Festschrift - Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung
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einem Gespräch auf Einladung des Ministeriums<br />
am 29.9.1978 sehr einheitlich und sehr<br />
eindringlich davor gewarnt, solche Fördergruppen<br />
oder Förderstätten durch Richtlinien<br />
festzuschreiben. Die Freie Wohlfahrtspfl ege<br />
hat es sehr einheitlich und sehr eindringlich<br />
abgelehnt, Ausschlusskritierien wie unter<br />
Punkt 3 des Entwurfes aufgeführt, zu akzeptieren<br />
und ich selbst habe <strong>mit</strong> den beiden<br />
nachfolgenden Argumenten versucht, das<br />
Ministerium von der Festschreibung abgesonderter<br />
Einrichtungen <strong>für</strong> schwer geistig<br />
Behinderte abzuhalten:<br />
1. Wird jedem Träger <strong>mit</strong> den aufgelisteten<br />
Ausschlusskriterien ein Argument geliefert,<br />
<strong>mit</strong> dem er sich rechtfertigen kann,<br />
wenn er sich vor der Aufnahme auch<br />
schwer geistig Behinderter drücken will?<br />
2. Wird es uns nie gelingen, die öffentliche<br />
Sonderschule zur Aufnahme aller schulpfl<br />
ichtigen geistig Behinderten zu veranlassen,<br />
wenn wir unsererseits eine Gruppe<br />
aus dem allgemeinen Angebot ausschließen<br />
und etwa unterhalb der Werkstatt<br />
eine Restgruppe bilden?<br />
Wozu haben wir eigentlich <strong>mit</strong> bundesweiten<br />
Protesten den Referentenentwurf zur<br />
Rechtsverordnung zu § 55 SchwBG erfolgreich<br />
zurückgewiesen, und dabei hat uns der<br />
Nieders. Sozialminister unterstützt, wenn wir<br />
jetzt im Vorgriff auf den zu erwartenden neuen<br />
Referentenentwurf dem Bundesminister<br />
<strong>für</strong> Arbeit und Sozialordnung durch freiwillige<br />
Herausnahme der schwachen Gruppe aus<br />
der Werkstatt die Probleme und die Arbeit<br />
abnehmen?<br />
In Düsseldorf hat uns Frau Anke Fuchs vom<br />
BMA zugesagt, dass die Aufnahmekriterien<br />
<strong>für</strong> die WfB künftig so weit gefasst werden<br />
sollen, dass spezielle, besonders isolierte Fördergruppen<br />
nicht notwendig wären.<br />
16<br />
<strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong> schweren <strong>Behinderung</strong>en gehören dazu!<br />
Die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages,<br />
Frau Annemarie Renger, hat in Hamburg<br />
u. a. folgendes ausgeführt: (Zitat)<br />
„Es gilt aber, geeignete Konzeptionen und<br />
Programme zu entwickeln, denn der geistig<br />
schwerst-, meist mehrfach behinderte<br />
Mensch darf nicht länger im Abseits stehen.<br />
Man darf ihn nicht als Pfl egefall abstempeln<br />
und daraus die Konsequenz ziehen, dass ein<br />
Anrecht auf Bildung und Förderung <strong>für</strong> ihn<br />
nicht abzuleiten sei. Auch er ist bildungsfähig<br />
und muss in eine ihn aktivierende Umgebung<br />
gestellt werden. Ich bitte hier alle,<br />
die hier bürokratische Aufgaben zu erfüllen<br />
haben, nicht eine Enge walten zu lassen, die<br />
besonders in diesem Bereich keineswegs angebracht<br />
ist.“ Zitat Ende.<br />
Dieses ist in Niedersachsen nicht gehört oder<br />
gelesen worden, bevor man diese Richtlinie<br />
verfasst hat. Und Frau Renger sagt weiter:<br />
„Diese individuelle Förderung des Schwerstbehinderten<br />
im körperlichen, psychischen<br />
und sozialen Bereich muss in enger Zusammenarbeit<br />
zwischen dem Elternhaus und<br />
ggf. stationären oder offenen Einrichtungen<br />
erfolgen.“ Hier ist nicht die Rede davon, dass<br />
unsere teilstationären Einrichtungen nur <strong>für</strong><br />
die <strong>mit</strong>telgradig Behinderten gedacht und<br />
geeignet sind und schwer geistig Behinderte<br />
grundsätzlich nur stationär zu versorgen<br />
sind. Und Frau Renger hält weiter – „ein Team<br />
von Fachleuten (Arzt, Psychologe, Pädagoge,<br />
Sozialarbeiter usw.) <strong>für</strong> erforderlich, um die<br />
individuellen Hilfen in Abstimmung <strong>mit</strong> den<br />
Eltern zu entwickeln und in einem möglichst<br />
normalen Lebensraum zu erproben. Eine effektive<br />
Förderung schwer geistig Behinderter<br />
lässt sich nur <strong>mit</strong> entsprechend qualifi -<br />
ziertem Fachpersonal und den notwendigen<br />
räumlichen, organisatorischen und fi nanziellen<br />
Voraussetzungen erreichen.“ Zitat Ende.<br />
Ich bestreite ganz entschieden, meine Damen<br />
und Herren, dass man dies, was hier gemeint<br />
und von höchsten Orten gefordert ist,