7. Ausgabe als pdf - MannchenNet
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B e i t r a g<br />
Zu Hause im Alter oder<br />
Last Rose of Summer*<br />
Was mache ich mit dem Rest<br />
meines Lebens?<br />
Mit 5 Jahren begann ich mir diese Frage<br />
zu stellen. (Jetzt bin ich ) Meine erwachsenen<br />
Kinder sind ausgeflogen, teilweise<br />
weit weg und ich bin alleinstehend. Teile<br />
meines sozialen Berufes übe ich weiterhin<br />
ehrenamtlich aus und pflege zusätzlich<br />
meine kulturellen Interessen. An Kontakten<br />
zu Mitmenschen mangelt es mir nicht.<br />
Sollte ich die Vielseitigkeit meines Lebens<br />
einschränken, altersgemäß in ruhigeren<br />
Bahnen leben, sollte ich „ kürzer treten „?<br />
Nein, das kam nicht in Frage! Ich suchte<br />
eher nach einer Möglichkeit, mir meinen Lebensstil<br />
unaufwändig und stressfrei so lange<br />
wie möglich zu erhalten. Bald zeigte sich,<br />
dass es das Wohnen war, das die wichtigste<br />
Rolle in meinen Überlegungen spielte. Zwei<br />
Lebensformen traten an die erste Stelle: Unabhängigkeit<br />
und Geborgenheit.<br />
Ich wollte unabhängig sein von einer<br />
Wohnraumgröße, die nur mit einer regelmäßigen<br />
Putzhilfe zu bewältigen ist. Ich<br />
wollte unabhängig sein von der Belastung<br />
eines Haus-/ Wohnungseigentums. Ich wollte<br />
unabhängig sein von der Haltung eines<br />
eigenen Autos. Ich wollte mich geborgen<br />
fühlen in einer sozial eingestellten Hausgemeinschaft<br />
von Menschen verschiedenen Alters<br />
und Geschlechts mit Geist, Humor und<br />
Neugierde aufs Leben. Die Wohnlage in einer<br />
guten Infrastruktur für die täglichen Erledigungen<br />
und einer entsprechenden verkehrstechnischen<br />
Anbindung waren Voraussetzung.<br />
Urbanes Leben in einer ruhigen Ecke<br />
mit Ausblicken ins Grüne war mein Ziel.<br />
Deshalb sprach mich ein Genossenschaftsprojekt<br />
an, das eine Hausgemeinschaft<br />
mit mehreren Generationen in einem<br />
Mietshaus anstrebte, deren Grundhaltung<br />
gegenseitige Unterstützung und soziale Ver-<br />
!<br />
Schon bekannt?<br />
Laienpfleger haben 8 Tage pro Jahr Anrecht<br />
auf eine Urlaubsvertretung. Die Pflegekassen<br />
übernehmen aber nur die Kosten<br />
bis zu jährlich 14 0 Euro. Der Rest muss aus<br />
eigener Tasche bezahlt werden. Ab 010 ist<br />
eine Erhöhung auf 1510 Euro vorgesehen.<br />
Wird dieses Anrecht nicht genützt, verfällt<br />
es. Es gibt die Möglichkeit der Kurzzeitpfle-<br />
1 Betreuung heute<br />
bindlichkeit ist und die gewünschte Wohnlage<br />
hat. Jetzt ist es so weit: Ein Mietshaus<br />
von 19 5 in der Stadt Kassel, zentral genug<br />
und trotzdem ruhig gelegen ist saniert, modernisiert<br />
und im September bezugsfertig.<br />
Die Genossenschaft wird eine Gästewohnung<br />
vorhalten. Außerdem rief sie einen bereits<br />
gut funktionierenden Nachbarschaftsverein<br />
ins Leben, der verschiedene Freizeitaktivitäten,<br />
Dienstleistungen und einem<br />
Mittagstisch in eigenen Räumen in unmittelbarer<br />
Nähe anbietet. Es gibt <strong>als</strong>o dort schon<br />
ein soziales Netz, in dem man sich aufgehoben<br />
fühlen kann.<br />
Ein Supermarkt und verschiedene Einzelhandelsgeschäfte<br />
kann ich zu Fuß erreichen.<br />
Straßenbahn und Bus vor der Tür bringen<br />
mich in 15- 0 Minuten in die Innenstadt,<br />
zum ICE Bahnhof , an die Fuldaaue oder zum<br />
berühmten Bergpark um Schloss Wilhelmshöhe.<br />
Ein Gut-Wetter –Spaziergang führt<br />
mich in das Sahnestückchen von Kassel, dem<br />
Vorderen Westen mit seinen Jugendstilhäusern,<br />
mit seinen Cafes und Bistros, seinen<br />
speziellen kleinen Lebensmittelgeschäften,<br />
Handwerkern und Boutiquen.<br />
Zum ersten September ziehe ich mit<br />
einem Mietvertrag auf Lebenszeit mit einer<br />
jungen Familie, Damen meines Alters und<br />
Herren und einer Dame der jüngeren Generation<br />
in dieses Haus ein. Wir haben uns<br />
bei mehreren Treffen kennen gelernt und<br />
angenähert. Schnell und unkompliziert z.B.<br />
waren die Möbeltransporte geklärt – ein viel<br />
versprechender Anfang.<br />
Vielleicht will der Hund meines neuen<br />
Nachbarn gern mit mir Gassi gehen?<br />
Das Genossenschaftshaus neben uns bewohnt<br />
dann bereits ein Frauen - Freundeskreis,<br />
der sogar einen Verein gegründet hat:<br />
Verein zur Förderung des gemeinschaftlichen<br />
Wohnens e.V. Die Genossenschaft<br />
ge, <strong>als</strong>o eine vorübergehende stationäre Unterbringung<br />
des Kranken im Heim oder der<br />
Patient wird zu Hause von einem Ersatzmann<br />
versorgt. Voraussetzung in jedem Fall ist,<br />
dass die Pflege bereits ein halbes Jahr dauert.<br />
Abseits der Verhinderungspflege ist für<br />
berufstätige Angehörige die Pflegezeit neu<br />
eingeführt worden. Seit Juli 008 können<br />
wird in einem weiteren Projekt Wohnungen<br />
für eine betreute Wohngemeinschaft demenzkranker<br />
alter Menschen einrichten,<br />
um ihnen eine Heimeinweisung zu ersparen.<br />
Ich habe in Großstädten, Kleinstädten und<br />
auf dem Lande gewohnt, das ich jetzt nach<br />
neun Jahren verlasse. Die Zeit dort habe ich<br />
sehr genossen aber seine Beschaulichkeit ist<br />
nicht das was ich brauche. So freue ich mich<br />
jetzt auf meinen neuen Lebensabschnitt und<br />
bin gespannt auf ihn.<br />
Nun wohne ich fast ein Jahr im<br />
Mehrgenerationenhaus in Kassel.<br />
Das soziale Miteinander entwickelte<br />
sich bis jetzt horizontal. So halte ich einen<br />
Plausch von Balkon zu Balkon mit meinen<br />
Etagennachbarn, einer jungen Familie mit<br />
einer -jährigen. Sie hat meinen Wohnungsschlüssel<br />
für den Notfall und meine Blumen<br />
wurden in meinem Sommerurlaub versorgt.<br />
Ich holte dagegen den Schlüssel meiner<br />
Nachbarin in der Arbeitsstelle Ihres Mannes,<br />
<strong>als</strong> sie sich ausgesperrt hatte. Die vertikalen<br />
Verbindungen funktionieren auf Anfrage oder<br />
aus einem aktuellen Anlass. So transportierte<br />
mir ein Mitbewohner ein sperriges Teil bis zu<br />
mir nach oben, <strong>als</strong> ich ihn darum bat und ich<br />
erhielt eine Karte mit den besten Genesungswünschen<br />
ins Krankenhaus, von allen unterschrieben.<br />
Die vertikale Entwicklung wird leider durch<br />
umfangreiche Bauarbeiten im Garten hinter<br />
dem Haus gestört, sodass ein geselliges Zusammensein<br />
beim Grillen oder Kaffetrinken<br />
noch nicht möglich war. So halte ich mich an<br />
das Sprichwort: gut Ding will Weile haben.<br />
Karin-Jutta Stork<br />
Diplom Sozialpädagogin und<br />
ehrenamtliche Betreuerin<br />
* ein Gesangstitel der irischen<br />
Gesangsformation „Celtic Woman“<br />
sie sich von ihrem Betrieb für 10 Tage freistellen<br />
lassen, um kurzfristig eine Betreuung<br />
zu organisieren. Er kann sich aber auch von<br />
seinem Betrieb für ein halbes Jahr unbezahlt<br />
freistellen lassen mit Rückkehrrecht. Dies gilt<br />
aber nur bei Firmen mit mehr <strong>als</strong> 15 Mitarbeitern.<br />
Die Pflegeversicherung übernimmt in<br />
dieser Zeit die Rentenbeiträge.