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Dorfblatt 04 2007

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Chronik<br />

Herr Corradini kaufte Anfang der 30iger Jahre das E-<br />

Werk in Mühlen und behielt es bis Ende der 30iger Jahre.<br />

Er übersiedelte mit der Familie von Kiens nach St. Sigmund,<br />

wo er wohnte. Dort hatte er sich von Hanslmoar<br />

Hubert ein Haus erbauen lassen, wo er selbst im Kellergeschoß<br />

und sein Sohn Hans mit Familie im 1. Stock<br />

sechs Jahre wohnten und Hans in der Schule unterrichtete.<br />

Als er in Uttenheim 1957 ein Eigenheim baute, zog<br />

er dorthin und verkaufte seinen Teil des Hauses in Zimat<br />

an Herrn Sorio.<br />

Erich Mutschlechner erwarb von Sorio 1957 den Teil<br />

des Hauses, der dem Hans Corradini gehörte. Die Klosterfrauen<br />

der Ursulinen, die den zweiten Stock und den<br />

Dachboden 1963 kauften, verbrachten dort die Sommerferien<br />

bis 1973 und von 1963 bis 1968 führten sie unter<br />

der Leitung von Schwester Theresia einen Kindergarten<br />

für die Kinder von St. Sigmund durch. Bacher Fred mietete<br />

sich zuerst in dem Teil der Villa ein, der den Ursulinen<br />

gehörte, und 1973 an Bacher Fred verkauft wurde.<br />

Ein blühender und sehr einträglicher Erwerbszweig war<br />

früher die Teppichweberei. Leopold Wieser aus St. Sigmund<br />

errichtete 1507 die erste Webstube im Obermairhaus<br />

(Stöffelweber). Die Stube war eng und Frau und<br />

Kinder mussten mit ihrem Arbeitstisch in eine Ecke wandern,<br />

denn der Webstuhl brauchte viel Platz. Den ganzen<br />

Tag blieben die Fenster geschlossen, denn Windzug vertrug<br />

das Webgarn nicht. Andere folgten mit den Jahren<br />

diesem Beispiele. Im Schmiedhaus in St. Sigmund wurde<br />

das Feuer gelöscht und der Amboß hinausgeschafft,<br />

man benötigte die Werkstätte zur Weberei. Der Meßner<br />

Jakob Knoll hatte zwar sehr kleine Zimmer in seinem<br />

neuerbauten Hause, aber für einen Webstuhl musste Platz<br />

gemacht werden, darum gab er hiefür seine beste Stube<br />

her und begnügte sich mit seiner Familie mit einem<br />

Schlupfwinkel. Und so geschah dies der Reihe nach beim<br />

Körbler, Maurer, Neuhauser, Binder, Kahler, Niederle,<br />

Strasser und Schuster im Keller. Bald kamen auch viele<br />

Fremde als Weberknechte, Webermeister- oder Spinnerinnen.<br />

Das Rohmaterial für die Teppiche (Kotzen) waren<br />

Kälber-, Rinder-, Ziegen- und Bockhaare, für welche<br />

im Ankaufe 4-7 kr (Kreuzer) je kg bezahlt wurde.<br />

Im Frühjahr reiste der Teppichfabrikant in ganz Tirol,<br />

Kärnten und Salzburg zu den Gärbern, um mit ihnen Lieferungsverträge<br />

für den Herbst abzuschließen. Die Haare<br />

mussten bei den Gärbern getrocknet nach Gattung und<br />

Farbe sortiert werden. Die Säcke zur Lieferung stellte<br />

der Weber. Die Teppiche wurden entweder in Naturfarbe<br />

oder aber grün, gelb, rot oder blau hergestellt und es waren<br />

besondere Färbereien im Gange, die den Haaren die<br />

42<br />

<strong>Dorfblatt</strong> Ge m e i n d e Ki e n s<br />

gewünschte Färbung gaben. Beim Neuhauser wurden die<br />

Decken gefärbt und am Mesnerplatz zum Trocknen ausgebreitet.<br />

Das Färberhäuschen wurde nach dem Zweiten<br />

Weltkrieg abgerissen. Das Spinnen der Haare war meistens<br />

eine Heimarbeit der Frauen in St. Sigmund, Terenten<br />

und Obervintl. Noch heute nennt man einen Weg<br />

nach Terenten den „Kotzensteig“, weil auf diesem Wege<br />

das in Terenten gesponnene Garn an die Weber in St.<br />

Sigmund abgeliefert wurde. (Der Kotzensteig führte über<br />

Schiffereggen, Mair am Ort, Stockner zur Kirche nach<br />

Terenten). Die fertige Ware der rinderhaarenen Decken<br />

wurde zumeist an Großhändler (Ladstätter, Kleinlerchner,<br />

Donninger in Wien, bzw. Brünn, Salzburg, Linz und<br />

Klagenfurt ) oder an Hausierer, meistens Deferegger, oft<br />

aber auch an einzelne Kauflustige abgegeben. Sie wurden<br />

in die fernsten Länder, nach Deutschland, Italien, Frankreich,<br />

in die Niederlande, nach Polen und selbst nach<br />

Rußland und Amerika vertragen, schreibt Erich Egg.<br />

Grüne Decken kosteten 1 fl (Gulden) 12 kr (Kreuzer);<br />

rote 54 kr; schwarze 1 fl; Bodenteppiche 2 fl. Wie groß<br />

der Jahresumsatz war, geht daraus hervor, dass z.B.: Andrä<br />

Putzer, Walser im Jahre 1865 allein 5300 Decken verkaufte,<br />

und doch klagt er, dass schon damals das Geschäft<br />

immer mehr ins Stocken gerate. Die Handweberei wurde<br />

nämlich immer mehr durch Maschinenweberei verdrängt,<br />

welche, wenn auch nicht bessere so doch weit schönere<br />

Arbeit lieferte. So kam es, dass gegen Ende des 19. Jahrh.<br />

ein Weber nach dem andern sein Geschäft schloß.<br />

Im Jahre 1840 suchte Joseph Ranalter von St. Sigmund<br />

beim Landgericht Bruneck um die Bewilligung<br />

an, auf seinem öden Grunde eine hölzene Hütte, Wolle<br />

zu schlagen und einen sogenannten Färbsechtl mit 3<br />

Kößl und 3 Heizen 7 Klafter ober seinem Gisserwirtshause<br />

und neben dem Schneiderhause des Joseph Inderist,<br />

erbauen zu dürfen.<br />

Mit der Weberei ging auch eine Krankheit einher, die<br />

Schwindsucht So ziemlich alle Weber hiesiger Gemeinde,<br />

schreibt Benno Rutz, wurden von der Lungentuberkulose<br />

dahingerafft; und es waren deren viele Hunderte<br />

im Laufe der Jahre. Weitum bezeichnete man dieses<br />

Sterben als „Sigmunder Krankheit“. Wohl schlossen die<br />

Weber sich zu einer Zunft zusammen, und hielten wohl<br />

jährlich am Ulrichstag ihren Zunftfeiertag mit Amt und<br />

Opfergang; das Leben des Webers war meist ein trauriges<br />

Siechtum mit einem frühzeitigen Ende. 1855 hat sich die<br />

Weberzunft aufgelöst.<br />

Hungersnöte, Missjahre, Pest, Typhus und asiatische<br />

Cholera folgten. Bald mehr oder weniger wurden die Familien<br />

am Scharfeck von der einen oder anderen Krank-

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