicht selten<br />
durchlässig. Manche Korrespondenten müssen Nordamerika mit dem US-amerikanisch<br />
stark beeinflussten Mittelamerika kombinieren, andere berichten von Singapur aus über<br />
ganz Südostasien, Australien und Neuseeland und müssen oft beträchtliche geografische<br />
Distanzen überwinden. In einigen Fällen bedienen Journalisten den Nahen und<br />
Mittleren Osten plus das arabisch-islamisch geprägte Nordafrika, wohingegen vor allem<br />
auf Kriegsschauplätze spezialisierte Korrespondenten neben dem Nahen und Mittleren<br />
Osten auch über Afghanistan und Pakistan berichten – sehr wahrscheinlich, weil beide<br />
Länder im Kampf gegen den islamistischen Terror eine wichtige Rolle spielen. Typische<br />
Länderkombinationen sind Großbritannien und Irland sowie die USA mit Kanada.<br />
Häufig bilden die skandinavischen Länder ein gemeinsames Berichterstattungsgebiet,<br />
ebenso Osteuropa und die Balkanstaaten, wobei die Korrespondenten nicht selten in<br />
Wien stationiert sind.<br />
In vielen Fällen müssen Auslandskorrespondenten über ein politisch, wirtschaftlich,<br />
kulturell und sozial heterogenes Gebiet berichten, was eine hinreichende Vorbereitung<br />
im Hinblick auf Länder- und Sprachkompetenz von vornherein unmöglich macht. Dies<br />
könnte möglicherweise über Erfahrung kompensiert werden, die sich Korrespondenten<br />
über eine langjährige Tätigkeit im jeweiligen Berichtsgebiet aneignen können. Im<br />
Durchschnitt berichteten die befragten Journalisten bereits seit reichlich sieben Jahren<br />
aus ihrem derzeitigen Berichtsgebiet. Immerhin 58 Prozent können eine Erfahrung von<br />
fünf und mehr Jahren vorweisen, und 25 Prozent sind bereits seit mindestens zehn Jahren<br />
in der Region tätig.<br />
Die von uns befragten Auslandskorrespondenten waren überwiegend hauptberuflich<br />
tätig (93 Prozent) und bei mindestens einem <strong>Medien</strong>unternehmen fest angestellt (60 Prozent).<br />
Etwa 24 Prozent der Korrespondenten arbeiten als feste Freie und 16 Prozent als<br />
freie Journalisten. Gelegentlich sind festangestellte Auslandskorrespondenten noch frei<br />
für andere <strong>Medien</strong> tätig, dies war in reichlich zwei Prozent der befragten Journalisten der<br />
Fall. Nach den vorliegenden Befunden zu urteilen, ist die Zahl der Ausländer unter den<br />
Korrespondenten („foreign foreign correspondents“, Hamilton & Jenners 2004) relativ<br />
gering. Am höchsten ist er allerdings unter den freien Journalisten, wovon wahrscheinlich<br />
insbesondere auf Honorarbasis tätige freiberufliche Korrespondenten („Stringer“)<br />
erfasst werden, die als Ortsansässige die Korrespondentenbüros mit Informationen und<br />
Texten versorgen. Leider liegen für die Vergangenheit keine Zahlen vor, so dass in diesem<br />
Beitrag keine Aussagen über eventuelle Veränderungen in den Anstellungsverhältnissen<br />
getroffen werden können.<br />
4.4 Verständigungsorientierter neutraler Informationsvermittler dominiert<br />
Die von Nafroth (2002) aufgestellte These, dass es die für deutsche <strong>Medien</strong> berichtenden<br />
Auslandskorrespondenten für extrem wichtig halten, komplexe Sachverhalte zu erklären<br />
sowie Zusammenhänge und Bezüge herzustellen, findet sich in der vorliegenden Studie<br />
bestätigt (vgl. Tabelle 3). 8 Allerdings rangiert das Verständnis der neutralen und präzisen<br />
Information auf dem vordersten Platz. Etwas weiter abgeschlagen befinden sich die<br />
Intentionen, dem Publikum Hilfe bei dessen Meinungsbildung anzubieten, schnell zu<br />
informieren, Nachrichten zu liefern, die für ein möglichst breites Publikum interessant<br />
8 Skala: 1 = „Aussage trifft auf mich vollkommen zu“ … 5 = „Aussage trifft nicht zu“.<br />
422
Junghanns / Hanitzsch · Deutsche Auslandskorrespondenten im Profil<br />
sind, sowie (politische) Missstände aufzudecken. Wichtig scheint deutschen Auslandskorrespondenten<br />
auch ein Verständnis zu sein, wonach Auslandsjournalismus eine aktive<br />
Rolle bei der Prägung der Wahrnehmung des Auslands spielen soll. Demnach wollen<br />
Auslandskorrespondenten Verständnis und Problembewusstsein für das Berichtsland<br />
fördern sowie Interesse für das Berichtsgebiet wecken. Weitere <strong>Kommunikations</strong>ziele,<br />
die ein solches, eher interventionistisches Rollenverständnis anzeigen, rangieren eher im<br />
Mittelfeld: „Vorurteile und Berührungsängste gegenüber dem Berichtsland abbauen“,<br />
„als Mittler zwischen dem Berichtsgebiet und Deutschland fungieren“ sowie „einen<br />
Dialog herstellen und Verständigung ermöglichen“. Allerdings zeigt die hohe Standardabweichung<br />
für das Mittler-Verständnis (s=1,23), dass dieser Punkt unter den befragten<br />
Journalisten am umstrittensten war. Insgesamt für weniger wichtig erachten Auslandskorrespondenten<br />
ein meinungsbetontes und anwaltschaftliches Rollenverständnis sowie<br />
die Versorgung des Publikums mit Unterhaltung und Entspannung.<br />
Tabelle 3: Rollenverständnis von Auslandskorrespondenten (N=154, Mittelwerte)<br />
<strong>Kommunikations</strong>ziele Frauen Männer gesamt<br />
das Publikum möglichst neutral und präzise informieren 1,62 1,56 1,57<br />
komplexe Sachverhalte erklären 1,62 1,70 1,68<br />
Zusammenhänge und Bezüge herstellen 1,51 1,74 1,69<br />
Verständnis und Problembewusstsein für das Berichtsland<br />
fördern<br />
1,58 1,83 1,78<br />
Interesse für das Berichtsgebiet wecken 1,62 2,01 1,93<br />
dem Publikum Hilfe bei der Meinungsbildung anbieten 2,03 1,95 1,97<br />
das Publikum möglichst schnell informieren 2,21 2,07 2,10<br />
Nachrichten liefern, die für ein möglichst breites Publikum<br />
interessant sind<br />
2,16 2,22 2,21<br />
Vorurteile und Berührungsängste gegenüber dem Berichtsland<br />
abbauen<br />
1,82 2,45 2,31<br />
als Mittler zwischen dem Berichtsgebiet und Deutschland<br />
fungieren<br />
2,39 2,51 2,49<br />
(politische) Missstände aufdecken 2,21 2,73 2,62<br />
einen Dialog herstellen und Verständigung ermöglichen 2,38 2,84 2,75<br />
„normalen“ Leuten die Chance geben, ihre Meinung zu sagen 2,86 3,23 3,15<br />
mich für Benachteiligte in der Bevölkerung einsetzen 2,97 3,33 3,25<br />
dem Publikum Unterhaltung und Entspannung bieten 3,53 3,36 3,39<br />
eine persönliche Sicht auf das Geschehen mitteilen 3,18 3,46 3,40<br />
Themen auf die (politische) Agenda setzen 3,68 3,76 3,74<br />
einen Gegenpart zu den Bereichen Politik und Wirtschaft zu<br />
bilden<br />
3,49 3,89 3,80<br />
Aus den vorliegenden Befunden lässt sich folgern, dass die für deutsche <strong>Medien</strong> berichtenden<br />
Auslandskorrespondenten wie ihre Kollegen im Inland hauptsächlich dem<br />
Verständnis des neutralen und objektiven Informationsvermittlers zuneigen, dabei jedoch<br />
durchaus verständigungsorientiert wirken wollen. Ihre Rolle als unmittelbarer<br />
Augenzeuge des Geschehens vor Ort schließt im Verständnis vieler Berichterstatter den<br />
Auftrag mit ein, beim Publikum Interesse für das Berichtsgebiet und insbesondere für<br />
423
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
dessen spezifische Probleme zu wecken. Allerdings neigen Auslandskorrespondenten<br />
dabei weniger zu der Auffassung, dass es wichtig sei, auf eine Veränderung politischer<br />
Zustände hinzuwirken, sei es durch gezielte Themensetzungen oder eigene Meinungsäußerungen.<br />
Zudem lassen sich einige Segregationslinien ausmachen, die zwischen die befragten<br />
Auslandskorrespondenten quer hindurch gehen. Zum einen gibt es Hinweise darauf,<br />
dass Journalisten, die überwiegend aus Entwicklungs- und Schwellenländern berichten,<br />
stärker ein verständigungsorientiertes und anwaltschaftliches Rollenverständnis<br />
betonen. Sie wollen mehr als andere das Verständnis und Problembewusstsein für die<br />
Berichtsregion fördern ( – x =1,65 vs. – x =1,88), Vorurteile und Berührungsängste abbauen<br />
( – x =2,07 vs. – x =2,51), sich für Benachteiligte in der Bevölkerung einsetzen ( – x =3,00 vs.<br />
–<br />
x =3,47), einen Gegenpart zu Politik und Wirtschaft bilden (=3,61 vs. – x =3,97) sowie<br />
„normalen“ Leuten die Chance zur Meinungsartikulation geben ( – x =3,01 vs. – x =3,27).<br />
Darüber hinaus neigen insbesondere weibliche Auslandskorrespondenten stärker zu<br />
einem Selbstverständnis der Verständigung, Kontextualisierung, kritischen Kontrolle<br />
und Meinungsäußerung. Korrespondentinnen setzen sich stärker als ihre männlichen<br />
Kollegen dafür ein, Vorurteile und Berührungsängste abzubauen, Interesse für das Berichtsgebiet<br />
zu wecken, einen Dialog herzustellen sowie Verständnis und ein Problembewusstsein<br />
für das Berichtsland zu fördern. Darüber tendieren sie stärker zu einem<br />
anwaltschaftlichen, politischen und meinungsbetonten Rollenverständnis (vgl. Tabelle<br />
3). Dies steht im Widerspruch zu Befunden aus allgemeinen Journalistenbefragungen,<br />
wonach das Geschlecht im Hinblick auf das berufliche Rollenverständnis von eher untergeordneter<br />
Bedeutung ist (vgl. Scholl & Weischenberg 1998: 251ff.). Welche Gründe<br />
für das unterschiedliche Selbstverständnis verantwortlich sind, sollte durch weitere Forschungen<br />
aufgeklärt werden.<br />
Um der Frage nach möglichen Unterschieden zwischen deutschen Auslandskorrespondenten<br />
und ihren Kollegen im Inland nachzugehen, erschien es sinnvoll, die Stichprobe<br />
auf jene 154 Journalisten zu reduzieren, die sich als deutsche Staatsbürger ausgewiesen<br />
haben. Andernfalls wäre die Gefahr zu groß, dass die betrachteten Differenzen<br />
von kulturellen Faktoren überlagert werden, die sich aus der Zugehörigkeit zu verschiedenen<br />
nationalen Kontexten erklären. Der Vergleich mit Befunden aus der ersten Studie<br />
„Journalismus in Deutschland“ (die neueren Befunde zum Rollenverständnis sind noch<br />
nicht publiziert) mag hier trotz des großen zeitlichen Abstandes beider Datenerhebungen<br />
(12 Jahre) nicht ganz so prekär erscheinen, da es Anzeichen dafür gibt, dass sich<br />
journalistische Rollenverständnisse selbst über einen längeren Zeitraum hinweg nicht<br />
dramatisch verändern (Weaver et al. 2006).<br />
Eine Gegenüberstellung der Daten deutet auf überraschend starke Unterschiede<br />
zwischen deutschen Auslandskorrespondenten und ihren Kollegen im Inland hin (vgl.<br />
Tabelle 4). Auslandskorrespondenten halten es für wichtiger, ihr Publikum möglichst<br />
neutral und präzise zu informieren sowie komplexe Sachverhalte zu erklären. Dahinter<br />
steht das konventionelle Konzept des neutralen und objektiven Berichterstatters, der –<br />
ausgerüstet mit fundiertem Hintergrundwissen – das Geschehen im Ausland erklärt und<br />
in komplexe Zusammenhänge einordnet. Die abschließende Bewertung der Ereignisse<br />
wird dabei zumeist der Heimatredaktion überlassen. Deutsche Auslandskorrespondenten<br />
möchten deutlich weniger als ihre Kollegen im Inland ihren persönlichen Blick auf<br />
das Geschehen in die Berichterstattung einfließen lassen. Darüber hinaus erachten sie<br />
es für besonders wichtig, mit ihren journalistischen Beiträgen ein möglichst breites Publikum<br />
anzusprechen. Dies ist möglicherweise im Zusammenhang mit dem sehr stark<br />
verständigungsorientierten Rollenverständnis von Auslandskorrespondenten zu sehen.<br />
424
Junghanns / Hanitzsch · Deutsche Auslandskorrespondenten im Profil<br />
Weniger wichtig als ihren Kollegen in der Heimatredaktion scheint Auslandskorrespondenten<br />
jedoch ein anwaltschaftliches Selbstverständnis zu sein, das sich auf Benachteiligte<br />
in der Bevölkerung sowie die Artikulationschancen von „normalen“ Leuten<br />
richtet. Auch geht es ihnen weniger darum, bestimmte – möglicherweise politische<br />
– Themen auf die Agenda zu setzen sowie einen Gegenpart zu den Bereichen Politik und<br />
Wirtschaft zu bilden. Der von dem renommierten ehemaligen BBC-Korrespondenten<br />
Martin Bell (1997) propagierte „journalism of attachment“, der versucht, durch aktive<br />
Themensetzung bestimmte politische Entscheidungen herbeizuführen (z. B. 1999 den<br />
NATO-Einsatz im Kosovo), scheint unter Auslandskorrespondenten insgesamt nur<br />
eine marginale Rolle zu spielen. Im Ausland tätige Berichterstatter legen zudem ungleich<br />
weniger Wert darauf, ihrem Publikum Unterhaltung und Entspannung zu bieten, was<br />
sich leicht mit der Dominanz von politischen Auslandskorrespondenten erklären lässt.<br />
Tabelle 4: Rollenverständnis von Auslandskorrespondenten mit deutschem Pass im<br />
Vergleich (N=154, Mittelwerte)<br />
<strong>Kommunikations</strong>ziele Auslandskorrespondenten*<br />
das Publikum möglichst neutral und präzise<br />
informieren<br />
Journalisten in<br />
Deutschland**<br />
1,57 1,97<br />
komplexe Sachverhalte erklären 1,66 1,97<br />
Nachrichten liefern, die für ein möglichst breites<br />
Publikum interessant sind<br />
2,19 2,60<br />
das Publikum möglichst schnell informieren 2,04 2,01<br />
„normalen“ Leuten die Chance geben, ihre<br />
Meinung zu sagen<br />
3,24 2,88<br />
mich für Benachteiligte in der Bevölkerung<br />
einsetzen<br />
3,34 2,74<br />
meinen persönlichen Blick auf die Geschehnisse<br />
mitteilen<br />
3,41 3,20<br />
dem Publikum Unterhaltung und Entspannung<br />
bieten<br />
3,42 2,72<br />
Themen auf die (politische) Agenda setzen 3,75 3,55<br />
einen Gegenpart zu den Bereichen Politik und<br />
Wirtschaft zu bilden<br />
3,83 3,05/3,36***<br />
* Nur mit deutscher Staatsbürgerschaft<br />
** Quelle: Weischenberg, Löffelholz & Scholl (1998: 243f.)<br />
*** Gegenpart zu Politik 3,05 – Gegenpart zur Wirtschaft 3,36<br />
5. Resümee und Ausblick<br />
Die vorliegenden Befunde sind ein kleiner Schritt zu einem besseren Verständnis von<br />
Auslandskorrespondenten, die für deutsche <strong>Medien</strong> tätig sind. Auch wenn die Daten<br />
trotz des Stichprobenumfanges (N=176) keinen Anspruch auf Repräsentativität erheben<br />
können: Auf den ersten Blick scheint sich tatsächlich zu bestätigen, dass jene, die uns<br />
vor Ort mit Informationen über das Ausland versorgen, im Gesamtkonzert der deutschen<br />
Journalisten eine besondere Subgruppe bilden. Auslandskorrespondenten sind<br />
im Durchschnitt älter und erfahrener, stärker als andere Bereiche des Journalismus wird<br />
425
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
diese Domäne von Männern dominiert. Aufgrund der komplexen Anforderungen der<br />
Tätigkeit ist Auslandskorrespondenz auch kein Feld für Berufseinsteiger.<br />
Darüber hinaus setzen Auslandskorrespondenten stärker auf ein Rollenverständnis,<br />
das auf die Kontextualisierung und Einordnung des Auslandsgeschehens setzt sowie<br />
die kulturelle Verständigung mit der Berichtsregion im Auge behält. Damit konnte die<br />
vorliegende Untersuchung eine bislang von der Journalismusforschung weitgehend<br />
ignorierte Dimension der beruflichen Rollenselbstwahrnehmung herausarbeiten: eine<br />
Verständnis- und Dialogorientierung. Ein solches, eher interventionistisches Rollenverständnis<br />
weist den Auslandskorrespondenten eine aktive Rolle bei der Prägung der<br />
Auslandswahrnehmung sowie bei der Herstellung von Problembewusstsein und dem<br />
Abbau von Vorurteilen zu. Ob dies genügt, um Auslandskorrespondenten als eigenständige<br />
„Kultur“ (Hess 2001; Pedelty 1995) oder als „Volk“ von Gleichgesinnten (Hannerz<br />
2004) zu kennzeichnen, ist allerdings angesichts der von uns ermittelten Unterschiede<br />
zwischen den befragten Korrespondenten – insbesondere die Differenzen zwischen<br />
Journalistinnen und ihren männlichen Kollegen – mehr als zweifelhaft. Besondere Ausbildungswege<br />
sind im deutschen Auslandsjournalismus zudem ebenfalls nicht erkennbar,<br />
was sicherlich dem Umstand geschuldet ist, dass viele Korrespondenten über ein<br />
geografisch ausgedehntes und kulturell heterogenes Gebiet berichten müssen, womit<br />
eine spezifische Vorbereitung (Fachstudium, Sprachkenntnisse etc.) oft kaum möglich<br />
ist. Wenn journalistische Kulturen unausgesprochene Konventionen im Hinblick auf<br />
die berufliche Selbstwahrnehmung anleiten, so gilt dies – zumindest zum gegenwärtigen<br />
Zeitpunkt – nicht für Auslandskorrespondenten, dazu sind die einzelnen Rollenverständnisse<br />
der befragten Journalisten zu unterschiedlich ausgefallen.<br />
Künftige Forschungen zu Auslandskorrespondenten sollten die Heimatredaktionen<br />
noch stärker in die Betrachtung mit einbeziehen, um den Prozess der Aussagenentstehung<br />
im Auslandsjournalismus vollständiger abbilden zu können. Im Vordergrund<br />
sollte hierbei die Problematik der redaktionellen Organisation stehen: Wie funktioniert<br />
die Abstimmung mit der Heimatredaktion? Wie sehen die Entscheidungsabläufe aus?<br />
Welche Rolle spielen Auslandskorrespondenten bei der Auswahl von Themen und Berichterstattungsperspektiven?<br />
Wie hoch ist der Grad der redaktionellen Unabhängigkeit<br />
von Auslandsberichterstattern? Was geschieht, wenn Korrespondenten in Konflikt mit<br />
ihrer Redaktion geraten?<br />
Um die Forschung über Auslandskorrespondenten besser an die – weitgehend inhaltsanalytisch<br />
gespeiste – Diskussion über Nachrichtenflüsse und Nachrichtenwerte<br />
anzuschließen, wäre zu fragen, welchen Berichterstattungsthemen Korrespondenten<br />
das höchste Gewicht geben. Damit wäre u. a. zweifelsfrei zu belegen, inwieweit die<br />
Dominanz von Konflikten, Katastrophen und Sensationen tatsächlich auf das Wirken<br />
von Auslandskorrespondenten als Individuen zurückgeht oder ob – was neuere Forschungen<br />
nahe legen (vgl. u. a. Richter 1999; Wolfsfeld 1997) – es sich nicht eher um ein<br />
strukturelles Problem des Journalismus handelt. Hierfür müssten allerdings inhaltsanalytische<br />
Daten mit Befragungsdaten verknüpft werden, denn nur so lässt sich das in der<br />
Journalismusforschung bislang ungelöste Problem der Handlungsrelevanz von beruflichen<br />
Einstellungen lösen. Darüber hinaus hält die qualitative Forschung eine Vielzahl<br />
von Ansätzen und Methoden bereit, um eine „dichte Beschreibung“ des Arbeitsalltages<br />
und der Karrierewege von Auslandskorrespondenten zu liefern. Hier sind insbesondere<br />
ethnografische Redaktionsstudien gefragt, wie sie u. a. Hannerz (2004) ausgearbeitet<br />
hat. Damit wären nicht zuletzt auch Rückschlüsse auf die besondere Situation von freiberuflichen<br />
Auslandskorrespondenten möglich, die das Bild des Auslandsjournalismus<br />
immer stärker prägen.<br />
426
Literatur<br />
Junghanns / Hanitzsch · Deutsche Auslandskorrespondenten im Profil<br />
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M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
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428
Junghanns / Hanitzsch · Deutsche Auslandskorrespondenten im Profil<br />
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429
Molekulare Medizin in deutschen<br />
TV-Wissenschaftsmagazinen<br />
Ergebnisse von Journalisteninterviews und Inhaltsanalysen<br />
Jutta Milde und Georg Ruhrmann<br />
Die Molekulare Medizin kann als ein Beispiel für wissenschaftlich-technischen Fortschritt<br />
dienen, der in seinen gesellschaftlichen Konsequenzen stark umstritten ist. Wie bei nahezu<br />
allen wissenschaftlich-technischen Themen fehlt der Mehrheit der Bevölkerung das<br />
notwendige Fachwissen für eine unmittelbare Beobachtung aktueller Entwicklungen.<br />
Das öffentliche Bild der Molekularen Medizin wird deshalb von den Massenmedien<br />
geprägt, insbesondere durch das Fernsehen. Daher sind Erkenntnisse über die Art und<br />
Weise der TV-Berichterstattung zum Thema Molekulare Medizin auch für die generelle<br />
Frage nach der Rolle des Wissenschaftsjournalismus in modernen Gesellschaften relevant.<br />
Empirische Basis der hier vorgestellten Studie sind zum einen Leitfadengespräche<br />
mit TV-Wissenschaftsjournalisten, in denen diese nach Rollenverständnis, Selektionskriterien<br />
und Darstellungsprinzipien befragt wurden. Zum anderen wurden 203 Magazinbeiträge<br />
zum Thema Molekulare Medizin über den Zeitraum von 1995 bis 2004<br />
inhaltsanalytisch ausgewertet und typisiert. Die Ergebnisse zeigen, dass die untersuchten<br />
Wissenschaftsmagazine zwar eine stark personalisierte, jedoch vorrangig informationsvermittelnde<br />
Wissenschaftsberichterstattung präsentieren. Kritische Aussagen oder kontroverse<br />
Darstellungen werden weitgehend vernachlässigt. Es ist mehr von Nutzen denn<br />
von Risiken die Rede. Abschließend wird ein kurzer Forschungsausblick mit relevanten<br />
Fragestellungen gegeben.<br />
Schlagwörter: Wissenschaftsberichterstattung, Fernsehmagazine, Inhaltsanalyse, Journalisteninterviews,<br />
Molekulare Medizin, Typologie<br />
1. Konfliktpotenzial der Molekularen Medizin und die Darstellung in den<br />
Massenmedien<br />
Molekulare Medizin ist eine neue Forschungsrichtung, die die Molekulare Biologie<br />
mit der Medizin verbindet und das Ziel verfolgt, Krankheiten auf den Ebenen von modifizierter<br />
DNA, RNA und entsprechend veränderten Proteinen zu behandeln. Den<br />
entscheidenden Anstoß erfuhr die Molekulare Medizin aus dem bisher größten biologisch-medizinischen<br />
Forschungsvorhaben, dem Human Genome Project (HGP), das<br />
1990 startete (vgl. Buddecke 2002: 5). Das Human Genome Project hat das Ziel, einen<br />
genetischen Schaltplan zu entwickeln, der sämtliche Gene und ihre Stoffwechselprodukte<br />
sowie deren Wechselwirkungen im menschlichen Organismus beschreibt. Aus<br />
diesen Erkenntnissen sollen sich zielgerichtete Therapiemethoden entwickeln lassen<br />
(vgl. Evans 1999; BMBF 2001; Deutsches Humangenomprojekt 2003). Bereits heute<br />
sind schon zahlreiche Gene identifiziert, die als Mitverursacher z. B. von Mukoviszidose,<br />
Parkinson oder Brustkrebs gelten. Mit Hilfe von Gentests können so Wahrscheinlichkeiten<br />
einer Erkrankung diagnostiziert und anschließend therapiert werden.<br />
Damit gilt die Molekulare Medizin als großer Hoffnungsträger für die Behandlung<br />
bisher tödlich verlaufender Erkrankungen. Gleichzeitig birgt sie aber auch gesellschaftliches<br />
Konfliktpotenzial vor allem hinsichtlich ethischer, politischer und rechtlicher Aspekte.<br />
Die öffentliche Debatte konzentriert sich vor allem auf die Embryonen verbrau-<br />
430
Milde/Ruhrmann · Molekulare Medizin in deutschen TV-Magazinen<br />
chende Forschung und Präimplantationsdiagnostik (PID) (vgl. Kettner 2004). 1 Gegner<br />
der PID sehen den Eingriff in das menschliche Erbgut als Anmaßung des Menschen<br />
gegenüber Gott und der Natur oder verstehen darin einen Verstoß gegen die Menschenwürde<br />
(vgl. Zwick 1999; Reiter 2004). PID führt zu Befürchtungen, dass Wissenschaftler<br />
in ihrer Forschung an Embryonen oder bei Klonversuchen keine Grenzen kennen (vgl.<br />
Zwick 1999; Graumann/Poltermann 2004). Auf politischer und rechtlicher Ebene wird<br />
immer wieder das Verbot der PID thematisiert und über das Einfuhrverbot embryonaler<br />
Stammzellen nach Deutschland diskutiert.<br />
Von Seiten der Politik und Wirtschaft wurde häufig behauptet, Presse und Fernsehen<br />
seien in Deutschland durch eine allzu kritische und negative Berichterstattung für das<br />
negative Bild der Gentechnologie in der Öffentlichkeit verantwortlich (vgl. auch Kepplinger<br />
et al. 1991; Schenk 1999; Merten 1999; Görke/Ruhrmann 2003). Bereits in den<br />
1980er Jahren wurde kritisiert, dass Journalisten gerade bei Wissenschaftsthemen eine<br />
<strong>Medien</strong>realität konstruieren, in der sie die Komplexität des Gegenstandes zu sehr vereinfachen.<br />
Es wurde ihnen vorgeworfen, dass die ausgewählten Ereignisse oder Anlässe<br />
nicht die wissenschaftlichen Relevanzen widerspiegeln, dass sie auf bestimmte Akteure<br />
fokussieren und vielschichtige Prozesse in einfachen Ursachen- und Wirkungszusammenhängen<br />
darstellten. Häufig komme es auch zu pauschalen moralischen Bewertungen.<br />
Vorwiegend sei nur von Risiken, nicht aber vom Nutzen die Rede (vgl. Schanne/Meier<br />
1992; Ruhrmann 1992; Robins 2001) 2 . Doch inwieweit treffen diese Behauptungen auf<br />
das Thema Molekulare Medizin im Fernsehen zu?<br />
Die Öffentlichkeit erfährt von den Fortschritten der Molekularen Medizin und den<br />
damit verbundenen Debatten oftmals aus der <strong>Medien</strong>berichterstattung. Eine unmittelbare<br />
Beobachtung der medizinischen Entwicklung in den Fachmedien ist der Mehrheit<br />
der Bevölkerung mangels Fachwissen häufig nicht möglich. So werden die Massenmedien<br />
zu wichtigen Quellen wissenschaftlicher Information und nehmen damit eine<br />
Schlüsselfunktion in der öffentlichen Meinungsbildung zu kontroversen Fragen und<br />
Themen ein. Dies gilt besonders für das Fernsehen, da es die überwiegende Mehrheit<br />
der Bevölkerung erreicht und nach wie vor als Leitmedium gelten kann. 3 Inwieweit jedoch<br />
das Fernsehen bzw. einzelne Sendungen mit darüber entscheiden, welche Aspekte<br />
der Molekularen Medizin in der Öffentlichkeit oder zumindest für Teilpublika relevant<br />
werden, darüber ist bisher noch wenig bekannt.<br />
Vergleichende Analysen überregionaler europäischer Tageszeitungen aber auch Bevölkerungsumfragen<br />
belegen, dass das Thema Molekulare Medizin in vielen europäischen<br />
Ländern zunächst in den 1970er und frühen 1980er Jahren kontrovers und mit<br />
teilweise durchaus ähnlichen Mustern wahrgenommen wurde. Seit Mitte der 1990er<br />
änderte sich das Bild grundlegend (vgl. Gaskell et al. 1998; Bauer et al. 2001; Gaskell et<br />
al. 2001; Bauer/Bonfadelli 2002; Midden et al. 2002; Dahinden 2002; Kohring/Matthes<br />
2002). Humanmedizinische Forschung und deren Therapien werden nun vorwiegend<br />
positiv bewertet. Es ist häufiger von Nutzen und Chancen als von Risiken oder Gefährdungen<br />
die Rede (vgl. Gaskell et al. 2001; Bauer 2005 b; Singer et al. 2005). Diese<br />
1 Siehe zu international vergleichenden Studien zur Bevölkerungseinstellung gegenüber Biotechnologie<br />
und roter Gentechnik (Molekulare Medizin): Gaskell et al. 2001; Midden et al. 2002;<br />
Gaskell et al. 2002 sowie Bauer 2005 a.<br />
2 Oder die Bewertungen, Befürchtungen, Hoffnungen und Visionen werden fiktionalisiert und<br />
somit der politischen Debatte (zunächst) entzogen. Siehe dazu auch: Weingart et al. 2003.<br />
3 Laut MA 2005 II erreicht das Fernsehen an einem durchschnittlichen Wochentag 84,6 Prozent<br />
der bundesdeutschen Bevölkerung und weist damit die höchste Reichweite im Vergleich zu<br />
Hörfunk und Presse auf (vgl. Klingler/Müller 2005: 467).<br />
431
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Ergebnisse korrespondieren mit Befragungsergebnissen aus Deutschland über Einstellungen<br />
von Wissenschaftsjournalisten, welche die Humangenetik als besonders wichtiges<br />
Thema erachten (vgl. Schenk/Šonje 1998; Schenk 1999). Dabei orientieren sich die<br />
Journalisten an naturwissenschaftlichen Fragestellungen, räumen aber auch den Fragen<br />
zur gesellschaftlichen Akzeptanz und moralisch-ethischen Aspekten einen zentralen<br />
Stellenwert ein. Zugleich sehen sie sich selber als Befürworter humanmedizinischer Anwendungen.<br />
In der bisher in Deutschland einzigen vergleichenden TV- und Presse-Inhaltsanalyse<br />
zur Gentechnik belegt Merten (1999), dass auch die deutsche Fernsehberichterstattung<br />
im Rahmen der Gentechnikberichterstattung beim Thema Molekulare Medizin gesundheitliche<br />
Möglichkeiten betont. Risiken werden weitaus seltener diskutiert. Kommt es<br />
zu Risikobewertungen, so werden sie in einen ethischen und gesellschaftlichen Zusammenhang<br />
gestellt. Die Inhaltsanalysen zeigen auch, dass die Anwendungsorientierung<br />
der Gentechnik akzentuiert wird, indem „Betroffene“ – in der Regel Kranke – in die<br />
Berichterstattung einbezogen werden. Obwohl Wissenschaftler noch stärker repräsentiert<br />
sind, werden Wertungen, Argumente und Forderungen vorwiegend von den <strong>Medien</strong>vertretern<br />
selbst formuliert. Anscheinend übernehmen Journalisten stellvertretend<br />
die Funktion des öffentlichen Diskurses. Die Studie unterscheidet die Berichterstattung<br />
allerdings nicht nach Fernsehformaten. Um differenzierte Aussagen über die TV-Wissenschaftsberichterstattung<br />
treffen zu können, sollten jedoch die verschiedenen Fernsehformate<br />
und deren Zielsetzungen berücksichtigt und detaillierter betrachtet werden.<br />
Wesentliche Fragestellungen lauten dabei:<br />
(1) Welches Selbstverständnis legen Journalisten und Redaktionen zugrunde?<br />
(2) Welche Ziele verfolgen Journalisten mit ihrer jeweiligen Sendung?<br />
(3) Welche Selektionskriterien werden bei der Themenwahl angewendet?<br />
(4) Welche Darstellungsformen insbesondere der Art der Visualisierung gibt es und<br />
(5) Welche Aussagen werden in den unterschiedlichen Formaten getroffen?<br />
Um den o. g. Forderungen nachzukommen, interessiert sich diese Studie 4 besonders<br />
für das Format der TV-Wissenschaftsmagazine. Die Analyse der Magazine ist aus drei<br />
Gründen relevant. Zum einen nehmen Wissenschaftsmagazine eine zentrale Stellung in<br />
der populären Wissenschaftsberichterstattung ein, ihr genuines Ziel sind Berichte über<br />
wissenschaftliche Themen für ein interessiertes Laienpublikum. Zum anderen lässt sich<br />
seit einigen Jahren eine stete Zunahme von TV-Wissenschaftsmagazinen beobachten.<br />
Fernsehsender sprechen damit diesem Format eine wachsende Relevanz zu. Und drittens<br />
versucht die Studie eine Forschungslücke zu schließen, da sich die <strong>Medien</strong>analyse<br />
über Wissenschaftsberichterstattung bisher fast ausschließlich auf Printmedien und<br />
TV-Nachrichten beschränkte, über Wissenschaftsmagazine jedoch kaum Erkenntnisse<br />
vorliegen.<br />
2. Zur Entwicklung des TV-Formates „Wissenschaftsmagazin“<br />
Waren Wissenschaftsmagazine zunächst eine Domäne des öffentlich-rechtlichen Fernsehens,<br />
lässt sich seit Mitte der 1990er Jahre ein regelrechter Boom von Wissenschaftsmagazinen<br />
in Deutschland feststellen (vgl. Scholz/Göpfert 1998; Bullion 2004; Meier/Feldmeier<br />
2005). Die erste Wissenschaftssendung Schritt ins Weltall, die vom Ersten<br />
Deutschen Fernsehen ausgestrahlt wurde, ging bereits 1954 auf Sendung (vgl. Fünfgeld<br />
4 Das zugrunde liegende Projekt wurde vom Bildungsministerium für Bildung und Forschung<br />
(BMBF) gefördert.<br />
432
Milde/Ruhrmann · Molekulare Medizin in deutschen TV-Magazinen<br />
1997: 156). 1964 folgte das ZDF mit der Sendung Aus Forschung und Technik. Mit der<br />
Entstehung der Dritten Programme der ARD und deren Ausbau zu Vollprogrammen<br />
nahm das Angebot von regelmäßig ausgestrahlten Wissenschaftsmagazinen stetig zu<br />
(vgl. Hömberg 1990: 51f.). Seit 1996 bieten auch die privaten Fernsehsender Wissenschaftsmagazine<br />
an, da sie in Relation zu den Produktionskosten auf eine große Zuschauerresonanz<br />
stoßen.<br />
2.1 Magazinkonzepte aus der Sicht der TV-Wissenschaftsjournalisten<br />
Traditionell werden Wissenschaftsmagazine den Bereichen Information und/oder Bildung<br />
zugeordnet (vgl. Asper 1979). Hömberg stellt heraus, dass sich sowohl Chefredakteure<br />
und Programmdirektoren als auch Wissenschaftsjournalisten in erster Linie in der<br />
Pflicht sehen, Fakten zu vermitteln (Hömberg 1990: 93), auch die Untersuchung von<br />
Meier/Feldmann bestätigt dies. 5 Die Aufgabe des Wissenschaftsfernsehens wird traditionell<br />
darin gesehen, ein Forum bereitzustellen, in dem sich Wissenschaft präsentieren<br />
und die Genesis wissenschaftlicher Erkenntnisse verdeutlichen kann (vgl. Meutsch et al.<br />
1990: 14f.). 6 Eine neuere Entwicklung ist, dass Wissenschaftsjournalisten sich verpflichtet<br />
fühlen, politische, ethische oder wirtschaftliche Debatten in die Beiträge aufzunehmen<br />
(vgl. Meier/Feldmeier 2005). Wissenschaftsjournalisten stehen zwar immer noch in der<br />
Tradition eines Informationsvermittlers7 , sowohl die Kritik- als auch die Unterhaltungsfunktion<br />
wird jedoch zunehmend stärker betont. Dieses neue Selbstverständnis hat sich<br />
anscheinend noch nicht überall durchgesetzt. So warf jüngst beispielsweise der Wissenschaftsjournalist<br />
Liesen dem Wissenschaftsmagazin des WDR Quarks & Co. vor, dass es<br />
bisher „mit erstaunlicher Konstanz“ vermieden habe, „das Tun der hehren Wissenschaft<br />
kritisch zu hinterfragen“ (Liesen 2004: 6). Er schreibt weiter: „Während zum Beispiel<br />
die ethischen Abgründe des Klonens oder neuer Selektionsmethoden für ungeborenes<br />
Leben bereits den Bundestag beschäftigen, beschränkte sich Quarks & Co. zur gleichen<br />
Zeit in Sendungen wie „Neue Babys“ weitgehend darauf, dem Zuschauer zu erklären,<br />
wie die Reproduktion in Zukunft technisch und medizinisch so vor sich geht.“<br />
Wissenschaftsjournalisten des Fernsehens stehen einer besonderen Problematik gegenüber.<br />
Es geht darum, in erzählten und visualisierten Geschichten zu erklären, woher<br />
wir kommen, wer wir sind und wohin wir gehen. Die Frage nach der eigenen Existenz<br />
soll beantwortet und unser Schicksal beleuchtet werden (vgl. Kamp 2003: 9). Die Beiträge<br />
sollen dabei so aufgebaut sein, dass sie dem Kenntnisstand und den Bedürfnissen<br />
eines Laienpublikums entsprechen. Jedoch verlangen die steigende Anzahl der Wissenschaftsmagazine<br />
und der wöchentliche oder 14-tägige Senderhythmus immer wieder<br />
neue Themen und Ergebnisse, die die Wissenschaft in diesem Tempo nicht produzieren<br />
kann. Dies führt dazu, dass die zur Verfügung stehende Themenvariabilität für Journalisten<br />
eingeschränkt ist. Das Fernsehen reagiert darauf, indem es sein Augenmerk<br />
auf eine immer perfektere Visualisierung lenkt (vgl. Liesen 2004: 6), die mitunter bis<br />
5 In der Studie wurden u. a. 35 Wissenschaftsjournalisten gebeten, eine Einschätzung ihres Aufgabenbereiches<br />
abzugeben. Acht der befragten Teilnehmer waren Mitarbeiter von TV-Sendern.<br />
Die Ergebnisse der Studie werden medienübergreifend abgebildet und lassen sich nicht nach<br />
TV-Redakteuren differenzieren.<br />
6 Zitiert werden hier die Aussagen von Heinrich Schiemann (ehemaliger Leiter der Redaktion<br />
Naturwissenschaft und Technik beim ZDF) und Hans Lechleitner (ehemaliger Leiter der Redaktion<br />
des ARD-Magazins „Bilder der Wissenschaft“).<br />
7 Siehe umfassend zur Informationsfunktion des Wissenschaftsjournalismus im internationalen<br />
Vergleich: Kohring 2005.<br />
433
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
zur Angleichung der Bilder an die Vorstellungswelten der Zuschauer reicht (vgl. Kirby<br />
2003; Wiesing 2005). Gleichzeitig werden die Themen mit einem persönlichen Nutzwert<br />
für die Zuschauer versehen. Forschung und Wissenschaft werden in Verbindung mit<br />
Alltäglichem gezeigt, mit relevanten und praxisnahen Hinweisen oder Serviceleistungen<br />
(vgl. Hömberg/Yankers 2000). Die Themen werden dramaturgisch aufbereitet und<br />
anhand von Geschichten erzählt. Unterhaltsame Wissenschaftsberichterstattung wird<br />
damit zum Zugpferd der Wissenschaftsvermittlung (vgl. Schult 1990; Meutsch et al.<br />
1990; Freund/Köck 1994) und soll den Erfolg beim Zuschauer garantieren (vgl. Krüger<br />
2001: 213).<br />
2.2 Formale und inhaltliche Merkmale von Wissenschaftsmagazinen<br />
Kennzeichnend für das Magazinformat ist die Moderation, die unterschiedliche Elemente<br />
wie Interview, Kommentare und Bericht zu einer Sendung zusammenfügt (vgl. Fünfgeld<br />
1997; Kreutz 1995). Inhaltsanalysen ergaben jedoch, dass Wissenschaftsmagazine von<br />
klassischen Magazinbeiträgen dominiert werden. Kommentare und Glossen fehlen ganz<br />
(vgl. Scholz/Göpfert 1998; Hömberg/Yankers 2000). Ziel einer Wissenschaftssendung<br />
ist, sich der Präsentation von wissenschaftlichen Methoden, Forschungsergebnissen und<br />
Fachwissen zu widmen, diese zu erläutern und sich entweder auf einzelne Wissenschaftler<br />
oder auf bisheriges Basiswissen zu berufen (vgl. Göpfert 1996). Damit treten per Definition<br />
wissenschaftliche Akteure in den Mittelpunkt der Magazinbeiträge, die auch zu<br />
den häufigsten Handlungsträgern gehören (vgl. Hanel 1994; Hömberg/Yankers 2000).<br />
Eine umfassende Bestandsaufnahme der aktuell ausgestrahlten Wissenschaftsmagazine<br />
deutscher Vollprogramme im Vorabend- und Abendprogramm erfasst 20 Magazine,<br />
die laut AGF/GfK-Codierung8 und eigenen Recherchen wissenschaftliche Inhalte präsentieren<br />
(vgl. Tab. 1). Auffallend bei der Analyse ist, dass RTL II im Jahr 2005 gleich mit<br />
drei Magazinformaten startete. Allerdings lässt sich die quantitative Beschreibung des<br />
im deutschen Fernsehen ausgestrahlten Wissenschaftsanteils über eine solche Aufstellung<br />
nicht valide darstellen. Sie dient hier zunächst nur als Formatüberblick. Denn Wissenschaftsberichterstattung<br />
findet nicht nur in ausgewiesenen Magazinformaten statt,<br />
sondern auch in Reportagen, Features und Dokumentationen. Oder sie ist Bestandteil<br />
nicht-wissenschaftlicher Ratgeber- und Nachrichtensendungen oder fiktionaler Formate.<br />
Sowohl die Magazintitel als auch die Selbstklassifikationen der Sendungen deuten<br />
nicht nur auf eine Dynamisierung, sondern zugleich auf eine Popularisierung der Wissenschaftsberichterstattung<br />
hin, die seit dem Jahr 2000 zu beobachten ist. Die Titel versprechen<br />
Abenteuer, Faszination, alltagsbezogenes Wissen oder Wunder. Ein konkreter<br />
Bezug zur (Natur-)Wissenschaft wird mit den meisten Magazintiteln nicht oder nicht<br />
mehr hergestellt (vgl. Tab. 1). Seit dem Jahr 2000 lässt sich ein Wandel im Selbstverständnis<br />
der Wissenschaftsmagazine erkennen. Sie bezeichnen sich selber nicht mehr als Wissenschaftsmagazine,<br />
sondern als Wissens-, Alltags- oder Zukunftsmagazine. Begründet<br />
wird dies damit, dass die Magazine immer mehr von einem Zuschauer ausgehen, der keine<br />
spezifischen Interessen für Wissenschaft hat. Auf der Suche nach Antworten gelangen<br />
8 Die Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung (AGF) ist ein Zusammenschluss der Sender ARD,<br />
ProSiebenSat.1 Media AG, RTL und ZDF, die gemeinsam die kontinuierliche quantitative Fernsehzuschauerforschung<br />
in Deutschland durchführen und weiterentwickeln. Ein gemeinsamer<br />
Codeplan ist für alle TV-Sender bindend. Quelle der Sendungscodes: SWR <strong>Medien</strong>forschung/<br />
Programmstrategie.<br />
434
Milde/Ruhrmann · Molekulare Medizin in deutschen TV-Magazinen<br />
Tabelle 1: Wissenschaftsmagazine im Fernsehen (Stand März 2006)* 1<br />
Magazinsendung Sender Sendeplatz Periodizität<br />
W wie Wissen<br />
(ehemals Globus)<br />
ARD So.,<br />
17:03-17:30<br />
Abenteuer Wissen ZDF Mi.,<br />
22:15-23:15<br />
Joachim Bublath<br />
(ehemals<br />
Abenteuer<br />
Forschung)<br />
ZDF Mi.,<br />
22:15-22:45<br />
Nano 3sat Mo.-Fr.,<br />
18:30-19:00<br />
Faszination BR Do.,<br />
Wissen (ehemals<br />
Forscher – Fakten<br />
–Visionen)<br />
19:30-20:15<br />
Abenteuer Erde HR Mi.,<br />
21:15-21:45<br />
wöchentlich<br />
mono-/multihematische<br />
Struktur<br />
Selbstklassifikation<br />
Sendestart<br />
Multi Wissens magazin 2003<br />
3x/Monat Mono Wissens magazin 2003<br />
1x/Monat Mono Wissenschaftsmagazin<br />
täglich Multi Wissenschaftsmagazin<br />
wöchentlich<br />
wöchentlich<br />
Multi Wissenschaftsmagazin<br />
Multi Wissenschaftsmagazin<br />
Echt? MDR Di., 14-tägig Multi Wissenschafts-<br />
21:15 -21:45<br />
magazin<br />
Plietsch NDR Do.,<br />
18:15-18:45<br />
Ozon RBB Mi.,<br />
21:30-22:00<br />
Quarks & Co. WDR Di.,<br />
21:00-21:45<br />
Q21 – Das Wissensmagazin<br />
Odysso (ehemals<br />
WiesoWeshalb<br />
Warum)<br />
WDR Di.,<br />
21:00-21:45<br />
SWR Do.,<br />
22:00-22:30<br />
Future Trend RTL Mo.,<br />
23:30-00:00<br />
Gut zu wissen<br />
– dem Alltag auf<br />
der Spur<br />
Welt der Wunder<br />
– Schau Dich<br />
schlau<br />
RTLII So.,<br />
17:30-18:00<br />
RTLII So.<br />
18:00-19:00<br />
wöchentlich<br />
2004<br />
1999<br />
2003<br />
1999<br />
2005<br />
Multi Wissens magazin 2005<br />
14-tägig Multi Wissenschaftsmagazin<br />
14-tägig Mono Wissenschaftsmagazin<br />
1992<br />
1993<br />
14-tägig Mono Zukunftsmagazin 2004<br />
wöchentlich<br />
staffelweise<br />
wöchentlich<br />
wöchentlich<br />
Mono Wissens magazin 2006<br />
Multi Zukunftsmagazin 1997<br />
Multi Wissens magazin 2005<br />
Multi Alltags wissen 2005<br />
* Quellen: Onlinepräsentationen und Pressemappen der Magazine. Da die TV-Sender Arte, N24<br />
und N-TV keine Vollprogramme sind, werden deren Wissenschaftsmagazine nicht mit aufgeführt.<br />
Sendungen des Schulfernsehens oder des Telekollegs werden ebenfalls nicht erfasst.<br />
435
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Fortsetzung Tabelle 1<br />
Magazinsendung Sender Sendeplatz Periodizität<br />
Welt der Wunder RTLII So.,<br />
19:00-20:00<br />
Galileo Pro7 Mo. – Fr.,<br />
19:00-20:00<br />
Wunderwelt<br />
Wissen<br />
die Journalisten erst im zweiten Schritt in Wissenschaftsbereiche und zu Experten (vgl.<br />
Göpfert 2005: 39). Die veränderten Bezeichnungen der Magazine symbolisieren somit<br />
den Wandel einer Wissenschaftsvermittlung im Sinne einer Lehrstunde zu einer unterhaltsamen<br />
Wissensvermittlung für den Laien.<br />
Thematisch werden Wissenschaftsmagazine von Berichten aus Naturwissenschaft,<br />
Medizin und Technik dominiert (vg. Hanel 1994; Freund/Köck 1994; Scholz/Göpfert<br />
1998). Die vorgestellten Themen werden überwiegend positiv bewertet (vgl. Hömberg/<br />
Yankers 2000). Es bleibt dabei häufig unklar, warum über ein bestimmtes Thema berichtet<br />
wird (vgl. Hanel 1994). Für die Visualisierung wissenschaftlicher Vorgänge werden<br />
bevorzugt Graphiken und Trickfilme verwendet. Weitere medienspezifischen Gestaltungsmittel<br />
stellen Musik, Zeitlupe/Zeitraffer, Bildverfremdung, extreme Kameraführung<br />
und Wiederholungen dar (vgl. Scholz/Göpfert 1998; Hömberg/Yankers 2000).<br />
Über das Publikum der Wissenschaftsmagazine weiß man bis heute noch sehr wenig.<br />
Generell handelt es sich bei dem typischen Zuschauer schwerpunktmäßig um formal<br />
niedriger Gebildete mit Volks- und Hauptschulabschluss (vgl. Blödorn 2006). Formal<br />
höher Gebildete werden zwar überdurchschnittlich angesprochen, bilden jedoch nicht<br />
die Masse der Zuschauer. Die Zuschauer der öffentlich-rechtlichen Magazine sind durchschnittlich<br />
älter als 50 Jahre, die Zuschauer der privat-kommerziellen Magazine etwas<br />
jünger. Generell zeigt sich, dass die Magazine in der Regel gute Marktanteile erzielen (vgl.<br />
ebd.). Darüber hinaus liegen jedoch noch keine Erkenntnisse zu Rezeptionsgewohnheiten<br />
und Wirkungspotenzial der Wissenschaftsberichterstattung in TV-Magazinen vor.<br />
3. Das Themenfeld Molekulare Medizin aus der Sicht von TV-<br />
Wissenschaftsjournalisten<br />
Um für die inhaltsanalytische Untersuchung von Wissenschaftsmagazinen validere Kategorien<br />
zu gewinnen, wurden im Vorfeld der Untersuchung leitfadengestützte Experteninterviews<br />
durchgeführt. 9 Ausgewählte Wissenschaftsjournalisten wurden danach<br />
befragt,<br />
9 Siehe zum methodologischen Status von explorativen Voruntersuchungen: Druckman 2005: 3<br />
ff. Zu Leitfadeninterviews und methodischen Aspekten von Expertengesprächen als Leitfadeninterviews:<br />
Bogner/Menz 2005 sowie Trincek 2005.<br />
436<br />
Pro7 So.,<br />
19:00-20:00<br />
Planetopia SAT.1 So.,<br />
22:45-23:15<br />
Abenteuer Leben Kabel 1 Di.,<br />
22:15-23:15<br />
wöchentlich<br />
mono-/multihematische<br />
Struktur<br />
Selbstklassifikation<br />
Multi Wissenschaftsmagazin<br />
Sendestart<br />
2005<br />
täglich Multi Wissens magazin 1998<br />
wöchentlich<br />
wöchentlich<br />
wöchentlich<br />
Multi Wissens magazin 2005<br />
Multi Wissens magazin 1998<br />
Multi k. A. 2000
Milde/Ruhrmann · Molekulare Medizin in deutschen TV-Magazinen<br />
• welches Selbstverständnis sie bezüglich ihrer Rolle haben?<br />
• welche thematischen Auswahlmechanismen relevant werden?<br />
• welchen Stellenwert sie einzelnen Themen, Akteuren und deren Aussagen bei der<br />
Gestaltung einzelner Sendungen zuschreiben?<br />
• in welche größeren politischen und journalistischen Kontexte sie das Thema Molekulare<br />
Medizin stellen?<br />
• wie das Thema Molekulare Medizin stilistisch umgesetzt wird<br />
• und wie sich die Berichterstattung hierüber in den letzten zehn Jahren aus ihrer Sicht<br />
verändert hat bzw. zukünftig verändern wird?<br />
• Erhoben wurden zudem Herkunft und Verantwortungsbereich der befragten TV-<br />
Wissenschaftsjournalisten.<br />
Insgesamt wurden mit zwölf TV-Wissenschaftsjournalisten 60-minütige Leitfadeninterviews<br />
durchgeführt. Befragt wurden Journalisten mit redaktioneller Leitungsfunktion<br />
der öffentlich-rechtlichen und privat-kommerziellen Wissenschaftsmagazine. Alle<br />
verfügten über eine mindestens zehnjährige Tätigkeit im wissenschaftsjournalistischen<br />
Sektor und haben damit einen umfassenden Zugang zu Hintergrundinformationen (vgl.<br />
auch Meuser/Nagel 1991).<br />
Jedes der durch die befragten Journalisten repräsentierten Magazine hat innerhalb der<br />
letzten zehn Jahre relevante Beiträge zur Molekularen Medizin gesendet. Häufig sind<br />
einzelne Redaktionsleiter für mehrere Wissenschaftsmagazine verantwortlich. Tabelle<br />
2 zeigt Anzahl und Herkunft der Befragungsteilnehmer und deren Verantwortungsbereich.<br />
Somit repräsentieren die befragten Journalisten einen Großteil der im deutschen<br />
Fernsehen ausgestrahlten Wissenschaftsmagazine. 10<br />
Die Auswertung der in schriftlicher Form vorliegenden Interviews erfolgte mittels<br />
einer qualitativen Inhaltsanalyse (vgl. Mayring 2003), die eine Textinterpretation und<br />
systematisch qualitativ orientierte Textanalyse ermöglicht.<br />
Befragungsergebnisse<br />
Bei der Frage nach dem Rollenverständnis zeigt sich, dass alle befragten Wissenschaftsredakteure<br />
ihre Aufgabe darin sehen, Wissenschaft im Dienste des Zuschauers darzustellen.<br />
Dabei gehen die meisten Redakteure nicht davon aus, dass sie einen übermäßigen<br />
Einfluss auf die Meinungsbildung ihrer Zuschauer haben. Dies liegt nach ihren Aussagen<br />
auch gar nicht in ihrer Absicht. Sie verstehen sich in erster Linie als partnerschaftliche<br />
Wissensvermittler, die stellvertretend für den Zuschauer auf Informationssuche gehen.<br />
Dabei legen sie Wert auf eine beobachtende und neutrale Berichterstattung. Sie wollen<br />
die Zuschauer anhand sachlicher Berichterstattung informieren. Dies schließt jedoch<br />
nicht aus, dass z. B. gesellschaftliche oder politische Dimensionen in die Berichterstattung<br />
einbezogen werden.<br />
Alle befragten Journalisten gaben an, dass sie eine tagesaktuelle Berichterstattung<br />
nicht zu ihren Aufgaben zählen. Es geht um latent aktuelle Themen, die zu einem bestimmten<br />
Zeitpunkt gesellschaftliche Relevanz erhalten. Als wichtigster Indikator für<br />
die Relevanz eines Themas wird die Berichterstattung der überregionalen Printmedien,<br />
wie z. B. Der Spiegel, angegeben. Ebenso relevant sind bei neun von den zwölf Befragten<br />
persönliche (auch internationale) Kontakte zu befreundeten Journalisten oder<br />
Wissenschaftlern, die auf bestimmte Themen aufmerksam machen. Besondere Berücksichtigung<br />
finden Themen aus Medizin, Naturwissenschaft und Technik, die anhand von<br />
10 Die Redaktionsleitung von SAT.1 nahm aus zeitlichen Gründen an der Befragung nicht teil.<br />
437
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Tabelle 2: Sender und Wissenschaftsmagazine der befragten Journalisten<br />
Sender Wissenschaftsmagazin<br />
ARD/Das Erste (WDR) W wie Wissen und Globus<br />
ZDF Abenteuer Wissen<br />
ZDF Abenteuer Forschung<br />
3sat Nano<br />
Arte Archimedes<br />
NDR Prisma-Magazin<br />
MDR Lexi-TV<br />
WDR Quarks & Co.<br />
SWR Sonde und WiesoWeshalbWarum?<br />
HR Abenteuer Erde<br />
RTL Future Trend<br />
Kabel 1/ProSieben Abenteuer Leben und Welt der Wunder<br />
Alltagsphänomenen erklärt werden können. Ziel ist es, in den Beiträgen einen Überblick<br />
über das Thema zu geben. Die Vermittlung wissenschaftlicher Details spielt dagegen<br />
nur für wenige der Redakteure eine Rolle. Den Bezugspunkt für die Themenwahl und<br />
Themendarstellung bildet dabei für alle Journalisten die Lebens- und Alltagswelt des<br />
Zuschauers.<br />
Obwohl die Lebenswelt der Zuschauer eines der zentralen Auswahlkriterien zur<br />
Themenselektion und Themendarstellung bildet, zeigen die Interviews jedoch, dass die<br />
Redakteure über eher allgemeine und diffuse Publikumsvorstellungen verfügen. Generell<br />
wird von einem durchschnittlichen Publikum ausgegangen, das zu den späten<br />
Sendezeiten der Magazine wenig aufnahmebereit ist.<br />
Elf der zwölf Redakteure bewerten das Thema einstimmig als äußerst sperrig, komplex<br />
und schwer verständlich, da man mit diesem Thema in Bereiche vordringt, die<br />
außerhalb der Erfahrungswelt der Zuschauer liegen. Als berichtenswert wird die Molekulare<br />
Medizin dann angesehen, wenn sich konkret etwas ereignet, das das Thema<br />
für den Zuschauer interessant macht. Ausschlaggebendes Selektionskriterium für die<br />
Realisierung eines Beitrags ist deshalb das Vorhandensein von attraktiven, noch nicht<br />
gezeigten Bildern. Einigkeit herrscht darüber, dass es bei diesem Thema dramaturgisch<br />
notwendig ist, Geschichten von Menschen und ihren Schicksalen zu erzählen und mit<br />
entsprechenden Bildern – möglichst Realaufnahmen – zu unterstützen, um den Bezug<br />
zur Zuschauerwelt herstellen zu können. Diese sollen emotionalisieren und personalisieren<br />
(11 Nennungen) oder aber ungewohnt für den Zuschauer sein (7 Nennungen) und<br />
in einfachen Zusammenhängen transportiert werden.<br />
Animationen und Grafiken werden meistens als optisch uninteressant bewertet. Die<br />
Hälfte der Redakteure ist jedoch der Ansicht, dass sich diese vor allem bei der Vermittlung<br />
technischer Details und Grundlagen nicht vermeiden lassen. Ein weiteres wichtiges<br />
Element in der Wissenschaftsvermittlung ist der Moderator, der sich als Stellvertreter<br />
und Partner der Zuschauer präsentieren soll. Zu seinen Aufgaben gehört es, die Zuschauer<br />
einzuladen und zu zeigen, dass das Thema interessant ist. Zusätzlich zeigt er<br />
Perspektiven auf, die in den Filmen nicht berücksichtigt werden konnten und leitet in<br />
die Themen über.<br />
Was schließlich die publizistische Entwicklung des Themas angeht, so sind sich die<br />
befragten Redakteure uneins. Zwei Redakteure bescheinigen der Molekularen Medizin<br />
im Verlauf der letzten zehn Jahre eine rückgängige Thematisierung, während fünf davon<br />
438
Milde/Ruhrmann · Molekulare Medizin in deutschen TV-Magazinen<br />
ausgehen, dass sie eher zugenommen hat. Diese begründen ihre Einschätzung mit der<br />
zunehmenden gesellschaftlichen Relevanz des Themas. Einigkeit herrscht jedoch größtenteils<br />
in der Erwartung der zukünftigen Darstellung der Molekularen Medizin. So<br />
gehen zehn der Redakteure davon aus, dass die Beiträge wie bisher weiterhin vermehrt<br />
über konkrete medizinische Anwendungen und deren Erfolge berichten werden denn<br />
über wissenschaftliche und methodische Details. Der Wandel in der Berichterstattung<br />
von der Grundlagenforschung hin zu konkreten medizinischen Anwendungen kann<br />
allerdings dazu führen, dass Themen wie die Molekulare Medizin als zu schwierig angesehen<br />
werden, um sie in einem Magazin zu behandeln, da es kaum mehr ein Zuschauerforum<br />
dafür geben wird.<br />
Somit lassen sich fünf wesentliche Ergebnisse der Leitfadengespräche festhalten:<br />
Befund 1: Die befragten Wissenschaftsjournalisten gehen davon aus, dass immer<br />
häufiger über anwendungsbezogene und weniger über grundlagenorientierte<br />
Forschung berichtet wird. Der Bezug zur Lebenswelt des Zuschauers<br />
steht zunehmend im Vordergrund.<br />
Befund 2: Die Darstellung wird nach Einschätzung der befragten Journalisten zunehmend<br />
emotional und dramatisierend. Erzählt werden Geschichten, die<br />
einen persönlichen Bezug zum Zuschauer herstellen. Reine Faktenvermittlung<br />
wird unbedeutender.<br />
Befund 3: Komplexe Sachverhalte werden zugunsten von klaren Ursache-Betroffenen-Kontexten<br />
vereinfacht dargestellt.<br />
Befund 4: Die befragten Wissenschaftsjournalisten sehen Molekulare Medizin zunehmend<br />
weniger in einem gesellschaftlichen Zusammenhang mit politischen,<br />
rechtlichen und ethischen Fragestellungen; Konflikte und Kontroversen<br />
treten in den Hintergrund.<br />
Befund 5: Über Molekulare Medizin kann nach Ansicht der Journalisten nicht aktuell<br />
im Sinne von Tagesaktualität berichtet werden; dem Zuschauer soll<br />
aber das Gefühl von „latenter“ Aktualität vermittelt werden.<br />
4. Inhaltsanalyse von TV-Wissenschaftsmagazinen 1995-2004<br />
Aus den Befunden der Interviews wurden für die Inhaltsanalyse der Berichterstattung<br />
über Molekulare Medizin vier Forschungsfragen abgeleitet. Ziel der Inhaltsanalyse ist<br />
es, die angesprochenen inhaltlichen Strukturen der Magazinbeiträge offen zu legen und<br />
zu untersuchen, inwieweit diese den Einschätzungen der Wissenschaftsredakteure entsprechen.<br />
Von besonderem Interesse ist dabei, ob die Beiträge tatsächlich, wie von den Befragten<br />
angegeben, vermehrt anwendungsorientiert und mit Bezug auf die Lebenswelt des<br />
Zuschauers konzipiert werden. Dies lässt sich u. a. anhand der behandelten Themen und<br />
auftretenden Akteure untersuchen. Daher lautet die erste Forschungsfrage:<br />
F1: Welche Themen werden in Beiträgen über die Molekulare Medizin in Wissenschaftsmagazinen<br />
behandelt und welche Akteure treten dabei auf?<br />
Im Zusammenhang mit bisherigen Ergebnissen zur Gentechnik- und Biotechnologieberichterstattung<br />
in den Massenmedien interessiert vor allem die inhaltliche Darstellung<br />
und Bewertung der Molekularen Medizin (vgl. Kap. 1), insbesondere auch, da die<br />
befragten Wissenschaftsredakteure nach eigenen Aussagen eine weitgehend neutrale,<br />
informierende Berichterstattung im Dienste des Zuschauers postulieren. Bewertungen,<br />
Konflikte und gesellschaftspolitische Dimensionen der Molekularen Medizin werden<br />
– wenn überhaupt – nur am Rande behandelt. Dies gilt es zu überprüfen. Dabei geht es<br />
439
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
vor allem um die Frage, ob es Einflussgrößen gibt, die die Darstellung der Molekularen<br />
Medizin determinieren, und in welcher Kombination diese ggf. auftreten.<br />
F2: Gibt es Kombinationen von inhaltlichen Merkmalen, die die Darstellung der<br />
Molekularen Medizin und damit die argumentative Ausrichtung der Magazinbeiträge<br />
determinieren? Lassen sich entsprechende Faktor-Dimensionen identifizieren?<br />
Aus der zweiten Forschungsfrage lässt sich nun die dritte Forschungsfrage ableiten, die<br />
auf Basis der Faktordimensionen auf eine weiterführende Klassifizierung und Beschreibung<br />
der Magazinbeiträge zielt.<br />
F3: Lassen sich anhand dieser Dimensionen Typen von Beiträgen bilden, die untereinander<br />
eine verwandte inhaltliche und argumentative Struktur aufweisen?<br />
Die vierte Forschungsfrage bezieht sich auf die publizistische Entwicklung des Themas<br />
der letzten 10 Jahre. Hier interessiert, ob sich die von den Wissenschaftsredakteuren<br />
geäußerte Einschätzung zeigt, dass grundlagenorientierte Beiträge vermehrt durch anwendungsorientierte<br />
Beiträge abgelöst werden.<br />
F4: Inwieweit verändern sich die Anteile der einzelnen Beitragstypen im Zeitablauf?<br />
4.1 Gegenstand und Durchführung<br />
In die Inhaltsanalyse gehen Beiträge der Wissenschaftsmagazine von Das Erste/ARD,<br />
ZDF, WDR, BR und RTL über den Erhebungszeitraum vom 1.1.1995 bis 31.12.2004<br />
ein. 11 Für die Identifikation relevanter Beiträge zur Molekularen Medizin wurde folgende<br />
Arbeitsdefinition zugrunde gelegt (vgl. Buddecke 2002; Max Delbrück Center for<br />
Molecular Medicine 2002; Ganten/Ruckpaul 2003):<br />
Molekulare Medizin als interdisziplinäre Forschungsrichtung integriert Methoden<br />
und Erkenntnisse u. a. aus den Bereichen der Genetik, Molekularbiologie, Zellbiologie<br />
und Biochemie und wendet diese auf Fragestellungen der Humanmedizin an. Dabei<br />
konzentriert man sich systematisch auf die Analyse der Struktur und der Funktionen<br />
des Genoms. Molekulare Medizin hilft bei der Analyse von Krankheitsphänomenen der<br />
Onkologie, Neurobiologie, Infektiologie sowie bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Der<br />
Bereich der Molekularen Medizin gilt als ein Teilgebiet der Humanmedizin. Die Erkenntnisse<br />
der Forschung liefern ein Instrumentarium zur frühzeitigen Diagnose von<br />
Krankheiten, Krankheitsvorstufen und Krankheitsdispositionen und dienen damit auf<br />
molekularer Ebene der umfassenden Vorbeugung und Therapie. Die molekularmedizinische<br />
Forschung setzt dabei bereits im embryonalen Stadium an.<br />
Aus dieser Definition wurde das Themenspektrum, das für die Untersuchung relevant<br />
war, abgeleitet. Insgesamt ergaben sich sieben Themenfelder: Molekularbiologische<br />
Grundlagen, genetische Erkrankungen, deren molekulare und genetische Basen, Infektiologie,<br />
Neurobiologie, Onkologie sowie molekularmedizinische Entwicklungen und<br />
Perspektiven.<br />
Diejenigen Magazinbeiträge, die sich inhaltlich auf die Themenfelder bezogen, wurden<br />
für die Analyse ausgewählt. 12 Dabei konnte der Bezug zur Molekularen Medizin<br />
11 Geplant war eine Vollerhebung aller Beiträge von sieben Vollprogrammen im deutschen Fernsehen<br />
über den genannten Zeitraum. Die TV-Sender Pro7 und Sat.1 stellten jedoch kein Material<br />
zur Verfügung.<br />
12 Die systematische Erfassung der Beiträge über Molekulare Medizin erfolgte im Vorfeld über<br />
eine Titelrecherche in der Fernsehzeitschrift Bild & Funk, über die Online-Archive der Ma-<br />
440
Milde/Ruhrmann · Molekulare Medizin in deutschen TV-Magazinen<br />
explizit (z. B. Berichte über Forschungsergebnisse) oder implizit (z. B. Berichte über<br />
ethische, politische und soziale Hintergründe oder Preisverleihungen) sein.<br />
Insgesamt umfasst die Stichprobe 203 Beiträge zur Molekularen Medizin, wobei von<br />
insgesamt 87 relevanten Magazinsendungen aufgrund von Lizenzvorgaben der Fernsehsender<br />
nur 70 Sendungen für die Analyse freigegeben wurden (vgl. Tab. 3).<br />
Anhand der erfassten Magazinbeiträge lässt sich generell feststellen, dass die Anzahl<br />
der gesendeten Beiträge über Molekulare Medizin im Vergleich zur Gesamtanzahl aller<br />
gesendeten Magazinsendungen eher gering ist, wenn man bedenkt, dass es sich hier um<br />
einen Analysezeitraum von zehn Jahren handelt (vgl. dazu auch Tab. 3: Anzahl der<br />
Sendungen Gesamt 1995-2004). Eine genauere Bewertung der Quantität setzt jedoch<br />
die Kenntnis der Sendehäufigkeit anderer Themen voraus, um diese in Beziehung setzen<br />
zu können.<br />
Tabelle 3: Anzahl der in die Inhaltsanalyse eingegangenen Magazinsendungen und<br />
-beiträge<br />
Wissenschaftsmagazine Anzahl der Anzahl der Beiträge Anzahl der Sendungen<br />
Sendungen Gesamt (1995-2004) 13<br />
Globus (ARD) 15 17 123<br />
W wie Wissen (ARD) 8 12 35<br />
Abenteuer Forschung (ZDF) 9 28 120<br />
Future Trend (RTL) 10 10 77<br />
Quarks & Co. (WDR) 22 121 221<br />
Forscher-Fakten-Visionen (BR) 6 15 89<br />
Gesamt 70 203 665<br />
Die Codierung der Beiträge führten vier geschulte Codierer am Originalmaterial durch.<br />
Codiert wurde auf Beitrags- und Akteursebene. Das Codierbuch enthält 50 Variablen<br />
mit insgesamt 84 Kategorien. Jeder Beitrag wurde mit allen Variablen codiert. Erhoben<br />
wurden neben Rahmenvariablen (6 Variablen)<br />
• formale Gestaltungskriterien (7 Variablen),<br />
• Daten zu Ort und Anlass der Ereignisse (2 Variablen),<br />
• Themen und Akteure der Beiträge (7 Variablen),<br />
• Kausalitätsbezüge (4 Variablen),<br />
• Akteursbewertungen zu Nutzen und Risiken (11 Variablen),<br />
• Forderungen, Lösungserwartungen und Lösungsvorschläge (6 Variablen)<br />
• sowie Prognosen zu Anwendungen der Molekularen Medizin (7 Variablen).<br />
Tabelle 4 beschreibt anhand einer Kurzcharakteristik, welche Variablen in den entsprechenden<br />
Variablenkategorien erhoben wurden.<br />
Die Intercoderreliabilität nach Craig (1981) betrug für die pragmatischen Variablen<br />
(Relevanz, Risiken, Nutzen) P = .81, für die semantischen Variablen (Akteure, Themen,<br />
Journalistisches Format) P = .86 und für die syntaktischen Variablen P = .98.<br />
gazine und MAZ-Transkripte, die teilweise von den TV-Sendern bereit gestellt wurden. Die<br />
Auswahl der Beiträge erfolgte über alle in Magazinen verwendeten journalistischen Formate.<br />
13 Quelle: AGF/GfK PC#TV Aktuell, SWR <strong>Medien</strong>forschung/Programmstrategie<br />
441
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Tabelle 4: Kurzcharakteristik der Variablenkategorien<br />
Variablenkategorien Erläuterungen<br />
Rahmenvariablen und<br />
formale Gestaltungskriterien<br />
442<br />
Sendedatum; Beitragslänge; Journalistisches Format; Animationen &<br />
Graphiken; Bildinszenierungen; Verwendung von Fachbegriffen<br />
Ort des Ereignisses Genannte Länder/Nationen, in denen das berichtete Ereignis stattfand.<br />
Anlass des Ereignisses Aussagen, warum das Thema in einem Beitrag aufgegriffen wurde und<br />
(positive oder negative) Bewertungen des Anlasses.<br />
Themen Thema und Unterthemen des Beitrags, z. B. Beitragsthema Gentechnik,<br />
Unterthemen: PID, Stammzellenforschung.<br />
Akteure Auftretende Personen, Institutionen und Organisationen.<br />
Kausalitätsbezüge Genannte Ursachen oder Gründe für eine Entwicklung; genannte Wirkungen<br />
bzw. Veränderungen, die durch das Ereignis bewirkt wurden;<br />
genannte Folgen der Wirkungen als Konsequenzen, die sich aus den Wirkungen<br />
ergeben; genannte Aussagen und Handlungen, die von Akteuren<br />
getroffen bzw. ausgeführt werden.<br />
Nutzen- und Risikobewertungen<br />
Aussagen über Vor- und Nachteile der Molekularen Medizin; unterschieden<br />
wird nach medizinischen, wissenschaftlichen ökonomischen,<br />
rechtlichen, politischen, individuellen, ethischen, öffentlichen Dimensionen.<br />
Forderungen Verbalisierte Handlungspräferenzen eines Autors; evtl. an einen Adressaten<br />
gerichtet.<br />
Lösungserwartungen/<br />
Lösungsvorschläge<br />
Aussagen und Erwartungen eines Autors, wie sich die Forderungen realisieren<br />
lassen; evtl. an einen Adressaten gerichtet.<br />
Prognosen Aussagen eines Autors über zukünftige (positive oder negative) Entwicklungen;<br />
evtl. an einen Adressaten gerichtet<br />
4.2 Ergebnisse: Themen und Akteure<br />
Die auf Basis der o. g. Themenfelder identifizierten Beitragsthemen wurden in einem<br />
Codierbuch erfasst und induktiv am Beitragsmaterial nochmals thematisch erweitert.<br />
Dem Themenfeld „Entwicklungen und Perspektiven“ lassen sich zum Beispiel Beitragsthemen<br />
wie Präimplantationsdiagnostik, therapeutisches und reproduktives Klonen<br />
oder Tissue Engineering zuordnen. Diese erweiterte Themenliste bildete dann den<br />
Codierschlüssel. Insgesamt enthält das Codierbuch 49 Beitragsthemen. Ein Beitragsthema<br />
wurde anhand des Titels des Beitrags, der Anmoderation durch den Moderator oder<br />
Off-Sprecher und anhand des semantischen Gesamtbezugs bestimmt.<br />
Für die übersichtliche Darstellung der Beitragsthemen wurden diese erneut kategorisiert,<br />
wobei die Klassifizierung die inhaltlichen Schwerpunkte der Magazinbeiträge<br />
wiedergibt (vgl. Tab. 5). So wurden Beiträge über die „molekulare und genetische Basis
Milde/Ruhrmann · Molekulare Medizin in deutschen TV-Magazinen<br />
von Erkrankungen“ und „Molekularbiologische Grundlagen“ zusammengeführt. Die<br />
Kategorie „Molekulare und genetische Erkrankungen“ setzt sich aus Themen über genetische<br />
Erkrankungen, Infektiologie, Neurobiologie und Onkologie zusammen. Dazu<br />
zählen dann Erkrankungen wie Mucoviszidose, Diabetes, HIV, Parkinson oder Krebs.<br />
Die Kategorien „kommerzielle Erfolge/Wirtschaft“ und „Ethik“ wurden neu definiert.<br />
Die Themen verteilen sich demnach wie folgt (siehe Tab. 5):<br />
Tabelle 5: Verteilung der Beitragsthemen<br />
Themen Häufigkeit Anteil in Kumulierte<br />
Prozent Prozente<br />
Entwicklungen und Perspektiven 88 43,3 43,3<br />
Molekulare und genetische Erkrankungen 57 28,1 71,4<br />
Molekularbiologische Grundlagen 52 25,6 97,0<br />
(Kommerzielle) Erfolge/Wirtschaft 3 1,5 98,5<br />
Ethik 3 1,5 100,0<br />
Gesamt 203 100<br />
Besonders häufig werden aktuelle Entwicklungen und Perspektiven thematisiert (43,3%).<br />
Dabei geht es am häufigsten um mögliche Therapieanwendungen der Stammzelltherapie,<br />
Keimbahntherapie oder Gentherapie (29,9%) sowie um das Thema Klonen, explizit<br />
um reproduktives und therapeutisches Klonen (28,7%). Einen weiteren Schwerpunkt<br />
bilden Berichte, die sich mit Forschungserkenntnissen oder Heilungschancen genetisch<br />
bedingter Krankheiten befassen (28,1%). Etwa genauso viele Beiträge berichten über<br />
molekularbiologische Grundlagen (25,6%). Kommerzielle Erfolge bzw. wirtschaftliche<br />
Aspekte der Molekularen Medizin sowie das Thema Ethik stellen untergeordnete<br />
Themenschwerpunkte dar. Insgesamt deuten die Themen auf eine eher anwendungsorientierte<br />
Themenwahl hin, da der Anteil der Beiträge, die sich thematisch mit Er-<br />
Abbildung 1: Trendentwicklung der Beitragsthemen<br />
443
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
krankungen und deren Heilungschancen oder Therapiemöglichkeiten befassen, bei 71,4<br />
Prozent liegt. Dies bestätigt sich auch in der Trendbetrachtung der Beitragsthemen über<br />
den Zeitraum von 1995 bis 2004, wobei der Übersichtlichkeit wegen der Zeitraum in<br />
zwei gleich große Zeiträume unterteilt wurde (vgl. Abb. 1). Die Beiträge über konkrete<br />
Erkrankungen nehmen entsprechend den Aussagen der befragten Journalisten zu. Es<br />
zeigt sich jedoch, dass die Themen über molekularbiologische Grundlagen entgegen den<br />
Annahmen nicht abnehmen, sondern ebenfalls leicht zunehmen, während die Beiträge<br />
über Entwicklungen und Perspektiven tendenziell abnehmen.<br />
Die Beitragsthemen gehen mit einer stark personenbezogenen Darstellung einher.<br />
Gut 62,8 Prozent aller auftretenden Akteure sind Wissenschaftler, die in der Rolle von<br />
Experten auftreten. Zweithäufigste Akteure sind Betroffene wie z. B. Patienten oder<br />
deren Angehörige mit 26,4 Prozent (vgl. Tab. 6). Die geringe Zahl weiterer Akteure aus<br />
Politik, Wirtschaft oder Ethik deutet darauf hin, dass hier eher selten eine Auseinandersetzung<br />
aus unterschiedlichen Perspektiven mit dem Thema erfolgt.<br />
Tabelle 6: Auftretende Akteure in den Beiträgen<br />
Akteure Anzahl auftretender Akteure Anteil der Akteure (in %)<br />
Wissenschaftler 221 62,8<br />
Betroffene 93 26,4<br />
Gesellschaftliche Gruppierungen 17 4,8<br />
Politiker 8 2,3<br />
Wirtschaft 6 1,7<br />
Ethik 6 1,7<br />
Justiz 1 0,3<br />
Basis 352 100<br />
4.3 Typisierung der Magazinbeiträge<br />
Im nächsten Schritt soll die Darstellung der Molekularen Medizin und die argumentative<br />
Struktur der Beiträge detaillierter typisiert werden (vgl. Forschungsfrage 3). Überprüft<br />
wird insbesondere, ob sich die in den Interviews von den Wissenschaftsjournalisten<br />
beschriebenen Tendenzen einer auf die Zuschauerinteressen zugeschnittenen anwendungsorientierten<br />
Wissensberichterstattung tatsächlich zeigen. Dazu wurden die erfassten<br />
Daten zunächst einer Faktorenanalyse, dann einer Clusteranalyse unterzogen.<br />
Die Faktorenanalyse wurde der Clusteranalyse mit dem Ziel vorgeschaltet, die wesentlichen<br />
Einflussfaktoren auf die Darstellung der Molekularen Medizin in den Beiträgen<br />
zu identifizieren. Berücksichtigt wurden ausschließlich inhaltliche Variablen.<br />
Stil- und Gestaltungsvariablen werden erst später zur Beschreibung der identifizierten<br />
Cluster herangezogen.<br />
Berechnet wurde die Faktorenanalyse mit dichotomisierten Variablen. 14 Sämtliche<br />
14 Die dichotomisierten Variablen wurden zuvor auf ihren Schwierigkeitsgrad geprüft. Um einen<br />
Einfluss der Schwierigkeitsgrade auf das Ergebnis der Faktorenanalyse auszuschließen, wurden<br />
die einzelnen Items anhand ihrer unrotierten Faktorladungen untersucht. Im Ergebnis wiesen<br />
„leichte“ und „schwierige“ Items die gleiche Ladungsrichtung auf dem gleichen Faktor auf,<br />
so dass Verzerrungen durch unterschiedliche Schwierigkeitsgrade weitgehend ausgeschlossen<br />
werden können. (Vgl. dazu Bacher 2001: 76; Lechner 2001: 44; Bacher 1996: ff.)<br />
444
Milde/Ruhrmann · Molekulare Medizin in deutschen TV-Magazinen<br />
inhaltlichen Variablen des Codierbuches wurden anhand einer Korrelationsmatrix einer<br />
sukzessiven Analyse unterworfen. Waren die Korrelationswerte für die Faktorenanalyse<br />
nicht ausreichend (≤ 0.6), wurden sie ausgeschlossen. 15 Zu den ausgeschlossenen<br />
Variablen zählen in erster Linie die Beitragsthemen und einige der Akteursvariablen.<br />
Anhand der Hauptkomponentenanalyse konnten dann mit den verbleibenden Variablen<br />
vier Faktoren extrahiert werden, die eine gute inhaltliche Interpretation zulassen. Zur<br />
besseren Übersicht der Faktordimensionen werden die Werte unter 0,40 unterdrückt<br />
(vgl. Tab. 7). Als Rotationsmethode wurde die Varimax-Rotation verwendet. 16 Zu beachten<br />
ist, dass der vierte Faktor im Vergleich zu den anderen Faktoren einen geringeren<br />
Erklärungswert leistet. Insgesamt erklären die extrahierten Faktoren 56,4 Prozent der<br />
Gesamtvarianz.<br />
Die Faktorenanalyse zeigt damit, dass es tatsächlich Kombinationen von inhaltlichen<br />
Merkmalen gibt, die die Darstellung der Molekularen Medizin determinieren:<br />
• Faktor 1 „Kontroverse“ erklärt 18,0 Prozent der Varianz und fasst die Variablen mit<br />
vergleichsweise hohen Ladungen zusammen, mit denen die „Kontroverse“ selbst<br />
(0,83) und ihre Kontexte charakterisiert werden. Hierzu zählen „gesellschaftliche<br />
Tabelle 7: Faktorladungen inhaltlicher Beitragsmerkmale (≥ 0,40)<br />
Kontroverse Wissenschaftl. Wirkungen Ursachen und<br />
Nutzen und Folgen Betroffene<br />
(Faktor 1) (Faktor 2) (Faktor 3) (Faktor 4)<br />
Kontroverse 0,83<br />
Forderung<br />
Politiker/Ethiker/Gesellschaftl.<br />
0,68<br />
Gruppen 0,66<br />
Lösungsvorschläge/-erwartungen 0,58<br />
Genanntes Risiko 0,53<br />
Wissenschaftler/Forscher 0,83<br />
Genannter Nutzen 0,70<br />
Orte 0,70<br />
Prognose 0,52 0,47<br />
Wirkungen 0,82<br />
Folgen der Wirkungen 0,73<br />
Aussagen und Handlungen 0,40 0,49<br />
Ursachen/Gründe 0,78<br />
Akteure: Betroffene 0,64<br />
15 Zusätzlich wurde auf Basis einer Anti-Image-Korrelationsmatrix das MSA-Kriterium (Kaiser-<br />
Meyer-Olkin-Kriterium) verwendet, das die in die Faktorenanalyse eingehenden Variablen auf<br />
ihre Zusammengehörigkeit prüft und einen Indikator bereitstellt, ob eine Faktorenanalyse sinnvoll<br />
ist. Der MSA-Wert für die Korrelationsmatrix ergab für die ausgewählten Variablen einen<br />
Wert von 0,79, was ein „middling“ („ziemlich gutes“) Ergebnis darstellt (vgl. Backhaus et al.<br />
2003: 276).<br />
16 Die Zahl der Faktoren wurde anhand des Kaiser-Guttman-Kriteriums (KG-Kriterium) bestimmt.<br />
Das KG-Kriterium gibt vor, dass die Anzahl der bedeutsamen Faktoren den Eigenwerten<br />
über 1 entsprechen (vgl. Bortz 1993: 503; Backhaus et al. 2003: 295). Der gebräuchliche<br />
Scree-Test ergab kein eindeutiges Ergebnis. Daher fiel die Entscheidung auf Basis des KG-Kriteriums.<br />
445
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Akteure“ (0,66), „Forderungen“ (0,68), „Lösungserwartungen“ (0,58) und genanntes<br />
„Risiko“ (0,53).<br />
• Faktor 2 „wissenschaftlicher Nutzen“ erklärt 16,0 Prozent der Varianz. Er beschreibt<br />
den von Wissenschaftlern (0,83) artikulierten „Nutzen“ (0,70), die mit bestimmten<br />
„Orten“ (0,70), „Zukunftsprognosen“ (0,52) und bestimmten „Handlungen“ (0,40)<br />
verbunden werden.<br />
• Faktor 3 „Wirkungen und Folgen“ erklärt noch 14,1 Prozent der Varianz. Hier laden<br />
die Variablen „Wirkungen“ molekularer Medizin (0,82) sowie „Folgen der Wirkungen“<br />
(0,73) und damit verbundene „Aussagen und Handlungen“ (0,49) vergleichsweise<br />
hoch.<br />
• Faktor 4 „Ursachen und Betroffene“ mit 8,8 Prozent erklärter Varianz fasst die „Ursachen“<br />
(0,78) und „Betroffenenakteure“ (0,64) der Berichterstattung zusammen.<br />
Hervorzuheben ist, dass die erfassten Akteure Politiker, Ethiker und gesellschaftliche<br />
Gruppierungen untereinander hohe Korrelationswerte aufweisen. Das bedeutet, dass<br />
diese Akteure häufig gemeinsam in den Beiträgen auftreten. Daher wurden sie zu einer<br />
Variablen zusammengefasst (vgl. Tab. 7).<br />
Die mit der Faktorenanalyse ermittelten standardisierten Faktorwerte wurden im<br />
zweiten Schritt einer hierarchischen Clusteranalyse unterzogen, deren Ergebnisse im<br />
Folgenden vorgestellt werden. Die Clusteranalyse verfolgt das Ziel, verschiedene Typen<br />
der Beitragsorganisation zu ermitteln. In die Clusteranalyse gingen alle 203 Magazinbeiträge<br />
von 1995 bis 2004 ein. 17<br />
Als Kriterium zur Beurteilung der Clusterhomogenität wurden t-Werte und F-Werte<br />
berechnet (vgl. Tab. 8). Je kleiner die F-Werte sind, desto geringer ist die Streuung der<br />
Variablen im Cluster im Vergleich zur Erhebungsgesamtheit. Die Werte sollten nicht<br />
größer als 1 sein. Es zeigt sich, dass die drei Cluster eine relativ homogene Variablenstruktur<br />
aufweisen. T-Werte bieten über die Beurteilung der Clusterhomogenität hinaus<br />
den zusätzlichen Vorteil, dass sie zur Interpretation der Cluster herangezogen werden<br />
können, daher werden sie ebenfalls ausgewiesen. Weisen t-Werte positive Werte aus, sind<br />
die Variablen überrepräsentiert. Sind sie negativ, bedeutet dies eine Unterrepräsentation<br />
im Cluster. Tabelle 8 zeigt, dass sich die t-Werte in Cluster 1 und 2 gegenseitig ausschließen<br />
und damit als trennscharf interpretiert werden können. Cluster 3 bildet auf den Variablen<br />
Kontroverse und Forderungen besonders hohe Werte aus. Obwohl es zwischen Cluster<br />
3 und Cluster 1 und 2 zu Überschneidungen kommt, wird das dritte Cluster „Ethisch<br />
kontrovers“ beibehalten, da es sich hierbei um ein sehr stabiles Cluster handelt. 18<br />
In der folgenden Beschreibung gehen die Cluster bildenden Variablen ein. Zugleich<br />
werden weitere inhaltliche und formale Merkmale als passive Variablen auf die Cluster<br />
bezogen und anhand ihres prozentualen Anteils beschrieben. Bei den inhaltlichen<br />
17 Die hierarchische Clusteranalyse wurde nach dem Ward-Verfahren durchgeführt, da dieses als<br />
sehr guter Fusionierungsalgorithmus gilt, wenn die Variablen unkorreliert sind (vgl. Backhaus<br />
et al. 2003: 517). Dieses Kriterium ist aufgrund der verwendeten Faktorwerte gewährleistet. Als<br />
Proximitätsmaß wurde die quadrierte euklidische Distanz zugrunde gelegt. Aus der Analyse<br />
bildete sich eine 3-Cluster-Lösung heraus, die drei unterschiedliche inhaltliche Zusammenhänge<br />
in den Beitragstypen identifizierte. Als Entscheidungshilfe für die Clusterzahl diente das<br />
Elbow-Kriterium. Dabei wurde die Fehlerquadratsumme ähnlich wie bei der Faktorenanalyse<br />
in ein Diagramm eingesetzt. Dort, wo nun der größte Sprung der Heterogenitätsmaße liegt, ist<br />
der Fusionierungsprozess abzubrechen (vgl. Bortz 1993: 534; Backhaus et al. 2003: 530).<br />
18 Sowohl in einer 2-Cluster-Lösung als auch in einer 4- bis 6-Cluster-Lösung bleibt es konstant,<br />
während sich Cluster 1 und 2 weiter zusammenfügen bzw. ausdifferenzieren. Aus inhaltlichen<br />
Gründen wird die 3-Cluster-Lösung bevorzugt.<br />
446
Milde/Ruhrmann · Molekulare Medizin in deutschen TV-Magazinen<br />
Variablen handelt es sich insbesondere um die einzelnen im Codierbuch erfassten Beitragsthemen<br />
und Nutzen- und Risikovariablen. Die differenzierte Darstellung der Variablen<br />
dient der Detailbeschreibung der Beitragsstrukturen und hilft dabei, die Beitragstypen<br />
genauer abgrenzen zu können.<br />
Cluster 1: „Persönlich relevant“ (n=95; 46,8%)<br />
Beiträge, die als „persönlich relevant“ klassifiziert werden können, zeichnen sich durch<br />
den besonderen Bezug auf Privatpersonen aus (vgl. Tab. 8). Dies sind Akteure, die z. B.<br />
genetische Dispositionen aufweisen oder ungewollt kinderlos bleiben. Diese „Betroffenen“<br />
äußern sich zu Themen der Genforschung (27,7%), genetischen Erkrankungen<br />
(22,3%) oder zur Reproduktionsmedizin (11,7%). Sie sprechen dabei über ihre persönliche<br />
Situation oder über Erfahrungen mit medizinischen Anwendungen. Gleichzeitig<br />
werden Wissenschaftler herangezogen, die die Themen in einem medizinisch-wissenschaftlichen<br />
Rahmen beurteilen. Sie liefern als Experten Hintergrundinformationen zu<br />
Ursachen von Erkrankungen oder medizinischen Auswirkungen von Anwendungen.<br />
Werden Bewertungen abgegeben, fallen diese vorwiegend positiv aus. Mehrheitlich werden<br />
medizinischer (39,4%) und individueller (29,8%) Nutzen hervorgehoben. Die Thematisierung<br />
von medizinischen (17,0%) oder individuellen (11,7%) Risiken findet auf<br />
einem vergleichbar geringen Niveau statt. Der Personalisierung durch Privatpersonen<br />
entsprechend werden diese vorwiegend in der häuslichen Umgebung (15%), in Kranken-<br />
oder Untersuchungszimmern (19,0%) visualisiert. Ein geographischer Bezug wird<br />
eher selten hergestellt: nur 37 Prozent der Beiträge enthalten Angaben darüber, wo das<br />
thematisierte Ereignis stattfand.<br />
Mit einer durchschnittlichen Gesamtdauer von 4 Minuten sind die „persönlich relevanten“<br />
Beiträge im Vergleich zu Cluster 2 und 3 die kürzesten. Der zeitliche Anteil der<br />
verwendeten Animationen ist mit 64 Sekunden jedoch am höchsten und macht somit<br />
rund 29 Prozent eines Beitrags aus. Insgesamt werden durchschnittlich 1,9 erklärende<br />
Animationen pro Beitrag verwendet.<br />
Cluster 2: „Wissenschaftsorientiert“ (n=94; 46,3%)<br />
Anders als im „persönlich relevanten“ Cluster werden in den „wissenschaftsorientierten“<br />
Beiträgen molekularmedizinische Themen aus der Perspektive der Wissenschaftler<br />
dargestellt. Andere Akteure treten nur selten auf (vgl. Tab. 8). Auffallend ist hier, dass<br />
40,8 Prozent der auftretenden Wissenschaftler weder mit Namen benannt noch einem<br />
Fachgebiet oder einer Institution zugeordnet werden konnten. Ähnlich zum Cluster<br />
1 geht es in den Beiträgen um genetisch bedingte Erkrankungen (29,2%) und Genforschung<br />
(26,0%). Einen weiteren Themenschwerpunkt bildet das (therapeutische<br />
und reproduktive) Klonen (14,6%). Den Wissenschaftlern wird in diesen Beiträgen ein<br />
Forum zur Verfügung gestellt, in dem sie ihre Forschung vorstellen oder zu aktuellen<br />
Entwicklungen und deren zukünftige Auswirkungen Stellung nehmen können. Durch<br />
die Fokussierung auf wissenschaftliche Akteure kommt es zu einer starken positiven<br />
Bewertung des medizinischen (72,9%) und wissenschaftlichen (45,8%) Nutzens. Werden<br />
Risiken der molekularen Medizin thematisiert, handelt es sich hier eher um ethische<br />
Bedenken (12,4%). Der Expertenstatus wird mit einer stereotypen Darstellung unterstützt,<br />
die die Wissenschaftler vor allem in Laborsituationen (33,3%) oder in Büros<br />
(22,9%) zeigt. In rund 63 Prozent der Beiträge wird ein geographischer Bezug her-<br />
447
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Tabelle 8: t-Werte und F-Werte der 3-Cluster-Lösung<br />
gestellt, wobei der Schwerpunkt auf Ereignissen liegt, die in Europa, insbesondere in<br />
Deutschland, stattfinden.<br />
Die Dauer der Beiträge ist mit 5 Minuten 50 Sekunden durchschnittlich eine Minute<br />
länger als die „persönlich relevanten“ Beiträge. Der zeitliche Anteil der Animationen<br />
beträgt rund 19 Prozent pro Beitrag, also rund 53 Sekunden. Für die Erläuterung von<br />
molekularmedizinischen Vorgängen werden im Durchschnitt 1,7 Animationen verwendet.<br />
448<br />
Persönlich<br />
relevant<br />
(Cluster 1)<br />
t-Werte F-Werte<br />
Wissenschaftsorientiert<br />
(Cluster 2)<br />
Ethisch<br />
kontrovers<br />
(Cluster 3)<br />
Persönlich<br />
relevant<br />
(Cluster 1)<br />
Wissenschaftsorientiert<br />
(Cluster 2)<br />
Ethisch<br />
kontrovers<br />
(Cluster 3)<br />
Ursachen/<br />
Gründe<br />
0,2609 -0,3026 0,2609 0,000 2,000 0,000<br />
Orte -0,3665 0,2659 0,7022 0,992 0,846 0,292<br />
Aussagen<br />
und Handlungen<br />
-0,2719 0,1392 0,9104 0,901 1,001 0,285<br />
Wirkungen -0,0196 -0,0279 0,3207 1,016 1,020 0,774<br />
Folgen der<br />
Wirkungen<br />
0,1826 -0,3020 0,7886 1,147 0,625 1,206<br />
Kontroverse -0,2918 -0,2130 3,4103 0,000 0,288 0,000<br />
genannter<br />
Nutzen<br />
-0,3945 0,3783 0,1374 1,247 0,479 0,903<br />
genanntes<br />
Risiko<br />
-0,1010 -0,0941 1,3171 0,938 0,943 0,000<br />
Forderung -0,1536 -0,1873 2,3002 0,565 0,461 2,031<br />
Prognose -0,2561 0,1992 0,4006 0,880 1,011 0,997<br />
Lösungsvorschläge/-erwartungen<br />
0,0395 -0,2388 1,3349 1,161 0,000 4,801<br />
Politiker/<br />
Ethiker/gesellschaftl.<br />
Gruppen<br />
Wissenschaftler/<br />
Forscher<br />
-0,2009 -0,0601 1,7668 0,437 0,844 2,653<br />
-0,6070 0,5217 0,6160 0,964 0,446 0,305<br />
Betroffene<br />
Anzahl der<br />
0,3287 -0,3423 0,0675 1,267 0,502 1,148<br />
Beiträge 95 94 14 95 94 14
Milde/Ruhrmann · Molekulare Medizin in deutschen TV-Magazinen<br />
Cluster 3: Ethisch kontrovers (n=14; 6,9%)<br />
Die Beiträge des Clusters „Ethisch kontrovers“ bilden das kleinste, aber auch das stabilste<br />
Cluster. Diese Beiträge spannen einen weiten Bogen. Es handelt sich hier um eine<br />
umfassende Berichterstattung, die das Für und Wider der Molekularen Medizin anhand<br />
vieler verschiedener Akteure kritisch und kontrovers beleuchtet. Dazu treten neben<br />
Wissenschaftlern auch Politiker, ausgewiesene Ethiker, gesellschaftliche Gruppierungen<br />
und Betroffene auf (vgl. Tab. 8). Die kontroverse Darstellung bezieht sich dabei auf die<br />
Themen Klonen, Gentests und Genforschung. Aber auch Ethik kann zu einem eigenständigen<br />
Thema der Beiträge werden. Die Akteursbewertungen zu einzelnen Aspekten<br />
der Molekularen Medizin fallen in diesem Cluster mehrheitlich negativ aus. Der Anteil<br />
der positiven Bewertungen ist gering. Ähnlich zu Cluster 1 und 2 werden hier der medizinische<br />
und individuelle Nutzen hervorgehoben. Der erwähnte Nutzen geht jedoch<br />
mit einer noch stärkeren Betonung der Risiken einher. Die Darstellung der beteiligten<br />
Tabelle 9: Zusammenfassende Darstellung der Beitragstypen<br />
Variablen zur Clus- Persönlich relevant<br />
terbeschreibung<br />
(Cluster 1)<br />
Akteure – Betroffene<br />
– Wissenschaftler<br />
Themen – Genforschung<br />
– Genet. Erkrankungen<br />
– Reproduktionsmedizin<br />
Tendenz der<br />
Bewertungen<br />
Bewertungsausprägung<br />
Visualisierung der<br />
Akteure<br />
Wissenschaftsorientiert<br />
(Cluster 2)<br />
Ethisch kontrovers<br />
(Cluster 3)<br />
– Wissenschaftler – Wissenschaftler<br />
– Politiker<br />
– Ethiker<br />
– Gesellschaftl. Gruppen<br />
– Betroffene<br />
– Genet. Erkrankungen<br />
– Genforschung<br />
– Klonen<br />
– Klonen<br />
– Gentests<br />
– Genforschung<br />
– Ethik<br />
Vorwiegend positiv Stark positiv Vorwiegend negativ<br />
– Medizinischer/<br />
individueller Nutzen<br />
– Medizinische/<br />
individuelle Risiken<br />
– Häusliche<br />
Umgebung<br />
– Kranken-/Untersuchungszimmer<br />
– Medizinischer/<br />
wissenschaftlicher<br />
Nutzen<br />
– Ethische Risiken<br />
– Labor<br />
– Büro<br />
– Ethische/öffentliche/<br />
rechtliche Risiken<br />
– Medizinischer/<br />
individueller Nutzen<br />
– Häusliche Umgebung<br />
– Kranken-/Untersuchungszimmer<br />
– Labor<br />
– Büro<br />
Geographischer<br />
Bezug<br />
Selten Häufig Häufig<br />
Beitragsdauer 4 Min. 5 Min. 50 Sek. 6 Min. 21 Sek.<br />
Animationsanteil 29 % 19 % 15 %<br />
Anteil erklärender<br />
Animationen<br />
1,9 1,7 1<br />
Anzahl 95 94 14<br />
449
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Akteure ist ähnlich der jeweiligen Visualisierung des Clusters 1 und 2: Wissenschaftler,<br />
Politiker und Ethiker werden vorwiegend in Labors oder Büros gezeigt, Betroffene eher<br />
in Krankenhaus- oder privaten Umgebungen. Der Bezug zum Land, in dem das jeweilige<br />
Ereignis stattfindet, wird hier mit 73 Prozent am häufigsten genannt.<br />
Die durchschnittliche Dauer der Beiträge beträgt 6 Minuten 21 Sekunden. Damit<br />
sind sie im Vergleich zu Cluster 1 und 2 die längsten. Animationen, die der Erläuterung<br />
von Inhalten dienen, spielen in diesen Beiträgen eine eher untergeordnete Rolle. Die<br />
zeitliche Dauer der Animationen beträgt durchschnittlich 58 Sekunden, was rund 15<br />
Prozent der Gesamtbeitragsdauer ausmacht. Die Beiträge enthalten durchschnittlich eine<br />
Animation.<br />
Tabelle 9 fasst nochmals die wesentlichen Merkmale der Beitragstypen zusammen.<br />
Wie Tabelle 10 zeigt, variieren die beiden Beitragstypen „persönlich relevant“ und „wissenschaftsorientiert“<br />
in den Magazinsendungen, wobei mit Ausnahme von Quarks &<br />
Co. (WDR) eher „wissenschaftsorientierte“ Beiträge präsentiert werden. Eine Festlegung<br />
auf eine bestimmte Darstellungsweise findet also nicht statt. Auffallend ist, dass<br />
Globus (ARD) und Forscher-Fakten-Visionen (BR) eher „ethisch kontroverse“ Beiträge<br />
in ihre Sendung aufnehmen, während W wie Wissen (ARD) und Future Trend (RTL) diesen<br />
Beitragstyp ganz vernachlässigen. Deutlich wird auch, dass der Fokus des einzigen<br />
privat-kommerziellen Magazins zudem mehrheitlich auf wissenschaftsorientierter Berichterstattung<br />
liegt (7 von 10 Beiträgen). Es zeigt sich, dass die Beiträge augenscheinlich<br />
neueste und spektakuläre Fortschritte und Entwicklungen der Molekularen Medizin<br />
hinsichtlich der Heilung von Krankheiten und Gentests senden, was das bestimmende<br />
Selektionskriterium für einen Beitrag zu sein scheint.<br />
Tabelle 10: Verteilung der Beitragstypen auf die Magazinsendungen (in %)<br />
Magazinsendungen Persönlich<br />
relevant<br />
(Cluster 1)<br />
4.4 Veränderung der Beitragstypen im Zeitverlauf<br />
Betrachtet man die Entwicklungstrends der drei Beitragstypen über den Zeitraum 1995<br />
bis 2004, so zeigt sich, dass sowohl „persönlich relevante“ als auch „wissenschaftsorientierte“<br />
Beiträge auf ähnlich hohem Niveau bleiben, wobei „wissenschaftsorientierte“<br />
seit 1999 häufiger gesendet werden als „persönlich relevante“ (vgl. Abb. 2). Die von den<br />
befragten Journalisten betonte Abnahme der grundlagenorientierten Beiträge bei gleichzeitiger<br />
Steigerung der anwendungsorientierten Beiträge hat somit kaum einen Einfluss<br />
auf die Darstellungsperspektive. Die journalistische Wahrnehmung lässt sich also eher<br />
auf die zunehmende anwendungsorientierte Themenwahl zurückführen (vgl. Kap. 4.2,<br />
450<br />
Wissenschaftsorientiert<br />
(Cluster 2)<br />
Ethisch<br />
kontrovers<br />
(Cluster 3)<br />
Anzahl<br />
Globus (ARD) 35,3 41,2 23,5 17<br />
W wie Wissen (ARD) 41,7 58,3 0 12<br />
Abenteuer Forschung (ZDF) 46,4 50,0 3,6 28<br />
Future Trend (RTL) 30,0 70,0 0 10<br />
Quarks & Co. (WDR) 54,5 41,3 4,1 121<br />
Forscher-Fakten-Visionen (BR) 13,3 60,0 26,7 15
Milde/Ruhrmann · Molekulare Medizin in deutschen TV-Magazinen<br />
Abb. 1). Tendenziell nehmen die „ethisch kontroversen“ Beiträge über den Zeitverlauf<br />
ab. Insgesamt lässt sich daher festhalten, dass die Berichterstattung in den letzten zehn<br />
Jahren vorwiegend die positiven Aspekte der Molekularen Medizin thematisierte, während<br />
eine kritische Berichterstattung eher die Ausnahme darstellte.<br />
5. Zusammenfassende Diskussion und Ausblick<br />
Die Ergebnisse der Inhaltsanalyse zeigen, dass Wissenschaftsmagazine Molekulare<br />
Medizin vornehmlich positiv bewerten und sie tendenziell unkritisch, unpolitisch und<br />
weniger im gesellschaftlichen Zusammenhang präsentieren. Im Wesentlichen ist mehr<br />
vom Nutzen und weniger von Risiken die Rede. Kontroverse Meinungen unterschiedlicher<br />
Akteursgruppen zu Forschungsaspekten und Anwendungsmöglichkeiten kommen<br />
selten vor. Diese Befunde widersprechen den Einschätzungen der befragten Wissenschaftsjournalisten<br />
insofern, als sie angaben, eine vornehmlich beobachtende und neutrale<br />
Berichterstattung zu präsentieren, um es dem Zuschauer zu überlassen, sich eine<br />
Meinung zu bilden. Dieser Widerspruch lässt sich in erster Linie darauf zurückführen,<br />
dass mehrheitlich die beteiligten Wissenschaftler in den Beiträgen zu Wort kommen,<br />
die kaum unterschiedliche oder kritische Perspektiven zu ihrer Wissenschaftsdisziplin<br />
einnehmen. Da eine Bewertung durch den Off-Sprecher oder Moderator ebenfalls größtenteils<br />
die Ausnahme darstellt, fallen die Beiträge dementsprechend eher positiv aus.<br />
Insgesamt wurde deutlich, dass die Magazinbeiträge tatsächlich – wie von den befragten<br />
Journalisten beschrieben (vgl. Kap. 3) – zumindest thematisch zunehmend anwendungsorientiert<br />
präsentiert werden, indem deutlich öfter über konkrete Krankheiten<br />
berichtet wird. Der Rückgang der grundlagenorientierten Beiträge bestätigte sich indes<br />
nicht. Die Inhaltsanalyse zeigt, dass die Magazine im Wesentlichen zwei Perspektiven<br />
einnehmen: die „Betroffenen“-Perspektive und die „Wissenschaftler“-Perspektive, wobei<br />
auch in der „Betroffenen“-Perspektive Wissenschaftler eine zentrale Rolle spielen.<br />
Sie treten, wie im Kapitel 4.3 beschrieben, als Experten auf und liefern Hintergrundinformationen.<br />
Entsprechend den Aussagen der Journalisten kann die „Betroffenen“-<br />
Perspektive als dramaturgisches Element interpretiert werden. Anhand von Geschichten<br />
über Menschen und deren Schicksale wird versucht, den Bezug zur Zuschauerwelt<br />
herzustellen. Durch die starke Personalisierung kann angenommen werden, dass sie die<br />
Zuschauerattraktivität und deren Zuschauerinvolviertheit steigert. Ob dies tatsächlich<br />
so ist, müsste anhand zukünftiger Rezeptionsstudien untersucht werden. Es kann festgehalten<br />
werden, dass der TV-Wissenschaftsjournalismus auch heute noch – zumindest<br />
beim Thema Molekulare Medizin – in der Tradition des Informationsvermittlers steht.<br />
Zwar wird der Unterhaltungsaspekt stärker betont, eine kritisch reflektierte Haltung<br />
gegenüber wissenschaftlicher Forschung kann auf Basis der vorliegenden Datenstruktur<br />
größtenteils nicht festgestellt werden. Es zeigt sich also, dass die Magazinberichterstattung<br />
über Molekulare Medizin über alle analysierten TV-Sender hinweg von einer<br />
relativ hohen Akzeptanz gekennzeichnet ist. Hier lassen sich Parallelen zu nationalen<br />
und internationalen Analysen zur Gentechnik- und Biotechnologieberichterstattung in<br />
den Pressemedien ziehen. Diese berichten ebenfalls aus einer (kritischen) Nutzenperspektive,<br />
die zentralen Akteure sind Wissenschaftler (vgl. Kohring et al. 1999; Gaskell<br />
et al. 2001). Wesentliches Unterscheidungsmerkmal der TV-Magazinbeiträge ist jedoch<br />
die bereits o. g. Bezugnahme auf Betroffene und das Einspannen in eine Geschichte, die<br />
in der Presseberichterstattung in dieser Form nicht stattfindet.<br />
Aus den Ergebnissen lassen sich nun weitere Forschungsschwerpunkte ableiten, die<br />
hier kurz diskutiert werden sollen. Sicherlich trägt die vorliegende Studie dazu bei, die<br />
451
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Abbildung 2: Trendentwicklung der Beitragstypen<br />
anfangs angesprochene Forschungslücke, die sich aus der Präferenz für Presseanalysen<br />
ergibt, einzugrenzen. Die Bedeutung weiterer Fernsehformate müsste jedoch berücksichtigt<br />
werden. Wie bereits erwähnt findet Wissenschaftsberichterstattung nicht nur<br />
in ausgewiesenen Wissenschaftssendungen, sondern auch in anderen und nicht-wissenschaftlichen<br />
oder fiktionalen Formaten statt (vgl. Görke/Ruhrmann 2003; Weingart et<br />
al. 2003). Leider ergeben sich hier jedoch forschungsökonomische Schwierigkeiten, die<br />
sich auch in der vorliegenden Studie niederschlagen. Da es in Deutschland kein Fernseharchiv<br />
gibt, das über eine umfassende Sammlung an Material verfügt, ist man auf<br />
die Unterstützung der TV-Sender angewiesen. Diese ist jedoch nicht immer gegeben.<br />
Daher konnte hier ein wesentlicher Teil der Magazinformate der privat-kommerziellen<br />
TV-Sender nicht analysiert werden, was generelle und vergleichende Aussagen über die<br />
Berichterstattung über Molekulare Medizin in Wissenschaftsmagazinen eingrenzt.<br />
Neben inhaltsanalytischen Studien zur Molekularen Medizin ist die Rezeption und<br />
Wirkung von Fernsehangeboten zu untersuchen, da hier das größte Forschungsdefizit<br />
liegt. Die Bedeutung von Wissenschaftsmagazinen für die Zuschauer kann zum gegenwärtigen<br />
Zeitpunkt noch nicht bewertet werden, da einschlägige Studien fehlen bzw.<br />
noch nicht vorliegen. Von daher ist u. a. zu fragen, welche Rolle die TV-Wissenschaftsberichterstattung<br />
im Meinungsbildungsprozess der Bevölkerung neben anderen <strong>Medien</strong>,<br />
wie z. B. der Presse, oder der interpersonalen Kommunikation einnimmt. Bisher ist<br />
nur wenig über die Reichweite der Wissenschaftsmagazine bekannt. Grundlegend wären<br />
hier zunächst quantitative Daten zur Fernsehnutzung und Zuschauerzusammensetzung<br />
sowie Reichweitenentwicklung und Zuschauerpräferenzen, um die Relevanz von<br />
TV-Wissenschaftsmagazinen beurteilen zu können. Weiter ist zu untersuchen, welche<br />
Nutzungsmotive das Fernsehpublikum von Wissenschaftsmagazinen angibt und welche<br />
Funktionen diese erfüllen. Hier lässt sich vermuten, dass dem Fernsehen neben informativen<br />
z. B. auch entspannende Funktionen zugewiesen werden. Im mikroanalytischen<br />
Bereich ließe sich dann fragen, welche Aspekte der Berichterstattung besondere Relevanz<br />
und Salienz für die Zuschauer erhalten und welchen Einfluss individuenbezogene<br />
452
Milde/Ruhrmann · Molekulare Medizin in deutschen TV-Magazinen<br />
Einflussfaktoren wie Interesse, Vorwissen oder Voreinstellungen haben. Im Zuge der<br />
Diskussion um den normativen Anspruch des verantwortungsvollen Umgangs und der<br />
gesellschaftlichen Kontrolle sowie der Steuerung und Legitimierung der Molekularen<br />
Medizin interessiert vor allem auch, wie Rezipienten die Fernsehberichterstattung aufnehmen.<br />
Denn insbesondere das Verstehen der Zusammenhänge konstituiert die Fähigkeit<br />
beim Rezipienten, sich eine reflektierte Meinung über die Molekulare Medizin<br />
bilden zu können.<br />
Die hier angesprochenen Forschungsschwerpunkte sind sicherlich nicht erschöpfend.<br />
Sie sollten zudem nicht isoliert von einander betrachtet werden. Erst die Kombination<br />
dieser Fragestellungen und Forschungsvorhaben lässt Aussagen darüber zu, welchen<br />
Einfluss die Wissenschaftsberichterstattung auf die Meinungsbildung und Akzeptanz<br />
der Molekularen Medizin hat.<br />
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456
Möglichkeiten der Nutzung von Media-Analyse-<br />
Radiodaten für Sekundäranalysen von 1972 bis<br />
heute<br />
Jörg Hagenah<br />
Seit vielen Jahren stehen die Daten der Media-Analyse für wissenschaftliche Sekundäranalysen<br />
bereit. Bis 2002 wurden sie allerdings nur selten von <strong>Kommunikations</strong>wissenschaftlern<br />
genutzt. Dies hat sich mit der technischen Aufbereitung der Daten in das SPSS-Format<br />
ein wenig geändert, doch lässt sich bis dato nicht von einer problemlosen Datennutzung<br />
sprechen. Insbesondere eine wünschenswerte longitudinale Nutzung ist aufgrund der Unübersichtlichkeit<br />
der Datenmengen kaum von einzelnen Wissenschaftlern innerhalb des<br />
Arbeitsalltags zu realisieren. Daher wurde eine Dokumentenanalyse der Fragebögen und<br />
Codepläne für den Kernbereich der senderspezifischen Radionutzung durchgeführt, so<br />
dass nun das 1987 eingeführte aktuelle Abfragemodell dem davor liegenden gegenübergestellt<br />
werden kann: Problemlos lassen sich die Abfrageblöcke zu General- und Zeitfilter<br />
längsschnittlich nutzen; methodisch problematisch zeigt sich jedoch die longitudinale<br />
Nutzbarkeit von Frequenzabfrage und Tagesablauf auf der einen sowie der abgeleiteten<br />
Nutzungswahrscheinlichkeiten, Kontaktsummen und Varianzen auf der anderen Seite.<br />
Schlagwörter: Hörfunk, Sekundäranalyse, Longitudinalforschung, <strong>Medien</strong>nutzung,<br />
Methoden<br />
Der Ruf nach Longitudinalforschung gehört nach Kiefer (1998: 27) in der <strong>Kommunikations</strong>wissenschaft<br />
genauso zur Tradition (Kaase & Langenbucher 1986; Murray 1991)<br />
wie der Mangel an Forschung dieser Art. Die <strong>Kommunikations</strong>wissenschaft habe so<br />
gut wie keine Erfahrung mit Langzeitforschung 1 (Kiefer 1999: 254). Allerdings sei das<br />
nicht Folge fehlender Daten (Kiefer 1998: 28), denn für Langzeitanalysen bietet nach<br />
Lauf (2006: 69) vor allem die Media-Analyse 2 (MA) 3 eine einzigartige Datenquelle, „die<br />
1 Basierend auf der Studie Massenkommunikation wurden jedoch regelmäßig Zeitreihen (u. a.<br />
Ridder & Engel 2005; Van Eimeren & Ridder 2001; Berg & Ridder 2002; Kiefer 1998; Berg &<br />
Kiefer 1992) und Kohortenanalysen (Engel & Best 2001; Peiser 1996) publiziert, die allerdings<br />
im besten Falle Lücken von vier Jahren aufweisen.<br />
2 Hagenah & Akinci 2003a: „Der Auftraggeber der MA ist die Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse<br />
(AG.MA), ein Zusammenschluss von mehr als 250 Unternehmen der deutschen Werbewirtschaft,<br />
die für die Erhebungen jährlich mehr als 8 Millionen Euro ausgeben. Zu den Mitgliedern<br />
zäh len Werbungtreibende, Werbe- und Media-Agenturen, Pressemedien, elektronische <strong>Medien</strong><br />
und Mitglieder der Gruppe Plakat. Die Datensätze der MA gelten als sog. Werbewährung insbeson<br />
dere für Radiosender und Pressemedien. Sie dienen allen Programmanbietern und auch der<br />
Werbewirtschaft als zentrale Informationsquelle und beinhalten die aktuellen Nutzungsdaten<br />
für die <strong>Medien</strong>gattungen Radio, Fernsehen, Zeitungen/Zeitschriften, Kino, Lesezirkel, Konpress<br />
und zukünftig auch für Plakate und Onlineangebote. Die jeweils aktuellen Daten aus dem zurücklie<br />
genden Erhebungsjahr stehen zunächst nur den Mitgliedern der AG.MA für planungsre le vante<br />
Entscheidungen zur Verfügung. Nach einer gewissen Karenzzeit sind die gesamten Daten sät ze stets<br />
an das Zentralarchiv für Empirische Sozialforschung (ZA) zur wissenschaftlichen Ver wendung<br />
wei tergegeben worden.“ Zurzeit können die aufbereiteten Datensätze und Datensatzdokumentatio<br />
nen kostenlos beim <strong>Medien</strong>wissenschaftlichen Lehr- und Forschungszentrum geordert werden.<br />
3 Die Arbeitgemeinschaft Media-Analyse schreibt ma mittlerweile klein. In diesem Beitrag wird<br />
457
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
– unverständlich genug – von der <strong>Kommunikations</strong>wissenschaft bis heute weitgehend<br />
ignoriert wurde“. Dies zeigte auch eine von Hasebrink 2002 durchgeführte Bestandsaufnahme<br />
zur Praxis von Sekundäranalysen in der <strong>Kommunikations</strong>wissenschaft. Die MA<br />
wurde bis dato nur selten von <strong>Kommunikations</strong>wissenschaftlern sekundär analysiert<br />
(Kubitschke & Trebbe 1992; Weiß & Hasebrink 1995, 1997; Schönbach, Lauf, Stürzebecher<br />
& Peiser 1997; Lauf 1999). Längere MA-Zeitreihen unter Ausnutzung der vollen<br />
Spanne wurden noch nicht erstellt, obwohl dies der einzige Datensatz ist, der durchgängig<br />
jährlich erhobene Kennwerte zur <strong>Medien</strong>nutzung zu bieten hat.<br />
Die geringe Nutzung lässt sich vor allem mit der binären Datenstruktur der ins ZA<br />
gelieferten Originaldateien erklären, die nicht mit SPSS kompatibel waren, so dass vor<br />
jeder Nutzung aufwändige Konvertierungsarbeiten notwendig waren (Hagenah, Meulemann<br />
& Akinci 2006). Die technischen Probleme wurden in den Jahren 2003 bis 2005<br />
vom <strong>Medien</strong>wissenschaftlichen Lehr- und Forschungszentrum der Universität zu Köln<br />
(MLFZ) gelöst. In Zusammenarbeit mit dem Zentralarchiv für empirische Sozialforschung<br />
Köln wurden die 184 binären MA-Originaldateien der Jahre 1972 bis 2003 und<br />
die 14 Dateien der Vorgängerstudie Leser-Analyse (LA) in das gängige SPSS-Format<br />
konvertiert. Jährlich werden seitdem – die jeweils etwa ein Jahr alten – aktuellsten Datensätze<br />
konvertiert. Alle Datensätze können kostenlos beim MLFZ geordert werden,<br />
zudem erfolgt eine fachliche Beratung 4 .<br />
Die Größe der MA bringt jedoch darüber hinaus Probleme der Übersichtlichkeit mit<br />
sich: Von Anfang an setzte sich der Datenbestand der Media-Analyse aus einer Vielzahl<br />
von Variablen zusammen. Schon im Vorwort zum MA 75 Berichtsband (1975: 4) lassen<br />
sich ein paar bezeichnende Sätze finden:<br />
„Die zweite Ebene der Schwierigkeiten betrifft die Datenfülle. […] Die Frage bleibt offen, ob eine<br />
leichter zugängliche Form der Berichterstattung überhaupt möglich erscheint. Letztlich ist das<br />
wirkliche Kernstück der Berichterstattung der Datensatz. Der Umgang mit diesem jedoch variiert<br />
und muß erlernt werden.“<br />
Da, wie Scheler (1979: 1369) Ende der 1970er Jahre über die MA schrieb, „die möglichen<br />
Datenverknüpfungen und Auswertungen so zahlreich sind, dass die Erde längst<br />
nicht mehr stehen würde, wollte man alle bilden“, wurden die Erhebungen und deren<br />
Variablen vom MLFZ (Hagenah & Akinci, 2003b) in der MA-Datensynopse „madatsyn1.0“<br />
inventarisiert. Sie enthält auf 33.483 Zeilen alle der ca. 32.000 mindestens<br />
einmal erhobenen Einzelvariablen von 1972 bis 2000 mit ihren Erhebungszeitpunkten<br />
und Speicherorten in einer EXCEL-Tabelle.<br />
Technische Aufbereitung und Datenservice haben die Publikationstätigkeiten seit<br />
2005 erleichtert, wie insbesondere in einem Herausgeberband von Hagenah und Meulemann<br />
ersichtlich ist, in dem ausschließlich MA-Sekundäranalysen zusammengestellt<br />
sind (Hagenah & Meulemann 2006). Der Band enthält neben sozialwissenschaftlichen<br />
Untersuchungen (Fachinger 2006; Wahl 2006; Risel 2006) kommunikationswissen-<br />
MA einheitlich groß geschrieben, da dies – über die Zeit gesehen – auch in den meisten Erhebungen<br />
und Publikationen so gehandhabt wurde.<br />
4 Als Anreiz für die Analyse wurde vom MLFZ eine CD mit den Daten von 1975 bis 2000 in<br />
Fünfjahresschritten erstellt und interessierten Wissenschaftlern kostenlos zur Verfügung gestellt.<br />
Zusätzlich wurden im Bedarfsfall individuelle Datensätze zusammengestellt. Fragebögen<br />
können von der MLFZ-Homepage www.wiso.uni-koeln.de/medien/ frei herunter geladen werden.<br />
Analyseleitfäden wurden erstellt (Hagenah 2003a, 2003b, Hagenah 2004a; Akinci 2004),<br />
Nutzer wurden fachlich beraten und ein Workshop wurde ausgerichtet (Hagenah 2004b).<br />
458
Hagenah · MA-Radiodaten von 1972 bis heute<br />
schaftliche Beiträge von erfahrenen MA-Autoren, die zu neuen Studien angeregt wurden<br />
(Müller & Mai 2006; Lauf 2006; Best & Hagenah 2006; Hagenah & Schliermann 2006)<br />
und Beiträge von Personen, die erstmalig MA-Untersuchungen publizierten (Akinci<br />
2006; Seufert & Suckfüll 2006; Gonser & Scherer 2006; Doh & Kaspar 2006). Darüber<br />
hinaus wurden erste Diplom- und Magisterarbeiten auf Basis der MA-Daten geschrieben<br />
(z. B. Risel 2005; Frisch 2005; Ehrenberg 2005).<br />
Dennoch lässt sich die Arbeit mit MA-Daten nicht als unproblematisch und unkompliziert<br />
bezeichnen. Erstens ist die Übersichtstabelle madatsyn1.0 so groß, dass es immer<br />
noch einer großen Einarbeitungszeit bedarf, um tatsächlich einen Überblick über die<br />
über 30.000 Variablen zu bekommen. Zweitens erspart das Servicetool nicht den Blick in<br />
zumindest einen der unübersichtlichen Codepläne, da die Dateien noch weitestgehend<br />
ungelabelt sind. Drittens ist insbesondere der longitudinale Gebrauch der Daten mühsam,<br />
da nicht nur aus vielen Codeplänen die Variablennummern recherchiert werden<br />
müssen; vielmehr muss auch noch ein Vergleich der Variablencodierungen getätigt und<br />
ggf. ein Umcodierungsplan entwickelt werden. Folge dieses weiteren Aufbereitungsbedarfs<br />
ist, dass einerseits einige Datenbesitzer 5 die Daten vermutlich eher horten als<br />
nutzen; andererseits beschränkt sich die bisherige Nutzung vor allem auf wenige – überwiegend<br />
aktuellere – Datensätze. Longitudinale Untersuchungen sind eher selten und<br />
behandeln ausschließlich die jüngere Rezeptionsgeschichte, weiter zurück reichende<br />
historische Ansätze wurden bisher nicht verfolgt.<br />
Ziel dieses Beitrags ist es, für die Abfrage der Hörfunknutzung einen detaillierten<br />
Überblick darüber zu verschaffen, welche Variablen auf welche Weise wann erhoben<br />
wurden. Dies erscheint aus drei Gründen sinnvoll. Erstens können mit Hilfe der Untersuchung<br />
unterschiedliche Forscher aus divergierenden Perspektiven gezielt MA-<br />
Zeitreihen erstellen. Zweitens soll somit die methodische Herangehensweise bei der<br />
Erstellung von MA-Zeitreihen zur Diskussion gestellt werden, um nicht ähnliche Vergleichbarkeitsprobleme<br />
zu bekommen wie die Langzeitstudie Massenkommunikation,<br />
deren Berichtsbände laut Lauf und Peiser (1999: 240ff.) erhebliche Mängel aufweisen.<br />
Drittens wird die methodische Abfragepraxis der Mediaforschung weiter für die Scientific<br />
Community offen gelegt als bisher geschehen und kann als Beispiel oder Vorlage<br />
für universitäre Forschungsaktivitäten dienen 6 oder als Grundlage für eine kritische Betrachtung<br />
der Mediaforschungspraxis fungieren.<br />
Als Informationsbasis für eine Dokumentenanalyse dienen die MA-Codepläne und<br />
-Fragebögen der Jahre 1972 bis 2000. In einem vorgelagerten Schritt wird die Erhebungsstruktur<br />
dargestellt, um anhand existierender Umbrüche gezielt mögliche Veränderungen<br />
in der Variablenstruktur vermuten zu können.<br />
1. Erhebungs- und Variablenstruktur der Media-Analysen<br />
Erhebungsform, Erhebungsdichte und erhobene <strong>Medien</strong>arten der LA und der MA sind<br />
in Tabelle 1 mit ihren Wandlungen dargestellt.<br />
Von 1954 bis 1958 wurde die Nutzung der Pressemedien in den LA alle zwei Jahre<br />
und dann bis 1971 jährlich erhoben. Seit 1972 wird in den MA auch die Nutzung der<br />
elektronischen <strong>Medien</strong> Radio und Fernsehen erhoben. Die <strong>Medien</strong>arten – Radio, Fern-<br />
5 Als Datenbesitzer werden diejenigen Personen bezeichnet, die eine Daten-CD beim <strong>Medien</strong>wissenschaftlichen<br />
Lehr- und Forschungszentrum geordert haben.<br />
6 Durch die Verwendung von MA-Abfrageblöcken könnten universitäre Studien ggf. nachträglich<br />
validiert werden.<br />
459
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
sehen, Zeitungen, Zeitschriften und Kino – werden seit 1987 nicht mehr gemeinsam<br />
abgefragt, sondern getrennt für Pressemedien (MA PM, Zeitungen und Zeitschriften)<br />
und elektronische <strong>Medien</strong> (MA EM, Radio und Fernsehen). Mit der MA 1997 wurden<br />
Daten zur Fernsehnutzung nicht mehr senderspezifisch erhoben, und der Schwerpunkt<br />
der MA EM liegt auf der Radionutzung, so dass im Jahr 2000 die MA-EM in MA Radio<br />
umbenannt wurden. Seit 1997 wird die MA PM, seit 2000 auch die MA Radio alle halbe<br />
Jahre erhoben.<br />
Die Erhebungsform für die Messung der Radionutzung war von 1972 bis 1999 das<br />
persönlich-mündliche Interview (ADM 7 -Stichprobenmodell, siehe Hoffmeyer-Zlotnik<br />
1997; Behrens & Löffler 1999). Seit 2000 wird die MA Radio telefonisch durch Computer-Assisted<br />
Telephone Interviews (CATI) erhoben (Müller & Mai 2006: 23ff.; Hoffmann<br />
& Müller 2003; Gabler & Häder 1997): Heute werden zu jedem Zeitpunkt ca.<br />
60.000 Personen telefonisch von mehreren Marktforschungsinstituten befragt.<br />
Tabelle 1: Chronologie der Leser-Analysen (LA) und der Media-Analysen (MA)<br />
Jahre Studie Erhebungsform Erhebungsdichte<br />
1954 – 58* LA persönlich zweijährlich Presse<br />
460<br />
Erhobene<br />
<strong>Medien</strong>arten<br />
1960 – 71 jährlich Presse, Radio,<br />
TV<br />
1972 – 86 MA<br />
1987 – 96 MA PM<br />
MA EM<br />
1997 – 99 MA PM<br />
MA Radio<br />
Seit 2000 MA PM<br />
MA Radio<br />
persönlich***<br />
telefonisch<br />
Presse<br />
Radio/ TV<br />
halbjährlich**<br />
jährlich** Presse<br />
halbjährlich<br />
halbjährlich****<br />
Radio<br />
Quellen: Hagenah & Meulemann (2006: 11); Meulemann, Hagenah & Akinci (2005: 54)<br />
PM = Pressemedien Tranche (Zeitungen, Zeitschriften); EM = Elektronische <strong>Medien</strong> Tranche (Radio, TV)<br />
* Die LA 1958 ist – laut Auskunft der AG.MA – „verschollen“.<br />
** 1998 wurde die MA Radio halbjährlich und die MA PM nur einmalig durchgeführt.<br />
*** Seit der 2. Erhebungswelle PM 2004 wird eine 10%-Substichprobe mit der CASI-Methode (Computer-Assisted<br />
Self-administered Interview) befragt (www.agma-mmc.de, 2005). Zukünftig soll der Anteil<br />
sukzessive gesteigert werden.<br />
**** Im Jahr 2000 wurde nur eine MA Radio erhoben.<br />
Den größten Einfluss auf die Variablenstruktur hatte – wie im Folgenden auch ausführlicher<br />
gezeigt wird – die 1987 erfolgte Umstellung der Single-Source-Studie 8 auf eine<br />
nach <strong>Medien</strong>art getrennte Abfrage, die zu der Einführung eines neuen (immer noch aktuellen)<br />
Abfragemodells geführt hat. Dies betrifft vor allem die originären, weniger die<br />
abgeleiteten und die interview-unabhängigen Variablen. Auf die beiden erstgenannten<br />
Variablenkomplexe wird ausführlich eingegangen. Die Letztgenannten sind beispielsweise<br />
Gemeindekoordinaten und -größen, die nicht erfragt wurden, sondern bei der<br />
Befragungsvorbereitung ermittelt wurden.<br />
7 ADM = Arbeitskreis Deutscher Markt- und Sozialforschungsinstitute.<br />
8 Insbesondere in den 1970er-Jahren wurde synonym auch der Begriff Multi-Media-Analyse verwendet.
Hagenah · MA-Radiodaten von 1972 bis heute<br />
Während sich die originären Fragebogeninformationen auf die konkrete Auflistung<br />
der abgefragten Antworten beschränken, enthalten die abgeleiteten Teile neben den die<br />
Auswertungspraxis erleichternden Summen (u. a. auf Basis der Ursprungsdaten) nach<br />
bestimmten Konventionen neu berechnete Kennziffern (z. B. Nutzungswahrscheinlichkeiten).<br />
Insbesondere der zweite Teil bedarf einer genaueren Erklärung, die in Abschnitt<br />
3 geliefert wird. Vorher werden in Kapitel 2 die originären Daten näher beleuchtet.<br />
2. Originäre Variablen: Sender-Abfragemodelle von 1972 bis heute<br />
Kernbereiche der Media-Analysen sind die Abfragen zur senderspezifischen Hörfunknutzung.<br />
In der Zeit von 1972 bis heute wurden zwei unterschiedliche Modelle<br />
verwendet, die im Folgenden beschrieben und miteinander verglichen werden.<br />
Die Untersuchungsanlage der aktuellen MA Radio bezüglich der Nutzung spezifischer<br />
Radiosender sieht nach Müller und Mai (2006; Mai 2003) folgendermaßen aus:<br />
Dem Generalfilter folgen der Zeitfilter, eine Frequenzabfrage und die Fragen zum Tagesablauf<br />
(Abbildung 1). Den Fragebögen und Codeplänen 9 lässt sich entnehmen, dass<br />
diese vier Schritte seit 1987 in identischer Form eingesetzt werden.<br />
Mit Hilfe der Dokumentenanalyse lässt sich das ältere Abfragemodell der Zeit<br />
von 1972 bis 1986 rekonstruieren. Es ähnelt dem aktuellen Modell und hatte dasselbe<br />
Grundprinzip, dennoch lassen sich neben Gemeinsamkeiten auch ein paar Unterschiede<br />
konstatieren. Die ersten beiden Schritte sind identisch, dem Generalfilter folgt der Zeit-<br />
Abbildung 1: Das Modell der Abfrage der MA Radio (eigene Darstellung in<br />
Anlehnung an Mai 2003: 13)<br />
9 Alle Seitenangaben zu Fragebögen und Codeplänen beziehen sich auf die Seitenangaben im<br />
dazugehörigen PDF-Dokument.<br />
461
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
filter. Die Frequenzfrage (Hörhäufigkeit) wurde früher jedoch detaillierter erfasst und<br />
die Tagesablauffrage war gröber.<br />
Leider muss für alle Radiovariablen des älteren Modells von 1972 bis 1975 – zumindest<br />
vorläufig 10 – konstatiert werden, dass sie nur fragmentarisch vorhanden sind bzw.<br />
nicht vollständig dokumentiert vorliegen. Daher beschränken sich die folgenden Analysen<br />
auf die Erhebungen ab 1976.<br />
Die einzelnen Kategorien der beiden Erhebungsmodelle werden in der genannten<br />
Reihenfolge näher vorgestellt. Zuerst werden die entsprechenden Variablenkomplexe<br />
des aktuellen Modells beschrieben, danach folgt ein Abgleich mit dem älteren Modell.<br />
2.1 Generalfilter<br />
Seit 1970 verwendeten die LA und deren Nachfolger die MA in allen Erhebungen einen<br />
Generalfilter, durch den sich die Befragten als Hörer bestimmter Sender „qualifizieren“<br />
(vgl. Koschnick, 2004d). In diesem ersten Komplex wird danach gefragt, „welche Sender,<br />
welche Programme schon mal gehört wurden?“. Die konkreten Fragebogeninhalte sind<br />
in Abbildung 2 zu finden. Fett gedruckt stehen die Anweisungen für den Interviewer, in<br />
Normalschrift die Passagen, die den Befragten vorgelesen werden. Um den Befragten die<br />
Erinnerung zu erleichtern und um den Befragungsprozess zu beschleunigen, werden so<br />
genannte „Titelkarten“ eingesetzt („gestützte Abfrage mit optischer Erinnerungshilfe“).<br />
Für jeden abgefragten Radiosender 11 existiert eine Karte, die den Sendernamen (zum<br />
Teil mit Slogan oder Sendefrequenzangabe, vgl. Abb. 2) enthält. Vor jeder Umfrage soll<br />
das so genannte „Kartenspiel“ vom Interviewer neu gemischt werden, um mögliche<br />
Reihenfolgeeffekte zu vermeiden. Die Befragten werden nun gebeten, die Karten zu<br />
sortieren und entsprechend der Antwortmöglichkeiten zwei „Häufchen“ zu bilden. Die<br />
Karten von dem Häufchen „von diesen Sendern, Programmen habe ich noch nie gehört“<br />
werden sofort weggesteckt, diejenigen von dem Häufchen „von diesen Sendern, Programmen<br />
habe ich schon mal gehört“ werden im Fragebogen als solche angekreuzt. Zu<br />
diesen Radiosendern werden auch Folgefragen gestellt.<br />
Codiert werden die daraus gewonnenen Informationen – wie in Abb. 2 zu sehen<br />
– zusammen mit den Informationen aus der nachfolgenden Zeitfilterfrage. Unter den<br />
in den Codeplänen genannten Feldnummern befinden sich in den Datensätzen unter<br />
dem Oberbegriff „Zeitfilter“ sowohl die Daten aus der Generalfilterfrage als auch die<br />
Informationen, die aus der im engeren Sinne Zeitfilter genannten Frage stammen. Die<br />
Ausprägungen 1 bis 3 bei der Zeitfilterkodierung können zusammengenommen auch als<br />
Antwortmöglichkeit „schon mal gehört“ = ja zur Generalfilterfrage gewertet werden. 6<br />
= noch nie gehört und 5 = keine Angabe stammen direkt aus der Generalfilterfrage.<br />
Aufgrund der veränderten Befragungssituation sieht die Abfrage zum Generalfilter<br />
bei den seit 2000 telefonisch durchgeführten Interviews etwas anders aus. Die optischen<br />
Erinnerungshilfen fallen weg. Stattdessen werden durch Vorlesen von Sendernamen und<br />
10 Beispielsweise finden sich zur MA 1975 Informationen zur Generalfilterabfrage in den Fragebögen<br />
und Codeplänen, in dem vom ZA aufbereiteten Datensatz sind sie jedoch nicht enthalten.<br />
Das mag daran liegen, dass während der Umbauphase von der LA zur MA noch experimentiert<br />
wurde. Nach Scheler (1983: 387) seien mit der „MA 76 die wesentlichen Probleme des Ausbaus<br />
zur Multi-Media-Analyse gelöst“ worden.<br />
11 Abgefragt werden nur diejenigen Sender, die im Wohngebiet des Befragten theoretisch auch<br />
empfangen werden können. Bei der Nachfrage können aber auch andere Sender genannt werden.<br />
462
Hagenah · MA-Radiodaten von 1972 bis heute<br />
Abbildung 2: Generalfilterabfrage im persönlich-mündlichen Interview: Fragebogen<br />
MA_99_EM (ma_99_EM_frb.pdf: 5, 81) und Codeplan MA 1999 EM<br />
(ma_99_EM_cdb.pdf: 87) (eigene Darstellung)<br />
4 INT: Radio-Karten aus dem Umschlag „Hörfunk“ herausnehmen.<br />
Blätter 4 R, 4 L aufschlagen.<br />
Auf diesen Karten stehen die Namen von verschiedenen Rundfunksendern und Radioprogrammen.<br />
Welche Sender, welche Programme haben Sie schon mal gehört?<br />
INT: Radio-Karten übergeben. Vom Befragten auf die Blätter 4 R und 4 L sortieren lassen.<br />
Antworten im Schema ankreuzen. Falls keinen Sender „schon mal gehört“, weiter mit<br />
Frage 7.<br />
Bitten Sie den Befragten, die Nummern der Hörfunk-Karten vorzulesen, damit Sie diese<br />
rascher ankreuzen können.<br />
HO*T FM<br />
Auf Frequenz 94,0 MHz / 93,4 MHz<br />
96,5 MHz / 97,3 MHz<br />
98,1 MHz<br />
Hörfunk<br />
Zeitfilter 1 innerhalb der letzten 2 Wochen<br />
2 2 bis 4 Wochen<br />
3 länger her<br />
4 keine Angabe (aus Zeitfilter)<br />
5 keine Angabe (aus Generalfilter)<br />
6 noch nie gehört<br />
HIT-Radio ANTENNE SACHSEN<br />
Der beste Mix<br />
Slogans diejenigen Radiosender ermittelt, die der Befragte „schon mal gehört hat“ („gestützte<br />
Abfrage“ = aided recall). Das Bundesgebiet wird dabei in ca. 140 Splitgebiete<br />
aufgeteilt, so dass die dort wohnenden Befragten nur nach den etwa 30 bis 35 im Split<br />
verbreiteten Sendern abgefragt werden (Mai, 2003). Um auch wirklich alle gehörten Sender<br />
zu erfassen, gibt es eine offene Abfrage nach weiteren Sendern (Hagenah & Akinci,<br />
2003a).<br />
Das CATI-Frageprogramm (siehe Abb. 3) ermöglicht eine automatisierte Filterführung<br />
und somit eine schnellere Befragung. Außerdem sollten hierbei weniger Fehler<br />
bei der Dateneingabe erfolgen, da durch die elektronische Eingabe keine weitere Codierprozedur<br />
nötig ist. Dafür können vorherige Fehler später kaum noch ausgeglichen<br />
werden.<br />
Aufgrund der veränderten Erhebungsform können die Ergebnisse im Vergleich zur<br />
persönlichen Befragung abweichen (Best & Hagenah, 2006; Hagenah & Best 2005).<br />
Insgesamt 125 Einzelsender mit einem ausreichenden Hörerstamm 12 wurden mindes-<br />
12 Es lässt sich unterscheiden zwischen abgefragten und ausgewiesenen Sendern. Von den über<br />
300 abgefragten Sendern werden nur diejenigen in den Datensätzen ausgewiesen, die laut MA-<br />
463
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Abbildung 3: Generalfilterabfrage im telefonischen Interview: Fragebogen MA_2000_<br />
EM II (ma_00_EM_II_frb.pdf: 6) (eigene Darstellung)<br />
Ich lese Ihnen jetzt Namen von Radio-Sendern und -Programmen vor.<br />
Bitte sagen Sie mir zu jedem Sender bzw. Programm, ob Sie es schon mal gehört haben.<br />
Denken Sie bitte auch an das Radiohören außer Haus und das Autoradiohören.<br />
Sender im Splitgebiet werden in randomisierter Reihenfolge einzeln nacheinander vorgelesen.<br />
Hier nur ein Beispiel:<br />
Wie ist das mit radio bremen melodie, schlager #oldies evergreens#<br />
Haben Sie dieses Programm schon einmal gehört?<br />
Ja, schon gehört . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 → FR2<br />
Nein, noch nie gehört . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2<br />
Nur EINE Nennung erlaubt<br />
tens einmal zwischen 1972 und 2000 ausgewiesen. Die sieben 13 öffentlich-rechtlichen<br />
Rundfunksender Sender Freies Berlin SFB 1 (88,8) 14 , Bayerischer Rundfunk B1, Bayerischer<br />
Rundfunk B3, Hessischer Rundfunk HR1, Hessischer Rundfunk HR 3, WDR 1<br />
Eins live und Hansawelle Radio Bremen sowie die in den 1990ern zu SWR 1 fusionierten<br />
Sender Südfunk1 Stuttgart SDR1 und SWF 1 (Radiodienst) Südwestfunk sind kontinuierlich<br />
seit Anfang der 1970er in den MA vertreten (vgl. madatsyn1.0, Zeilen 31702-<br />
31826). 1988 wurde mit RSH Schleswig-Holstein der erste Privatsender ausgewiesen, seit<br />
Ende der 1980er/Anfang der 1990er ist die Anzahl der Untersuchungseinheiten enorm<br />
gestiegen (ausführlicher bei Hagenah & Akinci, 2003b).<br />
2.2 Zeitfilter<br />
Für alle „schon mal gehörten Sender“ wird im so genannten Zeitfilter ermittelt, welche<br />
Sender in den letzten 14 Tagen gehört wurden (vgl. Mai, 2003: 12). Bei denjenigen<br />
Sendern, die vom Interviewten innerhalb der letzten zwei Wochen gehört worden sind,<br />
zählt der Befragte zum Weitesten Hörerkreis (WHK). Diese Zuordnung der Sender zum<br />
Weitesten Hörerkreis bildet die Voraussetzung für die sich anschließende Frequenzabfrage.<br />
Auch bei der in Abbildung 4 dargestellten Zeitfilter-Frage dienten den persönlichmündlich<br />
Befragten die Senderkarten als optische Hilfe. Beim Telefoninterview werden<br />
die Sendernamen vorgelesen. Codiert wurden die Antworten wie in Abb. 4 dargestellt<br />
15 .<br />
Erhebung mindestens 351 Hörer haben (AG.MA 2004: 5).<br />
13 Die Informationen stammen aus der Tabelle madatsyn1.0. Die entsprechenden Daten wurden<br />
den einzelnen Codeplänen entnommen und manuell eingegeben, d. h. dass auf Änderungen des<br />
Sendernamens u. U. nicht immer reagiert wurde. Entsprechende Sekundäranalysen müssten<br />
demnach eine diesbezügliche Senderrecherche umfassen.<br />
14 Die Sendernamen haben sich über die Jahre verändert. Die in diesem Beitrag gewählten Namensversionen<br />
stammen aus der Tabelle madatsyn1.0.<br />
15 Prinzipiell werden bei den neueren, telefonisch erhobenen Daten dieselben Kategorien verwendet,<br />
allerdings fällt eine der beiden „keine Angabe“-Kategorien weg, dadurch „verschiebt“ sich<br />
die „noch nie gehört“-Ausprägung (5 statt 6). Für vergleichende Untersuchungen müssen also<br />
Umkodierungen vorgenommen werden, die aber inhaltlich unbedenklich sind.<br />
464
Hagenah · MA-Radiodaten von 1972 bis heute<br />
Abbildung 4: Zeitfilterabfrage: Fragebogen MA_1999_EM (ma_99_EM_frb.pd: 5)<br />
Fragebogen MA_2000_EM II (ma_00_EM_II_frb.pdf: 7) und Codeplan<br />
MA 1999 EM (ma_99_EM_cdb.pdf: 87) (eigene Darstellung)<br />
5 INT: Frage 5 für alle lt. Frage 4 „schon mal gehörten“ Sender stellen.<br />
Blatt 5 aufschlagen.<br />
Wann haben Sie zuletzt den gehört?<br />
Hier habe ich eine Zeiteinteilung, die Ihnen vielleicht helfen kann, die richtige Antwort zu<br />
finden.<br />
INT: Radio-Karten einzeln nacheinander auf Blatt 5 A vorlegen. Antworten im Schema<br />
ankreuzen.<br />
Falls kein Sender „innerhalb der letzten 2 Wochen“ gehört wurde: weiter mit Frage 7.<br />
CATI-Frageprogramm © MA 2000 Radio, 2. Welle<br />
Nun folgt der Zeitfilter für alle Sender, die schon einmal gehört wurden.<br />
Auch hier werden die Sender einzeln nacheinander vorgelesen. Ein Beispiel:<br />
FR2 Wann haben Sie w d r zwei zuletzt gehört?<br />
War das innerhalb der letzten 2 Wochen, innerhalb der letzten 2-4 Wochen<br />
oder ist es schon länger her?<br />
Innerhalb der letzten 2 Wochen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) = WHK → FR3<br />
Innerhalb der letzten 2–4 Wochen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2)<br />
Nein, länger her . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3)<br />
Nur EINE Nennung erlaubt!<br />
Hörfunk<br />
Zeitfilter 1 innerhalb der letzten 2 Wochen<br />
2 2 bis 4 Wochen<br />
3 länger her<br />
4 keine Angabe (aus Zeitfilter)<br />
5 keine Angabe (aus Generalfilter)<br />
6 noch nie gehört<br />
2.3 Frequenz: Hörhäufigkeit (pro Zeitabschnitt) pro Sender<br />
In der dritten Stufe „Hörhäufigkeit pro Sender“ wird seit 1987 ermittelt, an wie vielen<br />
Werktagen von Montag bis Samstag jeder einzelne Sender gehört wird (siehe Abb. 6).<br />
Vor 1987 wurden die Informationen zur Hörhäufigkeit detaillierter pro (Tages-) Zeitabschnitt<br />
(bspw. 08:00 bis 09:00 Uhr) pro Sender erhoben. Auf die letztgenannte Erhebungsform<br />
und deren Kompatibilität zur aktuellen Abfrage wird nachher gesondert<br />
eingegangen.<br />
Zur „Hörhäufigkeit pro Sender“ (Frequenz) werden seit 1987 alle Personen befragt,<br />
die dem „weitesten Hörerkreis“ (WHK) angehören und demnach den Einzelsender innerhalb<br />
der letzten zwei Wochen gehört haben. Wird ein Sender von einer Person an<br />
mehr als drei von sechs Tagen gehört, so wird er als Stammhörer bezeichnet. Die Personen,<br />
die einen Sender an drei oder weniger Tagen hören, gelten als Gelegenheitshörer.<br />
Beim telefonischen Interview werden die Frequenzangaben gleichermaßen erhoben (siehe<br />
Abb. 5), aber direkt eingegeben.<br />
465
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Abbildung 5: Frequenzabfrage (Hörhäufigkeit pro Woche): Fragebogen MA_1999_<br />
EM (ma_99_EM_frb.pdf: 5) und Fragebogen MA_2000_EM II (ma_00_<br />
EM_II_frb.pdf: 7) (eigene Darstellung)<br />
6 INT: Blatt 6 aufschlagen.<br />
Frage 6 für alle Sender stellen, die lt. Frage 5 „innerhalb der letzten 2 Wochen“ gehört<br />
wurden.<br />
Die Antwortmöglichkeiten werden den Befragten beim Face-to-face-Interview auf einer<br />
Karte gezeigt (siehe Abb. 6 obere Hälfte). Der Interviewer trägt die Antworten in den<br />
in der Abb. 6 untere Hälfte eingefügten Fragebogenteil in das zu jedem Sender gehörige<br />
Feld 6 ein. Nach der Befragung werden die Fragebogendaten zur Hörhäufigkeit codiert.<br />
Beispielsweise findet sich unter der Feldnummer 159 die Variable „Hörhäufigkeit“ des<br />
Senders AlsterRadio mit Ausprägungen zwischen 0 und 8.<br />
Vor 1987 wurde die Hörhäufigkeit detaillierter pro (Tages-) Zeitabschnitt pro Sender<br />
abgefragt, um die Hörerschaft pro (Tages-)Zeitabschnitt (HpTZ) zu ermitteln. Folgender<br />
Unterschied ist im Vergleich zwischen den Variablen Hörhäufigkeit pro Zeitabschnitt<br />
pro Sender (1975 bis 1986) und Hörhäufigkeit pro Sender (ab 1987) erkennbar:<br />
Vor 1987 wurden zu neun (Tages-) Zeitabschnitten alle Personen aus dem weitesten Hörerkreis<br />
(WHK) gefragt, an wie vielen Werktagen in einer normalen Woche bestimmte<br />
Einzelsender gehört wurden (Abb. 7).<br />
Vom Interviewer wurden daraufhin die entsprechenden Antworten von 0 = nie zu<br />
dieser Zeit bis 6 = an allen Werktagen für jeden Zeitabschnitt in den Fragebogen eingetragen<br />
(Abb. 8, Feld 23). Beispielsweise wurde für die Zeit zwischen 7.00 Uhr und 8.00<br />
Uhr die Anzahl der Hörtage in einer normalen Woche ermittelt. 16<br />
Die Media-Analysen von 1975 (rechts) und 1985 (links) beinhalteten dasselbe Abfrageprinzip.<br />
Dabei unterschieden sich aber die abgefragten Zeitabschnitte.<br />
Die Anzahl der erhobenen Zeitabschnitte pro Tag war nicht durchgängig konstant.<br />
Zwischen 1981 und 1986 wurden neun Zeitabschnitte abgefragt: Vor 7.00 Uhr, 7.00 bis<br />
16 Zusätzlich codiert wurden jeweils 7 = keine Angabe und 8 = nicht WHK (Abb. 11).<br />
466<br />
Wenn Sie an eine normale Woche in der letzten Zeit denken: An wievielen von den üblichen<br />
6 Werktagen montags bis samstags hören Sie im allgemeinen Sendungen vom ____________?<br />
Und wie ist es mit Sendungen vom _____________________<br />
INT: Radio-Karten einzeln nacheinander auf Blatt 6 A vorlegen.<br />
Anzahl der genannten Werktage (1 bis 6) im betreffenden Kästchen eintragen.<br />
Falls ein Sender „so gut wie nie“ gehört wird, eine Null (=0) eintragen.<br />
Nun folgt die Erfassung der Hörhäufigkeit für alle Sender im WHK.<br />
Hier ein Beispiel:<br />
FR3 Wenn Sie an eine normale Woche in der letzten Zeit denken:<br />
An wie vielen von den üblichen Wochentagen Montags – Samstags<br />
hören Sie im allgemeinen w d r zwei ?<br />
INT: Anzahl Tage eintragen !!<br />
Höre im allgemeinen nicht > eingeben<br />
0-6
Hagenah · MA-Radiodaten von 1972 bis heute<br />
Abbildung 6: Erinnerungshilfe (eigene Darstellung), Fragebogen und Codierung<br />
(eigene Darstellung) der Frequenzabfrage (Hörhäufigkeit pro Woche):<br />
Fragebogen MA_99_EM (ma_99_EM_frb.pdf: 44) und Codeplan MA 99<br />
EM (ma_99_EM_cdb.pdf: 76) (eigene Darstellung)<br />
An den 6 Wochentagen Montag bis Samstag<br />
Höre ich im Allgemeinen vom Sender<br />
_________________________________ Radio:<br />
An 6 Tagen = an jedem Tag<br />
an 5 Tagen<br />
an 4 Tagen<br />
an 3 Tagen<br />
an 2 Tagen<br />
an 1 Tage<br />
0 nie = an keinem Tag<br />
Hörhäufigkeit 0 0 von 6 Werktagen<br />
1 1 von 6 Werktagen<br />
2 2 von 6 Werktagen<br />
3 3 von 6 Werktagen<br />
4 4 von 6 Werktagen<br />
5 5 von 6 Werktagen<br />
6 6 von 6 Werktagen<br />
7 keine Angabe<br />
8 innerhalb der letzten 2 Wochen nicht gehört<br />
Felder zu:<br />
Zeitfilter Hörhäufigkeit<br />
91 156 delta radio<br />
92 157 RADIO NORA<br />
93 159 R.SH Radio Schleswig-Holstein<br />
94 159 AlsterRadio<br />
467
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Abbildung 7: Frequenzabfrage (Hörhäufigkeit pro Zeitabschnitt pro Woche):<br />
Fragebogen MA_1985 (ma_85_frb.pdf: 45) (eigene Darstellung)<br />
24 ■ INT: Blatt 24 aufschlagen!<br />
Falls „innerhalb der letzten zwei Wochen“ zu einer Zeit gehört wurde:<br />
8.00 Uhr, […], 18.00 bis 20.00 Uhr und nach 20.00 Uhr (Abbildung 9). Vorher waren<br />
es zum Teil nur 7 dieser 9 Abschnitte, die Fragen nach der Zeit vor 7.00 Uhr und nach<br />
20.00 Uhr waren nicht immer dabei (z. B. 1977).<br />
Seit 1987 spielen diese Tageszeiten keine Rolle mehr und es wird nur noch nach der<br />
generellen Radionutzung von WHK-Sendern gefragt.<br />
Es gilt zu prüfen, ob die entsprechenden Daten miteinander verknüpft werden können:<br />
Es ist annäherungsweise möglich, die älteren Daten in das schmalere Korsett der<br />
aktuelleren Erhebungen zu zwängen. Dazu kann bei den Daten von 1975 bis 1986 der<br />
maximale Tagewert aus den Zeitabschnittswerten herangezogen werden. Es ist jedoch<br />
davon auszugehen, dass dieser eher zu klein sein wird. Dem liegt folgende Problematik<br />
zugrunde, wie anhand Tabelle 2 mit konstruierten Nutzerdaten demonstriert wird. Angenommen<br />
jemand hört in einer normalen Woche von Montag bis Samstag regelmäßig<br />
nach dem Aufstehen in der Zeit zwischen 7.00 bis 8.00 Uhr Radio, so würde das in der<br />
Wochenstatistik wie bei Person 1 dargestellt aussehen. Der maximale Wert pro Zeitab-<br />
468<br />
Wenn Sie an eine normale Woche in der letzten Zeit denken: An wievielen von den 6 Werktagen<br />
montags bis samstags hören Sie im allgemeinen in der Zeit vor/zwischen …. Uhr und<br />
…. Uhr den ….?<br />
Und wie ist es zu dieser Zeit mit dem …. ?<br />
■ INT: Mit der bei Frage 23 zuerst genannten Zeit beginnen und Radio-Karten einzeln<br />
nacheinander auf Blatt 24 A vorlegen. Alle bei Frage 23 genannten Zeiten<br />
durchgehen und für jede Zeit Radio-Karten einzeln nacheinander auf Blatt 24<br />
A vorlegen!<br />
Zahl der genannten Werktage (1 bis 6) im betreffenden Kästchen eintragen.<br />
Falls ein Sender zu einer Zeit „nie“ gehört wird, eine Null (=0) eintragen.<br />
Weiter mit Frage 25 auf der Rückseite des Kästchen-Schemas.<br />
Tabelle 2: Konstruiertes Radio-Wochenmodell zur Erklärung des Methodeneffekts bei<br />
der Umkodierung der maximalen Zeitabschnittsdaten zur Hörhäufigkeit<br />
pro Woche<br />
Mo Di Mi Do Fr Sa Maximale<br />
Hör häufigkeit<br />
pro Zeit abschnitt<br />
pro Woche<br />
Hörhäufigkeit<br />
pro<br />
Woche<br />
Person 1 7.00–8.00<br />
8.00–10.00<br />
1 1 1 1 1 1 6 Tage 6 Tage<br />
Person 2 7.00–8.00 1 1 1 1 1 5 Tage 6 Tage<br />
8.00–10.00 1
Hagenah · MA-Radiodaten von 1972 bis heute<br />
Abbildung 8: links Frequenzabfrage (Hörhäufigkeit pro Zeitabschnitt pro Woche)<br />
Fragebogen MA_1985 (ma_85_frb.pdf:.46)<br />
rechts: Fragebogen MA_1975 (ma_75_frb.pdf: 24)<br />
Fragebogen MA 1985 Fragebogen MA 1975<br />
469
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Abbildung 9: Codierung der Frequenzabfrage (Hörhäufigkeit pro Zeitabschnitt pro<br />
Woche): Codeplan MA_85 (ma_85_cdb.pdf: 100)<br />
(eigene Darstellung)<br />
Hörhäufigkeit pro Zeitabschnitt pro Sender<br />
0 nie zu dieser Zeit<br />
1 an einem Werktag<br />
2 an zwei Werktagen<br />
3 an drei Werktagen<br />
4 an vier Werktagen<br />
5 an fünf Werktagen<br />
6 an allen Werktagen<br />
7 keine Angabe<br />
8 nicht WHK<br />
schnitt wäre 6 und würde der tatsächlichen Hörhäufigkeit pro Sender in einer normalen<br />
Woche entsprechen. Sollte jemand aber samstags ein wenig länger Schlafen (Person 2)<br />
und entsprechend später das Radio Einschalten (8.00 bis 10.00 Uhr) würde der maximale<br />
Zeitabschnittswert nur noch bei 5 liegen und somit kleiner sein als der reale Wert 6 Tage.<br />
Der eigentliche Wert 6 kann aber deshalb nicht ermittelt werden, weil – abweichend zu<br />
dem konstruierten Wochenmodell in Tabelle 2 – bei dem älteren Modell keine Angaben<br />
zu den einzelnen Wochentagen, sondern nur zu einer „normalen Woche“ vorliegen.<br />
Letztlich ist es aber möglich, die Daten vor und ab 1987 in eine Variable zu „zwängen“,<br />
der beschriebene Methodeneffekt sollte aber beachtet werden.<br />
2.4 Tagesablauf<br />
Stichtagsbezogene Nutzungsaktivitäten zum gestrigen Tag wurden prinzipiell schon<br />
1975 erhoben. Seit 1987 erfolgt dies in einer detaillierteren Form (Buß 1998: 77ff.).<br />
Von allen Befragten wird seit 1987 bei der Abfrage des Tagesablaufs für den jeweils<br />
gestrigen Tag von 5 bis 24 Uhr ermittelt, welche Tätigkeit zu jeder Viertelstunde ausgeübt<br />
wurde (vgl. Akinci 2004). „Die Interviews werden nach Stichtagen gleichmäßig über<br />
die Woche verteilt, so dass in der Gesamtstichprobe die einzelnen Wochentage in etwa<br />
gleichem Umfang repräsentiert sind“ (Koschnick 2004b).<br />
470<br />
Hansaw .<br />
Radio<br />
Bremen<br />
Nordd.<br />
Rundf.<br />
NDR1<br />
Nordd.<br />
Rundf.<br />
NDR2<br />
vor 7.00 Uhr 3929 3930 3931<br />
7.00 — 8.00 Uhr 3946 3947 3948<br />
8.00 — 10.00 Uhr 3963 3964 3965<br />
10.00 — 12.00 Uhr 3980 3981 3982<br />
12.00 — 14.00 Uhr 3997 3998 3999<br />
14.00 — 16.00 Uhr 4014 4015 4016<br />
16.00 — 18.00 Uhr 4031 4032 4033<br />
18.00 — 20.00 Uhr 4048 4049 4050<br />
nach 20.00 Uhr 4065 4066 4067
Abbildung 10: Tagesablauf-Abfrage (Akinci 2004: 2)<br />
TAGES-<br />
ABLAUF<br />
von<br />
gestern:<br />
Wochentag<br />
von gestern<br />
eintragen!<br />
Hagenah · MA-Radiodaten von 1972 bis heute<br />
zu Hause außer Hause Radio hören<br />
Körperpflege/ Anziehen<br />
Essen/ Mahlzeiten<br />
Haus-/ Berufsarbeit<br />
andere Tätigkeiten/ freie Zeit<br />
Im Auto unterwegs<br />
Schlafen<br />
Datum von<br />
gestern<br />
eintragen!<br />
Kärtchen-Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 54 55 59<br />
7.00 - 7.15 9 X X<br />
7.15 - 7.30 10 X<br />
7.30 - 7.45 11 X<br />
7.45 - 8.00 12<br />
Wie in Abbildung 10 dargestellt, gehören zu den Aktivitäten unterschiedliche Leittätigkeiten<br />
„im Haus“ sowie „außer Haus“ und beinhalten Kategorien wie bspw. Schlafen,<br />
Beruf, Hausarbeit und Einkaufen. Kern dieser Abfrage ist jedoch die Ermittlung der Radionutzung<br />
jedes Einzelsenders. Diese detaillierte Erhebungsform, in der für jede Viertelstunde<br />
Nutzungsaktivitäten verbunden mit Leittätigkeiten erhoben wurden, wird seit<br />
1987 kontinuierlich durchgeführt. Vorher waren die abgefragten Zeitabschnitte größer<br />
(halbe oder volle Stunden) und Leitaktivitäten wurden nicht abgefragt (ausführlicher im<br />
nächsten Abschnitt).<br />
Der Interviewer unterstützt den Befragten in einem Gespräch, sich mit Hilfe der eben<br />
genannten Leittätigkeiten an den Verlauf des gestrigen Tages zu erinnern. Auf diese Weise<br />
kann nicht nur das Hören unterschiedlicher Sender eines Intervalls erfasst werden,<br />
sondern auch, welche Sender während welcher anderen Tätigkeit gehört wurde (Akinci<br />
2004: 2). Es werden also auch parallel stattfindende Aktivitäten erfasst.<br />
Der Abbildung 11 lassen sich die Intervieweranweisungen und die vorzulesenden<br />
Abschnitte für die persönlich-mündlich durchgeführten Befragungen entnehmen. Der<br />
Interviewer muss für jede Viertelstunde des davorliegenden Tages alle Tätigkeiten in den<br />
in Abb. 10 ausschnittsweise gezeigten Fragebogen eintragen.<br />
Beim telefonischen Interview sehen die Instruktionen zur Tagesablauf-Befragung wie<br />
in Abb. 12 dargestellt aus. Für jede Viertelstunde von 5.00 – 24.00 öffnet sich bei der<br />
Befragung ein Eingabefenster in das mindestens eine Leittätigkeit bzw. die Nutzung<br />
eines Mediums eingetragen werden muss.<br />
Codiert werden die Tagesablaufvariablen als sog. „Dummy“-Variablen, d. h. für jede<br />
Einkaufen/ Besorgungen<br />
Berufsarbeit<br />
Schule/ Studium<br />
Besuch bei Freunden, Bekannten, Verwandten<br />
Besuch von Kneipen, Gaststätten, Restaurants<br />
andere Tätigkeiten/ freie Zeit<br />
SWF 1<br />
SWF 3<br />
S 2 Kultur<br />
471
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Abbildung 11: Fragebogenhandling der Tagesablauf-Abfrage beim persönlichmündlichen<br />
Interview: Fragebogen MA_1999_EM (ma_99_EM_frb.<br />
pdf: 9) (eigene Darstellung)<br />
11 INT: Die laut Frage 5 bereitgehaltenen „innerhalb der letzten 2 Wochen gehört“ Radio-<br />
Karten vor dem Befragten ausbreiten. Liste Y ebenfalls vor dem Befragten aufgeschlagen<br />
liegen lassen.<br />
Im Rahmen dieser Untersuchung möchten wir gerne einmal feststellen, was die Bevölkerung<br />
zu bestimmten Tageszeiten macht. Hierfür möchte ich gerne den gestrigen Tag einmal<br />
mit Ihnen durchgehen und zwar beginnend mit 5.00 Uhr morgens.<br />
Bis wann Sie geschlafen haben, was Sie im Laufe des gestrigen Tages bis 24.00 Uhr nachts<br />
alles gemacht haben. Dabei möchte ich natürlich auch gerne erfahren, ob und wann Sie<br />
gestern Radio oder Schallplatten, Tonband, Kassetten, CDs gehört und ob und wann Sie<br />
gestern fern- oder Video gesehen oder sich mit dem PC beschäftigt haben.<br />
Beim Radiohören interessieren wir uns genau für die einzelnen Sender und Programme.<br />
Denken Sie bitte auch an Zeiten, in denen Sie nur kurz oder nebenbei Radio gehört haben.<br />
Ich möchte nur wissen, wie das gestern war, also auch dann, wenn der gestrige Tag nicht<br />
besonders typisch war.<br />
472<br />
ACHTUNG INTERVIEWER:<br />
• Die ausgebreiteten Radio-Karten und die Liste Y mit den Rundtunksendern und<br />
Radioprogrammen sollen für den Befragten eine Erinnerungshilfe sein.<br />
• Die Tätigkeit „Autofahren“ gilt auch für Beifahrer.<br />
• Unbedingt bei jeder Tätigkeit (auch Außer-Haus) nachfragen, ob dabei Radio gehört<br />
wurde.<br />
• Die Tätigkeit „schlafen“ schließt auch „im Bett liegen“, „sich ausruhen“ ein, dabei<br />
kann auch Radio gehört werden.<br />
Bei den Tätigkeiten zu Hause und außer Haus:<br />
• Für jede Viertelstunde muß eine Angabe gemacht werden.<br />
• Mehrfachnennungen sind möglich.<br />
• Nicht zuordenbare Tätigkeiten sind unter „andere Tätigkeiten /Freie Zeit“ einzutragen.<br />
• Bei Radioprogrammen sind Doppelnennungen innerhalb der gleichen Viertelstunde<br />
möglich. Es wird z.B. innerhalb der gleichen Viertelstunde von einem Radioprogramm<br />
auf das andere umgeschaltet.<br />
• Es kann gleichzeitig Radio gehört und ferngesehen werden.<br />
INT: Jetzt im nachfolgenden Tagesablauf mit 5.00 Uhr morgens beginnend bis 24.00<br />
Uhr nachts viertelstundenweise in den entsprechenden Kästchen genau markieren, was<br />
der Befragte gestern von wann bis wann alles gemacht hat. Sind bei einer Tätigkeit (z.B.<br />
Berufsarbeit außer Haus) viele 1/4 Std.-Kästchen hintereinander zu markieren, kann<br />
ein Lineal hilfreich sein. Bitte beachten Sie zum Ausfüllen des Tagesablaufs auch die besonderen<br />
Hinweise im Interviewer-Anschreiben.
Hagenah · MA-Radiodaten von 1972 bis heute<br />
Abbildung 12: Fragebogenhandling und Dateneingabe bei der Tagesablauf-Abfrage<br />
beim telefonischen Interview: Fragebogen MA_2000_EM II (ma_00_<br />
EM_II_frb.pdf:7f.)<br />
Im Rahmen dieser Untersuchung soll unter anderem herausgefunden werden, zu welchen Zeiten<br />
welche Radiosender gehört werden und wann ferngesehen wird. Daran kann man sich erfahrungsgemäss<br />
am besten erinnern, wenn man sich überlegt, was man den Tag über im einzelnen<br />
gemacht hat:<br />
wann man aufgestanden ist, wann man zur Arbeit oder zum Einkaufen gegangen ist usw.<br />
Wie war das gestern bei Ihnen?<br />
INT: ACHTUNG: Der Tagesablauf kann nicht unterbrochen und nur einmal im Interview aufgerufen<br />
werden.<br />
Tagesablaufschema – Bildschirmmatrix:<br />
Abbildung 13: Tagesablauf-Abfrage: Fragebogen MA_1975 (ma_75_frb.pdf: 23)<br />
(eigene Darstellung)<br />
41.a) Und wie war das gestern (Montaginterview: vorgestern) nun im einzelnen: Wann haben<br />
Sie zum ersten Mal Radio gehört?<br />
INTERVIEWER: Für jede Tageszeit, zu der gehört wurde, sofort nachfragen: Liste 27 vorlegen!<br />
41.b) Und welchen Sender, welches Programm hatten Sie eingeschaltet?<br />
Hier sind Kärtchen mit dem Namen der Rundfunksender und Programme, an denen Sie<br />
die Sender erkennen können:<br />
INTERVIEWER: In freiem Gespräch alle Tageszeiten durchgehen und möglichst genau<br />
feststellen und kringeln, zu welchen Tageszeiten der Befragte gestern (Montaginterview:<br />
vorgestern) Radio gehört hat und welchen Sender, welches Programm der<br />
Befragte gestern (Montaginterview: vorgestern) zu den entsprechenden Zeiten eingeschaltet<br />
hatte.<br />
473
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Abbildung 14: Tagesablaufraster: Fragebogen MA_1975 (ma_75_frb.pdf: 24)<br />
474
Hagenah · MA-Radiodaten von 1972 bis heute<br />
Viertelstunde und jede Tätigkeit gibt es eine Variable. Auf diese Weise ist jeweils abzulesen,<br />
ob die Tätigkeit in dieser Viertelstunde ausgeführt wurde (1 = ja) oder nicht (0 =<br />
nein).<br />
Auch beim älteren MA-Erhebungsmodell von 1975 bis 1986 gab es Fragen zum jeweils<br />
gestrigen Tagesablauf (am Montag zu vorgestern, zum Sonntag wurde nicht befragt).<br />
Dieses „freie Gespräch“ beschränkte sich jedoch auf das Einholen von Nutzungswerten<br />
zu den elektronischen <strong>Medien</strong> Radio und Fernsehen (Abb. 13), Leittätigkeiten<br />
im und außer Haus wurden (noch) nicht abgefragt.<br />
Wie in Abbildung 14 zu sehen, wurde die Radiorezeption pro Zeitabschnitt abgefragt.<br />
Für die Zeit zwischen 6.00 und 8.00 Uhr waren das Halbstunden, danach bis 19.00<br />
Uhr volle Stunden. Ab 1979 wurde der Tagesablaufbereich vergrößert, so dass die halben<br />
ab 5.00 Uhr und die vollen Stunden bis 22.00 Uhr thematisiert wurden.<br />
Da die im Fragebogen 1975 beschriebenen Tagesablaufdaten nicht im dazugehörigen<br />
Codeplan ausgewiesen sind, wird im Folgenden auf diejenigen des Jahres 1976 (Abbildung<br />
1) verwiesen. Die in der Abbildung 15 als Merkmal C bezeichneten Daten, wurden<br />
auch als „gestern pro Zeitabschnitt pro Sender bezeichnet“ und codiert mit 1 = gestern<br />
ja, 2 = gestern nein und 3 = nicht WHK.<br />
Es ist möglich, die Viertelstundendaten des aktuellen Erhebungsmodells in die (Halb-)<br />
Abbildung 15: Codeplan MA 1976 (ma_76_cdb.pdf: 79, 78)<br />
475
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Stundendaten der älteren Erhebungen umzukodieren. Dies beinhaltet jedoch einen Informationsverlust<br />
für die neueren Daten. Wichtiger ist es aber, einen denkbaren Methodeneffekt<br />
bei der Dateninterpretation zu berücksichtigen. Für ein paar Sender ist<br />
somit der Tagesablauf innerhalb des Zeitfensters von 6.00 Uhr bis 19.00 Uhr in (Halb-)<br />
Stunden von 1976 an analysierbar.<br />
2.5 Zusammenfassung: Sender-Abfragemodelle<br />
In Tabelle 3 werden die Nutzungsmöglichkeiten der vier Kernkomplexe der beiden<br />
eingesetzten Erhebungsmodelle (1975 bis 1986 bzw. ab 1987 bis heute) für Longitudinalstudien<br />
zusammenfassend miteinander verglichen. Problemlos lassen sich die Daten<br />
zu General- und Zeitfilter von 1975 bis heute verknüpfen. Lange Reanalysen zur Frequenzabfrage<br />
lassen sich nur sehr eingeschränkt bewerkstelligen, Tagesablaufstudien<br />
sind nach Umkodierungen der aktuelleren Viertelstundendaten auf (Halb-) Stunden für<br />
einen begrenzten Tageszeitraum (6.00 – 19.00 Uhr) unter Berücksichtigung eines Methodeneffekts<br />
eingeschränkt möglich.<br />
Tabelle 3: Nutzungsmöglichkeiten senderspezifischer Radiodaten von 1975 bis heute:<br />
Vergleich zwischen altem und aktuellem Erhebungsmodell<br />
Abfrageblock<br />
Generalfilter<br />
Für alle<br />
schon mal<br />
gehörten<br />
Sender:<br />
Zeitfilter<br />
Letzte 14<br />
Tage gehört:<br />
Frequenz<br />
Alle Befragten:Tagesablauf<br />
476<br />
Aktuelles Abfragemodell<br />
(seit 1987)<br />
Schon mal gehört?<br />
„wann zuletzt?“<br />
länger her/<br />
2-4 Wochen her/<br />
letzte 14 Tage<br />
Hörhäufigkeit:<br />
„wie viele der<br />
sechs Werktage?“<br />
Hörer gestern<br />
pro Viertelstunde<br />
(ja/ nein); an<br />
Leittätigkeiten<br />
gekoppelt<br />
Altes Abfragemodell<br />
(1975 bis 1986)<br />
Schon mal gehört?<br />
„wann zuletzt?“<br />
länger her/<br />
2-4 Wochen her/<br />
letzte 14 Tage<br />
Hörhäufigkeit<br />
pro Zeitabschnitt:<br />
„wie<br />
viele der sechs<br />
Werktage?“<br />
Hörer gestern<br />
pro Zeitabschnitt:<br />
(Halbe-)<br />
Stunde (ja/<br />
nein); nicht an<br />
Leittätigkeiten<br />
gekoppelt<br />
Methodischer<br />
Vergleich<br />
Längsschnittliche<br />
Nutzbarkeit<br />
identisch Problemlos<br />
1975 bis heute<br />
identisch Problemlos<br />
1975 bis heute<br />
Detaillierter<br />
beim alten<br />
Modell pro Zeitabschnitt<br />
(z. B.<br />
7.00 – 8.00 Uhr<br />
an 0 bis 6)<br />
Unterschiedliche<br />
Zeiteinheiten<br />
Sehr Eingeschränkt<br />
möglich<br />
1975 bis heute: Besser<br />
1975 bis 1986 + 1987<br />
– heute<br />
(Deutlicher Methodeneffekt)<br />
Eingeschränkt möglich:<br />
1976 bis heute:<br />
Besser 1975 bis 1986 +<br />
1987 – heute<br />
Viertelstundendaten<br />
umkodieren in (Halb-)<br />
Stundendaten (Informationsverlust,Methodeneffekt).
Hagenah · MA-Radiodaten von 1972 bis heute<br />
3. Abgeleitete Daten: Aggregationen und Segmentationen<br />
Neben den ursprünglichen Fragebogeninformationen lassen sich in den ausgelieferten<br />
Datensätzen der Media-Analyse auch abgeleitete Variablen finden. Dazu gehören Aggregationen,<br />
Nutzungswahrscheinlichkeiten, Kontaktsummen und Varianzen. Informationen<br />
zu diesen Daten lassen sich in den Codeplänen finden, in den Fragebögen<br />
nicht. Als klassisch abgeleitet können die vielen Aggregationen (Zusammenfassungen)<br />
bezeichnet werden. Sie bestehen i.d.R. aus Summen von Einzelwerten.<br />
Nutzungswahrscheinlichkeiten werden mit einem Segmentationsprogramm berechnet<br />
(siehe Abschnitt 3.1) und sollen nach Mai (2003: 18) angeben können, wie viele<br />
Personen zukünftig an einem durchschnittlichen Tag (Hörer pro Tag), in einer bestimmten<br />
Stunde (Hörer pro Stunde) oder in einer durchschnittlichen Stunde Radio hören.<br />
Kontaktsummen und Varianzen werden auf Basis der Nutzungswahrscheinlichkeiten<br />
berechnet (Abschnitt 3.2).<br />
Beim Großteil der zur Verfügung stehenden Variablen handelt es sich um in den<br />
Codeplänen als abgeleitet bezeichnete Daten. Eigentlich sollte man sie eher als aufbereitete<br />
bezeichnen, da die Auswahl der dafür verwendeten Methoden und Begriffe<br />
programmatisch geprägt geschieht. Aber aufgrund einer ansonsten eher verwirrenden<br />
Darstellung werden sie weiterhin abgeleitet genannt. Um deren aktuellen Anteil zu veranschaulichen,<br />
werden die Datenblöcke der MA 2000 Radio kurz beschrieben: Von den<br />
neun Teildateien beinhalten drei originäre Befragungsdaten. Teil A enthält unter anderem<br />
die Angaben zur Demografie (plus Besitz im Haushalt etc.), Teil A Eins die Tätigkeiten<br />
aus dem Tagesablauf und Teil H die Originärinformationen zur <strong>Medien</strong>nutzung.<br />
In den Teilen B bis G findet man nach bestimmten Konventionen aufbereitete Daten<br />
zum Werbeträgerkontakt (WTK) 17 und zum Werbemittelkontakt (WMK) 18 . Hierbei<br />
17 Ein Werbeträgerkontakt (WTK) ist jeder – auch flüchtige Kontakt – zwischen einer Person und<br />
einem Werbeträger (z. B. einer Zeitung/Zeitschrift, einem Fernseh- oder Hörfunksender). Der<br />
WTK im Hörfunk „gibt die Anzahl der Personen an, die von einem oder mehreren Werbeträgern<br />
mindestens einmal in irgendeiner Viertelstunde innerhalb einer Stunde einmal erreicht werden.<br />
In die Berechnung dieser Netto-Reichweite geht jede Person nur einmal ein, d. h. Doppel-<br />
und Mehrfachkontakte werden nicht innerhalb einer Stunde berücksichtigt“ (www.topradio.<br />
de, 2004). Eine Werbeträgerkontakt-Chance liegt vor, wenn mindestens eine Viertelstunde in<br />
einer werbungführenden Stunde gehört wird (Mai 2003). Da dieser Kontakt theoretisch auch<br />
bei nur „einer Viertelstunde nach einem Werbeblock erfolgen kann, spricht man hier von der<br />
Kontaktchance zum Werbeträger – Radio/ Sender“ (www.rms.de, 2004a).<br />
18 Ein Werbemittel-Kontakt (WMK) ist jeder – auch flüchtige Kontakt – zwischen einer Person<br />
und einem Werbemittel (z. B. einer Anzeige, einem Hörfunk- oder Werbefernsehspot). Der<br />
WMK im Hörfunk „gibt die Anzahl der Personen an, die in einer durchschnittlichen Viertelstunde<br />
innerhalb einer Stunde erreicht werden. Die Hörer der durchschnittlichen Viertelstunde<br />
errechnen sich dabei aus dem arithmetischen Mittel der Addition der Hörer, die in den vier<br />
Viertelstunden einer Stunde mindestens einmal erreicht wurden“ (www.topradio.de, 2004).<br />
Der Werbemittelkontakt ist nach Koschnick (2004a) „die Größe, die angibt, wie viele Nutzer<br />
eines Mediums mit einem konkreten Werbemittel Kontakt hatten, d. h. mindestens irgendetwas<br />
darin wahrgenommen haben. Die Werbemittelkontaktchance (WMKC) verallgemeinert den<br />
Werbemittelkontakt, indem sie die Chance eines durchschnittlichen Werbemittels, d. h. aller<br />
Werbemittel in einem Medium, misst und dies als Wahrscheinlichkeit ausdrückt.“ Berechnet<br />
wird sie, „indem man den WMK durch den WTK dividiert und mit 100 multipliziert. Das<br />
Ergebnis zeigt das prozentuale Verhältnis des WMK zum WTK. Eine Person, die vier Viertelstunden<br />
nutzt, hat somit eine Nutzungswahrscheinlichkeit von 100 %, eine Person, die nur eine<br />
Viertelstunde nutzt, hat eine Nutzungswahrscheinlichkeit von 25 %“ (www.rms.de, 2004b).<br />
477
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
handelt es sich um für die Werbe- und Mediaindustrie abgeleitete Daten, die vor allem<br />
in Wahrscheinlichkeitswerte (p-Werte) transformiert wurden und als Prognosemittel für<br />
die zukünftige <strong>Medien</strong>nutzung dienen und bei der Mediaplanung helfen sollen. Auf<br />
diese Weise wird es ermöglicht, in speziellen Planungsprogrammen Reichweiten bei<br />
mehreren Schaltungen auszuweisen.<br />
3.1 Ermittlung der Nutzungswahrscheinlichkeiten (p-Werte) durch Segmentation<br />
Die Berechnung der Nutzungswahrscheinlichkeiten mittels Segmentation erfolgt jeweils<br />
für diejenigen Befragten, die zum weitesten Hörerkreis eines Senders gehören<br />
und wird in Abbildung 16 erklärt. Grob verkürzt kann man sagen, dass versucht wird,<br />
mit Hilfe statistischer Verfahren Nutzungsabstufungen zwischen 0 und 100 Prozent für<br />
die Hörer jedes Senders zu finden. Automatisch eine 0 bekommen dabei Nichthörer,<br />
die nicht zum weitesten Hörerkreis gehören, und 100 Prozent zuverlässige Stammhörer.<br />
Dazwischen werden mit Hilfe eines Segmentationsprogramms Personen mit ähnlichen<br />
Radionutzungsgewohnheiten und soziodemographischen Merkmalen auf Basis einer<br />
Diskriminanzanalyse gruppiert.<br />
Den komplizierten Verarbeitungsprozess beschrieb Ernst 1978 mit folgenden Worten:<br />
„Zwischen der Erhebung der Daten und dem Ausweis von Nutzungswahrscheinlichkeiten wird ein<br />
beachtlicher und notwendiger Aufwand an ‚Verarbeitung’ getrieben: es wird transformiert, egalisiert,<br />
redressiert, segmentiert und so weiter und den bereits zitierten interessierten ‚Laien’ überfällt<br />
gelegentlich ein diffuses Unbehagen, wenn er betrachtet und zu verstehen versucht, was da alles<br />
aufgewend(t)et wird, um zu einer so einfachen Information zu kommen, die als ‚p-Wert’ bekannt ist.<br />
Wobei ich nicht unbedingt sicher bin, ob denn alle MA-Mitglieder imstande wären, einem weniger<br />
interessierten Laien zu erklären, was denn dieses ominöse ‚p’ überhaupt bedeutet.“ (Ernst 1995:<br />
90)<br />
Mindestens drei Segmentationsprogramme sind im Laufe der Jahre in der MA eingesetzt<br />
worden 19 : „Zunächst war es ein Programm, das Infratest, München, aus Frankreich<br />
übernommen hatte, dann ein ebenfalls aus Frankreich entlehntes Programm von<br />
ISBA und schließlich ein Programm, das IBM, Frankfurt/Main, für das Bureau Wendt,<br />
Hamburg, unter Verwendung der deutsch-französischen Erfahrungen geschrieben hat“<br />
(Koschnick 2004c).<br />
Der Werbemittelkontakt bei den Funkmedien in seiner reinsten Form ist gleich dem Kontakt mit<br />
dem konkreten Werbespot (Koschnick 2004a). Diese Information sei aus einem Metersystem<br />
wie dem der AGF/GfK-Fernsehforschung relativ leicht, aus Befragungen jedoch nur schwer zu<br />
gewinnen. Der durchschnittlichen Werbemittelkontaktchance entspricht die Blockreichweite in<br />
einer halben Stunde bzw. Stunde mit Werbung. Auch sie sei aus einem Metersystem recht leicht,<br />
aus Befragungen jedoch nur schwer zu gewinnen und entsprechend für das Fernsehen leichter<br />
herstellbar als für den Hörfunk.<br />
19 Es muss noch recherchiert werden, wann die Segmentationsprogramme gewechselt wurden.<br />
Leider gibt es laut Auskunft der ARD Werbung & Sales Services GmbH keine Publikation,<br />
aus der der Ablauf der Geschichte der Segmentation innerhalb der MA abgelesen werden kann.<br />
Diesbezügliche Anfragen bei der AG.MA blieben erfolglos. Auch Herr Koschnick konnte bei<br />
einem persönlichen Gespräch keine weiteren Details berichten.<br />
478
Hagenah · MA-Radiodaten von 1972 bis heute<br />
Abbildung 16: Die Berechnung der Nutzungswahrscheinlichkeiten mittels<br />
Segmentation (Eigene Darstellung in Anlehnung an Mai 2003: 19)<br />
Die Berechnung der Nutzungswahrscheinlichkeiten<br />
Die Berechnung der p-Werte eines Senders erfolgt pro Werbestunde und getrennt für Männer<br />
und Frauen mit Hilfe der Segmentation.<br />
Hierfür wird der weiteste Hörerkreis in Segmente unterteilt, die in sich möglichst homogen<br />
sind, z. B. niedrige und hohe Radionutzung. Die Segmente unterscheiden sich jedoch stark<br />
in ihrer Reichweite der jeweiligen Stunde. Die beiden so entstandenen Segmente werden nun<br />
ihrerseits in jeweils zwei Segmente unterteilt, die sich stark in ihrer Reichweite unterscheiden<br />
(z. B. jüngere und ältere Befragte). Wenn ein Segment nicht weiter teilbar ist, wird den Befragten<br />
dieses Segments als p-Wert die Reichweite in Prozent zugewiesen. Dieser Wert liegt zwischen<br />
0 und 100% und gibt an, mit wie viel Prozent Wahrscheinlichkeit der Befragte in dieser Stunde<br />
über diesen Sender erreicht werden kann. Alle Befragten, die nicht zum weitesten Hörerkreis<br />
gehören, erhalten den p-Wert Null.<br />
Die Auswahl der Segmentationsvariablen erfolgt durch ein Segmentationsprogramm, das aus<br />
gegebenen Variablen diejenigen aussucht, die am besten trennen.<br />
Beispiel: Sender XY in der Uhrzeit 8.00 – 9.00 Uhr, Männer<br />
Berufstätige Männer mit einer geringen Radionutzung aus dem WHK des Senders XY haben<br />
in der Zeit zwischen 8.00–9.00 Uhr eine Wahrscheinlichkeit von 18 %. Bei der Berechnung des<br />
Hörers pro Stunde gehen sie daher nicht mit ihrer Anzahl 90, sondern nur mit 18 % davon (16)<br />
ein. Die Summe der Reichweiten der einzelnen Segmente ergibt wieder die Reichweite pro Stunde<br />
(21 + 14 + 16 + 9 = 60).<br />
Beispiel einer Segmentation<br />
Die seit 1971 durchgeführten Segmentationsberechnungen beziehen sich auf das Erstellen<br />
von p-Werten für den Werbeträgerkontakt, WMK-Daten sind erst seit 1992 in<br />
den Media-Analysen enthalten. Da der p-Wert über die Jahre hinweg immer zwischen<br />
0 und 100 Prozent (bis 1975: 0 bis 99 %) variierte, scheint auf den ersten Blick eine<br />
Vergleichbarkeit gegeben zu sein. Es muss jedoch beachtet werden, dass das Zustandekommen<br />
auf jeweils unterschiedlichen Verfahren basiert, die zum Teil sogar jährlich<br />
„optimiert“ wurden.<br />
479
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Es ließe sich problemlos ein Datensatz mit Nutzungswahrscheinlichkeiten von 1972<br />
bis heute erstellen, aber Ergebnisse möglicher Longitudinalstudien müssten an den<br />
Bruchstellen (Methodenwechsel: unterschiedliche Segmentationsverfahren) entsprechend<br />
vorsichtig interpretiert werden. Es bedarf letztlich einer intensiven Überprüfung<br />
der verwendeten Programme. Prinzipiell ließen sich Teile der Daten auch im Nachhinein<br />
in eine der verwendeten Strukturen bringen (unter Verwendung eines der Segmentationsprogramme<br />
oder von allen dreien im Vergleich), das wird jedoch als eine sehr<br />
aufwändige Anwendungsmöglichkeit eingeschätzt. Überlegenswert erscheint auch die<br />
ebenso aufwändige Möglichkeit, alte und neue Daten nach einer neuen (zu entwickelnden)<br />
Konvention in p-Formate zu bringen, die bessere Prognosemöglichkeiten bieten.<br />
3.2 Ermittlung der Kontaktsummen und Varianzen auf Basis der<br />
Nutzungswahrscheinlichkeiten (p-Werte)<br />
Auf Basis der p-Werte werden Kontaktsummen und Varianzen für Einzelsender und<br />
Senderkombinationen berechnet. Die Kontaktsumme beschreibt die Zahl der Kontakte,<br />
die ein Hörer mit dem betreffenden Werbeträger oder Werbemittel hat. Statistisch<br />
betrachtet handelt es sich um einen Erwartungswert, da dieser aus den Nutzungswahrscheinlichkeiten<br />
berechnet wird (siehe Unger et al. 2003: 68). In den folgenden Bereichen<br />
wurden Kontaktsummen als p-Werte für den Werbeträger- oder Werbemittelkontakt<br />
berechnet: Einzelsender pro durchschnittliche Stunde, Senderkombinationen pro<br />
durchschnittliche Stunde sowie für Einzelsender und Senderkombinationen pro Zeitabschnitt.<br />
Die Kontaktsumme K einer Senderkombination wird bei m <strong>Medien</strong>kontakteinheiten<br />
laut Codeplan MA 2000 EM II (ma_00_EM_II_cdb.pdf: 80) wie folgt berechnet:<br />
K = p1 + p2+ … + pm. Kontaktsummen sind also nichts anderes als addierte oder auf<br />
durchschnittliche Zeitintervalle bezogene p-Werte (z. B. durchschnittliche Stunde: 08.00<br />
bis 9.00 Uhr).<br />
Ähnliches gilt für die Varianzen. Eine Varianz V ist gleich p1*(1-p1) und die Varianz<br />
einer Senderkombination besteht aus der Summe der Varianzen pro Einzelsender. Sie<br />
dienen als Maß für die Streuung innerhalb der Stichprobe und sollen quasi die Zielgenauigkeit<br />
bei der Mediaplanung beschreiben (Unger et al. 2003: 17).<br />
Kontaktsummen und Varianzen von <strong>Medien</strong>kombinationen sowie die Nutzungswahrscheinlichkeiten<br />
für durchschnittliche Zeitintervalle werden laut Codeplan MA<br />
2000 EM II (ma_00_EM_II_cdb.pdf: 80) immer nur für die so genannten „zulässigen“<br />
Zeiten, also für die mit Werbung belegbaren Stunden, pro Individuum aus den Nutzungswahrscheinlichkeiten<br />
errechnet.<br />
3.3 Zusammenfassung: abgeleitete Variablen<br />
Gemeinsam haben die aufbereiteten Nutzungswahrscheinlichkeiten, dass jeweils p-<br />
Werte mit Zahlen zwischen 0 und 100 berechnet wurden. Diese Daten könnten daher<br />
auch problemlos über die Zeit in eine gemeinsame Matrix eingespielt werden. Allerdings<br />
wurden bei der Segmentation drei unterschiedliche Programme verwendet, so dass eine<br />
Vergleichbarkeit kaum einzuschätzen ist. Die Problematik bezieht sich auch auf die aus<br />
den Nutzungswahrscheinlichkeiten gebildeten Kontaktsummen und Varianzen, die zudem<br />
nur für die „werberelevanten“ Zeiten berechnet wurden. Die Aggregationen (Zusammenfassungen)<br />
können jedoch problemlos übernommen werden.<br />
480
Hagenah · MA-Radiodaten von 1972 bis heute<br />
4. Fazit<br />
Wie die Dokumentenanalyse gezeigt hat, lassen sich aus den Media-Analysen lange<br />
Zeitreihen erstellen, welche die Radiorezeption von 1976 an nachzeichnen können.<br />
Insbesondere die originären Senderrezeptionsdaten zu General- und Zeitfilter stehen<br />
dafür zur Verfügung und lassen – methodisch unbedenklich – über die Zeit ermitteln, in<br />
welchem Jahr welche Sender schon mal gehört wurden und wie weit die letzte Nutzung<br />
zurückliegt. Methodisch bedenklicher ist die longitudinale Nutzung der Frequenz- und<br />
der Tagesablaufvariablen einzuschätzen, da sie methodisch mit einem anderen Ansatz<br />
(Hörhäufigkeit pro Sender vs. Hörhäufigkeit pro Zeitabschnitt pro Sender) oder bezogen<br />
auf unterschiedliche Zeiteinheiten (Viertelstunden vs. [Halb-]Stunden) erhoben<br />
wurden. Allerdings können auch sie unter Beachtung der zu erwartenden Methodeneffekte<br />
für longitudinale Analysen genutzt werden. Ein Großteil der abgeleiteten Variablen<br />
kann jedoch erst nach einer genaueren Analyse der zur Ermittlung der p-Werte<br />
eingesetzten Segmentationsprogramme methodisch abgesichert über die Zeit genutzt<br />
werden. 20<br />
Ziel dieses Beitrags war es, die Möglichkeiten der Zeitreihenbildung mit Media-Analysen<br />
transparent und für andere nachvollziehbar darzustellen, auch um somit der Forderung<br />
von Lauf und Peiser (1999: 231ff.) nach einer ausführlichen Methodendokumentation<br />
bei der Aufbereitung von Datensätzen zu folgen. In einem nächsten Schritt können<br />
aus unterschiedlichsten Blickrichtungen Zeitreihen gebildet, statistisch geprüft und<br />
interpretiert werden. Für vertiefte Untersuchungen erscheint es sinnvoll, die Zeitreihen<br />
nach soziodemographischen Charakteristika differenziert zu erstellen: Beispielsweise<br />
können unter dem Oberbegriff Lebenszyklus Entwicklungen von Tendenzen bezüglich<br />
Alter, Kohorte, Geschlecht, Familienstand und Berufsstand untersucht werden. Unter<br />
dem Oberbegriff Sozialstatus lassen sich Entwicklungen bezüglich Bildung, Berufsstatus<br />
und Einkommen analysieren. 21<br />
Darüber hinaus sollten analoge Dokumentenanalysen die Fernseh-, Zeitschriftenund<br />
Zeitungsvariablen der Media- und Leser-Analyse zum Untersuchungsgegenstand<br />
haben, da diese ein ähnliches Potenzial für die longitudinale Analyse aufweisen.<br />
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20 Die Nutzungswahrscheinlichkeiten innerhalb eines einzelnen Querschnittes können jedoch<br />
unproblematisch genutzt werden.<br />
21 Geprüft wird zudem, inwieweit Entwicklungen in Abhängigkeit vom Lebensstil bspw. unter der<br />
Verwendung der Operationalisierungsstrategie von Wahl (2006; 2003; 1997) untersucht werden<br />
können.<br />
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Hagenah · MA-Radiodaten von 1972 bis heute<br />
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auf dem Prüfstand. (S. 61–112). Bonn: ZV Zeitungsverlag Service GmbH.<br />
Seufert, W. & Suckfüll, M., 2006. Zeitverfügbarkeit und Zeitbewertung als Erklärungsfaktoren der<br />
individuellen <strong>Medien</strong>nutzung. In Hagenah, J. & Meulemann, H. (Hrsg.). Sozialer Wandel und<br />
<strong>Medien</strong>nutzung in der Bundesrepublik Deutschland. (S. 72-92). Münster: LIT Verlag.<br />
Unger, F., Durante, N. V., Gabrys, E., Koch, R. & Wailersbacher, R., 2003. Mediaplanung. Methodische<br />
Grundlagen und praktische Anwendungen. Berlin, Heidelberg, New York: Springer-<br />
Verlag.<br />
Van Eimeren, B. & Ridder, C.-M., 2001. Trends in der Nutzung und Bewertung der <strong>Medien</strong> 1970<br />
bis 2000. In: Media Perspektiven, 11/2001. 538-553.<br />
484
Hagenah · MA-Radiodaten von 1972 bis heute<br />
Wahl, A., 1997: Strukturierte Pluralität. Lebensstile zwischen vertikalen Strukturbedingungen und<br />
intervenierenden Faktoren, Frankfurt a. M./ Berlin u.a.: Peter Lang.<br />
Wahl, A., 2003. Veränderung von Lebensstilen. Frankfurt a.M.: Campus Verlag GmbH.<br />
Wahl, A., 2006. Lebensstile im Kontext von Generationen- und Lebenszykluseinflüssen. In Hagenah,<br />
J. & Meulemann, H. (Hrsg.). Sozialer Wandel und <strong>Medien</strong>nutzung in der Bundesrepublik<br />
Deutschland: Nutzung der Daten der Media-Analyse für Sekundäranalysen. (S. 175 – 204).<br />
Münster: LIT Verlag.<br />
Weiß, R. & Hasebrink, U., 1995. Hörertypen und ihr <strong>Medien</strong>alltag. Eine Sekundärauswertung der<br />
Media-Analyse 94 zur Radiokultur in Hamburg. Berlin: Vistas Verlag GmbH.<br />
Weiß, R. & Hasebrink, U., 1997. Hörertypen und ihr <strong>Medien</strong>alltag. Plädoyer für eine hörerzentrierte<br />
Nutzungsanalyse. In: Publizistik, 42/2, 164–180.<br />
www.agma-mmc.de 2005. CASI-Methode. Frankfurt am Main: Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse<br />
e.V. http://www.agma-mmc.de, gelesen am 18.10.2005.<br />
www.rms.de 2004a. Radio Marketing Service RMS: Grundlagen der Radio-Planung III, gelesen<br />
am 18.11.2004.<br />
www.rms.de 2004b. rms-Medialexikon: Werbemittelkontaktchance (WMKC), gelesen am<br />
25.11.2004.<br />
www.topradio.de 2004. Werbeträgerkontakt gelesen am 18.11.2004.<br />
MA-Fragebögen und Codepläne befinden sich zum Download auf der MLFZ-Homepage (Fragebögen)<br />
bzw. können dort bestellt werden (Codepläne): www.wiso.uni-koeln.de/medien/<br />
Fragebogen ma 1975 (1975). Fragebogen und Befragungsunterlagen MA 1975. Frankfurt (Main):<br />
Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse e.V. und Media-Micro-Census GmbH. (ma_75_frb.pdf),<br />
erstellt am 14.05.04.<br />
Fragebogen ma 1985 (1985). Befragungsunterlagen MA 1985. Frankfurt (Main): Arbeitsgemeinschaft<br />
Media-Analyse e.V. und Media-Micro-Census GmbH. (ma_85_frb.pdf), erstellt am<br />
14.05.04.<br />
Fragebogen ma 1999 EM (1999). MA 99 Radio. Frankfurt (Main): Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse<br />
e.V. und Media-Micro-Census GmbH. (ma_99_EM_frb.pdf), erstellt am 14.05.04.<br />
Fragebogen ma 2000 EM II (2000). MA 2000 Radio. CATI-Frageprogramm. 2. Welle. Frankfurt<br />
(Main): Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse e.V. und Media-Micro-Census GmbH. (ma_00_<br />
EM_II_frb.pdf), erstellt am 14.05.04.<br />
Codeplan ma 1976 (1976). Media Analyse (MA 76). Frankfurt (Main): Arbeitsgemeinschaft Media-<br />
Analyse e.V. und Media-Micro-Census GmbH. Archiv des <strong>Medien</strong>wissenschaftlichen Lehr-<br />
und Forschungszentrums: ma_76_cdb.pdf, erstellt am 14.11.03.<br />
Codeplan ma 1985 (1985). MA 85. Datensatz Codeplan. Frankfurt (Main): Arbeitsgemeinschaft<br />
Media-Analyse e.V. und Media-Micro-Census GmbH. Archiv des <strong>Medien</strong>wissenschaftlichen<br />
Lehr- und Forschungszentrums: ma_85_cdb.pdf, erstellt am 14.11.03.<br />
Codeplan ma 1999 EM (1999). MA 99 Radio. Datensatz Codeplan. Frankfurt (Main): Arbeitsgemeinschaft<br />
Media-Analyse e.V. und Media-Micro-Census GmbH. Archiv des <strong>Medien</strong>wissenschaftlichen<br />
Lehr- und Forschungszentrums: ma_99_EM_cdb.pdf, erstellt am 14.11.03.<br />
485
Besprechungen<br />
Bertram Scheufele<br />
Sexueller Missbrauch<br />
<strong>Medien</strong>darstellung und <strong>Medien</strong>wirkung<br />
Wiesbaden: VS, 2005. – 242 S.<br />
ISBN 3-531-14870-2<br />
Es gibt Themen, mit denen man im Leben<br />
wahrlich ungern konfrontiert werden möchte<br />
und von denen man sich wünscht, dass sie<br />
möglichst nicht auf der öffentlichen Agenda<br />
stehen und medial verhandelt werden. Sexueller<br />
Missbrauch gehört in unseren Kultur- und<br />
Gesellschaftskreisen sicherlich dazu. Wird<br />
jedoch darüber berichtet, übt die Thematik<br />
aufgrund der dramatischen Darstellungen, der<br />
Emotionalisierungen und Moralisierungen einen<br />
gewissen Reiz aus, sich dennoch damit zu<br />
beschäftigen. Bertram Scheufeles Beweggründe<br />
dafür, warum er sich zusammen mit den Studierenden<br />
der <strong>Kommunikations</strong>wissenschaft<br />
im Wintersemester 2004/05 intensiv mit der<br />
Berichterstattung über sexuellen Missbrauch<br />
an der Ludwig-Maximilian-Universität München<br />
beschäftigen wollte, beziehen sich vor<br />
allem auf die im medialen und gesamtgesellschaftlichen<br />
Rahmen anzutreffende, unsachgemäße<br />
Debatte um Missbrauchsdelikte. Nach<br />
Scheufeles Beobachtung und Einschätzung<br />
ist das Wissen und Bewusstsein in der Bevölkerung<br />
im Hinblick auf den aus seiner Sicht<br />
menschlich, moralisch und strafrechtlich zu<br />
verurteilenden Missbrauch „unterentwickelt“<br />
(S. 81). Er hat vor allem in Erfahrung bringen<br />
wollen, welchen Anteil die <strong>Medien</strong> an diesem<br />
Defizit haben. Mit seiner von der DFG<br />
geförderten Studie hat er nicht nur versucht,<br />
eine Forschungslücke zu schließen, sondern<br />
er wollte auch einen angemessenen, sensiblen<br />
Umgang mit der Problematik reklamieren<br />
und Wege aufzeigen, wie dies besser gelingen<br />
kann. Bis dato hat es keine wissenschaftliche<br />
Untersuchung des Themas gegeben, die nicht<br />
nur die faktischen Folgewirkungen der Berichterstattung,<br />
sondern auch die möglichen<br />
Wirkungen einer angemessenen Problemkonstruktion<br />
berücksichtigt hat. Scheufeles Ziel ist<br />
es gewesen, anhand von sexuellem Missbrauch<br />
massenmediale Problemkonstruktionen und<br />
deren Wirkungen auf die Vorstellungen, die<br />
Einstellungen und die Handlungsbereitschaft<br />
486<br />
LITERATUR<br />
der Rezipienten zu untersuchen. Die Bearbeitung<br />
der Fragestellung ist seiner Meinung nach<br />
zwischen „mikropsychologischen Rezeptionsstudien<br />
und systemtheoretischen Arbeiten anzusiedeln“<br />
(S. 10). Die vorliegende Publikation<br />
umfasst einen theoretischen Zugang zur Problematik<br />
und eine empirische Auseinandersetzung,<br />
die sich zum einem mit der Darstellung<br />
von sexuellem Missbrauch und zum anderen<br />
mit der Rezeption der Berichterstattung über<br />
entsprechende Ereignisse beschäftigt. Es ist<br />
mit einem Mehrmethodendesign gearbeitet<br />
worden, bei dem Daten einer Inhaltsanalyse,<br />
einer Rezipientenbefragung und eines (Quasi-)<br />
Experiments im Sinne einer Triangulation in<br />
Beziehung gesetzt worden sind.<br />
Zunächst hat sich Scheufele einer vor allem<br />
auch empirisch brauchbaren Definition des<br />
Begriffs des sexuellen Missbrauchs gewidmet.<br />
Er verwendet den Begriff sehr weit, versteht<br />
ihn als Oberbegriff, unter den u. a. sexuelle<br />
Nötigung, Vergewaltigung und Pädophilie<br />
fallen. Sexueller Missbrauch bezieht sich prinzipiell<br />
auf Gewalt mit sexualisierten Mitteln<br />
(S. 22), wobei nicht unbedingt ein körperlicher<br />
Kontakt erfolgen muss (wie z. B. beim Exhibitionismus).<br />
Opfer können sowohl Kinder als<br />
auch Erwachsene weiblichen und männlichen<br />
Geschlechts sein. Bevor er sich auf die <strong>Medien</strong>darstellungen<br />
konzentriert, unternimmt er<br />
zunächst den schwierigen Versuch, die Sachlage<br />
sexuellen Missbrauchs anhand verschiedener<br />
Daten zu erfassen. Er interessiert sich hier vor<br />
allem für die Prävalenz- und Inzidenzraten,<br />
d. h. für die Verbreitung des Phänomens in<br />
der Bevölkerung und die je unterschiedlichen<br />
Schweregrade der Tat. Des Weiteren listet er<br />
alle erdenklichen Bedingungs- und Risikofaktoren<br />
auf, die Ursache(n) für sexuellen Missbrauch<br />
sein können. Er unterscheidet zwischen<br />
tätergebundenen, opfergebundenen, familialen,<br />
gesellschaftlich-kulturellen, staatlichen, politischen<br />
Ursachen und „metaphysischen“ Erklärungen.<br />
In dem Zusammenhang weist er auf die<br />
Annahme hin, dass die jeweils öffentlich diskutierten<br />
Ursachen das Problembewusstsein und<br />
die Haltung der Bevölkerung zum sexuellen<br />
Missbrauch maßgeblich beeinflussen können.<br />
Neben den Ursachen für sexuellen Missbrauch<br />
thematisiert der Autor auch die Folgen, wobei<br />
die Schädigungen der Opfer, die Interventionen<br />
für die Täter sowie die Präventionsmöglichkeiten<br />
der Gesellschaft diskutiert werden.<br />
Nachdem er sich dann generell mit der Dar-
stellung von Gewalt und sozialen Problemen in<br />
den <strong>Medien</strong> befasst hat, stellt er verschiedene<br />
<strong>Medien</strong>wirkungsansätze wie die Agenda-Setting-Hypothese,<br />
das Framing-Konzept und<br />
die Kultivierungshypothese vor, und überlegt<br />
anhand von Beispielen, inwieweit verschiedene<br />
Berichterstattungen über Missbrauch, über<br />
Täter und Opfer, über Ursachen und Folgen,<br />
Effekte auf die Vorstellungen der Rezipienten<br />
haben können. Er wählt ein deduktives Forschungsverfahren<br />
und generiert für die dreiteilige<br />
Untersuchung insgesamt 18 zu prüfende<br />
Hypothesen inklusive Subhypothesen. Im Folgenden<br />
weiht er den Leser gewissenhaft in das<br />
methodische Vorgehen ein und konfrontiert<br />
ihn danach auf 65 Seiten mit den sehr differenzierten<br />
und umfangreichen Ergebnissen, die<br />
insbesondere für quantitative Mehrmethodenuntersuchungen<br />
nicht unüblich sind, die aber<br />
trotz der Zwischenfazits im Hinblick auf die<br />
Wertigkeit etwas mühsam zu fassen und zu interpretieren<br />
sind.<br />
Die Inhaltsanalysen der Berichterstattung<br />
über sexuellen Missbrauch in den Jahren 2002<br />
und 2003 in den Qualitätszeitungen Frankfurter<br />
Allgemeine Zeitung (FAZ) und Süddeutsche<br />
Zeitung (SZ) sowie dem Boulevardblatt<br />
BILD haben u. a. folgende Ergebnisse zu Tage<br />
gebracht: Es ist in den drei Zeitungen nicht<br />
kontinuierlich, sondern nur punktuell über<br />
sexuellen Missbrauch berichtet worden. Es ist<br />
kein Akzent auf bestimmte Einzelfälle gesetzt<br />
worden. Insgesamt sind mehr Beiträge mit als<br />
ohne Einzelfallbezug publiziert worden, wobei<br />
mehrheitlich weder Ursachen noch Opferfolgen<br />
thematisiert wurden. Alle Zeitungen unterlagen<br />
laut Scheufele „dem fundamentalen<br />
Attributionsfehler“ (S. 164), dass sie vorrangig<br />
personenbezogene, aber kaum strukturelle<br />
oder kulturelle Aspekte bei der Ursachenbestimmung<br />
in Erwägung gezogen haben. Am<br />
häufigsten ist über Vergewaltigungen berichtet<br />
worden. Es finden sich verschiedene Täter-Opfer-Konstellationen,<br />
die jedoch nur bedingt der<br />
Sachlage entsprechen. Die drei analysierten Zeitungen<br />
haben häufiger über Kindesmissbrauch<br />
durch Fremdtäter als über andere Arten sexueller<br />
Gewalt berichtet. Mit dem Mythos des<br />
Fremdtäters werden nach Ansicht des Autors<br />
aber relevante Missbrauchsformen wie familialer<br />
oder ehelicher Missbrauch relativiert. Es<br />
fällt zudem auf, dass in den meisten Beiträgen<br />
einseitig, nämlich bezogen auf tätergebundene<br />
Ursachen, argumentiert worden ist. So wird<br />
Literatur · Besprechungen<br />
der Eindruck vermittelt, dass die strafrechtliche<br />
Verfolgung der Täter die wichtigste Maßnahme<br />
sei. Die Folgen für die Opfer sind nur in jedem<br />
dritten Beitrag erwähnt worden, wobei überwiegend<br />
physische und weniger psychische sowie<br />
eher kurz- als langfristige Auswirkungen<br />
auf die Opfer genannt wurden. In fast allen<br />
Zeitungsartikeln ist kommuniziert worden,<br />
dass die wichtigste Maßnahme bei Missbrauch<br />
die Aburteilung der Täter sei.<br />
Weniger gut als die Inhaltsanalyse ist die Befragung<br />
und Auswertung der 277 Interviews<br />
zur Rezeption der Berichte über Missbrauchsfälle<br />
gelungen. In Anlehnung an die Kultivierungs-Hypothese<br />
hat Scheufele hier den Versuch<br />
unternommen, Wenig- und Vielnutzer<br />
der FAZ/SZ und Viel- und Wenignutzer der<br />
BILD im Hinblick auf ihre Einstellungen zu<br />
Missbrauchshandlungen in Abhängigkeit zur<br />
jeweiligen Zeitungsberichterstattung zu unterscheiden.<br />
Doch die erwarteten Gruppenunterschiede<br />
sind in seinen Analysen weitgehend<br />
ausgeblieben, was vermutlich vor allem der<br />
Ungleichverteilung der Gruppengrößen und<br />
nicht dem Untersuchungsdesign geschuldet ist,<br />
worauf der Autor aber nicht eingeht.<br />
Im Quasi-Experiment hat Scheufele die Befragten<br />
mit einem Zeitungsartikel über einen<br />
schweren sexuellen Missbrauch eines Mannes<br />
an einem 12jährigen Mädchen konfrontiert.<br />
Eine Artikelversion des Vorfalls hat der faktischen<br />
Berichterstattung entsprochen, d. h. es<br />
handelte sich um einen Fremdtäter, die Folgen<br />
der Tat sind für das Opfer primär physischer<br />
Art und kurzfristig gewesen. In einer anderen<br />
Version wurde der Artikel dahingehend verändert,<br />
dass eine sachlich angemessene Darstellung<br />
des Missbrauchs erprobt werden sollte.<br />
Der Täter wird dem Familienkreis zugeordnet<br />
und die Folgen für das Opfer sind als langfristig<br />
vor allem psychischer Art beschrieben worden.<br />
In dem Experiment hat sich gezeigt, dass sich<br />
Effekte der <strong>Medien</strong>berichterstattungen vor<br />
allem für die Kognitionen der Studienteilnehmer<br />
und weniger für die Einstellungen und<br />
die Handlungsbereitschaft nachweisen lassen.<br />
Zudem scheint die Darstellung der Folgen für<br />
Missbrauchsopfer nachhaltiger als die Darstellung<br />
der Täter zu wirken – insbesondere wenn<br />
psychische Langzeitfolgen berichtet wurden.<br />
Es lässt sich resümierend feststellen, dass<br />
Scheufele eine sehr solide, nüchterne und ernüchternde<br />
kommunikationswissenschaftliche<br />
Studie vorgelegt hat, die darauf verweist, dass<br />
487
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
die Darstellungen von sexuellem Missbrauch<br />
und sexueller Gewalt in den <strong>Medien</strong> von Stereotypien<br />
und Fehlinformationen in Bezug<br />
auf die Täter- und Opferbilder und auf die<br />
Ursachen und Folgen gekennzeichnet sind.<br />
Dies wiederum hat zur Konsequenz, dass ein<br />
sachgerechter Umgang mit der Problematik<br />
erschwert wird und hier Journalisten entsprechend<br />
gefordert sind, sensibler und genauer<br />
mit diesem Thema umzugehen. Nur so wird<br />
es wahrscheinlich, dass sich ein realitätsnahes<br />
Problembewusstsein der Rezipienten entwikkeln<br />
kann und eine Handlungsbereitschaft im<br />
Falle einer Konfrontation mit dem Problem gegeben<br />
ist. Es verbleibt zu hoffen, dass das Buch<br />
seinen Platz auf den Leselisten insbesondere für<br />
die Disziplinen „<strong>Medien</strong>ethik“ und „Qualitätsjournalismus“<br />
finden wird.<br />
Dagmar Hoffmann<br />
Norbert Baumgärtner<br />
Risiko- und Krisenkommunikation<br />
Rahmenbedingungen, Herausforderungen<br />
und Erfolgsfaktoren, dargestellt am Beispiel<br />
der chemischen Industrie<br />
München: Verlag Dr. Hut, 2005. – 436 S.<br />
ISBN 3-89963-172-2<br />
Mit seiner Dissertation legt Norbert Baumgärtner<br />
eine anwendungsorientierte Forschungsarbeit<br />
vor, die das Feld der Unternehmenskommunikation<br />
in Risiko- und Krisensituationen<br />
systematisch beleuchtet. Seine Arbeit umfasst<br />
sowohl eine Begriffsbestimmung und theoretische<br />
Herleitung aus verschiedenen Disziplinen<br />
als auch eine empirische Umsetzung.<br />
Nach einer problematisierenden Bestimmung<br />
seiner zentralen Untersuchungsgegenstände<br />
Risiko und Krise in Abgrenzung zu angrenzenden<br />
Begriffen wie Konflikt oder Katastrophe,<br />
deren Verwendung in der Praxis häufig<br />
schwammig ist, stellt Baumgärtner angenehm<br />
kurz den jeweils aktuellen Forschungsstand zu<br />
Risiko- und Krisenkommunikation dar und<br />
erörtert defizitanalytisch deren praktische Relevanz.<br />
Bereits hier wird deutlich, dass die öffentliche<br />
Debatte von Risiken unterschiedliche<br />
Fragen im Hinblick auf deren Objektivierbarkeit<br />
insbesondere aus Experten- und Laienperspektive<br />
aufwirft, da in diesen Gruppen mit unterschiedlichen<br />
Risikokonstruktionen operiert<br />
wird: Die Messverfahren bzw. Einflussfaktoren<br />
488<br />
der Risikowahrnehmung der Experten basiert<br />
quantifizierend auf einem naturwissenschaftlich-technischen,<br />
statistischen Vorgehen, während<br />
Laien vereinfachende mentale Heuristiken<br />
anwenden und eine dementsprechend vorwiegend<br />
qualitative, vage und offene Risikovorstellung<br />
haben, deren Gebrauch innerhalb der<br />
Gruppe uneinheitlich ist.<br />
Risikokommunikation muss daher immer<br />
beide Perspektiven berücksichtigen. Ihre<br />
Hauptfunktionen fasst Baumgärtner in Anlehnung<br />
an Keeney/von Winterfeldt, Renn/Levine,<br />
Renn/Kastenholz und Hribal als Befriedigung<br />
des ‚Rechts auf Wissen’ (S. 158) zusammen.<br />
Damit ist die Erfüllung der von staatlicher<br />
Seite gesetzten Normen hinsichtlich der Informationspflicht<br />
an die Öffentlichkeit genauso<br />
gemeint wie eine ganze Reihe weiter gehender<br />
Maßnahmen: die Aufklärung der Öffentlichkeit<br />
über Risiken, eine Wissensverbesserung,<br />
die zielorientierte Veränderung von Einstellungen<br />
der Öffentlichkeit, eine Verhaltensänderung<br />
beim Verursacher und beim Rezipienten,<br />
die Legitimation von Zielen, die Einbeziehung<br />
der Betroffenen ins Risikomanagement,<br />
die Information über geeignete Maßnahmen<br />
zur Risikoreduzierung bzw. -minimierung, die<br />
Vorbereitung auf mögliche Notfälle als handlungsunterstützende<br />
Information, die Verbesserung<br />
des Verständnisses von Werten und<br />
Besorgnissen der Öffentlichkeit bei den Experten,<br />
eine beidseitige Erhöhung des Vertrauens<br />
und der Glaubwürdigkeit, die Vermeidung<br />
von Konflikteskalationen sowie schlussendlich<br />
eine Konfliktlösung. Damit Risikokommunikation<br />
diese Funktionen wahrnehmen kann,<br />
bedarf es der eingehenden Analyse des gesellschaftspolitischen<br />
Umfelds, in dem öffentliche<br />
Konflikte ausgetragen werden. In seinem<br />
Grundlagenband skizziert Baumgärtner mit<br />
Hilfe des Arena-Modells (v. a. nach Renn) diesen<br />
öffentlichen Aktionsraum und analysiert<br />
die in der Arena tätigen Akteure hinsichtlich<br />
der konstitutiven Mechanismen zur Bildung<br />
von Anspruchsgruppen, ihrer Sanktionsmacht,<br />
ihren Legitimations- und Interaktionsmöglichkeiten.<br />
Baumgärtner arbeitet in einem weiteren<br />
Arbeitsschritt prägnant die unterschiedlichen<br />
Erwartungshaltungen der Akteure an das <strong>Medien</strong>system<br />
heraus, dem eine entscheidende<br />
Vermittlerrolle in der Risiko- und Krisenkommunikation<br />
zukommt. Hierzu zieht er kommunikationswissenschaftliche<br />
Theorien und<br />
Modelle, wie Stimulus-Response, Two-Step-
Flow of Communication, Agenda-Setting,<br />
Uses-and-Gratifications und Schweigespirale,<br />
heran. Er kommt zu dem wenig überraschenden<br />
Schluss, dass „so wenig die <strong>Kommunikations</strong>wissenschaft<br />
zu einem definitiven Urteil“<br />
kommen könne, „unter welchen Umständen<br />
welche <strong>Medien</strong> welche (und wie starke) Wirkungen<br />
haben, so wenig […] das dieses Buch<br />
leisten“ könne.<br />
Anhand von Fallstudien zu sechs Krisen von<br />
Chemieunternehmen zeigt Baumgärtner auf,<br />
dass es unabhängig von den großen Theorie-<br />
und Modellkonstrukten der <strong>Kommunikations</strong>wissenschaft<br />
generalisierte Erfolgsfaktoren<br />
für die Unternehmenskommunikation gibt, die<br />
sich mit den im Theorieteil seiner Arbeit angestellten<br />
Überlegungen begründen lassen.<br />
An einigen Stellen ist auffällig, dass der Autor<br />
etwas zu Zitatenreihungen neigt. Darüber hinaus<br />
bleibt die Studie leider in einigen Bereichen,<br />
wie z. B. den Lebenszyklen von Risikothemen,<br />
an der Oberfläche. Damit soll aber nicht in<br />
oftmals review-typisches Kritisieren von Beschränkungen<br />
wissenschaftlicher Arbeiten auf<br />
ein Gebiet verfallen werden: Der Autor liefert<br />
mit diesem Grundlagenwerk einen wichtigen,<br />
praxisorientierten Beitrag zum Verständnis der<br />
Risiko- und Krisenkommunikation, der erfolgreich<br />
den Spagat zwischen wissenschaftlicher<br />
Kontextualisierung und anwendungsorientiertem<br />
Fokus meistert.<br />
Steffen Kolb & Steffen Burkhardt<br />
Jens Damm/Simona Thomas (Hrsg.)<br />
Chinese Cyberspaces<br />
Technological Changes and Political Effects<br />
London/New York: Routledge, 2006. – 180 S.<br />
ISBN10: 0-415-33208-7<br />
ISBN13: 9-78-0-415-33208-8<br />
“Policy follows technology” – diese Gesetzmäßigkeit<br />
gilt auch für den durch beständiges<br />
Wachstum gekennzeichneten chinesischen<br />
Markt der audiovisuellen, elektronischen <strong>Medien</strong>.<br />
Ist die ordnungspolitische Ausgestaltung<br />
des chinesischen Fernsehmarktes durchaus mit<br />
den bundesdeutschen Strukturen vergleichbar?<br />
Halt! Natürlich nur im Vergleich zum systematischen<br />
Aufbau zuständiger, regulierender<br />
Institutionen und natürlich (leider?, noch?,<br />
kulturell?) nicht aus der Perspektive des herrschenden<br />
politischen Paradigmas, respektive<br />
Literatur · Besprechungen<br />
verfassungsgemäßen Umsetzungen im Sinne<br />
der gesamten Gesellschaft.<br />
Ganz und gar nicht vergleichbar stellt sich<br />
indes der administrative Umgang mit virtuellen<br />
Welten und dem Internet als Ganzem in China<br />
dar. Der von Jens Damm und Simona Thomas<br />
herausgegebene und überwiegend sekundäranalytische<br />
Sammelband Chinese Cyberspaces<br />
bietet laut Klappentext eine multidisziplinäre<br />
Auseinandersetzung um die Entwicklungen<br />
des Internets in China aus sozialwissenschaftlicher,<br />
politischer, ökonomischer und umgreifend<br />
aus kultureller Perspektive mit den daraus<br />
folgenden Konsequenzen: Der Etablierung von<br />
Aufsichtsbehörden zur Sicherstellung der politischen<br />
Stabilität im Feld der Individual- und<br />
Massenkommunikation im Cyberspace.<br />
Der Band untergliedert sich in sieben Beiträge<br />
und beginnt mit einer Einleitung der<br />
Herausgeber zur Rolle des Internets in China<br />
(sowie einem Überblick zum aktuellen<br />
Forschungsstand), die, begleitet durch den<br />
fortschreitenden Öffnungsprozess der Volksrepublik,<br />
sich seit dem Ende der neunziger<br />
Jahre sowohl gesellschaftlich als auch ökonomisch<br />
als Teil der Lebensrealität – zumindest<br />
in den Ballungszentren – herausgebildet hat,<br />
wenngleich unter restriktiver Regulierung des<br />
Zugangs und der Art der über dieses Medium<br />
verbreiteten Inhalte. Der die Einführung<br />
schließende Verweis auf den Kontrollanspruch<br />
der Staatsführung leitet gleichermaßen auf den<br />
zweiten Beitrag von Eric Harwit und Duncan<br />
Clark über. Schon zu Beginn des Bandes wird<br />
eines besonders deutlich: Das Internet in China<br />
ist nicht mit dem beispielsweise ‚europäischen’<br />
Internet vergleichbar und kann vor diesem<br />
Hintergrund vertretbar und in Folge als CWW<br />
(Chinese Wide Web) und nicht als WWW klassifiziert<br />
werden. Die Autoren zeichnen die infrastrukturelle<br />
Entwicklung nach, die mit heutigem<br />
Stand übergreifend durch das MII (Ministry<br />
of Information Industry) bestimmt ist.<br />
Ähneln sich die soziodemographischen Daten<br />
und genutzte Funktionen wie E-Mail oder Unterhaltungsangebote<br />
im hier gezogenen Vergleich<br />
mit den USA sehr, so fällt doch auf, dass<br />
insbesondere Reiseinformationen (gering) und<br />
die Teilnahme an Chatrooms (hoch) divergieren.<br />
Diese als Folge der politischen Prämissen<br />
zur Regulierung des Internets zu interpretierende<br />
Bedeutung einzelner <strong>Kommunikations</strong>räume<br />
steht in direktem Zusammenhang mit<br />
einer absurd erscheinenden Policy: der nahezu<br />
489
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
vollständigen Privatisierung und Kommerzialisierung<br />
des CWW als Beitrag zum volkswirtschaftlichen<br />
Wachstum mit der gewollten<br />
Kooperation zwischen chinesischen und ausländischen<br />
Unternehmen unter Ausschluss des<br />
freien Wortes. Diese Form der ‚verordneten’<br />
Selbstzensur beginnt auf ökonomischer Seite<br />
mit dem Anreiz des Markteintritts und auf gesellschaftlicher<br />
Seite mit der Androhung nachhaltiger<br />
Sanktionen durch strafrechtliche oder<br />
anders praktizierte Maßnahmen – die Beispiele<br />
„internationale Suchmaschinenbetreiber“ und<br />
‚das Wohl des Staates’ (so frei zitiert die Verfassung<br />
der Volksrepublik China) beeinträchtigendes<br />
<strong>Kommunikations</strong>verhalten Einzelner<br />
und Gruppen sind hinlänglich bekannt.<br />
Die Verbreitung von publizistischen Inhalten<br />
– vor allem Nachrichten, die allerdings gemessen<br />
an Unterhaltungsinhalten zurückbleiben<br />
– ist im nächsten Beitrag „In the Crossfire<br />
of Demands – Chinese News Portals between<br />
Propaganda and the Public“ der Fokus von Johan<br />
Lagerkvist. Trotz hoher Regulierung und<br />
staatlich oder auch halb-staatlich betriebener<br />
Websites stellt Lagerkvist als besonderes Charaktermerkmal<br />
die Flüchtigkeit des Internet-<br />
Users in seinem <strong>Kommunikations</strong>verhalten<br />
heraus. Die staatlich kontrollierten Sites verlieren<br />
vor dem Hintergrund hoch frequentierter<br />
Chatrooms und Blogs beständig an Hits und<br />
können auf diese Weise, mediengattungsspezifisch<br />
in Unterscheidung zu den keineswegs<br />
schwach genutzten Angeboten von TV, Hörfunk<br />
und Tagespresse, den User auf der Suche<br />
nach anderen Qualitäten publizistischen Inhalts<br />
nicht aufhalten. Während es nur eine begrenzte<br />
Anzahl von lokal, regional oder überregional<br />
verbreiteten klassischen <strong>Medien</strong> gibt,<br />
ist der User in seiner Wahlfreiheit zumindest<br />
in den Landesgrenzen unbeschränkt. Zudem ist<br />
die inhaltliche Kontrolle durch staatliche Stellen<br />
in Chat-Rooms, Blogs oder gestreamten<br />
Inhalten ungleich schwieriger. Die <strong>Kommunikations</strong>technologie,<br />
deren Lösungen sich politisch<br />
nicht aufhalten lassen und darüber hinaus<br />
auch wegen ihres ökonomischen Potenzials<br />
überwiegend erwünscht sind, führt den Gesetzgeber<br />
in China zunehmend in Bedrängnis,<br />
könnte als Zwischenergebnis nach Lagerkvist<br />
bilanziert werden. Doch schon die folgenden<br />
Autoren Michael Chase, James Mulvenon and<br />
Nina Hachigan kommen in ihrem vergleichbaren<br />
Beitrag über Peer-to-Peer-Netzwerke in<br />
China zu einem, durch Interviews unterstütz-<br />
490<br />
ten, ernüchternden Fazit: Wenngleich neue<br />
<strong>Kommunikations</strong>- und Informationstechnologien<br />
der Politik und ihren durch die Kommunistische<br />
Partei Chinas gesteckten Zielen immer<br />
einen Schritt voraus sind – die Anpassung der<br />
Kontrollmaßnahmen schreitet immer schneller<br />
voran und lässt publizistische Freiräume in der<br />
Gesellschaft nur mehr für kurze Zeiträume zu.<br />
Der Beitrag „Comrade to Comrade Networks:<br />
the Social and Political Implications of Peerto-Peer<br />
Networks in China” traut den neuen<br />
Möglichkeiten keinen absehbaren politischen<br />
Wandel zu. Es ist ein Katz- und Maus-Spiel.<br />
Einen anderen Ansatz wählt Mitherausgeber<br />
Jens Damm im fünften Beitrag zum Sammelband:<br />
Er beschreibt das Beispiel der Provinzen<br />
Guangdong und Fujian. Um der Bevölkerung<br />
nicht zu suggerieren, sie werde durch den Alleinherrschaftsanspruch<br />
der Kommunistischen<br />
Partei unterdrückt, bedient sich die Regierung<br />
der gesteuerten politischen Kommunikation<br />
distributiven Charakters. „To Serve the<br />
People“, entsprungen der Ära Mao, steht für<br />
die Integration der Bürger in ein modernes,<br />
dienstleistungs-orientiertes China, in dem sie,<br />
die Bürger, ähnlich den Demokratien dieser<br />
Welt, der Souverän seien. Die Etablierung von<br />
e-government über e-policy hat zum Ziel, zum<br />
einen das auch innerstaatliche Phänomen einer<br />
„Digital Divide“ und zum anderen die latent<br />
korruptionsverdächtigen Guanxi-Strukturen<br />
zu überbrücken. Gute Politik stärke die Legitimität<br />
der Partei in der Gesellschaft, so das<br />
Credo. Die mit „positive content“ versehenen<br />
Inhalte sollen die noch nicht vollständig mit<br />
den Weiten des Netzes sozialisierten Bewohner<br />
und vor allem die Landbevölkerung davon abhalten,<br />
den „Garten im Garten“ (frei nach dem<br />
so genannten ‚Walled-Garden-Prinzip’) zu<br />
verlassen. Der Autor versäumt auch nicht, darauf<br />
hinzuweisen, dass sich auch hinter diesem<br />
Steuerungsprinzip letztlich das Ziel verbirgt,<br />
ohne Aufgabe des Herrschaftsanspruches und<br />
Zulassens freierer <strong>Kommunikations</strong>strukturen<br />
ein für die Wirtschaft geeignetes Medium<br />
über infrastrukturelle Subvention marktfähig<br />
zu machen.<br />
Dieser Ableitung widmen sich die beiden<br />
abschließenden Beiträge von Xie Kang „Industralization<br />
supported by Informatization“ und<br />
Mitherausgeberin Sina Thomas „Net Business:<br />
Chinas Potential for a Global Market Change“,<br />
Kang aus überwiegend volkswirtschaftlicher<br />
und Thomas aus betriebswirtschaftlicher Per-
spektive. Erstere führt detailliert die Verschränkung<br />
zwischen Industrialisierung und Informatisierung<br />
zugunsten einer beständigen Weiterentwicklung<br />
und Stabilität der Volkswirtschaft<br />
Chinas an, die es der Regierung ermöglicht, die<br />
Gesellschaft in ein neues Zeitalter zu begleiten.<br />
Zweitere betont das enorme Marktpotential<br />
Chinas, das insbesondere über E-Commerce-<br />
Strategien im B2C- und B2B-Bereich stärker<br />
als in der Vergangenheit ausgeschöpft werden<br />
kann.<br />
Der hier vorgestellte Sammelband beleuchtet<br />
ansprechend strukturiert die Markt- und<br />
<strong>Medien</strong>realität des Internets in China. Was<br />
dem ‚westeuropäisch’ sozialisierten Leser und<br />
vor allem <strong>Medien</strong>bürger im 21. Jahrhundert<br />
als Absurdität erscheinen mag, ist aus chinesischer<br />
Perspektive die erfolgreich implementierte<br />
Konvergenz zwischen totalitären<br />
Strukturen und Wirtschaftsliberalität, flankiert<br />
durch jeweilige Sicherheitsvorkehrungen, die<br />
unerwünschte Effekte zu vermeiden suchen.<br />
Der thematische Rahmen des Internets birgt<br />
aus kommunikationswissenschaftlicher Perspektive<br />
Konfliktpotenzial, welches letztlich<br />
in den Beiträgen erwähnt, nicht aber diskutiert<br />
oder weiterentwickelt wird. Die uns vertrauten<br />
Grundrechtspositionen fehlen, so dass sich nach<br />
der Lektüre die Skepsis angesichts der positiven<br />
Wachstumsbilanz der Volksrepublik sowie darüber,<br />
dass Kommerzialisierung politisch höher<br />
eingestuft wird als freie <strong>Kommunikations</strong>strukturen,<br />
bestätigt. Letztlich müssen bei allem<br />
Befremden jedoch auch die kulturellen Aspekte<br />
dieser offensichtlichen Gegensätzlichkeit<br />
in dem Verständnis von <strong>Kommunikations</strong>freiheiten<br />
berücksichtigt werden. Was für die eine<br />
Gesellschaft eine Selbstverständlichkeit und<br />
Überzeugung freier Entfaltungsmöglichkeiten<br />
wie auch Schutz ist, muss nicht zwangsläufig<br />
auch für andere Kulturen und deren Gesellschaften<br />
gelten. Auch dann nicht, wenn wirtschaftliche<br />
Austauschbeziehungen die Brücke<br />
schlagen und augenscheinlich supranationales<br />
Verständnis erkennen lassen. Keineswegs soll<br />
der Versuch einer objektiven Einschätzung<br />
als Rechtfertigung für physische und psychische<br />
Gewalt an Andersdenkenden gelten; er<br />
soll vielmehr der Analyse von <strong>Kommunikations</strong>strukturen,<br />
-prozessen und übergreifend<br />
Lebenswelten zur Bewertung von kulturellen<br />
Phänomenen mehr Raum bereiten.<br />
Vor diesem Hintergrund liefert der Sammelband<br />
einen aus gesellschafts- und wirtschafts-<br />
Literatur · Besprechungen<br />
politischer Perspektive wertvollen Beitrag zur<br />
Begleitung des bevölkerungsreichsten Staates<br />
der Erde im Umgang mit dem zur Individual-<br />
wie zur Massenkommunikation tauglichen<br />
Medium CWW. Er bietet darüber hinaus detaillierte<br />
Ausführungen zu Programmen und<br />
Strukturen, die bis auf Akteursebene in Gesellschaft,<br />
Wirtschaft und Regierung heruntergreifen.<br />
Jan Krone<br />
Rudolf Kammerl<br />
Internetbasierte Kommunikation und Identitätskonstruktion<br />
Selbstdarstellungen und Regelorientierungen<br />
14- bis 16-jähriger Jugendlicher<br />
Hamburg: Dr. Kovac, 2005. – 351 S.<br />
(Schriftenreihe <strong>Medien</strong>pädagogik und <strong>Medien</strong>didaktik;<br />
7)<br />
ISBN 3-8300-1988-2<br />
Mit der Verbreitung nahezu jedes neuen Mediums<br />
sind weit reichende Wirkungen prognostiziert<br />
worden. Neuerdings äußern sie sich in<br />
besonders plakativen Etikettierungen ganzer<br />
Generationen: Chipgenerationen, Generation<br />
N, Generation @, Netz-Generation, digitale<br />
Generation, Generation kick.de sind beispielsweise<br />
solche, die mit der Entwicklung und<br />
Diffusion von Computer und Internet kreiert<br />
worden sind. Sie sollen mindestens den imposanten<br />
Eindruck erwecken, dass diese <strong>Medien</strong><br />
womöglich einen neuen Sozialcharakter hervorbringen<br />
und nunmehr eine ganz neue Generation<br />
heranwächst. Dass es mit der empirischen<br />
Überprüfung solcher Diagnosen noch<br />
weitgehend hapert, sollen sie ebenso elegant<br />
wie pauschal übertönen.<br />
Da ist es zu begrüßen, dass sich die vorliegende<br />
Habilitationsschrift, vorgelegt an der<br />
Universität Passau, – zusammen mit inzwischen<br />
einigen anderen Arbeiten – just dieser Aufgabe<br />
annimmt, auch wenn es nur in kleinen Schritten<br />
vorangeht und die eiligen Entwicklungen über<br />
ihre Befunde schon fast hinweggegangen sind.<br />
Denn seit 1999 befasst sich der Autor, wie er<br />
in seinem Vorwort berichtet, mit diesem Thema,<br />
seine Recherche des Forschungsstandes<br />
greift cum grano salis bis 2003, die empirischen<br />
Erhebungen wurden 2001 und 2003 durchgeführt<br />
– in digitalen Parametern also fast schon<br />
491
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
ein Jahrzehnt zurückliegend. Immerhin beansprucht<br />
der Autor mit seiner „explorativen<br />
Studie“ (S. 3), ein „medienökologisches Rahmenmodell<br />
internetbasierter Kommunikation<br />
und Identitätskonstruktion“ (S. IX) sowie ein<br />
differenziertes Konzept qualitativer, triangulierender<br />
Rezeptionsforschung vorzulegen, die<br />
beide über die zeitliche Relativierung der Daten<br />
hinaus beispielhaft sein sollen.<br />
Für dieses theoretische Modell holt der<br />
Autor allerdings sehr weit aus und zollt damit<br />
wohl den akademischen Usancen Tribut.<br />
Kommunikation (als symbolische Interaktion<br />
wie als internetbasierte), Identität, Jugend und<br />
Adoleszenz – sie alle werden in ihren jeweiligen<br />
Definitions- und Forschungskontexte aufgearbeitet.<br />
Auch Jugendschutz und Meinungsfreiheit<br />
im Internet werden gestreift; selbst eine<br />
Frage „Was ist eine persönliche Homepage?“<br />
wird behandelt. Identität, der eigentliche Forschungsfokus,<br />
bleibt indes theoretisch abstrakt,<br />
wenn sie lediglich als „prozesshafte Generalisierung<br />
(übersituative Verarbeitung) subjektiv<br />
bedeutsamer und betroffen machender Erfahrungen“<br />
(S. 131) gekennzeichnet wird und aus<br />
diesem (noch) komplexen Konstrukt für die<br />
internetbasierte Kommunikation nur die Themenfelder<br />
„Regelorientierung“ und „Selbstdarstellung“<br />
ausgewählt werden. Ob damit die<br />
wichtigsten oder auch brisantesten Dimensionen<br />
jugendlicher Identitätsbildung via Internet<br />
identifiziert worden sind, ist doch fraglich, zumal<br />
andere potenzielle Aspekte – spontan seien<br />
genannt: Spiel, Kommunikation/Unterhaltung,<br />
Konsum, Tabubrüche sowohl in sexueller als<br />
auch in politisch-ideologischer Hinsicht, Peergroup-Bildung<br />
besonders über spezielle Musikstile<br />
etc. – nicht hinreichend in Betracht<br />
gezogen und abgewogen werden.<br />
Mit 30 Jugendlichen im Alter von 14 bis 16<br />
Jahren, darunter acht Mädchen, die allesamt<br />
das Internet „viel nutzen“, also nach damaligen<br />
Kriterien mehr als zehn Stunden pro<br />
Woche mit Chatten, MUDs oder Ähnlichem<br />
(S. 156) verbrachten, wurden innerhalb von<br />
zwei Jahren ein bis zwei halbstrukturierte Intensivinterviews<br />
über alle anliegenden Fragen<br />
geführt, darüber hinaus wurden die häuslichen<br />
und schulischen Umfelder in den Landkreisen<br />
Passau und Deggendorf einbezogen und mit<br />
den Aussagen der Jugendlichen in Beziehung<br />
gesetzt. Homepages der Jugendlichen sowie<br />
Chat-Seiten wurden auf die genannten Kategorien<br />
hin inhaltsanalytisch untersucht.<br />
492<br />
Auch wenn sich viel aufschlussreiche Äußerungen<br />
im Einzelnen ergeben, die in Interview-Auszügen<br />
dokumentiert werden, zeigt<br />
sich insgesamt, dass in den genannten Jahren<br />
die Internet-Kommunikation bei den Jugendlichen<br />
(noch?) einen vergleichsweise geringen<br />
Stellenwert einnahm und die aufgeführten<br />
Etikettierungen weit überzogen sind. Das Zusammensein<br />
mit Freunden, aber auch andere<br />
<strong>Medien</strong> (Fernsehen, Musik) wurden vorrangig<br />
präferiert, vor allem waren es nach wie vor die<br />
allgemeinen sozialen Belange wie Schule, berufliche<br />
Ausbildung bzw. Suche nach einem Beruf<br />
und die familiären Kontexte, die weit nachhaltiger<br />
beschäftigten. Über das Internet hatten<br />
die Jugendlichen allenfalls geringe, meist keine<br />
Regelkenntnisse, es wurde weder in der Schule<br />
noch in den Familien hinreichend thematisiert,<br />
so dass es für die Jugendlichen nahezu<br />
als autonom zu handhabender Freiraum galt.<br />
Damals fehlten den meisten Jugendlichen allerdings<br />
auch noch das Know-how, die Chats als<br />
„Identity Workshop“ für multiple Identitäten<br />
auszuprobieren, wie sie gern in der einschlägige<br />
Presse apostrophiert werden. Vorherrschend<br />
nutzten die Jugendlichen es als alltägliches<br />
<strong>Kommunikations</strong>mittel, sofern es in der Peergroup<br />
schon en vogue war (was sich über SMS<br />
allerdings viel leichter bewerkstelligen lässt).<br />
Ob dabei Prozesse der Identitätsbildung in<br />
Gang kamen, konnte (so) nicht eruiert werden.<br />
Über aussagekräftige Homepages verfügten<br />
nur wenige, etliche hatten die Arbeit daran begonnen,<br />
blieben entweder in den Schemata der<br />
marktgängigen Tools stecken und gaben ganz<br />
entnervt auf. Nur wenige sahen in der originellen<br />
Gestaltung eigener Web-Seiten für sich eine<br />
Chance, dann allerdings eher im Hinblick auf<br />
eine künftige Berufsausbildung bzw. -karriere.<br />
So blieb die Ausgangsfrage der Arbeit, nämlich<br />
„welche Funktionen die internetbasierte Kommunikation<br />
für die Identitätsentwicklung von<br />
Jugendlichen erfüllt“ (S.3) im Kern unbeantwortet<br />
– oder freundlicher formuliert: Sie ließ<br />
sich in dieser Phase der Entwicklung und mit<br />
den verwendeten Forschungsmethoden nicht<br />
erschöpfend und differenziert genug klären.<br />
Abschließend bedenkt der Autor noch die<br />
pädagogische Disziplin, indem er medienpädagogische<br />
Konsequenzen für die Praxis wie die<br />
Ausbildung von Pädagogen einfordert: Die Erhebungen<br />
haben ja ergeben, dass die „Fähigkeit<br />
der Reflexion über <strong>Medien</strong> und die <strong>Medien</strong>nutzung<br />
sowie die produktive Gestaltung eigener
<strong>Medien</strong> zu selbst gesetzten Zwecken, aber auch<br />
das Hintergrundwissen über <strong>Medien</strong> (zum Beispiel<br />
rechtliche Fragen)“ (S. 305f) bei Jugendlichen<br />
wenig entwickelt waren. Daher fordert<br />
der Autor (erneut), medienerzieherische Inhalte<br />
in Schule und Jugendarbeit verstärkt zu vermitteln,<br />
insbesondere die inzwischen dominierende<br />
„informationstechnische Bildung“ mit<br />
der „<strong>Medien</strong>erziehung“ zu verbinden (wie es<br />
die Kultusministerkonferenz schon in den 90er<br />
Jahren gefordert hat) und eine so breit verstandene<br />
<strong>Medien</strong>bildung zur Querschnittsaufgabe<br />
und zum übergreifenden Ziel pädagogischer<br />
Bemühungen zu machen. Dass es mit diesen<br />
Forderungen selbst in Bayern nicht sehr weit<br />
her ist, muss der Autor am Ende einräumen.<br />
So bleibt das Motto eines der vielen Pilot- und<br />
Vorzeigeprojekte „Mediageneration – kompetent<br />
in die <strong>Medien</strong>zukunft“ bis dato ein beschämendes<br />
Desiderat.<br />
Hans-Dieter Kübler<br />
Steffen Kolb<br />
Mediale Thematisierung in Zyklen<br />
Theoretischer Entwurf und empirische Anwendung<br />
Köln: Herbert von Halem, 2005. – 334 S.<br />
ISBN: 3-938258-05-0<br />
Das Buch, die Dissertation des Autors, besteht<br />
aus zwei Hauptteilen: In einem Theorieteil<br />
werden bestehende Ansätze zur Beschreibung/<br />
Erklärung von medialen Themenverläufen dargestellt,<br />
diskutiert und zu einem idealtypischen<br />
„Zyklusmodell“ des Themenverlaufs verdichtet.<br />
In einem empirischen Teil wird als Fallstudie<br />
die Karriere des Themas „Blei im Benzin“<br />
(bzw. allgemeiner: „umwelt- und gesundheitsschädliche<br />
Wirkungen von Fahrzeugabgasen“)<br />
von 1965-2000 nachgezeichnet. Man kann das<br />
Buch also aus zwei Perspektiven lesen: Als<br />
Darstellung der Karriere eines Umweltthemas<br />
oder als Versuch der Theoriebildung über die<br />
Dynamik medialer Thematisierung. Der Titel<br />
des Buches bezieht sich auf die zweite Perspektive.<br />
D. h. der Autor möchte seine Dissertation<br />
in erster Linie als Beitrag zur Entwicklung<br />
einer Theorie medialer Thematisierung verstanden<br />
wissen und die Darstellung des Umweltthemas<br />
als erste empirische Überprüfung<br />
des „Themenzykluskonzepts“ (S. 125). Leider<br />
wird das Buch diesem theoretischen Anspruch<br />
Literatur · Besprechungen<br />
nur bedingt gerecht. Die Karriere des Themas<br />
„Umwelt-/Gesundheitsbelastungen von Autoabgasen“<br />
differenziert nachzuzeichnen, gelingt<br />
dem Autor dagegen recht gut. Ich beginne meine<br />
Besprechung mit dem relativ unproblematischen<br />
zweiten Teil, also mit der inhaltsanalytischen<br />
Fallstudie, um danach ausführlicher auf<br />
die theoretischen Überlegungen zur medialen<br />
Thematisierung und die Frage ihrer empirischen<br />
Validierung einzugehen.<br />
Gegenstand der Fallstudie ist die Berichterstattung<br />
in deutschen, britischen und französischen<br />
Printmedien über Umweltprobleme<br />
durch Autoabgase, wobei der Schwerpunkt<br />
der Analyse und Darstellung auf der deutschen<br />
Berichterstattung liegt (FAZ, SZ, Bild, Spiegel).<br />
Der Autor zeichnet die mediale Darstellung des<br />
Themas von 1965 bis 2000 differenziert nach<br />
und zeigt sich dabei sowohl bei der Darstellung<br />
zeitlicher Trends als auch beim internationalen<br />
Vergleich methodisch sehr reflektiert.<br />
Die Analyse zeigt die Bedeutung der Wissenschaft<br />
als Themenprotagonist in den Anfangsphasen<br />
des Themas und die Politisierung des<br />
Themas in der Phase hoher Intensität, die sich<br />
beispielsweise im Anstieg des Anteils der in der<br />
Berichterstattung genannten politischen Akteure<br />
und im Rückgang des Anteils von Akteuren<br />
aus dem wissenschaftlich-technischen System<br />
ausdrückt. Auch die Berichterstattungsanlässe<br />
kamen in den „heißen Phasen“ überdurchschnittlich<br />
häufig aus dem politischen System,<br />
und es wurde besonders häufig auf politische<br />
Prozesse (z. B. Gesetzgebungsverfahren) Bezug<br />
genommen. Interessant ist auch, dass während<br />
der Phase der intensiven politischen Befassung<br />
mit dem Thema der Anteil der Artikel<br />
sinkt, in denen auf Umweltschäden verwiesen<br />
wird. Dies lässt sich mit der politischen Eigendynamik<br />
erklären und der Tatsache, dass der<br />
umweltpolitische Problembezug zugunsten<br />
der politischen Logik (Durchsetzung einer<br />
neuen Regulation) zurücktritt bzw. implizit<br />
als gegeben vorausgesetzt wird. Schließlich<br />
ändert sich das Framing des Themas: Während<br />
in den Anfangs- und Endphasen vor allem der<br />
wissenschaftliche, technische und ökologische<br />
Kontext relevant ist, dominiert in den besonders<br />
intensiven mittleren Themenphasen die<br />
politische Kontextualisierung. In der letzten<br />
Phase, in der es vermutlich besonders um die<br />
Implementierung der neuen Regulation geht<br />
(Umstellung auf bleifreies Benzin, Umrüstung<br />
auf Katalysator), gewinnt auch die verbrau-<br />
493
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
cher- und serviceorientierte Perspektive an<br />
Bedeutung.<br />
Insgesamt zeichnet der Autor das Bild einer<br />
erfolgreichen Problemlösung durch öffentliche<br />
Thematisierung. Nach wissenschaftlichen<br />
Warnungen vor den Gesundheitsgefahren von<br />
Blei bzw. von Umweltrisiken der Autoabgase<br />
insgesamt, die mediale Aufmerksamkeit finden,<br />
nimmt sich die Politik des Problems an.<br />
Es entwickelt sich ein gesellschaftlicher Problemlösungsprozess,<br />
in dessen Verlauf nach<br />
amerikanischem und japanischem Vorbild der<br />
Abgaskatalysator eingeführt und als notwendige<br />
Vorbedingung die Treibstoffversorgung<br />
auf bleifreies Benzin umgestellt wird. Während<br />
dieses Prozesses fungieren die <strong>Medien</strong> zunächst<br />
im Sinne des Agenda Setting, dann als Diskursarena,<br />
während sie in der abschließenden Implementierungsphase<br />
auch Ratgeberfunktion<br />
für die Bürger wahrnehmen.<br />
Trotz der vom Autor eingeräumten methodischen<br />
Probleme des Zugangs zu der relevanten<br />
Berichterstattung in Großbritannien und<br />
Frankreich ist auch der internationale Vergleich<br />
recht aufschlussreich, weil er auf die Kontingenz<br />
der Themenverläufe verweist. Ein Thema<br />
kann sich so entwickeln wie im deutschen Fall,<br />
aber eben auch anders. In Frankreich setzte die<br />
Thematisierung später ein als in Deutschland<br />
(vermutlich durch die deutsche Initiative angestoßen)<br />
und Experten spielten als Themenprotagonisten<br />
keine Rolle, wurden dafür aber – anders<br />
in Deutschland – in den späteren Phasen<br />
sehr relevant. Auch der Verweis auf ökologische<br />
Risiken fehlte, anders als in Deutschland,<br />
in den ersten Phasen, gewann in den späteren<br />
Phasen dagegen an Bedeutung. Der dominante<br />
Themenkontext hat sich offenbar von einem<br />
industrie- und handelspolitischen zu einem<br />
ökologischen Framing gewandelt.<br />
Der grobe Verlauf der britischen Thematisierung<br />
ähnelt dem deutschen, allerdings mit<br />
einer zeitlichen Verschiebung und semantisch<br />
offenbar mit einer eindeutigeren Fokussierung<br />
auf die ökologischen Probleme von Blei (statt<br />
von Autoabgasen insgesamt). Experten spielten<br />
in der britischen Debatte keine so bedeutende<br />
Rolle wie in Deutschland und Frankreich; allerdings<br />
sind Akteure aus der Wirtschaft ungewöhnlich<br />
oft in der Berichterstattung vertreten<br />
– häufiger sogar als politische Akteure. (Vielleicht<br />
ist das jedoch ein Artefakt, weil sich der<br />
Autor bei der Materialbeschaffung stark auf<br />
Archive von Industrieverbänden stützte, im<br />
494<br />
britischen Fall auf das Archiv des „Institute of<br />
Petroleum“.)<br />
Kommen wir nun zu den theoretischen<br />
Überlegungen des Autors. Implizit geht der<br />
Autor von der von mir geteilten Annahme<br />
aus, dass es eine Eigendynamik des öffentlichen<br />
(medialen) Diskurses gibt, in der es zur<br />
Herausbildung von Sinnkomplexen kommt,<br />
die gesellschaftliche Aufmerksamkeit lenken<br />
und offene Bindungsstellen für anschlussfähige<br />
Kommunikation (für gesellschaftliche Akteure<br />
und Journalisten) schaffen. Der Autor stützt<br />
sich bei seinen Überlegungen auf eine Reihe<br />
von Ansätzen: die Thematisierungskonzepte<br />
u. a. von Niklas Luhmann und Anthony<br />
Downs, kommunikationswissenschaftliche<br />
Theorien zum Agenda Setting und zur Nachrichtenselektion<br />
(Nachrichtenwerte) sowie<br />
das in verschiedenen Disziplinen (u. a. der<br />
wirtschaftswissenschaftlichen Innovationsforschung)<br />
verwendete mathematisch begründete<br />
Diffusionsmodell. Aus diesen Zutaten hätte<br />
man in der Tat etwas machen können, doch<br />
dem Autor fehlt das richtige Rezept. Er belässt<br />
es weitgehend bei der Konzeptionierung eines<br />
eigenen Phasenmodells, das jedoch nicht systematisch<br />
aus Prämissen abgeleitet, sondern mit<br />
mehr oder weniger schlüssigen Plausibilitätsüberlegungen<br />
begründet wird, die nicht über<br />
die heuristischen Modelle von Luhmann und<br />
Downs hinausgehen. Den Einbezug formaler<br />
Überlegungen zur Abgrenzung der Phasen aus<br />
der angeblichen Normalverteilungsform der<br />
(idealisierten) Themen halte ich sogar für unberechtigt,<br />
weil die Normalverteilung auf einem<br />
mathematischen Modell der Diffusion beruht,<br />
das in dieser Form für die Themendynamik sicherlich<br />
nicht gültig ist (siehe unten).<br />
Der Autor diskutiert im Theorieteil eine<br />
Reihe wirklich wichtiger Fragen, etwa nach<br />
der Definition eines Themas, nach der Typologie<br />
von Themen mit u. U. verschiedenen<br />
Verläufen und nach dem Vorliegen einer Themenhierarchie.<br />
Zumindest die beiden ersten<br />
Fragen werden aber nicht wirklich beantwortet.<br />
Die Frage der Definition eines Themas ist<br />
aber ziemlich entscheidend: Ist ein Thema ein<br />
analytisches Konstrukt, das sozusagen beliebig<br />
durch Selektionsregeln definiert werden kann,<br />
oder ist es im Sinne Luhmanns ein öffentlicher<br />
„Sinnkomplex“, für den jeweils ein semantischer<br />
Existenznachweis zu führen ist, d. h. für<br />
den zu zeigen ist, dass er von <strong>Kommunikations</strong>teilnehmern<br />
tatsächlich zur Konstruktion
eines Anschlusses für die Kommunikation verwendet<br />
wird?<br />
Im Hinblick auf die Typologie von Themen<br />
fehlt eine Eingrenzung des Geltungsbereichs<br />
der vom Autor entwickelten theoretischen Vorstellungen.<br />
Sowohl Luhmann als auch Downs<br />
unterstellen implizit eine bestimmte Thematisierungsform:<br />
Die Entstehung/Entdeckung<br />
eines neuen Problems wird durch öffentliche<br />
Thematisierung in die politische Problembearbeitung<br />
überführt und ggf. gelöst. Diese Art<br />
von Themen scheint auch der Autor im Blick<br />
zu haben. Es sind aber keineswegs die einzig<br />
vorkommenden. Für welche Art von Themen<br />
gilt also der vorgestellte Themenzyklus? Aus<br />
Japan ist beispielsweise bekannt (Hayashi<br />
2006), dass die Thematisierung von Erdbeben<br />
einem Sägezahnmuster folgt: Nach einem Erdbeben<br />
steigt die Zahl der Berichte schlagartig,<br />
um dann – je nach Schwere – im Verlauf von<br />
Wochen oder Monaten exponentiell abzufallen.<br />
Zu den Jahrestagen gibt es dann jeweils noch<br />
kurzzeitige schwächere Maxima in der Intensitätsverteilung.<br />
Zum Leidwesen der japanischen<br />
Katastrophenvorsorge wird das Thema „Erdbeben“<br />
zwischen den einzelnen Ereignissen<br />
kaum behandelt. Ähnliche Verläufe dürfte es<br />
auch in Deutschland bei Themen geben, die<br />
stark von Ereignissen in der Systemumwelt<br />
getriggert sind, ohne jedoch selbstreferentielle<br />
politische Prozesse auszulösen.<br />
Schwerwiegender als die nicht überzeugende<br />
Herleitung des 5-phasigen Themenzyklus-Modells<br />
ist, dass entgegen der erklärten<br />
Absicht des Autors die Entwicklung einer<br />
Theorie nicht ernsthaft in Angriff genommen<br />
wird. Eine Theorie der medialen Thematisierung<br />
müsste m. E. die zeitliche Dynamik der<br />
Thematisierung, also ihre Intensität, vielleicht<br />
auch semantische Merkmale (z. B. Politisierungsgrad),<br />
auf die zugrunde liegenden Prozesse<br />
zurückführen. Als Beispiel mag das vom<br />
Autor selbst angeführte Infektionsmodell der<br />
Diffusionsforschung dienen. Hier ergibt sich<br />
die beobachtete Form der Kurve – Normalverteilung<br />
für die Neuinfektionen bzw. S-Kurve<br />
für den Anteil der bereits „infizierten“ Population<br />
– mathematisch aus zwei angenommenen<br />
Einzelprozessen, einer fördernd, der<br />
andere hemmend: (1) die Wahrscheinlichkeit<br />
der Infektion eines bislang nicht infizierten<br />
Individuums steigt mit steigendem Anteil der<br />
bereits infizierten Population und (2) die Rate<br />
der Neuinfektionen sinkt mit dem Anteil der<br />
Literatur · Besprechungen<br />
bereits infizierten Population, weil sich Individuen<br />
innerhalb des beobachteten Zeitraums<br />
nicht zweimal infizieren können (Sättigung).<br />
Dieses Infektionsmodell könnte tatsächlich<br />
heuristischer Ausgangspunkt für die Entwicklung<br />
einer Theorie medialer Thematisierung<br />
sein, allerdings nicht durch die unkritische<br />
Übernahme der von diesem Modell postulierten<br />
„Normalverteilung“ in die Theorie<br />
der Thematisierung, wie es der Autor tut. Das<br />
Diffusionsmodell zeigt, dass es auf die Kombination<br />
fördernder und hemmender Prozesse<br />
ankommt, die die Form der Thematisierungskurve<br />
bestimmen. Im Falle der medialen Thematisierung<br />
werden diese Prozesse sicherlich<br />
wesentlich komplexer und kontingenter als<br />
im Falle des einfachen Diffusionsmodells sein.<br />
Die fallspezifische Unterscheidung solcher<br />
Faktoren könnte dann auch Anlass für eine<br />
theoretisch fundierte Typologie von Thematisierungsformen<br />
sein.<br />
<strong>Kommunikations</strong>wissenschaftlich interessant<br />
wären vor allem solche Faktoren, die auf<br />
eine mediale Eigendynamik (z. B. auf mediale<br />
Selbstreferenzen) hinweisen. Interessanterweise<br />
gilt „Thematisierung“ bei Schulz (1976) als<br />
einer der Nachrichtenfaktoren, d. h. es gibt<br />
empirische Evidenz für einen selbstreferentiellen,<br />
verstärkenden Prozess, der – analog zur<br />
Erhöhung der individuellen Infektionswahrscheinlichkeit<br />
mit Fortschreiten der Infektion<br />
in der Population – die Orientierung von Selektionsentscheidungen<br />
an den durch vergangene<br />
Selektionsentscheidungen entstandenen Sinnkomplexen<br />
impliziert. D. h. Journalisten wählen<br />
ceteris paribus bevorzugt solche Artikel aus,<br />
die sich einem bereits etablierten Thema zuordnen<br />
lassen. Der Autor verweist zwar (zu Recht)<br />
auf die Nachrichtenwerte als ein Konzept mit<br />
Relevanz für die Themendynamik, erwähnt<br />
auch den Faktor „Thematisierung“, unterlässt<br />
aber die auf der Hand liegende Diskussion<br />
dieses besonders einschlägigen Nachrichtenfaktors.<br />
Ein zweiter „fördernder“ Prozess ist<br />
der politische Agenda Setting-Effekt. Durch<br />
ihn nehmen die themenbezogenen Aktivitäten<br />
von gesellschaftlichen Akteuren zu, so dass der<br />
entsprechende Informationsanfall bei den Primärkommunikatoren<br />
steigt. Auch hier nennt<br />
der Autor zwar Agenda Setting als allgemein<br />
relevanten Effekt, diskutiert aber diesen Effekt<br />
nicht explizit als fördernden Prozess für Themenbildung.<br />
Schwieriger ist es, funktionale Äquivalente<br />
495
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
für den zweiten Faktor des Diffiusionsmodells<br />
– Sättigung – zu finden. In der Diffusionsforschung<br />
geht man davon aus, dass ein einmal Infizierter<br />
innerhalb der betrachteten Zeitperiode<br />
nicht ein zweites Mal infiziert werden kann.<br />
Dies ist im Falle des Journalismus aber gerade<br />
nicht der Fall. Journalisten können und werden<br />
in der Regel häufiger Artikel zum gleichen Thema<br />
veröffentlichen. Eine theoretische Sättigung<br />
nach dem Modell der erschöpften Population<br />
wäre erst gegeben, wenn sich alle Artikel mit<br />
nur einem Thema befassen würden.<br />
Tatsächlich bleiben aber selbst „heiße“ Themen<br />
weit unterhalb dieser theoretischen Grenze<br />
und empirisch zeigt sich, das die Intensität<br />
von Themen auch wieder abnimmt. Es ist also<br />
klar, dass es hemmende Effekte gibt, sonst<br />
würde sich aufgrund der Wirkung des ersten<br />
Faktors ein Thema solange ausbreiten, bis nur<br />
noch Artikel zu diesem Thema veröffentlicht<br />
würden. Solche hemmenden Effekte könnten<br />
z. B. die Themenkonkurrenz sein oder Relevanzänderungen<br />
beim Publikum und/oder den<br />
gesellschaftlichen Akteuren, z. B. weil eine akzeptable<br />
Problemlösung gefunden wurde oder<br />
das Problem als unlösbar gilt und zunächst<br />
verschoben wird. Eine Theorie medialer Thematisierung<br />
müsste empirisch überprüfbare<br />
Hypothesen über solche Prozesse enthalten.<br />
Neben den angedeuteten Faktoren, die die<br />
Eigendynamik medialer Themenkarrieren bestimmen,<br />
gibt es externe Faktoren, die in den<br />
idealisierten eigendynamischen Prozess eingreifen.<br />
Zu diesen Faktoren rechne ich z. B.<br />
Akteurstrategien (z. B. Issue Management) und<br />
systemexterne Ereignisse (z. B. Katastrophen).<br />
Abschließend möchte ich noch auf die empirische<br />
Überprüfung des Themenzyklus-Modells<br />
durch die empirische Fallstudie eingehen.<br />
Absehen möchte ich von methodischen<br />
Einwänden (Konstanz der Selektionskriterien<br />
über die Zeit und zwischen den drei Ländern,<br />
teilweise geringe Häufigkeiten, nur ein Fallbeispiel<br />
für die Validierung einer Theorie mit<br />
Allgemeingültigkeitsanspruch), die der Autor<br />
selbst diskutiert und die sicher teilweise auf die<br />
beschränkten Möglichkeiten im Rahmen einer<br />
Dissertation zurückzuführen sind.<br />
Für mich stellt sich aber die grundsätzlichere<br />
Frage, ob der Fallstudie tatsächlich ein „Thema“<br />
im Sinne einer einheitlichen Sinnstruktur<br />
zugrunde liegt. Für die Inhaltsanalyse ausgewählt<br />
wurden nach Angaben des Autors (S.<br />
133ff.) Artikel, in denen es direkt oder indirekt<br />
496<br />
um die Frage des Bleigehalts im Benzin ging.<br />
Dazu gehört eine frühe Auseinandersetzung<br />
mit den Gesundheitsgefahren durch Blei im<br />
Benzin (in der ersten Hälfte der 70er Jahre)<br />
sowie die intensivere und länger andauernde<br />
Auseinandersetzung mit der Abgasentgiftung<br />
durch den Katalysator Mitte der 80er Jahre,<br />
bei der zwar die Gesundheits- und Umweltgefährdung<br />
durch Autoabgase allgemein eine<br />
wichtige Rolle spielten, das Blei im Benzin<br />
dagegen in erster Linie als „Gefahr“ für den<br />
Katalysator und der Verzicht auf Blei im Benzin<br />
als „Risiko“ für den Automotor behandelt<br />
wurde. Entsprechend war die Einführung des<br />
bleifreien Benzins nicht in erster Linie durch<br />
Gesundheitsbedenken motiviert, sondern technische<br />
Voraussetzung für die Einführung des<br />
Autokatalysators.<br />
Ich gehe auf die Frage der Auswahlkriterien<br />
für die analysierten Artikel so ausführlich ein,<br />
weil diese quasi die operationale Themendefinition<br />
darstellen. Der Autor behandelt beide<br />
Diskussionsstränge – Reduzierung des Bleigehalts<br />
im Benzin Anfang der 70er Jahre und<br />
Einführung des bleifreien Benzins im Zuge der<br />
Katalysatoreinführung – als Teilthemen eines<br />
Themas auf der Mesoebene und interpretiert<br />
nach seinem Phasenmodell das erste Einzelthema<br />
als Phase der „Schlüsselereignisse“ im Kontext<br />
des Mesothemas. Mir erscheint es jedoch<br />
relativ unwahrscheinlich, dass die Diskussion<br />
um die Bleireduzierung Anfang der 70er Jahre<br />
als Schlüsselereignis die spätere Diskussion um<br />
die Gefährlichkeit von Autoabgasen allgemein<br />
und die Einführung des Abgaskatalysators stimuliert<br />
hat, weil die Bleireduzierung im Benzin<br />
nicht den Katalysator erforderte, sondern<br />
umgekehrt bleifreies Benzin eine technische<br />
Voraussetzung für die Einführung des Katalysators<br />
darstellte. Die Katalysatoreinführung<br />
ist also nicht die Lösung für ein durch Schlüsselereignisse<br />
um die Gesundheitsgefährdung<br />
durch Blei aufgeworfenes neues Problem. Dass<br />
sich die spätere öffentliche Diskussion teilweise<br />
auch wieder mit „Blei im Benzin“ befasste,<br />
ist m. E. also eher ein Zufall. Letztlich zu<br />
beantworten wäre diese Frage, ob es sich um<br />
ein Thema oder mehrere Themen handelt, nur<br />
durch eine eingehende semantische Analyse des<br />
<strong>Medien</strong>inhalts, in der geklärt werden müsste,<br />
ob die spätere allgemeinere Debatte über die<br />
Gefährlichkeit von Autoabgasen semantisch<br />
an die vorangegangene Debatte anschloss oder<br />
nicht. Da es diese Analyse nicht gibt, ist es frag-
lich, ob inhaltliche Unterschiede in der Struktur<br />
der Berichterstattung zwischen den Phasen<br />
tatsächlich als semantische Verschiebung im<br />
Themenverlauf oder nicht teilweise eher als<br />
Übergang von einem zu einem anderen Thema<br />
interpretiert werden müsste.<br />
Die Anwendung des 5-phasigen Themenzykluskonzepts<br />
auf die inhaltsanalytische<br />
Fallstudie ist hochgradig interpretationsbedürftig,<br />
um nicht zu sagen in weiten Grenzen<br />
willkürlich. Zudem entspricht die Fallstudie<br />
nicht dem theoretischen Modell – so findet<br />
der Autor empirisch sechs statt der von seinem<br />
Modell geforderten fünf Phasen. Ist damit<br />
die „Theorie“ falsifiziert? Nicht für den<br />
Autor. Er schreibt: „Allerdings zeigt sich schon<br />
in der ersten empirischen Anwendung, dass<br />
ein Themenzykluskonzept flexibel sein muss.“<br />
(S. 182) Im Klartext heißt das, dass die vorkommenden<br />
Thematisierungsverläufe empirisch<br />
eine große Varianz aufweisen, die theoretisch<br />
nicht verstanden werden. Eine Theorie müsste<br />
zudem gehaltvoll sein, d. h. zum Beispiel<br />
Aussagen über inhaltliche Charakteristika<br />
der verschie denen Phasen machen. Inhaltliche<br />
Unterschiede in der Berichterstattung in den<br />
verschiedenen Phasen findet der Autor zwar,<br />
doch werden diese nicht theoretisch postuliert<br />
und folgen in den drei Ländern auch nicht dem<br />
gleichen Muster.<br />
Nun muss man konstatieren, dass der Autor<br />
selbst an vielen Stellen die Grenzen seiner theoretischen<br />
Überlegungen und ihrer empirischen<br />
Überprüfung einräumt, sich der Vorläufigkeit<br />
und des spekulativen Charakters seiner Analyse<br />
also bewusst ist. Trotzdem muss man ihn an<br />
seinem eigenen theoretischen Anspruch messen,<br />
der durch den Titel des Buches erhoben<br />
wird. Die Bausteine einer möglichen Theorie<br />
der medialen Thematisierung werden in dem<br />
Buch durchaus bereit gestellt und insofern ist es<br />
auch mit Gewinn zu lesen. Leider werden diese<br />
Bausteine dann aber nicht zu einem tragfähigen<br />
Gebäude zusammengesetzt. Letztlich erbringt<br />
der Theorieteil des Buches deshalb nicht wesentlich<br />
mehr an theoretischen Einsichten in<br />
den Prozess medialer Thematisierung, als Niklas<br />
Luhmann bereits 1970 in wenigen Sätzen<br />
in seinem bekannten Aufsatz über „Öffentliche<br />
Meinung“ skizziert hatte.<br />
Hans Peter Peters<br />
Literatur<br />
Hayashi, Haruo (2006): The Role of Scientists<br />
Literatur · Besprechungen<br />
in the Reporting of Natural Disasters. Vortrag<br />
bei der 9th International Conference on<br />
Public Communication of Science and Technology<br />
(PCST-9), Pre-Conference „Natural<br />
Disasters and Science Communication“,<br />
Jeju, Südkorea, 14.-16. Mai 2006.<br />
Schulz, Winfried (1976): Die Konstruktion von<br />
Realität in den Nachrichtenmedien. Analyse<br />
der aktuellen Berichterstattung. Freiburg,<br />
München.<br />
Mirko Marr<br />
Internetzugang und politische Informiertheit<br />
Zur digitalen Spaltung der Gesellschaft<br />
Konstanz: UVK, 2005. – 255 S.<br />
(Forschungsfeld Kommunikation; 19)<br />
ISBN: 3-89669-475-8<br />
Eine im Dezember 2005 erschienene Presseinformation<br />
zur Veröffentlichung der fünften<br />
Studie des „Digital Future Project“ (http://digitalcenter.org)<br />
der USC Annenberg School beginnt<br />
mit der Feststellung, dass „Internet users<br />
say that going online creates political clout“<br />
– eine Aussage übrigens, die vom folgenden<br />
Text nicht wirklich gestützt wird. Die Frage<br />
nach den Effekten des Internets bewegt auch<br />
Mirko Marr. Es fragt nicht nach dem Erwerb<br />
politischer „Schlagkraft“ durch das Internet,<br />
sondern etwas bescheidener nach dem Zusammenhang<br />
von Internetnutzung und politischer<br />
Informiertheit. Marr versteht seine Arbeit, die<br />
im Jahr 2004 als Dissertation an der Universität<br />
Zürich angenommen wurde, als einen kritischen<br />
Beitrag zur Forschung über die digitale<br />
Spaltung der Gesellschaft. Seinen Grundgedanken<br />
hatte er bereits 2004 in einem Aufsatz<br />
in dieser Zeitschrift entwickelt (Wer hat Angst<br />
vor der digitalen Spaltung? Zur Haltbarkeit des<br />
Bedrohungsszenarios. M&K 52, S. 76-94).<br />
Er argumentierte damals, dass die „digitale<br />
Spaltung“ erst dann eine gesellschaftlich relevante<br />
Bedrohung darstelle, wenn nachgewiesen<br />
werden kann, dass die Nichtnutzung des Internets<br />
zu einer tatsächlichen Benachteiligung<br />
führt. Oder in den Worten von Wilhelm (2002):<br />
„[The] more fundamental issue [is] [...] not<br />
whether gaps exist, but what differences they<br />
make“ (zitiert nach Marr, 2005: 228). Mit guten<br />
Argumenten und einer erfrischenden Polemik<br />
problematisiert er an den politischen Maßnah-<br />
497
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
men zur Verbreitung des Internets, dass sie<br />
nicht nur gut gemeint, sondern auch gut begründet<br />
sein müssen. Denn der Verdacht, dass<br />
der eigentliche Effekt dieser Maßnahmen sei,<br />
den Absatz von Hard- und Software zu stei -<br />
gern und die Reichweite des Internets als Marketing-,<br />
Verkaufs- und Vertriebskanal zu erhöhen,<br />
sei durchaus plausibel zu machen (Marr, 2004:<br />
90). Marr bestreitet, dass die „Zugangsexklusion“<br />
automatisch zu einer „Handicapierung“<br />
führe. Der Schluss von den internetbezogenen<br />
Zugangs- und Nutzungsunterschieden auf die<br />
Entstehung neuer sozialer Ungleichheiten sei<br />
kurzschlüssig (Marr, 2004: 83), bedürfe vor allem<br />
eines empirischen Nachweises.<br />
Mit seiner Dissertation hat er nun versucht,<br />
diesen Nachweis zu führen, und zwar bezogen<br />
auf den Aspekt der politischen Informiertheit,<br />
für die Situation in der Schweiz und mit Daten<br />
für die Jahre 2001 sowie 2002. Das Ergebnis<br />
– kurz gefasst – lautet: Obwohl Onliner deutlich<br />
besser über das aktuelle politische Geschehen<br />
informiert sind als die Offliner, liegen die<br />
Gründe hierfür nicht in erster Linie bei der<br />
Internetnutzung. Die Gründe liegen vielmehr<br />
darin, dass die Nutzer des Internets politisch<br />
aktiver sind, die politische Berichterstattung<br />
der herkömmlichen Massenmedien, insbesondere<br />
von Zeitungen, effektiver nutzen und ein<br />
Interessenprofil haben, das der Aufnahme politischer<br />
Informationen entgegen kommt (224).<br />
Die alte These aus der <strong>Medien</strong>wirkungsforschung<br />
„the more the more“ scheint hier wiederum<br />
bestätigt.<br />
Das Buch gliedert sich in drei Teile. In den<br />
Kapitel eins bis drei entwickelt er seine Fragestellung<br />
und das Forschungsdesign, die Kapitel<br />
vier bis sechs setzen sich mit der Theorie auseinander<br />
und in den Kapiteln sieben bis neun<br />
werden die empirischen Analysen dargestellt.<br />
Im einleitenden ersten Kapitel entwickelt er<br />
den Entdeckungszusammenhang seines Themas:<br />
der Diskurs zur digitalen Spaltung, die<br />
politischen Programme für ein „Internet für<br />
alle“ und die Kritik daran, die sich sowohl aus<br />
dem neoliberalen als auch dem linken Lager<br />
speist. Während die Disparitäten in Bezug auf<br />
den Zugang zum Internet und die Nutzung<br />
relativ gut erforscht seien, wird, so Marr, die<br />
Frage der Relevanz dieser Disparitäten in der<br />
Forschung kaum beachtet. Dass aus der Zugangsdisparität<br />
ein gesellschaftliches Problem<br />
folgt, werde als plausibel vorausgesetzt, aber<br />
weder theoretisch begründet noch empirisch<br />
498<br />
überprüft (13). Das Erkenntnisinteresse dieser<br />
Arbeit richtet sich also darauf, „inwiefern<br />
sich der Schluss von Disparitäten im Zugang<br />
zum Internet auf eine Verstärkung bestehender<br />
Ressourcenungleichheiten begründen lässt und<br />
damit indirekt auf die Frage, inwiefern diese<br />
Zugangsdisparitäten tatsächlich eine soziale<br />
Bedrohung darstellen“ (13). Als „Testfeld“ für<br />
diese Fragestellung wählt Marr die „politische<br />
Informiertheit“, wegen ihrer gesellschaftlichen<br />
Relevanz (jedenfalls in demokratischen Gesellschaften)<br />
und weil damit auch die Messlatte<br />
für den Interneteffekt nicht zu hoch gelegt<br />
wird (15). Deutlich anspruchsvoller wäre die<br />
Frage, ob die Internetnutzung zu mehr politischer<br />
Macht führt, wie dies das Digital Future<br />
Project, auf das anfänglich hingewiesen wurde,<br />
thematisiert.<br />
Im zweiten Kapitel wird die bisherige Forschung<br />
zur digitalen Spaltung rekapituliert,<br />
kritisch gesichtet und systematisiert. Im Gegensatz<br />
zu einem engen, technologieorientierten<br />
Problemverständnis, das nur unzureichend<br />
die Konsequenzen aus den „digitalen Klüften“<br />
für die Verteilung gesellschaftlicher Ressourcen<br />
abbilden kann, wird ein erweitertes, ressourcenorientiertes<br />
Problemverständnis vorgeschlagen,<br />
nach dem erst dann von einer digitalen<br />
Spaltung gesprochen werden soll, wenn<br />
sich der Nachweis einer Privilegierung durch<br />
das Internet erbringen lässt (41).<br />
Kapitel drei entwickelt einen Vorschlag, wie<br />
sich diese „Privilegierungsthese“ prüfen lässt.<br />
Es wird ein Querschnittsvergleich zwischen<br />
Nutzern und Nichtnutzern des Internets vorgeschlagen<br />
(eine Alternativ wäre eine Längsschnittuntersuchung),<br />
bei dem vorausgesetzt<br />
wird, dass der Internetzugang und die Internetnutzung<br />
in der Bevölkerung ungleich verteilt<br />
und die Internetnutzer politisch besser informiert<br />
sind. Erst dann lasse sich in einem dritten<br />
Schritt testen, wie die bessere Informiertheit<br />
erklärt werden kann: durch die Nutzung des<br />
Internets oder durch andere Faktoren?<br />
Es folgen drei theoretische Kapitel, in denen<br />
es um eine Einschätzung des Diffusionspotenzials<br />
des Internets geht (Kapitel 4) und um den<br />
Zusammenhang von Internetverbreitung und<br />
politischer Informiertheit (Kapitel 5). Hier zeige<br />
die Forschung, dass Personen mit hoher Aufgeschlossenheit<br />
gegenüber neuen Technologien<br />
tendenziell auch Personen seien, die über einen<br />
hohen politischen Informationsstand verfügen.<br />
Kapitel 6 fragt dann, ob über diesen allgemei-
nen Zusammenhang hinaus die Nutzung des<br />
Internets einen zusätzlichen Effekt in Sinne<br />
einer Verstärkung der Disparitäten bei der politischen<br />
Informiertheit wahrscheinlich macht.<br />
Die theoretischen Überlegungen ließen dies<br />
nicht als wahrscheinlich erscheinen, aber die<br />
wenigen hierzu vorliegenden empirischen Arbeiten<br />
lieferten widersprüchliche Ergebnisse.<br />
In den dann anschließenden drei Kapiteln<br />
stellt Marr seine eigenen empirischen Analysen<br />
für die Schweiz dar. Zunächst wird in<br />
Kapitel 7 die Verbreitung des Internets nach<br />
unterschiedlichen sozioökonomischen Gruppen<br />
untersucht. Marr stützt sich dabei auf zwei<br />
Bevölkerungsumfragen aus der kommerziellen<br />
Mediaforschung: die von der AG für Werbemedienforschung<br />
seit 1997 jährlich mit einer<br />
Stichprobe von etwa 23.000 Personen durchgeführte<br />
Studie zu Internetzugang und Internetnutzung<br />
„MA-Net“ sowie die „NetBase“ des<br />
Forschungsdienstes der Schweizerischen Radio-<br />
und Fernsehgesellschaft (SRG), in deren<br />
Rahmen seit 2001 jährlich ca. 42.000 Personen<br />
befragt werden. Marr berücksichtigt dabei die<br />
Daten aus dem Jahr 2003. Im Ergebnis zeigt<br />
sich hier für die Schweiz, wie dies auch für andere<br />
hochindustrialisierte Länder nachgewiesen<br />
werden kann, dass die in der Frühphase des<br />
Internets festgestellten sozialen Ungleichheiten<br />
in Bezug auf Zugang und Nutzung im weiteren<br />
Verlauf der Internetdiffusion angewachsen sind<br />
und sich bis heute auf hohem Niveau stabilisiert<br />
haben. Als stärkster Differenzierungsfaktor<br />
erweist sich dabei der Bildungsstand und<br />
das Einkommen, aber auch zwischen Alt und<br />
Jung bestehen beträchtliche Klüfte fort.<br />
Das Kapitel 8 widmet sich dann den Unterschieden<br />
zwischen Offlinern und Onlinern in<br />
Bezug auf die Politik. Es wird dabei über die<br />
im Mittelpunkt stehende „politische Informiertheit“<br />
hinaus nach Faktoren gefragt, die<br />
unmittelbar oder mittelbar einen Einfluss auf<br />
die politische Informiertheit haben könnten:<br />
der Grad der politischen Partizipation sowie<br />
politikrelevante Aspekte der <strong>Medien</strong>nutzung.<br />
Da die in Kapitel 7 zu Grunde gelegten Studien<br />
in Bezug auf die politischen Verhaltensdimensionen<br />
keine Aussagen machen, wird für diese<br />
Fragestellung auf zwei Forschungsstudien zurückgegriffen,<br />
eine Studie zu Individualisierung<br />
und Desintegration durch digitale Kommunikation<br />
im Auftrag des Bundesamts für<br />
Kommunikation („BAKOM-Studie“) aus dem<br />
Jahr 2001 und die UNIVOX-Studie aus dem<br />
Literatur · Besprechungen<br />
Jahr 2002. Die BAKOM-Studie bezog sich auf<br />
den Zusammenhang von Onlinenutzung und<br />
Tendenzen der Individualisierung, der gesellschaftlichen<br />
Desintegration und der Entwicklung<br />
von Wissensklüften. Befragt wurden 840<br />
Erwachsene mit Wohnsitz in der Region Basel<br />
und Zürich. Marr war selbst an der Durchführung<br />
dieser Studie beteiligt. UNIVOX stellt<br />
eine sozialwissenschaftliche Langzeitbeobachtung<br />
der Gesellschaft der Schweiz dar, die seit<br />
1986 mit einer Stichprobe von ca. 700 Personen<br />
in der Deutsch- und Westschweiz durchgeführt<br />
wird. Zu den insgesamt 23 Hauptthemen gehört<br />
auch das Thema „<strong>Medien</strong> und Kommunikation“.<br />
Seit 1998 enthält es Fragen zum<br />
Internet. Die Erhebung aus dem Herbst 2002<br />
konnte für die hier vorliegende Sekundäranalyse<br />
berücksichtigt werden. Das Kapitel 8 ist<br />
das umfangreichste und materialreichste. Es<br />
werden die politische Partizipation, Aspekte<br />
der <strong>Medien</strong>nutzung sowie die politische Informiertheit<br />
– unterschieden nach Themenwissen,<br />
Personalwissen und Faktenwissen – behandelt.<br />
Die „Mobilisierungshypothese“, die besagt,<br />
dass sich die bislang politikfernen Bevölkerungsteile<br />
durch das Internet politisch mobilisieren<br />
ließen, kann auf Grundlage dieser Daten<br />
nicht belegt werden. Die „Verstärkerhypothese“,<br />
die besagt, dass insbesondere solche Personen<br />
das Internet nutzen, die ohnehin zu den<br />
politisch aufgeschlossenen gehören, kann partiell<br />
bestätigt werden. Bei der <strong>Medien</strong>nutzung<br />
zeigten sich für die Onliner eine stärkere Orientierung<br />
an gedruckten <strong>Medien</strong>, insbesondere<br />
an tagesaktuellen Zeitungen, sowie eine höhere<br />
Aufmerksamkeit bei der <strong>Medien</strong>rezeption im<br />
Vergleich zu den Offlinern. Bei den verschiedenen<br />
Aspekten der politischen Informiertheit<br />
(Wahrnehmungs-, Erklärungs-, Personen- und<br />
Faktenwissen) sind die Unterschiede zwischen<br />
Onliner und Offliner aber relativ deutlich.<br />
Onliner weisen hier einen Vorsprung auf. Ob<br />
diese Unterschiede aber auf das Internet (mit)<br />
zurückgeführt werden können, ist damit noch<br />
nicht festgestellt. Diese letztlich zentrale Frage<br />
für die gesamte Argumentation wird in Kapi -<br />
tel 9 behandelt.<br />
In Kapitel 9 werden zwei Hypothesen getestet:<br />
Die eine führt die festgestellte bessere<br />
politische Informiertheit der Onliner auf ihre<br />
höhere Politikorientierung zurück, die andere<br />
auf den Internetzugang. Gestützt auf Kovarianzanalysen<br />
kommt Marr zu dem Ergebnis,<br />
dass bei konstant gehaltenem Einfluss der So-<br />
499
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
ziodemographie und der Politikorientierung<br />
der effektive Internetzugang keinen Beitrag<br />
zum politischen „Gesamtwissen“ (was sich aus<br />
Wahrnehmungs-, Erklärungs-, Personen- und<br />
Faktenwissen zusammensetzt) leistet. Allein<br />
die Kenntnisnahme bestimmter politischer<br />
Themen („Wahrnehmungswissen“) wird in<br />
einem gewissen Umfang durch den Internetzugang<br />
beeinflusst. Das Modell erklärt insgesamt<br />
33 Prozent der gesamten Varianz. Maßgeblich<br />
für die politische Informiertheit der Onliner ist<br />
in erster Linie ihre Teilnahme an Wahlen und<br />
Abstimmungen, ihre Alltagsgespräche über<br />
Politik, ihr Interessenprofil sowie ihre höhere<br />
<strong>Medien</strong>aufmerksamkeit.<br />
In einer Schlussbemerkung konstatiert<br />
Marr, dass seine kritischen Einwände gegen<br />
eine schlecht begründete Internetförderung<br />
mittlerweile ins Leere laufe, da dieser „Steuerungsdiskurs“<br />
so schnell von der politischen<br />
Agenda verschwunden sei, wie er ihre Spitze<br />
erklommen habe. „Die Phase, in denen sich<br />
die mächtigsten Männer und Frauen der Welt<br />
um die gerechte Verteilung der neuesten technologischen<br />
Errungenschaft Sorgen machten,<br />
währte nur kurz und endete mit der Delegierung<br />
dieser Sorgen an die Kommissionen und<br />
Unterausschüsse ...“ (233).<br />
Dieser Einschätzung muss man nicht unbedingt<br />
folgen. Sie ist wahrscheinlich auch nicht<br />
ganz ernst gemeint. Für die Wissenschaft sind<br />
mit Marrs Beitrag längst nicht alle Fragen des<br />
Wirkungsspektrums des Internets gelöst. Das<br />
würde Marr selbst auch nicht behaupten. Einige<br />
offene Fragen seien hier aufgeführt: Gibt<br />
es Gründe anzunehmen, dass die Ergebnisse<br />
durch besondere Bedingungen in der Schweiz<br />
geprägt sind? Ist die Datengrundlage dieser<br />
Studie nicht zu disparat, um konsistente<br />
Aussagen machen zu können? Genügt diese<br />
„Momentaufnahme“ oder müsste nicht – bei<br />
der anhaltenden Dynamik in diesem Bereich<br />
– mit einer „follow up-Studie“ die Stabilität<br />
der Ergebnisse überprüft werden? Wäre ein<br />
angemessener methodischer Ansatz nicht eher<br />
eine längsschnittliche Analyse? Müsste die „Internetnutzung“<br />
nicht viel stärker differenziert<br />
und typisiert werden? Sind in dieser Debatte<br />
nicht auch die Motive der Nichtnutzer und<br />
Nichtmehrnutzer und die von ihnen gewählten<br />
Alternativen zu berücksichtigen? Sind so<br />
komplexe Wirkungszusammenhänge überhaupt<br />
mit rein quantitativen Untersuchungsmethoden<br />
erfassbar und bedürften sie nicht der<br />
500<br />
Ergänzung durch qualitative Untersuchungsmethoden?<br />
Schließlich könnte man neben der<br />
„politischen Informiertheit“ andere Untersuchungsdimensionen<br />
einbeziehen, für die das<br />
Internet „could make a difference“, man denke<br />
an sehr instrumentelle Nutzungen im Bereich<br />
der Informationsrecherche, soziale Kontakte,<br />
andere, nichtpolitische Wissensdomänen, berufliche<br />
Aufgaben, Lernen, gesellschaftliches<br />
Engagement etc.<br />
So hat Marr mit seinem Beitrag keineswegs<br />
die Debatte beendet, sondern erst richtig eröffnet.<br />
Er hat mit diesem Buch in Bezug auf<br />
die theoretische Argumentation und die methodisch-empirische<br />
Vorgehensweise einen<br />
wesentlichen Beitrag zur Diskussion über die<br />
Folgen der Verbreitung des Internets in der<br />
Bevölkerung vorgelegt. Marr entwickelt seine<br />
Argumente gut nachvollziehbar und äußerst<br />
umsichtig, immer auch mögliche Einwände<br />
mit berücksichtigend. Dabei ist sein Stil keineswegs<br />
trocken und hermetisch, sondern gut<br />
lesbar und erfrischend auch in mancher wohl<br />
gesetzten polemischen Wendung. Dies ist beispielhaft<br />
für gute wissenschaftliche Prosa, die<br />
auf einer soliden Forschungspraxis beruht. Das<br />
Buch, obwohl kein Lehrbuch, scheint mir deshalb<br />
nicht zuletzt gut einsetzbar in der universitären<br />
Ausbildung.<br />
Ulrich Riehm<br />
Astrid Link<br />
Unternehmensbeteiligungen öffentlichrechtlicher<br />
Rundfunkanstalten<br />
Öffentlich-rechtlicher Programmauftrag und<br />
privatrechtliche Organisationsformen<br />
Baden-Baden: <strong>Nomos</strong> Verlagsgesellschaft,<br />
2005. – 236 S.<br />
(Materialien zur interdisziplinären <strong>Medien</strong>forschung;<br />
52)<br />
(Zugl. : Hamburg, Univ., Diss., 2004)<br />
ISBN 3-8329-1443-9<br />
Immer noch ist die Erwartung weit verbreitet,<br />
dass private Unternehmen qualitativ gleichwertige<br />
Güter und Leistungen schneller, billiger<br />
und anpassungsfähiger zur Verfügung stellen<br />
können als öffentliche oder gar staatliche Anbieter.<br />
Auch öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten<br />
lassen sich von ihr leiten. Sie reagieren<br />
damit auch auf die Erfahrung, dass sich die
öffentlich-rechtliche Organisationsform oft als<br />
schwerfällig und zu starr erweist. Das gilt insbesondere<br />
in den immer wichtigeren Bereichen<br />
des Rechtehandels und der Programmproduktion,<br />
in geringerem Umfang auch in anderen<br />
Abschnitten der lang gewordenen Verwertungsketten.<br />
Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten<br />
sind deshalb schon seit geraumer Zeit<br />
dazu übergegangen, sich an rechtlich selbstständigen<br />
Unternehmen des Privatrechts zu<br />
beteiligen. Diese werden in die Herstellung der<br />
zur Erfüllung der Anstaltsaufgaben benötigten<br />
Mittel eingeschaltet oder mit der Wahrnehmung<br />
anstaltlicher (Teil-)Aufgaben beauftragt.<br />
Die öffentlich-rechtliche Organisationsform<br />
ist aber weder Selbstzweck noch ohne Weiteres<br />
verzichtbar. Unter dem Gesichtspunkt der<br />
Grundrechtssicherung durch Organisation<br />
und Verfahren wird sie verfassungsrechtlich<br />
vorausgesetzt. Die Entwicklung des dualen<br />
Rundfunksystems bestätigt die Annahme des<br />
Bundesverfassungsgerichts, dass privatrechtlich<br />
organisierte Rundfunkunternehmen den<br />
Anforderungen nicht genügen können, um deren<br />
Erfüllung willen Art. 5 Abs. 1 GG die Freiheit<br />
des Rundfunks schützt. Die durch dieses<br />
Grundrecht vorgegebene Funktion des Rundfunks,<br />
die Freiheit umfassender und chancengleicher<br />
Meinungsbildung zu ermöglichen,<br />
bedarf einer anspruchsvolleren Organisation.<br />
Zwar kann die Public-Service-Funktion auch in<br />
einer öffentlich-rechtlichen Organisationsform<br />
auf vielfältige Weise verfehlt werden, auch das<br />
zeigt die Entwicklung des dualen Rundfunksystems.<br />
Außerhalb dieser Form aber sind ihr Bestand<br />
und ihre Entwicklung, wie im zeitlichen<br />
und internationalen Überblick heute erkennbar<br />
ist, von vornherein ungesichert.<br />
Vor diesem Hintergrund stellt sich der Beteiligung<br />
öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten<br />
an selbstständigen privaten Unternehmen<br />
ein Problem. Einerseits sollen die erwünschten<br />
Vorteile der privatrechtlichen Organisation<br />
möglichst weitgehend verwirklicht werden.<br />
Andererseits muss dabei die der öffentlichrechtlichen<br />
Organisationsform zugrunde<br />
liegende Public-Service-Funktion uneingeschränkt<br />
erfüllt werden. Ob und auf welche<br />
Weise beides zugleich möglich ist, erscheint<br />
durchaus ungewiss. In dieser Frage findet die<br />
Untersuchung von Link ihren Anlass und<br />
Mittelpunkt. Die Verfasserin kann, um das Ergebnis<br />
vorweg zu nehmen, jene Ungewissheit<br />
auch nicht vollständig ausräumen. Ihre Unter-<br />
Literatur · Besprechungen<br />
suchung lässt aber die Bedingungen deutlicher<br />
hervortreten, unter denen sich öffentlich-rechtliche<br />
Rundfunkanstalten der privatrechtlichen<br />
Organisationsform bedienen dürfen, und sie<br />
zeichnet die gesellschaftsrechtlichen Möglichkeiten<br />
einer funktionssichernden Einwirkung<br />
auf die Beteiligungsunternehmen mit großer<br />
Genauigkeit nach.<br />
Die Arbeit beginnt mit einer ausführlichen<br />
Darstellung der verfassungsrechtlich vorgegebenen<br />
Aufgabe des Rundfunks, der diesbezüglichen<br />
Gewährleistungsverantwortung des<br />
Staates, insbesondere des Gesetzgebers, und<br />
der Binnenstruktur der öffentlich-rechtlichen<br />
Anstalten. Letztere wird zu Recht als die organisationale<br />
Dimension der Rundfunkaufgabe<br />
begriffen. Diese wiederum wird auf die dienende<br />
Funktion der Rundfunkfreiheit zurückgeführt,<br />
die deshalb als maßstäbliche Leitgröße<br />
auch der Rundfunkorganisation entfaltet werden<br />
kann. Dabei gelingt manche schöne Formulierung<br />
und nützliche Klarstellung. Bedenkt<br />
man die tatsächliche Verfallsgeschichte des dualen<br />
Systems – Stichwort „Konvergenz nach<br />
unten“ –, mag sich am Ende dieses ersten Teils<br />
der Arbeit eine gewisse Melancholie einstellen.<br />
Die Wirklichkeit hat sich weit von den normativen<br />
Vorgaben der Verfassung entfernt, in<br />
beiden Sektoren des dualen Rundfunksystems.<br />
Auch aus diesem Grund wird die Zuversicht<br />
kaum überall geteilt werden, mit der Link die<br />
bekannten Grenzen hoheitlich-imperativer<br />
Steuerung in Erinnerung ruft, um dann auf<br />
Organisationsrecht zu verweisen, mit dem ein<br />
Potenzial gesellschaftlicher Selbstregulierung<br />
auf kommunikationsbezogene Gemeinwohlziele<br />
ausgerichtet werden könne. Wenn nun<br />
dieses Potenzial unter den Bedingungen einer<br />
globalen „Ökonomie der Aufmerksamkeit“<br />
rückläufig wäre? Wenn es unter diesen Bedingungen<br />
zu keinem Gemeinwohl mehr fände,<br />
das über sein verfassungsrechtliches Versprechen<br />
hinaus auch tatsächliche gesellschaftliche<br />
Anerkennung erführe? Man wird der Verfasserin<br />
wohl nicht vorwerfen können, diese Fragen<br />
unberührt zu lassen. Sie bleiben schließlich<br />
auch in der allgemeineren Rede vom „Gewährleistungsstaat“,<br />
dessen „Gewährleistungsaufgabe“<br />
und „Gewährleistungsverantwortung“<br />
sowie ähnlichen Verlegenheitsformeln ungeklärt,<br />
die von Link in Bezug genommen wird.<br />
Eher schon wirken die Breite und Ausführlichkeit<br />
der funktions- und strukturbezogenen<br />
Darstellungen des ersten Teils erstaunlich. Sie<br />
501
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
werden von den nachfolgenden Überlegungen<br />
in diesem Umfang weder benötigt noch in Bezug<br />
genommen.<br />
Der zweite Teil der Arbeit – der erste der<br />
beiden Hauptteile – nimmt seinen Ausgang bei<br />
der Feststellung, dass die Rundfunkanstalten<br />
aufgrund ihrer Programmverantwortung gehalten<br />
seien, auf ihre Eigen- und Beteiligungsgesellschaften<br />
derart Einfluss zu nehmen, dass<br />
die Erfüllung des Programmauftrags auch bei<br />
Rückgriff auf diese Gesellschaften gewährleistet<br />
sei. Link erörtert die verschiedenen Möglichkeiten,<br />
die das Gesellschaftsrecht eröffnet,<br />
um auf die Eigen- oder Beteiligungsgesellschaft<br />
einzuwirken. Sie beschränkt sich dabei mit Blick<br />
auf die in der Praxis mit Abstand am weitesten<br />
verbreitete Gesellschaftsform im Wesentlichen<br />
auf das GmbH-Recht. Dieses wird freilich<br />
umfassend auf seine Steuerungstauglichkeit<br />
hin geprüft. Die Diskussion reicht von Fragen<br />
der Kapitalbeteiligung über die Festschreibung<br />
von Gesellschaftszweck und -gegenstand, die<br />
Einflussnahme in Gesellschaftsorganen, Konsortialabreden<br />
und Informationsrechten bis<br />
hin zum Recht der verbundenen Unternehmen<br />
(Beherrschungsverträge, faktische Konzernierung,<br />
Haftung aus existenzvernichtendem<br />
Eingriff, Holdingkonstruktionen). Auf diese<br />
Weise entsteht ein ausgedehntes, kleinteiliges<br />
und vielschichtiges Bild gesellschaftsrechtlicher<br />
Steuerungsstrukturen. Innerhalb dieser in<br />
ihrer Gesamtheit kaum noch zu überblickenden<br />
Strukturen muss die öffentlich-rechtliche<br />
Rundfunkanstalt ein mit ihr verbundenes, aber<br />
rechtlich selbstständiges Unternehmen auf den<br />
Verfassungsauftrag des Rundfunks hin lenken.<br />
Ein dabei entstehendes Grundproblem arbeitet<br />
die Verfasserin in immer wieder neuen<br />
Konstellationen scharf heraus. Von den Einwirkungsmöglichkeiten<br />
des Gesellschaftsrechts<br />
kann (und muss gegebenenfalls) in unterschiedlicher<br />
Weise und Intensität Gebrauch<br />
gemacht werden. Ein ebenso übergreifender<br />
wie aussagekräftiger Maßstab hierfür lässt sich<br />
jedoch nicht angeben. Die erforderliche oder<br />
angemessene Einwirkung durch die öffentlichrechtliche<br />
Anstalt hängt davon ab, wie nahe<br />
die Leistung des Beteiligungsunternehmens<br />
der Programmveranstaltung rückt und welche<br />
Rückwirkungen sie auf diese hat. Das muss in<br />
jedem Einzelfall erneut geklärt werden; „eine<br />
generell-abstrakte Lösung des Problems erscheint<br />
unmöglich“ (S. 62), in der Tat. So detailliert<br />
und facettenreich die Rekonstruktion<br />
502<br />
der gesellschaftsrechtlichen Steuerungsmechanismen<br />
schließlich erscheint, so schlicht bleibt<br />
das Kriterium ihrer Wahrnehmung: insoweit<br />
maßgeblich sei, dass „die Bindung an den Funktionsauftrag<br />
stets gewahrt bleiben muss“ (63,<br />
ähnlich 141). Das geht nicht wesentlich über<br />
die Erkenntnisse in BVerfGE 83, 238 (303 ff.)<br />
hinaus, wahrscheinlich lässt sich aber Genaueres<br />
tatsächlich nicht ausmachen.<br />
Ein zweites Grundproblem, in dem sich die<br />
Diskussion öffentlich-rechtlicher Beteiligungsverhältnisse<br />
– nicht nur im Rundfunkbereich,<br />
sondern etwa auch im kommunalen Wirtschaftsrecht<br />
– gern verfängt, lässt sich leichter<br />
handhaben. Es entsteht aus der Annahme, dass<br />
zwischen öffentlich-rechtlicher Einwirkungspflicht<br />
einerseits und privatrechtlicher Bewegungsfreiheit<br />
eine Art Balance herzustellen<br />
sei, womöglich sogar von Verfassungs wegen.<br />
Daraus mag sich wie von selbst die Folgerung<br />
entwickeln, dass die Nutzung privatrechtlicher<br />
Organisationsformen durchaus auch eine Lockerung<br />
funktionssichernder Bindungen bedingen<br />
könnte; Link weist auf die diesbezügliche<br />
Diskussion im Kommunalrecht hin (62).<br />
Schon die Grundannahme ist irrig. Die verfassungsrechtlich<br />
vorgegebene Funktion ist stets<br />
und unbedingt vorrangig. Ihre Sicherung kann<br />
im Einzelfall eine Einwirkung erfordern, die<br />
die Bewegungsfreiheit einer Beteiligungsgesellschaft<br />
am Markt aufheben und diese als bloßes<br />
Vollzugsorgan der öffentlich-rechtlichen Anstalt<br />
erscheinen ließe. Für die Anstalten wird<br />
dann „der Rückgriff auf Eigen- oder Beteiligungsgesellschaften<br />
keine geeignete Option<br />
zur Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben<br />
darstellen“ (66, in der gleichen Richtung auch<br />
216). Vor dieser einfachen Wahrheit erweist<br />
sich das erwähnte zweite Grundproblem als<br />
Scheinproblem; sie wird freilich nicht immer in<br />
der gebotenen Klarheit gesehen.<br />
Weil die notwendige Einflussnahme auf<br />
die Beteiligungsgesellschaften letztlich nur im<br />
Einzelfall endgültig bestimmt werden kann,<br />
versucht Link im dritten Teil ihrer Arbeit beispielhaft<br />
verschiedene ausgelagerte Bereiche<br />
mit unterschiedlicher Programmnähe daraufhin<br />
auszuleuchten, wie stark jeweils die Einwirkungsmöglichkeiten<br />
ausgeprägt sein müssen<br />
und gegebenenfalls sind. Das Spektrum<br />
reicht von dem Kernbereich der Programmveranstaltung<br />
(WDR/Radio NRW GmbH; öffentlich-rechtliche<br />
Veranstalterkooperationen<br />
in GmbH-Form; ARTE als Sonderform) über
die Bereiche der Werbung, der Programmproduktion,<br />
des Einkaufs und der Rechteverwertung<br />
bis zur Auslagerung der Redaktion (Maran-Film-GmbH,<br />
NDR-Tierfilmredaktion).<br />
Diese von viel Sachkenntnis getragenen paradigmatischen<br />
Darstellungen sind geeignet, das<br />
im Einzelfall entstehende Maßstabsproblem zu<br />
verringern; natürlich können sie es nicht ganz<br />
beseitigen.<br />
Die vergleichsweise erfreulich schlank gehaltene<br />
Arbeit bietet dennoch einen, soweit<br />
erkennbar, nahezu erschöpfenden Überblick<br />
über das gesellschaftsrechtliche Instrumentarium<br />
einer Einwirkung öffentlich-rechtlicher<br />
Rundfunkanstalten auf privatrechtliche Beteiligungsgesellschaften.<br />
Anliegen der Arbeit ist es<br />
nicht, einen Theoriepfad ins Unbekannte hinein<br />
auszuzeichnen. Sie will vielmehr ein durchaus<br />
bereits bekanntes Gelände in dessen ganzer<br />
Ausdehnung und Beschaffenheit durchdringen.<br />
Das gelingt ihr gut. Insbesondere von der rundfunkrechtlichen<br />
Praxis wird die in nüchterner<br />
juristischer Prosa gehaltene Untersuchung von<br />
Link immer wieder mit Gewinn herangezogen<br />
werden können.<br />
Helge Rossen-Stadtfeld<br />
Kristina Hopf<br />
Jugendschutz im Fernsehen<br />
Eine verfassungsrechtliche Prüfung der materiellen<br />
Jugendschutzbestimmungen<br />
Frankfurt am Main: Lang, 2005. – 317 S.<br />
(Zugl.: München, Univ., Diss., 2004)<br />
ISBN: 3-631-53768-9<br />
Die anzuzeigende Studie, eine im Juni 2003<br />
abgeschlossene Dissertation an der Münchener<br />
Universität der Bundeswehr, hat unter Beachtung<br />
empirisch-soziologischer Erkenntnisse die<br />
Verfassungsmäßigkeit der seit dem 1. April 2003<br />
geltenden materiell-rechtlichen Bestimmungen<br />
des Jugendschutzes im Fernsehen zum Gegenstand.<br />
Die Untersuchung befasst sich nicht nur<br />
mit der Frage, in welchem Umfang diese Regelungen<br />
die verfassungsrechtlich gebotenen<br />
Grenzen ausreichend beachten, sondern auch<br />
mit den Aspekten, ob diese Bestimmungen der<br />
Umsetzung des verfassungsrechtlichen Jugendschutz-Auftrages<br />
genügen und ob das Grundgesetz<br />
dem Gesetzgeber Spielraum für eine<br />
Intensivierung oder einen Abbau des regulatorischen<br />
Jugendschutzes schafft oder eine solche<br />
Literatur · Besprechungen<br />
Novelle sogar gebietet. Gerade auch mit Blick<br />
auf diese rechtspolitische Fragestellung kommt<br />
der Studie im Hinblick auf die im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag<br />
vorgesehene Evaluierung<br />
besondere Bedeutung zu. Mag auch<br />
die im Koalitionsvertrag der großen Koalition<br />
auf Bundesebene vorgesehene Verschärfung<br />
des Jugendschutzes nicht den Fernsehbereich<br />
erfassen, so drückt sich hierin doch eine weit<br />
reichende Unzufriedenheit mit gesellschaftlichen<br />
Trends im Hinblick auf die Entwicklung<br />
von Minderjährigen zu gesellschaftlich verantwortlichen<br />
Persönlichkeiten aus – eine Unzufriedenheit,<br />
die auch und gerade bezogen auf<br />
den Fernsehbereich stete Aktualität aufweist,<br />
wie jüngst die nicht nur kirchliche Diskussion<br />
um die Serie „Popetown“ belegt hat.<br />
Hopf stellt in ihrer Untersuchung sämtliche<br />
materiellrechtlichen Bestimmungen des<br />
Jugendmedienschutz-Staatsvertrages auf den<br />
verfassungsrechtlichen Prüfstand. In der weit<br />
überwiegenden Zahl seiner Handlungsge- und<br />
-verbote wird das für das Fernsehen geltende<br />
Jugendschutzrecht diesem Prüfungsmaßstab<br />
aus Sicht von Hopf gerecht. Dies gilt z. B. für<br />
die Sendezeitbeschränkungen für entwicklungsbeeinträchtigende<br />
Angebote, die Sendezeitbeschränkung<br />
für sonstige Sendeformate,<br />
das absolute Ausstrahlungsverbot für indizierte<br />
und mit diesen im Wesentlichen inhaltsgleiche<br />
Angebote sowie das generelle Pornografieverbot<br />
– einschließlich des Verbots bei Near-Video-on-Demand-Angeboten.<br />
Kritisch äußert sich Hopf insbesondere an<br />
zwei Stellen: Bis der Gesetzgeber eine ausdrückliche<br />
Regelung finde, müsse angesichts<br />
der mit einer offensichtlich schwer jugendgefährdenden<br />
bzw. indizierten Sendung vergleichbaren<br />
Gefährdungslage für Kinder und<br />
Jugendliche analog § 4 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und<br />
Nr. 3 JMStV auch bei nicht offensichtlich, aber<br />
trotzdem schwer jugendgefährdenden Fernsehsendungen<br />
ein Ausstrahlungsverbot gelten.<br />
Inwieweit ein solcher Denkansatz mit den verfassungsrechtlichen<br />
Vorgaben an den Vorbehalt<br />
des Gesetzes bei Grundrechtseingriffen vereinbar<br />
ist, bedarf unbeschadet der jugendschutzrechtlichen<br />
Wünschbarkeit eines generellen<br />
Ausstrahlungsverbotes vertiefter Erörterung.<br />
Verfassungsrechtliche Bedenken werden in<br />
der Untersuchung zudem gegen die Vorsperre-Regelung<br />
geltend gemacht: Eine Ungleichbehandlung<br />
von Free- und Pay-TV sei sachlich<br />
nicht gerechtfertigt. Während im Bereich des<br />
503
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Pay-TV Filme, die erst ab 18 Jahren freigegeben<br />
sind, bei Einsatz der Vorsperre bereits ab<br />
20.00 Uhr ausgestrahlt werden können, dürften<br />
die Free-TV-Anbieter von der Möglichkeit der<br />
Vorsperre mit verkürzter Sendezeitbeschränkung<br />
keinen Gebrauch machen. Für sie verbleibe<br />
es bei den regulären Sendezeiten des § 5<br />
Abs. 4 JMStV. Dieser Wettbewerbsvorteil, der<br />
den Pay-TV-Anbietern gewährt werde, sei mit<br />
dem Gleichheitssatz unvereinbar. Im Hinblick<br />
auf die durchaus unterschiedlichen Rezeptionsmöglichkeiten<br />
Minderjähriger je nachdem, ob<br />
eine Vorsperre eingesetzt wird, einerseits, und<br />
die auch insoweit bestehende Einschätzungsprärogative<br />
des Gesetzgebers andererseits, sind<br />
an dieser Kritik Zweifel angezeigt.<br />
Solche Nachfragen zu einzelnen Aspekten<br />
vermögen indessen den positiven Gesamteindruck<br />
der Studie von Hopf nicht zu schmälern.<br />
Auch im Verfahrensrechtlichen weist<br />
die Untersuchung – z.B. mit Blick auf die<br />
Sinn hhaftigkeit einheitlicher Aufsichtsmechanismen<br />
für beide Säulen des dualen Rundfunksystems<br />
– manchen rechtspolitisch überzeugenden<br />
Ansatz auf. Wünschenswert wäre<br />
es gewesen, wenn das zwischen Abschluss<br />
der Dissertation und Publikation erschienene<br />
Schrifttum hätte ausgewertet werden können<br />
– die Ergebnisse von Hopf werden hier vielfach<br />
bestätigt. Mit diesem kleinen Vorbehalt<br />
zeichnet sich die Untersuchung durch hohe<br />
Aktualität und eine umfassende Auswertung<br />
von Rechtsprechung und Literatur aus. Die<br />
Studie ist unentbehrlich für alle, die sich in<br />
Praxis oder Wissenschaft mit der Anwendung<br />
und Fortentwicklung des Jugendschutzes im<br />
Fernsehen auf administrativer, justizieller oder<br />
politischer Ebene beschäftigen.<br />
Jörg Ukrow<br />
Günther Rager / Karola Graf-Szczuka /<br />
Gregor Hassemer / Stephanie Süper<br />
Zeitungsjournalismus<br />
Empirische Leserschaftsforschung<br />
Konstanz: UVK, 2006. – 290 S.<br />
ISBN: 3-89669-503-7<br />
Es gibt nicht viele Professoren, die mit ihren<br />
Studenten das Experiment wagen, Ergebnisse<br />
aus Seminaren oder Lehrforschungsprojekten<br />
zwischen zwei Buchdeckel zu pressen. Zu lang<br />
ist häufig die Liste mit den eigenen Publikati-<br />
504<br />
onsverpflichtungen und offenbar zu gering das<br />
professorale Vertrauen in die Schreibkünste ihrer<br />
Schützlinge. Schon allein aus diesem Grund<br />
ist Günther Rager und seiner Crew ein wenig<br />
Hochachtung zu zollen. Denn hinter den 290<br />
Seiten Druckerschwärze auf chlorfrei gebleichtem<br />
Papier verbergen sich gewiss eine Menge<br />
Blut, Schweiß und Tränen, die den einen oder<br />
anderen studentischen Autoren vielleicht auf<br />
den Pfad einer späteren akademischen Laufbahn<br />
gelockt haben mag. Die Anstrengung aber<br />
hat sich doppelt gelohnt: Das Buch kann nicht<br />
nur in Aufmachung und Anspruch mit etablierten<br />
Werken mithalten. Auch gewinnt man den<br />
Eindruck, als bliese einem zwischen den Zeilen<br />
frischer Wind entgegen – fast immer kommen<br />
die Jungautoren ohne ein verklausuliertes Wissenschaftssprech<br />
aus, stattdessen finden sich<br />
durchweg flotte Überschriften und angenehm<br />
kurze Sätze.<br />
Das dankt ihnen vor allem der Leser, womit<br />
gleich der zweite Grund angesprochen ist, dieses<br />
Büchlein sympathisch zu finden: die Wahl des<br />
Themas. „Empirische Leserschaftsforschung“,<br />
so familiär der trockene Terminus technicus im<br />
Buchuntertitel anklingt – dieses Forschungsfeld<br />
steckt in Deutschland noch in den Kinderschuhen<br />
und fällt selbst in aufwendigen Presseanalysen<br />
nicht selten unter den Tisch. Herausgeber<br />
und Autoren von „Zeitungsjournalismus“<br />
haben sich fest vorgenommen, dies zu ändern.<br />
Man wolle möglichst viele Ergebnisse zur Leserschaftsforschung<br />
„der Praxis zugänglich<br />
machen“, schreiben Günther Rager, Karola<br />
Graf-Szczuka, Gregor Hassemer und Stephanie<br />
Süper im Vorwort. Wo nicht ohnehin schon<br />
aus dem reichen Leserschaftsdatenfundus des<br />
von der Deutschen Forschungsgemeinschaft<br />
(DFG) unterstützten Projekts „Zeitung lernen<br />
– Lesesozialisation bei Informationsmedien“<br />
der Universität Dortmund geschöpft werden<br />
konnte, unternahmen die Teilnehmer des einjährigen<br />
Zeitungsprojekts am Journalistik-<br />
Lehrstuhl selbst kleinere Studien im Rahmen<br />
ihrer Diplomarbeiten.<br />
Was erwartet die Leserschaft von ihrer<br />
Zeitung? Welche Überschriften kommen an?<br />
Warum greifen Menschen überhaupt zur Zeitung?<br />
Und in welchen Situationen? Auf diese<br />
und andere lebenswichtige Fragen in der Ära<br />
des sicheren Zeitungssterbens versuchen die 30<br />
Buchbeiträge empirische Antworten zu finden.<br />
Auch wenn Rager und seine Co-Herausgeber<br />
etwas übertrieben vorsichtig vorwegnehmen,
dass sie keinen Anspruch auf Vollständigkeit<br />
erheben: Es werden eigentlich fast alle erdenklichen<br />
Felder angesprochen und konstruktiv<br />
weitergedacht, die für Blattmacher und Verleger<br />
gleichermaßen wichtig sind – von A wie Agenturen<br />
über N wie Nutzwert bis Q wie Qualität<br />
und W wie Wirkung. Was den angestrebten<br />
Wissenstransfer in die Zeitungspraxis gelegentlich<br />
erschwert, ist das eigentlich nur noch selten<br />
in akademischen Kreisen gebräuchliche große<br />
I („RedakteurInnen“, „LeserInnen“), das nicht<br />
nur den Lesefluss erheblich stört, sondern in<br />
einem Buch über Leserforschung fast schon<br />
peinlich anmutet. Was den Transfer dagegen<br />
ungemein erleichtert, ist der übersichtliche<br />
Aufbau der Einzelbeiträge nach dem Schema<br />
„Bedeutung des Themas“, „Definition“, „Forschungsstand“,<br />
gegebenenfalls „Ergebnisse eigener<br />
Forschung“, „Bewertung und Ausblick“<br />
und „Literatur“.<br />
Gerade der jeweilige „Forschungsstand“<br />
lässt für die untersuchten Schwerpunkte erkennen,<br />
wie stiefmütterlich der Leser von<br />
der deutschen Zeitungswissenschaft mitunter<br />
behandelt wurde. Das zeigt sich am deutlichsten<br />
bei randständigen Ressorts wie „Wissenschaft“<br />
(Gregor Hassemer), „Sport“ (Michael<br />
Strompen) und „Lokales“ (Markus Frädrich),<br />
bei denen sich die Leserforschung zuweilen<br />
eher auf Vermutungen denn auf harte Fakten<br />
stützt. Umso mehr erweist sich der Zugriff auf<br />
internationale Studien überall dort als hilfreich,<br />
wo Zeitungsleser akribischer erforscht sind als<br />
hierzulande, beispielsweise in den USA, wo<br />
dies schon aus der großzügiger geförderten<br />
Zeitungsforschung heraus begründet ist. Zum<br />
anderen sind Erkenntnisse aus dem Ausland<br />
auch deshalb von Interesse, weil sich hiesige<br />
Verleger – ungeachtet der sehr speziellen<br />
Rahmenbedingungen der deutschen Zeitungslandschaft<br />
(die eine der diversifiziertesten und<br />
auflagenstärksten der Welt ist) – in jüngerer<br />
Vergangenheit immer wieder innovativer Erfolgsmodelle<br />
wie Tabloid-Formate (Großbritannien),<br />
Gratiszeitungen (Skandinavien) oder<br />
dem Merchandising durch beigelegte Bücher<br />
und DVDs (Italien) bedient haben.<br />
Auf Interesse stoßen dürften bei Verlagsmanagern<br />
und Zeitungsredakteuren auch die<br />
Buchkapitel über die Exoten-Zielgruppen<br />
„Kinder“ (Katja Fischborn), „Jugendliche“<br />
(Markus Kubitza) und „Senioren“ (Annika<br />
Sehl), deren Untersuchung hierzulande<br />
ebenfalls noch am Anfang steht. Wer sich die<br />
Literatur · Besprechungen<br />
konstruktiven „Bewertungen und Ausblicke“<br />
der lange Zeit sträflich vernachlässigten Nachwuchs-<br />
und Seniorenleserschaft zu Herzen<br />
nimmt, wird erkennen, dass Verlegerwünsche<br />
und Leserwirklichkeiten manchmal nicht recht<br />
zusammenpassen wollen. Beispielsweise interessiert<br />
sich die inzwischen von Marketing-Leuten<br />
heiß umworbene Zielgruppe „50 plus“ vor<br />
allem für Themen wie „Natur und Umwelt“,<br />
„Haus und Garten“ sowie „Fremde Länder<br />
und Kulturen“, welche viele Tageszeitungen so<br />
gut wie gar nicht anbieten.<br />
Umgekehrt müssen sich junge Zeitungsleser<br />
offensichtlich erst einmal an das gedruckte<br />
Massenmedium gewöhnen, bevor sie sich mit<br />
einem lebendigen Artikeleinstieg (Dorothee<br />
Krings) oder einer ausgefallenen Überschrift<br />
wie der „Bild“-Schlagzeile „Wir sind Papst!“<br />
(Katharina Heimeier/Karola Graf-Szczuka)<br />
ködern lassen. Damit Jugendliche und junge<br />
Erwachsene zwischen 14 und 29 Jahren häufiger<br />
Zeitungen aufschlagen (92 Prozent sehen<br />
in ihrer Freizeit lieber fern, 78 Prozent hören<br />
Radio), haben sich Verlage so genannte „Jugendseiten“<br />
ausgedacht, die bewusst optische<br />
Anreize wie großflächige Fotos und bunte<br />
Infografiken oder Stilmittel wie Comics zur<br />
Vermittlung journalistischer Inhalte einsetzen.<br />
Unklar bleibt, ob die nach wie vor brav zusammengestellten<br />
Schul- und Bildungsthemen den<br />
Nerv der Zeit überhaupt treffen, oder ob nicht<br />
Drogen, Sex, Musik, Mode die gefragteren Jugendthemen<br />
sind.<br />
So können die Autoren nicht für alle essenziellen<br />
Probleme des Pressemarkts eine hinreichende<br />
Lösung präsentieren – was freilich<br />
auch gar nicht erwartet werden darf. Immerhin<br />
trägt die Buchlektüre erheblich dazu bei, den<br />
Leser, das unbekannte Wesen, besser zu verstehen<br />
und Presseerzeugnisse – ganz im Sinne<br />
von Helmut Markworts Schlachtruf „Fakten,<br />
Fakten, Fakten … und immer an die Leser denken!“<br />
– künftig vielleicht häufiger nach dessen<br />
Vorstellungen zu gestalten. „Zeitungsjournalismus“<br />
ist zweifellos eine Bereicherung für jeden,<br />
der sich für Zeitungen interessiert, zumal der<br />
Band so manchem Verleger die Augen öffnen<br />
könnte. Das Aussterben der Zeitung werden<br />
die neuesten Erkenntnisse aus der Leserschaftsforschung<br />
indes nicht verhindern helfen – aber<br />
hoffentlich doch noch eine ganze Weile hinauszögern.<br />
Stephan Alexander Weichert<br />
505
Zeitschriftenlese<br />
AfP<br />
Jg 37 (2006) Nr 1<br />
Veigel, Ricarda; Frauenschuh, Eva: Das Widerrufsrecht<br />
bei Abonnements im Zeitungs- und<br />
Zeitschriftenbereich. – S. 1–9<br />
Ory, Stephan: Erste Entscheidungen zur angemessenen<br />
und redlichen Vergütung nach § 32<br />
UrhG. – S. 9–11<br />
Weberling, Johannes: Zensur(en) durch Gerichte.<br />
– S. 12–17<br />
Thum, Kai: Pressefreiheit in der modernen Demokratie.<br />
– S. 17–20<br />
Jg 37 (2006) Nr 2<br />
Gounalakis, Georgios; Zagouras, Georgios:<br />
Crossmedia Konzentration und multimediale<br />
Meinungsmacht. – S. 93–102<br />
Bundeskartellamt und die Kommission zur Ermittlung<br />
der Konzentration im <strong>Medien</strong>bereich (KEK)<br />
haben die Übernahme der ProSiebenSat.1 Media AG<br />
durch die Axel Springer AG untersagt. Angesichts<br />
dessen untersuchen die Autoren Probleme der derzeitigen<br />
Vorschriften zur Konzentrationskontrolle.<br />
Sie analysieren die Vorschrift des § 26 Abs. 2 Rundfunkstaatsvertrag,<br />
wonach vorherrschende Meinungsmacht<br />
bei Erreichen bestimmter Prozentwerte beim<br />
Zuschauermarktanteil (30 % bzw. bei Einbeziehung<br />
der Stellung auf so genannten medienrelevanten verwandten<br />
Märkten 25 %) vermutet wird. Dabei gehen<br />
sie auf die Frage ein, ob auch jenseits des Erreichens<br />
dieser Prozentwerte eine Untersagung durch die<br />
KEK möglich ist. Dieses bejahen die Autoren mit<br />
der Begründung, dass anderenfalls Gefahren für den<br />
verfassungsrechtlich geschützten freien Prozess der<br />
Meinungsbildung drohen würden.<br />
Degenhart, Christoph: Olympia und der Gesetzgeber:<br />
ist ein sondergesetzlicher Schutz gerechtfertigt?.<br />
– S. 103–109<br />
Helle, Jürgen: „Variantenlehre“ und Mehrdeutigkeit<br />
der verletzenden Äußerung. – S. 110–<br />
115<br />
Teubel, Kirsten: Die Rechtsprechung zur Berichterstattung<br />
über Prominente nach der Caroline–Entscheidung<br />
des EGMR. – S. 116–123<br />
Jg 37 (2006) Nr 3<br />
Fechner, Frank; Popp, Susanne: Informationsinteresse<br />
der Allgemeinheit. – S. 213–215<br />
Das „Informationsinteresse der Allgemeinheit“ spielt<br />
insbesondere bei der Abwägung zwischen den <strong>Medien</strong>grundrechten<br />
und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht<br />
eine wichtige Rolle. Die Autoren untersu-<br />
506<br />
chen die rechtliche Verankerung, den Inhalt und die<br />
Gewichtung des Informationsinteresses der Allgemeinheit.<br />
Sie verorten es dogmatisch in der Informationsfreiheit,<br />
Artikel 5 Absatz 1 Satz 1, 2. Alternative<br />
Grundgesetz.<br />
Coors, Corinna: Der Einfluss von Sportagenturen<br />
auf den Fernsehrechtemarkt. – S. 216–219<br />
Jürgens, Uwe; Köster, Oliver: Die Haftung<br />
von Webforen für rechtsverletzende Einträge:<br />
Anmerkungen zu LG Hamburg, 324O721/05<br />
vom 2.12.2005 sowie zu OLG Düsseldorf 1–15<br />
U 180/05 vom 26.4.2006. – S. 219–222<br />
Die Autoren setzen sich mit zwei Urteilen zur Haftung<br />
von Webforen für rechtsverletzende Einträge<br />
auseinander: Das Landgericht Hamburg hatte den<br />
Heise-Verlag verurteilt, es zu unterlassen, Forenbeiträge<br />
zu verbreiten, in denen dazu aufgefordert wird,<br />
durch massenhafte Downloads den Serverbetrieb<br />
eines Online-Anbieters zu stören. Die Autoren kritisieren,<br />
dass das Landgericht Hamburg presserechtliche<br />
Grundsätze ohne weiteres auf Online-Dienste<br />
anwendet und dass es sich nicht mit einer möglichen<br />
Privilegierung von Webforen-Betreibern auseinander<br />
gesetzt hat. Laut dem OLG Düsseldorf ist einem Unterlassungsanspruch<br />
dann nicht stattzugeben, wenn<br />
der Anbieter des Forums die Identität desjenigen<br />
preisgibt, der die Rechtsverletzung begangen hat. Die<br />
Autoren sind hingegen der Auffassung, dass Webforen-Betreiber<br />
in jedem Fall bis zur Kenntnis einer<br />
Rechtsverletzung nicht als Störer anzusehen seien.<br />
Es bestehe keine grundsätzliche Prüfungspflicht für<br />
alle Beiträge im Forum. Anders sei dies nur bei einer<br />
besonders hohen Wahrscheinlichkeit von Rechtsverletzungen<br />
(hier käme eine Verpflichtung zum Einsatz<br />
von Filtermaßnahmen in Frage). Eine solche hohe<br />
Wahrscheinlichkeit von Rechtsverletzungen ergebe<br />
sich aber noch nicht – wie im Heise-Fall – aus einer<br />
kritischen, aber rechtmäßigen Vorberichterstattung.<br />
Rath-Glawatz, Michael: Zur Haftung der Presse<br />
bei der Veröffentlichung wettbewerbswidriger<br />
Anzeigen. – S. 223–224<br />
Smid, Jörg F.: Herkunftslandprinzip – nicht für<br />
Pressesites?. – S. 224–226<br />
Comm/Ent<br />
Jg 28 (2005) Nr 1<br />
Peukert, Alexander: A Bipolare Copyright<br />
System for the Digital Network Environment.<br />
– S. 1–80<br />
Communication Theory<br />
Jg 16 (2006) Nr 1<br />
Hogg, Michael A.Reid, Scott A.; Reid, Scott<br />
A.: Social Identity, Self-Categorization, and the<br />
Communication of Group Norms. – S. 7–30
Strano, Michele M.: Ritualized Transmission<br />
of Social Norms Through Wedding Photography.<br />
– S. 31–46<br />
Price, Vincent; Nir, Lilach; Capella, Joseph N.:<br />
Normative and Informational Influences in<br />
Online Political Discussions. – S. 47–74<br />
Boer, Henk; Westhof, Yvette: The Role of Positive<br />
and Negative Signaling Communication by<br />
Strong and Weak Ties in the Shaping of Safe<br />
Sex Subjective Norms of Adolescents in South<br />
Africa. – S. 75–90<br />
Schuster, Darleen V. et al: Intermedia Processes<br />
in the Adoption of Tobacco Control Activities<br />
Among Opinion Leaders in California. – S. 91–<br />
117<br />
David, Clarissa; Cappella, Joseph N.; Fishbein,<br />
Martin: The Social Diffusion of Influence<br />
Among Adolescents: Group Interaction<br />
in a Chat Room Environment About Antidrug<br />
Advertisements. – S. 118–140<br />
Smith, Sandi W. et al: A Social Judgement Theory<br />
Approach to Conducting Formative Research<br />
in a Social Norms Campaign. – S. 141–152<br />
Communications<br />
Jg 31 (2006) Nr 1<br />
Eilders, Christiane: News factors and news<br />
decisions: theoretical and methodological advances<br />
in Germany. – S. 5–24<br />
“This article examines the theoretical and methodological<br />
developments in the German research tradition<br />
and discusses selected results for newspaper and<br />
television news. Its theoretical perspective focuses<br />
on the conceptionalization of news factors as either<br />
event characteristics or characteristics of the reality<br />
construction by journalists and recipients. This article<br />
explores how and why news factors affect media use<br />
and the retention of news items. Finally, this contribution’s<br />
empirical perspective discusses various modifications<br />
of the assumed factors and presents methodological<br />
advancements in the measurement of news<br />
factors in selection processes.“<br />
Kepplinger, Hans Mathias; Ehmig, Simone<br />
Christine: Predicting news decisions: an empirical<br />
test of the two-component theory of<br />
news selection. – S. 25–44<br />
„The purpose of this study is to test the two-component<br />
theory of news selection. Its components are (a)<br />
news factors included in articles and (b) news values<br />
of news factors. It is assumed that news factors have<br />
different news values for various media outlets. The<br />
theory was tested comparing the empirical (measured)<br />
with the theoretical (calculated) newsworthiness of<br />
news stories. First, news values of five news factors for<br />
national quality papers, regional papers, and tabloids<br />
were identified. Then, based on theory, the theoretical<br />
newsworthiness of news stories was calculated. The<br />
Literatur · Zeitschriftenlese<br />
independent variables were the news factors included<br />
in these articles and the news values of these news factors.<br />
In addition, in a laboratory setting, the empirical<br />
newsworthiness of the news stories was measured. Finally,<br />
measured newsworthiness was compared to the<br />
predicted one. Results confirmed the two-component<br />
theory and demonstrated that the chances of news stories<br />
to get published can be predicted by news factors<br />
and their news values.“<br />
Schwarz, Andreas: The theory of newsworthiness<br />
applied to Mexico’s press: how the news<br />
factors influence foreign news coverage in a<br />
transitional country. – S. 45–64<br />
„Empirical studies which examine the theory of newsworthiness<br />
and the predictability of news coverage in<br />
transnational or developing countries still remain on<br />
the agenda of journalism research. Therefore, this<br />
study examines the influence of news factors on the<br />
foreign news coverage of three Mexican newspapers.<br />
Two main questions guide the research. First, is the<br />
theory of newsworthiness a valid approach for predicting<br />
news selection in a cultural context that is<br />
significantly different from western industrialized<br />
countries? Secondly, which are the relevant news factors<br />
that predict foreign news coverage in the Mexican<br />
press and thus shape the image of foreign nations? The<br />
results of a quantitative content analysis confirm the<br />
hypotheses of selection, additivity, and replication as<br />
they were originally postulated by Galtung and Ruge<br />
and thus prove the external validity of the theory of<br />
newsworthiness beyond western journalism.“<br />
Scheufele, Bertram: Frames, schemata, and<br />
news reporting. – S. 65–84<br />
„This article deals with frames and schemata in news<br />
reporting. It distinguishes frames and schemata in<br />
newsroom discourse and news reports. On the individual<br />
cognitive level, a frame is defined as a set of<br />
schemata for different aspects of reality. They emerge<br />
in newsroom discourse and in exchange with other<br />
(media) discourses, i. e., they are not idiosyncratic<br />
but shared among those working in a newsroom. It is<br />
supposed that news report structures (media frames)<br />
correspond to these newsroom frames and schemata.<br />
The article discusses these considerations in regard to<br />
related explanations of news production, especially attitudinal<br />
approaches such as news bias.”<br />
Berkel, Barbara: Political parallelism in news<br />
and commentaries on the Haider conflict: a<br />
comparative analysis of Austrian, British, German,<br />
and French quality newspapers. – S. 85–<br />
104<br />
„Normative theories of media functions require a<br />
clear distinction between the media’s two roles as forum<br />
and speaker in public spheres. This article seeks to<br />
study potential violations of the rule of separating fact<br />
from opinion. The comparative content analysis takes<br />
a European political conflict, the so-called Haider<br />
debate, as a litmus test of objectivity of news reporting.<br />
The study reveals some critical consequences of<br />
the press’ political involvement in the debate. In all<br />
countries under study, the press tends to incorporate<br />
journalistic evaluations into the news. The Haider<br />
debate was characterized by a ‘political parallelism’<br />
of the press in a manner which Hallin and Mancini<br />
re-defined as ‘party-press parallelism’. The newspa-<br />
507
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
pers favorably gave voice to speakers supporting their<br />
own positions, thus instrumentalizing opportune witnesses.<br />
As a result, the newspapers ‘synchronized’ the<br />
coverage with their editorial stances, which lead to<br />
biased news reporting in all outlets.“<br />
Computer Law Review International<br />
Jg 7 (2006) Nr 1<br />
Nimmer, Raymond T.: „Google Print Library<br />
Project: unfair Use of Copyright. – S. 1–5<br />
Band, Jonathan; Schruers, Matt: Grokster in the<br />
International Arena: The Merits of Grokster<br />
(U.S.) and Sharman (Australia) Compared. –<br />
S. 6–11<br />
Widmer, Ursula; Nair, Latha R.: Issues of Data<br />
Protection in the Context of Outsourcing From<br />
Switzerland and the EU to India. – S. 12–16<br />
Nolan, Philip; McMahon, Rossa: EverCloser-<br />
Union.eu. – S. 17–21<br />
Jg 7 (2006) Nr 2<br />
Kern, Benjamin D.: Roaming in the USA: Using<br />
Open Wi-Fi Connections under US Law. –<br />
S. 33–37<br />
McAleese, Don; Cahir, John: A European<br />
Perspective on the Peer-to-Peer Model post-<br />
Grokster: How far is European law harmonised<br />
and what triggers a filesharing company’s<br />
liability in European common law jurisdictions?.<br />
– S. 38–42<br />
Nacimiento, Grace: EU Radio Spectrum Policy:<br />
the EU Commission’s Strategy for a New<br />
Framework. – S. 43–47<br />
Jg 7 (2006) Nr 3<br />
Niiranen, Ossi: Online Access to the World’s<br />
Libraries: legal risk analysis of book scanning<br />
and indexing projects in Europe and their implications<br />
for the freedom of information. –<br />
S. 65–69<br />
Antons, Christoph: Courting Kazaa: judicial<br />
approaches towards P2P Networks in the US<br />
and Australia. – S. 7075<br />
508<br />
Computer und Recht<br />
Jg 22 (2006) Nr 2<br />
Stadler, Andreas: Garantien in IT-Verträgen<br />
nach der Schuldrechtsmodernisierung: Vertragstypübergreifende<br />
Darstellung der verschiedenen<br />
Garantieformen, Abgrenzungsfragen,<br />
Rechtsmängelhaftung und grundlegende<br />
Haftungsfolgen. – S. 77–84<br />
Köhler, Sebastian: Terminierungsentgelte im<br />
Mobilfunk: aktueller Stand und offene Fragen.<br />
– S. 92–97<br />
Koch, Frank A.: Grid Computing im Spiegel<br />
des Telemedien-, Urheber- und Datenschutzrecht.<br />
– S. 112–119<br />
Jg 22 (2006) 3<br />
Huppertz, Peter: Handel mit Second-Hand-<br />
Software: Analyse der wesentlichen Erscheinungsformen<br />
aus urheber- und schuldrechtlicher<br />
Perspektive. – S. 145–150<br />
Schulz, Anja: Call in Shows mit Mehrwertdiensten:<br />
Glücksspiel im deutschen Fernsehen?.<br />
– S. 164–169<br />
„Dieser Aufsatz untersucht die Strafbarkeit gem. §<br />
284 StGB im Rahmen von sog. Call In Shows und<br />
wirft die Frage auf, ob gesetzliche Regelungen getroffen<br />
werden müssen oder auf der Basis der bestehenden<br />
Rechtsprechung die Teilnehmer an den Gewinnspielen<br />
ausreichend vor illegalem Glücksspiel im Fernsehen<br />
geschützt sind.“<br />
Schmitz, Peter: Rückforderung von Mehrwertdiensteentgelten<br />
gegen inkassierende Verbindungsnetzbetreiber:<br />
Warnung vor einer Fehlinterpretation<br />
der BGH-Urteile. – S. 170–171<br />
Jürgens, Uwe: Von der Provider- zur Provider-<br />
und <strong>Medien</strong>haftung: ein Plädoyer für eine<br />
„zweistufige“ Auslegung der Verantwortlichkeitsprivilegierungen<br />
für Telemedien am Beispiel<br />
von Internetforen. – S. 188–192<br />
Jg 22 (2006) Nr 4<br />
Plath, Kai-Uwe: Pfandrechte an Software:<br />
ein Konzept zur Lösung des Insolvenzproblems?.<br />
– S. 217–220<br />
Schumacher, Volker A.: Die Gestaltung von IP-<br />
VPN-Verträgen: Fragestellungen bei Verträgen<br />
über eine neue Form des Unternehmensnetzwerks.<br />
– S. 229–234<br />
Nolte, Georg: Das Urheberrecht in der Informationsgesellschaft:<br />
der Regierungsentwurf<br />
„Zweiter Korb“. – S. 254–259
Klöhn, Lars: Alternativer Verbraucherschutz<br />
für Internet-Auktionen. – S. 260–268<br />
Jg 22 (2006) Nr 5<br />
Grützmacher, Malte: Insolvenzfeste Softwarelizenz-<br />
und Softwarehinterlegungsverträge –<br />
Land in Sicht?: die Welten zwischen Mannheim<br />
und Karlsruhe. – S. 289–295<br />
Ditscheid, Alexander: Unterschiedliche Abrechnungsysteme<br />
in Zusammenschaltungsverhältnissen<br />
im Wandel?: Auswirkungen des<br />
Wechsels der Rufnummergasse 0190 in 9000<br />
auf Rechnungsstellung und Wettbewerb alternativer<br />
und Mobilfunk-Netzbetreiber. –<br />
S. 316–322<br />
Schmitz, Peter; Eckhardt, Jens: Vertragsverhältnisse<br />
und CRM bei Mehrwertdiensten. –<br />
S. 323–331<br />
Spindler, Gerald; Dorschel, Joachim: Vereinbarkeit<br />
der geplanten Auskunftsansprüche gegen<br />
Internet-Provider mit EU-Recht. – S. 341–346<br />
Der Beitrag fasst die wesentlichen Regelungen der Referentenentwürfe<br />
zusammen, die eine zivilrechtliche<br />
Identifizierungsmöglichkeit von „Raubkopierern“ im<br />
Internet vorsehen. Vor dem Hintergrund des Europarechtlichen<br />
Rechtsrahmens untersuchen die Autoren<br />
die Vereinbarkeit derartiger Auskunftsansprüche<br />
mit fernmeldegeheimnis- und datenschutzrechtlichen<br />
Gewährleistungen durch E-Commerce- und TK-Datenschutzrichtlinie.<br />
Jg 22 (2006) Nr 6<br />
Bräutigam, Peter; Rücker, Daniel: Softwareerstellung<br />
und §651 BGB: Diskussion ohne Ende<br />
oder Ende der Diskussion?. – S. 361–367<br />
Dahlke, Peter; Neumann, Andreas: Innovationen<br />
und Investitionen durch Regulierung:<br />
zur wettbewerbspolitischen Forderung nach<br />
Deregulierung und regulierungsfreien Räumen.<br />
– S. 377–382<br />
„Mit der Forderung nach einer Regulierungsfreistellung<br />
für den Ausbau des Glasfasernetzes der Deutschen<br />
Telekom AG (DTAG) wurde zugleich eine<br />
Diskussion um den Nutzen der sektorspezifischen<br />
Regulierung angestoßen. Die Deregulierungsvorstellungen<br />
regulierter Unternehmen fanden dabei Unterstützung<br />
sowohl aus dem politischen Raum als auch<br />
von Seiten verschiedener Unternehmensberatungen<br />
und wirtschaftswissenschaftlicher Institute. Der Beitrag<br />
erinnert vor diesem Hintergrund an Funktion<br />
und Nutzen der telekommunikationsrechtlichen Regulierung.<br />
Zugleich unterzieht er die aktuelle Deregulierungsdebatte<br />
einer kritischen Würdigung.“<br />
Literatur · Zeitschriftenlese<br />
Feldmann, Thorsten; Heidrich, Joerg: Rechtsfragen<br />
des Ausschlusses von Usern aus Internetforen:<br />
praktische Analyse der Voraussetzungen<br />
eines Anspruchs auf Ausschluss. – S. 406–412<br />
Der Beitrag untersucht mögliche Anspruchsgrundlagen<br />
von Forenbetreibern für den gezielten Ausschluss<br />
von Usern, von denen Dritte beeinträchtigt werden.<br />
Neben den technischen Möglichkeiten und Problemen<br />
des Ausschlusses betrachten die Autoren die<br />
Rechtsbeziehung zwischen Anbieter und Nutzer und<br />
daraus resultierende zivilrechtliche und vertragliche<br />
Anspruchgrundlagen.<br />
Convergence<br />
Jg 12 (2006) Nr 1<br />
Elmer, Greg: Re-Tooling the Network: Parsing<br />
the Links and Codes of the Web World. – S. 5–<br />
8<br />
„This paper discusses the emergence of experimental<br />
Internet research software or „toolkits” that trace the<br />
dynamics of web networking. The author argues that<br />
such projects have focused too heavily on web hyperlinks<br />
as an indicator of social and political association.<br />
The paper concludes by offering a broader vision for<br />
the analysis of web code, expanding beyond the mapping<br />
of HREF tags (hyperlink code) toward an understanding<br />
of the larger structure and deployment of<br />
all web code and content (including text, images, met<br />
tags, robot.txt commands, etc.).“<br />
Bolter, Jay David et al: New Media and the Permanent<br />
Crisis of Aura. – S. 21–40<br />
„Walter Benjamin is best known for his essay „The<br />
Work of Art in the Age of Mechanical Reproduction“,<br />
in which he argues that film and other mechanical<br />
technologies are destroying the aura that had belonged<br />
to traditional art. In this paper we apply Benjamin’s<br />
concept of aura to new (digital) media, and in particular<br />
to „mixed reality” a group of technologies that<br />
blend computer-generated visual, aural, and textual<br />
information into the user is physical environment. We<br />
argue that mixed reality increases the options for designer-artists<br />
and apparently allows the invocation of<br />
aura in new ways. Our culture is pursuit of auratic experience<br />
remains problematic in mixed reality as it was<br />
for Benjamin in the case of film. New media maintain<br />
aura in a permanent state of oscillation or crisis, and<br />
this crisis is a key to understanding new media.“<br />
Poor, Nathaniel: Playing Internet Curveball<br />
with Traditional Media Gatekeepers: Pitcher<br />
Curt Schilling and Boston Red Sox Fans. –<br />
S. 41–54<br />
„Prior to the 2004 season, pitcher Curt Schilling was<br />
traded to the Boston Red Sox baseball team. During<br />
trade negotiations, Schilling visited a web-based<br />
fan site of the team, and chatted with Red Sox fans.<br />
His visit was covered by sports radio and newspaper.<br />
Schilling discussed his visit with a sports radio show,<br />
where the hosts were not happy that he used the Internet<br />
instead of radio. Schilling’s actions make for an<br />
interesting real-world case involving media gatekeeping,<br />
where different media are intertwined, and where<br />
theory can be built from the observation of practice.<br />
509
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Schilling used different media depending on his task,<br />
and chose media best suited to his purpose. Fans were<br />
delighted he chose the web, giving them direct access,<br />
but radio hosts felt threatened. Gatekeeping was<br />
found to be still useful for identity verification and<br />
access control.“<br />
Garcelon, Marc: The „Indymedia“ Experiment:<br />
the Internet as Movement Facilitator Against<br />
Institutional Control. – S. 55–82<br />
„The history of the Indymedia network – group of<br />
open-domain web sites around the world which grew<br />
rapidly from its inception in late November 1999, to<br />
more than 140 sites by May 2004 – embodies opposition<br />
to strategies of information control framed in<br />
propertarian terms by agents of a radical „anarchic”<br />
perspective hostile to “corporatism.” This binary<br />
tension, however, fails to capture the range of implications<br />
of „peer to peer” – p2p – web exchange that<br />
Indymedia embodies. By weaving together a theoretical<br />
framing showing the inadequacy of conceiving p2p<br />
exchange in terms of „corporate-anarchist” binaries,<br />
on the one hand, with empirical analysis of interviews<br />
with key figures from three continents who helped<br />
create Indymedia, on the other, the history of Indymedia<br />
developed here clarifies how to map struggles<br />
over control of the Internet as a communication technology.<br />
Such issues speak not only to understanding<br />
contested models of access to new communication<br />
technologies – exemplified by the tension between<br />
the p2p model and older sender-receiver broadcast<br />
mo dels – but also to ways that the institutional framework<br />
through which such technologies are deployed<br />
shape social movements and public will formation.“<br />
Huang, Edgar et al: Facing the Challenges of<br />
Convergence: Media Professionals’ Concerns<br />
of Working Across Media Platforms. – S. 83–<br />
98<br />
„This paper examined some top concerns in the media<br />
industry brought up by media convergence including<br />
the need to update news staff, production quality,<br />
compensation for multiplatform productions and the<br />
legitimacy of media convergence. An online national<br />
survey was conducted both among merged and nonmerged<br />
daily newspapers and commercial TV stations<br />
to find out to what extent such concerns were shared<br />
by editors/news directors and news professionals and<br />
what their answers were to such concerns.“<br />
Communicatio Socialis<br />
Jg 39 (2006) Nr 1<br />
Pürer, Heinz: Boom, Krise, Wege aus der Krise:<br />
zur Lage der deutschen Tagespresse 1995 bis<br />
2005. – S. 3–29<br />
Hömberg, Walter; Bödiker, Manuel: Die Gegenwart<br />
der Vergangenheit: <strong>Kommunikations</strong>und<br />
<strong>Medien</strong>museen in Deutschland. – S. 30–46<br />
Roloff, Eckart Klaus: 400 Jahre Zeitung: ein<br />
Massenmedium macht sich öffentlich: zur Jubiläumsausstellung<br />
im Mainzer Gutenberg-<br />
Museum. – S. 47–52<br />
510<br />
Stenert, Ute: Vielfältig und leistungsfähig: der<br />
Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger,<br />
Helmut Heinen, zur Situation<br />
der Presse. – S. 53–59<br />
Kopp, Matthias: Spagat gelingender Kommunikation:<br />
ein Erfahrungsbericht zur <strong>Kommunikations</strong>arbeit<br />
des XX. Weltjugendtages<br />
2005. – S. 60–66<br />
Steinseifer, Martin: Das Medium ist eine Metabotschaft:<br />
der Weltjugendtag in Köln als perfektes<br />
<strong>Medien</strong>ereignis, der Papst als Anti-Star<br />
und die Schwierigkeiten einer angemessenen<br />
Kritik. – S. 67–80<br />
European Journal of Communication<br />
Jg 21 (2006) Nr 1<br />
Schuck, Andreas R. T.; Vreese, Claes H. de:<br />
News Framing and its Effects on Public Support<br />
for EU Enlargement. – S. 5–32<br />
„This multi-methodological study examined the news<br />
framing of the 2004 European Union enlargement<br />
in terms of risk and opportunity and the effect both<br />
frames had on public support for the enlargement. A<br />
content analysis showed that EU enlargement was<br />
portrayed as a controversial issue, but with an overall<br />
balanced tone of coverage. Risk and opportunity<br />
framing played an equally prominent role in the news.<br />
An experiment examined the impact of both frames<br />
on support for EU enlargement. Participants in the<br />
opportunity frame condition showed significantly<br />
higher levels of support compared to participants in<br />
the risk condition. This framing effect was moderated<br />
by political knowledge. Individuals with low levels of<br />
political knowledge were more affected by the news<br />
frames and more susceptible to risk framing.“<br />
Frau-Meigs, Divina: Big Brother and Reality<br />
TV in Europe: Towards a Theory of Situated<br />
Acculturation by the Media. – S. 33–56<br />
„This article examines the cross-border circulation of<br />
reality programming among European countries, taking<br />
Big Brother as a case in point. It tests the specificity<br />
of the media factor in the process of acculturation, by<br />
considering the whole communication process, from<br />
production to reception, in a comparative manner. It<br />
deals with the dichotomy induced by contact between<br />
imported elements and traditional domestic core values<br />
and with the strategies related to adoption or adaptation.<br />
The media appear to apply three filters: the<br />
first filter, in production, makes a matrix of Anglo-<br />
American origin acceptable by editing out angst; the<br />
second filter, in broadcasting, acts as a transfer “airlock”,<br />
aimed at making people accept the commercial<br />
audiovisual system; the third filter, in reception,<br />
shows a variety of strategies as co-present publics vie<br />
about the values that are being transmitted by reality<br />
programming. Assessing these acculturation filters<br />
brings the author to develop the notion of ‘situated’<br />
acculturation as it may reflect better the fundamental<br />
stakes at work in such cultural transfers dissymmetric<br />
power relations without precluding the possible strat-
egies of resistance to hegemony that they entail and<br />
the cultural bypasses they produce.“<br />
Machill, Marcel; Beiler, Markus; Fischer,<br />
Corinna: Europe-Topics in Europe’s Media:<br />
the Debate about the European Public Sphere:<br />
a Meta-Analysis of Media Content Analyses. –<br />
S. 57–88<br />
“A common thesis in research is that a European public<br />
sphere can be constituted via the Europeanization<br />
of reporting in the national media. On the basis of a<br />
qualitatively oriented meta-analysis, this article aims<br />
to answer the question whether such Europeanization<br />
is taking place in European countries. With reference<br />
to 17 studies analysing media content from several<br />
European countries, the empirical research carried<br />
out in German, English and French since the beginning<br />
of the 1990s is systematically evaluated. All of<br />
the studies examined compare European topics being<br />
reported in the media in different European countries.<br />
The meta-analysis shows that in the 15 member states<br />
of the European Union prior to the 2004 enlargement,<br />
developmental tendencies of differing degrees<br />
towards a Europeanization of the national public<br />
spheres are discernible. Overall, EU topics account<br />
for an extremely small proportion of the reporting in<br />
the particular national media. Players at EU level only<br />
feature in minor roles. It can be concluded that the<br />
public spheres of the EU states continue to exhibit a<br />
strong national orientation.”<br />
Roussou, Nayia: Cypriot Television, Dialect<br />
Productions and Demotic Culture: Urbanization,<br />
Westernization or New Resistance Identities?.<br />
– S. 89–100<br />
„This article examines the television programme preferences<br />
in Cyprus over the last 10 years or so, from<br />
the English-language programmes popular during the<br />
public broadcasting monopoly period and up to the<br />
mid-1990s, to the imported Greek productions, in the<br />
Panhellenic demotic, after the pluralism of the 1990s<br />
and up to more recent times, when productions in the<br />
Cypriot dialect have become very popular on all Cypriot<br />
television channels. The significance of language<br />
in the expression of a people’s culture is discussed, but<br />
at the same time, some of the content of the dialect<br />
programme offering is also described, to indicate the<br />
transition from rural to urban themes and modalities<br />
in dialect programmes.”<br />
Jg 21 (2006) Nr 2<br />
Strömbäck, Jesper; Nord Lars W.: Do Politicians<br />
Lead the Tango?: a Study of the Relationship<br />
between Swedish Journalists and their<br />
Political Sources in the Context of Election<br />
Campaigns. – S. 147–164<br />
„The relationship between journalists and their political<br />
sources is often described as symbiotic. Furthermore,<br />
political sources are often regarded as more powerful<br />
than journalists in this relationship. However, most of<br />
the research referred to in the international literature is<br />
done in the US or Britain. Therefore, the question regarding<br />
the relationship between journalists and their<br />
political sources, in terms of power, needs to be asked<br />
Literatur · Zeitschriftenlese<br />
in other countries. This article examines the relationship<br />
between journalists and their political sources in<br />
Sweden during the National Election in 2002, and in<br />
so doing makes a distinction between the power over<br />
the process of news making and the media agenda, and<br />
the power over the content and the framing of news<br />
stories. The results show the importance of making<br />
such a distinction. They also show that, in Sweden,<br />
it is the journalists and not their political sources that<br />
lead the tango most of the time.“<br />
Downey, John; Koenig, Thomas: Is There a European<br />
Public Sphere?: the Berlusconi-Schulz<br />
Case. – S. 165–189<br />
„Recently, it has been argued that, despite the absence<br />
of European-wide mass media, a European public<br />
sphere is emerging, as some issues of European relevance<br />
become debated at the same time with the<br />
same intensity and with recourse to the structures of<br />
meaning throughout the entire European Union. This<br />
article examines the media framing of Silvio Berlusconi’s<br />
controversial address as president of the European<br />
Council of Ministers to the European Parliament on<br />
2 July 2003, in which he compared the Social Democrat<br />
MEP Martin Schulz to a kapò, an auxiliary concentration<br />
camp guard. The data are drawn from six<br />
EU countries, the US, Canada and Switzerland and<br />
show that while the reporting of the speech do satisfy<br />
two of Schlesinger’s three criteria for the development<br />
of a European public sphere – the existence of a Europe-wide<br />
news agenda that is part of everyday media<br />
consumption of large audiences across nation-states<br />
– the data do not indicate a European transcendence<br />
of national public spheres.“<br />
Simons, Greg; Strovsky, Dmitry: Censorship in<br />
Contemporary Russian Journalism in the Age<br />
of the War Against Terrorism. – S. 189–212<br />
Peter, Jochen; Valkenburg, Patti M.: Individual<br />
Differences in Perceptions of Internet Communication.<br />
– S. 213–226<br />
Vettehen, Paul Hendrks; Nuijten, Koos;<br />
Beentjes, Johannes W. J.: Sensationalism in<br />
Dutch Current Affairs Programmes 1992–<br />
2001. – S. 227–238<br />
Federal Communications Law Journal<br />
Jg 58 (2006) Nr 1<br />
Hundt, Reed E.; Rosston, Gregory L.: Communications<br />
Policy for 2006 and Beyond. –<br />
S. 1–36<br />
„In this article, the authors propose sweeping changes<br />
to the current telecommunications regulatory regime.<br />
With impending reform in telecommunications laws,<br />
the authors argue that an important first step is the<br />
creation of a bipartisan, independent commission to<br />
examine and recommend implementation of more<br />
market-oriented communications policy. Through<br />
maximizing the operation of the markets, the authors<br />
argue that communications policy will better serve its<br />
goals of increasing business productivity and consumer<br />
welfare through the better services and lower prices.<br />
Important steps to achieve optimal market operation<br />
511
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
include deregulating retail prices where multifirm<br />
competition is available, minimizing the cost of public<br />
property inputs, overhauling universal service, assigning<br />
greater jurisdictional authority to federal regulators,<br />
and significantly reorganizing the FCC. […]”<br />
Ellig, Jerry: Costs and Consequences of Federal<br />
Telecommunications Regulations. – S. 37–102<br />
„Federal regulation of telecommunication profoundly<br />
affects United States consumers, determining what<br />
services are priced above and below cost, what kinds<br />
of technologies and services are offered and when,<br />
and what firms are allowed to compete. In this article,<br />
the author surveys the voluminous literature on the<br />
economic costs and outcomes of these regulations,<br />
focusing predominantly on the effects of regulation<br />
on prices, quantity, quality of service, and overall consumer<br />
and social welfare.”<br />
May, Randolph J.: Why Stovepipe Regulation<br />
No Longer Works: An Essay on the Need for<br />
a New Market-Oriented Communications<br />
Policy. – S. 103–114<br />
„In the ten years since the 1996 Telecommunications<br />
Act, the telecommunications industry has undergone<br />
profound technological and marketplace changes.<br />
May argues that the „techno-functional constructs”<br />
of the statute regulate services based on increasingly<br />
obsolete definitions. This Article argues that those<br />
changes have undermined the „stovepipe” regulatory<br />
scheme of the 1996 Act. In an increasingly diverse<br />
and competitive marketplace, the „stovepipe” model<br />
of regulation should be left in the dustbin of history.<br />
Instead, May argues that a new market-oriented regulatory<br />
regime focusing on consumer welfare through<br />
the application of antitrust principles should form the<br />
basis of a new regulatory model.“<br />
Lookabaugh, Tom; Ryan, Patrick S.; Sicker,<br />
Douglas C.: A Model for Emergency Service<br />
of VoIP Through Certification and Labeling. –<br />
S. 115–165<br />
Hill, Brian C.: Measuring Media Market Diversity:<br />
Concentration, Importance, and Pluralism.<br />
– S. 169–194<br />
„The Third Circuit’s rejection of the FCC’s application<br />
of its Diversity Index in setting Cross-Media<br />
Limits in Prometheus Radio Project v. FCC represented<br />
a significant setback for the FCC’s media<br />
ownership policies. This article argues that the FCC’s<br />
Diversity Index is fatally flawed because it fails to simultaneously<br />
account for two assumptions shared by<br />
the FCC and the Third Circuit: diversity in a media<br />
market increases with ownership concentration, and<br />
an individual entity’s contribution to diversity increases<br />
with the weighted market shares of that entity’s<br />
outlets. The author proposes an alternative index<br />
that does satisfy both assumptions before applying the<br />
proposed index to a sample test case using the FCC’s<br />
Altoona, Pennsylvania sample market. After applying<br />
the proposed Hill Index and the Noam Index to the<br />
Altoona sample market, the Author argues that both<br />
represent better approaches to media diversity than<br />
the FCC’s Diversity Index. Ultimately, the Article<br />
concludes that the adoption of an alternative to the<br />
FCC’s Diversity Index is an important first step to<br />
512<br />
binding regulators from abusing discretion in making<br />
Cross-Media Limits decisions.“<br />
Javnost<br />
Jg 13 (2006) Nr 1<br />
Slaatta, Tore: Europeanisation and the News<br />
Media: Issues and Research Imperatives. – S. 7–<br />
24<br />
„A growing source of literature within media sociology<br />
and journalism studies is focusing on the role<br />
and influence of the news media, originating from<br />
and around the political institutions of the European<br />
Union. However, there are particular challenges and<br />
problems with methodologies and research designs.<br />
A distinction should be made between two main perspectives:<br />
one developed within a political communication<br />
tradition, emphasising the role of the national<br />
news media and the practice of foreign or transnational<br />
news journalism as an important political institution<br />
within European democracy. The other perspective is<br />
mainly developed within a combined political economy<br />
and cultural studies approach, focusing on the<br />
power of the news media to further social and political<br />
change, usually in terms of increasing or decreasing<br />
Europeanisation. The two perspectives differ in<br />
several important respects and we are led in different<br />
directions when it comes to developing research designs<br />
and evaluating findings. This essay attempts to<br />
highlight these differences and discuss consequences<br />
for new research imperatives.“<br />
Brants, Kees; Praag, Philip van: Signs of Media<br />
Logic: Half a Century of Political Communication<br />
in the Netherlands. – S. 25–40<br />
„On the basis of three elections, covering a period of<br />
fifty years, the authors aim at testing the increasingly<br />
popular hypothesis that political communication<br />
is driven by media logic and by political and media<br />
system characteristics. In short: sooner or later, the<br />
modes and styles of American media will appear in<br />
Europe too. The complex and volatile relationship<br />
between media and politics in the Netherlands in the<br />
last half-century does show some, although not unilinear<br />
signs of media logic. The strength of a public<br />
service tradition and a political culture of nonadversariality,<br />
however, seem to have stopped the developments<br />
short of a political communication style which<br />
is characterised by performance driven campaigning,<br />
horse race and poll driven reporting, orientation on<br />
the public as consumers, journalistic dominance,<br />
agenda setting and cynicism.“<br />
Cushion, Stephen; Franklin, Bob; Court, Geoff:<br />
Citizens, Readers and Local Newspaper<br />
Coverage of the 2005 UK General Election. –<br />
S. 41–60<br />
„In this article we examine how, in newspaper coverage<br />
of the 2005 general election, journalists set out not<br />
only to connect with the political lives of „ordinary“<br />
citizens but to find an active role for them to play in<br />
news space. In recent years, the sharp drop in electoral<br />
turnout has made many news organisations rethink<br />
the style and nature of political programming and<br />
publications, having come under considerable attack –<br />
from journalists, political elites and scholars – for not
informing and engaging readers, listeners and viewers.<br />
Journalistic assessments of media coverage of the 2005<br />
general election suggested that news organisations improved<br />
the way they engaged the needs of the „average<br />
citizen.“ Even to the extent where, according to one<br />
senior journalist, „getting closer to the real people got<br />
out of hand.“ We enter this debate by looking systematically<br />
at the role citizens played in the 2005 general<br />
election in regional and local newspapers’ coverage.<br />
We examined every kind of source in election coverage<br />
– from police, politicians and pressure groups to<br />
citizens, business leaders and academics. Overall, we<br />
question the success of the regional and local press in<br />
achieving the type and level of engagement implied<br />
by many of the UK’s most distinguished journalists in<br />
post-election analysis. We conclude that finding ways<br />
to „get closer to the real people“ remains a goal yet to<br />
be achieved despite journalistic protestations.”<br />
Isotalus, Pekka; Aarnio, Eeva: A Model for Televised<br />
Election Discussion: the Finnish Multiparty<br />
System Perspective. – S. 61–72<br />
Olsson, Tobias: A Marginal Resource for Civic<br />
Identity: the Internet in Swedish Working Class<br />
Households. – S. 73–88<br />
„This article departs from the concept ‘civic identity’<br />
and analyses qualitative data on Swedish working<br />
class users’ use and perception of the Internet<br />
as well as ‘traditional media.’ For those who believe<br />
the Internet to be an inclusive medium and as such a<br />
tool for democracy, the article’s empirical results are<br />
somewhat discouraging. For instance, the empirical<br />
and analytical discussions reveal that the traditional<br />
media – TV, newspapers and radio – are far more important<br />
than the Internet to the working class users’<br />
civic identities.“<br />
Journal of Communication<br />
Jg 56 (2006) Nr 1<br />
Robinson, Thomas N.; Borzekowski, Dina<br />
L. G.: Effects of the SMART Classroom Curriculum<br />
to Reduce Child and Family Screen<br />
Time. – S. 1–26<br />
„Evidence for adverse effects of screen media exposure<br />
has led to recommendations to limit children’s screen<br />
time. This paper describes a randomized controlled<br />
trial of SMART (Student Media Awareness to Reduce<br />
Television), an 18-lesson, theory-based classroom<br />
curriculum to reduce screen time among third and<br />
fourth grade children in two matched public elementary<br />
schools (n = 181). Intervention school children<br />
significantly reduced their weekday television viewing<br />
and weekday and Saturday video game playing compared<br />
to controls. Greater effects were found among<br />
boys and more adult-supervised children. Mothers,<br />
fathers, and siblings and other children in intervention<br />
school households also reduced their television<br />
viewing. The findings demonstrate the efficacy of a<br />
classroom intervention to reduce screen time among<br />
elementary school children and their family/household<br />
members.“<br />
Literatur · Zeitschriftenlese<br />
Meffert, Michael F. et al: The Effects of Negativity<br />
and Motivated Information Processing<br />
During a Political Campaign. – S. 27–51<br />
„This research investigated how voters select, process,<br />
are affected by, and recall political information in<br />
a dynamic campaign environment. Participants were<br />
exposed to quickly changing information in the form<br />
of newspaper-style headlines on a dynamic, computer-based<br />
information board. The results generally<br />
supported negativity bias and candidate bias, whereas<br />
congruency bias was only found during information<br />
recall. At the information selection and processing<br />
stages, participants with a strong initial candidate<br />
preference showed a disproportionate preference for<br />
negative information about the preferred candidate.<br />
However, they developed more positive attitudes at<br />
the evaluation and recall stage. This finding suggests<br />
that participants were engaged in motivated information<br />
processing by counterarguing negative information<br />
about their preferred candidate.“<br />
Gunther, Albert C. et al: Presumed Influence<br />
on Peer Norms: How Mass Media Indirectly<br />
Affect Adolescent Smoking. – S. 52–68<br />
„In the context of adolescent smoking adoption, this<br />
study examined the presumed influence hypothesis,<br />
a theoretical model suggesting that smoking-related<br />
media content may have a significant indirect influence<br />
on adolescent smoking via its effect on perceived<br />
peer norms. That is, adolescents may assume that<br />
smoking-related messages in the mass media will influence<br />
the attitudes and behaviors of their peers and<br />
these perceptions in turn can influence adolescents’<br />
own smoking behaviors. Analyzing data from a sample<br />
of 818 middle school students, we found that both<br />
pro- and antismoking messages indirectly influenced<br />
smoking susceptibility through their perceived effect<br />
on peers. However, this indirect effect was significantly<br />
stronger for prosmoking messages than for<br />
antismoking messages, an outcome that most likely<br />
increases adolescents’ susceptibility to cigarettes.“<br />
Williams, Dmitri: Virtual Cultivation: Online<br />
Worlds, Offline Perceptions. – S. 69–87<br />
„The first longitudinal, controlled experiment of a<br />
video game explored the presence of cultivation effects<br />
due to play. Over the course of 1 month, participants<br />
in an online game changed their perceptions of<br />
real-world dangers. However, these dangers only corresponded<br />
to events and situations found in the game<br />
world, not other real-world crimes. This targeted<br />
finding is at odds with the broader spreading activation<br />
postulated by some cultivation researchers. The<br />
results, their implications for theory, and the study of<br />
games are discussed.“<br />
Walgrave, Stefaan; Aelst, Peter van: The Contingency<br />
of the Mass Media’s Political Agenda<br />
Setting Power: Toward a Preliminary Theory. –<br />
S. 88–109<br />
„Recently the study of the relationship between the<br />
media and the political agenda has received growing<br />
attention of both media and political science scholars.<br />
However, these research efforts have not led to<br />
a general discussion or a real theory on the media’s<br />
political agenda setting power. This article first analytically<br />
confronts the often contradictory results of<br />
513
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
the available evidence. Then, it sketches the broad outline<br />
of a preliminary theory. Political agenda setting by<br />
the media is contingent upon a number of conditions.<br />
The input variables of the model are the kind of issues<br />
covered, the specific media outlet, and the sort of coverage.<br />
Political context variables, the features of the<br />
political actors at stake, are at the heart of the model.<br />
The model proposes five sorts of output ranging from<br />
no political adoption to fast substantial adoption of<br />
media issues.“<br />
Kalyanaraman, Sriram; Sundar, S. Shyam: The<br />
Psychological Appeal of Personalized Content<br />
in Web Portals: Does Customization Affect Attitudes<br />
and Behavior?. – S. 110–132<br />
„Internet technology has made possible the widespread<br />
dissemination of individualized media messages,<br />
but we know very little about their psychological<br />
import. A between-subjects experiment (N =60) with<br />
three levels of customization (low, medium, high) was<br />
designed to examine whether greater levels of personalized<br />
content engender more positive attitudes. The<br />
results not only confirm this hypothesis but also reveal<br />
the mediating role played by users’ perceptions<br />
of relevance, involvement, interactivity, and novelty<br />
of portal content. In addition, customization has behavioral<br />
effects in that it affects users’ browsing activity.“<br />
Hetsroni, Amir; Tukachinsky, Riva H.: Television-World<br />
Estimates, Real-World Estimates,<br />
and Television Viewing: A New Scheme for<br />
Cultivation. – S. 133–156<br />
„This study proposes a new scheme for cultivation<br />
based on measures of television viewing and the relationship<br />
between TV-world estimates and real-world<br />
estimates as they are examined in three topics-criminality<br />
prevalence, the share of violent crimes, and the<br />
number of old people.”<br />
Park, Ji Hoon; Gabbadon, Nadine G.; Chernin,<br />
Ariel R.: Naturalizing Racial Differences<br />
Through Comedy: Asian, Black, and White<br />
Views on Racial Stereotypes in „Rush Hour<br />
2“. – S. 157–177<br />
„In this paper, we examine the ideological implications<br />
of racial stereotypes in comedy through a textual<br />
and audience analysis of Rush Hour 2. Although<br />
Asian, Black, and White focus group participants<br />
differentially engaged with racial stereotypes in the<br />
film, most participants, regardless of race, found the<br />
film’s racial jokes inoffensive. Many Asian and Black<br />
participants found a positive source of pleasure in the<br />
negative portrayals of their own race and did not produce<br />
oppositional discourse. Our study suggests that<br />
the generic conventions and textual devices of comedy<br />
encourage the audience to naturalize racial differences<br />
rather than to challenge racial stereotypes.“<br />
Verser, Rebecca; Wicks, Robert H.: Managing<br />
Voter Impressions: The Use of Images on Presidential<br />
Candidate Web Sites During the 2000<br />
Campaign. – S. 178–197<br />
„Presidents Kennedy, Reagan, and Clinton mastered<br />
of art of using television to manage impressions in the<br />
television age. With the advent of the Internet, recent<br />
514<br />
presidential campaigns have begun to recognize the<br />
potential of this medium in shaping images and managing<br />
impressions among voters. This study focuses<br />
on the 2000 presidential election and the images of<br />
the presidential candidates appearing on their official<br />
campaign Web sites. It also evaluates the visual strategies<br />
the candidates used and the overall themes of the<br />
images. Each candidate appeared to present campaign<br />
photographs in ways that may have been orchestrated<br />
to enhance their appeal and reverse negative media<br />
portrayals.“<br />
Chang, Chingching: Beating the News Blues:<br />
Mood Repair Through Exposure to Advertising.<br />
– S. 198–217<br />
„This paper explores mood regulation in advertising.<br />
In Experiment 1, participants made sad by previous<br />
media content experienced greater mood enhancement<br />
from exposure to a pleasant product advertisement<br />
than those made happy. Sad participants were<br />
also more likely to attribute their mood change to<br />
how they liked the ad and the product. In Experiment<br />
2, exposure to a positively framed antismoking<br />
ad reduced negative mood more than exposure to a<br />
negatively framed ad. This was true, however, only for<br />
sad participants and not for happy and neutral participants,<br />
who were presumably less motivated to repair<br />
mood. In addition, exposure to the positively framed<br />
ad encouraged sad participants, but not happy or neutral<br />
participants, to attribute higher risks to smoking<br />
and express stronger antismoking attitudes than did<br />
exposure to the negatively framed ad.“<br />
Jg 56 (2006) Nr 2<br />
Slater, Michael D.; Rouner, Donna; Long, Marilee:<br />
Television Drama and Support for Controversial<br />
Public Policies: Effects and Mechanisms.<br />
– S. 235–252<br />
„In this experiment, we examine effects of television<br />
dramas on support for controversial public policies<br />
(gay marriage and the death penalty) and explore<br />
mechanisms that may explain such effects. The dramas<br />
influenced support for death penalty but not<br />
gay marriage. As predicted, exposure to the relevant<br />
drama eliminated the relationship between prior ideology<br />
(conceptualized as a continuous variable) and<br />
death penalty support. Moreover, the valence of the<br />
relationship between prior (increasingly liberal) ideology<br />
and salience of a relevant value (perceived importance<br />
of a safe and crime-free society) went from<br />
negative in the comparison condition to positive after<br />
exposure to the relevant drama. These and other results<br />
suggest that a television narrative can influence<br />
policy support by reframing the dramatic situation to<br />
reduce the effect of prior ideology and values and by<br />
minimizing processing of the story as intentionally<br />
persuasive discourse.“<br />
Romer, Daniel; Jamieson, Patrick E.; Jamieson,<br />
Kathleen H.: Are News Reports of Suicide<br />
Contagious?: A Stringent Test in Six U.S. Cities.<br />
– S. 253–270<br />
„Past evidence of suicidal contagion from news reports<br />
in the United States is based largely on national<br />
data prior to 1980 using proxies for suicide stories
ather than local news sources. Our research examined<br />
more proximal effects of suicide news reporting for 4<br />
months in 1993 in 6 U.S. cities controlling for a wide<br />
range of alternative sources of media and interpersonal<br />
influence. In addition, predictions for the effect based<br />
on suicide contagion theories were examined for 3 age<br />
groups (15–25, 25–44, and older than 44). Local television<br />
news was associated with increased incidence<br />
of deaths by suicide among persons younger than<br />
25 years. Newspaper reports were associated with<br />
suicide deaths for both young persons and persons<br />
older than 44 years. An unexpected protective effect<br />
of television news reports was observed in the 25–44<br />
age range; nevertheless, news reporting was associated<br />
with an aggregate increase in suicide deaths. The<br />
results support theories of media contagion but also<br />
suggest that media depiction can inhibit suicide among<br />
some audience members.“<br />
Boyle, Michael P. et al: Expressive Responses<br />
to News Stories About Extremist Groups: A<br />
Framing Experiment. – S. 271–288<br />
„With the tension between national security and civil<br />
liberties as a backdrop, this study examines responses<br />
to news coverage of activist groups. This 2 – 2 experiment<br />
presented participants with news stories about<br />
government efforts to restrict the civil liberties of an<br />
„extremist“ individual or group (news frame) advocating<br />
for a cause supported or opposed by the respondent<br />
(cause predisposition). Willingness to take<br />
expressive action was greatest for individual-framed<br />
stories about a cause opposed by the respondent and<br />
for group-framed stories about a cause supported<br />
by the respondent. We contend that when reporters<br />
frame stories about extremist groups around individuals,<br />
fewer people will speak out in favor of causes they<br />
agree with and more will rally against causes they oppose.“<br />
Gorham, Bradley W.: News Media’s Relationship<br />
With Stereotyping: the Linguistic Intergroup<br />
Bias in Response to Crime News. –<br />
S. 289–308<br />
„This paper examines the linguistic intergroup bias<br />
(LIB) in the context of people’s interpretations of a<br />
race-related television news story. The LIB suggests<br />
that people use more abstract language to describe<br />
stereotype-congruent behaviors, particularly when<br />
that person is a member of an out-group. This study<br />
of 208 White adults manipulates the race of a suspect<br />
in a TV news crime story and examines how race influences<br />
the abstractness of the language viewers use<br />
to describe the suspect. The findings offer support for<br />
the LIB being induced by crime news and show that<br />
news media use is significantly related to the presence<br />
of the LIB. This suggests that stereotypical news coverage<br />
may subtly influence the interpretations people<br />
make about members of other social groups.“<br />
Coe, Kevin; Domke, David: Petitioners or<br />
Prophets?: Presidential Discourse, God, and<br />
the Ascendancy of Religious Conservatives. –<br />
S. 309–330<br />
„This research examines similarities and variance in<br />
modern U.S. presidential religious language and how<br />
such patterns might be connected to broader political<br />
movements, particularly the contemporary influence<br />
of Christian fundamentalists and evangelicals.<br />
Literatur · Zeitschriftenlese<br />
We analyzed presidents’ Inaugural and State of the<br />
Union addresses from Franklin Roosevelt in 1933<br />
to George W. Bush in 2005 for the presence of „God<br />
talk“ and emphasis on freedom and liberty, two principles<br />
of great importance to religious conservatives.<br />
Results indicate that the presidency of Ronald Reagan<br />
was a watershed moment for religious discourse in<br />
American presidential politics and that the religious<br />
communications of Reagan and George W. Bush-two<br />
presidents with prominent political ties to conservative<br />
Christians-differ in important ways from that of<br />
other presidents.“<br />
Benoit, William L.: Retrospective Versus Prospective<br />
Statements and Outcome of Presidential<br />
Elections. – S. 331–345<br />
„This study investigates retrospective and prospective<br />
voting from a communication perspective, looking<br />
to see whether there is relationship between election<br />
outcome and the relative emphasis U.S. presidential<br />
candidates place on retrospective (past) versus prospective<br />
(future) utterances in campaign messages.”<br />
Ishii, Kenichi: Implications of Mobility: the<br />
Uses of Personal Communication Media in<br />
Everyday Life. – S. 346–365<br />
„This study examined the impact of mobile communications<br />
on interpersonal relationships in daily<br />
life. Based on a nationwide survey in Japan, landline<br />
phone, mobile voice phone, mobile mail (text messaging),<br />
and PC e-mail were compared to assess their<br />
usage in terms of social network and psychological<br />
factors. The results indicated that young, nonfamilyrelated<br />
pairs of friends, living close to each other with<br />
frequent face-to-face contact were more likely to use<br />
mobile media. Social skill levels are negatively correlated<br />
with relative preference for mobile mail in comparison<br />
with mobile voice phone. These findings suggest<br />
that mobile mail is preferable for Japanese young<br />
people who tend to avoid direct communication and<br />
that its use maintains existing bonds rather than create<br />
new ones.“<br />
Aubrey, Jennifer Stevens: Effects of Sexually<br />
Objectifying Media on Self-Objectification<br />
and Body Surveillance in Undergraduates: Results<br />
of a 2-Year Panel Study. – S. 366–386<br />
„This study used objectification theory (B. L. Fredrickson<br />
& T.-A. Roberts, 1997) to predict that the<br />
media’s insidious practice of objectifying bodies socializes<br />
individuals to take an outsider’s perspective<br />
on the physical self (i.e., self-objectify) and to habitually<br />
monitor their appearance (i.e., engage in body<br />
surveillance). To test these hypotheses, a 2-year panel<br />
study using an undergraduate sample was conducted.<br />
Cross-lagged path models showed that exposure to<br />
sexually objectifying television measured during Year<br />
1 increased trait self-objectification (trait SO) during<br />
Year 2 for both women and men. At the same time,<br />
trait SO during Year 1 decreased exposure to sexually<br />
objectifying television during Year 2, suggesting that<br />
both male and female participants selectively avoided<br />
sexually objectifying television based on antecedent<br />
trait SO. Moreover, exposure to sexually objectifying<br />
television and magazines increased body surveillance<br />
for men only. The discussion focuses on the process by<br />
which the media create body-focused perceptions.“<br />
515
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Farrar, Kirstie M.; Krcmar, Marina; Nowak,<br />
Kristine L.: Contextual Features of Violent<br />
Video Games, Mental Models and Aggression.<br />
– S. 387–405<br />
„This experiment employed a 2 (third vs. first person)<br />
– 2 (blood on/off) – 2 (sex) design in order to examine<br />
the effects of two internal video game manipulations:<br />
the presence of blood and point of view on<br />
participants’ perceptions of the game. Overall, when<br />
the blood manipulation was on, participants perceived<br />
greater gore. Players were significantly more focused<br />
when they played in the third-person point of view<br />
than when they played in first person. Males were<br />
more involved in the game overall regardless of point<br />
of view, but females were more focused and involved<br />
when they played in third, not first, person. In addition,<br />
we wanted to see if game manipulations and<br />
perceptions of the game affected aggressive outcomes.<br />
Those who played the game in the blood-on condition<br />
had more physically aggressive intentions, and<br />
when players were more involved and immersed in the<br />
game, they reported greater hostility and physically<br />
aggressive intentions. Findings are discussed as they<br />
relate to mental models of media violence.“<br />
Ki, Eyun-Jung; Chang, Byeng-Hee; Khang,<br />
Hyoungkoo: Exploring Influential Factors on<br />
Music Piracy Across Countries. – S. 406–426<br />
„This study explored various determinant variables<br />
influencing music piracy rates across countries. Seven<br />
variables, including income level, income inequality,<br />
individualism-collectivism, level of education,<br />
intellectual property protection, music CD price, and<br />
music market size, were adopted for this study. This<br />
study found that income level, income inequality, and<br />
market size directly impact music piracy, whereas income<br />
level, level of education, music CD price, and<br />
market size influenced music piracy through intellectual<br />
property protection.“<br />
Journal of Health Communication<br />
Jg 11 (2006) Nr 1<br />
Heft 1/2006 ist ein Sonderheft zum 10-jährigen Bestehen<br />
der Zeitschrift. Nach einer Einführung der<br />
Gastherausgeber Timothy Edgar und Vicki S. Freimuth<br />
werden in diversen Artikeln die Forschung und<br />
die dazu veröffentlichten Aufsätze der letzten zehn<br />
Jahre im Bereich Gesundheitskommunikation vorgestellt.<br />
Freimuth, Vicki S.; Massett, Holly A.; Meltzer,<br />
Wendy: A Descriptive Analysis of 10 Years of<br />
Research Published in the „Journal of Health<br />
Communication“. – S. 11–20<br />
Jg 11 (2006) Nr 2<br />
Cousineau, Tara M.; Rancourt, Diana; Green,<br />
Traci Craig: Web Chatter Before and After the<br />
Women’s Health Initiative Results: A Content<br />
Analysis of On-line Menopause Message<br />
Boards. – S. 133–148<br />
„A content analysis was conducted on two on-line<br />
516<br />
menopause message boards over 18 months, before<br />
and after the announcement of the Women’s Health<br />
Initiative (WHI) study results on hormone therapy<br />
risks. In conclusion, analyses of on-line message<br />
boards provide a rich, economical method to discern<br />
the needs of menopausal women, as well as to observe<br />
the potential impact of a widely publicized medical<br />
event that can inform innovative strategies in health<br />
promotion for this target population.“<br />
Hong, Traci: Contributing Factors to the Use<br />
of Health-Related Websites. – S. 149–166<br />
„This study explicates the influence of audience factors<br />
on website credibility and the subsequent effect<br />
that credibility has on the intention to revisit a site. It<br />
does so in an experimental setting in which participants<br />
were given two health-related search tasks. Reliance<br />
on the web for health-related information positively<br />
influenced website credibility in both searches.<br />
Knowledge was a significant predictor for the search<br />
task that required more cognitive ability. Of the credibility<br />
dimensions, trust/expertise and depth were significant<br />
predictors of intention to revisit a site in both<br />
searches. Fairness and goodwill were nonsignificant<br />
predictors in both searches.“<br />
Waters, Erika A. et al: Formats for Improving<br />
Risk Communication in Medical Tradeoff Decisions.<br />
– S. 167–182<br />
„To make treatment decisions, patients should consider<br />
not only a treatment option’s potential consequences<br />
but also the probability of those consequences. Many<br />
laypeople, however, have difficulty using probability<br />
information. This Internet-based study (2,601 participants)<br />
examined a hypothetical medical tradeoff situation<br />
in which a treatment would decrease one risk but<br />
increase another. Accuracy was assessed in terms of<br />
the ability to determine correctly whether the treatment<br />
would increase or decrease the total risk. For<br />
these tradeoff problems, accuracy was greater when<br />
the following occurred: (1) the amount of cognitive effort<br />
required to evaluate the tradeoff was reduced; (2)<br />
probability information was presented as a graphical<br />
display rather than as text only; and (3) information<br />
was presented as percentages rather than as frequencies<br />
(n in 100). These findings provide suggestions of<br />
ways to present risk probabilities that may help patients<br />
understand their treatment options.“<br />
Morrill, Allison C.; Noland, Carey: Interpersonal<br />
Issues Surrounding HIV Counseling and<br />
Testing, and the Phenomenon of „Testing by<br />
Proxy“. – S. 183–198<br />
„This multimethod study explored challenges faced<br />
by women in close heterosexual relationships who<br />
decided to test for HIV, and their experiences with<br />
instituting safer sexual practices and partner testing.<br />
Findings identified difficulty understanding the<br />
unpredictability of HIV transmission, gender differences<br />
in how partners interpret their susceptibility to<br />
HIV, and male resistance to safer sex and testing. We<br />
also identified a pervasive phenomenon of testing by<br />
proxy-the belief that if one partner tests negative for<br />
HIV after having unprotected intercourse, the untested<br />
partner’s serostatus is deemed to be negative.“
Curbow, Barbara et al: The Role of Physician<br />
Characteristics in Clinical Trial Acceptance:<br />
Testing Pathways of Influence. – S. 199–218<br />
„Eight videotaped vignettes were developed that<br />
assessed the effects of three physician-related experimental<br />
variables (in a 2 – 2 – 2 factorial design)<br />
on clinical trial (CT) knowledge, video knowledge,<br />
information processing, CT beliefs, affective evaluations<br />
(attitudes), and CT acceptance. It was hypothesized<br />
that the physician variables (community versus<br />
academic-based affiliation, enthusiastic versus neutral<br />
presentation of the trial, and new versus previous relationship<br />
with the patient) would serve as communication<br />
cues that would interrupt message processing,<br />
leading to lower knowledge gain but more positive<br />
beliefs, attitudes, and CT acceptance.“<br />
Bass, Sarah Bauerle et al: Relationship of Internet<br />
Health Information Use With Patient Behavior<br />
and Self-Efficacy: Experiences of Newly<br />
Diagnosed Cancer Patients Who Contact the<br />
National Cancer Institute’s Cancer Information<br />
Service. – S. 219–236<br />
„This study examines the relationship of Internet<br />
health information use with patient behavior and selfefficacy<br />
among 498 newly diagnosed cancer patients.<br />
Subjects were classified by types of Internet use: direct<br />
use (used Internet health information themselves), indirect<br />
use (used information accessed by friends or<br />
family), and non-use (never accessing Internet information).<br />
The results of this study show that patients<br />
who are newly diagnosed with cancer perceive the Internet<br />
as a powerful tool, both for acquiring information<br />
and for enhancing confidence to make informed<br />
decisions.“<br />
Journal of Media Business Studies<br />
Jg 3 (2006) Nr 1<br />
Malthouse, Edward C. Calder, Bobby J.;<br />
Calder, Bobby J.: Demographics of Newspaper<br />
Readership: Predictors and Patterns of<br />
U.S. Consumption. – S. 1–18<br />
„This study of 101 newspapers and markets find that<br />
the strongest predictors of readership are length of<br />
residence and age in most markets, although the effect<br />
sizes vary across newspaper and markets. Income<br />
also has a highly significant positive overall effect. The<br />
effect of education is small, but varies considerably<br />
across newspapers/markets. The fraction of variation<br />
in readership accounted for by demographics is small,<br />
indicating that newspapers have a broad reach across<br />
demographic groups.“<br />
Gustafsson, Karl Erik: Advertising and the Development<br />
of Media: The Forgotten Connection.<br />
– S. 19–32<br />
„This study deals with the interaction between advertising<br />
and media which creates mass media. It analyses<br />
a long period of media development and tries to find<br />
common patterns. It also deals with the importance in<br />
this interaction of not damaging the confidence of the<br />
public in mass media, which can be a problem with<br />
forms of embedded marketing. All the same, without<br />
Literatur · Zeitschriftenlese<br />
advertising, there will be less mass media and media<br />
diversity, the author argues.“<br />
Dennis, Everette E.; Warley, Stephen; Sheridan,<br />
James: Doing Digital: An Assessment of the<br />
Top 25 U.S. Media Companies and Their Digital<br />
Strategies. – S. 33–52<br />
„This study examines how major U.S. media companies<br />
are developing their digital strategies in the<br />
context of earlier work on convergence. Through rare<br />
interviews with media leaders and other sources, the<br />
ways that media corporations have coped with digital<br />
innovation following the dot-com crash are explored,<br />
including its delivery and the styles of leadership. The<br />
authors posit that media firms fall into three categories:<br />
leaders, learners and laggards.“<br />
Mejtoft, Thomas: Strategies for Successful Digital<br />
Printing. – S. 53–74<br />
„Today the printing industry is fragmented and suffers<br />
from overcapacity, and printed material is regarded<br />
as commodity products. In this article, corporate<br />
strategy owing to the introduction of digital printing<br />
technology is studied. The focus is on companies that<br />
made digital printing investments. Differentiation is a<br />
strategic approach that is necessary for digital printing<br />
companies to compete successfully. The results show<br />
that vertical integration is a way to ensure appropriate<br />
supply to the digital printing unit and to add customer<br />
value to the service. Educating customers is a way to<br />
create a market for the value-added products of digital<br />
printing.”<br />
The Journal of Media Economics<br />
Jg 19 (2006) Nr 1<br />
Becker, Jan U.; Clement, Michel: Dynamics<br />
of Illegal Participation in Peer-to-Peer Networks:<br />
Why Do People Illegally Share Media<br />
Files?. – S. 7–32<br />
„The rise of peer-to-peer networks starting with<br />
Napster in 1999 and later KaZaA and eMule had a<br />
substantial impact on the online distribution of media<br />
content. Millions of users at any given point of time<br />
illegally offer copyright protected files and internalize<br />
the cost of their behavior. Whereas it is easy to explain<br />
why users download files, it remains an open question<br />
as to why they provide data, because it is not necessary<br />
to get access to files. This article addresses the issue<br />
of why users take the risk and illegally provide files.<br />
In a theoretical analysis relying on game theoretical<br />
assumptions, this article shows in a dynamic context<br />
that users actually do follow a rational strategy by<br />
providing files. This article underlines the theoretical<br />
assumptions with two empirical studies. The first<br />
study researches the individual motives for file sharing<br />
by using a structural equation model. Reciprocity<br />
is one of the key drivers to offer files. The second<br />
study segments users based on their motives into three<br />
groups using mixture regressions. The results imply<br />
that there is a large segment free riding on their peers.<br />
The research also finds a heavy sharer segment that<br />
is motivated to share, even at the risk of being sued.<br />
This article follows a dynamic perspective in the user’s<br />
willingness to share that allows researchers to provide<br />
implications on the stability of the networks in the<br />
517
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
long term, because the users’ behavior may lead to the<br />
collapse of illegal networks.“<br />
Andrews, Kurt; Napoli, Philip: Changing Market<br />
Information Regimes: A Case Study of the<br />
Transition to the BookScan Audience Measurement<br />
System in the U.S. Book Publishing<br />
Industry. – S. 33–54<br />
„This article presents a case study of the transition to<br />
a new market information regime, via an analysis of<br />
the transition to the BookScan system of measuring<br />
book sales and the potential impact of this new measurement<br />
system on how publishing industry decision<br />
makers perceive – and respond to – their competitive<br />
environment. This study critically examines the traditional<br />
systems of audience measurement – and their<br />
uses – in book publishing, as well as the diffusion<br />
process for the BookScan system. This study finds<br />
many similarities between the introduction and potential<br />
impact of BookScan and the introduction and<br />
impact of new audience measurement systems in other<br />
media, such as stronger resistance from content producers<br />
(e.g., publishers) than from other stakeholders<br />
(e.g., agents, retailers), as well as a likelihood that<br />
widespread usage of the new measurement system will<br />
contribute to greater fragmentation and greater volatility<br />
of the measured industry.“<br />
Kim, Eun-mee; Wildman, Steven S.: A Deeper<br />
Look at the Economics of Advertiser Support<br />
for Television: The Implications of Consumption-Differentiated<br />
Viewers and Ad Addressability.<br />
– S. 55–80<br />
„Commercial addressing technologies are currently<br />
being trialed that will make it possible to simultaneously<br />
deliver different ads to different viewers. Because<br />
the members of the audience for a given program<br />
often consume different products, addressable<br />
ads promise to substantially increase the revenue generated<br />
by television ad time. This article presents models<br />
of competitive television markets with addressable<br />
and nonaddressable ads and shows that addressability<br />
significantly alters strategies for profit maximization<br />
and, most likely, equilibrium mixes of programs. This<br />
article also shows that allowing for viewers who are<br />
differentiated in their preferences for products can<br />
lead to dramatic departures from the equilibria and<br />
audience maximization strategies described in the<br />
traditional program choice literature. Ironically, the<br />
predictions of the traditional models are likely to be<br />
more accurate for television markets with addressable<br />
ads than for the markets with nonaddressable ads they<br />
were supposed to describe.“<br />
Jg 19 (2006) Nr 2<br />
Delaney, Liam; O’Toole, Francis: The Distributional<br />
Effects of State-Financed Broadcasting.<br />
– S. 83–98<br />
„This article examines distributional effects of the<br />
Irish public service broadcaster, RTE. Conditional<br />
probabilities of usage of, satisfaction with, willingness<br />
to pay for, and perception of improvement of, RTE’s<br />
broadcasting services are estimated and compared.<br />
The regressive structure of the license fee funding<br />
mechanism is shown to represent a transfer toward<br />
518<br />
females, those living outside Dublin, and those aged<br />
35+. However, there is little support for a policy<br />
change toward a less regressive structure.“<br />
Oba, Goro; Chan-Olmsted, Sylvia M.: Self-<br />
Dealing or Market Transaction?: An Explonatory<br />
Study of Vertical Integration in the<br />
U.S. Television Syndication Market. – S. 99–<br />
118<br />
„This study explores the programming relationship<br />
between vertically integrated station groups and their<br />
affiliated syndicators in the context of two frameworks<br />
associated with the advantages of vertical integration:<br />
the transaction cost and vertical foreclosure theories.<br />
The programming sources for various stations that are<br />
vertically integrated with syndicators were assessed.<br />
The results indicated that leading television station<br />
groups had purchased relatively more products from<br />
their vertically integrated syndicators. The pattern of<br />
internal transfer through vertical integration was especially<br />
apparent in the acquisition of newer first-run<br />
products that are associated with uncertain quality<br />
and less audience information. The findings generally<br />
support the transaction cost theoretical perspective.<br />
However, the data did not paint a picture of market<br />
foreclosure in this industry.“<br />
An, Soontae; Jin, Hyun Seung; Simon, Todd:<br />
Ownership Structure of Publicly Traded<br />
Newspaper Companies and Their Financial<br />
Performances. – S. 119–136<br />
„This study examined the effects of ownership structure<br />
on the financial performance of publicly traded<br />
newspaper companies. The results showed that the<br />
level of institutional ownership in a year was negatively<br />
associated with the subsequent year’s profitability,<br />
as measured by return on equity and return<br />
on assets. Increased insider ownership in a given year<br />
was followed by decreased debt-to-equity ratio in the<br />
next year. Agency theory and financial control theory<br />
were discussed.“<br />
Journalism & Mass Communication<br />
Quarterly<br />
Jg 82 (2005) Nr 4<br />
Bronstein, Carolyn: Representing the Third<br />
Wave: Mainstream Print Media Framing of a<br />
New Feminist Movement. – S. 783–803<br />
Hardin, Marie; Shain, Stacie: Strength in Numbers?:<br />
the Experiences and Attitudes of Women<br />
in Sports Media Careers. – S. 804–819<br />
Armstrong, Cory L.; Nelson, Michelle R.:<br />
How Newspaper Sources Trigger Gender Stereotypes.<br />
– S. 820–837<br />
Wei, Ran; Jiang, Jing: Exploring Culture’s Influence<br />
on Standardization Dynamics of Creative<br />
Strategy and Execution in International<br />
Advertising. – S. 838–856
Luther, Catherine A.; Zhou, Xiang: Within the<br />
Boundaries of Politics: News Framing of SARS<br />
in China and the United States. – S. 857–872<br />
Moss, Danny; Newman, Andrew; Desanto,<br />
Barbara: What Do Communication Managers<br />
Do?: Defining and Refining the Core Elements<br />
of Management in a Public Relations/Corporate<br />
Communication Context. – S. 873–890<br />
Lee, Francis L. F.: The Impact of Ordinary<br />
Political Conversation on Public Opinion<br />
Expression: Is Existence of Discord Necessary?.<br />
– S. 891–909<br />
Liu, Yung-I; Eveland, William P.: Education,<br />
Need for Cognition, and Campaign Interest<br />
as Moderators of News Effects on Political<br />
Knowledge: An Analysis of the Knowledge<br />
Gap. – S. 910–929<br />
Keith, Susan: Newspaper Copy Editor’s Perceptions<br />
of Their Ideal and Real Ethics Roles. –<br />
S. 930–951<br />
Heider, Don; McCombs, Maxwell; Poindexter,<br />
Paula M.: What the Public Expects of Local<br />
News: Views on Public and Traditional Journalism.<br />
– S. 952–967<br />
Trammell, Kaye D.; Keshelashvili, Ana: Examining<br />
the New Influencers: A Self-Presentation<br />
Study of A-List Blogs. – S. 968–982<br />
Kommunikation und Recht<br />
Jg 9 (2006) Nr 2<br />
Säcker, Franz Jürgen: Zur Ablehnung des Zusammenschlussvorhabens<br />
Axel Springer-AG/<br />
ProSiebenSat.1-Media-AG durch KEK und<br />
Bundeskartellamt. – S. 49–54<br />
„Der geplante Erwerb der ProSiebenSat.1 Media AG<br />
durch die Axel Springer AG ist sowohl bei der durch<br />
Rundfunkstaatsvertrag gebildeten Kommission zur<br />
Ermittlung der Konzentration im <strong>Medien</strong>bereich<br />
(„KEK“) als auch beim Bundeskartellamt auf Ablehnung<br />
gestoßen, weil das fusionierte Unternehmen<br />
über eine ungleich größere crossmediale Markt- und<br />
Meinungsmacht verfügt, als die beiden bislang auf unterschiedlichen<br />
Märkten tätigen Unternehmen jeweils<br />
allein. Der nachfolgende Beitrag setzt sich kritisch mit<br />
den beiden Behördenentscheidungen auseinander.“<br />
Lubitz, Markus: Entwicklung des E-Commerce<br />
im Jahre 2005. – S. 55–59<br />
„Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über die<br />
Entwicklung des E-Commerce im Veröffentlichungszeitraum<br />
2005 und schließt an den Beitrag aus K&R<br />
2005, 97 an. „<br />
Engels, Stefan: Europäische Liberalisierung des<br />
Direktmarketings gegenüber Verbrauchern. –<br />
S. 59–67<br />
Literatur · Zeitschriftenlese<br />
„Die Bundesregierung hat das Ziel klar vorgegeben:<br />
Europäische Richtlinien sind ohne deutschen Sonderweg<br />
umzusetzen. Aufgrund dieser Zielsetzung und<br />
vor dem Hintergrund, dass wegen der anstehenden<br />
europäischen Liberalisierung mit diesbezüglicher<br />
Konkurrenz aus dem Ausland zu rechnen ist, die weder<br />
rechtlich noch faktisch abgewehrt werden kann,<br />
sollte auch das deutsche Wettbewerbsrecht im Sinne<br />
der UCP-Directive liberalisiert werden. Hierzu muss<br />
insbesondere in §7 UWG für das Telefonmarketing<br />
das „Opt-Out“-Prinzip eingeführt werden.“<br />
Schmittmann, Jens: Die Domain des Notars. –<br />
S. 67–71<br />
Dietrich, Christian: Rechtliche Probleme bei<br />
der Verwendung von Metatags. – S. 71–74<br />
„Suchmaschinen verwenden nach wie vor häufig Metatags<br />
zur Indexierung von Websites. Für den auf einen<br />
guten Trefferplatz angewiesenen Werbenden sind<br />
diese daher von erheblicher Bedeutung. Die Vielzahl<br />
der Gerichtsentscheidungen hierüber mag ein Indiz<br />
für die rechtlichen Probleme bei der Metatagverwendung<br />
sein, denen im Folgenden nachgegangen werden<br />
soll.“<br />
Heydn, Truiken J.; Schmidl, Michael: Der Handel<br />
mit gebrauchter Software und der Erschöpfungsgrundsatz.<br />
– S. 74–79<br />
Jg 9 (2006) Nr 3<br />
Gounalakis, Georgios; Wege, Christoph: Product<br />
Placement und Schleichwerbungsverbot:<br />
Widersprüche im neuen Fernsehrichtlinien-<br />
Entwurf. – S. 97–102<br />
„Die Werbevorschriften der EG-Fernsehrichtlinie<br />
werden vielfach als zu streng empfunden. Zwar stand<br />
eine Liberalisierung des Werberechts seit längerem<br />
auf der politischen Agenda der Europäischen Kommission,<br />
doch hielt der jüngste Kommissionsentwurf<br />
für eine Novelle der Fernsehrichtlinie trotz der Vorhersehbarkeit<br />
in seiner Liberalisierungstendenz eine<br />
Überraschung bereit: Die Einführung des Product<br />
Placement als gemeinschaftsrechtlich zulässige Werbeform.<br />
Der nachstehende Beitrag befasst sich nun<br />
weniger mit den rechtspolitischen Fragen rund um die<br />
Zulässigkeit des Product Placement, als vielmehr mit<br />
den Widersprüchlichkeiten des konkreten Regelungskonzepts.<br />
Nach dem Willen der Europäischen Kommission<br />
soll die Einführung des Product Placement<br />
nämlich ausdrücklich nicht zu einer Einschränkung<br />
des allgemeinen Schleichwerbungsverbots führen.<br />
Das darf auch jenseits aller rechtspolitischer Turbulenzen<br />
als Überraschung gelten.“<br />
Schlömer, Uwe; Dittrich, Jörg: eBay & Recht:<br />
Rechtsprechungsübersicht zum Jahr 2005. –<br />
S. 102–108<br />
„Der Online-Marktplatz eBay erfreut sich weiterhin<br />
großer Beliebtheit. Zugleich ergeben sich in diesem<br />
Zusammenhang vielfältige rechtliche Problemstellungen.<br />
Der folgende Beitrag schafft einen Überblick<br />
über die wesentlichen Fragen, mit denen die Gerichte<br />
im Jahr 2005 bei Angelegenheiten befasst waren,<br />
die unter anderem auch den Handel über den Onli-<br />
519
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
ne-Marktplatz eBay betreffen und geht auf aktuelle<br />
Streitfragen ein.“<br />
Jürgens, Uwe: Die Haftung von Suchmaschinen<br />
für Suchergebnislisten. – S. 108–112<br />
„Anmerkung zu LG Berlin, K&R 2005, 334/ Die Problematik<br />
der Verantwortlichkeit von Suchmaschinen<br />
hat sich im Laufe der Jahre zu einem ganzen Bündel<br />
verschiedener Haftungsfragen entwickelt. Zunächst<br />
ging es allein um die vieldiskutierte Verantwortlichkeit<br />
der Förderung des Abrufes fremder Angebote,<br />
also die Haftung für das Setzen von Hyperlinks. Mit<br />
der technischen Fortentwicklung der Angebote sind<br />
weitere Fragen, wie zum Beispiel die der Integration<br />
von Thumbnails im Rahmen der Bildersuche und die<br />
des ,,Caching“ bzw. Archivieren fremder Angebote<br />
hinzugetreten. Die Rechtsprechung hat sich jüngst in<br />
verschiedenen Entscheidungen mit einem neuen Problem<br />
der Haftung der Betreiber von Suchmaschinen<br />
auseinander gesetzt, der Haftung von Suchmaschinenbetreibern<br />
für die in ihrem eigenen Angebot vorgehaltenen<br />
Suchergebniseinträge (Snippets).“<br />
Hanebeck, Alexander; Neunhoeffer, Friederike:<br />
Anwendungsbereich und Reichweite des<br />
telekommunikationsrechtlichen Fernmeldegeheimnisses:<br />
rechtliche Schwierigkeiten bei der<br />
Anwendung des TKG. – S. 112–116<br />
„Das Fernmeldegeheimnis ist nicht nur in Art. 10 GG<br />
grundrechtlich geschützt, sondern auch durch die<br />
Vorschriften des TKG. Der Anwendungsbereich des<br />
Fernmeldegeheimnisses aus §88 TKG (§85 TKG a.F.)<br />
ist allerdings sehr weit und erfasst häufig Bereiche, in<br />
denen die Beteiligten nicht damit rechnen. Dazu gehört<br />
insbesondere das Verhältnis von Arbeitgeber und<br />
Arbeitnehmer. Bereits die Anwendbarkeit des telekommunikationsrechtlichen<br />
Fernmeldegeheimnisses<br />
in diesen Zusammenhängen wird nach wie vor häufig<br />
übersehen (dazu I.). Für diesen Anwendungsbereich<br />
des Fernmeldegeheimnisses ergeben sich darüber<br />
hinaus vielfältige Probleme, da dessen Ausgestaltung<br />
auf den Schutz der Kunden von gewerblichen Anbietern<br />
von Telekommunikationsdiensten ausgerichtet<br />
ist und die strikte gesetzliche Regelung grundlegend<br />
andere Folgen hat als die Anwendung des BDSG. So<br />
wird nicht beachtet, dass der Schutz des Fernmeldegeheimnisses<br />
alle <strong>Kommunikations</strong>partner erfasst (II.),<br />
vor allem aber, dass unter dem Fernmeldegeheimnis<br />
keine Abwägung der beteiligten Interessen möglich<br />
ist (III.). Der auf der Basis des BDSG im Arbeitsrecht<br />
üblicherweise mittels einer Abwägung gesuchte angemessene<br />
Interessenausgleich ist nicht möglich. Die<br />
Anwendungsprobleme sind aber auch die Folge der<br />
Unangemessenheit der strikten Regelungen des Telekommunikationsgesetzes<br />
für das Verhältnis zwischen<br />
Arbeitnehmer und Arbeitgeber (IV.).“<br />
Meyer, Sebastian: 0800-Taxiruf: Vanity-Nummern<br />
in Deutschland. – S. 116–122<br />
[...] „Im Zusammenhang mit der Nutzung von Vanity-Nummern<br />
stellen sich interessante rechtliche Fragestellungen,<br />
die teilweise denjenigen aus dem Bereich<br />
der Domain-Names ähneln, aber noch weit darüber<br />
hinausgehen. Der Beitrag gibt einen zusammenfassenden<br />
Überblick über die wesentlichen Problemstellungen<br />
und wertet die bisherige Rechtsprechung zu<br />
der Thematik aus. Es wird besonders auf die Rechtsschutzmöglichkeiten<br />
im Kennzeichen- und Wettbe-<br />
520<br />
werbsrecht sowie die Gefahr des Vanity-Grabbing<br />
eingegangen.“<br />
Groß, Michael: Aktuelle Lizenzgebühren in<br />
Patentlizenz-, Know-how- und Computerprogrammlizenz-Verträgen:<br />
2004/2005. – S. 122–<br />
127<br />
Jg 9 (2006) Nr 4<br />
Bahr, Martin: Glücks- und Gewinnspiele in den<br />
<strong>Medien</strong>: die Entwicklung der Rechtsprechung<br />
und Gesetzgebung in den Jahren 2004 und 2005<br />
in Deutschland. – S. 145–149<br />
„Der Bereich der Glücks- und Gewinnspiele hat in<br />
den letzten Jahren an wirtschaftlicher Bedeutung zugenommen.<br />
Verlag und Autor haben sich daher entschlossen,<br />
eine jährlich erscheinende Rubrik „Glücksund<br />
Gewinnspiele in den <strong>Medien</strong>“ herauszugeben, die<br />
die Entwicklung der Gesetzgeber und der Rechtsprechung<br />
zusammenfasst und dem Leser eine kompakte<br />
Einführung bietet. Die Reihe startet mit der Berichterstattung<br />
der Jahre 2004 und 2005.“<br />
Hain, Karl-E.: Springer, ProSiebenSat.1 und die<br />
KEK: eine Nachlese. – S. 150–155<br />
„Sowohl das „Eckpunkte“-Papier der KEK als auch<br />
die Begründung ihres Beschlusses vom 10.1.2006 sind<br />
in einzelnen Punkten kritischen Einwänden ausgesetzt.<br />
Wie sich zeigen wird, sind allerdings die mit<br />
Großvokabeln wie „Neosozialismus“ operierende<br />
Polemik von wirtschaftsrechtlicher Seite unangebracht<br />
sowie die „Begleitung“ und „Nachbereitung“<br />
des Verfahrens vor der KEK durch Mitglieder der<br />
KDLM unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten bedenklich.“<br />
Grewlich, Klaus W.: „Internet Governance“<br />
und „völkerrechtliche Konstitutionalisierung“:<br />
nach dem Weltinformationsgipfel 2005 in Tunis.<br />
– S. 156–164<br />
„Der „Weltgipfel zur Frage der Informationsgesellschaften“<br />
in Tunis 2005 (WSIS II) hat es nur ansatzweise<br />
vermocht, ein gemeinsames Verständnis zu<br />
leistungsfähigen und der rule-of-law entsprechenden<br />
Modellen für „Internet governance“ und speziell für<br />
die „Internet Cooperation for Assigned Names and<br />
Numbers“ (ICANN) zu fördern. Die im vorliegenden<br />
Beitrag vertretene These lautet, dass die Reform<br />
von ICANN – ein Kernbestandteil der Herausbildung<br />
einer effektiven „Internet governance“ – unter<br />
den rechtlichen und wirtschaftlichen Bedingungen<br />
der kommunikationstechnologischen „Konvergenz“<br />
kein isolierter Vorgang sein kann. Die Kernfragen<br />
von „Internet governance“ sind vom breiten Strom<br />
in Richtung einer normativ-rahmengebenden „Konstitutionalisierung“<br />
des Völkerrechts – einschließlich<br />
der neuen Formen international gestaltungsmächtiger<br />
Akteure – konstruktiv nicht zu trennen.“<br />
Degenhart, Christoph: Hörfunkübertragungen<br />
aus Fußballstadien (Urteil des BGH vom<br />
8.11.2005 – KZR 37/03, K&R, 2006, 190). –<br />
S. 165–167<br />
„Im Streit um Hörfunkrechte hat der BGH zuguns-
ten der Vereine entschieden. Diese dürfen auch für<br />
das Recht auf Hörfunkberichterstattung Entgelte fordern,<br />
unterliegen hierbei aber kartellrechtlichen und<br />
grundrechtlichen Bindungen. Der BGH zieht damit<br />
die Konsequenzen aus der Kommerzialisierung des<br />
Sports wie des Rundfunks.“<br />
Herrmann, Marcus M.: Entwicklungen und<br />
Tendenzen zum Titelschutzrecht: starre 6-Monats-Frist<br />
oder nicht?. – S. 168–171<br />
„Umfang, Voraussetzungen und Wirkungen der gesetzlich<br />
nicht geregelten Titelschutzanzeige beschäftigen<br />
die Gerichte seit jeher. Die Rechtsprechung<br />
hierzu – insbesondere zur Angemessenheit der Umsetzungsfrist<br />
– verhält sich nicht stets einheitlich. Die<br />
folgende Darstellung legt ihren Schwerpunkt auf die<br />
sich in der Praxis stellenden Fragen zur rechtsbegründenden<br />
Benutzung eines durch Titelschutzanzeige<br />
angekündigten Werktitels.“<br />
Nielen, Michael; Thum, Kai: Auftragsdatenverarbeitung<br />
durch Unternehmen im Nicht-<br />
EU-Ausland. – S. 171–176<br />
„Grenzüberschreitender Datenverkehr gestaltet sich<br />
insbesondere dann nach nationalem Recht als schwierig,<br />
wenn Zielland des Datentransfers ein Drittland im<br />
Nicht-EU-Ausland ist, in welchem kein angemessenes<br />
Datenschutzniveau gewährleistet wird. Konkreter<br />
Ausgangspunkt der nachfolgenden Überlegungen ist<br />
dabei die Situation, dass ein inländisches Unternehmen<br />
(Auftraggeber) personenbezogene Daten zur<br />
Verarbeitung an ein externes Service-Unternehmen<br />
(Auftragnehmer) mit Sitz im außereuropäischen Ausland<br />
übermitteln will. Zur Zulässigkeit eines solchen<br />
Datentransfers können dann unter anderem die von<br />
der EU-Kommission verabschiedeten Standardvertragsklauseln<br />
Anwendung finden. Allerdings muss<br />
die Auftragsdatenverarbeitung auch nach nationalem<br />
Recht zulässig sein: §11 BDSG stellt niedrige Anforderungen<br />
hinsichtlich der Auftragsdatenverarbeitung<br />
und privilegiert den Auftragsdatenverarbeiter. Der<br />
folgende Beitrag versucht vor diesem Hintergrund<br />
herauszuarbeiten, ob die Privilegierung des §11<br />
BDSG auch für die Auftragsdatenverarbeitung im<br />
außereuropäischen Ausland Geltung finden kann und<br />
inwieweit Standardvertragsklauseln Rückwirkungen<br />
auf das nationale Recht beanspruchen.“<br />
Böhme, Martin: Die Aufbewahrungspflicht<br />
von E-Mails. – S. 176–178<br />
„Ein Großteil der Geschäftskorrespondenz wird<br />
heutzutage über E-Mails abgewickelt. Für den Fall,<br />
dass der Speicherplatz knapp wird, könnten sich<br />
Mitarbeiter veranlasst sehen, nicht mehr benötigte<br />
E-Mails zu löschen. Aus diesem Grund soll im Folgenden<br />
die Frage geklärt werden, inwieweit E-Mails<br />
aufgrund gesetzlicher Vorschriften aufbewahrt werden<br />
müssen.“<br />
Jg 9 (2006) Nr 5<br />
Ladeur, Karl-Heinz: Das Europäische Telekommunikationsrecht<br />
im Jahre 2005. – S. 197–<br />
206<br />
„Im Berichtszeitraum hat die Kommission in ihren<br />
Mitteilungen und Rechtsakten einen Akzent bei der<br />
Literatur · Zeitschriftenlese<br />
Frequenzpolitik und bei der Bereitstellung von Mietleitungen<br />
gesetzt. Im Übrigen haben die Verfahren<br />
nach Art.7 der Rahmenrichtlinie einen breiten Raum<br />
eingenommen, über die die Kommission stark auf die<br />
Regulierung einwirkt. Die Zahl der Entscheidungen<br />
zu Fusionen im TK-Bereich hat abgenommen. In einigen<br />
Fällen hat die Kommission staatliche Beihilfen<br />
im TK-Bereich untersucht.“<br />
Sosnitza, Olaf: Die urheberrechtliche Zulässigkeit<br />
des Handels mit „gebrauchter“ Software.<br />
– S. 206–210<br />
Vassilaki, Irini E.: Strafrechtliche Anforderungen<br />
an Altersverifikationssysteme. – S. 211–<br />
214<br />
„Das Anbieten pornografischer Inhalte im Internet<br />
stellt einerseits ein lukratives Geschäft für die Anbieter<br />
und andererseits eine Gefahrenquelle für die<br />
Jugend dar. Die Verfasserin erläutert kritisch die unterschiedlichen<br />
Interessen und juristischen Fragen,<br />
die mit dem Einsatz von Altersverifikationssystemen<br />
(AVS) verbunden sind und schlägt einen neuen Weg<br />
vor, wie das Jugendschutzrecht mit dieser Problematik<br />
umgehen könnte.“<br />
Goldbeck, Nino: § 7 Abs. 3 Nr. 1 UWG: ein<br />
sinnsemantischer Fauxpas. – S. 215–217<br />
„Verkauf oder Vermietung von zielgruppenspezifisch<br />
zugeschnittenen Adressdatenbeständen sind in<br />
erster Linie, aber nicht nur für die Urform gängiger<br />
Direktmarketingmethoden, der unmittelbaren Kundenansprache<br />
mittels persönlicher Werbeschreiben,<br />
von exponierter Bedeutung. Datenschutzrechtlich<br />
bestehen gegen die Aktivitäten von Adressenmaklern<br />
und -händlern grundsätzlich keine Bedenken;<br />
das Bundesdatenschutzgesetz lässt die Übermittlung<br />
von Kundendaten an Werbeunternehmen in weitem<br />
Umfang zu. Während deren weitere Verwendung<br />
in Gestalt der traditionellen Briefwerbung aus lauterkeitsrechtlicher<br />
Perspektive ebenfalls regelmäßig<br />
nicht zu beanstanden ist, hat das UWG anderweitigen<br />
Formen des Direktmarketings insoweit – vorbehaltlich<br />
einer wirksamen Generaleinwilligung des<br />
Adressaten – nach allgemeiner Auffassung einen Riegel<br />
vorgeschoben. Für den Bereich der Werbung per<br />
E-Mail wird dabei vornehmlich auf die Regelung des<br />
§7 Abs.3 Nr.1 UWG verwiesen. Nachfolgend soll auf<br />
den misslungenen Wortlaut dieser Ausnahmeregelung<br />
aufmerksam gemacht und der Blick des Rechtsanwenders<br />
zurück an die Quelle jeder Norminterpretation,<br />
den Buchstaben des Gesetzes, geführt werden.“<br />
Schipanski, Tankred: Jüngste Entwicklungslinien<br />
eines eventuellen Beihilfecharakters der<br />
Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen<br />
Rundfunks. – S. 217–222<br />
„Die Generaldirektion Wettbewerb der Europäischen<br />
Kommission untersucht seit dem Jahr 2004, ob und<br />
gegebenenfalls in welchem Umfang die Finanzierung<br />
des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland<br />
eine zulässige oder unzulässige Beihilfe darstellt. Mit<br />
Schreiben vom 10.2.2006 wandte sich die Generaldirektion<br />
Wettbewerb erneut mit einem Auskunftsersuchen<br />
an die Bundesregierung. Im Mittelpunkt der<br />
gesamten Diskussion steht dabei die Frage, inwieweit<br />
die Finanzierung von ARD und ZDF durch Rundfunkgebühren<br />
den Kriterien der Altmark Trans-<br />
521
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes<br />
genügt. Zudem werden bei dieser Problematik die<br />
unterschiedlichen Lösungsansätze von Europäischer<br />
Kommission und Europäischem Gerichtshof bzgl.<br />
des Verhältnisses von Art.87 Abs.1 EG und Art.86<br />
Abs.2 EG deutlich. Der nachfolgende Beitrag prüft<br />
basierend auf dem Lösungsansatz des Europäischen<br />
Gerichtshofs einen eventuellen Beihilfecharakter der<br />
deutschen Rundfunkgebühr. Um letztlich einen Beihilfecharakter<br />
sicher verneinen zu können, bedarf es<br />
im Ergebnis einiger geringer Modifikationen des gegenwärtigen<br />
Finanzierungsverfahrens.“<br />
Hüsch, Moritz: Der Gebrauch geschützter<br />
Kennzeichen als Advertising Keywords (ad-<br />
Words): ein Fall für das Marken- oder Wettbewerbsrecht?.<br />
– S. 223–224<br />
„Keyword Advertising stellt die Haupteinnahmequelle<br />
kommerzieller Suchmaschinen im World Wide<br />
Web dar. Die Suchmaschinenbetreiber bieten ihren<br />
Werbekunden an, Werbeeinblendungen von der Eingabe<br />
eines Begriffs oder mehrerer Begriffe abhängig<br />
zu machen. Wenn das oder die Keyword(s) eingegeben<br />
werden, erscheint das Banner in der Regel als<br />
Sponsored Link oben oder neben den gleichzeitig<br />
angezeigten Treffern. Das werbende Unternehmen<br />
muss für die Suchwortabhängigkeit nur zahlen, wenn<br />
der Verbraucher über den Link in der eingeblendeten<br />
Werbung auf die Webseite des Unternehmens klickt –<br />
das so genannte Cost-per-click-Verfahren. Die Werbeflächen<br />
bieten Platz für mehrere Werbeeinblendungen.<br />
Die Unternehmen bestimmen die Position ihres<br />
Werbebanners selbst, indem sie den Preis angeben,<br />
den sie bereit sind, für einen Klick auf ihre Webseite<br />
zu zahlen. In der Regel stellen die Suchmaschinenbetreiber<br />
entsprechende Tools zur Verfügung, über die<br />
die Wettbewerber online und in Echtzeit die Gebote<br />
verfolgen und Werbekonkurrenten gegebenenfalls<br />
überbieten können. Im Mittelpunkt der juristischen<br />
Diskussion steht die Frage, ob der für die Verbraucher<br />
nicht sichtbare Gebrauch geschützter Kennzeichen als<br />
Keywords marken- oder wettbewerbsrechtswidrig<br />
ist. Dieser Beitrag soll hierzu einen kurzen Überblick<br />
unter besonderer Berücksichtigung des jüngst veröffentlichten<br />
Beschlusses des OLG Köln geben.“<br />
Jg 9 (2006) Nr 6<br />
Volkmann, Christian: Aktuelle Entwicklungen<br />
in der Providerhaftung im Jahr 2005. – S. 245–<br />
252<br />
„Der folgende Beitrag schafft einen Überblick über<br />
die zur Verantwortlichkeit der Internet-Provider im<br />
Jahr 2005 veröffentlichte Rechtsprechung unter besonderer<br />
Berücksichtigung der Haftung für fremde<br />
Inhalte.“<br />
Stadler, Thomas: Proaktive Überwachungspflichten<br />
der Betreiber von Diskussionsforen<br />
im Internet. – S. 253–257<br />
Koenig, Christian; Loetz, Sascha; Senger, Marion:<br />
Die regulatorische Behandlung neuer Märkte<br />
im Telekommunikationsrecht. – S. 258–262<br />
522<br />
Kühling, Jürgen: § 9a TKG-E: Innovationsschutz<br />
durch Regulierungsverzicht oder Steigerung<br />
der Regulierungskomplexität? – S. 263–<br />
271<br />
„In ungewohnt heftiger Form wird seit einigen Monaten<br />
darüber gestritten, ob und wenn ja inwiefern die<br />
geplante VDSL-Infrastruktur der DTAG von der Regulierung<br />
freigestellt werden kann und soll. Ursprünglich<br />
hatte die DTAG eine „lex VDSL“ gefordert, d.h.<br />
eine explizite legislative Freistellung dieser gegebenenfalls<br />
einen neuen Markt begründenden Technologie.<br />
Zwischenzeitlich hatte sie von einer solchen Freistellung<br />
die geplanten Investitionen in Höhe von drei<br />
Milliarden Euro abhängig machen wollen. Nunmehr<br />
zeichnet sich eine umfassendere gesetzliche Behandlung<br />
des Problems ab, wie Investitionen und Innovationen<br />
im Rahmen der Telekommunikationsregulierung<br />
stärker berücksichtigt werden können. Dazu<br />
soll ein neuer §9a ins TKG eingefügt werden. Dieser<br />
Norm zufolge soll bei der Regulierung insbesondere<br />
darauf geachtet werden, dass neue Märkte nicht in die<br />
Marktregulierung einbezogen werden. Des Weiteren<br />
sollen bei der Auferlegung regulatorischer Verpflichtungen<br />
die Förderung von Infrastrukturinvestitionen<br />
und die Unterstützung von Innovationen besonders<br />
berücksichtigt werden. Der folgende Beitrag legt die<br />
ökonomischen und rechtlichen Hintergründe dieses<br />
Regulierungsansatzes dar, zeigt die Bedeutung des<br />
neuen §9a TKG-E im Kontext des TKG 2004 auf,<br />
überprüft seine Gemeinschafsrechtskonformität und<br />
geht schließlich knapp der Frage nach, ob es sich bei<br />
dieser Bestimmung um eine gelungene Form des Innovationsschutzes<br />
durch Regulierungsverzicht handelt.“<br />
Janal, Ruth: Rechtliche Fragen rund um das R-<br />
Gespräch. – S. 272–278<br />
„Der Bundesgerichtshof hatte jüngst über die zwischen<br />
den Instanzgerichten umstrittene Frage zu<br />
entscheiden, ob ein Anschlussinhaber die Entgelte für<br />
Gespräche zu entrichten hat, welche dritte Personen,<br />
insbesondere in seinem Haushalt lebende Minderjährige,<br />
entgegen genommen haben (BGH, Urt. v.<br />
16.3.2006 – III ZR 152/05, abgedruckt auf S. 281ff.,<br />
Heft 6). Der nachfolgende Beitrag nimmt zu den wesentlichen<br />
rechtlichen Fragen Stellung.“<br />
Geis, Ivo; Geis, Esther: Das informationelle<br />
Selbstbestimmungsrecht als Pathosformel des<br />
Datenschutzrechts oder Schutz der Privatheit<br />
während und nach der elektronischen Kommunikation:<br />
zugleich Anmerkung zum Urteil des<br />
BVerfG vom 2.3.2006 – 2 BvR 2099/04 (K&R<br />
2006, 178ff). – S. 279–280<br />
Mass Communication & Society<br />
Jg 9 (2006) Nr 1<br />
Arpan, Laura M. et al: News Coverage of Social<br />
Protests and the Effects of Photographs and<br />
Prior Attitudes. – S. 1–20<br />
„A consistent news frame that deligitimizes and depicts<br />
most social protests as „police vs. protesters“ has<br />
been identified in studies of news coverage of social<br />
movements. This study used an experimental design
to examine the extent to which photographs and prior<br />
attitudes toward protests and protesters in general<br />
contribute to previously identified framing effects of<br />
protest news. Results indicated that for the protest issue<br />
of interest evaluations of the protest and protesters<br />
were more negative when photos depicting higher<br />
levels of conflict were shown.“<br />
Trammell, Kaye D. et al: Evolution of Online<br />
Campaigning: Increasing Interactivity in Candidate<br />
Web Sites and Blogs Through Text and<br />
Technical Features. – S. 21–44<br />
„This study is a content analysis of the Web sites and<br />
blogs of the 10 Americans vying to be the Democratic<br />
candidate for the 2004 presidential election. Focusing<br />
on interactivity, data indicated front pages hyperlink<br />
to participation areas such as Donation or Volunteer<br />
sections and rarely linked to external content.“<br />
Adams, Terry; Cleary, Johanna: The Parity<br />
Paradox: Reader Response to Minority Newsroom<br />
Staffing. – S. 45–62<br />
„The topic of newspaper newsroom diversity has been<br />
studied in terms of staffing levels, impact of minority<br />
staffing on editorial content, and the failure of<br />
newspapers to attract minority readers. However, no<br />
studies have been conducted that compared minority<br />
staffing levels with circulation and survey data indicating<br />
minority community readership and trust in newspapers.<br />
Through a secondary analysis of data from<br />
four sources, this study finds that minority staffing<br />
levels do not correlate with increased subscriptions<br />
and trust of local newspapers by the minority residents<br />
of 25 communities. Most surprising, one finding<br />
suggests that increased minority staffing actually may<br />
have a negative effect on minority reader trust. Given<br />
these results, the authors suggest that a more complex<br />
model should be adopted for measuring the success of<br />
newsroom diversity efforts.“<br />
Hogan, J.: Letters to the Editor in the „War on<br />
Terror“: a Cross-National Study. – S. 63–84<br />
„This article analyzes discursive patterns in a crossnational<br />
sample of letters to the editor from the 12<br />
months following the 2001 attacks on the World<br />
Trade Center and the Pentagon. Using the techniques<br />
of traditional content analysis and Critical Discourse<br />
Analysis, the study examines the degree to which letters<br />
published in The New York Times, The Times of<br />
London, and The Australian serve to support or challenge<br />
state practices in the U.S.-led „war on terror.“<br />
The analysis reveals marked similarities in the discursive<br />
strategies employed in the letters, but significant<br />
cross-national differences in the level of state support<br />
expressed by the authors.“<br />
Ross, Susan Dente; Bantimaroudis, Philemon:<br />
Frame Shifts and Catastrophic Events: The Attacks<br />
of September 11, 2001, and „New York<br />
Time’s“ Portrayals of Arafat and Sharon. –<br />
S. 85–102<br />
„Quantitative content analysis of 1 year of editorials<br />
and news coverage of the leaders of Israel and the Palestinian<br />
territories in The New York Times examines<br />
the hypothesis that following major global events,<br />
such as the September 11 attacks, media frames of distinct,<br />
yet thematically related coverage shift to rally<br />
Literatur · Zeitschriftenlese<br />
around the government elite frame. Evidence partially<br />
supports frame shifting but indicates that frames<br />
also become more diverse rather than echo dominant<br />
views. Findings raise questions about some traits of<br />
the rally effect. The mechanisms and directions of<br />
frame shifting merit scholarly attention.“<br />
Ivory, James D.: Still a Man’s Game: Gender<br />
Representation in Online Reviews of Video<br />
Games. – S. 103–114<br />
„Despite the rising popularity of video games, the majority<br />
of the medium’s audience continues to be male.<br />
One reason may be that character representations in<br />
video games are geared toward male players. This content<br />
analysis used video game reviews from a heavily<br />
trafficked Internet site to investigate the prevalence<br />
and portrayal of male and female video game characters.<br />
Consistent with the findings of previous studies,<br />
female characters were found to be underrepresented<br />
and proportionally more often sexualized in comparison<br />
to their male counterparts. In addition to these<br />
findings, the study’s innovative method – the use of<br />
online video game reviews as an indirect measure of<br />
video game content – shows promise as a tool for future<br />
content analyses of video games.“<br />
Jg 9 (2006) Nr 2<br />
Dardis, Frank E.: Marginalization Devices in<br />
U.S. Press Coverage of Iraq War Protest: A<br />
Content Analysis. – S. 117–136<br />
„Although a great deal of research has identified ways<br />
in which mass media can delegitimize social protest<br />
groups, little effort has been given to examining the<br />
relative prevalence of each of these mechanisms (labeled<br />
marginalization devices in this study) in media<br />
coverage of protest movements. By employing an<br />
innovative typology, the author examined the prominence<br />
of these devices in noneditorial coverage of<br />
Iraq War protest in 3 major U.S. newspapers over a<br />
1-year period. In addition to gauging the prevalence<br />
of each device, the study also determined which specific<br />
devices were associated with either a positive or<br />
negative overall story tone toward the protesters. Although<br />
coverage in general was not more likely to be<br />
either negative or positive toward war-protest groups,<br />
stories containing the most commonly implemented<br />
devices were more likely to be negative in overall tone.<br />
Practical and scholarly implications are discussed in<br />
scrutinizing the mass media’s role in shaping interpretations<br />
of sociopolitical issues.“<br />
Grabe, Maria Elizabeth et al: Gender in Crime<br />
News: A Case Study Test of the Chivalry Hypothesis.<br />
– S. 137–164<br />
„This content analysis tested the chivalry hypothesis in<br />
6 months of crime reporting in a local U.S. newspaper.<br />
The chivalry hypothesis posits that female criminals<br />
receive more lenient treatment in the criminal justice<br />
system and in news coverage of their crimes than their<br />
male counterparts. The study found partial support<br />
for the chivalry hypothesis and prompts a more nuanced<br />
formulation of the hypothesis-here termed patriarchal<br />
chivalry. This study also produced evidence<br />
that news coverage is harsher when men and women<br />
collaborate in crime than when men and women act<br />
523
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
independently of each other in criminal pursuit. The<br />
authors called it the Bonnie-and-Clyde effect.“<br />
Tsfati, Yariv; Peri, Yoram: Mainstream Media<br />
Skepticism and Exposure to Sectorial and Extranational<br />
News Media: The Case of Israel. –<br />
S. 165–188<br />
„In recent decades, audience options for current affairs<br />
information have been multiplying. Globalization<br />
and media segmentation present citizens with a<br />
variety of news outlets for political information in<br />
addition to those offered by the mainstream communication<br />
channels, which once dominated every nation<br />
state. In this article, survey data gathered in Israel (N<br />
??1,122) are analyzed to examine the association between<br />
mainstream media skepticism and exposure to<br />
sectorial and extranational news media. Findings show<br />
that skepticism toward the mainstream news media is<br />
indeed related to sectorial and extranational news consumption;<br />
however, it is not related to consumption<br />
of such nonmainstream media exclusively. Results are<br />
discussed in light of theories of the public sphere.“<br />
Kwak, Nojin; Poor, Nathaniel; Skoric, Marko<br />
M.: Honey, I Shrunk the World!: The Relationship<br />
Between Internet Use and International<br />
Engagement. – S. 189–214<br />
„Scholars have long been interested in the overlap<br />
between electronic communication systems and international<br />
affairs. New communication systems have<br />
brought an expectation for greater information flow<br />
and connection across geographical boundaries when<br />
compared to the systems that came before them. This<br />
study continued this longstanding scholarly interest<br />
by examining how the Internet facilitates a sense of<br />
connection to the international community at the individual<br />
level. Findings demonstrate that the Internet<br />
matters for international engagement. According to<br />
the results, the Internet connects individuals to the<br />
international community by helping them increase<br />
their knowledge of the world, facilitating their sense<br />
of belonging to the greater world, and motivating<br />
them to participate in international events and foreign<br />
volunteer opportunities. Further, findings suggest that<br />
younger users of the Internet tended to benefit more<br />
than older users from reading international news on<br />
the Internet with respect to international political<br />
knowledge and international participation.“<br />
Scharrer, Erica et al: Working Hard or Hardly<br />
Working?: Gender, Humor, and the Performance<br />
of Domestic Chores in Television Commercials.<br />
– S. 215–238<br />
„This content analysis updates the literature regarding<br />
gender and the depiction of housework in television<br />
commercials by exploring not just the distribution of<br />
chores but also the success or failure of chore performance.<br />
A sample of 477 commercials featuring domestic<br />
chores that aired in a week of primetime television<br />
programming on all of the broadcast networks was<br />
analyzed. Among the key findings: Male characters’<br />
performance of chores was often humorously inept<br />
as measured by negative responses from others, lack<br />
of success, and unsatisfactory outcomes. These depictions<br />
have important implications for the learning of<br />
gender roles from television exposure.“<br />
524<br />
McIntosh, William D. et al: Sexual Humor in<br />
Hollywood Films: Influences of Social and<br />
Economic Threat on the Desirability of MAle<br />
and Female Characters. – S. 239–254<br />
„After rating male and female characters in the topgrossing<br />
comedy films for each year (1951–2000), the<br />
authors predicted that during times of greater social<br />
and economic threat female film characters who joke<br />
about sex would be less physically attractive, and male<br />
characters would be lower in socioeconomic status.<br />
These qualities have been found in prior research to<br />
denote desirability in potential mates. Results were<br />
generally consistent with predictions. It was suggested<br />
that these results, paired with findings from previous<br />
studies, could be taken as support for a lowered expectations<br />
hypothesis: during bad times people feel less<br />
optimistic, and consequently even people’s fantasy<br />
partners are less grandiose.“<br />
Media Asia<br />
Jg 32 (2005) Nr 1<br />
Newspaper Management for Women Journalists.<br />
– S. 3–34<br />
Librero, Felix: Status and Trends in Development<br />
Communication Research in the Phillipines.<br />
– S. 35–38<br />
Tilakawardana, Sameera: To be the Cine-Hub<br />
of Asia. – S. 39–46<br />
Ciochetto, Lynne: A Profile of Advertising in<br />
China’s „Socialist Market Economy“. – S. 47–<br />
60<br />
Media, Culture & Society<br />
Jg 28 (2006) Nr 1<br />
Jin, Dal Yong: Cultural politics in Korea’s contemporary<br />
films under neoliberal globalization.<br />
– S. 5–24<br />
Shim, Doobo: Hybridity and the rise of Korean<br />
popular culture in Asia. – S. 25–44<br />
Xin, Xin: A developing market in news: Xinhua<br />
News Agency and Chinese newspapers. –<br />
S. 45–66<br />
„The mythology of the news agency, as the earliest<br />
news organization to operate globally, has been used<br />
to explain its ability to build up connections with its<br />
counterparts, and media and non-media organizations,<br />
as well as to use these connections to good advantage.<br />
This article offers a social-historical analysis<br />
of Chinais Xinhua News Agency and Chinese newspapers,<br />
focusing on their interrelations. It attempts to<br />
delineate how a national news agency in a non-capitalist<br />
country went through a process of development,<br />
and how it has changed during the transition from<br />
a command economy to market-oriented economy.<br />
Xinhuais experience of dealing with newspapers provides<br />
a distinctive example: it started life as an amalgamation<br />
of an agency and several newspapers and
then evolved towards the path followed by a great<br />
number of news agencies since the 19th century. The<br />
movement of Xinhua towards adopting Western experiences<br />
illustrates a globalized tendency, which has<br />
been experienced by leading international news agencies<br />
and is still experienced by a number of national<br />
players in the developing world. This tendency leads<br />
news agencies, including Xinhua, to undergo a transition<br />
from bi-directional dependency to an agency-client<br />
relationship.“<br />
Garcia-Montes, José; M. Caballero-Munoz,<br />
Domingo Pérez-Alvarez, Marino: Changes<br />
in the self resulting from the use of mobile<br />
phones. – S. 67–82<br />
„The present work examines the potential consequences<br />
of the use of mobile telephones on people’s<br />
behaviour and identity. In doing so, we start from the<br />
premise that, even though this technology may have<br />
different effects in different cultural contexts, it promotes<br />
and foments certain patterns of behaviour and<br />
of understanding one’s own identity. It is suggested<br />
that this new identity goes hand in hand with a spatial-temporal<br />
recomposition of the context in which<br />
actions take place. On the opening up of an almost<br />
continuous virtual space, conflicts may arise between<br />
the different roles played by an individual which<br />
were previously differentiated as a function of space.<br />
Similarly, increased flexibility in arrangements leads<br />
to the appearance of a new concept of time, which we<br />
might call the “present extensive”. We also discuss the<br />
possible superstitions the use of this new technology<br />
may bring with it. As a result of these analyses, it is<br />
considered that the mobile phone not only emerges<br />
within a postmodern society, but also, along with<br />
other technological developments, feeds a postmodern<br />
mentality.“<br />
Carroll, William; Hackett, Robert A.: Democratic<br />
media activism through the lens of social<br />
movement theory. – S. 83–104<br />
„This article considers how we are to understand<br />
democratic media activism, which has recently burgeoned<br />
in Canada, the UK and the USA. What is its<br />
political significance and potential? Is it a new social<br />
movement, a new style of politics cutting across<br />
movements, or are new concepts needed? Drawing<br />
illustratively upon interviews with media activists,<br />
notably in Vancouver, we explore insights offered by<br />
social movement theory – including resource mobilization<br />
formulations and the new social movement<br />
theories of Melucci, Habermas, Cohen and Arato,<br />
and Fraser. While all these traditions offer valuable<br />
insights, media activism reveals limitations in existing<br />
conceptualizations. It has some of the characteristics<br />
of a movement, but lacks a distinct collective identity<br />
or niche within movement ecology. It may be destined<br />
to be a boundary-transgressing nodal point for other<br />
movements, articulating a coherent project for radical<br />
democracy, rather than a movement-for-itself.“<br />
Grixti, Joe: Symbiotic transformations: youth,<br />
global media and indigenous culture in Malta. –<br />
S. 105–122<br />
Kim, Kyung-Hee: Obstacles to the success of<br />
female journalists in Korea. – S. 123–142<br />
„This article focuses on the mechanisms that exclude<br />
Literatur · Zeitschriftenlese<br />
female journalists from the news production process,<br />
and on their alienation in modern Korean society.<br />
Using a content analysis of essays by Korean female<br />
journalists, the study found exclusion mechanisms of<br />
female journalists from (1) the news gathering process,<br />
including “authoritative information collection”,<br />
„unethical compromise culture”, „informal communication”<br />
and the „traditional view of womanhood”;<br />
(2) the newsroom, including „masculine bonds”,<br />
„distrust of female journalists” and the „stereotype of<br />
female journalists”; and (3) the private area, including<br />
housework, pregnancy and childcare. The alienation<br />
of female journalists was also studied at the organizational<br />
and personal levels. At the organizational<br />
level, the result shows that female journalists are both<br />
horizontally and vertically marginalized. At the personal<br />
level, the self-alienation of female journalists<br />
was attributed to the fact that they have less access to<br />
in-depth information because of the division of work<br />
based on gender.“<br />
Jg 28 (2006) Nr 2<br />
Cottle, Simon; Rai, Mugdha: Between display<br />
and deliberation: analyzing TV news as communicative<br />
architecture. – S. 163–190<br />
„Television journalism serves to display and deliberate<br />
consent and conflict in the contemporary world and<br />
it does so through a distinctive „communicative architecture”<br />
structured in terms of a repertoire of „communicative<br />
frames”. This proves consequential for the<br />
public expression and engagement of views and voices,<br />
issues and identities, and exhibits a complexity that<br />
has so far remained unexplored and under-theorized.<br />
This article outlines our conceptualization of „communicative<br />
frames” and demonstrates its relevance<br />
in a systematic, comparative international analysis of<br />
terrestrial and satellite, public service and commercial<br />
television news produced and/or circulated in six<br />
different countries: the USA, UK, Australia, India,<br />
Singapore and South Africa. Recent developments in<br />
social theory, political theory and journalism studies<br />
all underpin our approach to how these frames contribute<br />
to meaningful public deliberation and understanding<br />
and, potentially, to processes of mediatized<br />
„democratic deepening”. This article builds on these<br />
contemporary theoretical trajectories and develops a<br />
new approach for the empirical exploration and retheorization<br />
of the fast-developing international ecology<br />
of TV journalism.“<br />
Andrews, Leighton: The National Assembly<br />
for Wales and broadcasting policy, 1999–<br />
2003. – S. 191–210<br />
Hesmondhalgh, David: Bourdieu, the media<br />
and cultural production. – S. 211–232<br />
„This article evaluates Bourdieu’s analysis of cultural<br />
production in terms of its effectiveness for understanding<br />
contemporary media production. The article<br />
argues that, as practised so far, Bourdieu’s field theory<br />
is only of limited value in analysing media production.<br />
However I close by discussing the potential fruitfulness<br />
of research based on a dialogue between, on the<br />
one hand, field theory’s analysis of cultural production<br />
and, on the other, Anglo-American media and<br />
cultural studies work on media production.“<br />
525
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Montgomery, Martin: Broadcast news, the live<br />
„two-way“ and the case of Andrew Gilligan. –<br />
S. 233–260<br />
„This article examines the role of the live two-way exchange<br />
in broadcast news. It sets out to demonstrate<br />
that there are marked differences between the discourse<br />
of the unscripted live two-way interchange between<br />
correspondent and studio presenter and other<br />
scripted sections of the news. In particular, it is maintained<br />
that linguistic selections in the live two-way<br />
(particularly choices in linguistic modality) project a<br />
different approach to the truth conditions of its discourse,<br />
with less emphasis on precise veracity than is<br />
found generally in the news. The implications of this<br />
variation within the discourses of the news are then<br />
examined by considering the unscripted contribution<br />
by Andrew Gilligan to the BBCis Today programme<br />
that became the focus of much attention before, during<br />
and after the Hutton enquiry.“<br />
Coppens, Tomas; Saeys, Frieda: Enforcing performance:<br />
new approaches to govern public<br />
service broadcasting. – S. 261–284<br />
Jg 28 (2006) Nr 3<br />
Pickard, Victor W.: United yet autonomous:<br />
Indymedia and the struggle to sustain a radical<br />
democratic network. – S. 315–336<br />
„The past decade has witnessed an emergent form of<br />
activism increasingly defined by its reliance on internet<br />
strategies, network social structures and participatory<br />
practices. Internet strategies employed by many<br />
contemporary activists include websites, listservs and<br />
hyperlinked networks used for exchanging information,<br />
mobilizing both old and new constituencies,<br />
and coordinating collective action. Networks of organizations<br />
and individuals are formed both on and<br />
offline and decision-making within these groups is<br />
often made by consensus. Perhaps best characterizing<br />
this activism is its lack of hierarchy, epitomized<br />
by democratic communications, both within and between<br />
networked organizations. This article focuses<br />
on Indymedia, a prime institutional exemplar for the<br />
indicators mentioned above internet-based activism,<br />
network formation and participatory politics. Specifically,<br />
it addresses issues related to sustainability<br />
and political efficacy in radical democratic activist<br />
networks that are increasingly enabled by internet<br />
technologies.“<br />
Collins, Richard: Internet governance in the<br />
UK. – S. 337–358<br />
„Discussion of internet governance has been shaped<br />
by three myths: that the market can decide, that the<br />
Internet is different to ‘legacy’ media and that national<br />
governance is unimportant. The author challenges<br />
these three myths through an examination of<br />
internet governance in the UK in 2003/4 and argues<br />
that the internet is a layered, not vertically integrated,<br />
medium of communication, that three modes of<br />
governance prevail hierarchy, markets and networks<br />
(self-regulatory). The layers of the UK internet are<br />
examined, their governance identified and evaluated,<br />
and the conclusion drawn that network governance<br />
is a distinctive, but not universally present, character-<br />
526<br />
istic of UK internet governance. Also, contemporary,<br />
well-functioning arrangements may be unstable, and<br />
stronger hierarchical governance may be required in<br />
the future.“<br />
Kuipers, Giselinde: Television and taste hierarchy:<br />
the case of Dutch television comedy. –<br />
S. 359–378<br />
„How are hierarchical relationships between taste<br />
cultures possible in a fragmented, popular and accessible<br />
medium like television? This article explores<br />
this question by looking at relationships between<br />
taste cultures in Dutch television comedy. A survey<br />
of 340 Dutch people showed four humour tastes, two<br />
of which were related hierarchically: a lowbrow style<br />
disliked by educated informants, and a highbrow style<br />
mostly unknown to less-educated informants. Interview<br />
materials were used to understand the mechanisms<br />
behind this asymmetric pattern of knowledge<br />
and dislike. Whereas educated informants’ readings<br />
of lowbrow humour were confidently rejecting, lesseducated<br />
informants’ readings of highbrow comedy<br />
are best described as Âdespondenti. These findings<br />
fit Bourdieu’s notion of legitimate taste rather than<br />
Hall’s encoding/decoding model. The article argues<br />
that taste must be understood not only as a pattern<br />
of preferences, but also as cultural knowledge. This<br />
knowledge varies between groups, and is crucial in the<br />
perpetuation of taste hierarchies.“<br />
Vuuren, Kitty van: Community broadcasting<br />
and the enclosure of the public sphere. – S. 379–<br />
392<br />
„One of the normative tenets of the Habermasian public<br />
sphere is that it should be an open and universally<br />
accessible forum. In Australia, one way of achieving<br />
this is the provision for community broadcasting in<br />
the Broadcasting Services Act. A closer examination<br />
of community broadcasting, however, suggests practices<br />
that contradict the idea of an open and accessible<br />
public sphere. Community broadcasting organizations<br />
regulate access to their media assets through a<br />
combination of formal and informal structures. This<br />
suggests that the public sphere can be understood as<br />
a resource, and that community broadcasting organizations<br />
can be analysed as „commons regimes”. This<br />
approach reveals a fundamental paradox inherent in<br />
the public sphere: access, participation and the quality<br />
of discourse in the public sphere are connected to its<br />
enclosure, which limits membership and participation<br />
through a system of rules and norms that govern the<br />
conduct of a group. By accepting the view that a public<br />
sphere is governed by property rights, it follows<br />
that an open and universally accessible public sphere<br />
is neither possible nor desirable.“<br />
Kawashima, Nobuko: Advertising agencies,<br />
media and consumer market: the changing quality<br />
of TV advertising in Japan. – S. 393–410<br />
„Based on the view that an organizational understanding<br />
is crucial to the content analysis of cultural products<br />
including advertisements, this article examines the<br />
economic conditions which determine the production<br />
of television commercials in Japan. Unlike the West,<br />
where creative agencies are paid fees, the commissionbased<br />
remuneration system for agencies prevails<br />
in Japan, resulting in a lack of creative rivalry. With the<br />
shift from programme sponsorship towards the buy-
ing of 15-second spots by advertisers, the prospect for<br />
creativity seems limited. As the Japanese markets have<br />
become more open and competitive since the 1980s,<br />
the stakes have become too high for manufacturers<br />
to allow non-conventional, innovative ideas and<br />
techniques to be used in television commercials. The<br />
way in which the agencies will resolve the dilemma<br />
between presenting themselves as the professionals in<br />
strategic communications services and insisting on the<br />
commission system will further affect the quality of<br />
the commercials and media culture.“<br />
Cottle, Simon: Mediatized rituals: beyond<br />
manufacturing consent. – S. 411–432<br />
„The study of mediatized rituals challenges entrenched<br />
theoretical views about media power, its<br />
locations and determinations and the role of media in<br />
processes of manufacturing consent. Contrary to both<br />
Durkhei mian and neo-Marxian traditions (historically<br />
the dominant frameworks in the field of ritual study),<br />
some mediatized rituals appear to open up productive<br />
spaces for social reflexivity and critique, and can be<br />
politically disruptive or even transformative in their<br />
reverberations within civil and wider societies. This<br />
article identifies and critically discusses six subclasses<br />
of mediatized ritual and produces an overarching<br />
schema of use in their empirical analysis and comparative<br />
theorization. It argues against the deep theoretical<br />
suspicions within current academic media discourse<br />
toward ritual, and illustrates how mediatized rituals<br />
are in fact complexly variegated, exceptional and<br />
performative phenomena that periodically summon<br />
solidarities and moral ideas of the „social good” and<br />
variously serve to exert agency within late modern<br />
societies.“<br />
Hutchins, Brett; Lester, Libby: Environmental<br />
protest and tap-dancing with the media in the<br />
information age. – S. 433–452<br />
„Environmental politics and values gain legitimacy<br />
through their constant presence in the media. This<br />
article outlines and critiques a theoretical approach<br />
that can increase understanding of the relationship<br />
between environmental protest and news media representation.<br />
Manuel Castells, pre-eminent theorist<br />
of the information age and ‘the network society’, is<br />
useful in this regard. He describes the relationship<br />
between media organizations and environmentalists<br />
as ‘tap-dancing’. His explanation of this dance and its<br />
choreography, however, is overly general, ignoring its<br />
specific features and workings in terms of representation.<br />
In order to detail some of these features, we<br />
have selected for study Australia’s most famous environmental<br />
protest and a globally significant moment<br />
for green politics: the 1982 Franklin Dam blockade in<br />
Tasmania. We argue that it was during this blockade<br />
that an enduring pattern of media environmentalist<br />
relations was established in Australia, and substantiate<br />
this case by examining subsequent protests. The<br />
article concludes by critiquing current understandings<br />
of media environmentalist relations and explains the<br />
dynamics of the mediation process that determines the<br />
reporting of protests.“<br />
Literatur · Zeitschriftenlese<br />
Media Perspektiven<br />
(2006) Nr 2<br />
Krüger, Udo Michael: Fernsehnachrichten bei<br />
ARD, ZDF, RTL und Sat.1: Strukturen, Themen<br />
und Akteure. – S. 50–74<br />
„Seit Januar 2005 erfasst der InfoMonitor des Instituts<br />
IFEM, Köln, kontinuierlich die Berichterstattung<br />
in den vier Hauptnachrichtensendungen von ARD/<br />
Das Erste, ZDF, RTL und SAT.1 sowie der beiden<br />
Nachrichtenmagazine „Tagesthemen“ und „heute-journal“.<br />
Erst durch ein derartiges langfristiges<br />
Monitoring lassen sich Kontinuität und Wandel der<br />
Nachrichtenstrukturen angemessen untersuchen, wie<br />
Udo Michael Krüger in seiner Bilanz für das Jahr 2005<br />
erläutert. Es zeigt sich unter anderem, dass die öffentlich-rechtlichen<br />
Nachrichten ein deutlich anderes<br />
Themenprofil besitzen als die privaten. Während etwa<br />
„Tagesschau“ und „heute“ im Jahresdurchschnitt auf<br />
50 bzw. 39 Prozent Politikthemen kamen, waren es<br />
bei „RTL aktuell“ 23 Prozent und bei „SAT.1 News“<br />
26 Prozent. Die Nachrichten von ARD und ZDF berichten<br />
thematisch breiter über das Ausland und die<br />
internationale Politik. Bei den Privaten spielen bunte<br />
Themen und Human Interest eine größere Rolle, auch<br />
in der Auslandsberichterstattung.“<br />
Gerhards, Maria; Klingler, Walter: <strong>Medien</strong>nutzung<br />
in der Zukunft: traditionelle Nutzungsmuster<br />
und innovative Zielgruppen. – S. 75–90<br />
„Information und Orientierung zählen neben Entspannung<br />
und Unterhaltung zu den wichtigsten Motiven<br />
der Fernsehnutzung. Maria Gerhards und Walter<br />
Klingler, prognostizieren, dass im Bereich Information<br />
der Trend zum Servicetainment anhalten wird, insgesamt<br />
die emotionalen Aspekte der Fernsehnutzung<br />
jedoch an Bedeutung gewinnen werden. Das <strong>Medien</strong>-<br />
Zeitbudget wird insgesamt weiter steigen, die Parallelnutzung<br />
von <strong>Medien</strong> zunehmen, und das Internet<br />
wird in den nächsten zehn bis 15 Jahren von über 70<br />
Prozent der Bevölkerung genutzt werden.“<br />
Dehm, Ursula; Storll, Dieter; Beeske, Sigrid:<br />
Das Internet: Erlebnisweisen und Erlebnistypen:<br />
sich ergänzende und konkurrierende<br />
Gratifikationen durch Fernsehen und Internet.<br />
– S. 91–102<br />
„Welche Erlebnisweisen bietet das Internet den Menschen<br />
und ähneln diese den Erlebnisweisen des Fernsehens?<br />
Ursula Dehm, Dieter Storll und Sigrid Beeske<br />
ermittelten in ihrer Studie deutliche Unterschiede<br />
zwischen den beiden <strong>Medien</strong>. Das emotionale Erleben,<br />
aber auch Ausgleich spielen beim Internet eine<br />
geringere Rolle; diesbezügliche Gratifikationserwartungen<br />
werden vom Fernsehen besser erfüllt. Demgegenüber<br />
sind Zeitvertreib und Soziales Erleben beim<br />
Internet wichtiger.“<br />
Meyen, Michael; Pfaff, Senta: Rezeption von<br />
Geschichte im Fernsehen: eine qualitative Studie<br />
zu Nutzungsmotiven, Zuschauererwartungen<br />
und zur Bewertung einzelner Darstellungsformen.<br />
– S. 102–106<br />
„Zeitgeschichte im Fernsehen „boomt“. Michael<br />
Meyen und Senta Pfaff berichten über eine qualitative<br />
Studie, derzufolge die wichtigsten Motive der<br />
527
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Zuschauer die Bedürfnisse nach Identität und Orientierung<br />
sind. Geschichtssendungen erweisen sich<br />
besonders dann als interessant, wenn sie Bezüge zu<br />
aktuellen politischen Fragen haben oder an Gedenkereignisse<br />
anknüpfen.“<br />
(2006) Nr 3<br />
Röper, Horst: Formationen deutscher <strong>Medien</strong>multis:<br />
Teil 1: ProSiebenSat.1 Media AG und<br />
Axel Springer AG. – S. 114–124<br />
„Erstmals hat im Januar 2006 die Kommission zur Ermittlung<br />
der Konzentration im <strong>Medien</strong>bereich (KEK)<br />
eine Fusion im deutschen Fernsehen nicht genehmigt.<br />
Auch das Bundeskartellamt verwehrte seine Zustimmung<br />
zur Übernahme von ProSiebenSat.1 durch den<br />
Axel Springer Verlag. Horst Röper untersucht im<br />
ersten Teil seiner aktuellen Dokumentation über die<br />
Lage der deutschen <strong>Medien</strong>multis die wirtschaftliche<br />
Entwicklung und die Motivation der beiden betroffenen<br />
Unternehmen für den geplanten Zusammenschluss<br />
und diskutiert die Beweggründe von KEK und<br />
Kartellamt für die Ablehnung dieses Vorhabens.“<br />
Zubayr, Camille; Gerhard, Heinz: Tendenzen<br />
im Zuschauerverhalten: Fernsehgewohnheiten<br />
und Fernsehreichweiten im Jahr 2005. – S. 125–<br />
137<br />
„Der Umfang der Fernsehnutzung und die Reichweite<br />
des Fernsehens haben sich im Jahr 2005 im Vergleich<br />
zum Vorjahr kaum verändert, berichten Camille Zubayr<br />
und Heinz Gerhard in ihrer Jahresbilanz des<br />
Zuschauerverhaltens. Deutlich wird erneut, dass die<br />
Sehdauer mit dem Alter der Zuschauer zusammenhängt:<br />
Die ältere Generation schaut im Durchschnitt<br />
erheblich länger fern als jüngere Menschen. Auch<br />
2005 deckten die Bundesbürger den weitaus größten<br />
Teil ihres Informationsbedarfs bei ARD und ZDF. Die<br />
meistgesehene Sendung des Jahres war das „TV-Duell“<br />
mit Gerhard Schröder und Angela Merkel.“<br />
Feierabend, Sabine; Klingler, Walter: Was Kinder<br />
sehen: eine Analyse der Fernsehnutzung<br />
Drei- bis 13-Jähriger 2005. – S. 138–153<br />
„In der speziellen Nutzergruppe der Kinder (drei bis<br />
13 Jahre) ist die Fernsehnutzung im Jahr 2005 insgesamt<br />
leicht zurückgegangen und zeigt weiterhin<br />
Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland:<br />
Ostdeutsche Kinder sehen deutlich mehr fern als<br />
westdeutsche. Darüber hinaus nimmt die Fragmentierung<br />
des Fernsehkonsums auch bei Kindern zu. Super<br />
RTL konnte seine Marktführerschaft ausbauen. Der<br />
KI.KA liegt mit leichtem Zuwachs auf dem zweiten<br />
Platz. Neue Formate wie zum Beispiel die Telenovelas<br />
sind auch in den jüngeren Nutzergruppen sehr<br />
erfolgreich.“<br />
Kuchenbuch, Katharina; Auer, Reiner: Audience<br />
Flow bei ZDF, ARD, RTL und Sat.1: ein<br />
Instrument zur Unterstützung der Programmplanung.<br />
– S. 154–170<br />
„Untersuchungen des so genannten Audience Flow<br />
können die Programmplanung sinnvoll unterstützen.<br />
Zu diesem Ergebnis kommen Katharina Kuchenbuch<br />
und Reiner Auer in ihrem Beitrag über ein ZDF-Forschungsprojekt.<br />
Insgesamt untersuchten die Autoren<br />
528<br />
rund 4 000 Sendungspaarungen aus den Jahren 2003<br />
und 2004. Im Zentrum stand hierbei der „Score“, ein<br />
Kennwert, der verschiedene Elemente des Audience<br />
Flow zusammenfasst und dessen Bewertung anhand<br />
von Benchmarks erlaubt.“<br />
(2006) Nr 5<br />
Röper, Horst: Formationen deutscher <strong>Medien</strong>multis<br />
2005: Teil 2: Bertelsmann AG; RTL<br />
Group, Gruner + Jahr; Burda, WAZ; Holtzbrinck<br />
und Bauer. – S. 182–200<br />
„Die Konzentration in der deutschen <strong>Medien</strong>branche<br />
ist hoch, auch wenn das Bundeskartellamt und<br />
die Kommission zur Ermittlung der Konzentration<br />
im <strong>Medien</strong>bereich (KEK) die Fusion von Springer<br />
und ProSiebenSat.1 nicht genehmigt und damit eine<br />
Verschärfung der Lage verhindert haben (vgl. MP<br />
3/2006). Insgesamt sind es nur wenig mehr als eine<br />
Handvoll großer <strong>Medien</strong>unternehmen, die wesentliche<br />
Teile von Presse sowie privatem Fernsehen und<br />
Hörfunk zu ihren Imperien zählen und zudem in weiteren<br />
Märkten wie Druckereien, Film- und Fernsehproduktionen<br />
sowie Internet und Multimedia aktiv<br />
sind. Horst Röper beschreibt im zweiten Teil seines<br />
Beitrags „Formationen deutscher <strong>Medien</strong>multis“<br />
wichtige Transaktionen, Strategien und Schwerpunktsetzungen<br />
dieser Unternehmen.“<br />
Krüger, Udo Michael; Zapf-Schramm, Thomas:<br />
Sparten, Sendungsformen und Inhalte im<br />
deutschen Fernsehangebot: Programmanalyse<br />
2005 von ARD/Das Erste, ZDF, RTL, Sat.1<br />
und ProSieben. – S. 201–221<br />
„Ziel aller Konzentrationsdebatten im <strong>Medien</strong>sektor<br />
ist die Sicherung der für Demokratien unerlässlichen<br />
politischen Meinungsbildung. Grundlage hierfür<br />
ist die umfassende Information über Vorgänge des<br />
politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen<br />
Lebens. Wie informieren die wichtigsten deutschen<br />
Fernsehsender? In der jährlichen Analyse der Programme<br />
von ARD/Das Erste, ZDF, RTL, SAT.1 und<br />
ProSieben, über die Udo Michael Krüger und Thomas<br />
Zapf-Schramm berichten, zeigen sich gerade in<br />
der Sparte Information sehr starke Unterschiede zwischen<br />
den Sendern des öffentlich-rechtlichen und des<br />
kommerziellen Systems, und zwar quantitativer und<br />
inhaltlicher Art. Im Ersten und im ZDF sind durchschnittlich<br />
46 Prozent des Programms Information,<br />
bei den drei Privatsendern dagegen 24 Prozent. Auf<br />
politische und gesellschaftlich relevante Themen entfällt<br />
in den öffentlich-rechtlichen Nachrichten deutlich<br />
mehr Sendezeit, und in den übrigen Informationssendungen<br />
werden diese Themen fast nur bei den<br />
öffentlich-rechtlichen Sendern behandelt.“<br />
Fritz, Irina; Klingler, Walter: <strong>Medien</strong>zeitbudgets<br />
und Tagesablaufverhalten: Ergebnisse auf<br />
Basis der ARD/ZDF-Studie Massenkommunikation<br />
2005. – S. 222–234<br />
„Wie hat sich die <strong>Medien</strong>nutzung im Tagesverlauf in<br />
den letzten Jahren und Jahrzehnten verändert? Dieser<br />
Frage gehen Irina Fritz und Walter Klingler anhand<br />
von Daten aus der Langzeitstudie Massenkommunikation<br />
nach. Tradierte Nutzungssituationen wandeln
sich nur langsam, dennoch veränderten sich im Langzeitvergleich<br />
seit 1980 die Zeitbudgets für <strong>Medien</strong>nutzung<br />
zum Teil deutlich, zum Beispiel für Radiohören,<br />
das sich außerhalb der Freizeit verdoppelt hat. Die mit<br />
dem Fernsehen verbrachte Zeit nahm um rund 70 Prozent<br />
zu, und das Internet wird bei steigender Tendenz<br />
in Freizeit und Arbeitsleben genutzt. Die Möglichkeiten,<br />
<strong>Medien</strong> – auch neue – in die Tagesabläufe zu<br />
integrieren, scheinen noch nicht erschöpft.“<br />
Woldt, Runar: HDTV: Erfolg im zweiten Anlauf?:<br />
das hochauflösende Fernsehen hat noch<br />
einige Hürden zu überwinden. – S. 235–242<br />
„Für einen zweiten Anlauf macht sich derzeit das<br />
hochauflösende Fernsehen (HDTV) bereit, nachdem<br />
es vor vielen Jahren bereits einmal in Europa gescheitert<br />
war. Heute stehen dank Digitalisierung und preisgünstigerer<br />
Empfangsgeräte die Chancen besser, wie<br />
Runar Woldt berichtet. Vor allem Pay-TV-Anbieter<br />
bieten seit kurzem HD-Kanäle an. Der Durchbruch<br />
in den Massenmarkt dürfte jedoch noch einige Jahre<br />
brauchen.“<br />
Mende, Annette; Neuwöhner, Ulrich: Wer hört<br />
heute klassische Musik?: ARD-E-Musikstudie<br />
2005: Musiksozialisation, E-Musiknutzung<br />
und E-Musikkompetenz. – S. 246–258<br />
„In einer repräsentativen Studie hat die ARD 2005 die<br />
Nutzerpotenziale für E-Musik (klassische Musik und<br />
angrenzende Genres) untersucht. Demnach ist eine<br />
Bevölkerungsmehrheit von 53 Prozent offen für E-<br />
Musik. Für die Herausbildung des musikalischen Geschmacks,<br />
so Annette Mende und Ulrich Neuwöhner<br />
in ihrem Beitrag, sind beispielsweise der Kontakt mit<br />
Klassik in Kindheit und Jugend und in der Schule, das<br />
Spielen eines Instrumentes und insgesamt ein klassikaffines<br />
familiäres Umfeld wichtige Faktoren. Entscheidend<br />
für das spätere Interesse an Klassik ist aber,<br />
ob diese Sozialisationsfaktoren positiv oder negativ<br />
erlebt wurden. Deutlich wird auch, dass es unter den<br />
Klassikinteressierten sehr unterschiedliche Stufen der<br />
E-Musikkompetenz gibt. Diese Unterschiede schlagen<br />
sich auch in der Musiknutzung nieder: Wer sich<br />
gut auskennt, hört auch viel Klassik, sowohl im Radio<br />
als auch von Tonträgern oder in Konzerten.“<br />
Oehmichen, Ekkehardt; Feuerstein, Sylvia:<br />
Klassische Musik im Radio: ARD-E-Musikstudie<br />
2005: zur Unverzichtbarkeit des Radios<br />
für die Musikkultur. – S. 259–272<br />
„Rund ein Fünftel der Bevölkerung ab 14 Jahre hört<br />
klassische Musik im Radio, so Ekkehardt Oehmichen<br />
und Sylvia Feuerstein in ihrem Bericht über die Rolle<br />
des Hörfunks für die E-Musikinteressierten. Die<br />
Hauptnutzungszeiten liegen frühmorgens, vormittags<br />
und mittags. Am Abend wird mit höherer Aufmerksamkeit<br />
gehört, aber das Radio steht dann auch in stärkerer<br />
Konkurrenz zu Tonträgern oder Konzertbesuchen.<br />
Durch die Öffnung für an Klassik angrenzende<br />
anspruchsvolle Genres wie Jazz, Chansons oder Weltmusik<br />
und durch Betonung der musikjournalistischen<br />
Kompetenz und des Überraschungs- und Anregungseffektes<br />
des Mediums könnten weitere Hörerpotenziale,<br />
zum Beispiel aus der mittleren Generation,wieder<br />
stärker an das Radio gebunden werden.“<br />
Literatur · Zeitschriftenlese<br />
Eckhardt, Josef; Pawlitza, Erik; Windgasse,<br />
Thomas: Besucherpotenzial von Opernaufführungen<br />
und Konzerten der klassischen: Ergebnisse<br />
der ARD-E-Musikstudie. – S. 273–282<br />
„Im Rahmen der ARD-E-Musikstudie wurden auch<br />
die Besucherpotenziale für Konzerte und Opern erhoben,<br />
über die Josef Eckhardt, Erik Pawlitza und<br />
Thomas Windgasse berichten. Nach den Befragungsdaten<br />
sind 38 Prozent der Bevölkerung grundsätzlich<br />
offen für den Besuch solcher Veranstaltungen. Häufig<br />
bzw. regelmäßig gehen aber nur 6 Prozent ins Konzert<br />
oder in die Oper.“<br />
Röper, Horst: Probleme und Perspektiven des<br />
Zeitungsmarktes: Daten zur Konzentration der<br />
Tagespresse in der Bundesrepublik Deutschland<br />
im I. Quartal 2006. – S. 283–297<br />
„Probleme und Perspektiven sowie die Konzentrationsentwicklung<br />
im deutschen Tageszeitungsmarkt<br />
beschreibt Horst Röper. Der Konzentrationsgrad<br />
– gemessen als Anteile der Verlage an der Gesamtauflage<br />
– ist seit der letzten Untersuchung 2004 bei den<br />
Tageszeitungen insgesamt um 0,3 Prozentpunkte<br />
leicht rückläufig. So entfielen auf die fünf größten<br />
Verlage 2006 noch 41,3 Prozent der Auflage, die zehn<br />
größten Gruppen gaben noch knapp 56 Prozent der<br />
Gesamtauflage heraus. Der leichte Rückgang ist zum<br />
großen Teil auch ein Effekt sinkender Auflagen, konzentrationsverstärkende<br />
Zukäufe wurden hierdurch<br />
teilweise kompensiert.“<br />
Media Psychology<br />
Jg 8 (2006) Nr 1<br />
Anderson, Daniel R. et al: Brain Imaging: An<br />
Introduction to a New Approach to Studying<br />
Media Processes and Effects. – S. 1–7<br />
Anderson, Daniel R. et al: Cortical Activation<br />
While Watching Video Montage: An fMRI<br />
Study. – S. 7–24<br />
„Comprehending edited film or video that depicts<br />
visual action requires complex perceptual and cognitive<br />
activities to appreciate the flow of action through<br />
space and time across sequences of shots. We hypothesized<br />
that these complex events are associated with<br />
the coordinated activities of multiple brain areas that<br />
are not activated by random sequences of shots. Using<br />
functional magnetic resonance imaging (fMRI),<br />
a distributed cortical network was identified that is<br />
uniquely activated during viewing of normal video action<br />
sequences, but not by sequences of random video<br />
shots or by highly scrambled video image sequences.<br />
This cortical network includes extrastriate, inferotemporal,<br />
parietal, posterior cingulate, and frontal areas<br />
and are predominantly in the right hemisphere. Notably,<br />
though there was no activation of classical, left<br />
hemisphere language areas, there was activation in the<br />
right hemisphere homologues of left hemisphere language<br />
areas. In all anatomical areas but 1 in the identified<br />
network, there was nearby activation during the<br />
random shot sequences. This exception, activated only<br />
by normal, coherent shot sequences, was in the posterior<br />
cingulate (Brodmann area 31). The comprehension<br />
of edited visual action sequences that are typical<br />
529
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
of contemporary film and video formats appears to<br />
be based upon the coordinated activities of multiple<br />
brain areas that are bound together functionally in a<br />
high-level cognitive network.“<br />
Murray, John P. et al: Children’s Brain Activations<br />
While Viewing Televised Violence Revealed<br />
by fMRI. – S. 25–38<br />
„Though social and behavioral effects of TV violence<br />
have been studied extensively, the brain systems involved<br />
in TV violence viewing in children are, at<br />
present, not known. In this study, 8 children viewed<br />
televised violent and nonviolent video sequences while<br />
brain activity was measured with functional magnetic<br />
resonance imaging. TV violence viewing transiently<br />
recruits a network of brain regions involved in the<br />
regulation of emotion, arousal and attention, episodic<br />
memory encoding and retrieval, and motor programming.<br />
This pattern of brain activations may explain the<br />
behavioral effects observed in many studies, especially<br />
the finding that children who are frequent viewers of<br />
TV violence are more likely to behave aggressively.<br />
Such extensive viewing may result in a large number<br />
of aggressive scripts stored in long-term memory in<br />
the posterior cingulate, which facilitates rapid recall of<br />
aggressive scenes that serve as a guide for overt social<br />
behavior.“<br />
Weber, René; Ritterfeld, Ute; Mathiak, Klaus:<br />
Does Playing Violent Video Games Induce Aggression?:<br />
Empirical Evidence of a Functional<br />
Magnetic Resonance Imaging Study. – S. 39–<br />
60<br />
„This study aims to advance the media effects debate<br />
concerning violent video games. Meta-analytic<br />
reviews reveal a small but noticeable association between<br />
playing violent video games and aggressive reactions.<br />
However, evidence for causal associations is<br />
still rare. In a novel, event-related functional magnetic<br />
resonance imaging study, 13 male research participants<br />
were observed playing a latest-generation violent video<br />
game. Each participant’s game play was recorded<br />
and content analyzed on a frame-by-frame basis. Onscreen<br />
activities were coded as either „passive/dead,<br />
no interactions“; „active/safe, no imminent danger/no<br />
violent interactions“; „active/potential danger occurs,<br />
violent interactions expected“; „active/under attack,<br />
some violent interactions“; and „active/fighting and<br />
killing, many violent interactions.“ Previous studies<br />
in neuroscience on aggressive thoughts and behaviors<br />
suggested that virtual violence would suppress affective<br />
areas of the anterior cingulate cortex (ACC) and<br />
the amygdala subsequent to activity variations at cognitive<br />
areas of the ACC. Comparison of game play<br />
activities with and without virtual violence in 11 participants<br />
confirmed the hypothesis. The rather large<br />
observed effects can be considered as caused by the<br />
virtual violence. We discuss the applicability of neuroscience<br />
methodology in media effects studies, with<br />
a special emphasis on the assumption of virtuality<br />
prevalent in video game play.“<br />
530<br />
Jg 8 (2006) Nr 2<br />
Minnebo, Jurgen: The Relation Between Psychological<br />
Distress, Television Exposure, and<br />
Television-Viewing Motives in Crime Victims.<br />
– S. 65–94<br />
„This study examines the relation between psychological<br />
distress as a result of criminal victimization and<br />
television exposure and viewing motives. Participants<br />
were 221 recent crime victims who were measured<br />
for „common“ distress symptoms (Symptoms Check<br />
List-90), symptomatology associated with posttraumatic<br />
stress disorder (Self Inventarisation List),<br />
amount of television exposure, viewing motives, and<br />
selection of specific programs. Remarkable gender<br />
differences were found in the relation between psychological<br />
distress and amount of television exposure<br />
and gratifications sought from television. With regard<br />
to selective exposure, the results indicate that severity<br />
of distress symptoms may be a moderating factor<br />
in the affect-dependent stimulus arrangement theory<br />
(Zillmann & Bryant, 1985).“<br />
Bagozzi, Richard P.; Dholakia, Utpal M.;<br />
Mookerjee, Amit: Individual and Group Bases<br />
of Social Influence in Online Environments. –<br />
S. 95–126<br />
„Online social interactions in the form of collaborative<br />
browsing and recreational chatting were studied.<br />
The theory of planned behavior and an augmented<br />
theory of planned behavior with the inclusion of<br />
group norms and social identity were used to explain<br />
decision making by Indian recreational chatters (n =<br />
176) and decision making and behavior by American<br />
collaborative browsers (n = 160) and recreational chatters<br />
(n = 157). Consistent with predictions under the<br />
theory of planned behavior, attitudes and perceived<br />
behavioral control were significant determinants of<br />
intentions, and intentions influenced behavior. Subjective<br />
norms failed to affect intentions. Group norms<br />
also proved to be important determinants in all 3 samples,<br />
and social identity was salient for American and<br />
Indian recreational chatters but not for American collaborative<br />
browsers. In tests of hypotheses, intentions<br />
were reconceptualized as we- or shared-intentions,<br />
and all variables under test contained group action as<br />
the referent, in contrast to past research, which has<br />
focused on individual action.“<br />
Farrar, Kirstie; Krcmar, Marina: Measuring<br />
State and Trait Aggression: A Short, Cautionary<br />
Tale. – S. 127–138<br />
„Ample evidence exists suggesting that exposure to<br />
television and film violence (Paik & Comstock, 1994)<br />
and playing with violent video games (Sherry, 2001)<br />
contribute to increases in aggressive behavior; however,<br />
the magnitude of the effect ranges from small to<br />
moderate. In this study, we argue that in some cases,<br />
use of trait, rather than state, aggression can serve to<br />
attenuate effects. We report the results of a study in<br />
which a trait aggression scale is reworded slightly to<br />
create a state measure. The state and trait scales are<br />
then compared in high- and low-aggression priming<br />
conditions. Results suggest that though both scales<br />
are reliable and both have construct validity, the reworded<br />
state aggression scale responds more to the<br />
high prime than to the low prime. More important, it
also responds more than the original trait scale does.<br />
Therefore, minor variations in studies of media’s effect<br />
on aggression, such as variations in scale wording, can<br />
serve to attenuate effects.“<br />
Harrington, Nancy Grant et al: An Extension<br />
of the Activation Model of Information Exposure:<br />
the Addition of a Cognitive Variable to a<br />
Model of Attention. – S. 139–164<br />
„The principal objective of this article is to offer an<br />
extended theoretical framework for further development<br />
of persuasive message design for media-based<br />
health campaigns. Drawing upon considerable convergent<br />
evidence that attention to and processing of<br />
persuasive messages is a function of both cognitive<br />
and biologically based processes, we consider implications<br />
for attention and processing from an extension<br />
of the activation model of information exposure<br />
through the addition of a cognitive variable associated<br />
with the elaboration likelihood model, need for cognition.<br />
The overall goal is to determine how target audiences<br />
are optimally influenced with persuasive health<br />
information that attracts and holds attention, triggers<br />
information processing, and eventually brings about<br />
behavior change.“<br />
Palmer, Edward L.; Carpenter, Courtney F.:<br />
Food and Beverage Marketing to Children and<br />
Youth: Trends and Issues. – S. 165–190<br />
„Trends and issues in food and beverage marketing to<br />
children and youth are examined with special focus<br />
upon the range and types of techniques and venues of<br />
children’s advertising and the appeals utilized. Particular<br />
attention is given to direct and indirect marketing<br />
approaches, their distinctions, and their implications.<br />
The general impact of these trends upon health and<br />
nutrition patterns and the need for an integrated, global<br />
approach to obesity are discussed.“<br />
medien + erziehung<br />
Jg 50 (2006) Nr 1<br />
Röll, Franz Josef: Die Bedeutung von <strong>Medien</strong> in<br />
frühkindlichen Bildungskonzepten. – S. 11–18<br />
„Die Elementarpädagogik gerät aus bildungspolitischer<br />
Sicht zunehmend unter Druck. In dem Kindergarten<br />
der Zukunft wird weniger eine Betreuungs-,<br />
sondern eher eine Bildungsinstitution gesehen. <strong>Medien</strong>erziehung<br />
erhält in diesen Konzepten eine integrale<br />
Funktion. Parallel zu dieser Diskussion verschreckten<br />
Zitate wie „<strong>Medien</strong> machen dumm, faul<br />
und gefräßig“ (Pfeiffer, Spitzer) die Öffentlichkeit.<br />
Die Bedeutung der <strong>Medien</strong> in der frühkindlichen Erziehung<br />
steht in der Diskussion. Im Folgenden soll<br />
das Bildungsverständnis von ausgewählten Konzepten<br />
dargestellt und bezogen auf ihr medienpädagogisches<br />
Verständnis reflektiert werden.“<br />
Kavsek, Michael: Wahrnehmungsentwicklung<br />
in der frühen Kindheit. – S. 19–25<br />
„Die ersten Lebensjahre zeichnen sich durch rasante<br />
Fortschritte in der Wahrnehmungsentwicklung aus.<br />
Bereits das Neugeborene verfügt über eine Reihe visueller<br />
und auditiver Fähigkeiten. Im Laufe der folgenden<br />
Lebensmonate bilden sich insbesondere die<br />
räumliche Wahrnehmung, die Objektwahrnehmung<br />
Literatur · Zeitschriftenlese<br />
und die akustische Sensitivität aus. Allerdings verstehen<br />
Säuglinge in der Konfrontation mit bewegten<br />
oder unbewegten Bildern zunächst noch nicht den<br />
Unterschied zwischen Abbildung und Realität.“<br />
Neuß, Norbert: Zur Bedeutung des medienbezogenen<br />
Kinderspiels. – S. 26–32<br />
„Welche Bedeutung haben medienbezogene Spiele<br />
für Kinder? Ausgehend von konkreten Beispielen<br />
werden einerseits wissenschaftliche Zugangsweisen<br />
zu den medienbezogenen Spielen dargestellt, die<br />
grundsätzlichen Funktionen des kindlichen Spiels im<br />
Hinblick auf die Verarbeitung von <strong>Medien</strong>erfahrungen<br />
beschrieben und medienpädagogische bzw. pädagogische<br />
Handlungs- und Reflexionsmöglichkeiten<br />
aufgezeigt.“<br />
Böcking, Saskia; Ritterfeld, Ute: Alles „gaga“<br />
oder was?. – S. 33–38<br />
„Ziel des Beitrags ist es, einen Überblick darüber zu<br />
geben, ob und, wenn ja, wie elektronische <strong>Medien</strong> den<br />
Spracherwerb bei Kindern zwischen null und sechs<br />
Jahren beeinflussen. Mit Hilfe von <strong>Medien</strong>nutzungsdaten<br />
aus repräsentativen Umfragen werden zunächst<br />
die diesen Überblick relevanten elektronischen <strong>Medien</strong><br />
identifiziert. Im Anschluss daran stellen wir den<br />
aktuellen Stand der Forschung dar und berücksichtigen<br />
und diskutieren dabei neben direkten Zusammenhängen<br />
zwischen der Nutzung elektronischer <strong>Medien</strong><br />
und sprachlichen Fertigkeiten von Kleinkindern auch<br />
Einflüsse, die das soziale Umfeld des Kindes auf seine<br />
Sprachentwicklung haben kann.“<br />
Gebel, Christa: Sprachförderlichkeit von <strong>Medien</strong><br />
im Kindergarten- und Vorschulalter. –<br />
S. 39–43<br />
„Eine Verbindung von <strong>Medien</strong>arbeit und Sprachförderung<br />
liegt aus theoretischer wie praktischer Sicht<br />
nahe, denn <strong>Medien</strong>arbeit bietet auf unterschiedlichen<br />
Ebenen ausbaufähige sprachförderliche Potenziale.<br />
Eine systematische Verknüpfung erfordert die Entwicklung<br />
und Evaluation von Konzepten, die aus medienpädagogischer<br />
wie linguistischer Perspektive auf<br />
den Elementarbereich zugeschnitten sind. Entsprechende<br />
Ideen ergeben sich aus einer Analyse von 30<br />
Projekten rezeptiver und aktiver <strong>Medien</strong>arbeit.“<br />
Möllers, Ralph: Kleinkinder sind eine wichtige<br />
Zielgruppe: Interview. – S. 44–46<br />
Anfang, Günther; Demmler, Kathrin: <strong>Medien</strong>arbeit<br />
im Kindergarten. – S. 47–52<br />
„Da <strong>Medien</strong> bereits im frühesten Kindesalter eine<br />
wichtige Rolle spielen, sollte auch eine Auseinandersetzung<br />
mit diesen frühzeitig beginnen. Allerdings<br />
muss diese altersgerecht sein und den Entwicklungsstand<br />
der Kinder berücksichtigen. Während<br />
für die Altersgruppe der Drei- bis Fünfjährigen eher<br />
rezeptive und spielerische Formen der Verarbeitung<br />
von <strong>Medien</strong> im Vordergrund stehen, können ab fünf<br />
Jahren auch aktive <strong>Medien</strong>projekte mit Kindern gemacht<br />
werden. Beispielhafte <strong>Medien</strong>projekte im Kindergarten<br />
veranschaulichen, dass angefangen von der<br />
Fotoarbeit bis hin zu Projekten mit dem Computer<br />
ein breites Spektrum aktiver <strong>Medien</strong>arbeit mit dieser<br />
Altersgruppe möglich ist.“<br />
531
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Jg 50 (2006) Nr 2<br />
Sander, Ekkehard; Lange, Andreas: Familien –<br />
<strong>Medien</strong> – Lernen. – S. 9–15<br />
„Vor dem Hintergrund der Wiederentdeckung der<br />
Lernpotenziale des Bildungsortes Familie werden<br />
Thesen und Befunde zu einer möglichst effektiven<br />
Ko-Produktion von Bildung im Spannungsfeld der<br />
sozialen Institutionen Familie und <strong>Medien</strong> zusammengetragen.<br />
Dabei ist auch den sinnlichen, ambivalenten<br />
und emotional teilweise höchst aufgeladenen<br />
Komponenten der individuellen wie gemeinsamen<br />
<strong>Medien</strong>rezeptionsepisoden im gelebten Alltag von<br />
Familie Beachtung zu schenken. Damit wird dezidiert<br />
gegen eine abgehobene Wertedebatte, in welcher <strong>Medien</strong>-<br />
und Familienschelte Hand in Hand gehen und<br />
<strong>Medien</strong> pauschal für den Verlust familialen Zusammenseins<br />
verantwortlich gemacht werden, plädiert<br />
und für eine nüchterne Analyse dessen, was in Familien<br />
mit und durch die <strong>Medien</strong> geschieht.“<br />
Audehm, Kathrin: Rituale und <strong>Medien</strong>: über<br />
Vergemeinschaftung in Familien. – S. 16–22<br />
„Zunächst wird die Erforschung von Familienritualen<br />
im Rahmen der Berliner Ritualstudie vorgestellt.<br />
Anschließend werden am Beispiel der Familienmahlzeiten<br />
und einer Konfirmation empirische Aussagen<br />
über die soziale Funktion des <strong>Medien</strong>gebrauchs in<br />
den untersuchten Ritualen abgeleitet. Zum Schluss<br />
wird verdeutlicht, dass <strong>Medien</strong>kompetenz in rituellen<br />
Praktiken vor allem die Fähigkeit bedeutet, den individuellen<br />
<strong>Medien</strong>gebrauch auf den kollektiven Sinn<br />
der Rituale zu beziehen.“<br />
Hannover, Irmela; Birkenstock, Arne: Multitasking-begabte<br />
Powerfrauen und einsame<br />
Wölfe: Familienbilder in fiktionalen und nichtfiktionalen<br />
Fernsehformaten. – S. 23–29<br />
„Das Familienbild des deutschen Fernsehens hat mit<br />
der Wirklichkeit wenig zu tun. So das Ergebnis einer<br />
Studie des Grimme-Instituts im Auftrag des BM-<br />
FSFJ. Das vorherrschende TV-Lebensmodell ist das<br />
großstädtische Singledasein; klassische Familien mit<br />
Kindern kommen kaum vor. Das Familienbild wird<br />
stattdessen geprägt von weitverzweigten Großfamilien<br />
in den Serien, von alleinerziehenden und multitasking-begabten<br />
Power-Frauen im Fernsehfilm und von<br />
melancholischen einsamen Wölfen und Wölfinnen im<br />
Krimi. In den informationsbezogenen Programmen<br />
machen familienpolitische Meldungen und Themen<br />
nicht einmal ein Prozent aller Beiträge aus.“<br />
Feldhaus, Michael; Logemann, Niels: Die<br />
<strong>Kommunikations</strong>medien Internet und Mobiltelefon<br />
und ihre Funktionen im familialen Alltag.<br />
– S. 30–37<br />
„Der Artikel befasst sich mit der Frage nach der<br />
Funktion, die den neuen <strong>Medien</strong> Internet und Handy<br />
zugeschrieben wird. Welchen Nutzen haben Internet<br />
und Mobiltelefon für die Familie und welche Folgen<br />
hat die individuelle <strong>Medien</strong>nutzung für den familialen<br />
Alltag. Es stellt sich heraus, dass das Mobiltelefon eher<br />
zu einer Unterstützung familialer Funktionen führt,<br />
weil es die Handlungsspielräume der Familienmitglieder<br />
erweitert. Das Internet hingegen erfüllt stärker individuelle<br />
als familiale <strong>Kommunikations</strong>bedürfnisse.<br />
Für die Familie birgt es die Chance, Internetkom-<br />
532<br />
petenzen zu erlangen, aber zugleich auch das Risiko<br />
einer unkontrollierten <strong>Medien</strong>nutzung auf Grund<br />
mangelnder elterlicher <strong>Medien</strong>kontrolle.“<br />
Hurrelmann, Bettina: Lesen und soziale Herkunft.<br />
– S. 38–41<br />
Ehler, Karin: Papi liest im Krieg. – S. 42<br />
Detering, Stephanie; Kleedörfer, Daniela; Petzold,<br />
Matthias: Handynutzung im Grundschulalter.<br />
– S. 43–49<br />
„Kinder im Grundschulalter besitzen und nutzen<br />
verstärkt neue <strong>Medien</strong> wie etwa Computer, Internet<br />
oder Handy, was die KIM-Studien des <strong>Medien</strong>pädagogischen<br />
Forschungsverbund Südwest der jüngsten<br />
Vergangenheit eindeutig belegen. Während die<br />
Nutzung von Computer und Internet durch Kinder<br />
bereits verstärkt untersucht wurde, kann die Betrachtung<br />
der Handynutzung durch Kinder als Waisenkind<br />
der Forschung angesehen werden. So gibt es bisher<br />
nur wenige Erkenntnisse zu Erwerb und Besitz von<br />
Handys und Art der Nutzung durch Kinder sowie<br />
Einschätzungen des Handygebrauchs durch Eltern<br />
und Lehrkräfte der Kinder.“<br />
Marsden, Nicola; Teegen, Ingo: Zur Nutzung<br />
des Mediums Tageszeitung bei Grundschulkindern.<br />
– S. 50–56<br />
„Im Rahmen der Begleitforschung zu einem Zeitungsprojekt<br />
wurden in einer Reihe von Untersuchungen<br />
1886 Schülerinnen und Schüler der 4. Klasse aus 79<br />
Schulen befragt. Schwerpunkt unserer Studie war das<br />
Medium Tageszeitung. Zunächst werden Erkenntnisse<br />
über die kindliche Nutzung der Tageszeitung<br />
und die Themeninteressen der Viertklässler präsentiert.<br />
Darüber hinaus werden die Note im Schulfach<br />
Deutsch und die Beliebtheit des Deutschunterrichts<br />
im Zusammenhang mit verschiedenen Formen der<br />
<strong>Medien</strong>nutzung betrachtet. Schließlich werden Ergebnisse<br />
zu Lesemotivation und <strong>Medien</strong>nutzung allgemein<br />
vorgestellt und ein Fazit gezogen.“<br />
Kilian, Lars: Mit netzbasierten <strong>Kommunikations</strong>werkzeugen<br />
zur Selbststeuerung im Lernprozess.<br />
– S. 57–63<br />
„Im vorliegenden Beitrag wird eine Möglichkeiten<br />
aufgezeigt, wie sich mit Hilfe netzbasierter <strong>Kommunikations</strong>-,<br />
Kooperations- und Distributionswerkzeuge<br />
selbst gesteuerte Lernprozesse initiieren und<br />
unterstützen lassen. Es wird ein Weg vorgestellt, wie<br />
die Selbststeuerung des Lernens angeregt werden<br />
kann. Hierbei wird auf Ergebnisse des Forschungsund<br />
Entwicklungsprojektes RISE verwiesen. Die<br />
Gegenüberstellung von Herausforderungen und Lösungsansätzen<br />
bei der Gestaltung selbst gesteuerter<br />
Lernszenarien soll einen Einblick in die Gestaltung<br />
solcher Lernszenarien geben. Ziel des Beitrags ist es,<br />
Möglichkeiten zur Unterstützung selbst gesteuerter<br />
Lernprozesse im E-Learning auszuleuchten und den<br />
Einsatz von neuen <strong>Kommunikations</strong>- und Kooperationswerkzeugen<br />
anzuregen.“<br />
Brinkmöller-Becker, Heinrich: Abitur-online.<br />
nrw. – S. 64–70<br />
„Nach drei Jahren haben zum ersten Mal knapp 100<br />
Studierende des Zweiten Bildungsweges in Nordrhein-Westfalen<br />
im Bildungsgang Abendgymnasium
ihr Abitur online geschafft; ein Anlass, Zielsetzung<br />
und Umsetzung dieses innovativen Projektes vorzustellen,<br />
das systematisch ein Blended-Learning-Konzept<br />
für die schulische Erwachsenenbildung umsetzt<br />
und dabei sicherlich auch Transfereffekte für die Schule<br />
und die Weiterbildung allgemein ermöglicht.“<br />
Scheibel, Michael: „Under construction“: ein<br />
Meinungsspiegel zur Transformation von Bildungsinstitutionen<br />
(Teil 1). – S. 71–74<br />
„In vielen bildungspolitischen und -reformerischen<br />
Aktivitäten stand lange Zeit die Integration neuer <strong>Medien</strong><br />
in die herkömmlichen Bildungsinstitutionen und<br />
Lehrsituationen im Vordergrund. Seit einigen Jahren<br />
zeichnet sich eine Fokussierung auf den institutionellen<br />
Kontext ab. E-Learning, E-Teaching etc. werden<br />
nicht mehr isoliert betrachtet, sondern in Bezug auf<br />
die Transformation des Bildungssystems. Im Vordergrund<br />
steht nun eine umgekehrte bildungspolitische<br />
Herausforderung: Wie muss sich das Bildungssystem<br />
selbst unter den Bedingungen der neuen <strong>Medien</strong> verändern?“<br />
Jg 50 (2006) Nr 3<br />
Banaji, Shakuntala: Young people viewing<br />
Hindi films: ideology, pleasure and meaning.<br />
– S. 12–18<br />
„Trotz der andauernden Popularität so genannter Bollywood-Filme<br />
in Großbritannien und Indien wurden<br />
von wissenschaftlicher Seite bisher kaum ernsthafte<br />
Versuche unternommen, die Rezeption dieser Filme<br />
und ihre Bedeutung für Heranwachsende zu untersuchen.<br />
Die Autorin hat sich in einer dreijährigen<br />
Untersuchung intensiv mit der Rezeption von Hindi-<br />
Filmen durch junge Inder und Briten südasiatischer<br />
Herkunft auseinander gesetzt und beschreibt unter<br />
dem Fokus Geschlecht und Ethnizität ausgewählte<br />
Ergebnisse.“<br />
Pitum, Sandra: Zwischen Faszination und Abscheu:<br />
interkulturelle Wahrnehmunsgweisen<br />
von Gewaltdarstellungen im neuen japanischen<br />
Film. – S. 19–25<br />
„Japanische Filme unterscheiden sich von Hollywoodfilmen<br />
nicht hinsichtlich der Quantität der gezeigten<br />
Gewalt, sondern in der Art der Gewaltdarstellung.<br />
Wenn sich also die Art der Gewaltdarstellung unterscheidet,<br />
liegt die Frage nahe, ob sich diesbezüglich<br />
auch die Wahrnehmung von Japanern und Europäern<br />
unterscheidet.“<br />
Gaugler, Ronald: Elektrischer Schatten und<br />
schattenloser Kick: Tradition und Ästhetik von<br />
Martial Arts im Film. – S. 26–32<br />
„Verwurzelt in der chinesischen Tradition und beeinflusst<br />
von westlicher Lebensart steht das Hongkong-<br />
Kino seit jeher zwischen den Kulturen. Nach seinem<br />
Aufstieg zu einer der weltweit führenden Filmindustrien<br />
wurde seit den 1970er Jahren besonders dem<br />
Genre „Martial Arts“ international Aufmerksamkeit<br />
zuteil. Obgleich einem steten Wandel unterworfen,<br />
bleibt der spezifische Umgang mit Gewalt, präziser<br />
Körperkontrolle und extremer Kinetik das Hauptmerkmal<br />
des Hongkong-Films und beeinflusst das<br />
Actionkino weltweit. So lässt sich der gegenwärtige<br />
Literatur · Zeitschriftenlese<br />
Stand – auch populärer Hollywoodproduktionen wie<br />
„Matrix“ oder „Tiger and Dragon“ – erst im Rückblick<br />
auf die Tradition und vor dem Hintergrund kultureller<br />
und politischer Entwicklungen Hongkongs<br />
entschlüsseln.“<br />
Marci-Boehncke, Gudrun; Just, Dominik: Höher,<br />
schneller, weiter: mediale Leistungsideale<br />
am Beispiel japanischer Sport-Animes. – S. 33–<br />
39<br />
„Spätestens seit der Einführung des Kabelfernsehens<br />
Mitte der 1980er Jahre sind Zeichentrickserien ein<br />
fester Bestandteil der deutschen Fernsehlandschaft.<br />
Beliebte Vertreter dieses Genres sind die aus Japan<br />
stammenden Animes. Waren es früher meistens Abenteuergeschichten<br />
nach europäischen Literaturvorlagen<br />
(„Biene Maja“, „Nils Holgersson“), bildet heute oftmals<br />
Sport den Inhalt dieser Comics. Da Comicserien<br />
oft eine <strong>Kommunikations</strong>plattform aus dem medialen<br />
Erfahrungsbereich der Kinder und Jungendlichen bilden,<br />
soll im nachfolgenden Beitrag dargestellt werden,<br />
welche Ideale solche Serien vermitteln.“<br />
Kloos, Nadine; Eggert, Susanne: „Das Manga-<br />
Lesen an sich ist spannend...“: Interview mit<br />
Friederike von Ludowig. – S. 40–42<br />
Wagner, Michael: Virtueller Wettbewerb:<br />
zur Entwicklung des E-Sports in Korea und<br />
Deutschland. – S. 43–46<br />
„Das wettkampfmäßige Spielen von Computerspielen,<br />
auch E-Sport genannt, gilt in Europa als Phänomen<br />
der digitalen Jugendkultur und wird von der<br />
etablierten Gesellschaft kaum beachtet. Im Gegensatz<br />
dazu ist E-Sport in Korea gesellschaftlich akzeptiert.<br />
Um diesen Unterschied verstehen zu lernen, ist es notwendig,<br />
der geschichtlichen Entwicklung des E-Sport<br />
in den letzten zehn Jahren nachzugehen.“<br />
Seifer, Karin: Möglichkeiten und Chancen digitaler<br />
<strong>Medien</strong> für die Bildungsarbeit in der<br />
Dritten Welt. – S. 47–52<br />
„Unzureichende Rahmenbedingungen der Nutzung<br />
von digitalen <strong>Medien</strong> sind für die Entstehung des<br />
multidimensionalen Phänomens „Digitale Kluft“<br />
verantwortlich. Unter der Prämisse der maximalen<br />
Partizipation von Ländern der Dritten Welt an den<br />
Möglichkeiten dieser <strong>Medien</strong> sind bei der Konzipierung<br />
von Bildungsprojekten spezifische Kriterien des<br />
<strong>Medien</strong>einsatzes zu beachten. Anhand der Darstellung<br />
zweier Projekte aus der praktischen Bildungsarbeit<br />
soll überprüft werden, ob sie einen Beitrag dazu<br />
leisten, die Digitale Kluft zu verringern.“<br />
Ihm, Karen; Walberg, Hanne: „Da hat‘s gedonnert<br />
und da kam von einmal er“: Filmwahrnehmung<br />
und Filmerleben vier- bis achtjährigre<br />
Kinder. – S. 53–58<br />
„Filme sind ein wichtiger Bestandteil des Alltags von<br />
Kindern. Bereits 4- bis 8-Jährige beschäftigen sich mit<br />
Filmgeschichten und Filmfiguren. Filmwahrnehmung<br />
und Filmerleben dieser jungen Zielgruppe sind bisher<br />
kaum untersucht worden. Im Herbst 2005 führte die<br />
Stiftung Lesen im Auftrag der Stiftung <strong>Medien</strong>Kompetenz<br />
Forum Südwest (MKFS) ein Kinoprojekt für<br />
Kindergarten- und Grundschulkinder durch, im Rahmen<br />
dessen Eindrücke über den kindlichen Filmum-<br />
533
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
gang gewonnen wurden. In dem vorliegenden Artikel<br />
werden ausgewählte Ergebnisse dieses Projekts vorgestellt.“<br />
Scheibel, Michael: „Under construction“: ein<br />
Meinungsspiegel zur Transformation von Bildungsinstitutionen<br />
(Teil 2). – S. 57–71<br />
Ehler, Karin: Parents strongly cautioned: Altersempfehlungen<br />
bei amerikanischen Kinofilmen.<br />
– S. 59–62<br />
„Was in Deutschland die Altersfreigaben eines Kinofilmes,<br />
das sind in den USA die Altersempfehlungen.<br />
Beides wirkt sich entscheidend auf den wirtschaftlichen<br />
Erfolg aus, auch wenn die Altersgrenzen in<br />
den USA wenig rechtliche Verbindlichkeit besitzen,<br />
sondern hauptsächlich Richtlinien sind, die Eltern<br />
eine Hilfestellung bieten wollen. Wie die Altersempfehlungen<br />
in den USA vergeben werden und wie sie<br />
wirken, soll deshalb hier dargestellt werden.“<br />
Spatscheck, Christian: Das Web 2.0 als Herausforderung<br />
für die <strong>Medien</strong>pädagogik. – S. 63–66<br />
„Dieser Artikel beschreibt die Web 2.0 Internetanwendungen<br />
und beschäftigt sich mit ihren medienpädagogisch<br />
relevanten Herausforderungen. Es wird<br />
betrachtet, welche aktuellen Entwicklungen im Internet<br />
unter dem Begriff Web 2.0 stattfinden und welche<br />
gestalterischen Prinzipien diese Angebote kennzeichnen.<br />
Anhand der technischen Neuentwicklungen<br />
werden neue Herausforderungen für <strong>Medien</strong>nutzer-<br />
Innen deutlich. Im zweiten Teil des Artikels werden<br />
medienpädagogische Konzepte aufgezeigt, die Kinder<br />
und Jugendliche dazu anleiten, sich einen reflektierten<br />
Umgang mit Web 2.0 Anwendungen im Sinne eines<br />
entdeckenden Selbstlernens zu erarbeiten.“<br />
<strong>Medien</strong> & Zeit<br />
Jg 21 (2006) Nr 1<br />
Troebst, Stefan: Jalta versus Stalingrad, GUlag<br />
versus Holocaust: konfligierende Erinnerungskulturen<br />
im größeren Europa. – S. 4–17<br />
Rathkolb, Oliver: Warum kann Österreich<br />
(noch) nicht Europa erinnern?. – S. 18–25<br />
Bauer, Thomas A.: Geschichte verstehen: eine<br />
kommunikationstheoretische Intervention. –<br />
S. 26–39<br />
<strong>Medien</strong> Wirtschaft<br />
Jg 3 (2006) Nr 1<br />
Haucap, Justus: Warum sind einige Spielfilme<br />
erfolgreich, andere aber nicht: einige ökonomische<br />
Überlegungen. – S. 6–15<br />
Hutzschenreuter, Thomas; Günther, Fabian:<br />
Aufbauorganisation und Wertschöpfungsstruktur<br />
von Online-Tageszeitungen: eine dynamische<br />
Betrachtung im Lichte von Etablierung<br />
und Krise. – S. 16–33<br />
534<br />
Multimedia und Recht<br />
Jg 9 (2006) Nr 2<br />
Blunk, Andreas; Schwede, Jörg: Onlineauktionen:<br />
Gewährleistung für „Plagiatsersteigerer“?.<br />
– S. 63–67<br />
Fischer-Dieskau, Stefanie; Steidle, Rolan: Die<br />
Herstellererklärung für Signaturanwendungskomponenten:<br />
eine Erleichterung zur Verbreitung<br />
elektronischer Signaturen?. – S. 68–73<br />
Wilms, Heinrich: Kostenbedingungen für Telefonteilnehmerdatenverzeichnisse:<br />
die Festlegung<br />
durch den EuGH. – S. 74–76<br />
Warg, Gunter: Auskunftsbefugnisse der Strafverfolgungsbehörden<br />
und Anonymität des E-<br />
Mail-Anzeigeerstatters. – S. 77–83<br />
Popp, Andreas: „Phishing“, „Pharming“ und<br />
das Strafrecht. – S. 84–86<br />
Jg 9 (2006) Nr 3<br />
Kleist, Thomas; Scheuer, Alexander: Audiovisuelle<br />
<strong>Medien</strong>dienste ohne Grenzen. – S. 127–<br />
131<br />
Hoeren, Thomas; Eustergerling, Sonja: Die<br />
Haftung des Admin-C: ein kritischer Blick auf<br />
die Rechtsprechung. – S. 132–137<br />
Bischof, Elke; Stoye, Jörg: Vergaberechtliche<br />
Neuerungen für IT/TK-Beschaffungen der<br />
öffentlichen Hand: das ÖPP-Beschleunigungsgesetz<br />
als erste Umsetzung des EU-Richtlinienpakets.<br />
– S. 138–145<br />
Bosse, Rolf; Richter, Thomas; Schreier, Michael:<br />
Abschaffung der 0190-Nummern: Regulierungsbedarf<br />
bleibt. – S. 146–149<br />
Jg 9 (2006) Nr 4<br />
Ott, Stephan: Ich will hier rein!: Suchmaschinen<br />
und das Kartellrecht. – S. 195–201<br />
„Angesichts der in Politik und <strong>Medien</strong> in regelmäßigen<br />
Abständen geäußerten Besorgnis über die Marktdominanz<br />
von Google verwundert es, dass kartellrechtliche<br />
Konsequenzen einer marktbeherrschenden<br />
Stellung auf dem Suchmaschinenmarkt bislang kaum<br />
diskutiert wurden. Dieser Aufsatz widmet sich nun<br />
dieser Problematik und untersucht anhand der §§ 19,<br />
20 GWB, ob Suchmaschinen völlig frei bei der Aufnahme<br />
bzw. dem Ausschluss einer Webseite aus ihrem<br />
Index sowie bei der Gestaltung der Kriterien sind, die<br />
das Ranking einer Webseite, also ihre Position innerhalb<br />
der Suchergebnisliste bestimmen.“
Münch, Maximilian v.: Die Einbeziehung von<br />
AGB im Fernsehmarketing. – S. 202–205<br />
Kleist, Thomas; Scheuer, Alexander: Neue<br />
Regelungen für audiovisuelle <strong>Medien</strong>dienste:<br />
Vorschriften zu Werbung und Jugendschutz<br />
und ihre Anwendung in den Mitgliedstaaten. –<br />
S. 206–211<br />
„Der aktuelle Vorschlag der EU-Kommission zur<br />
Änderung der Fernsehrichtlinie nimmt die technischen<br />
und wirtschaftlichen Entwicklungen des <strong>Medien</strong>sektors<br />
zum Anlass, den Anwendungsbereich der<br />
Regelungen auch auf nicht-lineare Dienste wie z.B.<br />
Video-on-Demand auszudehnen. Für diese werden<br />
nach dem Prinzip der „abgestuften Regelungsdichte“<br />
einige Basisbestimmungen eingeführt, die sich vor allem<br />
auf die kommerzielle Kommunikation und den<br />
Jugendschutz beziehen. Der Kommissionsvorschlag<br />
sieht auch vor, die bestehenden Werbebestimmungen<br />
für das Fernsehen, als linearer Dienst, zu lockern.<br />
Zu diesen Regelungskomplexen sowie Fragen ihrer<br />
Umsetzung, einerseits im Hinblick auf den Stellenwert<br />
der Co-Regulierung, andererseits hinsichtlich<br />
der Maßgaben für die <strong>Medien</strong>aufsichtsbehörden, soll<br />
mit diesem Beitrag eine erste Einschätzung abgegeben<br />
werden.“<br />
Vassilaki, Irini E.: Kriminalität im World Wide<br />
Web: Erscheinungsformen der „Post-Computerkriminalität“<br />
der zweiten Generation. –<br />
S. 212–216<br />
„Der folgende Beitrag beschreibt die unterschiedlichen<br />
Entwicklungen von Cyber Crime in den letzten<br />
zehn Jahren und stellt die Deliktstypen dieser<br />
Kriminalitätsform vor (II.). Sodann wird anhand der<br />
bekannt gewordenen Fälle deren Tätertyp geschildert<br />
(III.). Der kriminologischen Untersuchung folgt die<br />
Darstellung einer Strategie zur Bekämpfung dieser<br />
Kriminalitätsform (IV.).“<br />
Jg 9 (2006) Nr 5<br />
Rohlfing, Bernd: Unternehmer qua Indizwirkung?:<br />
Darlegungs- und Beweislast bei geschäftsmäßigem<br />
Handeln in elektronischen<br />
Marktplätzen. – S. 271–275<br />
„Die Entscheidung des BGH vom 3.11.2004, wonach<br />
bei Kaufverträgen i.R.d. sog. Internetauktion<br />
zwischen einem gewerblichen Anbieter und einem<br />
Verbraucher das Widerrufsrecht des Verbrauchers<br />
nicht gem. § 312d Abs. 4 Ziff. 5 BGB ausgeschlossen<br />
ist, hat eine dogmatische Klärung eben dieser Frage<br />
herbeigeführt. Dadurch ist der bisher im Rahmen dieser<br />
Frage intensiv geführte Streit z.T. auf eine andere<br />
Ebene verlagert worden; nunmehr wird sowohl im<br />
Schrifttum als auch in der Rechtsprechung erörtert,<br />
unter welchen Voraussetzungen von der Gewerblichkeit<br />
des Anbieters ausgegangen werden kann, um<br />
dann bei einem etwaigen B2C-Verhältnis eine Widerrufsmöglichkeit<br />
des Vertrags zu erhalten. Der nachstehende<br />
Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, ob die<br />
Annahme einer Unternehmereigenschaft i.S.d. § 14<br />
BGB durch bestimmte Umstände indiziert sein kann<br />
bzw. welche Auswirkungen dies auf die prozessuale<br />
Darlegungs- und Beweislast hat.“<br />
Literatur · Zeitschriftenlese<br />
Bornemann, Roland: Wie die KEK gefühlte<br />
Meinungsmacht in eine Eingriffskompetenz<br />
umrechnet. – S. 275–280<br />
„Nach den Untersagungen des Zusammenschlusses<br />
der Axel Springer AG (Springer) und der ProSieben-<br />
Sat.1 Media AG durch das Bundeskartellamt und die<br />
Kommission zur Ermittlung der Konzentration im<br />
<strong>Medien</strong>bereich (KEK) hat Springer öffentlich mitgeteilt,<br />
das Vorhaben wegen zu hoher Risiken nicht<br />
weiter verfolgen zu wollenDie Konferenz der Direktoren<br />
der Landesmedienanstalten (KDLM) hat<br />
die Erledigung der Hauptsache angenommen und<br />
festgestellt, dass die KEK-Entscheidung einer rechtlichen<br />
Bewertung nicht standhalten würde. Die KEK<br />
hatte in einem höchst umstrittenen Rechenmodell gewichtete<br />
Anteile von Springer auf medienrelevanten<br />
verwandten Märkten mit 22,06 % Zuschaueranteil im<br />
bundesweiten deutschsprachigen Fernsehen zu 42 %<br />
Zuschaueranteilsäquivalent zusammengerechnet und<br />
daraus vorherrschende Meinungsmacht im Fernsehen<br />
gefolgert.“<br />
Heckmann, Dirk: Rechtspflichten zur Gewährleistung<br />
von IT-Sicherheit im Unternehmen:<br />
Maßstäbe für ein IT-Sicherheitsrecht. –<br />
S. 280–285<br />
Holznagel, Bernd; Hombergs, Anne: Das<br />
SMP-Regulierungsverfahren in der Review<br />
2006: Nachbesserungs- und Reformbedarf. –<br />
S. 285–292<br />
„Die Beschwerden der Market-Player im Hinblick<br />
auf die mit dem EG-<strong>Kommunikations</strong>rechtsrahmen<br />
von 2002 geschaffenen Verfahren zur Regulierung<br />
marktmächtiger Unternehmen sind allseits bekannt.<br />
Die Verfahren sind zu langwierig, zu komplex und<br />
sie erfordern einen zu hohen Verwaltungsaufwand.<br />
Zuweilen wird schon von einem „bürokratischen<br />
Monstrum“ gesprochen. Den Kritikern zufolge<br />
wird die Regulierungsaufgabe zur Belastungsprobe<br />
für die nationalen Behörden. Gleichzeitig droht die<br />
Regulierung der Dynamik des TK-Sektors hinterher<br />
zu laufen. Am 25.11.2005 wurde mit dem „Call for<br />
input“ der GD Informationsgesellschaft die in den<br />
Richtlinien geforderte Überprüfung des EG-Rechtsrahmens,<br />
die Review 2006, eingeleitet – die Chance für<br />
alle Betroffenen, auf Abhilfe der beklagten Missstände<br />
bei den Verfahren hinzuwirken. Der folgende Text<br />
soll einen Beitrag zur nationalen Vorbereitung auf<br />
die EG-Reformen leisten. Es werden die derzeitigen<br />
Verfahren resümiert, Schwachstellen aufgedeckt und<br />
sowohl Nachbesserungs- als auch tiefer greifende Reformvorschläge<br />
unterbreitet.“<br />
Lochter, Manfred; Schindler, Werner: Missbrauch<br />
von PIN-gestützten Transaktionen mit<br />
ec- und Kreditkarten aus Gutachtersicht. –<br />
S. 292–298<br />
535
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Jg 9 (2006) Nr 6<br />
Krasemann, Henry: Onlinespielrecht – Spielwiese<br />
für Juristen. – S. 351–357<br />
„Dieser Beitrag stellt ohne Anspruch auf Vollständigkeit<br />
einen Überblick über sich abzeichnende Rechtsfälle<br />
in nicht allzu ferner Zukunft im Bereich Onlinespielrecht<br />
vor. Dabei liegt der Schwerpunkt auf dem<br />
deutschen Recht. Als Ende der 70er Jahre die ersten<br />
Computer und Spielkonsolen für den Heimgebrauch<br />
auf den Markt kamen, waren Videospiele nicht mehr<br />
als das Verschieben bunter Klötzchen über den Bildschirm.<br />
Juristen kamen professionell in der Folgezeit<br />
vor allem bei Urheberrechts- und Jugendschutzfragen<br />
ins Spiel. Ein Vierteljahrhundert später hat sich<br />
viel verändert. Aus Klötzchen wurde HDTV und die<br />
Videospielindustrie ist insbesondere seit Mitte der<br />
90er-Jahre im steilen Aufstieg zur führenden Entertainmentbranche.<br />
Die Verfolgung von Raubkopierern<br />
und der Jugendschutz sind weiterhin aktuell. Doch<br />
zeigt sich ein neues, weit umfassenderes Feld für juristische<br />
Aktivität am Horizont. War bisher Videospielen<br />
eine einsame Sache vor dem heimischen Fernseher<br />
oder Monitor, kommt 2006 kaum ein Spiel mehr ohne<br />
Onlinefunktion aus. Online spielen heißt Interaktion<br />
mit anderen Mitspielern. Und wo Menschen zusammentreffen,<br />
sind Rechtsprobleme nicht weit.“<br />
Hüsch, Moritz: Keyword Advertising: Rechtmäßigkeit<br />
suchwortabhängiger Werbebanner<br />
in der aktuellen Rechtsprechung. – S. 357–361<br />
„Keyword Advertising zählt zu den attraktivsten<br />
Werbeformen im WWW. Die Betreiber kommerzieller<br />
Suchmaschinen verdanken der Vermarktung<br />
von Suchwörtern hohe Gewinne – und das weltweit.<br />
In Deutschland haben sich die Gerichte erstmals in<br />
den Jahren 2000 und 2001 mit der Rechtmäßigkeit<br />
suchwortabhängiger Banner beschäftigt. Sie wurden<br />
damals jedenfalls dann als wettbewerbswidriges Verhalten<br />
beurteilt, wenn es sich bei dem Keyword um einen<br />
kennzeichenrechtlich geschützten Begriff handelte.<br />
Ein Verstoß gegen das MarkenG wurde verneint,<br />
solange nicht das fremde Kennzeichen im Banner für<br />
die Nutzer sichtbar abgebildet wurde. Nachdem es<br />
in der darauf folgenden Zeit etwas ruhiger geworden<br />
war, ergingen in den Jahren 2004/2005 gleich sieben<br />
Entscheidungen zu diesem Thema – mit unterschiedlichen<br />
Ergebnissen. Dieser Beitrag soll einen praxisorientierten<br />
Überblick über die Rechtmäßigkeit suchwortabhängiger<br />
Werbebanner geben.“<br />
Sankol, Barry: Die Qual der Wahl: §113 TKG<br />
oder §§100g, 100h StPO?: Die Kontroverse<br />
über das Auskunftsverlangen von Ermittlungsbehörden<br />
gegen Access-Provider bei dynamischen<br />
IP-Adressen. – S. 361–365<br />
„Der Beitrag beschäftigt sich mit der in Rechtsprechung<br />
und Literatur entstandenen Kontroverse über<br />
die Frage, welche Rechtsgrundlage heranzuziehen<br />
ist, wenn die Staatsanwaltschaft von einem Access-<br />
Provider über den Namen und die Anschrift desjenigen<br />
Teilnehmers Auskunft verlangt, dem zu einer<br />
bestimmten Zeit eine bestimmte sog. dynamische IP-<br />
Adresse zugeordnet war. Dazu werden zunächst die<br />
jeweiligen Ansichten zusammengefasst dargestellt.<br />
Der Beitrag beleuchtet im Anschluss daran den – hier<br />
besondere Bedeutung beizumessenden – verfassungs-<br />
536<br />
rechtlichen Hintergrund. Es wird herausgearbeitet,<br />
dass es für die Erfüllung eines solchen Auskunftsbegehrens<br />
einer Anordnung nach den §§ 100g, 100h<br />
StPO nicht bedarf.“<br />
Koenig, Christian; Neumann, Andreas; Senger,<br />
Marion: Gesetzliche Ausgestaltung des regulierungsbehördlichen<br />
Ermessens im Telekommunikationsrecht.<br />
– S. 365–369<br />
„Nach Auffassung der EU-Kommission hat der deutsche<br />
Gesetzgeber bei der Umsetzung der Richtlinien<br />
zur elektronischen Kommunikation das Ermessen der<br />
Regulierungsbehörde unzulässig beschränkt. Träfe<br />
diese Rechtsauffassung zu, stünden die gesetzlichen<br />
Grundlagen der Zugangs- und Entgeltregulierung in<br />
weiten Teilen zur Disposition. Planungs- und Rechtssicherheit<br />
wären dem deutschen TK-Markt für kaum<br />
absehbare Zeit genommen. Der nachfolgende Beitrag<br />
zeigt, dass die Ansicht der Kommission schon dem<br />
Grunde nach unzutreffend und insbesondere auch im<br />
konkreten Fall unbegründet ist.“<br />
Sujecki, Bartosz: Das Online-Mahnverfahren<br />
in Deutschland. – S. 369–373<br />
Multimedia und Recht, Beilage<br />
Jg 9 (2006) Nr 5<br />
Schuster, Fabian et al: Entwicklung des Internet-,<br />
Multimedia- und Telekommunikationsrechts<br />
im Jahre 2005. – S. 1–48<br />
New media & society<br />
Jg 8 (2006) Nr 1<br />
Hlebec, Valentine; Manfreda, Katja Lozar; Vehovar,<br />
Vasja: The social support networks of<br />
internet users. – S. 9–32<br />
„The available research indicates mixed results regarding<br />
the internet’s role in social relations. The article<br />
contributes to this research by studying the provision<br />
of support in egocentred social networks. Data<br />
regarding size, structure and communication channels<br />
were assessed through two specially designed surveys.<br />
The results show that the internet has a relatively limited<br />
impact on social relationships. Internet users have<br />
slightly larger social networks only in certain socially<br />
de-privileged segments (e.g. divorced, less educated).<br />
However, they reveal some specifics with respect to<br />
the structure of networks (more friends and less kin,<br />
weaker ties) and communication channels (typically<br />
the internet is used as a complement). The article also<br />
illustrates certain serious problems when drawing a<br />
causal inference from non-experimental data.“<br />
Gochenour, Phillip H.: Distributed communities<br />
and nodal subjects. – S. 33–52<br />
„Drawing upon cognitive science and systems theory,<br />
this article examines a number of issues commonly<br />
undertaken in theorizing ‘online communities’. The<br />
thesis is that current approaches to online community<br />
that focus on specific online places, such as Lamda-<br />
MOO, may overlook the actual practices engaged<br />
in by current internet users, which focus on ad-hoc<br />
interactions with a distributed community. Systems
theory, as developed by Vilem Flusser, Humberto<br />
Maturana and Francisco Varela, is used to examine the<br />
relationship between communication and community.<br />
Through this examination a definition of community<br />
as a distributed communications systems, in which<br />
individuals function as nodes in the overall system, is<br />
developed. The conclusion considers the significance<br />
of this definition for the evaluation of the internet as a<br />
tool for political action and self-realization.“<br />
Wei, Ran; Lo, Ven-Hwei: Staying connected<br />
while on the move: cell phone use and social<br />
connectedness. – S. 53–72<br />
„As people integrate use of the cell phone into their<br />
lives, do they view it as just an update of the fixed<br />
telephone or assign it special values? This study explores<br />
that question in the framework of gratifications<br />
sought and their relationship both to differential cell<br />
phone use and to social connectedness. Based on a<br />
survey of Taiwanese college students, we found that<br />
the cell phone supplements the fixed telephone as a<br />
means of strengthening users’ family bonds, expanding<br />
their psychological neighborhoods, and facilitating<br />
symbolic proximity to the people they call. Thus,<br />
the cell phone has evolved from a luxury for businesspeople<br />
into an important facilitator of many users’ social<br />
relationships. For the poorly connected socially,<br />
the cell phone offers a unique advantage: it confers<br />
instant membership in a community. Finally, gender<br />
was found to mediate how users exploit the cell phone<br />
to maintain social ties.“<br />
McMillan, Sally J.; Morrison, Margaret Ann:<br />
Coming of age with the Internet: a qualitative<br />
exploration of how the Internet has become an<br />
integral part of young people’s lives. – S. 73–96<br />
„Analyzing autobiographical essays written by 72<br />
young adult college students, this study investigates<br />
how coming of age concurrently with the internet<br />
and related technologies has influenced these young<br />
people’s lives. An understanding of how the technology<br />
is influencing the various domains of their lives<br />
provides a window on what internet use may be like<br />
for future generations. Essays revealed insights into<br />
four primary domains: self, family, real communities,<br />
and virtual communities. Within each of these<br />
domains, participants’ responses tended to focus on<br />
key dualities. Additionally, these young people report<br />
a growing dependency on the internet for activities<br />
ranging from managing their daily lives to building<br />
and maintaining virtual communities.“<br />
Carlson, Matt: Tapping into TiVo: digital video<br />
recorders and the transition from schedules to<br />
surveillance in television. – S. 97–116<br />
„This article explores the early stages of the Digital<br />
Video Recorder (DVR) market, with particular attention<br />
paid to brand leader TiVo. The television industry,<br />
which relies on schedules to organize the audience<br />
commodity, faces threats from DVR technology.<br />
Initially, broadcasters and advertisers reacted with<br />
fear, but also came to realize the potential of using the<br />
technology for data collection and target marketing.<br />
These firms employed a mix of investment and litigation<br />
to shape the developing industry. Simultaneously,<br />
TiVo characterized its relationship to broadcasters and<br />
advertisers as advantageous rather than contentious.<br />
As a result, the emerging DVR model offers users<br />
Literatur · Zeitschriftenlese<br />
greater control through time-shifting and increased<br />
functionality with content playback, while presenting<br />
existing television firms with a platform for audience<br />
surveillance.“<br />
Consalvo, Mia: Concole video games and global<br />
corporations: creating a hybrid culture. –<br />
S. 117–138<br />
„This article argues that the contemporary console<br />
video game industry is a hybrid encompassing a mixture<br />
of Japanese and American businesses and (more<br />
importantly) cultures to a degree unseen in other<br />
media industries, especially in regard to US popular<br />
culture. The particularities of the video game industry<br />
and culture can be recognized in the transnational<br />
corporations that contribute to its formation and<br />
development; in the global audience for its products;<br />
and in the complex mixing of format, style and content<br />
within games. As an exemplar of this process, the<br />
Japanese game publisher Square Enix is the focus of<br />
this case study, as it has been successful in contributing<br />
to global culture as well as to the digital games<br />
industry through its glocal methods. That achievement<br />
by a non-Western corporation is indicative of<br />
the hybridization of the digital games industry, and it<br />
is examined here as one indicator of the complexities<br />
and challenges, as well as future potentials, of global<br />
media culture.“<br />
Cover, Rob: Audience inter/active: interactive<br />
media, narrative control and reconceiving audience<br />
history. – S. 139–158<br />
„This article examines the ways in which recent theorizations<br />
of interactivity work to reconceive the author-text-audience<br />
relationship. Suggesting that all<br />
media forms – historical and contemporary – can be<br />
reconceptualized in light of recent understandings of<br />
interactivity, it is argued that control over the text and<br />
its narrative as mythically ‘finished’ products is struggled<br />
over between an authorial desire for finality and<br />
an audience desire for control over the arrangement,<br />
(re)configuration and (re)distribution of the text. This<br />
struggle takes place across the sites of technological<br />
developments of textual control versus full interactivity,<br />
and in the realms of both media theory and media<br />
law.“<br />
Jg 8 (2006) Nr 2<br />
Chopra, Rohit: Global Primordialities: virtual<br />
identity politics in online Hindutva and online<br />
Salit Discourse. – S. 187–206<br />
Mallapragada, Madhavi: Home, homeland,<br />
homepage: belonging and the Indian-American<br />
Web. – S. 207–228<br />
Enteen, Jillana: Spatial conceptions of URLs:<br />
Tamil Eelam networks on trhe world wide<br />
web. – S. 229–250<br />
Mitra, Ananda: Towards finding a cybernetic<br />
safe place: illustrations from people of Indian<br />
origin. – S. 251–268<br />
„This article explores the way in which a specific immigrant<br />
group – Indians outside India – utilizes the<br />
537
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
dwelling space offered by the synthesis of real spaces<br />
and virtual spaces to create a unique immigrant identity.<br />
The argument is offered that the combination of<br />
the real and the virtual produces a cybernetic space<br />
where the immigrant identity can thrive without being<br />
controlled within the increasing anti–immigrant<br />
sentiments of the real world. Using illustrations from<br />
internet discourse it is demonstrated that cybernetic<br />
space offers a ‘safe’ alternative living space where the<br />
marginalized immigrant can find a voice.“<br />
Campbell, Alex: The search for authenticity: an<br />
exploration of an online skinhead newsgroup. –<br />
S. 269–294<br />
„In the popular imagination skinhead identity has<br />
come to be inextricably connected to a white-racist<br />
identity. This article explores this tenet through an<br />
ethnographic exploration of an online skinhead newsgroup,<br />
a milieu where racial markings are seemingly<br />
absent. The empirical findings expose that ‘racism’<br />
is read ambivalently by the newsgroup’s skinheads.<br />
‘Racism’ is not viewed as a constituting component of<br />
skinhead identity; however, there is widespread commitment<br />
to a ‘white identity’. This article concentrates<br />
on the processes which give rise to a digitalized (white)<br />
skinhead identity, (re)established online in and through<br />
textual performances. Narratives of whiteness articulated<br />
through the node of skinness, reveal the salience<br />
of racial bodies in the virtual world. However, the imagined<br />
relationship between skinheads and racism is<br />
not straightforward. The skinheads of this research do<br />
not enact an explicit discriminatory racism, but rather<br />
they imagine whiteness as a performative condition of<br />
skinness, a notion that necessitates a figurative (and<br />
literal) aggressive relation to ‘otherness’.“<br />
Chang, Byeng-Hee; Lee, Seung-Eun; Kim,<br />
Byoung-Sun: Exploring factors affecting the<br />
adoption and cintuance of online games among<br />
college students in South Korea: integrating<br />
uses and gratification and diffusion of innovation<br />
approaches. – S. 295–321<br />
„This study approached online games as an innovation<br />
and new medium with both Uses and Gratifications<br />
Perspective and Diffusion of Innovation Theory as<br />
theoretical frames. Based on a survey sample of Korean<br />
college students, this study investigated the differences<br />
in game adoption (1) between adopters (including<br />
continuers and discontinuers) and nonadopters<br />
(including potentials and resistors), (2) between continuers<br />
and discontinuers, and (3) between potentials<br />
and resistors of online games. Multiple logistic regression<br />
analyses showed that demographic profiles and<br />
innovativeness were strong predictive constructs for<br />
predicting online game adoption.“<br />
Katz, James E.; Sugiyama, Satomi: Mobile<br />
phone as fashion statements: evidence from student<br />
surveys in the US and Japan. – S. 321–338<br />
„Motivated by new theoretical perspectives that emphasize<br />
communication technology as a symbolic tool<br />
and physical extension of the human body and persona<br />
(Apparatgeist theory and Machines That Become Us),<br />
this article explores how fashion, as a symbolic form<br />
of communication, is related to self-reports of mobile<br />
phone behaviors across diverse cultures. A survey of<br />
college students in the United States and Japan was<br />
538<br />
conducted to demonstrate empirically the relationship<br />
between fashion attentiveness and the acquisition, use,<br />
and replacement of the mobile phone. The results suggested<br />
that young people use the mobile phone as a<br />
way of expressing their sense of self and perceive others<br />
through a ‘fashion’ lens. Hence it may be useful to<br />
investigate further how fashion considerations could<br />
guide both the rapidly growing area of mobile phone<br />
behavior, as well as human communication behavior<br />
more generally.“<br />
Nordicom Review<br />
Jg 27 (2006) Nr 1<br />
Engebretsen, Martin: Shallow and Static or<br />
Deep and Dynamic?: Studying the State of Online<br />
Journalism in Scandinavia. – S. 3–16<br />
Vihalemm, Peeter: Media Use in Estonia:<br />
Trends and Patterns. – S. 17–30<br />
Eriksson, Göran: Rethinking the Rethinking:<br />
the Problem of Generality in Qualitative Media<br />
Audience Research. – S. 31–44<br />
Mral, Brigitte: The Rhetorical State of Alert before<br />
the Iraq War 2003. – S. 45–62<br />
Lippe, Berit von der: Images of Victory: Images<br />
of Masculinity?. – S. 63–80<br />
Figenschou, Tine Ustad: Courting, Criticism,<br />
Censorship and Bombs: The Bush Administration’s<br />
Troubled Relations with Al-Jazeera<br />
Channel from September 11 to the War in<br />
Iraq. – S. 81–96<br />
Political communication<br />
Jg 23 (2006) Nr 1<br />
Shah, Dhavan V.; Scheufele, Dietram A.: Explicating<br />
Opinion Leadership: nonpolitical<br />
Dispositions, Information Consumption, and<br />
Civil Participation. – S. 1–22<br />
“Our cross-sectional analysis shows that opinion<br />
leadership is largely explained by nonpolitical dispositions<br />
such as self-assuredness, innovativeness, and<br />
sophistication. These opinion leaders, spurred by an<br />
interest in politics, tend to seek out informational<br />
content on television, newspapers, and the Internet,<br />
likely as a way to maintain their environmental surveillance<br />
and structural influence. All of this helps<br />
explain why opinion leadership is linked to civic participation,<br />
both directly and indirectly. Further analysis<br />
of panel data indicates that opinion leadership is a<br />
consequence rather than a cause of civic participation,<br />
lending support to the causal structure advanced in<br />
our model. These data also reveal a reciprocal relationship<br />
between opinion leadership and political efficacy,<br />
indicative of a mutually reinforcing cycle of relational<br />
dispositions and political competence. Implication<br />
for political communication, civic participation, and<br />
democratic theory are discussed.“
Schiffer, Adam J.: Assessing Partisan Bias in<br />
Political News: The Case(s) of Local Senate<br />
Election. – S. 23–40<br />
„Many studies of partisan bias in political news employ<br />
balance as a baseline. That is, the party/candidate<br />
receiving more or better coverage in any given source<br />
is automatically deemed the beneficiary of favorable<br />
treatment by the source. A study employing the balance<br />
baseline potentially exaggerates the amount of<br />
meaningful partisan bias in the source, however, for<br />
failure to control for nonpartisan, non-ideological<br />
news judgment criteria. This study models variation<br />
in the relative amount and tone of coverage received<br />
by candidates in 95 content analyses of newspapers’<br />
Senate election coverage from 1988Þ1992. This enables<br />
a direct test of the relative power of partisan and<br />
structural (nonpartisan, news-judgment-driven) biases<br />
in explaining the slant of election coverage. While<br />
news-organizational factors are found to dominate the<br />
amount model, a modest amount of residual slant toward<br />
the Democratic candidates remains in the tone of<br />
coverage, controlling for structural bias.“<br />
Barker, David C.; Lawrence, Adam B.: Media<br />
favoritism and Presidential Nominations: Reviving<br />
the Direct Effects Model. – S. 41–60<br />
„This article explores the relationships among media<br />
favoritism, media reception, and candidate preference<br />
in the 2000 Democratic and Republican presidential<br />
nomination campaigns. Content analysis revealed<br />
significant media favoritism toward the candidacy of<br />
John McCain in the Republican contest but relatively<br />
balanced coverage of the Democratic contest. Accordingly,<br />
our empirical models reveal that media reception<br />
was substantially associated with a preference for<br />
McCain over Bush, but was not a consistent predictor<br />
in the Democratic race. But even more impressive<br />
(and surprising) were the relationships between<br />
listening to talk radio and candidate preferences, even<br />
among Democrats. Listening to Rush Limbaugh was<br />
strongly associated with preference for Bush among<br />
Republican primary voters, and for Bradley among<br />
Democratic primary voters. These collective results<br />
lend support to a classic interpretation of direct media<br />
effects, a perspective that had been largely abandoned<br />
in contemporary voting models.“<br />
Stevens, Daniel et al: Local News Coverage in<br />
a Social Capital Capital: Election 2000 on Minnesota’s<br />
Local News Stations. – S. 61–84<br />
„Judging by our data, levels of civic and political involvement<br />
in Minnesota may remain high despite,<br />
rather than because of, political coverage by local television<br />
news.“<br />
Joslyn, Mark R.; Haider-Markel, Donald P.:<br />
Should We Really „Kill“ the Messenger?:<br />
Framing Physician-Assisted Suicide and the<br />
Role of Messengers. – S. 85–104<br />
„Undoubtedly, framing political issues is an effective<br />
means of influencing the distribution of opinion. But<br />
while most studies have shown the effectiveness of<br />
alternative issue frames on opinion, they largely ignore<br />
the role of the messenger. Our research examines<br />
whether message content or messengers are more<br />
important in influencing opinion. Four experimental<br />
conditions and a control were embedded in a statewide<br />
Literatur · Zeitschriftenlese<br />
survey, allowing an explicit comparison between the<br />
impact of frames comprising message content alone<br />
and the same frames attributed to public figures identified<br />
with physician-assisted suicide. Results show that<br />
an attributed source is no more effective than content<br />
alone in influencing opinion on physician-assisted suicide<br />
and that the messenger might in fact reduce the<br />
intended influence of the message. We conclude with<br />
a discussion of our findings within the larger literature<br />
on political persuasion and attitude change.“<br />
Public Opinion Quarterly<br />
Jg 70 (2006) Nr 1<br />
Graesser, Arthur C. et al: Question Understanding<br />
AiD (QUAID): a Web Facility that<br />
Tests Question Comprehensibility. – S. 3–22<br />
„We developed a Web facility called Question Understanding<br />
Aid (QUAID; www.psyc.memphis.<br />
edu/quaid.html) that assists survey methodologists in<br />
identifying problems with the wording, syntax, and<br />
semantics of questions on questionnaires. The survey<br />
methodologist enters the question into the Web facility,<br />
along with any context information and answer<br />
alternatives that accompany the question. QUAID<br />
quickly returns a list of potential problems with question<br />
comprehension, including unfamiliar technical<br />
terms, vague or imprecise relative terms, vague or ambiguous<br />
noun phrases, complex syntax, and working<br />
memory overload. This article describes QUAID and<br />
some empirical studies that have assessed the validity<br />
and utility of QUAIDis critiques of questions.“<br />
Kriner, Douglas, L.: Examining Variance in<br />
Presidential Approval: the Case of FDR in<br />
World War II. – S. 23–47<br />
Korey, John L.; Lascher, Edward L.: Macropartisanship<br />
in California. – S. 48–65<br />
Smyth, Jolene D. et al: Comparing Check-All<br />
and Forced-Choice Question Formats in Web<br />
Surveys. – S. 66–77<br />
„For survey researchers, it is common practice to use<br />
the check-all question format in Web and mail surveys<br />
but to convert to the forced-choice question format<br />
in telephone surveys. The assumption underlying this<br />
practice is that respondents will answer the two formats<br />
similarly. In this research note we report results<br />
from 16 experimental comparisons in two Web surveys<br />
and a paper survey conducted in 2002 and 2003<br />
that test whether the check-all and forced-choice formats<br />
produce similar results. In all 16 comparisons,<br />
we find that the two question formats do not perform<br />
similarly; respondents endorse more options and take<br />
longer to answer in the forced-choice format than in<br />
the check-all format. These findings suggest that the<br />
forced-choice question format encourages deeper<br />
processing of response options and, as such, is preferable<br />
to the check-all format, which may encourage a<br />
weak satisficing response strategy. Additional analyses<br />
show that neither acquiescence bias nor item nonresponse<br />
seem to pose substantial problems for use of<br />
the forced-choice question format in Web surveys.“<br />
539
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Schuman, Howard; Corning, Amy D.: Comparing<br />
Iraq to Vietnam: Recognition, Recall,<br />
and the Nature of Cohort Effects. – S. 78–87<br />
Keeter, Scott: The Impact of Cell Phone Noncoverage<br />
Bias on Polling in the 2004 Presidential<br />
Election. – S. 88–98<br />
„Despite concerns that the accuracy of preelection<br />
telephone polls would be harmed by the omission of<br />
voters who could be reached only by cell phone, most<br />
national polls performed well in predicting President<br />
George W. Bush’s reelection in 2004, and state polls<br />
were generally accurate as well. The national exit poll<br />
conducted by the National Election Pool found that 7<br />
percent of Election Day voters had cell phone service<br />
but no land line; younger voters were far more likely<br />
to be cell-only: 19 percent among those age 18–24<br />
and 20 percent among those age 25–29. Within these<br />
two youngest age cohorts, cell-only voters were significantly<br />
more likely to be single and childless. While<br />
cell-only voters were more supportive of John Kerry<br />
than voters overall, they were similar to other voters<br />
within their own age cohort. Because of this, preelection<br />
telephone surveys that weighted their data appropriately<br />
by age were not significantly biased by the<br />
absence of the cell-only voters.“<br />
Jg 70 (2006) Nr 2<br />
Kinder, Donald R.; McConnaughty, Corrine<br />
M.: Military Triumph, Racial Transcendence,<br />
and Colin Powell. – S. 139–165<br />
Villarroel, Maria A. et al: Same-Gender Sex in<br />
the United States: impact of T-Acasi on Prevalence<br />
Estimates. – S. 166–196<br />
„Well-conducted telephone surveys provide an economical<br />
means of estimating the prevalence of sexual<br />
and reproductive behaviors in a population. There<br />
is, however, a nontrivial potential for bias since respondents<br />
must report sensitive information to a<br />
human interviewer. The National STD and Behavior<br />
Measurement Experiment (NSBME) evaluates a new<br />
survey technology-telephone audio computer-assisted<br />
self-interviewing (T-ACASI) - that eliminates<br />
this requirement. The NSBME embedded a randomized<br />
experiment in a survey of probability samples<br />
of 1,543 U.S. and 744 Baltimore adults ages 18 to 45.<br />
Compared with NSBME respondents interviewed<br />
by human interviewers, respondents interviewed by<br />
T-ACASI were 1.5 to 1.6 times more likely to report<br />
same-gender sexual attraction, experience, and genital<br />
contact. The impact of T-ACASI was more pronounced<br />
(odds ratio = 2.5) for residents of locales that<br />
have historically been less tolerant of same-gender<br />
sexual behaviors and for respondents in households<br />
with children (odds ratio = 3.0).“<br />
Green, Doanld P.; Gerber, Alan S.: Can Registration-Based<br />
Sampling Improve the Accuracy<br />
of Midterm Election Forecasts?. – S. 197–223<br />
„We compare the predictive accuracy of preelection<br />
polls using two types of sampling frames, random<br />
digit dialing (RDD) and registration-based sampling<br />
(RBS). The latter involves stratified random sampling<br />
from voter registration lists. In order to assess the ac-<br />
540<br />
curacy with which RDD and RBS predict election<br />
outcomes, we collaborated with the Washington Post,<br />
Quinnipiac, and CBS News polls, which conducted<br />
parallel RDD and RBS surveys in Maryland, New<br />
York, Pennsylvania, and South Dakota prior to the<br />
November 5, 2002, elections. The results suggest that<br />
in the gubernatorial and congressional elections studied,<br />
RBS performed as well, if not better, than RDD,<br />
both in terms of forecasting accuracy and cost.“<br />
Publizistik<br />
Jg 51 (2006) Nr 1<br />
Kappas, Arvid; Müller, Marion G.: Bild und<br />
Emotion – ein neues Forschungsfeld: theoretische<br />
Ansätze aus Emotionspsychologie, Bildwissenschaft<br />
und visueller <strong>Kommunikations</strong>forschung.<br />
– S. 3–23<br />
„Das Verhältnis von Bildern und Emotionen ist<br />
komplex und kann von keiner einzelnen Disziplin<br />
im Alleingang adäquat untersucht werden. Die Autoren<br />
schlagen einen interdisziplinären Ansatz vor,<br />
der Emotionswissenschaft, Bildwissenschaft und<br />
<strong>Kommunikations</strong>wissenschaft verbindet. Der Artikel<br />
diskutiert den unterschiedlichen Problembezug<br />
und potenzielle gemeinsame Zugangsweisen zu dem<br />
neuen Forschungsfeld „Bild und Emotion“. Relevante<br />
Forschungsmethoden, wie etwa die Messung emotionaler<br />
Reaktionen auf visuelle Stimuli, die Ikonologie<br />
als Bildbedeutungsanalyse sowie die kommunikationswissenschaftliche<br />
Kontextanalyse werden diskutiert.<br />
Zentrale Elemente der Bildwissenschaft in der<br />
Tradition Aby Warburgs und Unterschiede in den<br />
deutschen und anglo-amerikanischen Ansätzen der<br />
visuellen <strong>Kommunikations</strong>forschung werden kontrastiert.<br />
Als gemeinsamer Ansatzpunkt für psychologische,<br />
bildwissenschaftliche und kommunikationswissenschaftliche<br />
Fragestellungen werden die visuellen<br />
„Bedeutungsstrukturen“ thematisiert. Dabei bildet<br />
die <strong>Kommunikations</strong>wissenschaft eine verbindende<br />
Klammer zwischen den beiden anderen Disziplinen.“<br />
Früh, Hannah; Fahr, Andreas: Erlebte Emotionen:<br />
Messung von Rezeptionsemotionen am<br />
Beispiel legitimierter Gewalt im Spielfilm. –<br />
S. 24–38<br />
„Rezeptionsbegleitende und insbesondere psychophysiologische<br />
Messungen werden in der <strong>Kommunikations</strong>wissenschaft<br />
immer noch vergleichsweise<br />
selten eingesetzt. Wenn man den Rezeptionsprozess<br />
jedoch als dynamischen Prozess versteht und erfasst,<br />
lässt sich genauer beobachten, wie Menschen Informationen<br />
verarbeiten, wenn sie <strong>Medien</strong> nutzen. In<br />
dieser Studie werden rezeptionsbegleitende Beurteilungsverfahren<br />
und psychophysiologische Messungen<br />
in einem Mehrmethodendesign zur Erfassung von<br />
Rezeptionsemotionen bei einem Spielfilm eingesetzt<br />
und den Befunden einer Befragung gegenübergestellt.<br />
Experimentell variiert wurde die Stärke der Legitimation<br />
einer Gewalttat. Zentraler Befund war, dass Rezeptionsemotionen<br />
während der Rezeption bei allen<br />
Zuschauern relativ ähnlich sind: Ihr emotionales Erleben<br />
während der zentralen Szene stellt sich als intensives,<br />
extrem negatives Erleben dar. Retrospektiv ergibt<br />
sich jedoch ein anderes Bild: Insgesamt berichten die<br />
Versuchspersonen relativ schwache Emotionen. Die
Stärke der Gewaltlegitimation hat lediglich Einfluss<br />
auf die ex post geäußerten Gefühle, nicht jedoch auf<br />
die rezeptionsbegleitenden Emotionen.“<br />
Petersen, Thomas: Lasswells Frage und Hovlands<br />
Problem: Feldexperimente zur Wirkung<br />
potenziell emotionalisierender Bildelemente in<br />
der <strong>Medien</strong>berichterstattung. – S. 39–51<br />
„Der Beitrag behandelt die methodologischen Schwierigkeiten<br />
der Inhaltsanalyse von Bildern, die seit<br />
Harold D. Lasswell als „unmessbar“ gelten. In drei<br />
unterschiedlichen Experimenten mit manipuliertem<br />
Bildmaterial wurde versucht, die verstärkte emotionale<br />
Wirkung bestimmter Bildsignale zu testen. Dafür<br />
wurden beispielsweise in einem Experiment auf einer<br />
Abbildung aus einem Kriegsgebiet lediglich materielle<br />
Schäden gezeigt; in einer weiteren Abbildung waren<br />
die gleichen materiellen Schäden zusammen mit zwei<br />
betroffenen Personen zu sehen. Das verblüffende<br />
Ergebnis der repräsentativen Befragung war, dass in<br />
keinem der drei Experimente eine signifikante Emotionalisierung<br />
durch das Hinzufügen der vorgeblich<br />
emotionalisierenden Bildelemente nachgewiesen werden<br />
konnte. Vergleichbare Experimente mit Texten<br />
ergaben jedoch sehr wohl deutliche Emotionalisierungsreaktionen,<br />
so dass eine – in weiteren Studien<br />
zu testende – Hypothese lautet, dass Texte emotional<br />
wirkungsmächtiger als Bilder sein könnten.“<br />
Knieper, Thomas: Die Flut im Wohnzimmer:<br />
die Tsunami-Berichterstattung als traumatischer<br />
Stressor für die bundesdeutsche Bevölkerung.<br />
– S. 52–66<br />
„Kann die Katastrophenberichterstattung bei Rezipienten<br />
zu Angst- und Stressreaktionen bis hin zu<br />
einer posttraumatischen Belastungsstörung führen?<br />
In einer repräsentativen Telefonumfrage wurden 500<br />
in Deutschland lebende Personen über 15 Jahren zu<br />
ausgewählten Folgen der Tsunami-Berichterstattung<br />
Ende 2004/Anfang 2005 befragt. Hierbei zeigt sich,<br />
dass typische Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung<br />
in der Bevölkerung zu einem beachtlichen<br />
Teil vorhanden waren. Deutlich stärker von den<br />
Symptomen betroffen waren Personen, die die Fernsehberichterstattung<br />
über die Tsunami-Katastrophe<br />
regelmäßig verfolgt hatten. Ferner zeigt die Erhebung,<br />
dass Frauen für Belastungsstörungen prinzipiell empfänglicher<br />
waren als Männer. Trotz der nachweisbaren<br />
Folgen reichen die hier erhobenen Daten noch nicht<br />
aus, um den Nachweis einer medieninduzierten posttraumatischen<br />
Belastungsstörung zu führen. Folgestudien<br />
unter Einbindung der klinischen Diagnostik<br />
erscheinen daher notwendig.“<br />
Prommer, Elizabeth et al: Die <strong>Kommunikations</strong>wissenschaft<br />
als „gendered organization“:<br />
geschlechtsspezifische Befunde zur Situation<br />
des wissenschaftlichen Nachwuchses. – S. 67–<br />
91<br />
„In der Diskussion um die Entwicklung des wissenschaftlichen<br />
Nachwuchses spielt die Unterrepräsentanz<br />
von Frauen auf höheren Statusebenen eine<br />
entscheidende Rolle. Vor allem die Promotionsphase<br />
stellt in diesem Prozess eine maßgebliche Zäsur dar.<br />
In einer umfassenden Befragung aller Promovierenden<br />
in Deutschland, der Schweiz und Österreich<br />
wurde ermittelt, wie sich Frauen und Männer in ihrer<br />
Literatur · Zeitschriftenlese<br />
Arbeitsmotivation, ihrer Arbeitsgestaltung, ihrer Karriereplanung<br />
sowie ihrer Arbeits- und Betreuungszufriedenheit<br />
unterscheiden. Die Ergebnisse zeigen u.<br />
a., dass Frauen im Vergleich zu Männern schlechter<br />
dotierte Stellen innehaben, zum Teil schlechter betreut<br />
werden, der Vereinbarkeit von Familie und Beruf kritischer<br />
gegenüberstehen, weniger publizieren und sich<br />
eher von einer Hochschulkarriere abschrecken lassen.<br />
Insgesamt agieren Männer zielorientierter und planen<br />
ihre Karriere strategischer als Frauen. Die Ergebnisse<br />
der Studie machen sichtbar, dass das Verhalten von<br />
Promovierenden ebenso wie von Doktormüttern und<br />
-vätern geschlechtsgebunden ist und damit spezifische<br />
Schwierigkeiten verbunden sind, denen sich Frauen<br />
in ihrem Berufsalltag ausgesetzt sehen. Daraus lassen<br />
sich gezielte strategische Maßnahmen zur Förderung<br />
von Nachwuchswissenschaftlerinnen in <strong>Kommunikations</strong>wissenschaft<br />
und <strong>Medien</strong>wissenschaft ableiten.“<br />
Rundfunk und Geschichte<br />
Jg 31 (2005) Nr 3–4<br />
Kramp, Leif: Happy-End im Trauerspiel?: die<br />
Entwicklungsgeschichte der „Deutschen Mediathek“<br />
und Perspektiven für ein „Deutsches<br />
Fernsehmuseum“. – S. 5–19<br />
Stolle, Michael: Das Wunder von Friedland:<br />
die Heimkehrer der letzten deutschen Kriegsgefangenen<br />
und das Radio. – S. 20–30<br />
Bernard, Birgit; Renate Schumacher: Rundfunk<br />
in schwierigen Zeiten: Interview mit Karl<br />
Holzamer. – S. 31–43<br />
Zeitschrift für <strong>Medien</strong>psychologie<br />
Jg 18 (2006) Nr 1<br />
Moser, Klaus; Leitl, Julia: Der Dritte-Person-<br />
Effekt: Thema der Werbung und Distanz der<br />
„dritten Person“. – S. 2–8<br />
„Der Dritte-Person-Effekt (DPE) bezeichnet die<br />
Tendenz, andere (‚dritte’) Personen als beeinflussbarer<br />
durch <strong>Medien</strong> einzuschätzen als sich selbst. Der<br />
vorliegende Beitrag behandelt den Einfluss des Themas<br />
der Kommunikation, hier Werbebotschaften<br />
(Profit- vs. Nonprofit-Werbung) und der sozialen<br />
Distanz zwischen Selbst und anderen auf die Stärke<br />
des DPE. Nach dem Selbstwerterhöhungsansatz ist<br />
anzunehmen, dass der Effekt bei Profit-Werbung und<br />
bei zunehmender sozialer Distanz stärker auftritt. Die<br />
Ergebnisse unserer Untersuchung zur wahrgenommenen<br />
Wirkung unterschiedlicher Werbungen bestätigen<br />
diese Annahmen. Grenzen für das Auftreten des<br />
DPE werden aber ebenfalls sichtbar: Bei Nonprofit-<br />
Werbung zeigte sich (unabhängig von der sozialen<br />
Distanz) kein DPE.“<br />
Vorderer, Peter et al: What Makes Preschoolers<br />
Listen to Narrative Audio Tapes?. – S. 9–18<br />
“Most communication studies on children and media<br />
have focused solely on television. Other popular media<br />
products such as narrative audio tapes have been<br />
neglected. The present article addresses factors that influence<br />
preschoolersi selective exposure to these tapes.<br />
541
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
In line with past research, the emotional attractiveness<br />
of a story’s protagonist and some formal design elements<br />
of the product are regarded as determinants of<br />
children’s frequency and persistence of using a given<br />
tape. An experimental diary study with 79 preschoolers<br />
revealed that both factors do in fact influence<br />
children’s usage of the tape. The resulting implications<br />
for fundamental and applied research on children and<br />
media are discussed.“<br />
Bieri, Rahel; Florack, Arnd; Scarabis, Martin:<br />
Der Zuschnitt von Werbung auf die Zielgruppe<br />
älterer Menschen. – S. 19–30<br />
„Das ökonomische Gewicht der älteren Bevölkerung<br />
wird zunehmend auch von Marketingexperten erkannt.<br />
Dennoch werden die grundlegenden Charakteristika<br />
dieser Konsumentengruppe bisher selten bei<br />
der Gestaltung von Werbung beachtet. In diesem Artikel<br />
geben wir eine Übersicht über die wichtigsten Forschungsergebnisse<br />
zur Rezeption von Werbung durch<br />
ältere Konsument/inn/en. Wir zeigen auf, dass Ältere<br />
im Vergleich zu Jüngeren bedeutende Unterschiede<br />
bei der Wahrnehmung und Verarbeitung von Werbung<br />
und insbesondere bei der späteren Erinnerung<br />
von Werbebotschaften aufweisen. Diese Unterschiede<br />
haben grundlegende Implikationen für die Gestaltung<br />
von Werbemaßnahmen, insbesondere im Hinblick auf<br />
eine adäquate, faire und effektive Ansprache älterer<br />
Konsument/inn/en.“<br />
Jg 18 (2006) Nr 2<br />
Kürschner, Christian; Schnotz, Wolfgang; Eid,<br />
Michael: Konstruktion mentaler Repräsentationen<br />
beim Hör- und Leseverstehen. – S. 48–59<br />
„Seit Erfindung der Schrift stellt sich die Frage, inwieweit<br />
sich das Hör- und das Leseverstehen voneinander<br />
unterscheiden. In der vorliegenden Studie wurde<br />
untersucht, ob beim Hör- und Leseverstehen unterschiedliche<br />
Lernleistungen erzielt und unterschiedliche<br />
mentale Repräsentationen konstruiert werden.<br />
Zudem wurde überprüft, welchen Einfluss Sprecherwechsel<br />
bei der auditiven Textpräsentation haben. Dabei<br />
wurden auch der <strong>Kommunikations</strong>schwerpunkt<br />
von Personen und die subjektiv eingeschätzte Modalitätspräferenz<br />
berücksichtigt. Das experimentelle<br />
Untersuchungsdesign bestand aus dem Faktor Art<br />
der Textpräsentation (Lesetext, Hörtext mit einem<br />
Sprecher und Hörtext mit mehreren Sprechern) und<br />
dem Faktor Bildung (Berufsschüler und Studenten).<br />
Anhand von 104 Versuchspersonen konnte gezeigt<br />
werden, dass Leser/innen besser beim Erinnern von<br />
Detailwissen abschnitten. Der in anderen Forschungsarbeiten<br />
gefundene Vorteil von Hörern bei der Repräsentation<br />
von visuell-räumlichen Sachverhalten und<br />
Verstehensaufgaben konnte nicht repliziert werden.<br />
Zudem zeigte sich, dass die Präsentation von Hörtext<br />
mit mehreren Sprechern nur bei Verstehensaufgaben<br />
von Vorteil war, nicht jedoch bei der Konstruktion<br />
anderer mentaler Repräsentationen. Hinsichtlich der<br />
Modalitätspräferenzen konnte zwar gezeigt werden,<br />
dass diese sich auf das Informationswahlverhalten, die<br />
aktuelle Präferenz, auswirken, es jedoch nicht zu besseren<br />
Lernleistungen kommt, wenn der <strong>Kommunikations</strong>schwerpunkt<br />
oder die präferierte Modalität mit<br />
der Modalität der Textpräsentation übereinstimmt.“<br />
542<br />
Ritterfeld, Ute et al: Unterhaltsamer <strong>Medien</strong>gebrauch<br />
und Spracherwerb: Evidenz für<br />
Sprachlernprozesse durch die Rezeption eines<br />
Hörspiels bei Vorschulkindern. – S. 60–69<br />
„Es werden 2 Experimente vorgestellt, die den kausalen<br />
Zusammenhang zwischen dem Unterhaltungspotenzial<br />
von Hörspielen, der Aufmerksamkeit und<br />
dem Sprachlernen von drei- bis vierjährigen Kindern<br />
untersuchen. In Experiment 1 wurde 20 Kindern ein<br />
eigens produziertes Hörspiel zweimal präsentiert,<br />
anschließend wurden hörspielbezogene Sprachlerneffekte<br />
durch einen Satzergänzungstest erfasst. Im<br />
Vergleich dazu erhielt eine zweite Gruppe von 20<br />
hinsichtlich Alter, Geschlecht und Sprachkompetenz<br />
parallelisierten Kindern dasselbe Hörspiel unter aufmerksamkeitsbeeinträchtigten<br />
Bedingungen. Ein Vergleich<br />
der Sprachleistungen bestätigt die Bedeutsamkeit<br />
der Aufmerksamkeit für den Sprachlernerfolg.<br />
Experiment 2 vergleicht langfristige Sprachlerneffekte<br />
bei 20 Kindern, die im Verlauf von 14 Tagen ein unterhaltsames<br />
Hörspiel hörten, mit 20 Kindern, die ein<br />
weniger unterhaltsames Hörspiel erhielten, und einer<br />
Kontrollgruppe (n = 10). Zur Messung der abhängigen<br />
Variablen wurde ein hörspielproximaler Satzergänzungstest<br />
eingesetzt sowie die Spontansprache der<br />
Kinder analysiert. Die deutlich höheren Leistungen<br />
der beiden Experimentalgruppen im Vergleich zur<br />
Kontrollgruppe weisen die Sprachförderlichkeit des<br />
Hörspiels nach, wobei die Effekte mit der Zeit zunehmen<br />
und stabil bleiben. Der Einfluss der Unterhaltsamkeit<br />
wird insofern deutlich, als in dieser Bedingung<br />
das Lernmaximum schneller erreicht wird.“<br />
Renaud, Dagmar; Unz, Dagmar: Die M-DAS:<br />
eine modifizierte Version der Differentiellen<br />
Affekt Skala zur Erfassung von Emotionen bei<br />
der <strong>Medien</strong>nutzung. – S. 70–75<br />
„In einer Studie zur Modifikation der Differentiellen<br />
Affekt Skala (DAS) wurden die positiven Emotionen<br />
Zuneigung, Fröhlichkeit, Zufriedenheit, Faszination,<br />
Vergnügen und Freude dahingehend geprüft, ob sie<br />
sich in medienpsychologischen Untersuchungen als<br />
zusätzliche Skalen zur Erfassung positiver emotionaler<br />
Befindlichkeiten eignen. 160 Versuchspersonen<br />
sollten sich an ein angenehmes Film- oder Fernseherlebnis<br />
erinnern und zu 62 emotionsbeschreibenden<br />
Begriffen (5-stufige Skala) angeben, wie intensiv sie<br />
dieses Gefühl empfunden haben. Die interne Reliabilitätsermittlung<br />
und Faktorenanalysen führten für<br />
Vergnügen, Zufriedenheit, Zuneigung und Freude<br />
zu je drei Items, die zufrieden stellende Reliabilitäten<br />
erreichten und auf einem gemeinsamen Faktor<br />
hoch laden. Für Faszination fand die Faktorenanalyse<br />
zwei Faktoren, die auf zwei Varianten dieser Skala<br />
(Faszination und Ergriffenheit) schließen lassen.<br />
Eine zusätzliche Studie mit 600 Kinobesuchern ergab<br />
zufrieden stellende interne Konsistenzen für die um<br />
die genannten positiven Emotionsskalen erweiterte<br />
M-DAS. Somit steht mit der M-DAS ein reliables<br />
Instrument zur Verfügung, um ein breites Spektrum<br />
emotionaler Befindlichkeiten bei der <strong>Medien</strong>rezeption<br />
zu erfassen.“<br />
Wirth, Werner; Brändle, Andreas: Wikipedia:<br />
Diffusion, Nutzung und Kooperationsmotivation.<br />
– S. 76–80
Zeitschrift für Urheber- und <strong>Medien</strong>recht<br />
Jg 50 (2006) Nr 2<br />
Kröber, Christian: Der grenzüberschreitende<br />
Internet-Handel mit CD- und DVD-Rohlingen<br />
und die Vergütungsansprüche nach §§ 54<br />
ff UrhG. – S. 89–95<br />
Poll, Günter: „Korb 2“: was wird aus der Privatkopieregelung<br />
nach §§ 53 ff UrhG?: zugleich<br />
eine Anmerkung zu dem Beschluss des BverfG<br />
vom 25. Juli 2005 – 1 BvR 2182/04, ZUM 2005,<br />
812. – S. 96–103<br />
Graef, Oliver: Insolvenz des Lizenzgebers und<br />
Wahlrecht des Insolvenzverwalters: Lösungsansätze<br />
aus der Praxis. – S. 104–107<br />
Kleist, Thomas; Scheuer, Alexander: Kultur<br />
und Quoten: Förderung der Kultur im Rundfunk<br />
in der EG, Deutschland und anderen EU-<br />
Mitgliedstaaten. – S. 108–117<br />
In ihrem Beitrag gehen die Verfasser so vor, dass sie<br />
zunächst versuchen den Kulturbegriff aufzuschlüsseln,<br />
wobei sie Art. 151 EGV, die Kulturklausel des<br />
EG-Vertrages, als Ausgangspunkt wählen. Es werden<br />
anschließend verschiedene Kulturfördermaßnahmen<br />
für den Rundfunk vorgestellt. Unterschieden wird<br />
dabei insbesondere zwischen finanzieller und regulatorischer<br />
Förderung. Letztere steht im Mittelpunkt,<br />
wenn die Verfasser rechtsvergleichend Kulturquoten<br />
sowie Sprach- und Produktionsquoten auf EU-Ebene<br />
(insbesondere im Zusammenhang mit der Fernsehrichtlinie),<br />
in Deutschland und anderen einzelnen<br />
Mitgliedsstaaten betrachten. Dabei wird auch der<br />
jeweilige verfassungsrechtliche Hintergrund beleuchtet,<br />
wobei diesbezüglich nur in Deutschland ernsthafte<br />
Kontroversen zu beobachten seien. Die Verfasser<br />
arbeiten schließlich heraus, dass man zwischen verschiedenen<br />
Ebenen des Kulturbegriffes unterscheiden<br />
müsse: Es müsse eine Aufspaltung in den Begriff der<br />
europäischen Kultur, den Begriff der Kultur in Europa<br />
und den europäischen Begriff der Kultur erfolgen.<br />
Zentek, Sabine: Anmerkung zu OLG Naumburg,<br />
Urteil vom 7. April 2005: 10 U 7/04,<br />
ZUM 2005, 759fm; erste Entscheidung zum §<br />
32a UrhG, eine Enttäuschung. – S. 117–121<br />
Rüberg, Michael: Mo(n)tezumas späte Rache:<br />
der Schutz nachgelassener Werke im deutschen<br />
Urheberrecht; zugl eine Anmerkung zum Urteil<br />
des OLG Düsseldorf vom 16. August 2005,<br />
I-20-U-123/05, ZUM 2005, 825. – S. 122–129<br />
Strauß, Ingo: Anmerkung zu BGH, Urteil vom<br />
8. November 2005, KZR-37/03, Hörfunkrechte.<br />
– S. 141–143<br />
Der Verfasser stellt die besprochene Entscheidung in<br />
den Kontext eines allgemeinen Interessenkonflikts<br />
zwischen Sportveranstalter und <strong>Medien</strong>berichterstattung.<br />
Er stimmt dem Ergebnis zu, dass Hörfunkrechte<br />
über das Rechtsinstitut des Hausrechtes von Sportveranstaltern<br />
konstruiert werden. Allerdings stellt<br />
er auch daneben auch andere Rechtsgrundlagen zur<br />
Literatur · Zeitschriftenlese<br />
Diskussion und kritisiert darüber hinaus dogmatische<br />
Ungereimtheiten des Urteils, insbesondere hinsichtlich<br />
der Berücksichtigung von Verfassungsrecht bei<br />
einfachgesetzlichen Ansprüchen. Schließlich spricht<br />
der Autor die Möglichkeit eines Kurzberichterstattungsrecht<br />
für Hörfunkveranstalter an, das seiner<br />
Meinung nach aber auch nicht unentgeltlicher Natur<br />
sein könnte.<br />
Jg 50 (2006) Nr 3<br />
Flechsig, Norbert; Karg, Tanja C.: Inhalt und<br />
Umfang der Nachbesserungsmöglichkeiten<br />
im Gegendarstellungsrecht: zur Zulässigkeit<br />
der Neufassung einer Gegendarstellung nach<br />
gerichtlicher Abweisung im Lichte der Unverzüglichkeit<br />
der Anspruchserhebung. – S. 177–<br />
183<br />
„Der Beitrag setzt sich mit den Problemen prozessualer<br />
Natur auseinander, die auftreten, wenn ein<br />
Gegendarstellungsbegehren gerichtlich abgewiesen<br />
wurde. Eine zentrale Rolle spielt dabei das Gebot der<br />
unverzüglichen Anspruchserhebung.“<br />
Mynarik, Nadine: „Mobile Entertainment“ und<br />
das Jugendmedienschutzrecht: Entwicklungen<br />
von Mobilfunkrecht und -technik: Perspektiven<br />
für den Jugendschutz. – S. 183–188<br />
„Der Beitrag befasst sich mit den Rechtsproblemen,<br />
die auf Grund einer zunehmend wachsenden Bedeutung<br />
mobiler Unterhaltungsdienste und deren Fokussierung<br />
auf Jugendliche und Kinder als Kunden im<br />
Jugendschutzrecht auftreten. Die Verfasserin stellt zunächst<br />
die Anwendbarkeit des Jugendmedienschutzstaatsvertrages<br />
zur Diskussion, wobei insbesondere<br />
eine Abgrenzung zum Anwendungsbereich des Telekommunikationsgesetzes<br />
vorgenommen wird bzw.<br />
entsprechende Überschneidungen aufgezeigt werden.<br />
Anhand von Beispielen werden Abgrenzungsprobleme<br />
im Zusammenhang mit individualkommunikativen<br />
Diensten und Angeboten der mobilen<br />
Massenunterhaltung und – information dargestellt.<br />
In diesem Rahmen untersucht die Verfasserin auch<br />
wettbewerbsrechtliche Implikationen, kommt aber zu<br />
dem Schluss, dass bis zu einer anstehenden Verschärfung<br />
der verbraucherschützenden Regulierung im<br />
Wettbewerbsrecht noch Schwächen erkennbar sind.<br />
Schließlich wendet sie sich den Perspektiven eines angemessenen<br />
Jugendschutzes zu, die sie unter anderem<br />
im Einsatz von neuen Sicherheitstechnologien und<br />
Mechanismen der Selbstregulierung sieht.“<br />
Raitz von Frentz, Wolfgang; Masch, Christian<br />
L.: Glücksspiele, Sportwetten, Geschicklichkeitsspiele,<br />
Lotterien, Unterhaltungsspiele,<br />
Spielbanken, Spielhallen und Gewinnspiele in<br />
Deutschland: eine Übersicht zur jüngsten Entwicklung<br />
des Spielrechts. – S. 189–199<br />
Bornemann, Roland: Die Bedeutung der „starken<br />
Stellung“ in der <strong>Medien</strong>konzentrationskontrolle:<br />
Professor Dr. Wolf-Dieter Ring zum<br />
65. Geburtstag. – S. 200–205<br />
„Ausgehend vom Fall der gescheiterten Springer/<br />
543
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
ProSiebenSat.1 Fusion und der entsprechenden<br />
Prüfung durch die Kommission zur Ermittlung der<br />
Konzentration im <strong>Medien</strong>bereich (KEK), die in ihrer<br />
Chronologie skizziert wird, beleuchtet der Verfasser<br />
das gesetzliche System der §§ 26 ff. Rundfunkstaatsvertrag.<br />
Er übt Kritik an der KEK-Entscheidung, die<br />
„einer falschen Rechtsmeinung“ folge und sich vom<br />
Leitbild des Gesetzes, welches im Beitrag erarbeitet<br />
wird, entferne. Schließlich unterzieht der Verfasser die<br />
Entscheidung der KEK einer verfassungsrechtlichen<br />
Überprüfung mit dem Ergebnis, dass das Verfassungsrecht<br />
keinen Grund für eine Abweichung der KEK<br />
vom Gesetzestext biete.“<br />
Berberich, Matthias: Die Doppelfunktion der<br />
Zweckübertragungslehre bei der AGB-Kontrolle.<br />
– S. 205–210<br />
Schmelz, Christoph: Anmerkung zu BGH, Urteil<br />
vom 6. Dezember 2005: VI-ZR-265/04. –<br />
S. 214–215<br />
Meyer, Julia: Anmerkung zu OLG Brandenburg,<br />
Urteil vom 16.November 2005: 4-U-<br />
5/054. – S. 225–226<br />
Jg 50 (2006) Nr 4<br />
Diesbach, Martin; Bormann, Sandra Sophia;<br />
Vollrath, Benjamin: „Public-Viewing“ als Problem<br />
des Urheber- und Wettbewerbsrechts. –<br />
S. 265–274<br />
Die Verfasser untersuchen urheber- und wettbewerbsrechtliche<br />
Ansprüche der Infront AG, Wahrnehmerin<br />
der Fernsehrechte der FIFA, gegen Veranstalter von<br />
Public-Viewing-Veranstaltungen. Im Urheberrecht<br />
gehen sie auf die Anspruchsgrundlage des § 87 Abs.<br />
1 Nr. 3 UrhG, die jedoch nur bei wirksamer Abtretung<br />
durch den Rechteinhaber bestünden. Zu klären<br />
ist, wann die Voraussetzung der Erhebung eines „Eintrittsgeldes“<br />
im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 3 UrhG<br />
gegeben ist. Dies wird insbesondere für den Fall einer<br />
Finanzierung durch Sponsoring ausführlich anhand<br />
der verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten untersucht.<br />
Für gesponserte und für den Zuschauer unentgeltliche<br />
Public-Viewings urheberrechtlich irrelevant<br />
seien, wird der ergänzende wettbewerbsrechtliche<br />
Leistungsschutz geprüft. Dabei spielen zunächst die<br />
Wettbewerbsverhältnisse der einzelnen Akteure eine<br />
Rolle, daneben werden die Voraussetzungen des § 4<br />
Nr. 9, Nr. 10 UWG geprüft mit dem Ergebnis, dass<br />
wettbewerbsrechtliche Ansprüche nicht bestünden.<br />
Strauß, Ingo: Rechtliche Verantwortlichkeit für<br />
Wikipedia: der Streit um „Tron“ war erst der<br />
Anfang. – S. 274–283<br />
Der Beitrag befasst sich mit Rechtsproblemen rund<br />
um die freie Online-Enzyklopädie Wikipedia. Als<br />
Ausgangspunkt dient die erste juristische Auseinandersetzung<br />
um Wikipedia in Deutschland, nämlich um<br />
die Nennung des bürgerlichen Namens des Hackers<br />
„Tron“ in einem Wikipedia Artikel. Dieser Streit wird<br />
rechtlich analysiert, insbesondere im Hinblick auf<br />
das postmortale Persönlichkeitsrecht. Anschließend<br />
beschäftigt sich der Autor mit weiteren potentiellen<br />
Rechtsfragen wie die rechtliche Einordnung (einfach-<br />
544<br />
gesetzlich und Grundrechtsschutz nach Art. 5 Abs.<br />
1 S. 2 GG) und insbesondere die Verantwortlichkeit.<br />
Hinsichtlich letzterer wird das Haftungssystem der<br />
§§ 6 ff. <strong>Medien</strong>dienstestaatsvertrag dargelegt und eine<br />
etwaige Inanspruchnahme als Störer problematisiert.<br />
Der Beitrag schließt mit Hinweisen auf internationale<br />
Zivilprozess- und Strafverfolgungsfragen.<br />
Gercke, Marco: Die Entwicklung des Internetstrafrechts<br />
im Jahre 2005. – S. 284–294<br />
Wisuschil, Andreas: Der Fall „Junge Freiheit“:<br />
Neuorientierung im Verfassungsschutzrecht?.<br />
– S. 294–301<br />
Grützmacher, Malte: „Gebrauchtsoftware“<br />
und Erschöpfungslehre: zu den Rahmenbedingungen<br />
eines Second-Hand-Marktes für Software;<br />
zugleich eine Anmerkung zu LG München,<br />
Urteil vom 19. Januar 2006, ZUM 2006,<br />
251. – S. 294–301<br />
Franz, Martin: Die Übertragung von DVD-<br />
Rechten auf zweiter Stufe in Altverträgen:<br />
zugleich Anmerkung zum „Zauberberg“-Urteil<br />
des BGH vom 19. Mai 2005, ZUM 2005,<br />
816. – S. 306–310<br />
Jg 50 (2006) Nr 5<br />
Enders, Theodor: Darstellung und Bedeutung<br />
des Jugend(medien)schutzes im Direktmarketing.<br />
– S. 353–362<br />
Der Beitrag systematisiert Anforderungen des Jugendbzw.<br />
Jugendmedienschutzes für Direktmarketing-<br />
Aktivitäten, die immer häufiger per Email, Telefax,<br />
Telefon oder mittelbar über Webseiten durchgeführt<br />
werden. Es wird zunächst das System und die Organisation<br />
des Jugendschutzes in Deutschland dargestellt.<br />
Sodann werden die Anwendungsbereiche des Jugendschutzgesetzes<br />
in Abgrenzung zum Jugendmedienschutzstaatsvertrag<br />
für Direktmarketing-Angebote<br />
erörtert. Zudem werden ergänzend auf weitere rechtliche<br />
Vorgaben des Strafgesetzbuches, des Lebensmittel-<br />
und Wettbewerbsrechts hingewiesen. Der Autor<br />
bemängelt Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen<br />
den Begriffen „Trägermedien“ (Jugendschutzgesetz)<br />
und „Telemedien“ (Jugendmedienschutzstaatsvertrag)<br />
und sieht Gesetzgebung und Rechtsprechung<br />
gefordert, die dargestellten Lücken zu schließen.<br />
Stender-Vorwachs, Jutta; Theißen, Natalia: Die<br />
Revision der Fernsehrichtlinie: ist die Revision<br />
eine Reform?. – S. 362–369<br />
Die Europäische Kommission hat im Dezember einen<br />
Entwurf zur Revision der so genannten „Fernsehrichtlinie“<br />
vorgelegt. Der Betrag beschäftigt sich mit<br />
dem zukünftigen Anwendungsbereich der Richtlinie,<br />
klammert dabei jedoch inhaltliche Fragen etwa zu den<br />
Bereichen Werbung und Jugendschutz aus. Es wird<br />
zunächst der bisherige Anwendungsbereich der noch<br />
geltenden Richtlinie dargestellt und insbesondere auf<br />
Rechtsprobleme hinsichtlich der Abgrenzung zwischen<br />
„Fernsehdiensten“ i.S.d. Fernsehrichtlinie und<br />
„Diensten der Informationsgesellschaft“ i.S.d. e-com-
merce-Richtlinie andererseits hingewiesen. Sodann<br />
wird auf den Richtlinien-Vorschlag eingegangen und<br />
der zukünftige technologieneutrale Ansatz der Kommission<br />
dargestellt. Die Autorinnen gehen vertieft auf<br />
künftige Abgrenzungskriterien zwischen linearen und<br />
nicht-linearen audiovisuellen <strong>Medien</strong>diensten ein, an<br />
welche künftig unterschiedliche, rechtliche Anforderungen<br />
geknüpft werden sollen. Grundsätzlich wird<br />
der Vorschlag der Kommission positiv bewertet, allerdings<br />
seien nicht alle Formen audiovisueller Dienste<br />
vom Anwendungsbereich erfasst, was insbesondere<br />
bei hybriden Diensten Probleme schaffe.<br />
Kubis, Sebastian: Digitalisierung von Druckwerken<br />
zur Volltextsuche im Internet: die<br />
Buchsuche von Google (Google Book Search)<br />
im Konflikt mit dem Urheberrecht. – S. 370–<br />
379<br />
Der Beitrag setzt sich mit dem vom Suchmaschinenanbieter<br />
Google geplanten Projekt zur Digitalisierung<br />
von Büchern und Bibliotheken auseinander. Der Anbieter<br />
plant Bücher aus US-amerikanischen Bibliotheken<br />
zu scannen und eine Volltextsuche im Internet<br />
anzubieten. Zudem können Verleger ihre Bücher dem<br />
Anbieter zur Verfügung stellen. Dargestellt werden<br />
die Funktionsweise und der rechtliche Rahmen dieser<br />
Buchsuche. Dazu geht der Autor auf die geltende<br />
amerikanische Rechtslage die deutsche Rechtslage<br />
ein. Dabei wird insbesondere ein Augenmerk auf das<br />
Urheberpersönlichkeitsrecht und das Allgemeine Persönlichkeitsrecht<br />
sowie urheberrechrechtliche Fragen<br />
gelegt. Ergänzend wird auch die internationale Dimension,<br />
insbesondere die internationale Gerichtszuständigkeit,<br />
erörtert.<br />
Poll, Günter: Anmerkung zu OLG Hamburg,<br />
Urteil vom 18. Januar 2006, ZUM 2006, 335:<br />
Klingeltöne. – S. 379–385<br />
Flechsig, Norbert P.: Quo vadis, Copyright?:<br />
das vierte EBU Symposium am 31. März 2006<br />
in Barcelona. – S. 386–387<br />
Ruttig, Markus: Anmerkung zu BVerfG, Urteil<br />
vom 28. März 2006: I BvR 1054/01. – S. 400–<br />
402<br />
Stenzel, Igor: Anmerkung zu Kammergericht,<br />
Urteil vom 10. Februar 2006: 9 U 55/05. –<br />
S. 405–407<br />
Kaboth, Daniel: Anmerkung zu OLG Frankfurt,<br />
Urteil vom 3. März 2006: 14 W 10/06. –<br />
S. 412–414<br />
Literatur · Zeitschriftenlese<br />
Jg 50 (2006) Nr 6<br />
Federrath, Hannes: Technische Grundlagen<br />
von Auskunftsansprüchen. – S. 434–438<br />
Dargestellt werden die technischen Voraussetzungen<br />
von Auskunftsansprüchen gegen Internet-Provider.<br />
Es werden auf die unterschiedlichen Speicherorte<br />
möglicher urheberrechtsverletzender Daten eingegangen<br />
und typische Szenarien der Internetanbindung<br />
von Nutzern dargestellt. Zudem wird auf die Angebote<br />
von Anonymisierungstechniken im Internet<br />
eingegangen und auf neue technische Entwicklungen<br />
wie z. B. „unbeobachtbare Peer-to-Peer-Systeme“<br />
hingewiesen.<br />
Raabe, Franziska: Der Auskunftsanspruch<br />
nach dem Referentenentwurf zur Verbesserung<br />
der Durchsetzung von rechten des geistigen Eigentums.<br />
– S. 439–443<br />
Dargestellt wird der in der Urheberrechtsnovelle vorgesehene<br />
rechtliche Auskunftsanspruch gegen Internetprovider<br />
zur Verbesserung der Durchsetzung von<br />
Rechten des geistigen Eigentums. Es werden konträre<br />
Einwände der Branchenorganisationen BiTKOM<br />
und IFPI zusammengefasst, die unterschiedliche<br />
Vorbehalte gegen den Auskunftsanspruch äußern.<br />
Die Referentin nimmt sodann zu diesen Einwänden<br />
Stellung und verteidigt die Einführung eines Richtervorbehalts<br />
und die Erfordernis der Rechtsverletzung<br />
im gewerblichen Ausmaß und der Offensichtlichkeit<br />
der Rechtsverletzung.<br />
Kitz, Volker: Urheberrecht im Internet und<br />
seine Einfügung in den Gesamtrechtsrahmen:<br />
gelöste und ungelöste Fragen zwischen<br />
E-Commerce-Richtlinie und Datenschutzrecht.<br />
– S. 444–450<br />
Zombik, Peter: Der Kampf gegen Musikdiebstahl<br />
im Internet: Rechtsdurchsetzung zwischen<br />
Bagatellschwelle und Datenschutz. –<br />
S. 450–456<br />
Langhoff, Helge: Auskunftsanspruch gegen<br />
Internetprovider: Diskussionsbericht der<br />
gleich lautenden Arbeitssitzung des Instituts<br />
für Urheber- und <strong>Medien</strong>recht am 7. April<br />
2006. – S. 457–460<br />
Spieker, Oliver: Anmerkung zu Kammergericht,<br />
Beschluss vom 20. März 2006, 10 W<br />
27/05. – S. 462–464<br />
Libertus, Michael; Schneider, Axel: Anmerkung<br />
zu LG Hamburg, Urteil vom 2. Dezember<br />
2005 – 324 O 721/05. – S. 487–490<br />
545
Literaturverzeichnis<br />
11 Bibliographien. Lexika. Handbücher<br />
12 Jahrbücher. Geschäftsberichte<br />
21 <strong>Kommunikations</strong>wissenschaft und -forschung<br />
22 Journalismus. <strong>Medien</strong>berufe<br />
31 Kommunikation<br />
32 <strong>Kommunikations</strong>politik<br />
33 Lokalkommunikation. Bundesländer<br />
41 Massenkommunikation Politik<br />
42 Massenkommunikation Gesellschaft<br />
43 Massenkommunikation Kultur<br />
51 Telekommunikation. Informationsgesellschaft<br />
52 Neue Technologien. Multimedia<br />
11 Bibliographien. Lexika. Handbücher<br />
Hörfunk und Fernsehen: Aufsatznachweis aus<br />
Zeitschriften und Sammelwerken; Jahresband<br />
2005. – Köln: WDR, 2006. – 577 S.<br />
<strong>Kommunikations</strong>wissenschaft: Massenkommunikation,<br />
<strong>Medien</strong>, Sprache: 2006/1. – Bonn:<br />
soFid, 2006. – 367 S.<br />
Raumordnungsbericht 2005. – Bonn: Bundesamt<br />
für Bauwesen und Raumordnung, 2005.<br />
– 371 S. (Berichte; 21)<br />
12 Jahrbücher. Geschäftsberichte<br />
Fernsehfilm Handbuch 2006: Zahlen, Fakten,<br />
Macher und Inhalte; der Rückblick auf das<br />
Fernsehfilmjahr 2005/ Hrsg.: Hauff, Eberhard;<br />
Meiling, Frank. – München: <strong>Medien</strong> Ed., 2006.<br />
– 622 S.<br />
hr-Haushaltsplan 2006/ Hessischer Rundfunk<br />
(Hrsg.). – Frankfurt: HR, 2005. – getr. S.<br />
Jahresbericht 2004: eine aktuelle Bestandsaufnahme/<br />
Landesrundfunkzentrale Mecklenburg-Vorpommern<br />
(LRZ) (Hrsg.). – Schwerin:<br />
LRZ, 2005. – 43 S.<br />
Rager, Günther; Siebers, Tonia; Hassemer,<br />
Gregor: Hörfunk 2005 in Mecklenburg-Vorpommern:<br />
Programmanalyse, Strukturen und<br />
Potenziale. – Schwerin: LRZ, 2005. – 63 S.<br />
ZDF Jahrbuch 2005/ Zweites Deutsches Fernsehen<br />
(Hrsg.). – Mainz: ZDF, 2006. – 243 S.<br />
21 <strong>Kommunikations</strong>wissenschaft und -forschung<br />
Dahinden, Urs: Framing: eine integrative Theorie<br />
der Massenkommunikation. – Kons tanz:<br />
UVK, 2006. – 346 S. (Forschungsfeld Kommunikation;<br />
22)<br />
546<br />
61 Internationale Kommukation<br />
62 Europa Kommunikation<br />
71 Massenmedien, allgemein<br />
72 <strong>Medien</strong> Bildung<br />
73 <strong>Medien</strong> Ökonomie<br />
74 <strong>Medien</strong> Recht<br />
75 Rundfunk<br />
76 Werbung<br />
81 Publikum. <strong>Medien</strong>nutzung<br />
82 Rezeptionsforschung<br />
83 Kinder Jugendliche <strong>Medien</strong><br />
91 Literatur zu einzelnen Ländern<br />
Einführung in die Publizistikwissenschaft/<br />
Hrsg.: Jarren, Otfried; Bonfadelli, Heinz; Siegert,<br />
Gabriele. – Bern: Haupt, 2005. – 619 S.<br />
Klammer, Bernd: Empirische Sozialforschung:<br />
eine Einführung für <strong>Kommunikations</strong>wissenschaftler<br />
und Journalisten. – Konstanz: UVK,<br />
2005. – 346 S.<br />
Meyen, Michael; Löblich, Maria: Klassiker<br />
der <strong>Kommunikations</strong>wissenschaft: Fach- und<br />
Theoriegeschichte in Deutschland. – Konstanz:<br />
UVK, 2006. – 343 S.<br />
Rössler, Patrick: Inhaltsanalyse. – Konstanz:<br />
UVK, 2005. – 300 S.<br />
22 Journalismus. <strong>Medien</strong>berufe<br />
Beck, Klaus; Voigt, Susanne; Wünsch, Jana:<br />
<strong>Medien</strong>ethische Qualitätskriterien für den<br />
Rundfunk: Analysen und Empfehlungen für<br />
Rundfunkmacher/ Sächsische Landesanstalt<br />
für privaten Rundfunk und neue <strong>Medien</strong><br />
(SLM) (Hrsg.). – Berlin: Vistas, 2006. – 205 S.<br />
(Schriftenreihe der SLM; 15)<br />
Bozobel, Sabiha: Zaman; Profil einer türkischen<br />
Zeitung in Deutschland. – München:<br />
Olzog, 2005. – 114 S.<br />
Burger, Harald: <strong>Medien</strong>sprache: eine Einführung<br />
in Sprache und <strong>Kommunikations</strong>formen<br />
der Massenmedien. – Berlin: de Gruyter, 2005.<br />
– 486 S.<br />
Genres im Tageszeitungsjournalismus Deutschlands<br />
und Frankreichs: Handreichung für bilaterale<br />
Projekte in Forschung und Ausbildung.<br />
– Bochum: Projekt-Verl., 2006. – 43 S. (Arbeitshefte<br />
internationaler Journalismus; 2006,1)<br />
Karla, Jürgen: Elektronische Zeitung: Anpassung<br />
der Wertschöpfungstätigkeit von
Zeitungsverlagen bei Markteinführung einer<br />
Zeitung auf elektronischem Papier. – Köln:<br />
Eul Verl., 2006. – 199 S. (Telekommunikatio@<br />
<strong>Medien</strong>wirtschaft; 17)<br />
La Roche, Walther von: Einführung in den<br />
praktischen Journalismus: Mit genauer Beschreibung<br />
aller Ausbildungswege Deutschland<br />
Österreich Schweiz.. – Berlin: Econ, 2006.<br />
– 309 S.<br />
nr-Werkstatt; Presserecht in der Praxis: Chancen<br />
und Grenzen für den Recherche-Journalismus/<br />
netzwerk recherche (Hrsg.). – Wiesbaden:<br />
ColorDruck, 2005. – 120 S.<br />
Pörksen, Bernhard: Die Beobachtung des Beobachters:<br />
eine Erkenntnistheorie der Journalistik.<br />
– Konstanz: UVK, 2006. – 362 S.<br />
Schütz, Walter J.: Zeitungen in Deutschland:<br />
Verlage und ihr publizistisches Angebot 1949–<br />
2004; Teil 1: 1949-1976. – Berlin: Vistas, 2005.<br />
– 609 S.<br />
Schütz, Walter J.: Zeitungen in Deutschland:<br />
Verlage und ihr publizistisches Angebot 1949–<br />
2004; Teil 2: 1989-2004. – Berlin: Vistas, 2005.<br />
– 609-1162 S.<br />
Stapf, Ingrid: <strong>Medien</strong>-Selbstkontrolle: Ethik<br />
und Institutionalisierung. – Konstanz: UVK,<br />
2006. – 398 S.<br />
Streeck, Klaus: Management der Fantasie:<br />
Einführung in die werbende Wirtschaftskommunikation.<br />
– München: R. Fischer, 2006.<br />
– 241 S.<br />
Wolff, Volker: ABC des Zeitungs- und Zeitschriftenjournalismus.<br />
– Konstanz: UVK, 2006.<br />
– 373 S. (Praktischer Journalismus; 67)<br />
31 Kommunikation<br />
Daumenkultur: das Mobiltelefon in der Gesellschaft/<br />
Hrsg.: Glotz, Peter; Bertisch, Stefan;<br />
Locke, Chris. – Bielefeld: transcript, 2006.<br />
– 348 S.<br />
Grundbegriffe der <strong>Medien</strong>theorie/ Hrsg.:<br />
Roesler, Alexander; Stiegler, Bernd. – Paderborn:<br />
Fink, 2005. – 266 S.<br />
Lehmkuhl, Markus: Massenmedien und interpersonale<br />
Kommunikation: eine explorative<br />
Studie am Beispiel BSE. – Konstanz: UVK,<br />
2006. – 231 S. (Forschungsfeld Kommunikation;<br />
21)<br />
Mutzl, Johanna: „Die Macht von dreien...“:<br />
<strong>Medien</strong>hexen und moderne Fangemeinschaf-<br />
Literatur · Literaturverzeichnis<br />
ten; Bedeutungskonstruktionen im Internet.<br />
– Bielefeld: transcript, 2005. – 189 S. (Cultural<br />
studies; 15)<br />
Systematische <strong>Medien</strong>philosophie/ Hrsg.:<br />
Sandbothe, Mike; Nagl, Ludwig. – Berlin: Akademie<br />
Verl., 2005. – 410 S. (Deutsche Zeitschrift<br />
für Philosophie; Sonderband 7)<br />
33 Lokalkommunikation. Bundesländer<br />
Böckelmann, Frank: Wirtschaftliche Verflechtungen<br />
und Wettbewerb der <strong>Medien</strong> in Bayern:<br />
Dokumentation und Analyse. – München: R.<br />
Fischer, 2006. – 694 S. (BLM-Schriftenreihe;<br />
83)<br />
Kamera läuft! Ton ab!: Fünf Jahre mobile <strong>Medien</strong>arbeit<br />
in Thüringen; ein Erfahrungsbericht<br />
der TLM-<strong>Medien</strong>werkstatt/ Thüringer Landesmedienanstalt<br />
TLM (Hrsg.). – München:<br />
KoPäd, 2005. – 241 S. (TLM-Schriftenreihe;<br />
19)<br />
41 Massenkommunikation Politik<br />
Heimbrock, Klaus Jürgen: Wie sag’ ich’s meinem<br />
Bürger?: Lokale Pressearbeit bei unpopulären<br />
Entscheidungen. – Aachen: Shaker, 2005.<br />
– 158 S. (Wissen & Wandel; 2)<br />
Münkel, Daniela: Willy Brand und die „Vierte<br />
Gewalt“: Politik und Massenmedien in den<br />
50er bis 70er Jahren. – Frankfurt am Main:<br />
Campus-Verl., 2005. – 332 S.<br />
PR-Kampagnen: über die Inszenierung von<br />
Öffentlichkeit/ Hrsg.: Röttger, Ulrike. – Wiesbaden:<br />
VS, 2006. – 377 S.<br />
Weingart, Peter: Die Wissenschaft der Öffentlichkeit:<br />
Essays zum Verhältnis von Wirtschaft,<br />
<strong>Medien</strong> und Öffentlichkeit. – Weilerswist: Velbrück<br />
Wissenschaft, 2005. – 206 S.<br />
Wes Land ich bin, des Lied ich sing?: <strong>Medien</strong><br />
und politische Kultur/ Hrsg.: Blum, Roger;<br />
Meier, Peter; Gysin, Nicole. – Bern: Haupt,<br />
2006. – 395 S. (Berner Texte zur <strong>Kommunikations</strong>-<br />
und <strong>Medien</strong>wissenschaft; 10)<br />
42 Massenkommunikation Gesellschaft<br />
Nolte, Kristina: Der Kampf um Aufmerksamkeit:<br />
Wie <strong>Medien</strong>, Wirtschaft und Politik um<br />
eine knappe Ressource ringen. – Frankfurt:<br />
Campus-Verl., 2005. – 186 S.<br />
547
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
43 Massenkommunikation Kultur<br />
Graham, Phil: Hypercapitalism: New media,<br />
language, and social perceptions of value.<br />
– New York: Lang, 2006. – 202 S. (Digital formations;<br />
15)<br />
Jerrentrup, Tabea: <strong>Medien</strong>Macht: <strong>Medien</strong>wirkungen<br />
bezogen auf Wahrnehmung, Gesellschaft,<br />
Kommunikation und Individuum.<br />
– Berlin: WiKu, 2005. – 209 S.<br />
<strong>Medien</strong>anthropologie und <strong>Medien</strong>avantgarde:<br />
Ortsbestimmungen und Grenzüberschreitungen/<br />
Hrsg.: Fürnkäs, Josef; Izumi, Masato;<br />
Pfeiffer, Ludwig. – Bielefeld: transcript, 2005.<br />
– 290 S. (<strong>Medien</strong>umbrüche; 13)<br />
The Power of Language and the Media/ Hrsg.:<br />
David, Maya Khemlani; Burhanudeen, Hafriza.<br />
– Frankfurt am Main: Lang, 2006. – 203<br />
S. (Duisburg Papers on Research and Language<br />
and Culture; 62)<br />
51 Telekommunikation. Informationsgesellschaft<br />
Bülling, Franz; Hillebrand, Annette; Stamm,<br />
Peter: Transaktionskosten der Nutzung des Internet<br />
durch Missbrauch (Spamming) und Regulierungsmöglichkeiten.<br />
– Bad Honnef: WIK,<br />
2006. – 86 S. (Diskussionsbeiträge WIK; 272)<br />
The Internet and Politics: citizens, voter and<br />
activists/ Hrsg.: Oates, Sarah. – London:<br />
Routledge, 2006. – 228 S.<br />
Der Mehrwert der <strong>Medien</strong> – Motor für Innovation<br />
und Wachstum: Dokumentation der<br />
<strong>Medien</strong>tage München 2005. – Berlin: Vistas,<br />
2006. – 301 S.<br />
52 neue Technologien. Multimedia<br />
Banse, Gerhard: Neue Kultur(en) durch neue<br />
<strong>Medien</strong>(?): das Beispiel Internet. – Berlin: Trafo,<br />
2005. – 183 S.<br />
Digital media: transformations in human communication/<br />
Hrsg.: Messaris, Paul; Humphreys,<br />
Lee. – New York: Lang, 2006. – 337 S.<br />
Klimmt, Christoph: Computerspielen als<br />
Handlung: Dimensionen und Determinanten<br />
des Erlebens interaktiver Unterhaltungsangebote.<br />
– Köln: Halem, 2005. – 224 S. (Unterhaltungsforschung;<br />
2)<br />
548<br />
62 Europa Kommunikation<br />
Deutsche und französische <strong>Medien</strong> im Wandel/<br />
Hrsg.: Frenkel, Cornelia; Lüger, Heinz-Helmut.<br />
– Landau: Knecht, 2004. – 260 S. (Landauer<br />
Schriften zur <strong>Kommunikations</strong>- und<br />
Kulturwissenschaft; 6)<br />
Europäische Öffentlichkeit und medialer Wandel:<br />
eine transdisziplinäre Perspektive/ Hrsg.:<br />
Langenbucher, Wolfgang; Latzer, Michael.<br />
– Wiesbaden: VS, 2005. – 419 S.<br />
Tri-Medial Working in European Local Journalism/<br />
Hrsg.: Paukens, Hans; Uebbing, Sandra.<br />
– München: Fischer, 2006. – 163 S. (Schriftenreihe<br />
Deutsche Hörfunk Akademie; 6)<br />
71 Massenmedien, allgemein<br />
Bonfadelli, Heinz; Friemel, Thomas: <strong>Kommunikations</strong>kampagnen<br />
im Gesundheitsbereich:<br />
Grundlagen und Anwendungen. – Konstanz:<br />
UVK, 2006. – 149 S.<br />
Community Services: Healthcare/ Hrsg.:<br />
Reichwald, Ralf; Krcmar, Helmut; Schlichter,<br />
Johann. – Köln: Eul Verl., 2005. – 324 S. (Schriften<br />
zu Kooperations- und <strong>Medien</strong>systemen; 7)<br />
Erfahrungsberichte und Studien zur Fußball-<br />
Europameisterschaft/ Hrsg.: Horky, Thomas.<br />
– Hamburg: Books on Demand, 2005. – 148 S.<br />
(Sport & Kommunikation; 2)<br />
Fußball – <strong>Medien</strong>, <strong>Medien</strong> – Fußball: Zur<br />
<strong>Medien</strong>kultur eines weltweit populären<br />
Sports/ Hrsg.: Settekorn, Wolfgang. – Hamburg:<br />
Zentrum für <strong>Medien</strong> und <strong>Medien</strong>kultur,<br />
2006. – 127 S. (Hamburger Hefte zur <strong>Medien</strong>kultur;<br />
7)<br />
Gethmann, Daniel: Die Übertragung der Stimme:<br />
Vor- und Frühgeschichte des Sprechens im<br />
Radio. – Zürich: diaphanes, 2006. – 208 S.<br />
Leonarz, Martina: Gentechnik im Fernsehen:<br />
eine Framing-Analyse. – Konstanz: UVK,<br />
2006. – 309 S.<br />
Lewis, Justin; Brookers, Rod: Shoot first and<br />
ask questions later: media coverage of the 2003<br />
Iraq war. – New York: Lang, 2006. – 212 S.<br />
(Media & culture; 7)<br />
Paul, Gerhard: Der Bilderkrieg: Inszenierung,<br />
Bilder und Perspektiven der „Operation Irakische<br />
Freiheit“. – Göttingen: Wallstein-Verl.,<br />
2005. – 237 S.<br />
Prawer, Siegbert Salomon: Between two worlds:<br />
the Jewish Presence in Germany and Aus-
trian Film, 1910-1933. – New York: Berghahn<br />
Books, 2005. – 228 S.<br />
Radio Radio: Studien zum Verhältnis von Literatur<br />
und Rundfunk/ Hrsg.: Boehncke, Heiner;<br />
Crone, Michael. – Frankfurt am Main: Lang,<br />
2005. – 357 S. (Frankfurter Forschungen zur<br />
Kultur- und Sprachwissenschaft; 9)<br />
Rössler, Patrick; Lücke, Stephanie: Ernährung<br />
im Fernsehen: Darstellung und Wirkung: eine<br />
empirische Studie. – München: Fischer, 2006.<br />
– 313 S. (<strong>Medien</strong> und Gesundheit; 1)<br />
Schwab, Ulrike: Erzähltext und Spielfilm: zur<br />
Ästhetik und Analyse der Filmadaption. – Berlin:<br />
Lit, 2006. – 388 S. (Geschichte, Zukunft,<br />
Kommunikation; 4)<br />
Steinlehner, Martin: Qualitätsmoderation oder<br />
moderative Qualität: eine empirische Vergleichsstudie<br />
zu Moderationen von Sport-Magazinsendungen<br />
im Fernsehen. – Münster: LIT,<br />
2005. – 129 S. (Sportpublizistik; 3)<br />
Vogel, Irmela: Fernsehübertragungen von<br />
Strafverfahren in der Bundesrepublik Deutschland<br />
und in den USA. – Frankfurt am Main:<br />
Lang, 2005. – 169 S.<br />
Wolbold, Matthias: Reden über Deutschland:<br />
die Rundfunkreden Thomas Manns, Paul Tillichs<br />
und Sir Robert Vansittarts aus dem Zweiten<br />
Weltkrieg. – Münster: LIT, 2005. – 380 S.<br />
(Tillich-Studien; 17)<br />
72 <strong>Medien</strong> Bildung<br />
Baumann, Thomas: <strong>Medien</strong>pädagogik, Internet<br />
und eLearning: Entwurf eines integrativen<br />
medienpädagogischen Programms. – Zürich:<br />
Pestalozzianum, 2005. – 196 S.<br />
<strong>Medien</strong> – Unterricht – Kommunikation: Politische,<br />
sozialwissenschaftliche und fachdidaktische<br />
Aspekte zur Kontext- und Interdependenzendiskussion/<br />
Hrsg.: Becker, Ortwin.<br />
– Hamburg: Studiengesellschaft für Sozialwissenschaftliche<br />
und Politische Bildung, 2005.<br />
– 366 S. (Sozialwissenschaftliche Impulse; 4)<br />
Wessner, Martin: Kontextuelle Kooperation in<br />
virtuellen Lernumgebungen. – Köln: Eul Verl.,<br />
2005. – 180 S. (Schriften zu Kooperations- und<br />
<strong>Medien</strong>systemen; 8)<br />
73 <strong>Medien</strong> Ökonomie<br />
Handbuch <strong>Medien</strong>management/ Hrsg.: Scholz,<br />
Christian. – Berlin: Springer, 2006. – 982 S.<br />
Literatur · Literaturverzeichnis<br />
Karmasin, Matthias; Winter, Carsten: Konvergenzmanagement<br />
und <strong>Medien</strong>wirtschaft.<br />
– München: Fink, 2006. – 272 S.<br />
KEF-Bericht 15; Band 1/ Kommission zur Ermittlung<br />
des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten<br />
, KEF (Hrsg.). – Mainz: KEF Geschäftsstelle,<br />
2005. – 141 S. + Anhang 71 S.<br />
KEF-Bericht 15; Band 2/ Kommission zur Ermittlung<br />
des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten<br />
, KEF (Hrsg.). – Mainz: KEF Geschäftsstelle,<br />
2005. – 185 S.<br />
<strong>Medien</strong> und Ökonomie: Band 3: Anwendungsfelder<br />
der <strong>Medien</strong>ökonomie/ Hrsg.: Altmeppen,<br />
Klaus-Dieter; Karmasin, Matthias. – Wiesbaden:<br />
VS, 2006. – 218 S.<br />
Schulze, Timo: Optimale Nutzungspreise für<br />
Online-Zeitungen. – Wiesbaden: DUV, 2005.<br />
– 264 S.<br />
74 <strong>Medien</strong> Recht<br />
Engel, Christoph: Paketvermittelte Telefonie.<br />
– Baden-Baden: <strong>Nomos</strong>, 2006. – 133 S. (Law<br />
and Economics of International Telecommunications;<br />
55)<br />
Haller, Michael: Informationsfreiheit und Pressevertrieb<br />
in Europa: zur Funktionsleitung des<br />
Grosso-Systems in ausgewählten Staaten der<br />
Europäischen Union. – Baden-Baden: <strong>Nomos</strong>,<br />
2006. – 265 S. (Stiftung Presse-Grosso; 3)<br />
Holznagel, Bernd; Niehaus, Christian: Telekommunikationsrecht:<br />
Rahmenbedingungen<br />
– Regulierungspraxis. – München: Beck, 2006.<br />
– 336 S.<br />
Tätigkeitsbericht (20.) des Hamburgischen<br />
Datenschutzbeauftragten: zugleich Tätigkeitsbericht<br />
der Aufsichtsbehörde für den nichtöffentlichen<br />
Bereich 2004/2005. – Hamburg:<br />
Datenschutzbeauftragter, 2006. – 130 S.<br />
75 Rundfunk<br />
ALM Programmbericht; Fernsehen in<br />
Deutschland 2005; Programmforschung und<br />
Programmdiskurs. – Berlin: Vistas, 2005. – 287<br />
S.<br />
Baker, Maxine: Documentary in the digital age.<br />
– Oxford: Focal Pr., 2006. – 308 S.<br />
Bommert, Hanko; Voß-Frick, Andrea: Fakten<br />
und Images: Interviews im dualen System des<br />
deutschen Fernsehens. – Münster: LIT, 2005.<br />
– 184 S. (<strong>Medien</strong>psychologie; 5)<br />
549
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Buck, Inge: Ich habe eine Landkarte im Kopf:<br />
und andere Hörbilder; Beiträge zur Kulturgeschichte<br />
im Radio. – Bremen: Ed. Lumiere,<br />
2005. – 249 S. (Presse und Geschichte – neue<br />
Beiträge; 20)<br />
Deutschland sucht den Superstar: Analyse der<br />
Erfolgsfaktoren/ Hrsg.: Wolf, Sarah. – Hamburg:<br />
Diplomica, 2004. – 98 S.<br />
Empirische Unterhaltungsforschung: Studien<br />
zu Rezeption und Wirkung von medialer Unterhaltung/<br />
Hrsg.: Schramm, Holger; Wirth,<br />
Werner. – München: R. Fischer, 2006. – 221 S.<br />
(Reihe Rezeptionsforschung; 8)<br />
Göbbel, Heide-Marie: Die große TV-Community:<br />
Charisma und Massenattraktion im Fernsehen.<br />
– Hamburg: Books on Demand, 2005.<br />
– 257 S.<br />
Info ohne -tainment?: Orientierung durch<br />
Fernsehen: Kompetenz, Relevanz, Akzeptanz/<br />
Hrsg.: Hall, Peter Christian. – Mainz: Zweites<br />
Dt. Fernsehen, 2005. – 423 S. (Mainzer Tage der<br />
Fernsehkritik; 37)<br />
Ist das Radio noch zu retten?: Überlebenstraining<br />
für ein vernachlässigtes Medium/ Hrsg.:<br />
Stümpert, Herman. – Berlin: Uni-Ed., 2005.<br />
– 196 S.<br />
Tas, Mehmet: Die Konstruktion „politischer<br />
Bilder“ und ihre Vermittlungsstruktur im TV-<br />
Unterhaltungsprogramm: eine medienwissenschaftliche<br />
Analyse ausgewählter Kriminalserien<br />
in den öffentlich-rechtlichen und privaten<br />
Sendern. – Stuttgart: ibidem, 2005. – 422 S.<br />
76 Werbung<br />
Bratschi, Rebekka: Xenismen in der Werbung:<br />
die Instrumentalisierung des Fremden. – Frankfurt<br />
am Main: Lang, 2005. – 229 S.<br />
Grimmer, Florian: Das Suchmaschinen-Marketing:<br />
Kundengewinnung durch bezahlte Suchergebnisse.<br />
– Bochum: Projekt Verl., 2005.<br />
– 108 S. (BiTS-Forschung; 1)<br />
Janoschka, Anja: Web advertising: new forms<br />
of communication on the Internet. – Amsterdam:<br />
Benjamins, 2004. – 227 S.<br />
81 Publikum. <strong>Medien</strong>nutzung<br />
Massenkommunikation VII: eine Langzeitstudie<br />
zur <strong>Medien</strong>nutzung und <strong>Medien</strong>bewertung<br />
1964-2005/ Hrsg.: Reitze, Helmut; Ridder,<br />
Christa-Maria. – Baden-Baden: <strong>Nomos</strong>, 2006.<br />
550<br />
– 272 S. (Schriftenreihe Media Perspektiven;<br />
19)<br />
82 Rezeptionsforschung<br />
Bertrand, Ina; Hughes, Peter: Media research<br />
methods: audiences, institutions, texts. – Basingstoke:<br />
Palgrave Macmillan, 2005. – 286 S.<br />
Community Services: Lifestyle/ Hrsg.: Reichwald,<br />
Ralf; Krcmar, Helmut; Schlichter, Johann.<br />
– Köln: Eul Verl., 2005. – 370 S. (Schriften zu<br />
Kooperations- und <strong>Medien</strong>systemen; 6)<br />
Shanahan, James; Morgan, Michael: Television<br />
and its Viewers: Cultivation theory and<br />
research. – Cambridge: Cambridge Univ. Pr.,<br />
1999. – 267 S.<br />
83 Kinder Jugendliche <strong>Medien</strong><br />
Keazor, Henry; Wübbena, Thorsten: Video<br />
thrills the Radio Star: Musikvideos: Geschichte,<br />
Themen, Analysen. – Bielefeld: transcript,<br />
2005. – 476 S.<br />
Kerlen, Dietrich: Jugend und <strong>Medien</strong> in<br />
Deutschland: eine kulturhistorische Studie/<br />
Hrsg.: Rath, Matthias; Marci-Boehncke, Gudrun.<br />
– Weinheim: Beltz, 2005. – 205 S.<br />
Kinder und <strong>Medien</strong> 2003/2004: eine Studie<br />
der ARD/ZDF-<strong>Medien</strong>kommision. – Baden-<br />
Baden: <strong>Nomos</strong>, 2006. – 357 S. (Schriftenreihe<br />
Media Perspektiven; 18)<br />
Ucar-Ilbuga, Emine: Fernsehkonsum von türkischen<br />
Jugendlichen: eine empirische Untersuchung<br />
im Hamburger Stadtteil Dulsberg.<br />
– Frankfurt am Main: Lang, 2005. – 277 S. (Beiträge<br />
zur Literatur- und <strong>Medien</strong>didaktik; 10)<br />
91 Literatur zu einzelnen Ländern<br />
Amelina, Anna: Propaganda oder Autonomie?<br />
Das russische Fernsehen 1970 bis heute. – Bielefeld:<br />
transcript, 2006. – 333 S.<br />
Bicket, Douglas: A new song or the same tune?:<br />
Press constructions of Scotland’s emerging political<br />
identitiy in Britain and Europe. – Columbia:<br />
AEJMC, 2006. – 187 S. (Journalism and<br />
communication monographs; 2006/4)<br />
Broadcasting Regulation: Market entry and<br />
Licensing: Regolamentazione dell’attività Radiotelevisiva:<br />
Accesso al Mercato e Sistema di<br />
Licenze; Global Classroom Seminar/ Hrsg.:<br />
Memmo, Daniela; Miconi, Silvia. – Milano:<br />
Dott. a. Giuffrè Ed., 2006. – 382 S.
Chinese Cyberspaces: technological changes<br />
and political effects/ Hrsg.: Damm, Jens; Thomas,<br />
Simona. – London: Routledge, 2006. – 180<br />
S.<br />
Ganescu, Elonora: Ethnische Minderheiten in<br />
der Rumänischen Presse: eine quantitative und<br />
diskurshistorische Zeitungsanalyse. – Frankfurt<br />
am Main: Lang, 2006. – 348 S.<br />
Hanitzsch, Thomas: Journalismus in Indonesien:<br />
Akteure, Strukturen Orientierungshorizonte,<br />
Journalismuskulturen. – Wiesbaden:<br />
DUV, 2004. – 285 S.<br />
Hemels, Joan: Regulierung, Selbstregulierung<br />
und <strong>Medien</strong>kompetenz in den Niederlanden:<br />
die Entwicklung und die öffentliche Debatte.<br />
– Hilversum: NICAM, 2005. – 52 S.<br />
Hennecke, Angelika: Zwischen Faszination<br />
und Gewalt: Kolumbien – unser gemeinsamer<br />
Nenner: Reflexionen über das Verhältnis zwischen<br />
kultureller Identität, Kommunikation<br />
und <strong>Medien</strong> anhand der diskursanalytischen<br />
Untersuchung einer kolumbianischen Werbekampagne.<br />
– Berlin: Lang, 2006. – 204 S. (Kulturwissenschaftliche<br />
Werbeforschung; 6)<br />
The Irish media directory and guide 2006: a<br />
comprehensive guide to all media on the island<br />
of Ireland/ Hrsg.: Shaw, Helen. – Dublin: Gill<br />
& Macmillan, 2005. – 354 S.<br />
Jirgens, Eckhard: Der Deutsche Rundfunk der<br />
1. Tschechoslowakischen Republik: eine Bestandsaufnahme;<br />
Teil 1. – Frankfurt am Main:<br />
Lang, 2005. – 503 S.<br />
Literatur · Literaturverzeichnis<br />
Jirgens, Eckhard: Der Deutsche Rundfunk der<br />
1. Tschechoslowakischen Republik: eine Bestandsaufnahme;<br />
Teil 2: Tabellenband. – Frankfurt<br />
am Main: Lang, 2005. – 312 S.<br />
Journalism and democracy in Asia/ Hrsg.: Romano,<br />
Angela; Bromley, Michael. – London:<br />
Routledge, 2005. – 205 S.<br />
Li, Hongyan: Media change in China: China’s<br />
media in the process of globalization. – Hamburg:<br />
Kovac, 2005. – 223 S. (Schriften zur <strong>Medien</strong>wirtschaft;<br />
10)<br />
Nähle, Kirsten: „Der schwarze Kanal“: ein politisches<br />
Magazin des DDR-Fernsehens. – Marburg:<br />
Tectum, 2005. – 90 S.<br />
Perebinossoff, Philippe; Gross, Brian: Programming<br />
for TV, radio, and the Internet: strategy,<br />
development, and evaluation. – Oxford: Focal<br />
Pr., 2005. – 142 S.<br />
Schulze Schneider, Ingrid: Spanische <strong>Medien</strong>kultur<br />
gestern und heute. – Berlin: Vistas, 2005.<br />
– 119 S. (European journalism review series; 7)<br />
Taiwan; Public television service foundation<br />
annual report 2004. – Taipei: PTS, 2005. – 40 S.<br />
Vahl, Joachim: Die neuen <strong>Medien</strong> und ihre regionalökonomische<br />
Bedeutung für Entwicklungsländer:<br />
Eine Studie in Sambia. – Bergisch<br />
Gladbach: Ferger, 2005. – 259 S.<br />
Wada, Maho: Stille Gewalt: Inszenierungen des<br />
Todes in den Filmen von Takeshi Kitano. – Berlin:<br />
AVINUS, 2005. – 102 S.<br />
551
English Abstracts<br />
Wolfgang Seufert: Programme Expense, Quality and Profitability of Public Service<br />
Broadcasting Programmes (Programmaufwand, Qualität und Wirtschaftlichkeit<br />
öffentlich-rechtlicher Rundfunkangebote), pp. 365–385<br />
Business codes, or rather, indicators, ensure the internal control of production processes<br />
as well as the external control of the achievements of objectives by company board committees.<br />
This article engages with two aspects of the external control of the profitability<br />
of public service broadcasting: the first question addresses whether the indicator “costs<br />
per minute”, used by the KEF, is feasible for such comparisons of profitability and the<br />
second addresses to what extent the cost level of private broadcasters can serve as a target<br />
value (benchmark) for public service broadcasting expense. On the basis of theoretical<br />
considerations about the correlation of programme expense, quality and demands of television<br />
and radio audiences, it becomes clear that the cost per thousand (CPT) is a better<br />
indicator for the profitability of broadcasters than the costs per minute. However, it has<br />
to be taken into account that the CPT level for different programme genres is systematically<br />
different. Varying programme structures or rather special guidelines for public<br />
service broadcasting (e.g. for information or text proportions) influence the CPT level.<br />
The empirical part of this article confirms the assumed coherences between cost levels<br />
and demands of audiences, or rather between production expense and the programme<br />
structure of German TV programmes and national radio broadcasting. Private CPT cost<br />
levels have only limited suitability as a benchmark, since the effects of the target regarding<br />
the market shares have to be taken into account as an additional quality dimension<br />
of public service broadcasting programmes.<br />
Keywords: Media quality, production expense, financing of broadcasting, broadcasting<br />
regulation, costs per thousand, profitability<br />
Jens Wolling / Christoph Kuhlmann: Diffused Attention. An Empirical Test of an<br />
Explanatory Model for the Secondary Use of Television (Zerstreute Aufmerksamkeit.<br />
Empirischer Test eines Erklärungsmodells für die Nebenbeinutzung des Fernsehens),<br />
pp. 386–411<br />
In many cases, television use is only a secondary use: people eat, make phone calls, have<br />
conversations with one another or do domestic work while the television is turned on at<br />
the same time. This article investigates the origins of this behavior. The authors develop<br />
a complex explanatory model which includes socialisation factors, external and internal<br />
restrictions of action, the attachment to television, moods, perception of quality, as well<br />
as motives and benefit perceptions derived from the Uses and Gratification Approach.<br />
Employing multiple regressions, not only the extent of secondary use is explained, but<br />
also its modi, content and situation. The following three factors have the strongest impact<br />
on secondary use: firstly, the positive evaluation of specific benefits of secondary<br />
use – which are of mostly atmospheric character –, and secondly, the ability to handle<br />
cognitive requirements due to parallel activity. The third factor regards the evaluation of<br />
the quality of the television. The variance of the remaining explanatory variables points<br />
to the variety of the phenomenon of secondary use: depending on whether the focus<br />
552
English Abstracts<br />
of the analysis is on television use during specific activities or on the secondary use of<br />
particular content, different reasons prove to be significant.<br />
Keywords: Attention, secondary use, secondary use of television, television use, media<br />
use<br />
Kathrin Junghanns / Thomas Hanitzsch: Profiles of German Foreign Correspondents<br />
(Deutsche Auslandskorrespondenten im Profil), pp. 412–429<br />
This study undertakes the first explorative and descriptive analysis of the occupational<br />
field, based on online interviews with a total of 176 foreign correspondents who report<br />
for the German media. The results prove that on average foreign correspondents are<br />
older and more experienced than their colleagues in national home offices. More so than<br />
in other areas of journalism this domain is dominated by men. Furthermore, foreign<br />
correspondents tend to understand their role as aiming at the contextualisation and classification<br />
of international news as well as a cultural understanding of the region of news<br />
coverage. As a result of complex demands, the occupation of a foreign correspondent is<br />
not a field for neophytes.<br />
Keywords: foreign correspondents, global coverage, self-image, occupational field<br />
Jutta Milde und Georg Ruhrmann: Molecular Medicine in German Television – Scientific<br />
Journals. Results of Interviews with Journalists and Content Analyses (Molekulare<br />
Medizin in deutschen TV-Wissenschaftsmagazinen. Ergebnisse von Journalisteninterviews<br />
und Inhaltsanalysen), pp. 430–456<br />
Molecular medicine can serve as an example of scientific-technological progress which<br />
is highly controversial in terms of its societal consequences. As in virtually all scientifictechnological<br />
topics the majority of the population lacks the necessary expertise for a<br />
direct observation of current developments. The public picture of molecular medicine<br />
is therefore shaped by mass media, especially by television. Therefore, findings on the<br />
characteristics of television coverage on the topic of molecular medicine are also relevant<br />
for general questions regarding the role of science journalism in modern societies. The<br />
empirical basis of this study is, on one hand composed of semi-structured interviews<br />
with science TV journalists about their perception of their role in society, selection criteria<br />
and presentation principles. It is based, on the other hand, of 203 journal articles on<br />
molecular medicine which were evaluated and classified employing a content analysis of<br />
the period 1995-2004. The results show that the analysed scientific journals indeed present<br />
a strong personalised but overriding information-oriented science coverage. Critical<br />
or controversial statements are widely disregarded. The focus is on benefits rather than<br />
risks. Finally, the article presents a brief discussion of future research perspectives.<br />
Keywords: Science coverage, television magazines, content analysis, science journalism,<br />
scientific journals, television coverage, self-image, molecular medicine<br />
553
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Jörg Hagenah: Possibilities of the Use of Media-Analysis Radio Data for Secondary<br />
Analysis from 1972 until today (Möglichkeiten der Nutzung von Media-Analyse-<br />
Radiodaten für Sekundäranalysen von 1972 bis heute), pp. 457–485<br />
For many years, the data of the “media analysis study” for scientific secondary analysis<br />
has been available. However, until 2002 this data was hardly used by communication<br />
scholars. This has changed somewhat with the technical processing of data in SPSS format,<br />
but there is still no trouble-free data use. In particular, a desirable longitudinal<br />
use is hardly feasible for individual scientists during their routine work because of the<br />
complexity of the amount of data. For that reason, a document analysis of the questionnaires<br />
and code books for programme-specific radio use was conducted. Now the current<br />
inquiry model, which was introduced in 1987, can be contrasted with the previous<br />
model. Without any problems, inquiry blocks regarding general- and time filters can be<br />
used in longitudinal perspective; for one, longitudinal usability of frequency inquiries<br />
and routines is methodologically problematic but so are derived probability measures,<br />
contact sums and variances.<br />
Keywords: Radio broadcasting, secondary analysis, longitudinal research, media use,<br />
methods<br />
554
Autorinnen und Autoren dieses Heftes<br />
Dr. Steffen B urkhardt, Hamburg Media School, Finkenau 35, 22081 Hamburg,<br />
s.burkhardt@hamburgmediaschool.com<br />
Dr. Jörg Hagenah, <strong>Medien</strong>wissenschaftliches Lehr- und Forschungszentrum der<br />
Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät, Universität zu Köln, Greinstr. 2,<br />
50939 Köln, hagenah@wiso.uni-koeln.de<br />
Dr. Thomas H anitzsch, Institut für <strong>Medien</strong>- und <strong>Kommunikations</strong>wissenschaft,<br />
Technische Universität Ilmenau, PF 100565, 98684 Ilmenau, thomas.hanitzsch@tu-il<br />
menau.de<br />
Dr. Dagmar H offmann, Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ Potsdam-Babelsberg,<br />
FB 1, <strong>Medien</strong>wissenschaft, Marlene-Dietrich-Allee 11, 14482 Potsdam,<br />
d.hoffmann@hff-potsdam.de<br />
Dipl.-<strong>Medien</strong>wiss. Kathrin J unghanns, Redaktion „Inside Premiere“, Creation Club<br />
(CC) GmbH, <strong>Medien</strong>allee 19, 85774 Unterföhring, kathrin.junghanns@creation-club.<br />
de<br />
Dr. Steffen Kolb, Hamburg Media School, Finkenau 35, 22081 Hamburg, s.kolb@<br />
hamburgmediaschool.com<br />
Dr. phil. Jan Krone, Institut für Publizistik- und <strong>Kommunikations</strong>wissenschaft, AB<br />
Ökonomie und Massenkommunikation/<strong>Kommunikations</strong>politik und <strong>Medien</strong>recht,<br />
Freie Universität Berlin, Malteserstr. 74-100, 12249 Berlin, jkrone@zedat.fu-berlin.de<br />
oder j.krone@gmx.net<br />
Prof. Dr. Hans-Dieter K übler, Fakultät Design <strong>Medien</strong> Information, Hochschule für<br />
angewandte Wissenschaften Hamburg, Berliner Tor 5, 20099 Hamburg, hans-dieter.<br />
kuebler@bui.haw-hamburg.de<br />
Dr. Christoph Kuhlmann, Institut für <strong>Medien</strong>- und <strong>Kommunikations</strong>wissenschaft,<br />
Technische Universität Ilmenau, Am Eichicht 1, 98693 Ilmenau, christoph.kuhlmann@<br />
tu-ilmenau.de<br />
Dipl.-Soz.Wiss. Jutta Milde, <strong>Medien</strong>wissenschaft, Friedrich-Schiller-Universität Jena,<br />
Ernst-Abbe-Platz 8, 07743 Jena, jutta.milde@uni-jena.de<br />
Prof. Dr. Hans Peter P eters, Programme Group Humans, Environment, Technology<br />
MUT, Forschungszentrum Jülich, 52425 Jülich, h.p.peters@fz-juelich.de<br />
Dipl.-Soz. Ulrich R iehm, Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag<br />
(TAB), Neue Schönhauser Str. 10, 10178 Berlin, riehm@itas.fzk.de<br />
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M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
Prof. Dr. Helge Rossen-Stadtfeld, Fakultät für Wirtschafts- und Organisationswissenschaften,<br />
Universität der Bundeswehr München, Werner-Heisenberg-Weg 39,<br />
85577 Neubiberg, helge.rossen-stadtfeld@unibw.de<br />
Prof. Dr. Georg R uhrmann, Lehrstuhl der medialen Kommunikation und der <strong>Medien</strong>wirkung,<br />
Friedrich-Schiller-Universität Jena, Ernst-Abbe-Platz 8, 07743 Jena, Georg.<br />
Ruhrmann@uni-jena.de<br />
Prof. Dr. Wolfgang S eufert, Professur für <strong>Kommunikations</strong>wissenschaft mit dem<br />
Schwerpunkt Ökonomie und Organisation der <strong>Medien</strong>, Friedrich-Schiller-Universität<br />
Jena, Ernst-Abbe-Platz 8, 07743 Jena, w.seufert@uni-jena.de<br />
Dr. Jörg Ukrow, Stv. Direktor der Landesmedienanstalt Saarland, Nell-Breuning-Allee<br />
6, 66115 Saarbrücken, ukrow@lmsaar.de<br />
Dr. Stephan A. Weichert, Institut für <strong>Medien</strong>- und <strong>Kommunikations</strong>politik gGmbH,<br />
Fasanenstraße 73, 10719 Berlin, stephan.weichert@institut-medienpolitik.de<br />
Prof. Dr. Jens Wolling, Institut für <strong>Kommunikations</strong>wissenschaft und <strong>Medien</strong>forschung,<br />
Ludwig-Maximilians-Universität München, Oettingenstr. 67, 80538 München<br />
556
Hinweise für Autorinnen und Autoren<br />
Die wissenschaftliche Vierteljahreszeitschrift „<strong>Medien</strong> & <strong>Kommunikations</strong>wissenschaft“<br />
(bis Ende 1999 „Rundfunk und Fernsehen – Zeitschrift für <strong>Medien</strong>- und <strong>Kommunikations</strong>wissenschaft“)<br />
wird seit 1953 vom Hans-Bredow-Institut herausgegeben<br />
und redaktionell betreut. Die Zeitschrift ist ein interdisziplinäres Forum für theoretische<br />
und empirische Beiträge aus der gesamten <strong>Medien</strong>- und <strong>Kommunikations</strong>wissenschaft.<br />
Für die Publikation in „<strong>Medien</strong> & <strong>Kommunikations</strong>wissenschaft“ kommen wissenschaftliche<br />
Beiträge in Betracht, die:<br />
• ein Moment originärer theoretischer Leistung beinhalten bzw. einen theoretisch<br />
weiterführenden Argumentationsgang bieten;<br />
• Befunde zu einem ausgewiesenen Problem von theoretischer oder medienprak tischer<br />
Relevanz darstellen;<br />
• innerhalb eines wissenschaftlichen Diskurses Position beziehen und die Diskussion<br />
voranbringen können oder<br />
• Literatur bzw. ausgewählte Literatur zu bestimmten Problem stellungen systematisch<br />
und vergleichend zusammenfassen und eine Übersicht über den Stand der<br />
Theorie und/oder Empirie geben.<br />
Die Redaktion bietet außerdem die Möglichkeit zur Stellungnahme und Erwiderung<br />
zu publizierten Beiträgen. Stellungnahmen und Erwiderungen, die den in „<strong>Medien</strong> &<br />
<strong>Kommunikations</strong>wissenschaft“ üblichen inhaltlichen und formalen Standards entsprechen<br />
und geeignet sind, die wissenschaftliche Diskussion zu fördern, werden im nächstmöglichen<br />
Heft publiziert. Die Redaktion räumt dabei dem Autor bzw. der Autorin<br />
des Beitrages, auf den sich die Stellungnahme bezieht, die Möglichkeit einer Erwiderung<br />
ein.<br />
Manuskripte, die zur Publikation in „<strong>Medien</strong> & <strong>Kommunikations</strong>wissenschaft“ eingereicht<br />
werden, dürfen nicht anderweitig veröffentlicht sein und bis Abschluss des Begutachtungsverfahrens<br />
nicht anderen Stellen zur Veröffentlichung angeboten werden.<br />
Im Sinne der Förderung des wissenschaftlichen Diskurses und der kumulativen Forschung<br />
sowie der Qualitätssicherung legt die Redaktion bei der Begutachtung von Beiträgen<br />
besonderen Wert darauf, dass größtmögliche Transparenz hinsichtlich der verwendeten<br />
Daten hergestellt wird. Autorinnen und Autoren empirischer Beiträge verpflichten<br />
sich mit der Einreichung des Manuskripts, dass sie die Art und Weise der Datenerhebung<br />
bzw. den Zugang zu Datenbeständen, die von Dritten (z. B. Datenbanken) zur Verfügung<br />
gestellt worden sind, ausreichend dokumentieren, um so die Voraus setzungen für<br />
Sekundäranalysen und Replikationen zu schaffen. Zugleich erklären sie sich bereit, die<br />
verwendeten Daten bei wissenschaftlich begründeten Anfragen im Rahmen der jeweils<br />
gegebe nen Möglichkeiten für weitere Analysen zur Verfügung zu stellen.<br />
Formalien:<br />
• Manuskripte sind der Redaktion in dreifacher Ausfertigung oder per E-Mail zuzuschicken.<br />
• Da die eingereichten Manuskripte anonymisiert begutachtet werden, sind zwei Titelblätter<br />
erfor derlich: eines mit Angabe des Titels und der Namen und Anschriften<br />
der Autorinnen und Auto ren, eines ohne Anführung der Namen und Adressen.<br />
Das Manuskript selbst darf keine Hinweise auf die Autorinnen und Autoren enthalten.<br />
557
M&K 54. Jahrgang 3/2006<br />
• Beizufügen ist eine kurze Zusammenfassung des Beitrags (max. 15 Zeilen), die dem<br />
Leser als selbständiger Text einen hinreichenden Eindruck vom Inhalt des jeweiligen<br />
Beitrags vermittelt.<br />
• Der Umfang der Beiträge soll 20 Manuskriptseiten (55.000 Zeichen) nicht überschreiten.<br />
• Die Manuskriptseiten müssen im DIN A4-Format (einseitig), anderthalbzeilig beschrieben<br />
und mit ausreichendem Rand versehen sein.<br />
• Gliederung des Textes: Jedes Kapitel und Unterkapitel sollte mit einer Überschrift<br />
(in Dezi malzählung) versehen sein.<br />
• Hervorhebungen im Text sind kursiv oder fett zu kennzeichnen.<br />
• Für Hinweise und Literaturbelege bestehen wahlweise zwei Möglichkeiten:<br />
a) durch Angabe von Autor, Erscheinungsjahr und Seitenziffer im fortlaufenden<br />
Text – z. B.: ... (Müller, 1990: 37 – 40) ... –, wobei der vollständige bibliographische<br />
Nachweis über ein Literaturverzeichnis im An schluss an den Beitrag erfolgt;<br />
b) über durchnummerierte Anmerkungsziffern, wobei der Text der Anmerkung auf<br />
der entsprechenden Seite aufgeführt wird.<br />
Über eine Annahme des Manuskripts und den Zeitpunkt der Veröffentlichung entscheidet<br />
die Re daktion auf der Grundlage redaktionsinterner und externer Gutachten. Dem/<br />
der Autor/in wird die Redaktionsentscheidung schriftlich mitgeteilt. Im Falle einer Entscheidung<br />
für Überarbeitung, Neu einreichung oder Ablehnung legt die Redaktion die<br />
Gründe für ihre Entscheidung offen. Dazu wer den die anonymisierten Gutachten, evtl.<br />
auch nur in Auszügen, zugesandt. Das Begutachtungsver fahren ist in der Regel sechs<br />
Wochen nach Eingang des Manuskripts abgeschlossen; falls die Begut achtung längere<br />
Zeit erfordert, werden die Autor/inn/en benachrichtigt.<br />
Von jedem Originalbeitrag werden 20 Sonderdrucke kostenlos zur Verfügung gestellt.<br />
Weitere Sonderdrucke können bei Rückgabe der Fahnenkorrektur an die Redaktion<br />
schriftlich gegen Rech nung bestellt werden.<br />
Verlag und Redaktion haften nicht für Manuskripte, die unverlangt eingereicht werden.<br />
Mit der An nahme eines Manuskripts erwirbt der Verlag von den Autorinnen und Autoren<br />
alle Rechte, insbe sondere auch das Recht der weiteren Vervielfältigung zu gewerblichen<br />
Zwecken im Wege des fotomechanischen oder eines anderen Verfahrens.<br />
Anschrift der Redaktion: Hans-Bredow-Institut<br />
Heimhuder Straße 21, 20148 Hamburg (Tel. 0 40/45 02 17-41)<br />
E-Mail: c.matzen@hans-bredow-institut.de<br />
<strong>Medien</strong> & <strong>Kommunikations</strong>wissenschaft<br />
Herausgegeben vom Hans-Bredow-Institut für <strong>Medien</strong>forschung an der Universität Hamburg<br />
ISSN 1615-634X<br />
Die Zeitschrift sowie alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede<br />
Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung<br />
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und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.<br />
<strong>Nomos</strong> Verlagsgesellschaft, Baden-Baden, 2006. Printed in Germany.<br />
Bezugsbedingungen: Die Zeitschrift erscheint vierteljährlich (4 Hefte jährlich), Jahresabonnement 83,–, Jahres<br />
abonnement für Studenten € 49,– (gegen Nachweis), Einzelheft € 24,– jeweils zuzügl. Versandkosten (inkl.<br />
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