Neues VCÖ-Magazin
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schäften. Identitätsstiftende Aktivitäten<br />
wie ein Radclub oder das Rennen<br />
„24 Stunden Biken für den Klimaschutz“<br />
begleiten die Initiative. Die<br />
Ökoregion Kaindorf liegt damit im<br />
Trend: 60.000 Elektro-Räder sind in<br />
den Jahren 2010 und 2011 österreichweit<br />
verkauft worden. Sie entpuppen<br />
sich als das ideale Transportmittel für<br />
die meist nur wenige Kilometer langen<br />
Wege zur nächsten Busstation<br />
oder zum nächsten Bahnhof. Joachim<br />
Ninaus: „Insgesamt haben wir in den<br />
Gemeinden 200 Projekte, von denen<br />
viele auch im Mobilitätsbereich angesiedelt<br />
sind.“<br />
Rufbusse in Osttirol<br />
Vitus Monitzer ist Bürgermeister der<br />
Osttiroler Gemeinde St. Veit, die gemeinsam<br />
mit Hopfgarten und St. Jakob<br />
im Defereggental der Hohen<br />
Tauern liegt. Wie bei vielen anderen<br />
Seitentälern auch drängen hier ungenügende<br />
Busangebote die Einwohnerinnen<br />
und Einwohner ins Auto.<br />
Im Jahr 2010 hat die kleine Region<br />
deshalb beschlossen, die nur selten<br />
fahrenden Post- und Skibusse durch<br />
einen Rufbus zu ergänzen, das sogenannte<br />
def Mobil. Vitus Monitzer ist<br />
mit dem Ergebnis zufrieden, der Bus<br />
werde hauptsächlich von Jugendlichen,<br />
älteren Menschen sowie Touristen<br />
und Touristinnen genutzt, 600 bis<br />
700 Fahrten pro Monat gäbe es. Aber<br />
er ist schnell beim Thema Geld. Die<br />
100.000 Euro für drei Jahre Betrieb<br />
seien gesichert. Die weitere Zukunft<br />
sei unsicher, denn: „Ohne Unterstützung<br />
von Bund und Bundesland geht<br />
das nicht. Jetzt kostet die Einzelfahrt<br />
2,10 Euro, wir können sie schwer auf<br />
7 oder 8 Euro anheben.“<br />
Ökoregion Solar-<br />
Strom-Tankstelle:<br />
Auf den Straßen der<br />
Ökoregion Kaindorf<br />
sind schon zahlreiche<br />
Elektro-Bikes und<br />
Elektro-Roller unterwegs,<br />
die hier umweltfreundlich<br />
erzeugten<br />
Strom tanken können.<br />
epte aus der Region<br />
Foto: Vitus Monitzer<br />
Bedarfsorientierte Taxi- und Rufbussysteme,<br />
wie im Tiroler Defereggental,<br />
werden zurzeit in vielen Gemeinden<br />
und Regionen eingerichtet.<br />
Ob es nur um einen einzelnen Kleinbus<br />
geht oder um eine ganze Flotte,<br />
ob die Gemeinden die Betreibenden<br />
sind oder private Betriebe, ob es Haltestellen<br />
gibt oder bis vor die Haustüre<br />
gefahren wird – es ist ein flexibles<br />
und gut nutzbares Angebot für die<br />
Bevölkerung.<br />
Autos teilen<br />
Flexibel sind auch Initiativen, den<br />
Pkw zu „veröffentlichen“. Ein Auto<br />
steht in Österreich im Schnitt mehr<br />
als 23 Stunden am Tag ungenützt<br />
herum und wenn es fährt, sitzt selten<br />
mehr als eine Person drinnen, warum<br />
also nicht teilen, mitbenützen oder<br />
ausborgen? David Frey, Projektleiter<br />
der VOR-Mitfahrbörse „compano-<br />
Fahrplatzvermittlung“, hat beobachtet,<br />
dass der Benzinpreis von 1,50 Euro<br />
jene Marke ist, bei der Menschen<br />
sich nach Alternativen zum eigenen<br />
Auto umsehen. Da steigen die Anmeldungen<br />
bei der Onlineplattform, die<br />
gleichermaßen hilft, öffentliche Verkehrsverbindungen<br />
und Mitfahrgelegenheiten<br />
zu finden. „Es geht nicht<br />
darum, dem Öffentlichen Verkehr<br />
Konkurrenz zu machen“, meint Frey.<br />
„Gedacht ist an stabile Fahrgemeinschaften<br />
zu Anknüpfungspunkten<br />
von Bus oder Bahn.“<br />
Mitfahrbörsen gehört ebenso die<br />
Zukunft wie dem Carsharing. Derzeit<br />
setzen etwa 12.000 Menschen<br />
in Österreich auf Carsharing. In der<br />
Schweiz sind es 100.000. Das Angebot<br />
in Österreich sollte noch stark<br />
ausgeweitet und verbessert werden.<br />
Multimodale Angebote<br />
Damit Menschen ihre Autos stehen<br />
lassen, braucht es multimodale Angebote,<br />
also die Möglichkeit, zwischen<br />
Verkehrsmitteln flexibel zu wechseln.<br />
In der Region Neusiedlersee–Seewinkel<br />
funktioniert das schon gut. Nicht<br />
ohne Grund hat der <strong>VCÖ</strong> in diesem<br />
Jahr der Mobilitätszentrale Burgenland<br />
für das Projekt „Grenzenlos mobil<br />
am See“ den <strong>VCÖ</strong>-Mobilitätspreis<br />
Burgenland verliehen. Ermöglicht<br />
durch ein EU-Projekt, das 85 Prozent<br />
der Kosten abdeckt, verbindet<br />
seit Sommer 2011 der GreMo-Seebus<br />
alle wichtigen Ausflugsziele wie die<br />
St. Martins-Therme oder das Seebad<br />
Illmitz. Der Bus nimmt Rücksicht auf<br />
die Bahnzeiten und bezieht, indem er<br />
den Seehafen anfährt, über die Fähre<br />
auch das Westufer des Neusiedlersees<br />
mit ein. Dort wiederum verkehren<br />
in den Gemeinden Purbach, Breitenbrunn<br />
und Mörbisch sogenannte<br />
GMOA-Busse, Verkehrsmittel ohne<br />
fixe Fahrpläne und Haltestellen. Ein<br />
Anruf genügt und etwa zehn bis fünfzehn<br />
Minuten später steht der Bus vor<br />
der Haustüre. Das Ganze zu moderaten<br />
Preisen. In anderen Gemeinden<br />
der Region gibt es ähnliche Systeme.<br />
Und schließlich steht Gästen wie Einheimischen<br />
rund um den Neusiedlersee<br />
ein dichtes Netz von Leihrädern<br />
zur Verfügung. So kann Mobilität<br />
funktionieren, auch ohne Auto.<br />
> Zum Autor:<br />
Roman Kellner, www.wortundweise.at<br />
> Webtipps:<br />
www.oekoregion-kaindorf.at<br />
www.b-mobil.info<br />
www.defereggental.eu<br />
vcö-magazin 2013-01 5<br />
Zahlen und Fakten<br />
Rufbus:<br />
Vor allem Jugendliche<br />
und ältere Menschen<br />
im Defereggental in<br />
Osttirol profitieren vom<br />
sogenannten def Mobil,<br />
einem flexiblen Rufbus,<br />
der vorläufig für drei<br />
Jahre finanziert ist.<br />
abhängigkeit vom Pkw<br />
In ländlichen Regionen ist die Abhängigkeit vom Pkw sehr hoch. Je<br />
geringer die Bevölkerungsdichte, desto höher der Motorisierungsgrad.<br />
Im verbauten Gebiet nutzen rund 56 Prozent der Personen<br />
mehrmals pro Woche einen Pkw, in Streusiedlungen sind es 81<br />
Prozent. Wien hat mit 394 Pkw pro 1.000 Personen den niedrigsten<br />
Motorisierungsgrad der Bundesländer Österreichs, das Burgenland<br />
mit 616 Pkw den höchsten, gefolgt von Niederösterreich mit 610<br />
Pkw. Im Jahr 2011 hatten über eine Million Haus halte ein zweites<br />
Auto.<br />
Schlechte auslastung der autos<br />
Die Auslastung der Fahrzeuge könnte schlechter kaum sein: In<br />
einem Pkw in Österreich sitzen im Schnitt nur 1,17 Personen,<br />
beim Arbeitspendelverkehr sinkt der Besetzungsgrad sogar unter<br />
1,1 Personen pro Pkw. Somit sind 98 Prozent aller verfügbaren<br />
Plätze für Mitfahrende unbesetzt.<br />
Verkehrsanstieg durch das Pendeln<br />
Die Zahl der Pendelnden steigt: Rund 1,9 Millionen Menschen in<br />
Österreich arbeiten nicht in dem Ort, in dem sie wohnen. Etwa<br />
40 Prozent fahren länger als 30 Minuten.<br />
2013<br />
25 JahRe <strong>VCÖ</strong><br />
Mobilität mit Zukunft<br />
„Seit 25 Jahren beschäftigt sich der <strong>VCÖ</strong> mit dem Thema Mobilität.<br />
Vieles hat sich in dieser Zeit verändert, aber die grundlegende Aufgabenstellung<br />
ist dieselbe geblieben: das individuelle Mobilitätsbedürfnis<br />
des einzelnen Menschen mit dem Verantwortungsbewusstsein<br />
gegenüber Umwelt und Gesellschaft in Einklang zu bringen. Es ist<br />
nicht zuletzt dem <strong>VCÖ</strong> zu verdanken, dass<br />
sich bei den Lösungsansätzen in den vergangenen<br />
Jahren sehr viel getan hat. Alles<br />
Gute für das nächste Vierteljahrhundert!“<br />
Georg Kapsch,<br />
CEO Kapsch AG,<br />
Präsident der Industriellenvereinigung