7. Ausgabe als pdf - MannchenNet

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E d i t o r i a l „ B e t r e u u n g h e u t e “ In eigener Sache Ja oder nein? – Selten wird die Endgültigkeit einer Entscheidung so unmittelbar und klar vor Augen geführt wie bei der Frage an den rechtlichen Betreuer oder Bevollmächtigten, ob eine Sonde zur künstlichen Ernährung gelegt werden soll. Denn die Folgen dieser Entscheidung sind allen Beteiligten nur zu gut bekannt. Zu dieser und zu anderen schwierigen Entscheidungen können Sie einiges in den Beiträgen dieses Heftes lesen. Und auch dazu, wie rechtliche Betreuer und Bevollmächtigte bei ihrer Gewissensentscheidung – denn manchmal ist es genau das – Unterstützung erfahren können. Eine solche Entscheidung kann emotional sehr belastend sein; vor allem, wenn der Wille des Betroffenen nicht eindeutig festgemacht werden kann sondern als mutmaßlicher Wille aus früheren Äußerungen hergeleitet werden muss. Und eine solche Situation zeigt überdeutlich die Bedeutung einer Patientenverfügung. Zwei Praxisbeispiele – eine Situation mit und eine ohne Vorliegen einer Patientenverfügung – beschreiben die mögliche Problematik. Hier hat der Gesetzgeber jetzt nach langer Diskussion den Vorrang einer Patientenverfügung festgestellt und damit die behandelnden Ärzte an die dort gemachten Willensäußerungen gebunden. Ein Fortschritt für jeden Einzelnen, denn jeder von uns kann irgendwann und urplötzlich selbst Betroffener sein. Und dann geht es bei der anstehenden Entscheidung Betreuung heute Gerhard Lorenz Vorsitzender Betreuung heute nur noch um uns selbst – und wer möchte eine solche Entscheidung nicht auch selbst treffen? Oder zumindest die Gewissheit haben, dass hier nur und ausschließlich nach meinem Willen - und meinen Wünschen und auch Ängsten folgend - gehandelt wird. Und ein Instrument dazu steht jetzt zur Verfügung – wir müssen uns nur trauen zu entscheiden. Sonst entscheiden andere für und über uns. Zusätzlich zu den Beispielen aus dem wirklichen Leben haben wir einen Beitrag aufgenommen, in dem das neue Gesetz zur Patientenverfügung aus Sicht eines Berufsbetreuers eines Betreuungsvereins betrachtet wird. Damit liegt auch eine erste pragmatische Einschätzung zur erwarteten Umsetzung vor. Wie das neue Gesetz sich in der Praxis bewährt kann natürlich nur die Anwendung zeigen.Aber es sollte auf jeden Fall als das gesehen werden, was es ist: Ein längst überfälliger Schritt, der es verdient, positiv aufgenommen zu werden. Und der uns allen hilft, der Eingangsfrage Ja oder Nein? mit mehr Zuversicht zu begegnen und zwar dann, wenn sie uns einmal gestellt wird. Inhalt 2 Editorial Gerhard Lorenz 3 Beitrag Carpe Diem 4 Titelthema Erfahrungsbericht aus dem Christiphorus Hospitz 6 Beitrag Gesundheitsfürsorge – Rechte und Pflichten des Betreuers, Themen für das Arztgespräch 8 Titelthema Neues Gesetz zur Patientenverfügung, Freiheitsentziehende Maßnahmen 10 Erfahrungen Wollen Sie jemanden verhungern lassen? 11 Titelthema Eine schwere Entscheidung: Berichte ehrenamtlicher Betreuer 12 Beitrag Wohnkultur für Menschen mit Demenz 14/15 Titelthema Selbstbestimmung für psychisch Kranke, Tag der Betreuung in Berlin 16 Beitrag/Info Zu Hause im Alter 17 Info Neues aus der Gesetzgebung 2009 18 Beitrag Kosten des Mittagessens, Schweigepflichtentbindung 19 Beitrag Der Ethikrat der Caritas 20 Info Plätze für alte Menschen mit geistiger/psychischer Erkrankung 21 Info Adressen von Betreuungsund Hospitzvereinen 22 Wussten Sie schon? 23 Impressum Vorschau 2010 Herzlichen Dank an Karl-Heinz Schramm und Franz Antesberger von der Firma Datech für die tatkräftige Unterstützung beim Zustande- kommen dieser Zeitschrift
Carpe Diem – eine gute Adresse Eine der schwierigen Aufgaben in der Pflege ist die Betreuung und Versorgung von Demenzkranken und älteren Menschen mit psychischen Problemen. Eine gute Anschrift für ehrenamtliche Betreuer und Bevollmächtigte und natürlich für Betroffene ist „Carpe Diem“ am Candidplatz 9, 8154 München. Der Carpe Diem Pflege- und Betreuungsdienst bietet für diese Menschen eine umfassende und individuelle Pflege und Betreuung zu Hause in der vertrauten Umgebung. Das Projekt „wohnen daheim“ bietet betroffenen Menschen, die alleine zu Hause wohnen, umfassende Alltagshilfen an. Dabei ist es wichtig diese Menschen schrittweise an die Hilfe zu gewöhnen sagt Frau Reber. Zu Beginn steht ein diagnostischer Hausbesuch. Hier werden die Restfähigkeiten systematisch eingeschätzt. Es wird sozusagen eine Bestandsaufnahme gemacht über bestehende soziale Kontakte und Aktivitäten, über die bestehenden Orientierungsmöglichkeiten, über die Verständigungs- und Kommunikationsmöglichkeiten, über die Biographie und die bisherige Selbständigkeit in den Aktivitäten des täglichen Lebens. Festgehalten werden auch die Fähigkeiten der derzeitigen Lebensführung wie Umgang mit elektrischen Geräten, Wäschepflege und der Umgang mit Schlüssel und Geld. Einen großen Raum nimmt die Grundversorgung ein wie Einkäufe, Mobilität, Körperpflege, Medikamenteneinnahme, Ernährung. Unterstützt wird die Pflege und Betreuung durch den Helferkreis von Carpe Diem. Dieser besteht aus geschulten Laien, die die betroffenen Menschen im häuslichen Bereich stundenweise betreuen. Ein Ziel dabei ist pflegende Angehörige stundenweise zu entlasten. Zur Entlastung von Angehörigen und um Einsamkeiten entgegen zu wirken treffen sich auch verschiedene Betreuungsgruppen am Nachmittag. Hier wird gemeinsam Kaffee getrunken, gespielt, gesungen, erzählt. Es wird gebastelt und es werden gymnastische Übungen gemacht. Die Fachstelle von Carpe Diem steht Angehörigen, ehrenamtlichen Betreuern und Bevollmächtigten mit Rat und Tat zur Seite. Angehörige, ehrenamtliche Betreuer und Bevollmächtigte sind in zweifacher Weise betroffen, einmal durch die emotionale Bindung zu den Betroffenen und zum anderen durch die Verantwortung für die Betroffenen. Dies führt zu schwierigen Situationen. Hier kann die Beratung durch die Fachstelle eine gute Hilfe zur Entscheidungsfindung sein. Ehrenamtliche Bevollmächtigte und Betreuer scheuen immer wieder davor zurück Entscheidungen für den hilfsbedürftigen Menschen zu treffen oder Dinge für ihn zu tätigen, klagt Frau Ulrike Reber von Carpe Diem e.V. So werden z.B. Rechnungen über Dienstleistungen, die dem Bevollmächtigten zugestellt werden, nicht überwiesen, sondern an den Vollmachtgeber lediglich weitergereicht, obwohl dieser sich über die Rechnung fürchterlich aufregt, „weil er doch alles selbst macht und keine Hilfe braucht“. Manchmal ist es auch die Angst vor der Tante, die in ihren fitten Zeiten alles und jeden beherrscht hat. Ehrenamtliche Betreuer oder Bevollmächtigte wollen oftmals „die Guten“ sein und scheuen deshalb vor Entscheidungen zurück. Dabei ist es gerade bei der Betreuung von Demenzkranken und älteren Menschen mit psychischen Problemen wichtig, dass eine Rollenaufteilung stattfindet. Damit eine gute Vorortbetreuung gemacht und vom Betroffenen angenommen werden kann, ist es erforderlich, dass der Bevollmächtigte oder Betreuer manchmal den „Buhmann“ abgibt. Erika Pfaff Ehrenamtliche Betreuerin und Berufsbetreuerin B e i t r a g Betreuung heute
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