Tttg~Jtr tlad)tid)tm I-- ~ - Gemeinnütziger Verein Tiegenhof - Kreis ...
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Zum Strom mögen es vielleicht fünfhundert Meter sein, aber soll ich wirklich zu Fuß<br />
hinuntergehen? Mein Auge hält Ausschau nach einem befahrbaren Weg. Ich weiß, es führen<br />
Betonplatten auf den Außendeich, von LKWs befahrbar, denn dort wird der abgelagerte<br />
Weichselsand aufgenommen und abgefahren der sommers von Saugbaggern aus der Strommitte an<br />
Land gepumpt wird. Ich sehe die Abfahrt, grüble, ob ich es wagen soll, mit dem Auto die<br />
unberührte Schneelandschaft zu durchschneiden. Soll ich wirklich? Was ist wenn ich stecken<br />
bleibe? Die Abenteuerlust siegt - oder ist es lediglich träge Bequemlichkeit die mich verleitet mit<br />
dem Auto fahren zu wollen? Ich steige in den Wagen, lasse ihn sanft gebremst den Abhang hinunter<br />
rollen, errate den Weg zwischen verschneiten Büschen und dürren Kopfweiden. Ein kleiner<br />
Abzweig führt unter die riesige Weichselbrücke, die in das gegenüber liegende Werder führt.<br />
Ich fahre unter die Brücke,<br />
verlasse den Wagen, stapfe<br />
durch Eis und Schnee zum<br />
Strom. Ein grandioser Anblick'<br />
Es ist 10 Uhr 30, fast -20 Grad.<br />
Die niedrige Sonne versteckt<br />
sich im Südosten am<br />
wolkenbedeckten Himmel.<br />
Trotzdem schafft sie es, ein<br />
fahles rötliches Licht über<br />
Strom und Landschaft zu<br />
werfen. Ich stehe an einem<br />
Brückenpfeiler und schaue zur<br />
Weichsel. Der leicht abüilligc<br />
Uferbereich ist schneebedeckt<br />
Verbirgt sich darunter Eis?<br />
Vorsichtig Fuß vor Fuß setzend<br />
taste ich mich Richtung Wasser. Eisgang auf der Weichsel<br />
Der Strom ist eisbedcckt.<br />
Schnell treiben große und kleine Schollen geräuschlos an mir vorbei. Nur gedämpft ist leiser<br />
Verkehrslärm von der Brücke zu hören. Gespannt lausche ich, strenge ich mich an, ob mir der<br />
Strom nicht vielleicht doch etwas zu sagen hat. Aber es kommt nichts. Still, leise, geräuschlos, zieht<br />
eine unendliche Masse dichten Treibeises an mir vorbei. Kein Singen, kein Knacken, kein Brechen,<br />
kein Rauschen, kein Glucksen, nichts, nichts außer Stille. Die Schollen stoßen zusammen, reiben<br />
aneinander, aber nichts kann sie auf11alten. Rastlos, hastig, und doch so als verberge sich hinter<br />
dieser beflissenen Unrast eine große Ordnung, streben sie dem Meer zu.<br />
Ich stehe nur da, schaue, finde inneren Frieden. Mir üillt Max Halbe ein, sein bereits vor vielen<br />
Jahren gelesenes Redam-Bändchen "Der Strom" mit der Familie Doorn. Das Theaterstück handelt<br />
vom Eisgang, vom krachenden, donnernden, knallenden Bersten des Eises, davon, wie sich der<br />
entfesselte Strom binnen Minuten über den gesamten Außendeich ausbreitet, unaufl1altsam steigt,<br />
wie er am Damm nagt...<br />
Aber nichts von all dem ist nun zu spüren. Nur eine Ahnung, dass die Weichsel auch voller brutaler<br />
ungestümer Gewalt sein kann. Über Jahrhunde1tc hinweg ging immer wieder eine Gefahr von ihr<br />
aus. Können wir uns heute vor ihr sicher fühlen, haben wir sie auf Dauer gezähmt? Wenn sie in<br />
früheren Zeiten ausbrach, ihr Bett verließ, schwemmte sie ungeheure Massen mitgetragenen Sandes<br />
und Schlamms in das Werder. Im Laufe vieler Jahrhunderte setzte sich so Schicht für Schicht ab,<br />
bis weite Teile des Landes das Höhenniveau des Meeresspiegels erreichte. Heute ist der Strom<br />
gebändigt und er wird gezwungen seine Fracht vor der Mündung in der Ostsee abzulagern. Trotz<br />
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