7. Ausgabe als pdf - MannchenNet
7. Ausgabe als pdf - MannchenNet
7. Ausgabe als pdf - MannchenNet
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
B e i t r a g<br />
Gesundheitsfürsorge<br />
Rechte und Pflichten des Betreuers und des Bevollmächtigten<br />
Die Sorge für die Gesundheit in der Betreuung<br />
gehört mit zu den wichtigsten<br />
Aufgaben, sie ist Teil der Personensorge.<br />
Es geht dabei sowohl um Fürsorge <strong>als</strong> auch<br />
um Fremdentscheidung und immer um einen<br />
Eingriff in die körperliche Integrität<br />
und Unversehrtheit. Deshalb ist große<br />
Sorgfalt geboten. Für den/die BetreuerIn,<br />
ist es notwendig, daß er/sie die gesetzlichen<br />
Vorgaben und Bestimmungen kennt,<br />
die den betreuerischen Handlungsrahmen<br />
abstecken und begrenzen.<br />
Oft wird von unkundigen Laien und<br />
auch von Fachleuten vermutet, dass ein/e<br />
BetreuerIn mit dem Aufgabenkreis der Gesundheitssorge<br />
immer entscheiden kann<br />
und auch muß. Dies ist jedoch nicht der<br />
Fall! Das Betreuungsrecht stärkt die Autonomie<br />
und das Selbst-bestimmungsrecht<br />
der betreuten Person auch im Bereich der<br />
medizinischen Entscheidungen.<br />
In der Praxis bedeutet das, dass der/die<br />
BetreuerIn mit der Gesundheitssorge vor<br />
jeder anstehenden medizinischen Entscheidung<br />
bewerten muß, ob der/die Betreute<br />
selbst eine Entscheidung bezüglich der<br />
vom Arzt angebotenen Behandlung treffen<br />
kann.<br />
Voraussetzung für den Entscheidungsvorrang<br />
durch den Betreuten ist es, daß<br />
„jetzt und heute“ eine Entscheidungs- und<br />
Steuerungsfähigkeit vorliegt; d.h. er/sie<br />
muß die Fähigkeit haben, dass nach entsprechender<br />
ärztlicher Aufklärung und Beratung,<br />
Art, Bedeutung und Tragweite der<br />
jeweiligen Maßnahme erfaßt werden kann<br />
und eine Willensbildung (Zustimmung oder<br />
Ablehnung) möglich ist. Das Vorliegen der<br />
Geschäftsfähigkeit ist dabei nicht von Bedeutung.<br />
Die Praxis legt dieses Prinzip oft sehr eigentümlich<br />
aus, nach der Devise „ stimmt<br />
der Patient zu, ist er einwilligungsfähig,<br />
lehnt er eine Behandlung ab, dann ist er<br />
es nicht“ Der einwilligungsfähige Patient<br />
kann das Behandlungsangebot jederzeit<br />
ablehnen, auch wenn er sich durch die<br />
Entscheidung schadet. Es gibt das Recht<br />
auf Nichtbehandlung und das Recht auf<br />
Krankheit auch für Menschen die unter<br />
gesetzlicher Betreuung stehen. Jede Behandlung<br />
ist ein Eingriff in die körperliche<br />
Unversehrtheit. Sie bedarf deshalb zu ihrer<br />
straf- oder zivilrechtlichen Rechtmäßigkeit<br />
immer der Einwilligung des Patienten oder<br />
seines Stellvertreters, außer es handelt sich<br />
Betreuung heute<br />
um eine Notversorgung zur Lebensrettung.<br />
Liegt objektiv eine Entscheidungsunfähigkeit<br />
vor, dann entscheidet der rechtliche<br />
Betreuer oder der Bevollmächtigte<br />
stellvertretend; dabei ist er den Wünschen<br />
und dem Wohl der ihm anvertrauten Person<br />
verpflichtet. Stehen sich der Wunsch<br />
der betreuten Person und sein Wohl kon-<br />
Themen für das Arztgespräch<br />
1. Wie lautet die Diagnose?<br />
• Verständliche Erläuterung<br />
• Aktuelle Symptomatik Schweregrad der Erkrankung<br />
• Erwarteter Verlauf / Verlaufsvarianten<br />
• Mögliche Komplikationen<br />
• Zur Verfügung stehende Behandlungsmöglichkeiten<br />
kurrierend gegenüber, muß eine Abwägung<br />
durch den Stellvertreter vorgenommen werden.<br />
Dazu ist selbstverständlich der Dialog<br />
mit dem behandelnden Arzt notwendig und<br />
auch bei Bedarf eine Rückkoppelung mit<br />
nahen Angehörigen oder Freunden der/<br />
des Betreuten. Zur Entscheidungsfindung<br />
gehört unbedingt die Fragestellung, wie<br />
2. Bestehen noch Unklarheiten hinsichtlich der aktuellen Diagnose?<br />
• Welche weiteren Untersuchungen/Diagnostik ist notwendig?<br />
• Mit welchen Risiken sind diese Maßnahmen verbunden?<br />
• Welche Risiken entstehen im Vergleich durch weiteres Zuwarten?<br />
3. Welche weiteren (früheren) Erkrankungen sind bekannt?<br />
• Ergeben sich daraus Konsequenzen für die aktuelle Behandlung?<br />
4. Was ist über die Medikamentenanamnese bekannt?<br />
• Arzneimittelallergien oder andere Unverträglichkeiten<br />
• Führen die Medikamente bei längerfristiger Einnahme zu<br />
einer körperlichen Abhängigkeit?<br />
5. Wie soll die Behandlung konkret aussehen?<br />
• Gibt es mögliche Alternativen?<br />
• Wie lange soll die Behandlung dauern?<br />
• Sind Nachbehandlungen – Reha-Maßnahmen notwendig?<br />
6. Mit welchen Risiken ist zu rechnen, wenn die vorgeschlagene<br />
Untersuchung bzw. Behandlung unterbleibt?<br />
<strong>7.</strong> Welche Risiken beinhalten die vorgeschlagenen Maßnahmen,<br />
Untersuchungen und/oder Behandlungen?<br />
• Welche Vorsichtsmaßnahmen, Kontrolluntersuchungen und dgl.<br />
sind sinnvoll/erforderlich oder sogar vorgeschrieben, um schwerwiegende<br />
Nebenwirkungen rechtzeitig zu erkennen?<br />
8. Besteht die begründete Gefahr, dass der/die Betreute auf Grund der<br />
Maßnahmen (Untersuchung oder Heilbehandlung) stirbt oder einen länger<br />
andauernden Schaden erleidet?<br />
• Was ist der Nutzen, worin besteht das Risiko (Nutzen- Risikoabwägung)?<br />
Wird diese Frage vom Arzt mit ja beantwortet, muss der/die Betreuer/in die<br />
vorge-sehene Maßnahme nach § 1904 unter Umständen vom zuständigen Betreuungsgericht<br />
genehmigen lassen. Siehe hierzu auch den Artikel „ Gesundheitsfürsorge-<br />
Rechte und Pflichten des Betreuers