Regionalzeitung Berlin - (VDI) Berlin-Brandenburg
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erfolgt über ein Schwungrad<br />
mit einem Durchmesser von<br />
3,10 m, das über einen<br />
Riementrieb einen in offener<br />
Bauart ausgeführten 100kVA-<br />
Drehstromgenerator<br />
von Siemens-Schuckert<br />
antreibt, ebenso die auf<br />
gleicher Welle befindliche<br />
Gleichstrom-<br />
Erregermaschine. Die<br />
Steuerung und<br />
Überwachung der Anlage<br />
erfolgte von einer<br />
Schaltwarte aus, die mit den<br />
auf Marmortafeln<br />
befindlichen Instrumenten<br />
ebenfalls noch im Original<br />
erhalten ist. Die Leistung<br />
jedes Zylinders wird auf<br />
einem Typenschild mit 50<br />
PS angegeben, dazu als<br />
Hersteller die<br />
"Maschinenbauanstalt<br />
Breslau", die den Motor<br />
1907 nach dem Patent<br />
Diesel produzierte. Somit ist<br />
der insgesamt 100 PS bei<br />
170 U/min leistende Motor<br />
der älteste noch erhaltene<br />
Dieselmotor auf deutschem<br />
Boden, abgesehen von<br />
ausgesprochenen<br />
Museumsobjekten [1].<br />
Es handelt sich um einen<br />
Tauchkolbenmotor vom<br />
MAN-Typ "DM" mit dem<br />
typischen "doppelbalkigen A-<br />
Gestell", der seit 1901 in<br />
Augsburg die bisherigen<br />
Kreuzkopf-Motoren ablöste<br />
und dort in bis zu 17 Typen<br />
mit 33 Leistungsstufen<br />
produziert wurde. Unser<br />
Motor entspricht dem Typ<br />
"DM 50" mit 350 mm<br />
Kolbendurchmesser und 530<br />
mm Hub: Nachdem am 16.<br />
Juni 1897 Rudolf Diesel auf<br />
der <strong>VDI</strong>-Hauptversammlung<br />
in Kassel seinen neuen<br />
Wärmemotor vorgestellt<br />
hatte, bemühten sich bald<br />
danach viele Firmen um<br />
Nachbaurechte, so wohl<br />
auch die "Breslauer Actien-<br />
Dieselmotoren-Anlage aus dem Jahre 1907 auf dem Bahnhof<br />
Wustermark zum Antrieb von drei Drehstromgeneratoren<br />
Gesellschaft für<br />
Eisenbahn-Wagenbau<br />
und Maschinen-Bau-<br />
Anstalt Breslau".<br />
Nachforschungen im<br />
"Historischen Archiv" der<br />
MAN in Augsburg<br />
förderten zwar keinen<br />
Lizenzvertrag zu Tage,<br />
wohl aber zwei<br />
Werbeschriften, die dem<br />
Verfasser<br />
dankenswerterweise<br />
überlassen wurden.<br />
Danach wurden in<br />
Breslau seit 1898<br />
Dieselmotoren "in großer<br />
Anzahl und für die<br />
verschiedensten Zwecke<br />
... ausgeführt".<br />
Eine der beiden Schriften<br />
hielt eine Überraschung<br />
bereit. Die<br />
"Dieselmotoren-Anlage<br />
auf dem Bahnhof<br />
Wustermark bei <strong>Berlin</strong><br />
zum Antrieb von drei<br />
Drehstromgeneratoren.<br />
Gesamtleistung 300 eff.<br />
Pferdestärken"! Bisher<br />
wurde immer davon<br />
ausgegangen, dass es<br />
sich ursprünglich um eine<br />
Doppelmotorenanlage<br />
gehandelt habe [2; 3],<br />
wobei der vorhandene<br />
Motor noch in den 70er Jahren<br />
des vorigen Jahrhunderts in<br />
Betrieb gewesen ist, wogegen<br />
der zweite Maschinensatz in<br />
der Nachkriegszeit verschrottet<br />
wurde, vermutlich, um das in<br />
der ehemaligen DDR<br />
geforderte "Schrottsoll" zu<br />
erfüllen.<br />
Eine genauere<br />
Ortsbesichtigung lieferte<br />
sowohl inner- als auch<br />
außerhalb des Gebäudes<br />
deutliche Spuren und Hinweise<br />
auf eine dritte Motorenanlage,<br />
dessen Schicksal allerdings<br />
unbekannt ist. Auch der Verein<br />
"Historia Elstal e.V." weiß keine<br />
Antwort! Er setzt sich für eine<br />
Bewahrung und Nutzung des<br />
Kraftwerkes als technisches<br />
Denkmal ein und beabsichtigt,<br />
den letzten Diesel-Veteranen<br />
sowie die technischen<br />
Einrichtungen aufzuarbeiten<br />
und in dem Gebäude eine<br />
Ausstellung zur Geschichte des<br />
ehemaligen Rangierbahnhofes<br />
"Wustermark Rbf" einzurichten.<br />
Hierzu bereiten z. Zt. Studenten<br />
der Fachhochschule für<br />
Technik und Wirtschaft FHTW,<br />
Fachbereich "Restaurierung<br />
und Grabungstechnik", unter<br />
Leitung von Frau Prof. Keller-<br />
Kempas, eine umfassende<br />
<strong>VDI</strong> <strong>Regionalzeitung</strong> <strong>Berlin</strong>-<strong>Brandenburg</strong> Dezember 2002 Seite 18