Handyservice nach der Pleite von ComBase - E&W
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Liebe Leser!<br />
Es war an einem leicht windigen,<br />
sonst aber wun<strong>der</strong>schönen<br />
Spätsommertag im vergangenen<br />
Jahr, als ich mit meinem Bru<strong>der</strong><br />
und einem bekannten Branchenmann<br />
(das ist <strong>der</strong> mit <strong>der</strong><br />
markanten Stimme, siehe S. 7)<br />
bei einer deftigen Jause und dem<br />
passenden Gläschen Wein ins steirische Hügelland<br />
blickte. Also, sagen wir mal so: Mein Bru<strong>der</strong><br />
und ich blickten auf die Hügel, besagter Branchenmann<br />
uns an. Das war vielleicht auch <strong>der</strong><br />
Grund, warum dieser unsere Idylle plötzlich störte<br />
und etwas sagte, das wie „Der Deutsch wäre<br />
jetzt frei. Den könntest du dir in den Verlag holen”,<br />
klang. Ich drehte mich um, aber da war niemand.<br />
Er hatte tatsächlich mich angesprochen.<br />
Und während ich noch <strong>nach</strong> einer passenden,<br />
aber dennoch nicht allzu beleidigenden Antwort<br />
suchte, war mein Bru<strong>der</strong> wie<strong>der</strong> einmal schneller<br />
und sagte zu mir, eifrig nickend: „Ja, stimmt. Hol<br />
dir den, das ist eine super Idee.”<br />
Ich sagte einmal gar nichts, biss – um Zeit zu gewinnen<br />
– ein großes Stück vom Speckbrot ab,<br />
spülte mit hervorragendem südsteirischen Weißwein<br />
<strong>nach</strong> und versuchte, in den Gesichtern einen<br />
Hinweis auf den Grad <strong>der</strong> Ernsthaftigkeit des<br />
Vorschlags auszumachen. Was ich sah, verwirrte<br />
mich.<br />
Beide starrten mich erwartungsvoll an und warteten<br />
sichtlich auf eine ernsthafte Antwort. Die<br />
kam dann auch: „Seid’s ihr beide jetzt schon<br />
ganz deppert worden?”, sagte ich und tippte mir<br />
mit fettigen Fingern auf die Stirn. Die Details<br />
<strong>der</strong> darauf folgenden Unterhaltung will ich Ihnen<br />
ersparen, nur noch so viel: Mein Bru<strong>der</strong>, ein großer<br />
Fan schräger Ideen, erzählte mir dann die<br />
Geschichte <strong>von</strong> Auto-Ikone Ferdinand Piech, <strong>der</strong><br />
Ende <strong>der</strong> Neunziger mit BMW-Chef Bernd Pischetsrie<strong>der</strong><br />
den einzigen Auto-Manager, vor dem<br />
er großen Respekt hatte, kurzerhand zuerst zu<br />
Seat und dann als seinen Nachfolger als Vorstandsvorsitzenden<br />
zu VW geholt hatte. Zum<br />
Schluss sagte er noch: „Spring über deinen Schatten,<br />
denk wie ein Manager und vergiss die Emotionen.”<br />
Und ich begann <strong>nach</strong>zudenken.<br />
Nun bin ich natürlich weit da<strong>von</strong> entfernt Ferdinand<br />
Piech zu sein und <strong>der</strong> Deutsch ist nicht <strong>der</strong><br />
Pischetsrie<strong>der</strong>, aber die Geschichte gefiel mir. Sie<br />
gefiel mir sogar so gut, dass ich schließlich einwilligte<br />
mit jenem Menschen zu sprechen mit dem<br />
Wenn das<br />
Leben ruft<br />
ich fünf Jahre lang kein Wort<br />
gewechselt hatte. „Aber”, so<br />
war meine Bedingung, „nur,<br />
wenn er mich anruft. Ich<br />
mach´s nicht.” Er rief an.<br />
Bereits <strong>nach</strong> zehn Minuten<br />
am Telefon war die Vergangenheit<br />
aufgearbeitet und wir<br />
sprachen fortan nur noch über die Zukunft,<br />
scherzten, neckten einan<strong>der</strong> und verhielten uns,<br />
als hätte jemand die vergangenen fünf Jahre aus<br />
dem Raum-Zeit-Kontinuum geschnitten. Es<br />
folgte dann ein Geheimtreffen in Salzburg während<br />
<strong>der</strong> Futura und anschließend die „Deutsch-<br />
Präsentation” vor meiner Mannschaft. Die ging<br />
dann auch gründlich in die Hose, weil sie <strong>von</strong> mir<br />
psychologisch gesehen nicht gut vorbereitet war<br />
und man in meinem Team einfach nicht glauben<br />
konnte, dass ich, <strong>der</strong> jahrelang Werner R. Deutsch<br />
(WRD) zum Inbegriff des Bösen gestempelt hatte,<br />
<strong>der</strong> ihm Charakter und jegliche Fähigkeit als<br />
seriöser Medienmacher abgesprochen hatte, nun<br />
plötzlich als zukünftiges E&W-Mastermind<br />
präsentierte.<br />
„Seid’s ihr beide jetzt schon ganz<br />
deppert worden?”, sagte ich und tippte<br />
mir mit fettigen Fingern auf die Stirn.<br />
Wie sollte ich auch erklären, wie es all die Jahre<br />
in mir drinnen ausgesehen hatte? Etwa, dass <strong>der</strong><br />
persönliche Erfolg des WRD mir wie Säure die<br />
Leichtigkeit des Seins verätzt und mir das Verlegerleben<br />
schwer gemacht hatte. Selbst meine Frau<br />
verstand die Welt nicht mehr und zweifelte an<br />
meiner Urteilsfähigkeit. Da nützte auch das Andreas<br />
Hofer-Zitat „Die Wahrheit ist eine Tochter<br />
<strong>der</strong> Zeit” als Erklärung nicht viel.<br />
Allerdings haben die vergangenen sechs Monate<br />
und die Leistung <strong>von</strong> WRD die Dinge wie<strong>der</strong><br />
gerade gebogen, und selbst meine Mannschaft hält<br />
mich nicht mehr für komplett durchgeknallt. Auch<br />
wenn es jetzt noch dicker kommt.<br />
Ich will gar nicht groß versuchen zu erklären,<br />
wie es passieren konnte, dass ich jenem Mann,<br />
<strong>der</strong> mich mit seinem – nun ja, sagen wir mal –<br />
nicht ganz unauffälligen und nicht gerade <strong>der</strong><br />
letzten Mode entsprechenden Äußeren jahrelang<br />
bis in den Schlaf verfolgte, nun ganz offiziell<br />
das größte (berufliche) Vertrauen ausspre-<br />
Editorial<br />
che, dessen ich fähig bin. Tatsächlich halte ich<br />
Werner R. Deutsch – mit all seinen Fehlern und<br />
Schrulligkeiten – für einen ganz hervorragenden<br />
Medienmann und Blattmacher. Ich halte ihn für<br />
einen Mann, <strong>der</strong> die Fähigkeit – und das<br />
Herz! – besitzt, E&W in einem Sinne fortzuführen,<br />
wie das <strong>der</strong> Gründungsidee entspricht:<br />
Als leicht lesbares Qualitätsmagazin nämlich,<br />
das sich nicht scheut zu polarisieren, heiße Eisen<br />
anzugreifen und damit eine – bei einem Fachmagazin<br />
– selten dagewesene Leser/Blatt-Bindung<br />
zu erreichen.<br />
Daher habe ich mich in Abstimmung mit meinen<br />
Gesellschaftern entschlossen, diesen Vertrauensbeweis<br />
auch <strong>nach</strong> außen zu tragen und Werner R.<br />
Deutsch mit <strong>der</strong> Leitung <strong>von</strong> Redaktion und Anzeigenverkauf<br />
aller unserer Elektromedien (E&W,<br />
E&W Online und P.O.S.) zu beauftragen.<br />
Ich selbst werde mich aus dem Tagesgeschäft zurückziehen<br />
und in Hinkunft nur mehr für die<br />
Geschäftsführung des Verlags und repräsentative<br />
Aufgaben zur Verfügung stehen. Dabei jedoch<br />
stets die Blattlinie <strong>von</strong> E&W im Auge behalten<br />
und hier die Interessen <strong>der</strong> Gesellschafter (meine<br />
eingeschlossen) vertreten.<br />
Dieser Entschluss ist mir nicht schwer gefallen.<br />
Einerseits aus den oben genannten Gründen, an<strong>der</strong>erseits,<br />
weil ich in Zukunft das eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />
neue Projekt umsetzen möchte, das mir am<br />
Herzen liegt. Eines da<strong>von</strong> – meinen Freunden<br />
konnte das in <strong>der</strong> Vergangenheit nicht verborgen<br />
bleiben – ist die vollkommen hirnrissige, aber deswegen<br />
nicht weniger fixe Idee, die Welt mit einem<br />
Roman zu beglücken, den sie vermutlich nicht<br />
braucht. An<strong>der</strong>erseits gibt es genug schlechte Bücher,<br />
da kommt es auf eines mehr o<strong>der</strong> weniger<br />
auch nicht an.<br />
Bleibt mir punkto E&W noch die kleine Hoffnung,<br />
dass ich vielleicht doch mal ab und zu ein<br />
Editorial schreiben darf. Allerdings bin ich mir<br />
nicht sicher, ob es genügend Menschen gibt, die<br />
sich das Lesen <strong>der</strong>selben hinreichend gerne antun<br />
würden. Hinweise nehme ich gerne entgegen unter<br />
a.rockenbauer@elektro.at.<br />
DI Andreas Rockenbauer<br />
Herausgeber