7. Ausgabe als pdf - MannchenNet
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Betreuung heute e.V., Johann-Strauß-Str. 1 a, 85591 Vaterstetten, Tel.: 0 81 0 / 89 90, Fax: 0 81 0 / 89 9<br />
Erfahrungsbericht aus<br />
dem Christophorus Hospiz<br />
Seite 4<br />
Neues Gesetz zur<br />
Patientenverfügung<br />
Seite 8<br />
Eine schwere Entscheidung:<br />
Berichte ehrenamtlicher Betreuer<br />
Seite 11<br />
Tag der Betreuung<br />
in Berlin<br />
Seite 15<br />
Zeitschrift für ehrenamtliche Betreuer<br />
und Bevollmächtigte<br />
Winter 2009/2010<br />
Gesundheitsfürsorge:<br />
Von der Lapalie zur Gewissensentscheidung<br />
Ein Balanceakt für den rechtlichen Betreuer und Bevollmächtigten<br />
Betreuung heute 1
E d i t o r i a l<br />
„ B e t r e u u n g h e u t e “<br />
In eigener Sache<br />
Ja oder nein? – Selten wird die Endgültigkeit<br />
einer Entscheidung so unmittelbar<br />
und klar vor Augen geführt wie<br />
bei der Frage an den rechtlichen Betreuer<br />
oder Bevollmächtigten, ob eine Sonde zur<br />
künstlichen Ernährung gelegt werden soll.<br />
Denn die Folgen dieser Entscheidung sind<br />
allen Beteiligten nur zu gut bekannt. Zu<br />
dieser und zu anderen schwierigen Entscheidungen<br />
können Sie einiges in den<br />
Beiträgen dieses Heftes lesen. Und auch<br />
dazu, wie rechtliche Betreuer und Bevollmächtigte<br />
bei ihrer Gewissensentscheidung<br />
– denn manchmal ist es genau das – Unterstützung<br />
erfahren können. Eine solche<br />
Entscheidung kann emotional sehr belastend<br />
sein; vor allem, wenn der Wille des<br />
Betroffenen nicht eindeutig festgemacht<br />
werden kann sondern <strong>als</strong> mutmaßlicher<br />
Wille aus früheren Äußerungen hergeleitet<br />
werden muss. Und eine solche Situation<br />
zeigt überdeutlich die Bedeutung einer<br />
Patientenverfügung. Zwei Praxisbeispiele<br />
– eine Situation mit und eine ohne Vorliegen<br />
einer Patientenverfügung – beschreiben<br />
die mögliche Problematik.<br />
Hier hat der Gesetzgeber jetzt nach<br />
langer Diskussion den Vorrang einer Patientenverfügung<br />
festgestellt und damit<br />
die behandelnden Ärzte an die dort gemachten<br />
Willensäußerungen gebunden.<br />
Ein Fortschritt für jeden Einzelnen, denn<br />
jeder von uns kann irgendwann und urplötzlich<br />
selbst Betroffener sein. Und dann<br />
geht es bei der anstehenden Entscheidung<br />
Betreuung heute<br />
Gerhard Lorenz<br />
Vorsitzender Betreuung heute<br />
nur noch um uns selbst – und wer möchte<br />
eine solche Entscheidung nicht auch selbst<br />
treffen? Oder zumindest die Gewissheit<br />
haben, dass hier nur und ausschließlich<br />
nach meinem Willen - und meinen Wünschen<br />
und auch Ängsten folgend - gehandelt<br />
wird. Und ein Instrument dazu steht<br />
jetzt zur Verfügung – wir müssen uns nur<br />
trauen zu entscheiden. Sonst entscheiden<br />
andere für und über uns. Zusätzlich zu<br />
den Beispielen aus dem wirklichen Leben<br />
haben wir einen Beitrag aufgenommen, in<br />
dem das neue Gesetz zur Patientenverfügung<br />
aus Sicht eines Berufsbetreuers eines<br />
Betreuungsvereins betrachtet wird. Damit<br />
liegt auch eine erste pragmatische Einschätzung<br />
zur erwarteten Umsetzung vor.<br />
Wie das neue Gesetz sich in der Praxis bewährt<br />
kann natürlich nur die Anwendung<br />
zeigen.Aber es sollte auf jeden Fall <strong>als</strong> das<br />
gesehen werden, was es ist: Ein längst<br />
überfälliger Schritt, der es verdient, positiv<br />
aufgenommen zu werden.<br />
Und der uns allen hilft, der Eingangsfrage<br />
Ja oder Nein? mit mehr Zuversicht zu<br />
begegnen und zwar dann, wenn sie uns<br />
einmal gestellt wird.<br />
Inhalt<br />
2 Editorial<br />
Gerhard Lorenz<br />
3 Beitrag<br />
Carpe Diem<br />
4 Titelthema<br />
Erfahrungsbericht aus dem<br />
Christiphorus Hospitz<br />
6 Beitrag<br />
Gesundheitsfürsorge –<br />
Rechte und Pflichten<br />
des Betreuers,<br />
Themen für das<br />
Arztgespräch<br />
8 Titelthema<br />
Neues Gesetz zur<br />
Patientenverfügung,<br />
Freiheitsentziehende<br />
Maßnahmen<br />
10 Erfahrungen<br />
Wollen Sie jemanden<br />
verhungern lassen?<br />
11 Titelthema<br />
Eine schwere<br />
Entscheidung: Berichte<br />
ehrenamtlicher Betreuer<br />
12 Beitrag<br />
Wohnkultur für<br />
Menschen mit Demenz<br />
14/15 Titelthema<br />
Selbstbestimmung für<br />
psychisch Kranke,<br />
Tag der Betreuung in Berlin<br />
16 Beitrag/Info<br />
Zu Hause im Alter<br />
17 Info<br />
Neues aus der<br />
Gesetzgebung 2009<br />
18 Beitrag<br />
Kosten des Mittagessens,<br />
Schweigepflichtentbindung<br />
19 Beitrag<br />
Der Ethikrat der Caritas<br />
20 Info<br />
Plätze für alte Menschen<br />
mit geistiger/psychischer<br />
Erkrankung<br />
21 Info<br />
Adressen von Betreuungsund<br />
Hospitzvereinen<br />
22 Wussten Sie schon?<br />
23 Impressum<br />
Vorschau 2010<br />
Herzlichen<br />
Dank<br />
an Karl-Heinz Schramm und<br />
Franz Antesberger von der<br />
Firma Datech für die tatkräftige<br />
Unterstützung beim Zustande-<br />
kommen dieser Zeitschrift
Carpe Diem –<br />
eine gute<br />
Adresse<br />
Eine der schwierigen Aufgaben in der<br />
Pflege ist die Betreuung und Versorgung<br />
von Demenzkranken und älteren Menschen<br />
mit psychischen Problemen. Eine<br />
gute Anschrift für ehrenamtliche Betreuer<br />
und Bevollmächtigte und natürlich für<br />
Betroffene ist „Carpe Diem“ am Candidplatz<br />
9, 8154 München.<br />
Der Carpe Diem Pflege- und Betreuungsdienst<br />
bietet für diese Menschen<br />
eine umfassende und individuelle Pflege<br />
und Betreuung zu Hause in der vertrauten<br />
Umgebung.<br />
Das Projekt „wohnen daheim“ bietet<br />
betroffenen Menschen, die alleine zu<br />
Hause wohnen, umfassende Alltagshilfen<br />
an. Dabei ist es wichtig diese Menschen<br />
schrittweise an die Hilfe zu gewöhnen<br />
sagt Frau Reber. Zu Beginn steht ein diagnostischer<br />
Hausbesuch. Hier werden<br />
die Restfähigkeiten systematisch eingeschätzt.<br />
Es wird sozusagen eine Bestandsaufnahme<br />
gemacht über bestehende soziale<br />
Kontakte und Aktivitäten, über die<br />
bestehenden Orientierungsmöglichkeiten,<br />
über die Verständigungs- und Kommunikationsmöglichkeiten,<br />
über die Biographie<br />
und die bisherige Selbständigkeit<br />
in den Aktivitäten des täglichen Lebens.<br />
Festgehalten werden auch die Fähigkeiten<br />
der derzeitigen Lebensführung wie<br />
Umgang mit elektrischen Geräten, Wäschepflege<br />
und der Umgang mit Schlüssel<br />
und Geld.<br />
Einen großen Raum nimmt die Grundversorgung<br />
ein wie Einkäufe, Mobilität,<br />
Körperpflege, Medikamenteneinnahme,<br />
Ernährung.<br />
Unterstützt wird die Pflege und Betreuung<br />
durch den Helferkreis von Carpe<br />
Diem. Dieser besteht aus geschulten<br />
Laien, die die betroffenen Menschen im<br />
häuslichen Bereich stundenweise betreuen.<br />
Ein Ziel dabei ist pflegende Angehörige<br />
stundenweise zu entlasten.<br />
Zur Entlastung von Angehörigen und<br />
um Einsamkeiten entgegen zu wirken<br />
treffen sich auch verschiedene Betreuungsgruppen<br />
am Nachmittag. Hier wird<br />
gemeinsam Kaffee getrunken, gespielt,<br />
gesungen, erzählt. Es wird gebastelt und<br />
es werden gymnastische Übungen gemacht.<br />
Die Fachstelle von Carpe Diem steht<br />
Angehörigen, ehrenamtlichen Betreuern<br />
und Bevollmächtigten mit Rat und Tat<br />
zur Seite.<br />
Angehörige, ehrenamtliche Betreuer<br />
und Bevollmächtigte sind in zweifacher<br />
Weise betroffen, einmal durch die emotionale<br />
Bindung zu den Betroffenen<br />
und zum anderen durch die Verantwortung<br />
für die Betroffenen. Dies führt zu<br />
schwierigen Situationen. Hier kann die<br />
Beratung durch die Fachstelle eine gute<br />
Hilfe zur Entscheidungsfindung sein.<br />
Ehrenamtliche Bevollmächtigte und<br />
Betreuer scheuen immer wieder davor<br />
zurück Entscheidungen für den hilfsbedürftigen<br />
Menschen zu treffen oder Dinge<br />
für ihn zu tätigen, klagt Frau Ulrike<br />
Reber von Carpe Diem e.V.<br />
So werden z.B. Rechnungen über<br />
Dienstleistungen, die dem Bevollmächtigten<br />
zugestellt werden, nicht überwiesen,<br />
sondern an den Vollmachtgeber lediglich<br />
weitergereicht, obwohl dieser sich über<br />
die Rechnung fürchterlich aufregt, „weil<br />
er doch alles selbst macht und keine Hilfe<br />
braucht“. Manchmal ist es auch die<br />
Angst vor der Tante, die in ihren fitten<br />
Zeiten alles und jeden beherrscht hat.<br />
Ehrenamtliche Betreuer oder Bevollmächtigte<br />
wollen oftm<strong>als</strong> „die Guten“<br />
sein und scheuen deshalb vor Entscheidungen<br />
zurück. Dabei ist es gerade bei<br />
der Betreuung von Demenzkranken und<br />
älteren Menschen mit psychischen Problemen<br />
wichtig, dass eine Rollenaufteilung<br />
stattfindet.<br />
Damit eine gute Vorortbetreuung gemacht<br />
und vom Betroffenen angenommen<br />
werden kann, ist es erforderlich, dass der<br />
Bevollmächtigte oder Betreuer manchmal<br />
den „Buhmann“ abgibt.<br />
Erika Pfaff<br />
Ehrenamtliche Betreuerin<br />
und Berufsbetreuerin<br />
B e i t r a g<br />
Betreuung heute
T i t e l t h e m a<br />
Erfahrungsbericht<br />
vom Palliativ-Geriatrischen Dienst des Christopherus Hospizverein e.V.<br />
Inzwischen begleiten wir Herrn Baier (Name<br />
geändert) seit fast einem Jahr. Seit der Hüftoperation<br />
seiner Ehefrau lebt er in einem Pflegeheim.<br />
Er ist an Parkinson erkrankt und kann<br />
sich nicht mehr verständlich machen, kann<br />
kaum mehr schlucken und essen. Seine Frau<br />
hat ihn 15 Jahre lang zu Hause gepflegt.<br />
Als wir Herrn Baier kennengelernt haben,<br />
kam er gerade aus dem Krankenhaus zurück.<br />
Er hatte sich beim Essen verschluckt und wurde<br />
deshalb ins Krankenhaus eingewiesen. Die<br />
Ärzte hatten eine Magensonde zur weiteren<br />
Ernährung vorgeschlagen. Da sich die Ehefrau<br />
und der Sohn sicher waren, dass er das nicht<br />
gewollt hätte, haben sie in ihrer Funktion <strong>als</strong><br />
gesetzliche Betreuer den Beginn einer künstlichen<br />
Ernährung abgelehnt. Wir wurden daraufhin<br />
vom Krankenhaus gebeten, die letzte<br />
Lebensphase von Herrn Baier im Pflegeheim<br />
zu begleiten.<br />
In unserem ersten Gespräch mit Frau Baier<br />
wurde bereits deutlich, dass sie zwar keine<br />
lebensverlängernden Maßnahmen für ihren<br />
Mann will, andererseits aber auch seinen zunehmenden<br />
Gewichtsverlust und sein mögliches<br />
Sterben nicht aushalten kann. Ihr Alltag<br />
drehte sich seit vielen Jahren ausschließlich<br />
um die Sorge um ihren Mann. Inzwischen<br />
besuchte sie ihn zwei Mal täglich für mehrere<br />
Stunden und versuchte ihn dazu zu bewegen,<br />
ausreichend zu essen. Dennoch verlor er zunehmend<br />
an Gewicht und Frau Baier konnte es<br />
nicht fassen, dass es keine Medikamente mehr<br />
gibt, die Krankheit ihres Mannes zu stoppen<br />
oder wenigstens zurückzudrängen. Ein Leben<br />
4 Betreuung heute<br />
ohne ihn konnte sie sich einfach nicht vorstellen.<br />
Von uns wünschte sie sich Entlastung an einem<br />
Tag in der Woche. Gespräche mit dem Hausarzt<br />
und der Leitung des Pflegeheimes, um die<br />
im Krankenhaus getroffenen Behandlungsentscheidung<br />
gegen den Beginn einer künstlichen<br />
Ernährung abzusichern, wollte sie auf keinen<br />
Fall zulassen. Sie ging davon aus, dass ihr<br />
Mann immer weiter ausreichend essen würde,<br />
wenn ihm geduldig und mit viel Zeit Essen<br />
eingegeben wird. In dieser Situation entschieden<br />
wir uns, Frau Baier zunächst durch eine<br />
kontinuierliche Hospizhelferbegleitung zu<br />
entlasten und ihr so Freiräume zu schaffen,<br />
wieder Kontakte zu ihrem früher sehr großen<br />
Freundeskreis aufzubauen und allmählich Vertrauen<br />
zu uns zu gewinnen.<br />
In regelmäßigen Abständen erreichten uns<br />
Hilferufe von Frau Baier, dass ihr Mann nicht<br />
mehr schlucken könne und der Hausarzt auf<br />
eine Magensonde dränge. Da sich die Situation<br />
immer wieder innerhalb weniger Tage<br />
entspannte, lehnte sie weiterhin Gespräche in<br />
einer größeren Runde zur Klärung der Situation<br />
ab.<br />
Der Abstand der Hilferufe wurde immer kürzer<br />
und ihre Not wurde deutlich spürbar stärker.<br />
Inzwischen hatte Herr Baier sehr stark<br />
Untergewicht und die Mitarbeiter des Pflegeheimes<br />
sahen sich zunehmend in der Not, zu<br />
handeln. Auch der Hausarzt konnte die Situation<br />
nicht mehr akzeptieren, da für ihn die<br />
Hintergründe der Behandlungsentscheidung<br />
im Krankenhaus nicht transparent waren und<br />
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er sich auch nicht sicher war, ob Frau Baier<br />
letztlich bei dieser Entscheidung bleiben würde.<br />
Bei allen Beteiligten herrschte zudem eine<br />
sehr große Unsicherheit in Bezug auf die bestehende<br />
Rechtslage.<br />
Der Alltag von Herrn Baier drehte sich inzwischen<br />
ausschließlich ums Essen. Für Aktivitäten,<br />
die er früher geliebt hatte wie z.B.<br />
Singgruppen oder Gottesdienste blieb keine<br />
Zeit mehr. Auch wehrte er sich immer häufiger<br />
gegen das Essen. Der Druck wurde für Frau<br />
Baier schließlich so groß, dass sie zu einem<br />
gemeinsamen Gespräch einwilligte. Der Hausarzt,<br />
mehrere Pflegemitarbeiter und der Sohn<br />
nahmen ebenfalls teil. Mein Kollege Hans Steil<br />
und ich moderierten das Gespräch und stellten<br />
unser Wissen und unsere Erfahrungen aus dem<br />
Umgang mit vergleichbaren Situationen zur<br />
Verfügung. Im Mittelpunkt des Gespräches<br />
stand Herr Baier mit dem was wir von ihm<br />
<strong>als</strong> Mensch wußten. Mit viel Zeit und Sorgfalt<br />
versuchten wir zu erfassen, worauf sich seine<br />
Vorstellungen von einem guten Leben und<br />
Sterben bezogen, welche Wertvorstellungen<br />
ihn getragen haben und wie er sich selbst zur<br />
eigenen Krankheit und zu Erkrankungen anderer<br />
naher Menschen geäußert hat. Allmählich<br />
entwickelten wir immer klarer werdende Vorstellungen<br />
davon, wie er vermutlich selbst für<br />
sich in dieser Situation entschieden hätte. Im<br />
gemeinsamen Gespräch konnte Einvernehmen<br />
zu seinem mutmaßlichen Willen für eine rein<br />
palliative Begleitung der letzten Lebensphase<br />
hergestellt werden. Die Entscheidung und ihre<br />
Begründung wurden ausführlich dokumentiert,<br />
Bedarfsmedikamente wurden festgelegt<br />
und der Umgang mit möglichen Notfallsituationen<br />
wurde durchgesprochen. Wir waren uns<br />
einig, dass wir Herrn Baier eine für ihn sehr<br />
belastende Einweisung in ein Krankenhaus<br />
ersparen wollen, zumal keine weiteren sinnvollen<br />
Behandlungsoptionen bestehen.<br />
Wir halten zu Frau Baier weiterhin Kontakt.<br />
Die Situation hat sich insgesamt sehr beruhigt<br />
und für alle Beteiligten besteht Klarheit darüber,<br />
wie die weitere medizinisch-pflegerische<br />
Begleitung erfolgen kann. Herr Baier selbst ist<br />
sehr viel entspannter geworden. Sein Alltag<br />
hat wieder mehr Dimensionen bekommen; er<br />
muss nicht den ganzen Tag essen, um genügend<br />
Kalorien aufzunehmen.<br />
Ganz anders gestaltete sich die Begleitung von<br />
Frau Schnell (Name geändert). Sie hatte den<br />
Beginn einer Dialyse im Krankenhaus selbst<br />
abgelehnt. Ihre Meinung, dass sie mit ihren<br />
94 Jahren ein Recht darauf habe in Frieden
Christophorus Hospizverein e.V.<br />
im Pflegeheim, in dem sie seit einigen Jahren<br />
lebte, sterben zu dürfen, vertrat sie sehr energisch.<br />
Sie wollte keine weiteren Krankenhausaufenthalte.<br />
Als das Nierenversagen weiter voran schritt<br />
und sich zunehmend belastende Symptome<br />
wie Angst, Übelkeit, Unruhe und zeitweise<br />
auch Schmerzen zeigten, bat uns die zuständige<br />
Stationsleitung des Pflegeheims um Unterstützung.<br />
Im Erstbesuch zeigte sich, dass Frau Schnell<br />
ihre Situation nicht mehr ganz erfassen konnte<br />
und von den Vorgängen in ihrem Körper zutiefst<br />
beunruhigt war. Sie hatte ein großes Bedürfnis<br />
nach Zuwendung, nach Gespräch und<br />
beruhigenden Berührungen.<br />
Mein Kollege entwickelte gemeinsam mit<br />
der Hausärztin ein Konzept zur Linderung<br />
der Symptome. In kontinuierlichem Kontakt<br />
mit den Mitarbeitern des Pflegeheimes konnte<br />
die erforderliche Medikation angepaßt und<br />
eine gute Symptomkontrolle erreicht werden.<br />
Zusätzlich übernahm eine Hospizhelferin an<br />
zwei Tagen in der Woche einen Besuch bei<br />
Frau Schnell, da sie wesentlich ruhiger war,<br />
wenn jemand an ihrem Bett saß und sehr viel<br />
Zeit für sie hatte. Wir begleiteten Frau Schnell<br />
insgesamt drei Monate bis sie dann im Heim<br />
verstarb.<br />
Seit der Konstituierung des Palliativ-Geriatrischen<br />
Dienstes im Jahr 2004 haben wir kontinuierlich<br />
daran gearbeitet, eine Vertrauensbasis<br />
der Münchner Pflegeheime zu unserer<br />
Arbeit herzustellen und sie <strong>als</strong> Partner für eine<br />
kompetente und achtsame Sterbebegleitung<br />
ihrer Bewohner zu gewinnen. Im Mittelpunkt<br />
steht für uns dabei die Beratung und Begleitung<br />
der Bewohner und ihrer Angehörigen, ihrer<br />
Betreuer und Bevollmächtigten, sowie die<br />
Beratung und Entlastung der Pflegenden.<br />
Im Heim<br />
haben wir<br />
meist mit<br />
Menschen zu<br />
tun, die an einer<br />
Demenz erkrankt sind,<br />
die nach Schlaganfällen oder Hirnblutungen<br />
ohne Aussicht auf Besserung<br />
vollständig pflegebedürftig und oft nicht<br />
ansprechbar im Pflegeheim betreut werden<br />
müssen oder aufgrund ihres sehr<br />
hohen Alters an zahlreichen internistischen<br />
Erkrankungen wie Herz- oder<br />
Niereninsuffizienz leiden. Eine häufige<br />
Fragestellung ist, wie mit Flüssigkeit und<br />
Ernährung in der Sterbephase umgegangen<br />
werden soll und ob und in welcher Weise der<br />
(mutmaßliche) Wille von Bewohnern in Bezug<br />
auf Behandlungsentscheidungen Berücksichtigung<br />
finden muss. Mehr <strong>als</strong> 60% der<br />
Anfragen aus den Pflegeheimen beziehen sich<br />
auf Fragen der Selbstbestimmung und um Unterstützung<br />
von Behandlungsentscheidungen.<br />
In unserem Beratungsalltag wird uns immer<br />
wieder deutlich, dass Behandlungsentscheidungen<br />
eine besondere Brisanz erhalten, wenn<br />
es um Entscheidungen zu Flüssigkeit und Ernährung<br />
geht. Eine Rolle spielt dabei sicher,<br />
dass „Essen und Trinken“ Symbole fürs Leben<br />
sind und sich mit der Unmöglichkeit weiter zu<br />
Essen und zu Trinken der nahe Tod ankündigt.<br />
Darüber hinaus geraten Pflegeheime immer<br />
wieder wegen Pflegemängeln in die Schlagzeilen.<br />
Mitarbeiter fürchten den Vorwurf, ihre<br />
Bewohner „Verhungern und Verdursten“ zu<br />
lassen. Mit dieser zugespitzten öffentlichen<br />
Aufmerksamkeit ist es schwer, diesbezügliche<br />
Behandlungsentscheidungen in aller<br />
Ruhe zu treffen. Eine große Unsicherheit zur<br />
T i t e l t h e m a<br />
Rechtslage in Bezug auf<br />
passive Sterbehilfe und Angst<br />
vor Sanktionen der Heimaufsicht<br />
und des Medizinischen<br />
Dienstes der Krankenkassen verschärfen<br />
die Situation zusätzlich.<br />
Deshalb haben die Mitarbeiter des Palliativ-<br />
Geriatrischen Dienstes die Zusammenarbeit<br />
mit diesen Fachstellen gesucht und in einem<br />
Arbeitskreis die Broschüre „„Für ein würdevolles<br />
Leben bis zuletzt“ erarbeitet. In der<br />
Broschüre werden wichtige medizinische,<br />
pflegerische und rechtliche Aspekte aufgegriffen<br />
und für die einzelnen Beteiligten übersichtlich<br />
aufbereitet: so zum Beispiel auch in<br />
einem Abschnitt, der sich speziell rechtliche<br />
Betreuer bzw. Bevollmächtigte wendet. Die<br />
Broschüre können Sie unter www.chv.org kostenlos<br />
herunterladen.<br />
Haben Sie Fragen, erreichen Sie den Christophorus<br />
Hospizverein zu den üblichen<br />
Geschäftszeiten unter der Telefonnummer<br />
13 07 87 – 0.<br />
Ulla Wohlleben<br />
Christophorus Hospitzverein e.V.<br />
Effnerstr. 93, 81935 München<br />
Tel. 089 / 13 07 87 – 0,<br />
Fax 089 / 13 07 87 - 23<br />
E-Mail: info@chv.org<br />
www.chv.org<br />
Betreuung heute 5
B e i t r a g<br />
Gesundheitsfürsorge<br />
Rechte und Pflichten des Betreuers und des Bevollmächtigten<br />
Die Sorge für die Gesundheit in der Betreuung<br />
gehört mit zu den wichtigsten<br />
Aufgaben, sie ist Teil der Personensorge.<br />
Es geht dabei sowohl um Fürsorge <strong>als</strong> auch<br />
um Fremdentscheidung und immer um einen<br />
Eingriff in die körperliche Integrität<br />
und Unversehrtheit. Deshalb ist große<br />
Sorgfalt geboten. Für den/die BetreuerIn,<br />
ist es notwendig, daß er/sie die gesetzlichen<br />
Vorgaben und Bestimmungen kennt,<br />
die den betreuerischen Handlungsrahmen<br />
abstecken und begrenzen.<br />
Oft wird von unkundigen Laien und<br />
auch von Fachleuten vermutet, dass ein/e<br />
BetreuerIn mit dem Aufgabenkreis der Gesundheitssorge<br />
immer entscheiden kann<br />
und auch muß. Dies ist jedoch nicht der<br />
Fall! Das Betreuungsrecht stärkt die Autonomie<br />
und das Selbst-bestimmungsrecht<br />
der betreuten Person auch im Bereich der<br />
medizinischen Entscheidungen.<br />
In der Praxis bedeutet das, dass der/die<br />
BetreuerIn mit der Gesundheitssorge vor<br />
jeder anstehenden medizinischen Entscheidung<br />
bewerten muß, ob der/die Betreute<br />
selbst eine Entscheidung bezüglich der<br />
vom Arzt angebotenen Behandlung treffen<br />
kann.<br />
Voraussetzung für den Entscheidungsvorrang<br />
durch den Betreuten ist es, daß<br />
„jetzt und heute“ eine Entscheidungs- und<br />
Steuerungsfähigkeit vorliegt; d.h. er/sie<br />
muß die Fähigkeit haben, dass nach entsprechender<br />
ärztlicher Aufklärung und Beratung,<br />
Art, Bedeutung und Tragweite der<br />
jeweiligen Maßnahme erfaßt werden kann<br />
und eine Willensbildung (Zustimmung oder<br />
Ablehnung) möglich ist. Das Vorliegen der<br />
Geschäftsfähigkeit ist dabei nicht von Bedeutung.<br />
Die Praxis legt dieses Prinzip oft sehr eigentümlich<br />
aus, nach der Devise „ stimmt<br />
der Patient zu, ist er einwilligungsfähig,<br />
lehnt er eine Behandlung ab, dann ist er<br />
es nicht“ Der einwilligungsfähige Patient<br />
kann das Behandlungsangebot jederzeit<br />
ablehnen, auch wenn er sich durch die<br />
Entscheidung schadet. Es gibt das Recht<br />
auf Nichtbehandlung und das Recht auf<br />
Krankheit auch für Menschen die unter<br />
gesetzlicher Betreuung stehen. Jede Behandlung<br />
ist ein Eingriff in die körperliche<br />
Unversehrtheit. Sie bedarf deshalb zu ihrer<br />
straf- oder zivilrechtlichen Rechtmäßigkeit<br />
immer der Einwilligung des Patienten oder<br />
seines Stellvertreters, außer es handelt sich<br />
Betreuung heute<br />
um eine Notversorgung zur Lebensrettung.<br />
Liegt objektiv eine Entscheidungsunfähigkeit<br />
vor, dann entscheidet der rechtliche<br />
Betreuer oder der Bevollmächtigte<br />
stellvertretend; dabei ist er den Wünschen<br />
und dem Wohl der ihm anvertrauten Person<br />
verpflichtet. Stehen sich der Wunsch<br />
der betreuten Person und sein Wohl kon-<br />
Themen für das Arztgespräch<br />
1. Wie lautet die Diagnose?<br />
• Verständliche Erläuterung<br />
• Aktuelle Symptomatik Schweregrad der Erkrankung<br />
• Erwarteter Verlauf / Verlaufsvarianten<br />
• Mögliche Komplikationen<br />
• Zur Verfügung stehende Behandlungsmöglichkeiten<br />
kurrierend gegenüber, muß eine Abwägung<br />
durch den Stellvertreter vorgenommen werden.<br />
Dazu ist selbstverständlich der Dialog<br />
mit dem behandelnden Arzt notwendig und<br />
auch bei Bedarf eine Rückkoppelung mit<br />
nahen Angehörigen oder Freunden der/<br />
des Betreuten. Zur Entscheidungsfindung<br />
gehört unbedingt die Fragestellung, wie<br />
2. Bestehen noch Unklarheiten hinsichtlich der aktuellen Diagnose?<br />
• Welche weiteren Untersuchungen/Diagnostik ist notwendig?<br />
• Mit welchen Risiken sind diese Maßnahmen verbunden?<br />
• Welche Risiken entstehen im Vergleich durch weiteres Zuwarten?<br />
3. Welche weiteren (früheren) Erkrankungen sind bekannt?<br />
• Ergeben sich daraus Konsequenzen für die aktuelle Behandlung?<br />
4. Was ist über die Medikamentenanamnese bekannt?<br />
• Arzneimittelallergien oder andere Unverträglichkeiten<br />
• Führen die Medikamente bei längerfristiger Einnahme zu<br />
einer körperlichen Abhängigkeit?<br />
5. Wie soll die Behandlung konkret aussehen?<br />
• Gibt es mögliche Alternativen?<br />
• Wie lange soll die Behandlung dauern?<br />
• Sind Nachbehandlungen – Reha-Maßnahmen notwendig?<br />
6. Mit welchen Risiken ist zu rechnen, wenn die vorgeschlagene<br />
Untersuchung bzw. Behandlung unterbleibt?<br />
<strong>7.</strong> Welche Risiken beinhalten die vorgeschlagenen Maßnahmen,<br />
Untersuchungen und/oder Behandlungen?<br />
• Welche Vorsichtsmaßnahmen, Kontrolluntersuchungen und dgl.<br />
sind sinnvoll/erforderlich oder sogar vorgeschrieben, um schwerwiegende<br />
Nebenwirkungen rechtzeitig zu erkennen?<br />
8. Besteht die begründete Gefahr, dass der/die Betreute auf Grund der<br />
Maßnahmen (Untersuchung oder Heilbehandlung) stirbt oder einen länger<br />
andauernden Schaden erleidet?<br />
• Was ist der Nutzen, worin besteht das Risiko (Nutzen- Risikoabwägung)?<br />
Wird diese Frage vom Arzt mit ja beantwortet, muss der/die Betreuer/in die<br />
vorge-sehene Maßnahme nach § 1904 unter Umständen vom zuständigen Betreuungsgericht<br />
genehmigen lassen. Siehe hierzu auch den Artikel „ Gesundheitsfürsorge-<br />
Rechte und Pflichten des Betreuers
würde der Betroffene entscheiden, wenn<br />
er sich selbst äußern könnte. Bei Entscheidungen<br />
am Lebensende ist das eruieren<br />
des „mutmaßlichen Patientenwillens“ von<br />
Bedeutung, wenn keine schriftliche Patientenverfügung<br />
vorliegt.<br />
Neuregelung der gerichtlichen Genehmigungspflicht<br />
für den Betreuer und für<br />
den Bevollmächtigten in § 104 BGB.<br />
„Die Einwilligung des Betreuers in eine<br />
Untersuchung des Gesundheitszustandes,<br />
eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen<br />
Eingriff bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts,<br />
wenn die begründete Gefahr<br />
besteht, dass der Betreute auf Grund<br />
der Maßnahme stirbt oder einen schweren<br />
und länger dauernden gesundheitlichen<br />
Schaden erleidet. Ohne die Genehmigung<br />
darf die Maßnahme nur durchgeführt werden,<br />
wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden<br />
ist.“<br />
Auch die Nichteinwilligung oder der<br />
Widerruf der Einwilligung des Betreuers<br />
in eine Untersuchung des Gesundheitszustandes,<br />
eine Heilbehandlung oder einen<br />
ärztlichen Eingriff bedarf der Genehmigung<br />
des Betreuungsgerichts wenn die Maßnahme<br />
medizinisch angezeigt ist und die begründete<br />
Gefahr besteht, dass der Betreute<br />
auf Grund des Unterbleibens oder des Abbruches<br />
der Maßnahme stirbt oder einen<br />
schweren und länger dauernden gesundheitlichen<br />
Schaden erleidet. Dafür muss ein<br />
entsprechender Antrag beim Betreuungsgericht<br />
gestellt werden. Die medizinische<br />
Maßnahme muss begründet, die damit verbundenen<br />
Gefahren benannt werden.<br />
Der/die zuständige RichterIn wird einen<br />
medizinische/n GutachterIn einschalten,<br />
der/die eine am Einzelfall orientierte Nutzen-<br />
Risikoabwägung vornimmt. Erst wenn<br />
die/der RichterIn die Maßnahme per Beschluß<br />
genehmigt, kann der Betreuer bzw.<br />
Bevollmächtigte rechtswirksam einwilligen.<br />
In der Praxis muß an diese Genehmigungspflicht<br />
gedacht werden bei über das<br />
normale Risiko hinaus gehenden riskanten<br />
Behandlungen (Untersuchungen, Operationen<br />
und Medikamente) – aber auch bei<br />
einen erheblichen „individuellen Risiko“<br />
das oft bei sehr geschwächten Patienten<br />
vorliegt. Denken Sie <strong>als</strong> StellvertreterIn immer<br />
an die Genehmigungspflicht wenn Sie<br />
über die Entfernung von einem Glied oder<br />
einem Organ zu entscheiden haben. Wenn<br />
die Entscheidung eilt, weil eine lebensbedrohliche<br />
Situation vorliegt, entscheidet<br />
der behandelnde Arzt im Rahmen der Notversorgung<br />
zur Lebensrettung. (z.B.: wenn<br />
von dem durch die Diabetes entzündeten<br />
Glied (Sepsis) eine Lebengefahr besteht.)<br />
Eine gerichtliche Genehmigung ist<br />
nicht erforderlich<br />
wenn zwischen dem Betreuer oder Bevollmächtigten<br />
und dem behandelnden<br />
Arzt Einvernehmen darüber besteht, dass<br />
die geplante ärztliche Maßnahme oder die<br />
Unterlassung derselben dem nach § 1901a<br />
festgestellten Willen des Betreuten entspricht.<br />
Gesundheitssorge und<br />
Zwangsmaßnahmen<br />
Unterbringung und unterbringungsähnliche<br />
Maßnahmen<br />
Die Kompetenzen des Betreuers berühren<br />
hier die Grundrechte der Person (Recht auf<br />
Freiheit und Unversehrtheit) und bedürfen<br />
somit einer gesetzlichen Regelung (§ 190<br />
Abs. 1 – 4) und der Genehmigung durch<br />
den zuständigen Richter beim Vormundschaftsgericht.<br />
Bei der Unterbringung ist der Aufgabenkreis<br />
der Gesundheitsfürsorge oft sehr<br />
konkret formuliert auf „ Zuführung zur<br />
Psychiatrischen Behandlung“ weiter ist das<br />
Aufenthaltsbestimmungsrecht notwendig,<br />
damit der Betreuer auch handlungsfähig<br />
ist und den Betreuten an den Ort der Behandlung<br />
bringen kann. Unterbringung<br />
kurzfristig in einer geschlossenen Krankenhausstation<br />
oder länger in einem geschlossenen<br />
Heim sind nur zulässig bei<br />
vitaler gesundheitlicher Selbstgefährdung<br />
oder der Gefahr der Selbsttötung in Folge<br />
einer psychischen Erkrankung oder geistigen<br />
und seelischen Behinderung und wenn<br />
der/die Betreute die Gefahr selbst nicht<br />
erkennen kann, weil seine Willensbildung<br />
durch die Krankheit eingeschränkt ist. Unterbringung<br />
ist immer das letzte Mittel der<br />
Wahl und erfordert ein sorgfältiges Abwägen<br />
zwischen Risiko einerseits, dem Erfolg<br />
der Zwangsmaßnahme andererseits und der<br />
damit verbunden Grundrechtseingriffe. Das<br />
gilt auch für die unterbringungs-ähnlichen<br />
Maßnahmen die im Abs. 4 geregelt sind<br />
(Bettgitter, Bauchgurt ect.) Eine ausführlichere<br />
und differenzierte Auseinandersetzung<br />
mit der Unterbringung ist an dieser<br />
Pflichten des<br />
Betreuers - § 1901<br />
BGB<br />
B e i t r a g<br />
Abs. 4 Innerhalb seines Aufgabenkreises<br />
hat der Betreuer dazu beizutragen, daß<br />
Möglichkeiten genutzt werden, die<br />
Krankheit oder Behinderung des Betreuten<br />
zu beseitigen, zu bessern, ihre<br />
Verschlimmerung zu verhüten oder ihre<br />
Folgen zu mildern.<br />
Was bedeutet dieser Auftrag in der Gesundheitsfürsorge?<br />
Der § 1901 Abs. 4 ist Auftrag und Handlungsanweisung<br />
für den Betreuer, im<br />
Interesse des Betreuten alles einzufordern,<br />
was an Therapien möglich ist, um<br />
Verschlimmerung entgegen zu wirkten<br />
oder eine Verbesserung bzw. Heilung zu<br />
erreichen, ggf. Hilfsmittel zu beantragen<br />
oder Anpassungen und Umbauten in der<br />
Wohnung vorzunehmen, damit die Selbständigkeit<br />
soweit wie möglich erhalten<br />
oder wieder hergestellt wird. Ein gutes<br />
ambulantes Hilfsnetz aufzubauen und<br />
dafür sorgen, daß trotz der gegebenen<br />
Einschränkungen weiter eine Teilhabe<br />
am Leben oder an der Arbeit möglich ist.<br />
Bei der Umsetzung und Finanzierung von<br />
geeigneten Maßnahmen bedarf es i.d.R.<br />
noch weiterer Aufgabenkreise (Behörden-<br />
und Sozialleistungsangelegenheiten)<br />
Stelle nicht vorgesehen. Die Gesundheitssorge<br />
für einen anderen Menschen und das<br />
Treffen der dafür notwendigen Entscheidungen<br />
ist nicht immer einfach und oft<br />
eine Belastung für den/die StellverteterIn.<br />
Scheuen Sie sich deshalb nicht, Rat und<br />
Unterstützung vom behandelnden Arzt<br />
einzuholen, der Ihnen gegenüber zu einer<br />
umfassenden Aufklärung verpflichtet ist,<br />
sowie von den Betreuungsvereinen oder<br />
Hospizvereinen.<br />
Angelika Kraus<br />
Betreuungsverein der<br />
Bayerischen Gesellschaft für<br />
psychische Gesundheit e.V.<br />
Betreuung heute
T i t e l t h e m a<br />
Neues Gesetz<br />
zur Patientenverfügung<br />
Warum das Gesetz zu Patientenverfügungen<br />
zwar neue Regeln für Betreuer<br />
bringt, aber die alten Probleme nicht<br />
alle lösen kann...<br />
„Das ist doch im Reichstag, was machen<br />
die Politiker da?“ Nur eine gute Woche<br />
nach unserem Familienurlaub in Berlin<br />
erkennt mein elfjähriger Sohn den Plenarsaal<br />
des deutschen Bundestages in den<br />
Fernsehnachrichten wieder. „Heute wurde<br />
ein Gesetz zu Patientenverfügungen beschlossen“,<br />
sage ich und versuche angesichts<br />
seines Stirnrunzelns zu erklären:<br />
„Wenn jemand so krank ist, dass er nicht<br />
mehr reden kann, aber vorher aufgeschrieben<br />
hat, wann er nicht mehr behandelt<br />
werden will, dürfen ihn die Ärzte sterben<br />
lassen.“ Das Stirnrunzeln nimmt zu: „Aber<br />
woher wissen die Ärzte denn, dass du das,<br />
was du vorher aufgeschrieben hast, dann<br />
auch wirklich noch willst?“<br />
Ich bin platt, fast erschrocken: Mit<br />
einem einzigen Satz hat mein Sohn den<br />
Nagel auf den Kopf getroffen und den Kern<br />
einer sechs Jahre währenden Debatte über<br />
die Verbindlichkeit von Patientenverfügungen<br />
spontan erfasst. Im Jahr 00 hat-<br />
Freiheitsentziehende<br />
Maßnahmen<br />
Umgang mit freiheitsentziehenden<br />
Maßnahmen im häuslichen Bereich<br />
Die neue Broschüre des Sozialreferates der<br />
Landeshauptstadt München, an deren Erstellung<br />
verschiedene Fachlichkeiten mitgewirkt<br />
haben, ist ein Leitfaden für Fachleute,<br />
pflegende Angehörige, rechtliche<br />
Betreuer, Bevollmächtigte sowie interessierte<br />
Laien, die sich mit Gefährdungen von<br />
hilfsbedürftigen Personen im häuslichen<br />
Bereich auseinandersetzen.<br />
Sie bietet eine breite Information, angefangen<br />
von der Beantwortung der Frage,<br />
was freiheitsentziehende Maßnahmen sind,<br />
wer wann darüber entscheidet und wann<br />
und wie die gerichtliche Genehmigung<br />
eingeholt werden muß. Sie bietet Arbeitshilfen<br />
durch Checklisten, Adressen und ein<br />
Formblatt zum Einholen der gerichtlichen<br />
Genehmigung. Die Broschüre ist eine gute<br />
Orientierungshilfe, sie benennt Sturzrisiken<br />
8 Betreuung heute<br />
te der Bundesgerichtshof in einem aufsehenerregenden<br />
Beschluss festgestellt, dass<br />
lebensverlängernde Maßnahmen, auf die<br />
ein Kranker zuvor schriftlich oder mündlich<br />
verzichtet hat, unterbleiben müssen,<br />
wenn sein Grundleiden einen irreversibel<br />
tödlichen Verlauf angenommen habe (BGH<br />
XII ZB /0 ). Welche Erkrankungen mit<br />
dieser Formulierung gemeint waren und<br />
wie verbindlich Patientenverfügungen sein<br />
sollen, die sich auf andere Krankheitsbilder<br />
beziehen, wurde seitdem nicht nur<br />
unter Politikern, Ärzten und Juristen, sondern<br />
auch in Presse, Fernsehen und Internet<br />
von einer breiten Öffentlichkeit aufgeregt<br />
diskutiert.<br />
Patientenverfügung endlich<br />
gesetzlich geregelt<br />
Nun sollen ab 1.9. 009 <strong>als</strong>o Patientenverfügungen<br />
im Bürgerlichen Gesetzbuch<br />
verankert und damit die strittigen Fragen<br />
endlich geklärt sein. Dabei regeln die neuen<br />
Vorschriften nicht in erster Linie die<br />
Verbindlichkeit solcher Verfügungen, sondern<br />
liefern vor allem eine geänderte Definition<br />
für die Aufgaben des rechtlichen<br />
und die Weglaufgefährdung und zeigt Alternativen<br />
zur Freiheitsentziehung auf.<br />
Denn die Freiheit eines Menschen ist ein<br />
Grundrecht, Art. GG, dies gilt auch für<br />
pflegebedürftige Personen!<br />
Herausgeberin ist die<br />
Landeshauptstadt München<br />
Sozialreferat, Amt für soziale Sicherung,<br />
Hilfen im Alter und bei Behinderung<br />
Hilfen bei Betreuungsbedürftigkeit<br />
(Betreuungsstelle)<br />
Orleansplatz 11, 81 München,<br />
Tel. (089) -48 Fax. - 505<br />
E-Mail: betreuungsstelle. Soz. @muenchen.de<br />
Die Broschüre kann dort angefordert<br />
werden oder Sie finden Sie im Internet<br />
unter: www.muenchen.de/betreuungsstelle<br />
„Umgang mit freiheitsentziehenden<br />
Maßnahmen im häuslichen Bereich“<br />
Angelika Kraus<br />
Betreuungsverein der<br />
Bayerischen Gesellschaft<br />
für psychische Gesundheit e.V.<br />
Der Autor Robert Riedel...<br />
Betreuers einer erkrankten Person in allen<br />
gesundheitlichen Angelegenheiten. Es<br />
geht nun nicht mehr ausschließlich um das<br />
Wohl des Betreuten im hier und jetzt, sondern<br />
vor allem um dessen entweder vorher<br />
erklärten oder mutmaßlichen Willen. Der<br />
Betreuer hat sowohl bei der Zustimmung<br />
wie bei der Ablehnung einer ärztlichen<br />
Behandlung vorher den diesbezüglichen<br />
Willen des Betreuten explizit festzustellen.<br />
Falls eine schriftliche Patientenverfügung<br />
vorliegt, muss er prüfen, ob diese auf die<br />
aktuelle Lebens- und Behandlungssituation<br />
zutrifft und ihr ggf. gegenüber dem<br />
Arzt Ausdruck und Geltung verschaffen.<br />
Liegt keine schriftliche Patientenverfügung<br />
vor, muss der Betreuer versuchen,<br />
den mutmaßlichen Willen des Betreuten<br />
anhand anderer Indizien zu ermitteln. In<br />
beiden Fällen soll er auch Angehörige und<br />
sonstige Vertrauenspersonen des Betreuten<br />
befragen, bevor er einer Maßnahme zustimmt<br />
oder diese ablehnt, wenn das ohne<br />
erhebliche Verzögerung möglich ist.<br />
Gerichtliche Genehmigung nur<br />
in Ausnahmefällen<br />
Eine Genehmigung des Vormundschaftsgerichts<br />
ist nach der Neuregelung nicht<br />
erforderlich, wenn Arzt und Betreuer sich<br />
über den Willen des Patienten in Bezug<br />
auf die geplanten Maßnahmen einig sind.<br />
Nur in Zweifelsfällen, wenn z.B. Angehörige<br />
Einwände erheben, soll das Gericht den<br />
Willen des Patienten feststellen. Da dies<br />
nicht nur bei Behandlungsverzicht, sondern<br />
generell gilt, muss sich der Betreu-
er anders <strong>als</strong> bisher seine Zustimmung zu<br />
einer risikoreichen ärztlichen Behandlung<br />
(z.B. einer Herzoperation oder Chemotherapie)<br />
künftig wohl nur noch in Ausnahmefällen<br />
genehmigen lassen. Für Bevollmächtigte<br />
gelten die gleichen Regeln wie<br />
für rechtliche Betreuer. Fazit: Das bisher<br />
hochgeschützte Wohl des Betreuten wird<br />
künftig von seinem durch den Betreuer zu<br />
interpretierenden Willen dominiert. Außerdem<br />
gelten die Regelungen zur Feststellung<br />
und Umsetzung des Betreutenwillens<br />
nun unabhängig von Art und Stadium<br />
einer Erkrankung. Die Verbindlichkeit von<br />
Patientenverfügungen ist damit eindeutig<br />
nicht mehr auf unumkehrbar tödliche<br />
Krankheitsverläufe begrenzt, was auch<br />
ethisch bedenkliche oder zumindest fragwürdige<br />
Patientenverfügungen möglich<br />
macht: so propagieren z.B. Interessenverbände<br />
von Psychiatriepatienten bereits<br />
Verfügungen zur generellen Ablehnung<br />
nervenärztlicher Behandlung.<br />
Kirchen sehen das neue Gesetz kritisch<br />
Anlässlich der Verabschiedung im Bundestag<br />
warnte der Ratsvorsitzende der<br />
Evangelische Kirche Deutschlands, Wolfgang<br />
Huber: „Die Balance zwischen Selbstbestimmung<br />
und Fürsorge stimmt nicht.“<br />
Für die katholische Kirche äußerte der<br />
Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz,<br />
Dr. Robert Zollitsch: „Grundlage der<br />
Willensäußerung einer Patientenverfügung<br />
ist nicht das existenzielle Erleben, sondern<br />
dessen theoretische Vorwegnahme“. Diesen<br />
Unterschied zu bewerten mache die besondere<br />
Verantwortung des Arztes und des<br />
rechtlichen Betreuers bzw. Bevollmächtigten<br />
aus. Der Präsident der Bundesärztekammer<br />
Prof. Jörg-Dietrich Hoppe sprach<br />
gar von einer „Pseudoregelung“ und betonte,<br />
dass das individuelle Sterben nicht<br />
normierbar sei und eine zu detaillierte<br />
gesetzliche Regelung von Patientenverfügungen<br />
mehr Schaden <strong>als</strong> Nutzen bringe.<br />
Statt Pflicht zu leben<br />
bald Pflicht zu sterben?<br />
Die seit Jahren sehr erfolgreiche Vorsorgebroschüre<br />
des Bayerischen Justizministeriums<br />
bietet Formulare, mit denen<br />
sich die Bürger auf einen möglichst eindeutigen<br />
Wortlaut ihrer Verfügung festlegen<br />
können. Dazu gehört insbesondere,<br />
anzugeben, in welchen Situationen jemand<br />
auf lebensverlängernde Maßnahmen<br />
verzichten will. Die hierfür angebotene<br />
Ankreuzlösung schlägt dazu vier Möglichkeiten<br />
vor, die entweder einzeln oder alle<br />
zusammen gewählt werden können: Au-<br />
ßer für die Sterbephase und im Endstadium<br />
einer unheilbar tödlich verlaufenden<br />
Krankheit kann der Vorsorgende auch bei<br />
Gehirnschädigungen (z.B. Wachkoma) oder<br />
fortgeschrittener Demenzerkrankung gezielt<br />
auf ärztliche Maßnahmen und künstliche<br />
Ernährung verzichten. Aber sollte der<br />
Staat durch derartige Ankreuzlösungen<br />
seinen Bürgern wirklich in den Mund legen,<br />
welches Leben weiterzuleben wert ist,<br />
und welches eher nicht? Die Kirchen haben<br />
mehrfach darauf hingewiesen, dass es sich<br />
bei Komapatienten und Demenzkranken<br />
nicht schon um Sterbende handelt. Behindertenverbände<br />
warnen vor dem gesellschaftlichen<br />
Druck, dem chronisch kranke<br />
oder schwerstbehinderte Menschen sich<br />
auch aufgrund der Kostenexplosion im Gesundheitswesen<br />
künftig ausgesetzt sehen<br />
könnten, wenn in Vergessenheit gerät,<br />
dass Lebensqualität etwas höchst Individuelles<br />
ist. Immerhin hat der Gesetzgeber<br />
aufgrund solcher Erwägungen klargestellt,<br />
dass niemand zur Abfassung einer Patientenverfügung<br />
verpflichtet werden kann<br />
und ein Kopplungsverbot mit anderen Verträgen<br />
eingeführt.<br />
Doch zur Lösung der schlichten, grundsätzlichen<br />
Frage meines Sohnes finden<br />
sich weder im neuen Gesetzestext, noch in<br />
den zahllosen Grundsatzdiskussionen der<br />
T i t e l t h e m a<br />
Vom Wohl und Willen des Betreuten<br />
Freiheitsentziehende<br />
Maßnahmen<br />
Umgang mit freiheitsentziehenden<br />
Maßnahmen im Heim<br />
Der Bundesgerichtshof(BGH) hat im<br />
vergangenen Jahr entschieden, dass Fixierung,<br />
Ruhigstellung und andere freiheitsentziehende<br />
Maßnahmen die Würde<br />
von Heimbewohnern verletzen. Der<br />
BGH lehnte es in einem Grundsatzurteil<br />
ab, Pflegeheimen allzu strenge Auflagen<br />
für die Sicherheit ihrer Bewohner zu<br />
machen.(Az: III ZR 9/04)<br />
Ein unter Betreuung stehender Heimbewohner<br />
darf von den Pflegern nicht gegen<br />
den Willen seines Betreuers ans Bett<br />
gefesselt werden. Das geht aus einem<br />
Beschluss des Landgerichts Zweibrücken<br />
hervor. Der gerichtlich bestellte Betreuer<br />
sei für die Wahrung der Menschenwürde<br />
und des Freiheitsrechts des Patienten<br />
verantwortlich, sagten die Richter. Sie<br />
gaben einer demenzkranken Heimbewohnerin<br />
recht, die durch ihre Betreuerin<br />
vertreten wurde(Az.: S 4 /0 )<br />
...und sein Sohn im Berliner Reichstag<br />
letzten Jahre allzu befriedigende Hinweise:<br />
„Woher weiß man, dass du dann auch<br />
wirklich nicht mehr behandelt werden,<br />
sondern sterben möchtest?“<br />
Betreuungsvereine empfehlen Beratung<br />
und Gespräch der Beteiligten<br />
Nicht allein ein normiertes Formular, das<br />
für jeden gleich aussieht, sondern das individuelle,<br />
persönliche Gespräch mit Arzt,<br />
Angehörigen oder auch einem Seelsorger<br />
garantiert die Beachtung von Wohl und<br />
Wille des Patienten. Eine rechtliche Vorsorge<br />
ohne derartige soziale Vorsorge schafft<br />
im Ernstfall nur wenig Klarheit. Daher<br />
empfehlen Betreuungsvereine, eine Patientenverfügung<br />
möglichst immer mit einer<br />
entsprechenden Vollmacht an eine nahe<br />
Vertrauensperson zu kombinieren und bieten<br />
hierzu kompetente, meist kostenlose<br />
Beratung an. Vielerorts kann man sich zu<br />
speziellen Fragen auch bei Hospizvereinen<br />
Hilfe holen. Sinnvolle Ergänzung einer<br />
Verfügung wären zudem ein paar persönliche<br />
Zeilen zu den eigenen Wertvorstellungen,<br />
in denen der Betroffene die ihm<br />
wichtigsten Punkte schriftlich festhält.<br />
Dass das Gespräch mit meinem Sohn über<br />
solche Themen immer einmal wiederkehrt<br />
und nicht abreißt, wird für ihn <strong>als</strong> meinen<br />
dereinstigen Betreuer oder Bevollmächtigten<br />
wohl doch entscheidender sein, <strong>als</strong><br />
selbst die beste und rechtlich ausgetüfteltste<br />
Patientenverfügung.<br />
Robert Riedel<br />
Dipl. Sozialpäd. (FH)<br />
Betreuungsverein Kath.<br />
Jugendsozialwerk München e.V.<br />
Betreuung heute 9
E r f a h r u n g e n<br />
Wollen Sie jemanden<br />
Im Zusammenhang mit<br />
künstlicher Ernährung wird<br />
häufig das Schlagwort „verhungern“<br />
gebraucht. Dieses<br />
Wort ist emotional sehr besetzt,<br />
verbindet doch jeder<br />
damit Not, kriegerische<br />
Konflikte oder Dritte Welt<br />
Länder, in denen großes Elend herrscht.<br />
Jemanden verhungern lassen bedeutet, diesen<br />
großer Not und Elend auszusetzen und<br />
extrem hartherzig zu sein. Hunger oder verhungern<br />
hat in unserer satten Gesellschaft<br />
keinen Platz.<br />
Wenn Sie nun <strong>als</strong> ehrenamtlicher rechtlicher<br />
Betreuer/Betreuerin bzw. <strong>als</strong> Bevollmächtigter/<br />
Bevollmächtigte mit der Frage<br />
konfrontiert werden, ob jemand beispielsweise<br />
mit einer PEG-Sonde (Sonde zur künstlichen<br />
Ernährung, die durch die Bauchdecke<br />
zum Magen führt) künstlich ernährt werden<br />
soll, sind Sie großen Konflikten ausgesetzt<br />
und werden sich eine Entscheidung sicher<br />
nicht leicht machen. Sie sind ja für das Wohl<br />
eines Betreuten oder Vollmachtgebers verantwortlich<br />
und wollen ja für diesen nur das<br />
Beste. Sie werden vielleicht von Seiten eines<br />
Heimes, eines Krankenhauses oder eines<br />
Arztes mit der Frage nach künstlicher Ernährung<br />
konfrontiert, da das mit dem Essen<br />
und Trinken nicht mehr normal funktioniert<br />
und dringender Handlungsbedarf besteht.<br />
Gleichzeitig stehen Sie vielleicht für sich<br />
persönlich künstlicher Ernährung in bestimmten<br />
Lebenssituationen kritisch oder<br />
eher ablehnend gegenüber. Menschen verfügen<br />
in Patientenverfügungen häufig, dass<br />
sie bei Gehirnschädigung, Demenz oder am<br />
Lebensende keine lebenserhaltende Maßnahmen,<br />
insbesondere keine künstliche Ernährung<br />
wünschen. Bei einer nicht repräsentativen<br />
Blitzumfrage bei ehrenamtlichen<br />
rechtlichen Betreuern wurde die künstliche<br />
Ernährung mittels PEG-Sonde kritisch bis ablehnend<br />
beurteilt, bzw. wurden vorwiegend<br />
negative Erfahrungen berichtet.<br />
Unterschiedliche Zeitungs- bzw. Zeitschriftenartikel<br />
beschäftigen sich sehr kritisch bis<br />
ablehnend mit der Versorgung dementiell Erkrankter<br />
mittels PEG-Sonde (SZ v. 1.04.09,<br />
BtBrax 1/ 009). Untersuchungen belegen,<br />
dass eine PEG-Sonde bei fortgeschrittener<br />
Demenz keine Hinweise auf Lebensverlängerung,<br />
Verbesserung des Ernährungsstatus,<br />
der Verbesserung der Lebensqualität, verbesserte<br />
Wundheilung bei Dekubitus (Druck-<br />
10 Betreuung heute<br />
verhungern lassen?<br />
geschwür) oder Verringerung der Aspirationsgefahr<br />
(verschlucken) mit sich bringen.<br />
Nebenwirkungen einer PEG-Sonde können<br />
Infektionen, der Verlust der Freude am Essen<br />
und die Verringerung der pflegerischen<br />
Versorgung sein (Finucane et al, JAMA 1999,<br />
Gillikk, NEJM 000).<br />
Falls jemand <strong>als</strong> ehrenamtlicher rechtlicher<br />
Betreuer/Betreuerin oder Bevollmächtigter<br />
mit der Entscheidung über die<br />
Versorgung mit einer PEG-Sonde befasst<br />
ist, empfehle ich eine „Entscheidungshilfe<br />
bei Ernährungssonden“, die von Ärzten des<br />
Paul-Lechler-Krankenhauses in Tübingen aus<br />
dem amerikanischen übersetzt wurde. Die<br />
Broschüre verschafft Ihnen einen Überblick<br />
über:<br />
• Ess- und Schluckstörungen<br />
• Was ist eine PEG-Sonde?<br />
• Stellvertretende Entscheidung durch<br />
einen Bevollmächtigten<br />
• Mögliche gesundheitliche Ergebnisse durch<br />
Ernährungssonden<br />
• Was ist unterstützende Pflege?<br />
• Kann eine Ernährung über die Sonde beendet<br />
oder unterbrochen werden?<br />
• Vor- und Nachteile einer Ernährungssonde<br />
• Schritte zur Entscheidungsfindung<br />
• Beispiele von Entscheidungsprozessen<br />
• Arbeitsblatt für Ihren Entscheidungs-<br />
prozess.<br />
Die Broschüre unterstützt Sie, wenn Sie<br />
stellvertretend für einen alten Menschen<br />
die Entscheidung der Ernährungsform treffen<br />
müssen, die dieser momentan aus gesundheitlichen<br />
Gründen nicht selbst treffen<br />
kann. Auf die unterschiedlichen Konflikte,<br />
die im Zusammenhang mit einer PEG-Sonde<br />
entstehen können und die Entscheidung dafür<br />
oder dagegen, wird differenziert eingegangen.<br />
Die Entscheidungshilfe richtet sich<br />
speziell an Bevollmächtigte bzw. Betreuer/<br />
Betreuerinnen.<br />
Falls Sie Interesse an dieser hilfreichen<br />
Broschüre haben, empfehle ich unter „Entscheidungs-hilfe<br />
bei Ernährungssonden“ zu<br />
googeln.<br />
In diesem Artikel wurde nicht darauf<br />
eingegangen, bei welchen Krankheitsbildern<br />
künstliche Ernährung hilfreich und<br />
sinnvoll ist. Der Autor wünscht sich, dass<br />
durch diesen Artikel Diskussionen zu dieser<br />
Thematik in Gang kommen und vielleicht<br />
manche Entscheidung leichter wird.<br />
Max Hüttinger, Projekteverein<br />
I<br />
Erfahrungen<br />
mit einer<br />
Patientenverfügung<br />
Seit über 10 Jahren bin ich mit<br />
mehreren ehrenamtlichen Betreuungen<br />
von älteren Damen betraut.<br />
Schon bald nach Beginn einer Betreuung<br />
nehme ich mir vor, mit meinen<br />
Betreuten, sofern sie noch ihren Willen<br />
äußern können, eine schriftliche<br />
Patientenverfügung unter Mitwirkung<br />
ihres Hausarztes zu erstellen.<br />
In den meisten Fällen ist mir dies<br />
auch gelungen. So auch mit einer älteren<br />
Dame, die ich <strong>als</strong> ehrenamtlicher<br />
Betreuer mit allen Aufgabenkreisen<br />
übernommen hatte. Sie wollte mit der<br />
Erstellung einer Patientenverfügung<br />
für den Fall einer eigenen Entscheidungsunfähigkeit<br />
ihren Willen bezüglich<br />
Art und Weise einer ärztlichen<br />
Behandlung niederlegen. Sie hatte<br />
unter anderem bestimmt, dass bei ihr<br />
lebensverlängernde Maßnahmen nicht<br />
in Frage kommen, wenn diese nur das<br />
Leiden kurzfristig verlängern würden.<br />
Meine Betreute, sie befand sich im<br />
91. Lebensjahr, wurde nach mehreren<br />
Jahren seit der Erstellung ihrer Patientenverfügung<br />
sehr krank, sie hatte<br />
schwere Magen- und Darmstörungen<br />
und litt auch zu dieser Zeit an einer<br />
Demenzerkrankung. Sie verweigerte<br />
das Essen und wollte nicht mehr<br />
leben. Ihr Arzt und ich <strong>als</strong> Betreuer<br />
wussten über ihre geäußerten Wünsche<br />
Bescheid und haben entsprechend<br />
diesen Wünschen keine künstliche<br />
Ernährung eingeleitet. Sie ist<br />
dann im Altenheim ohne Schmerzen<br />
gestorben.<br />
Somit war auch sichergestellt, dass<br />
meiner Betreuten ein würdiges Leben<br />
bis zuletzt und ein sanfter, natürlicher<br />
Tod ermöglicht wurde.<br />
Kurt Neuss<br />
Ehrenamtlicher .Betreuer und<br />
Schatzmeister des<br />
Vereins Betreuung heute
Schwere<br />
Entscheidungen<br />
Im Herbst 1999 nahm ich an einer Weiterbildung<br />
des Betreuungsvereins des Katholischen<br />
Jugendsozialwerkes teil und übernahm<br />
im Februar 000 vom Betreuungsverein<br />
die Betreuung der 80jährigen Lilly H. Sie<br />
lebte im Heim, war zeitweise stark dement,<br />
hatte starke Kontrakturen und wurde trotzdem<br />
fast täglich im Rollstuhl mobilisiert.<br />
Trotz dieses Zustandes habe ich viele schöne<br />
Stunden mit ihr bei meinen Besuchen erlebt<br />
und in klaren Momenten einiges aus ihrem<br />
Leben erfahren. Ihr Sohn lebt in Schleswig-<br />
Holstein, aber hatte kaum zu seiner Mutter<br />
Kontakt.<br />
Frau H. kam am 1.1. 00 mit hohem Fieber<br />
ins Krankenhaus. Sie war kaum ansprechbar<br />
und lehnte Essen und Trinken ab. Nach ein<br />
paar Tagen ohne orale Nahrungsaufnahme<br />
und Flüssigkeitszufuhr nur über Infusionen,<br />
wurde ich vor die Entscheidung gestellt, ob<br />
eine Magensonde gelegt werden soll.<br />
Aufgabe eines Betreuers ist es, im Sinne<br />
des Betreuten zu entscheiden. Zum Glück war<br />
ich durch meinen Beruf <strong>als</strong> Altenpflegerin informiert<br />
über das Problem von lebensverlängernden<br />
Maßnahmen. Als ich die Betreuung<br />
von Frau H. übernommen habe, war sie nicht<br />
mehr in der Lage eine Patientenverfügung<br />
zu verfassen. Trotzdem habe ich versucht,<br />
Ihren mutmaßlichen Willen zu diesem Thema<br />
und zum Thema Beerdigung zu erfahren.<br />
Ich fragte sie in einem klaren Moment in Gegenwart<br />
einer Pflegerin, ob bei ihr, wenn sie<br />
nicht mehr allein schlucken könne, ein Loch<br />
in den Magen gebohrt werden solle, über<br />
das sie dann Nahrung<br />
erhalte oder ob sie<br />
lieber „einschlafen<br />
(sterben)“ will. Sie<br />
sagte darauf hin, dass<br />
sie nicht über einen<br />
Schlauch Essen bekommen<br />
möchte, da<br />
sie viel zu gerne isst.<br />
Da will sie lieber sterben.<br />
Zum Thema Beerdigung<br />
fragte ich, ob<br />
sie verbrannt werden<br />
will, aber dies wehrte<br />
sie mit der Bemerkung<br />
ab, dass dies viel<br />
zu heiß wäre. Sie will<br />
eine Erdbestattung.<br />
Es existierte auch ein<br />
Foto vom sehr gut<br />
gepflegten Grab ihrer<br />
Eltern. Auch wenn ich vielleicht in manchen<br />
Punkten andere Vorstellungen habe, ist es<br />
meine Aufgabe <strong>als</strong> Betreuerin, im Sinne der<br />
Betreuten zu entscheiden.<br />
Nach telefonischer Rücksprache mit dem<br />
Sohn, der auch nicht für das Legen einer Magensonde<br />
war, setzte ich mich mit der stellvertretenden<br />
Pflegedienstleiterin, der Stationsschwester,<br />
einer Dame des Hospizes und<br />
der Hausärztin zusammen. Wir verfassten ein<br />
Schreiben, dass Frau H. ins Heim zum Sterben<br />
zurückkommen solle. Alle Medikamente,<br />
mit Ausnahme von Schmerz- und Abführmitteln,<br />
werden abgesetzt. Essen wird zwar angeboten,<br />
aber wenn Frau H. nicht will, erhält<br />
sie nur Flüssigkeit über subcutane Infusionen<br />
und zwar maximal 500 ml pro Tag. Auch die<br />
Mundpflege ist sehr wichtig. Die Dame vom<br />
Hospiz wollte Frau H. regelmäßig besuchen,<br />
ebenso Silvia, die ich <strong>als</strong> Besuchsdienst engagiert<br />
hatte und ich natürlich. So wollten<br />
wir ihr ein schönes Abschiedsnehmen von<br />
dieser Welt bescheren. Frau H. wurde in<br />
nicht ansprechbarem Zustand ins Heim entlassen.<br />
In der gewohnten Umgebung änderte<br />
sich aber ihr Gesundheitszustand und sie<br />
fing nach und nach wieder an, zu essen und<br />
zu trinken. Deshalb war ich sehr geschockt,<br />
<strong>als</strong> ich am .1. 00 , um 19 Uhr, die Nachricht<br />
erhielt, dass Frau H. etwa 0 Minuten<br />
nach dem Abendessen ganz friedlich eingeschlafen<br />
sei. Aber nun denke ich, es war ein<br />
gutes Ende.<br />
Brigitte Schobeß<br />
Ehrenamtliche Betreuerin<br />
I<br />
T i t e l t h e m a<br />
Erfahrungen<br />
ohne<br />
Patientenverfügung<br />
Ich war ehrenamtlicher Betreuer für<br />
eine 94-jährige Dame, die auch an einer<br />
leichten Demenzerkrankung litt. Meine<br />
Betreute lebte zuletzt in einem Alten-<br />
und Pflegeheim in München. Sie wurde<br />
schwer krank und sollte in einem Krankenhaus<br />
sofort am Magen operiert werden.<br />
Sie wurde bereits künstlich ernährt<br />
und konnte sich zu der geplanten Operation<br />
nicht mehr verbindlich äußern.<br />
Eine Patientenverfügung lag leider<br />
nicht vor, sie hatte auch keine Angehörigen<br />
mehr. Als Betreuer sollte ich meine<br />
Zustimmung für die Operation geben.<br />
Ich war jedoch mit dieser Maßnahme<br />
nicht einverstanden und habe deshalb<br />
mit dem zuständigen Arzt mehrere längere<br />
Gespräche geführt. Er wollte jedoch<br />
unbedingt operieren, obwohl er über<br />
den möglichen Ausgang der Operation<br />
nicht viel sagen konnte. Er war der<br />
Auffassung, dass bei einer erfolgreichen<br />
Operation meine Betreute noch ein paar<br />
Monate länger leben könnte.<br />
Meine Betreute bat mich immer wieder,<br />
dass sie nach Hause möchte um dort<br />
sterben zu können.<br />
Ich habe daraufhin dem Vorgesetzten<br />
des behandelnden Arztes mein Anliegen<br />
vorgetragen, er war auch meiner Meinung<br />
und wir haben den zuständigen<br />
Arzt davon überzeugt, von der Operation<br />
abzusehen. So war es möglich, dass<br />
meine Betreute am nächsten Tag ihrem<br />
Wunsch entsprechend aus dem Krankenhaus<br />
entlassen werden konnte.<br />
Sie wurde im Alten- und Pflegeheim<br />
mit großer Freude wieder aufgenommen.<br />
Die Heimleitung, die Pflegekräfte<br />
und eine Seelsorgerin haben sich um<br />
sie gekümmert. Nach Tagen rief mich<br />
ihr Hausarzt an und sagte mir, dass es<br />
nun meiner Betreuten gesundheitlich<br />
schlechter ginge und dass in Kürze mit<br />
dem Tod zu rechnen sei. Ich fuhr sofort<br />
zu ihr, streichelte ihre Hände, konnte<br />
mit ihr noch ein paar Worte sprechen,<br />
sie lächelte und schlief friedlich ein.<br />
Wahrscheinlich wäre es bei Vorliegen<br />
einer schriftlichen Patientenverfügung<br />
für alle Beteiligten leichter und entsprechend<br />
auch stressfreier verlaufen.<br />
Kurt Neuss<br />
Ehrenamtlicher Betreuer<br />
Schatzmeister des Vereins<br />
Betreuung heute<br />
Betreuung heute 11
B e i t r a g<br />
Wohnkultur<br />
für Menschen mit Demenz<br />
Warum fühlen sich Menschen in Alten-<br />
und Pflegeheimen wohl? Viele Studien, die<br />
sich mit Wohlfühlindikatoren in Alten- und<br />
Pflegeheimen beschäftigen, belegen, dass<br />
es nicht den Wohlfühlfaktor schlechthin<br />
gibt, sondern dass es viele einzelne Puzzleteile<br />
sind, wie z.B. Beleuchtung, Raumklima,<br />
Dekoration, Freizeitangebote, die bewirken<br />
dass sich Menschen in Heimen und<br />
gerade Menschen mit Demenz wohl fühlen.<br />
Mit wissenschaftlichen Erkenntnissen zu<br />
diesem Thema hat sich die Sozi<strong>als</strong>ervice-<br />
Gesellschaft des Bayerischen Roten Kreuzes<br />
GmbH, Träger von derzeit Senioreneinrichtungen,<br />
gemeinsam mit der Fachhochschule<br />
Coburg ,,Fachrichtung Architektur<br />
und Design“ fundiert auseinandergesetzt.<br />
Die Einrichtung des Trägers, Seniorenwohnen<br />
Pasing-Westkreuz, wurde <strong>als</strong> Piloteinrichtung<br />
für die Zusammenarbeit, die<br />
entsprechende Umgestaltung und für die<br />
wissenschaftliche Begleitung ausgewählt.<br />
Im Seniorenwohnen Pasing-Westkreuz liegt<br />
der Schwerpunkt auf Pflege und auf der Betreuung<br />
und Begleitung von Menschen mit<br />
Demenz. Die handlungsleitende Pflege der<br />
Bewohner mit Demenz basiert hier auf dem<br />
personzentrierten Ansatz nach Tom Kit-<br />
1 Betreuung heute<br />
Jürgen Ratza<br />
Maler- und<br />
Lackierermeister<br />
Berger-Kreuz-Straße 72<br />
81735 München<br />
Tel./Fax 0 89/4 48 67 52<br />
Die Freiheit zur natürlichen Farbe<br />
wood. Was bedeutet das konkret? Bei Menschen<br />
mit Demenz lösen sich sukzessive die<br />
Funktionen des höheren Erwachsensenseins<br />
auf und es beginnt eine Rückentwicklung<br />
bis hin zur völligen Hilflosigkeit, die der<br />
eines Neugeborenen ähnelt. In dem Projekt<br />
ging es darum, diesen Menschen eine<br />
Umgebung zu gestalten, die einem warmen,<br />
geborgenen „Nest“ gleicht und in der sie<br />
sich sicher bewegen und wohlfühlen können.<br />
Gleichzeitig wurde auch die Steigerung<br />
der Mitarbeiter- und Angehörigenzufriedenheit<br />
angestrebt. Die enorme Wichtigkeit der<br />
beiden letzten Ziele begründet sich daraus,<br />
dass Pflege von Menschen mit Demenz sich<br />
aus Kontakt und Beziehung generiert und<br />
das Milieu diese Faktoren fördert oder behindert.<br />
So ist es von großer Bedeutung,<br />
dass sich Mitarbeiter und Angehörige wohlfühlen<br />
und Beziehung und Kontakt leben<br />
können.<br />
Architektur der Sinne für die Sinne<br />
Basierend auf dem Fachwissen der Sozi<strong>als</strong>ervice-Gesellschaft<br />
des BRK und dem innovativen<br />
Denken der Innenarchitekten wurden<br />
umfassende Renovierungen im Seniorenwohnen<br />
Pasing-Westkreuz durchgeführt.<br />
Die Flure wurden <strong>als</strong> Lebenswelten gestaltet<br />
und mittels einem detaillierten Farb-und<br />
Lichtkonzept ausgestattet. Die Wandgestaltungen,<br />
mit Gegenständen, wie Musikinstrumenten,<br />
Pinsel und Drehschreiben laden<br />
ein stehen zu bleiben, sich an früher zu er-<br />
innern und die eigenen Sinne zu testen und<br />
anzuregen. Um Alltagsnormalität leben zu<br />
können, bilden Wohnküche und Wohnzimmer<br />
eine Mittelpunkt. In der Wohnküche<br />
besteht für die Bewohner und die Angehörigen<br />
die Möglichkeit kleinere Gerichte zuzubereiten<br />
und kleinere Hausarbeiten, die<br />
sie ihr Leben lang gewohnt waren selber zu<br />
verrichten. Ob abspülen, abtrocknen, Tisch<br />
decken oder Wäsche zusammenlegen, jeder<br />
kann, wenn er möchte, etwas passendes für<br />
sich finden. Mit diesen eigenständig ausgeführten<br />
Tätigkeiten fühlen Menschen mit<br />
Demenz sich eingebunden und spüren, dass<br />
sie gebraucht werden. Im Wohnzimmer, das<br />
so konzipiert ist, dass durch wenige Handgriffe<br />
eine Filmvorführung analog einem<br />
Kinobesuch möglich ist, werden in Anlehnung<br />
an die Bedürfnisse der Menschen mit<br />
Demenz unterschiedliche Angebote zur<br />
Tagesstrukturierung gemacht. So regt beispielsweise<br />
eine Zeitungsrunde zu Diskussionen<br />
an, oder ein Kreuzworträtsel holt<br />
Wissen hervor, das längst <strong>als</strong> vergangen geglaubt<br />
wurde. Mit diesen unterschiedlichen<br />
Gruppen und Einzelangeboten erfahren sich<br />
Menschen mit Demenz <strong>als</strong> Person, die wichtig<br />
ist und die anerkannt wird.<br />
Im Bad, das zur Wellness-Oase umgebaut<br />
wurde, werden die Bewohner in einer auf die<br />
Pflegebedürfnisse abgestimmten Whirlpool-<br />
Badewanne verwöhnt. Verschiedenste Badezusätze,<br />
die sich an den Vorlieben aus der<br />
Vergangenheit orientieren können, kommen
zum Einsatz. Eine Infrarotkabine erinnert<br />
an Saunabesuche aus der Vergangenheit.<br />
Nach dem „kleinen Saunagang“ besteht die<br />
Möglichkeit, sich durch eine Schwall – oder<br />
Massagebrause abkühlen und erfrischen zu<br />
lassen. Wer schon Kontakt und Umgang mit<br />
Menschen mit Demenz hatte, weiß, dass diese<br />
oft scheinbar grundlos aufgeregt und<br />
Wichtig für Alle!<br />
Preisgünstig und verlässlich<br />
geben diese Ratgeber Antwort auf<br />
alle wesentlichen Fragen rund um<br />
unser Gesundheitssystem bzw. Voll -<br />
macht, Betreuungsverfügung und<br />
Patientenverfügung.<br />
Die Broschüre zu Ihren<br />
Rechten <strong>als</strong> Patient<br />
informiert Sie mit zahlreichen<br />
Checklisten und Rechen beispielen<br />
darüber, wie Sie sich in unserem<br />
Gesund heitssystem zurechtfinden.<br />
B e i t r a g<br />
nicht zu beruhigen sind. Auch hieran wurde<br />
mit einer speziellen Räumlichkeit gedacht. In<br />
der Snoezelen -Oase herrscht eine ruhige entspannende<br />
Atmosphäre, die mit Musik und<br />
taktilen Reizen Wohlbefinden und Sicherheit<br />
wiedergeben soll. Hier findet der agitierte Bewohner<br />
seine innere Mitte wieder. In dieser<br />
bewohnerorientierten Umgebung konnten im<br />
Seniorenwohnen Pasing- Westkreuz bereits<br />
nach nur sechs Monaten Erfolge verzeichnet<br />
werden. Die Anzahl der Psychopharmaka, die<br />
bei Bedarf gegeben werden, und die Anzahl<br />
der Stürze wurden deutlich gesenkt. Die Reduzierung<br />
der krankheitsbedingten Ausfälle<br />
der Mitarbeiter und die Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit<br />
wurde erreicht. Das Projekt<br />
wird weiterhin wissenschaftlich begleitet<br />
von der Fachhochschule Coburg, um weitere<br />
Erkenntnisse zu gewinnen.<br />
Ines Nöbel<br />
Einrichtungsleiterin/Dipl. Gerontologin<br />
Seniorenwohnen Pasing - Westkreuz<br />
Aubinger Str. 51<br />
81243 München<br />
Tel. 089/ 8893-100, Fax 089/ 8893-997<br />
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Die Vorsorge-Broschüre für<br />
Unfall, Krankheit und Alter<br />
enthält die heraustrennbaren<br />
Formulare zu Voll macht, Betreu -<br />
ungsverfügung und Patienten -<br />
ver fü gung mit Erläuterungen.<br />
Vorsorge für Unfall, Krankheit und Alter<br />
Broschüre, herausgegeben vom Bayerischen<br />
Staatsministerium der Justiz.<br />
2009. 56 Seiten. Geheftet € 3,90<br />
ISBN 978-3-406-59511-0<br />
Ihre Rechte <strong>als</strong> Patient<br />
Broschüre, herausgegeben von:<br />
Der Paritätische Gesamtverband.<br />
2009. 64 Seiten. Geheftet € 3,90<br />
ISBN 978-3-406-59547-9<br />
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Preis inkl. MwSt. / 156044<br />
Betreuung heute 1
B e i t r a g<br />
Selbstbestimmung<br />
Bericht über eine Tagung in Tutzing vom<br />
20. und 21.04.09<br />
Veranstalter: Evangelische Akademie<br />
Tutzung in Zusammenarbeit mit der Bayerischen<br />
Gesellschaft für soziale Psychiatrie<br />
e.V. und der Bayerischen Gesellschaft für<br />
psychische Gesundheit e.V.<br />
Während der zwei Tage dauernden Tagung<br />
im schönen Tagungsgelände der evangelischen<br />
Akademie beschäftigten sich die<br />
Referenten und die Teilnehmer mit diesem<br />
vielschichtigen Thema.<br />
Die Teilnehmer setzten sich zusammen<br />
aus einer fast gleichen Anzahl von Fachleuten,<br />
Betroffenen und Angehörigen, sowie<br />
Vertretern von Psychiatrieerfahrenen – und<br />
Angehörigenverbänden.<br />
Die Einstiegsvorträge beleuchteten das<br />
Thema aus unterschiedlichen theoretischen<br />
und praktischen Blickwinkeln. Diese reichten<br />
über die Frage „ wie frei ist der Wille“<br />
über eine Auseinandersetzung von „Selbst-<br />
und Fremdbestimmung“ innerhalb der<br />
Grenzen einer Gesellschaft bis zur Praxis<br />
in der Psychiatrie, die immer wieder die<br />
richtige Balance finden muß zwischen „so<br />
viel Selbstbestimmung wie möglich – so<br />
viel Fremdbestimmung wie nötig“. Prof.<br />
Dr. Bock von der Uni Hamburg Eppendorf<br />
hob hervor, daß der rechtliche Betreuer<br />
das Korrektiv (der die Rechte und mögliche<br />
Selbstbestimmung des Betroffenen einfor-<br />
14 Betreuung heute<br />
für psychisch Kranke<br />
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dert) sein sollte und nicht nur der Vollstrecker<br />
der Psychiatrie. Arbeitsgruppen am<br />
Nachmittag des ersten Tages versuchten die<br />
Themen in den verschiedenen Praxisfeldern<br />
genauer zu beleuchten.<br />
Am zweiten Tag meldete sich in einem<br />
Vortrag die Geschäftsführende Vorständin<br />
des Bundesverbandes für Psychiatrie-Erfahrene<br />
e.V. zu Wort mit kreativen und provokanten<br />
Thesen, resultierend aus den eigenen<br />
Erfahrungen und den Anliegen vieler<br />
Betroffener. Sie forderte die Fachleute auf,<br />
das Angebot der Hilfen noch mehr auf die<br />
Bedürfnisse der Betroffenen auszurichten,<br />
deren eigene Kompetenz im Umgang mit<br />
der Krankheit zu achten und auch auf die<br />
Selbstheilungskräfte zu vertrauen und diese<br />
zu fördern. Sie sprach sich gegen eine<br />
Psychiatrie der Zwangsmaßnahmen aus.<br />
Dr. Rolf Marschner reflektierte in seinem<br />
Vortrag die Voraussetzungen und Grenzen<br />
der Selbstbestimmung in der Psychiatrie.<br />
Er hob die Auswirkungen hervor, die sich<br />
durch die UN Konvention über die Rechte<br />
behinderter Menschen auf das Betreuungs-<br />
und Unterbringungsrecht zwingend nach<br />
der Ratifizierung durch Deutschland ergeben<br />
werden. In dieser UN Konvention steht:<br />
Krankheit und Behinderung rechtfertigen<br />
weder Einschränkung der Freiheit noch<br />
Zwangsbehandlung.<br />
Es wird sicher Auswirkungen geben auf<br />
das Betreuungsrecht, die Unterbringungsvoraussetzungen<br />
und die entsprechenden<br />
Landespsychiatriegesetze. Welche Änderungen<br />
sich ergeben ist noch nicht so genau<br />
einzuschätzen. Seiner Meinung nach<br />
kann es vermutlich keine Stellvertretung<br />
mehr geben sondern nur noch eine Assistenz.<br />
Den Abschluß der Tagung bildete ein<br />
Vortrag von Dr. Alfred Simon (Akademie für<br />
Ethik in der Medizin) mit dem Thema der<br />
Vorsorge (Behandlungsvereinbarung und<br />
Patienten-verfügung) allgemein sowie für<br />
psychisch Kranke, die seiner Meinung nach<br />
die gleichen Rechte haben wie Menschen<br />
mit anderen Krankheiten.<br />
Im abschließenden Podiumsgespräch, an<br />
dem ich selbst teilnahm, wurde über die<br />
Möglichkeiten diskutiert, die sich durch<br />
Behandlungsvereinbarungen und Patientenverfügung<br />
für psychisch Kranke ergeben.<br />
Alle waren sich einig, daß diese Er-<br />
klärungen Gültigkeit haben, vorausgesetzt,<br />
daß sie zu einem Zeitpunkt verfaßt werden,<br />
wo die „freie Willensbestimmung und Steuerung“<br />
nicht durch eine akute Krankheitsphase<br />
eingeschränkt ist. Dies muß durch<br />
einen Arzt bescheinigt werden.<br />
Dr. Marschner betonte die Gültigkeit der<br />
Verfügung, zeigte auch die Grenzen auf,<br />
wenn eine akute Selbst- oder Fremdgefährdung<br />
gegeben ist.<br />
Fazit: Auch ein psychisch Kranker hat<br />
das Recht darauf festzulegen, wie und ob<br />
er behandelt werden möchte, muß aber ggf.<br />
geschützt werden, wenn er innerhalb einer<br />
schweren Psychose sein oder das Leben anderer<br />
gefährdet.<br />
Insgesamt wurde bei der Tagung deutlich,<br />
daß das Ringen um Selbstbestimmung<br />
und der Weg in eine „ demokratische<br />
Psychiatrie“ das Anliegen von allen Beteiligten<br />
bleiben muß, ein nicht immer leichter<br />
Weg, der befördert und vorangetrieben wird<br />
durch das erstarkende Selbstbewusstsein<br />
der Betroffenenverbände - und das ist gut<br />
so!<br />
Welche Impulse konkret von der Tagung<br />
ausgehen, kann ich nicht beurteilen. Wenn<br />
die Betroffenen die Möglichkeit der Behandlungsvereinbarung<br />
für das psychiatrische<br />
Krankheitsbild nutzen werden und dies in<br />
großer Zahl (wie es z.B. bei den normalen<br />
Patientenverfügungen bundesweit der Fall<br />
ist) dann wird sich etwas bewegen und verändern.<br />
Die Umsetzung der UN Konvention<br />
in Deutschland wird Veränderungen mit<br />
sich bringen und einen Paradigmenwechsel<br />
einleiten. Welcher, das muss abgewartet<br />
werden.<br />
Angelika Kraus<br />
Betreuungsverein<br />
Bayerische Gesellschaft für<br />
psychische Gesundheit e.V.<br />
Tipp:<br />
Es gibt bereits eine Münchner Behandlungsvereinbarung<br />
die über Müpe Mü<br />
(Münchner Psychiatrie-Erfahrene e.V,)<br />
zu erhalten ist; <strong>als</strong> <strong>pdf</strong> Datei unter<br />
www.muepe.org oder<br />
e-mail: muepe – selbsthilfe@t-online.de<br />
Telefon: 0 89/ 0 0 5
Tag der<br />
Betreuung in Berlin<br />
!<br />
Darüber haben wir<br />
uns sehr gefreut!<br />
Von: ruck-koethe ukr<br />
[mailto:ukr.ruck-koethe@muenchen.de]<br />
Gesendet: Dienstag, . Dezember 008<br />
09:19<br />
An: info@betreuungheute.de<br />
Betreff: Betreuung heute Dezember<br />
2008<br />
Sehr geehrter Herr Lorenz,<br />
liebes Redaktionsteam,<br />
bevor das Jahr 008 zu Ende ist, möchte<br />
ich mich noch ganz herzlich für Ihre ausgezeichnete<br />
Arbeit bedanken.<br />
Ich habe mich sehr über die professionelle<br />
und sehr gut gemachte neue <strong>Ausgabe</strong> von<br />
Betreuung heute gefreut. Meiner Meinung<br />
nach ist dieses Heft wirklich eine Bereicherung<br />
für die Münchner Betreuerinnen<br />
und Betreuer und für die in diesem Bereich<br />
Tätigen.<br />
Es unterstützt aufs Beste die Bemühungen<br />
bei der Gewinnung von ehrenamtlichen<br />
rechtlichen Betreuerinnen und Betreuern.<br />
Machen sie auch im Jahr 009 weiter so,<br />
meiner Unterstützung können Sie gewiss<br />
sein.<br />
Ich wünsche Ihnen geruhsame Feiertage<br />
und ein gutes Jahr 009.<br />
Ursula Ruck-Köthe<br />
Leiterin der Betreuungsstelle<br />
der Landeshauptstadt München<br />
„Das Anforderungsprofil für Betreuerinnen<br />
und Betreuer unterscheidet sich kaum von<br />
Stellenanzeigen hochdotierter Jobs. Gefragt<br />
sind Kommunikationsfähigkeit, Einfühlungsvermögen,<br />
Organisationstalent sowie die<br />
Bereitschaft, sich mit rechtlichen und medizinischen<br />
Fragen auseinanderzusetzen.“ So<br />
wertschätzend formulierte Justizministerin<br />
Brigitte Zypries die Aufgaben ehrenamtlicher,<br />
rechtlicher Betreuer und lud <strong>als</strong> Zeichen der<br />
Anerkennung ehrenamtliche Betreuer aus<br />
dem ganzen Bundesgebiet am 19. März 009<br />
zu einem Besuchstag nach Berlin. Rund 50<br />
Männer und Frauen sind der Einladung gefolgt,<br />
haben den Reichstag, respektive Bundestag<br />
besucht und sind miteinander ins Gespräch<br />
gekommen. Für das Podiumsgespräch<br />
100126339.qxd 31.01.2008 17:16 Uhr Seite 1<br />
HAUSPFLEGEVEREIN e.V. München<br />
seit 1904<br />
„Was ich immer schon mal sagen wollte, was<br />
ich immer schon mal fragen wollte“ hatten<br />
die Teilnehmer sich recht gut vorbereitet.<br />
HPV<br />
• Ambulante Kranken- und Altenpflege<br />
• Pflegewohnung<br />
Trappentreustraße 48/50 · 80339 München<br />
Tel. 0 89/ 50 03 92-0 · Fax: 0 89/ 50 03 92-15<br />
www.hauspflegeverein.de<br />
B e i t r a g<br />
Zwei Leiterinnen einer Betreuungsstelle und<br />
zwei Vormundschaftsrichter standen Rede<br />
und Antwort. Allerdings war die angesetzte<br />
Stunde für all die anstehenden Themen viel<br />
zu kurz.<br />
Ein mehrfach genannter Punkt war die<br />
unbefriedigende Situation, im Todesfall<br />
des Betreuten. Oft fühlen sich die Betreuer<br />
menschlich verpflichtet, sich auch noch um<br />
die Bestattung zu kümmern, doch dafür haben<br />
sie keinen Rechtsauftrag mehr. Der Vormundschaftsrichter<br />
Axel Bauer warnte auch<br />
ausdrücklich noch mal davor, sich in dieser<br />
Phase finanziell zu weit vorzuwagen, denn<br />
Geschäfte nach dem Tode des Betreuten sind<br />
nicht mehr rechtlich gedeckt. Die Teilnehmer<br />
berichtet von sehr unterschiedlichen Erfahrungen<br />
im Umgang mit den Rechtspflegern<br />
und Richtern. Das reichte von freundschaftlich<br />
bis zu distanziert-kleinkariert und hängt<br />
offensichtlich sehr von den jeweiligen Personen<br />
und dem Stil des Gerichtes ab. Einige<br />
bemängelt die lange Zeitspanne, bis der Betreuerausweis<br />
endlich ausgestellt wird. Dazu<br />
gab es aber den richterlichen Tipp, dass es<br />
schon ausreiche, ein entsprechendes Aktenzeichen<br />
vorzulegen, wenn man schnell handeln<br />
muss.<br />
Als Fazit kann man sagen: Diese Einladung<br />
nach Berlin war ein großes Zeichen der Anerkennung<br />
der ehrenamtlichen Arbeit durch<br />
die Justizministerin; die Zeit, um Wünsche,<br />
Anregungen oder Beschwerden anzubringen,<br />
war aber viel zu kurz bemessen.<br />
Birgitt v.Maltzahn<br />
Ehrenamtliche Betreuerin<br />
Betreuung heute 15
B e i t r a g<br />
Zu Hause im Alter oder<br />
Last Rose of Summer*<br />
Was mache ich mit dem Rest<br />
meines Lebens?<br />
Mit 5 Jahren begann ich mir diese Frage<br />
zu stellen. (Jetzt bin ich ) Meine erwachsenen<br />
Kinder sind ausgeflogen, teilweise<br />
weit weg und ich bin alleinstehend. Teile<br />
meines sozialen Berufes übe ich weiterhin<br />
ehrenamtlich aus und pflege zusätzlich<br />
meine kulturellen Interessen. An Kontakten<br />
zu Mitmenschen mangelt es mir nicht.<br />
Sollte ich die Vielseitigkeit meines Lebens<br />
einschränken, altersgemäß in ruhigeren<br />
Bahnen leben, sollte ich „ kürzer treten „?<br />
Nein, das kam nicht in Frage! Ich suchte<br />
eher nach einer Möglichkeit, mir meinen Lebensstil<br />
unaufwändig und stressfrei so lange<br />
wie möglich zu erhalten. Bald zeigte sich,<br />
dass es das Wohnen war, das die wichtigste<br />
Rolle in meinen Überlegungen spielte. Zwei<br />
Lebensformen traten an die erste Stelle: Unabhängigkeit<br />
und Geborgenheit.<br />
Ich wollte unabhängig sein von einer<br />
Wohnraumgröße, die nur mit einer regelmäßigen<br />
Putzhilfe zu bewältigen ist. Ich<br />
wollte unabhängig sein von der Belastung<br />
eines Haus-/ Wohnungseigentums. Ich wollte<br />
unabhängig sein von der Haltung eines<br />
eigenen Autos. Ich wollte mich geborgen<br />
fühlen in einer sozial eingestellten Hausgemeinschaft<br />
von Menschen verschiedenen Alters<br />
und Geschlechts mit Geist, Humor und<br />
Neugierde aufs Leben. Die Wohnlage in einer<br />
guten Infrastruktur für die täglichen Erledigungen<br />
und einer entsprechenden verkehrstechnischen<br />
Anbindung waren Voraussetzung.<br />
Urbanes Leben in einer ruhigen Ecke<br />
mit Ausblicken ins Grüne war mein Ziel.<br />
Deshalb sprach mich ein Genossenschaftsprojekt<br />
an, das eine Hausgemeinschaft<br />
mit mehreren Generationen in einem<br />
Mietshaus anstrebte, deren Grundhaltung<br />
gegenseitige Unterstützung und soziale Ver-<br />
!<br />
Schon bekannt?<br />
Laienpfleger haben 8 Tage pro Jahr Anrecht<br />
auf eine Urlaubsvertretung. Die Pflegekassen<br />
übernehmen aber nur die Kosten<br />
bis zu jährlich 14 0 Euro. Der Rest muss aus<br />
eigener Tasche bezahlt werden. Ab 010 ist<br />
eine Erhöhung auf 1510 Euro vorgesehen.<br />
Wird dieses Anrecht nicht genützt, verfällt<br />
es. Es gibt die Möglichkeit der Kurzzeitpfle-<br />
1 Betreuung heute<br />
bindlichkeit ist und die gewünschte Wohnlage<br />
hat. Jetzt ist es so weit: Ein Mietshaus<br />
von 19 5 in der Stadt Kassel, zentral genug<br />
und trotzdem ruhig gelegen ist saniert, modernisiert<br />
und im September bezugsfertig.<br />
Die Genossenschaft wird eine Gästewohnung<br />
vorhalten. Außerdem rief sie einen bereits<br />
gut funktionierenden Nachbarschaftsverein<br />
ins Leben, der verschiedene Freizeitaktivitäten,<br />
Dienstleistungen und einem<br />
Mittagstisch in eigenen Räumen in unmittelbarer<br />
Nähe anbietet. Es gibt <strong>als</strong>o dort schon<br />
ein soziales Netz, in dem man sich aufgehoben<br />
fühlen kann.<br />
Ein Supermarkt und verschiedene Einzelhandelsgeschäfte<br />
kann ich zu Fuß erreichen.<br />
Straßenbahn und Bus vor der Tür bringen<br />
mich in 15- 0 Minuten in die Innenstadt,<br />
zum ICE Bahnhof , an die Fuldaaue oder zum<br />
berühmten Bergpark um Schloss Wilhelmshöhe.<br />
Ein Gut-Wetter –Spaziergang führt<br />
mich in das Sahnestückchen von Kassel, dem<br />
Vorderen Westen mit seinen Jugendstilhäusern,<br />
mit seinen Cafes und Bistros, seinen<br />
speziellen kleinen Lebensmittelgeschäften,<br />
Handwerkern und Boutiquen.<br />
Zum ersten September ziehe ich mit<br />
einem Mietvertrag auf Lebenszeit mit einer<br />
jungen Familie, Damen meines Alters und<br />
Herren und einer Dame der jüngeren Generation<br />
in dieses Haus ein. Wir haben uns<br />
bei mehreren Treffen kennen gelernt und<br />
angenähert. Schnell und unkompliziert z.B.<br />
waren die Möbeltransporte geklärt – ein viel<br />
versprechender Anfang.<br />
Vielleicht will der Hund meines neuen<br />
Nachbarn gern mit mir Gassi gehen?<br />
Das Genossenschaftshaus neben uns bewohnt<br />
dann bereits ein Frauen - Freundeskreis,<br />
der sogar einen Verein gegründet hat:<br />
Verein zur Förderung des gemeinschaftlichen<br />
Wohnens e.V. Die Genossenschaft<br />
ge, <strong>als</strong>o eine vorübergehende stationäre Unterbringung<br />
des Kranken im Heim oder der<br />
Patient wird zu Hause von einem Ersatzmann<br />
versorgt. Voraussetzung in jedem Fall ist,<br />
dass die Pflege bereits ein halbes Jahr dauert.<br />
Abseits der Verhinderungspflege ist für<br />
berufstätige Angehörige die Pflegezeit neu<br />
eingeführt worden. Seit Juli 008 können<br />
wird in einem weiteren Projekt Wohnungen<br />
für eine betreute Wohngemeinschaft demenzkranker<br />
alter Menschen einrichten,<br />
um ihnen eine Heimeinweisung zu ersparen.<br />
Ich habe in Großstädten, Kleinstädten und<br />
auf dem Lande gewohnt, das ich jetzt nach<br />
neun Jahren verlasse. Die Zeit dort habe ich<br />
sehr genossen aber seine Beschaulichkeit ist<br />
nicht das was ich brauche. So freue ich mich<br />
jetzt auf meinen neuen Lebensabschnitt und<br />
bin gespannt auf ihn.<br />
Nun wohne ich fast ein Jahr im<br />
Mehrgenerationenhaus in Kassel.<br />
Das soziale Miteinander entwickelte<br />
sich bis jetzt horizontal. So halte ich einen<br />
Plausch von Balkon zu Balkon mit meinen<br />
Etagennachbarn, einer jungen Familie mit<br />
einer -jährigen. Sie hat meinen Wohnungsschlüssel<br />
für den Notfall und meine Blumen<br />
wurden in meinem Sommerurlaub versorgt.<br />
Ich holte dagegen den Schlüssel meiner<br />
Nachbarin in der Arbeitsstelle Ihres Mannes,<br />
<strong>als</strong> sie sich ausgesperrt hatte. Die vertikalen<br />
Verbindungen funktionieren auf Anfrage oder<br />
aus einem aktuellen Anlass. So transportierte<br />
mir ein Mitbewohner ein sperriges Teil bis zu<br />
mir nach oben, <strong>als</strong> ich ihn darum bat und ich<br />
erhielt eine Karte mit den besten Genesungswünschen<br />
ins Krankenhaus, von allen unterschrieben.<br />
Die vertikale Entwicklung wird leider durch<br />
umfangreiche Bauarbeiten im Garten hinter<br />
dem Haus gestört, sodass ein geselliges Zusammensein<br />
beim Grillen oder Kaffetrinken<br />
noch nicht möglich war. So halte ich mich an<br />
das Sprichwort: gut Ding will Weile haben.<br />
Karin-Jutta Stork<br />
Diplom Sozialpädagogin und<br />
ehrenamtliche Betreuerin<br />
* ein Gesangstitel der irischen<br />
Gesangsformation „Celtic Woman“<br />
sie sich von ihrem Betrieb für 10 Tage freistellen<br />
lassen, um kurzfristig eine Betreuung<br />
zu organisieren. Er kann sich aber auch von<br />
seinem Betrieb für ein halbes Jahr unbezahlt<br />
freistellen lassen mit Rückkehrrecht. Dies gilt<br />
aber nur bei Firmen mit mehr <strong>als</strong> 15 Mitarbeitern.<br />
Die Pflegeversicherung übernimmt in<br />
dieser Zeit die Rentenbeiträge.
Neues aus der<br />
Gesetzgebung 2009<br />
Kurz vor der Sommerpause und der nächsten<br />
Legislaturperiode hat der deutsche Bundestag<br />
noch einige Gesetzesvorhaben verabschiedet<br />
die für die rechtliche Betreuung wesentlich<br />
sind.<br />
• 1. Änderungen des Verfahrensrechts<br />
Das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen<br />
und in den Angelegenheiten der freiwilligen<br />
Gerichtsbarkeit, kurz auch Familienverfahrensgesetz<br />
(FamFG), ist ein Bundesgesetz<br />
betreffend die Neuregelung des gerichtlichen<br />
Verfahrens in Familiensachen. Es tritt am 1.<br />
September 009 in Kraft, regelt das familienrechtliche<br />
Verfahren und ersetzt in Teilen Regelungen<br />
in der Zivilprozessordnung und das Gesetz<br />
über die Angelegenheiten der freiwilligen<br />
Gerichtsbarkeit, zu denen auch die Betreuung<br />
gehört. Danach wird das bisherige Vormundschaftsgericht<br />
aufgelöst. Seine Zuständigkeiten<br />
werden auf das Familiengericht und das neu<br />
zu schaffende Betreuungsgericht verteilt. Das<br />
Betreuungsgericht wird für Betreuungs-, Unterbringungsverfahren<br />
und sonstige freiheitsentziehenden<br />
Maßnahmen zuständig sein.<br />
Das Rechtsmittelsystem wird verändert: den<br />
Beteiligten wird durch die Rechtsbeschwerde<br />
erstm<strong>als</strong> der unmittelbare Zugang zum Bundesgerichtshof<br />
eröffnet; die Beschwerde gegen gerichtliche<br />
Entscheidungen wird künftig generell<br />
befristet.<br />
• 2. Gesetz über die Patientenverfügung<br />
Ebenfalls am 01.09. 009 tritt das . Gesetz zur<br />
Änderung des Betreuungsrecht in Kraft. Es regelt<br />
in dem neuen § 1901a BGB erstm<strong>als</strong> die Patientenverfügung.<br />
Einen Zwang zur Errichtung<br />
einer Patientenverfügung gibt es nicht. Liegt<br />
eine solche jedoch vor, dann ist ihrem Inhalt<br />
durch den Betreuer oder Bevollmächtigten Geltung<br />
zu verschaffen. Liegt eine Patientenverfügung<br />
nicht vor oder entsprechen die in der<br />
vorliegenden Patientenverfügung gemachten<br />
Festlegungen nicht der aktuellen Situation, so<br />
hat der Betreuer oder Bevollmächtigte den mutmaßlichen<br />
Willen des Patienten zu ermitteln<br />
und dann zu entscheiden. Dies gilt unabhängig<br />
von der Art und dem Stadium der Erkrankung.<br />
Bei der Feststellung des Willens des Patienten<br />
sollen nahe Angehörige und Vertrauenspersonen<br />
in die Feststellung mit einbezogen werden.<br />
Sofern zwischen dem Arzt und dem Betreuer<br />
oder Bevollmächtigten Einvernehmen darüber<br />
besteht, dass mit der Nichteinwilligung oder<br />
dem Widerruf der Einwilligung der Patienten-<br />
wille umgesetzt wird und obwohl die Gefahr<br />
besteht, dass der Patient dabei stirbt oder einen<br />
schweren und länger dauernden gesundheitlichen<br />
Schaden erleidet, ist die Einschaltung<br />
des Betreuungsgerichts zur Genehmigung nicht<br />
erforderlich. Andernfalls hat das Gericht zu<br />
entscheiden. Grundlage der Entscheidung des<br />
Gerichts ist ein Sachverständigengutachten und<br />
die Anhörung der Beteiligten sowie des zu bestellenden<br />
Verfahrenspflegers.<br />
• 3. Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts<br />
Zum 01.09.09 tritt weiter in Kraft die wichtige<br />
Gesetzesänderung, dass der Betreuer sich Verfügungen<br />
über Bankgirokonten, die über der<br />
Freigrenze von E .000 liegen nicht mehr vom<br />
Betreuungsgericht einzeln genehmigen lassen<br />
muss. Hiervon erhofft sich der Gesetzgeber den<br />
Abbau der bisherigen Hindernisse beim Onlinebanking.<br />
Auch ist wird es nunmehr möglich sein bei der<br />
Bundesnotarkammer auch separate Betreuungsverfügungen<br />
zu hinterlegen. Bisher war dies<br />
nur im Zusammenhang mit einer Vorsorgevollmacht<br />
möglich.<br />
Die Beglaubigungsvermerke der Betreuungsbehörden<br />
auf Vorsorgevollmachten werden den<br />
notariellen Beglaubigungen gleichgestellt, so<br />
dass diese auch im Rahmen von z. B. Grundbuchgeschäften<br />
von den Grundbuchämtern anerkannt<br />
werden müssen.<br />
• 4. Änderungen an der Mindestsicherung von<br />
Kontoeinlagen<br />
Die Änderungen des Einlagensicherungs- und<br />
Anlegerentschädigungsgesetz erhöhen den gesetzlichen<br />
Mindestsicherungsschutz für mündelsichere<br />
Geldanlagen (§ 180 BGB) mit Wirkung<br />
zum 01.0 .09 von E 0.000 auf E 50.000 und<br />
ab 01.01. 011 auf E 100.000. Zugleich entfällt<br />
der Eigenanteil von 10%.<br />
• 5. Änderung des Erb- und Verjährungsrechts<br />
Durch dieses Gesetz das auch zum 01.01. 010<br />
in Kraft tritt, wird die bisherige 0-jährige Verjährung<br />
für die Haftung des Betreuers gemäß<br />
§ 18 BGB auf drei Jahre nach dem Ende der<br />
Betreuung begrenzt. Ohne Kenntnis des Anspruchsinhabers<br />
verjährt der Anspruch in 10<br />
Jahren.<br />
• 6. Neues Heimvertragsrecht<br />
Im Zuge der Föderalismusreform wurde die<br />
Heimgesetzgebung in die Länderzuständigkeit<br />
überführt. Der Freistaat Bayern hat das<br />
I n f o<br />
Pflege- und Wohnqualitätsgesetz (PfleWoqG)<br />
erlassen, das seit 01.08. 008 in Kraft ist.<br />
Das Recht die Heimverträge zu regeln ist jedoch<br />
beim Bund verblieben. Aus diesem Grunde ist<br />
das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz verabschiedet<br />
worden, das zum 01.10. 009 in Kraft<br />
tritt. Das Gesetz will sicherstellen, dass der Verbraucher<br />
informiert wird über die Leistungen<br />
der Anbieter, dass klare Verträge geschlossen<br />
werden und schützt den Verbraucher vor benachteiligenden<br />
Regelungen in Heimverträgen.<br />
Keinen Eingang in die diversen Gesetzgebungsverfahren<br />
fand leider der Vorschlag des Bundesrates,<br />
die Aufwandspauschale der ehrenamtlichen<br />
Betreuer(§ 18 5a BGB) in Höhe von E<br />
.100 jährlich (statt wie bisher E 500) steuerfrei<br />
zu stellen.<br />
• <strong>7.</strong> Diverses zur Ehrenamtlichen Betreuung<br />
Von Bedeutung ist weiter, dass der Abschlussbericht<br />
der Bund-Länder- Arbeitsgruppe Betreuungskosten<br />
aufgrund einer fast vierjährigen<br />
Studie im Mai 009 erstellt wurde. Die Studie<br />
war in 005 vom Bundesministerium für Justiz<br />
in Auftrag gegeben worden und hatte zum Ziel<br />
die Auswirkungen des . Betreuungsrechtsänderungsgesetzes<br />
zu analysieren. Durch das .<br />
Betreuungsrechtsänderungsgesetz war die Vergütung<br />
der Berufsbetreuer auf Pauschalen umgestellt<br />
worden.<br />
Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe kam zu dem<br />
Ergebnis, dass der Zunahme der beruflichen<br />
Betreuungen dadurch entgegengewirkt werden<br />
müsse, dass Strukturen ausgebaut werden, welche<br />
der Gewinnung und Unterstützung ehrenamtlicher<br />
Betreuer dienen und dass dabei die<br />
Förderung der Betreuungsvereine unerlässlich<br />
sei.<br />
• 8. Ankündigung des Erscheinens eines Buches<br />
für die Arbeit der ehrenamtlichen rechtlichen<br />
Betreuer<br />
Voraussichtlich im Dezember 009 wird im<br />
Beck-Verlag/Lambertusverlag ein Kompendium<br />
in Lexikonform für ehrenamtliche Betreuer erscheinen<br />
mit dem Titel „Betreuungsrecht von<br />
A-Z“, kartoniert, ca. 00 bis 50 Seiten stark.<br />
Autoren sind vorwiegend professionelle Praktiker<br />
aus dem Bereich der rechtlichen Betreuung<br />
in der deutschen verbandlichen Caritas. Das<br />
Werk wird im Buchhandel und bei Betreuungsvereinen<br />
der verbandlichen Caritas erhältlich<br />
sein.<br />
Carina Reb<br />
Leiterin des Betreuungsvereins des<br />
Kath. Jugendsozialwerkes München e.V.<br />
Betreuung heute 1
B e i t r a g<br />
Kosten des Mittagessens<br />
sind Bestandteil der<br />
Das Bundessozialgericht hat mit Urteil<br />
(GZ: B 8/9b SO 10/0 R) vom 9.1 . 008 entschieden,<br />
dass die Kosten des Mittagessens<br />
in teilstationären Einrichtungen ein funktionaler<br />
Bestandteil der Eingliederungsmaßnahme<br />
ist.<br />
Die WfbM´s sind keine reinen Erwerbsbetriebe,<br />
sondern sind berufliche Rehabilitationseinrichtungen,<br />
die den behinderten<br />
Menschen durch ihre berufliche und persönlichkeitsbildende<br />
Förderung zu einem<br />
gleichberechtigten Platz in der Gesellschaft<br />
verhelfen sollen. Das gemeinsame Mittagessen<br />
ist im tagesstrukturierten Ablauf einer<br />
WfbM ein arbeitspädagogisches und arbeitstherpeutisches<br />
Eingliederungsinstrument.<br />
Der vergütete Pflege- und Betreuungsaufwand<br />
in der WfbM umfasst auch Zeiten des<br />
Mittagessens, da auch dieses bei Bedarf erlernt<br />
und geübt werden müsse.<br />
Erstattung der bisher geleisteten Beträge<br />
Diese Rechtssprechung hatte zur Folge,<br />
18 Betreuung heute<br />
Eingliederungshilfe<br />
An Einrichtungen, die im sozialen Bereich<br />
tätig sind, werden hohe Anforderungen an<br />
den Datenschutz gestellt, da dort hoch sensible<br />
und besondere Daten erhoben und verarbeitet<br />
werden.<br />
Auch den Behörden ist das Erheben von<br />
Sozialdaten nur zulässig, wenn ihre Kenntnis<br />
zur Erfüllung einer Aufgabe der erhebenden<br />
Stelle erforderlich ist. Das gilt auch<br />
für besondere Arten personenbezogener<br />
Daten. Deshalb prüfen Sie alle Ihnen vorgelegten<br />
Formulare zur Schweigepflichtentbindung<br />
gründlich. Oftm<strong>als</strong> werden Ihnen<br />
pauschale Erklärungen zur Unterschrift vorgelegt.<br />
Ich rate Ihnen ab solche Erklärungen<br />
zu unterschreiben, notfalls ändern Sie die<br />
Formulare oder schreiben es selbst.Achten<br />
Sie darauf , dass jeweils der Zweck der Datenübermittlung<br />
angegeben wird. Soweit<br />
dass auch in Bayern die jeweiligen Sozialhilfeträger<br />
den Werkstattgängern das Mittagessen<br />
kostenfrei gewähren müssen. Die seit<br />
005 geleisteten Beträge für Mittagessen<br />
sind ab Mitte 009 von den Bezirken pauschal<br />
zurückerstattet worden.<br />
Keine Anrechnung auf den<br />
Vermögensfreibetrag<br />
In der Regel sind ca. 1 00 Euro erstattet<br />
worden. Dieser Betrag wird nach einer Vereinbarung<br />
des Bezirkes Oberbayern längstens<br />
1 Jahr seit Erstattung nicht auf den Vermögensfreibetrag<br />
von . 00 Euro (bei Grundsicherung)<br />
angerechnet.<br />
Mittagessen wird auf Regelsatz<br />
angerechnet<br />
Im Gegenzug haben sich die Leistungsberechtigten,<br />
bei minderjährigen unverheirateten<br />
Leistungsberechtigten die Eltern, gemäß<br />
§ 9 SGB XII an den Kosten des Mittagessens<br />
zu beteiligen. Die Kürzung des Regelsatzes<br />
Schweigepflichtentbindung<br />
wie möglich sind die Daten, die weitergegeben<br />
werden dürfen konkret in der Erklärung<br />
anzugeben, zumindest sind sie präzise abschließend<br />
zu beschreiben. Sinnvoll ist auch<br />
die Angabe ob diese Erklärung einmalig oder<br />
wiederkehrend gilt und dass diese jederzeit<br />
widerrufen werden kann mit Wirkung für die<br />
Zukunft.<br />
Auf jeden Fall ist sie mit einem Datum<br />
zu versehen.<br />
Muster:<br />
Ich, <strong>als</strong> rechtlicher Betreuer von… erkläre<br />
hiermit, dass die behandelnden Ärzte und<br />
sonstige Fachdienste gegenüber der Leitung<br />
und der von ihr betrauten Mitarbeiter der….<br />
von der Schweigepflicht entbunden werden,<br />
soweit die Kenntnis von der Erkrankung<br />
muss akzeptiert werden. Die Kürzung darf<br />
aber nur die tatsächlich eingenommenen<br />
Mittagessen berücksichtigen. Dies muss von<br />
der WfbM daher in jedem Monat ermittelt<br />
und an den Sozialhilfeträger weitergemeldet<br />
werden. Zur Verwaltungsvereinfachung<br />
kann der Sozialhilfeträger eine monatliche<br />
Pauschale vom Regelsatz in Abzug bringen<br />
und am Jahresende eine genaue Abrechnung<br />
vornehmen. Werkstattbeschäftigte, die nicht<br />
regelmäßig das angebotene Mittagessen einnehmen,<br />
können auf individueller Berechnung<br />
bestehen.<br />
Wer zahlt einen Kostenbeitrag?<br />
Personen, deren laufendes bereinigtes Einkommen<br />
den jeweiligen doppelten Regelsatz<br />
übersteigt, müssen zu den Kosten des Mittagessens<br />
einen Kostenbeitrag leisten(§ 9<br />
Abs. Satz 4 SGB XII).<br />
Erika Pfaff<br />
Berufsbetreuerin und<br />
ehrenamtliche Betreuerin<br />
und/oder dem Therapieverlauf und/oder<br />
sonstigen Maßnahmen für die Betreuung<br />
und Pflege erforderlich sind. Die Weitergabe<br />
von Gutachten, Berichten oder vergleichbaren<br />
Dokumenten kann nur mit vorheriger<br />
Zustimmung des rechtlichen Betreuers/Bevollmächtigten<br />
erfolgen und ist vor jeder<br />
Weitergabe erneut einzuholen. Zudem erfolgt<br />
die Entbindung der Leitung und damit<br />
des mit der Betreuung bzw. Pflege beauftragten<br />
Mitarbeiters von der Verschwiegenheitsverpflichtung<br />
gegenüber den weiteren<br />
Mitarbeitern der Einrichtung im Rahmen des<br />
kollegialen fachlichen Austausches oder der<br />
Supervision.<br />
Ort, Datum, Unterschrift<br />
Erika Pfaff<br />
Berufsbetreuerin und<br />
ehrenamtliche Betreuerin
Der Ethikrat des<br />
Caritasverbandes<br />
Der Caritasverband der Erzdiözese München<br />
und Freising hat einen Ethikrat ins Leben gerufen.<br />
Initiator Caritasdirektor Prälat Hans Lindenberger:<br />
„Der Ethikrat soll Mitarbeitenden in<br />
unseren Einrichtungen für alte und behinderte<br />
Menschen und Seelsorgern Beratung und Hilfestellung<br />
in schwierigen Entscheidungslagen<br />
geben. Zum Beispiel, wenn es darum geht, ob<br />
ein Bewohner mit einer Magensonde ernährt<br />
werden soll oder nicht.“<br />
Der Caritas-Ethikrat richtet sich an die CaritasmitarbeiterInnen<br />
und an die Seelsorger<br />
in der Erzdiözese München und Freising e.V..<br />
BetreuerInnen von BewohnerInnen, PatientInnen,<br />
KlientInnen, die gleichzeitig durch die<br />
Caritas betreut werden, können sich ebenfalls<br />
an den Caritas-Ethikrat wenden.<br />
Der Caritas-Ethikrat besteht aus Praktikern<br />
unterschiedlicher Bereiche. Mitglieder sind<br />
neben Caritasdirektor Lindenberger der Palliativmediziner<br />
Dr. Marcus Schlemmer, die Theologen<br />
Marianne Habersetzer und Dr. Thomas<br />
Hagen, die Pflegefachleute Brigitte Hirsch und<br />
Hans-Peter Kallin, der Altenheimleiter Friedrich<br />
Schwarz, der Erwachsenenpädagoge Gerhard<br />
Deser und der Jurist Karlo Heßdörfer. Der Auftrag<br />
bei ihren Treffen ist eine ethische Fallberatung<br />
der Teams in den Caritaseinrichtungen<br />
und Pfarreien. Lindenberger: „Es geht mir um<br />
eine Entlastung von Mitarbeitenden und Seelsorgern<br />
bei praktischen Fragen in ihrem konkreten<br />
Arbeitsalltag. Diese Fälle wollen wir aufgreifen<br />
und aus ethischer Sicht beleuchten.“<br />
In einem zweiten Schritt will der Ethikrat<br />
aus der Erfahrung der behandelten Fragen heraus<br />
auch präventiv beraten und in der Folge<br />
Orientierungshilfen publizieren. Konkrete Fragestellungen<br />
werden immer vor Ort behandelt<br />
und auch dort entschieden. Ziel des Ethikrates<br />
ist deshalb eine Unterstützung der Einrichtungen<br />
beim Aufbau von Kompetenzen und<br />
Ressourcen für eine Ethikberatung vor Ort, z.B.<br />
durch die Ausbildung von Ethik-Moderatoren.<br />
Der Caritasdirektor: „Der Ethikrat ist keine<br />
Erfindung der Caritas. Es gibt ihn in ähnlicher<br />
Form bereits an anderen Orten. Das Novum bei<br />
uns ist die Einbindung der Einrichtungen für<br />
Menschen mit Behinderungen. Diese ist uns ein<br />
großes Anliegen - vor dem Hintergrund, dass<br />
die erste Nachkriegsgeneration von behinderten<br />
Menschen alt wird und sich in den Behinderten-Einrichtungen<br />
ähnliche Fragestellungen<br />
ergeben wie etwa in den Altenheimen.“<br />
Ansprechpartner für Anfragen ist Benjamin<br />
Krückl, Fachreferent für Hospiz beim Caritasverband.<br />
benjamin.krueckl@caritasmuenchen.de<br />
Rechtsprechung<br />
in Kürze<br />
LG Köln, Urteil v. 14.5.97 – 13 S 17/97,<br />
FamRZ 1998, 919<br />
Die Beantragung von Sozialhilfe für den<br />
Betreuten fällt in den Bereich der Personensorge<br />
und nicht in den Aufgabenkreis der<br />
Vermögenssorge. Ist dem Betreuer nur die<br />
Vermögenssoge übertragen, so haftet er für<br />
den Schaden aus einem verspäteten Antrag<br />
auf Sozialhilfe nicht.<br />
LG Berlin, Urteil v. 20.9.2000 – 11 O<br />
75/99, BTPrax 2001, 83 =NJWE-FER 2001,<br />
210<br />
Ein Betreuer haftet dem Betroffenen nicht<br />
auf Ersatz der durch verspätete Rentenantragstellung<br />
entgangenen Rentenzahlungen,<br />
wenn auf Wunsch der Betroffenen zunächst<br />
versucht werden sollte, ihre Erwerbsfähigkeit<br />
durch Rehabilitationsmaßnahmen wieder<br />
herzustellen.<br />
AG Laufen, Urteil v. 19.10.2000 – 1 C<br />
713/00, FamRZ 2001, 1554<br />
Es gehört zu den Nebenpflichten eines<br />
Pflegedienstes, der die sogenannte kleine<br />
und große hauswirtschaftliche Versorgung<br />
einer Betreuten übernommen hat, die Wohnung<br />
gelegentlich auf technische Mängel<br />
zu überprüfen und gegebenenfalls deren<br />
Abschaffung zu veranlassen. Eine etwaige<br />
Kontrollverpflichtung des Betreuers ist nachrangig.<br />
B e i t r a g<br />
LG Berlin, Urteil v. 10.5.01 – 31 O<br />
658/99, BtPrax 2001, 215 = bt-info<br />
2002,26(LS) = FamRZ 2002, 345 = FÜR<br />
2002, 20<br />
Die Geltendmachung von Rentenansprüchen<br />
gehört zum Aufgabenkreis des Betreuers,<br />
dem die Vermögenssorge übertragen ist.<br />
Der Betroffene hat einen Schadensersatzanspruch<br />
gegen den Betreuer, wenn dieser es<br />
schuldhaft unterlässt, rechtzeitig einen Antrag<br />
auf Erwerbsunfähigkeitsrente zu stellen.<br />
AG Essen, Urteill v. 24.5.2000 – 29 C<br />
63/00,NJWE-FER 2000, 257<br />
Der Abschluss eines Altenheimvertrages<br />
zu Gunsten des Betreuten begründet für den<br />
Betreuer keine eigene persönliche Haftung in<br />
Bezug auf die aus dem Vertrag resultierenden<br />
Verbindlichkeiten.<br />
AG Düsseldorf, Urteil v. 29.11.2007<br />
– 27 C 11629/06, BTPrax 2008, 89=FamRZ<br />
2008,1029 (LS)<br />
Allein die Stellung <strong>als</strong> Betreuer im Sinne<br />
von §§ 189 ff.BGB ergibt nicht, dass diesem<br />
die Aufsichtspflicht über den Betreuten obliegt.<br />
Ein erwachsener Mensch unterliegt einer<br />
gesetzlichen Aufsichtspflicht nur dann,,<br />
wenn einem Betreuer entweder die gesamte<br />
Personensorge oder speziell die Beaufsichtigung<br />
des Betreuten durch Gerichtsbeschluss<br />
übertragen worden ist.<br />
Betreuung heute 19
I n f o<br />
Endlich wieder neue Plätze<br />
für Menschen mit geistig und psychischer<br />
Erkrankung im Alter bei München.<br />
Durch Umstrukturierung im Haus Maria<br />
Linden in Vaterstetten bei München erweitert<br />
sich das Platzangebot Ende 009 um<br />
Häuser für je 10 Menschen mit psychischer<br />
Erkrankung. Dadurch ergibt sich zum Jahreswechsel<br />
die Möglichkeit den Betrieb der<br />
Pflegeabteilung wieder zu aktivieren.<br />
Ziel ist hierbei neben einer fundierten<br />
pflegerischen Grundversorgung die palliativ-<br />
und Hospizkultur gerade auch für Menschen<br />
mit einer geistigen oder psychischen Erkrankung<br />
auszubauen. So können in Zukunft<br />
die Bewohner auch <strong>als</strong> Pflegefall bis zum<br />
Lebensende in der Einrichtung bleiben und<br />
können angemessen versorgt werden.<br />
Darüber hinaus können auch pflegebedürftige<br />
Menschen mit einer geistigen Behinderung<br />
oder psychischen Erkrankung aus<br />
anderen Einrichtungen aufgenommen werden,<br />
wenn dort aus fachlichen, personellen<br />
oder organisatorischen Gründen die dann<br />
notwendige intensive pflegerische Versorgung<br />
nicht gewährleistet werden kann.<br />
Das Haus Maria Linden, eine „Einrichtung<br />
für Menschen mit geistiger Behinderung<br />
und/oder psychischer Erkrankung im Alter“<br />
bietet zur Abrundung seiner Angebote nun<br />
auch ein Ambulant betreutes Einzelwohnen<br />
in Kooperation mit dem Monsignore-Bleyer-<br />
Haus in München-Pasing an.<br />
Das Angebot richtet sich an Menschen<br />
im Osten von München, die trotz ihrer Behinderung<br />
selbstbestimmt in ihrer eigenen<br />
Wohnung oder Mietwohnung leben wollen.<br />
!<br />
Miteinander älter werden<br />
Miteinander älter werden verlangt einem einiges ab. Nicht das<br />
Schönste auf der Welt soll dir am meisten gefallen, sondern, dass<br />
es jemanden gibt, der mit dir fühlt, dir zuhört und sich Zeit für<br />
dich nimmt.<br />
Es braucht Respekt davor, dass der Partner, die Partnerin Falten<br />
und graue Haare bekommt, nicht mehr so elastisch und straff<br />
ist, sich auch körperlich wandelt. Man braucht die Fähigkeit, liebevoll<br />
mit sich und dem anderen umzugehen; gegenseitiges Verständnis<br />
gibt beiden ein Gefühl der Sicherheit. Es braucht Geduld,<br />
weil man selbst und der Partner erst allmählich erleben, erfahren<br />
muss, dass, biblisch gesprochen, alles im Leben seine Zeit und damit,<br />
wie die Jugend auch, ein Ende hat. Das ist gar nicht so leicht<br />
zu begreifen, schwer sich selber und dem anderen zuzugestehen.<br />
Aber solche Mühe lohnt sich, denn was ist schöner <strong>als</strong> die Nähe<br />
eines geliebten Menschen, Geborgenheit sind zwei Arme, die dich<br />
0 Betreuung heute<br />
Pädagogische Fachkräfte kommen ins Haus<br />
und helfen bzw. unterstützen:<br />
• bei der Weiterführung des Haushaltes<br />
• begleiten zu Ärzten und anderen<br />
Fachdiensten<br />
• vermitteln bei psychosozialen<br />
Problemen<br />
• leisten Krisenintervention<br />
• helfen bei der Entwicklung von<br />
Lebensperspektiven<br />
• fördern die Integration am Wohnort.<br />
Betreuung heute wird die Entwicklung sehr<br />
aufmerksam verfolgen und wieder berichten.<br />
Haus Maria Linden,<br />
Arnikastr. 1, 85591 Vaterstetten<br />
Kontaktaufnahmen für den stationären<br />
Bereich: Herr Robert Schinnerl oder<br />
Herr Gerhard Deser, Tel. 0810 /894 -0,<br />
robert.schinnerl@kjsw.de,<br />
gerhard.deser@kjsw.de<br />
für den ambulanten Bereich:<br />
Frau Stefanie Kimmel<br />
Tel. 089/89 91- 80<br />
stefanie.kimmel@kjsw.de<br />
fest umschließen, zärtliche Vertrautheit, bei der nichts schamhaft<br />
verborgen sein muss, weil man erkennt, dass das alles zu dem<br />
wunderbarsten Menschen gehört, dem man je begegnet ist.<br />
Alexander Grobitsch.
§ §(1) Hat ein einwilligungsfähiger Volljähriger<br />
für den Fall seiner Einwilligungsunfähigkeit<br />
schriftlich festgelegt, ob er in bestimmte,<br />
zum Zeitpunkt der Festlegung noch<br />
nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen<br />
seines Gesundheitszustandes, Heilbehandlungen<br />
oder ärztliche Eingriffe einwilligt<br />
oder sie untersagt(Patientenverfügung),<br />
prüft der Betreuer, ob diese Festlegungen auf<br />
die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation<br />
zutreffen.<br />
Ist dies der Fall, hat der Betreuer dem Willen<br />
des Betreuers Ausdruck und Geltung zu<br />
verschaffen.<br />
Eine Patientenverfügung kann jederzeit<br />
formlos widerrufen werden.<br />
( ) Liegt keine Patientenverfügung vor<br />
oder treffen die Festlegungen einer Patientenverfügung<br />
nicht auf die aktuelle Lebens-<br />
und Behandlungssituation zu, hat der<br />
Betreuer die Behandlungswünsche oder den<br />
mutmaßlichen Willen des Betreuten festzustellen<br />
und auf dieser Grundlage zu entscheiden,<br />
ob er in eine ärztliche Maßnahme nach<br />
Absatz 1 einwilligt oder sie untersagt. Der<br />
mutmaßliche Wille ist auf Grund konkreter<br />
Anhaltspunkte zu ermitteln. Zu berücksichtigen<br />
sind insbesondere frühere mündliche<br />
und schriftliche Äußerungen, ethische oder<br />
religiöse Überzeugungen und sonstige per-<br />
I<br />
Katholisches Jugendsozialwerk<br />
München e.V.<br />
81 41 Ebenböckstraße 1<br />
Tel. 089/544158-0<br />
betreuungsverein@kjsw.de<br />
Bayerische Gesellschaft<br />
für psychische Gesundheit e.V.<br />
81 41 Landsberger Str. 511<br />
Tel. 089/8 0 05<br />
betreuungsverein@bgfpg.de<br />
1901a<br />
Betreuungsvereine in München<br />
Patienten-<br />
verfügung<br />
sönliche Wertvorstellungen des Betreuten.<br />
( ) Die Absätze 1 und gelten unabhängig<br />
von Art und Stadium einer Erkrankung des<br />
Betreuten.<br />
(4) Niemand kann zur Errichtung einer<br />
Patientenverfügung verpflichtet werden. Die<br />
Errichtung oder Vorlage einer Patientenverfügung<br />
darf nicht zur Bedingung eines Vertragsschlusses<br />
gemacht werden.<br />
(5) Die Absätze 1 bis gelten für Bevollmächtigte<br />
entsprechend.<br />
§ 1901b Gespräch zur Feststellung des Patientenwillens<br />
(1) Der behandelnde Arzt prüft, welche<br />
ärztliche Maßnahme im Hinblick auf den Gesamtzustand<br />
und die Prognose des Patienten<br />
indiziert ist. Er und der Betreuer erörtern<br />
diese Maßnahme unter Berücksichtigung des<br />
Patientenwillens <strong>als</strong> Grundlage für die nach<br />
§ 1901a zu treffende Entscheidung.<br />
( ) Bei der Feststellung des Patientenwillens<br />
nach § 1901a Absatz 1 oder der Behandlungswünsche<br />
oder des mutmaßlichen Willens<br />
nach § 1901a Absatz soll nahen Angehörigen<br />
und sonstigen Vertrauenspersonen<br />
des Betreuten Gelegenheit zur Äußerung<br />
gegeben werden, sofern dies ohne erhebliche<br />
Verzögerung möglich ist.<br />
( ) Absätze 1 und gelten für Bevollmächtigte<br />
entsprechend.<br />
H-TEAM e.V.<br />
81 9 München<br />
Plinganserstraße 19<br />
Tel. 089/ 4 -0<br />
h-team-muenchen@t-online.de<br />
Sozialdienst Katholischer<br />
Frauen München e.V.<br />
80 5 Marsstraße 5<br />
Tel. 089/55981-0<br />
betreuungsverein@skf-muenchen.de<br />
Kinderschutz und Mutterschutz e.V.<br />
Abt. Rechtliche Betreuung<br />
805 8 Liebherrstraße 5<br />
Tel. 089/ 1 1 -9<br />
betreuungsverein@kinderschutz.de<br />
Betreuungsverein der Inneren<br />
Mission München e.V.<br />
80 Landshuter Allee 14<br />
Tel. 089/1 09 1<br />
bimm@im-muenchen.de<br />
Stationäre Hospize<br />
in Bayern<br />
• Christopherus Hospizverein e.V.<br />
Effnerstr. 9 , 819 5 München<br />
Tel. 089/1 0 8 0<br />
info@chv.org<br />
• Johannes-Hospiz<br />
Barmherzige Brüder<br />
Notburgastr. 4c, 80 9 München<br />
Tel. 089/1 95-9 10<br />
hospiz@barmherzige-muenschen.de<br />
• Hospiz Pfaffenwinkel im<br />
Kloster Polling<br />
Kirchplatz , 8 98 Polling,<br />
Tel. 0881/9 -1<br />
hospiz_pfaffenwinkel_eV@t-online.de<br />
• Hospiz Haus Xenia<br />
Thumenberger Weg 9 , 90491 Nürnberg<br />
Tel. 0911/9598050<br />
hospiz-xenia@caritas-nuernberg.de<br />
• Hospizstation des Ev. Gemeindevereins<br />
Mögeldorf e.V.<br />
Ziegenstr. 0, 9048 Nürnberg<br />
Tel. 0911/99541- 0<br />
info@diakonie-moegeldorf.de<br />
• Hospiz in der Diakonie am Ohmplatz<br />
Am Röthelheim , 9105 Erlangen<br />
Tel. 091 1/1 0450<br />
hospiz@diakonie-erlangen.de<br />
• St. Vinzenz Hospiz<br />
Nebelhornstr. 5, 8 1 Augsburg<br />
Tel. 08 1/ 1 50<br />
st-vinzenz-hospiz@bistum-augsburg.de<br />
• Allgäu Hospiz Kempten<br />
Madlenerstr. 18, 8 4 5 Kempten<br />
Tel. 08 1/9 04 4-0<br />
info@hospiz-kempten.de<br />
• Hospizzentrum Haus Brög zum Engel<br />
Ludwig-Kick-Str. 0, 881 1 Lindau<br />
Tel.08 8 /944 4<br />
info@hospiz-lindau.de<br />
• Bundesweit:<br />
Deutscher Hospiz- und Paliativ-Verband e.V.<br />
www.hospiz.de<br />
Katholische Jugendfürsorge<br />
der Erzdiözese München<br />
und Freising e.V.<br />
80 Lessingstraße 8<br />
Tel. 089/544 141<br />
betreuungsverein@kjf-muenchen.de<br />
Betreuungsverein für Münchner<br />
Bürgerinnen und Bürger<br />
81 Gravelottestraße 8<br />
Tel. 089/ 0 0- 0 od. - 0<br />
bmb@projekteverein.de<br />
I n f o<br />
Betreuung heute 1
W u s s t e n S i e s c h o n ?<br />
Wussten Sie<br />
schon?<br />
• Von der Krankenkasse nicht bezahlte<br />
Medikamente können <strong>als</strong> außergewöhnliche<br />
Belastung bei der Steuer nur dann geltend gemacht,<br />
wenn sie ärztlich verordnet sind.<br />
• Neben Arzneimitteln sind auch andere<br />
Gesundheitsausgaben abzugsfähig: Die Brille,<br />
Kosten für Zahnersatz, Hilfsmittel wie Prothesen,<br />
Physiotherapien, ärztlich verordnete<br />
Kuren.<br />
• Grundsätzlich ist der Eigenanteil an den<br />
außergewöhnlichen Belastungen selbst zu<br />
zahlen. Er liegt zwischen einem und sieben<br />
Prozent des Gesamtbetrages der Einkünfte. So<br />
muss ein verheirateter Steuerpflichtiger ohne<br />
Kinder mit 51.000 Gesamteinkommen mehr<br />
<strong>als</strong> 550 Euro nachweisen, um etwas steuerlich<br />
absetzen zu können. Ein Steuerpflichtiger mit<br />
einem Kind und 15000 Euro Jahreseinkünften<br />
muss zwei Prozent, <strong>als</strong>o 00 Euro selbst tragen.<br />
• Bei einem komplizierten gesundheitlichen<br />
Problem ist es vertretbar, sich eine Zweitmeinung<br />
einzuholen. Darüber sollte man offen<br />
mit dem Arzt sprechen. Dieser kann eine<br />
Überweisung an den Kollegen ausschreiben.<br />
• Doch es kann auch ohne Überweisung ein<br />
anderer Arzt aufgesucht werden. Allerdings<br />
muss dann die Praxisgebühr erneut bezahlt<br />
werden. Auf die Einsicht in ihre Röntgenbilder,<br />
Arztberichte oder Testergebnisse haben<br />
Sie einen gesetzlichen Anspruch. Sie können<br />
sogar Kopien verlangen.<br />
• Miriam H. beantragte einen Schwerbehindertenausweis<br />
wegen starken Übergewichtes.<br />
Das Versorgungsamt verweigerte ihr den Ausweis.<br />
Das BSG Kassel entschied, dies sei nicht<br />
rechtens, denn „Übergewicht kann durchaus<br />
<strong>als</strong> Behinderung gelten“ (Az.: B 9/9aSB /0<br />
R – 08).<br />
Hohe Wohn- und Lebensqualität – auch mit Demenz<br />
Das Seniorenwohnen Pasing-Westkreuz, eine Einrichtung der Sozi<strong>als</strong>ervice-Gesellschaft<br />
des BRK, bietet Senioren eine individuelle, qualifi zierte und liebevolle Pfl egebetreuung.<br />
Als eine der wenigen Einrichtungen in München steht hier ein beschützender Wohnbereich<br />
für Mensch mit Demenz zur Verfügung. Dieser Wohnbereich besticht durch seine<br />
bewohnerorientierte Innenarchitektur, die in jeder Hinsicht Pfl ege- und Therapieformen<br />
der Einrichtung unterstützt.<br />
Die Highlights im Wohnbereich Demenz:<br />
Kaminecke<br />
Virtuelles Aquarium<br />
Wellness-Oase mit Whirlpool-Badewanne,<br />
Infrarotkabine, Massagebrause<br />
Betreuung heute<br />
Piazza und Wohnküche<br />
Snoezelen-Oase<br />
Sinnesgarten<br />
Spenden Sie?<br />
Betreuung heute erhält<br />
keine öffentliche Förderung<br />
und finanziert sich zu 100%<br />
durch Spenden und<br />
Mitgliedsbeiträge.<br />
Alle Spenden werden voll für<br />
die Zeitschrift eingesetzt.<br />
Spendenkonto bei der<br />
Bayerischen Beamten Bank<br />
München<br />
Konto-Nr.: 14 87 25<br />
BLZ 660 908 00<br />
Seniorenwohnen<br />
Pasing-Westkreuz<br />
Ines Nöbel,<br />
Einrichtungsleiterin/<br />
Dipl. Gerontologin<br />
Aubinger Str. 51<br />
81243 München<br />
Tel.: 089 8893-0<br />
Fax: 089 8893-999<br />
info.pwk@rks.brk.de<br />
www.seniorenwohnen.brk.de<br />
Weitere Angebote im Haus:<br />
Wohnbereich Pfl ege<br />
Kurzzeitpfl ege<br />
Wohnbereich Rüstige
Patientenrecht<br />
Die Einsicht in Patientenunterlagen und<br />
der Erhalt von Kopien über die gesamte<br />
Krankenakte ist ein Patientenrecht.<br />
Auch weil Ärzte ihre Unterlagen nur<br />
10 Jahre aufbewahren müssen ist es sinnvoll,<br />
eigene lückenlose Aufzeichnungen<br />
zu erstellen, da ansonsten Informationen<br />
eventuell verloren gehen. Sie können<br />
auch auf eine Herausgabe der Krankenakte<br />
in Kopie bestehen. Die Kopien müssen<br />
Sie allerdings selbst bezahlen. Keinesfalls<br />
dürfen aber Arbeitszeiten für das Kopieren<br />
berechnet werden. Der Arzt hat aber das<br />
Recht persönliche Aufzeichnungen in der<br />
Patientendokumentation zu schwärzen. Er<br />
kann auch Unterlagen einbehalten, wenn<br />
durch die Aushändigung der Unterlagen<br />
beispielsweise Suizidgefahr bestünde.<br />
Wohnen für Senioren in München<br />
»Wir genießen unser Leben und wissen, dass immer Hilfe<br />
da ist, wenn wir sie brauchen. Ein gutes Gefühl!«<br />
Es gibt viele gute Gründe, sich für die MÜNCHEN-<br />
STIFT zu entscheiden. Eine Vielfalt abgestimmter<br />
Wohnformen – ganz nach Bedarf – mit der Sicherheit,<br />
wie sie nur ein großer Träger von Senioreneinrichtungen<br />
bietet!<br />
Telefon: 089/6 20 20-340<br />
Gemeinnützige Gesellschaft der Landeshauptstadt mbH<br />
MÜNCHENSTIFT<br />
Das Zuhause für Münchner Senioren<br />
Rufen Sie an! Info-� 089/6 20 20-340 · www.muenchenstift.de<br />
Zahn-Implantate<br />
Ab sofort können sich Patientinnen und Patienten,<br />
die sich für Zahn-Implantate interessieren<br />
in einem unabhängigen Patientenportal<br />
über Möglichkeiten und Grenzen der<br />
Implantologie informieren. Das Web-Angebot<br />
wurde von der gemeinnützigen Deutschen<br />
Gesellschaft für Implantologie e.V. entwickelt,<br />
der größten wissenschaftlichen Fachgesellschaft<br />
Europas auf ihrem Gebiet. In der<br />
DGI arbeiten Wissenschaftler und Praktiker<br />
zusammen, um die wissenschaftlichen Standards<br />
und Methoden in der Implantologie<br />
weiter zu entwickeln. In dem Patientenportal<br />
können sich Patientinnen und Patienten<br />
nun über Zahn-Implantate informieren und<br />
nach qualifizierten Experten in ihrer Region<br />
suchen. Nur mit einer guten Information<br />
kann man unseriöse Angebote erkennen.<br />
[ www.betreuungheute.de ]<br />
I m p r e s s u m / V o r s c h a u<br />
Herausgeber:<br />
Betreuung heute e.V.<br />
Johann-Strauß-Str. 16a<br />
85591 Vaterstetten<br />
Tel. 0 81 06/36 89 90, Fax: 0 81 06/36 89 97<br />
Bayerische Beamtenbank München<br />
Konto Nr. 14 87 25, BLZ: 660 908 00<br />
www.betreuungheute.de<br />
email: info@betreuungheute.de<br />
Verantwortlich:<br />
Gerhard Lorenz<br />
Redaktionsteam:<br />
Max Hüttinger, Angelika Kraus,<br />
Birgitt von Maltzahn,<br />
Gerhard Lorenz, Erika Pfaff,<br />
Robert Riedel<br />
Anzeigen:<br />
Gerhard Lorenz,<br />
email: lorenz@betreuungheute.de<br />
Tel. 0 81 42/57 00 29<br />
Satz und EBV:<br />
Datech GmbH, Fürstenfeldbruck<br />
Druck:<br />
Stephanie Hoffmann, Produktionerland.de,<br />
Maisach<br />
Gedruckte Auflage: 3000 Exemplare<br />
Es gilt die Anzeigenpreisliste vom<br />
Februar 2008<br />
Namentlich gekennzeichnete Beiträge sind nicht unbedingt<br />
identisch mit der Meinung der Redaktion. Der Nachdruck ist<br />
nur mit schriftlicher Genehmigung des Vereins Betreuung<br />
heute e.V. gestattet. Für die Vollständigkeit und Richtigkeit<br />
aller Beiträge wird keine Gewähr übernommen.<br />
Vorschau<br />
Die nächste <strong>Ausgabe</strong> von<br />
Betreuung heute erscheint<br />
mit dem Schwerpunkt<br />
Vollmacht:<br />
Impressum<br />
• Kann sie die Betreuung<br />
ersetzen?<br />
• Wie sieht die Verantwortung<br />
des Bevollmächtigten<br />
aus?<br />
• Was ist mit der Haftung?<br />
Informationen zum Anzeigenschluss<br />
und zu den erforderlichen Druckunterlagen<br />
erhalten Sie bei Gerhard<br />
Lorenz, Tel. 0 81 4 /5 00 9<br />
Betreuung heute
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Betreuung heute e.V., Johann Strauß Str. 16a, 85591 Vaterstetten (bei München)<br />
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Dann würden wir uns freuen, wenn Sie unsere Arbeit<br />
unterstützen. Herausgeber ist der gemeinnützige Verein<br />
„Betreuung heute e.V:“, in dem sich ehrenamtliche<br />
Betreuer und andere engagierte Personen und Organisationen<br />
zusammengeschlossen haben, um Betreuern und<br />
Bevollmächtigten ein informatives Forum zu bieten. Die<br />
Zeitschrift wird kostenlos abgegeben. Der Vereinsvorstand<br />
ist ehrenamtlich tätig. Zum Redaktionsteam gehören<br />
auch Mitarbeiter mehrerer Münchener Betreuungsvereine.<br />
Der Verein erhält keine öffentlichen Mittel.<br />
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