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Titel Pflege: Markt der Zukunft! - Jobcenter Dortmund

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integrieren _ Stadtteilmütter<br />

Mütter <strong>der</strong> Nationen<br />

› Pilotprojekt ist in <strong>Dortmund</strong> gestartet<br />

„Gibt es bei euch im Stadtteil eine Moschee?“ „Habt ihr Ghettos – Straßenzüge, in denen nur Türken o<strong>der</strong><br />

nur Griechen o<strong>der</strong> nur Russen wohnen?“ „Wo treffen sich in Hörde Mütter mit ihren Kin<strong>der</strong>n?“ Olga und<br />

Elena können sich vor Fragen kaum retten. Sie haben gerade ein Referat über „ihren“ Stadtteil gehalten.<br />

Hörde, so wie sie es täglich sehen und erleben. Ihr Auditorium sind rund 20 Frauen unterschiedlicher Nationalitäten.<br />

Aus <strong>der</strong> Türkei, aus Griechenland, aus Georgien, aus dem Libanon o<strong>der</strong> den ehemaligen GUS-<br />

Staaten stammend, leben sie mit ihren Familien in <strong>Dortmund</strong>. Manche sind erst seit kurzem in Deutschland,<br />

an<strong>der</strong>e leben bereits in <strong>der</strong> zweiten o<strong>der</strong> dritten Generation im Ruhrgebiet. Was sie verbindet? Sie werden<br />

zu Stadtteilmüttern ausgebildet.<br />

Im Projekt „Stadtteilmütter“ qualifizieren sich arbeitslose Frauen<br />

mit Zuwan<strong>der</strong>ungsgeschichte zu sozialen Ansprechpartnerinnen für<br />

Migrantenfamilien in ihrem Stadtteil. Bei Fragen zu Erziehung, Gesundheit,<br />

Schule und Ausbildung sollen sie schon bald an<strong>der</strong>en Familien<br />

Wege zu geeigneten Beratungsstellen, Ämtern o<strong>der</strong> Institutionen weisen.<br />

Zugleich bilden sich die „Stadtteilmütter“ selbst weiter, um ihre Chancen<br />

auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern – beispielsweise für eine Tätigkeit im<br />

sozialen Bereich.<br />

Mit Begeisterung berichtet Olga von „ihrer“ Wohnsiedlung am Hör<strong>der</strong><br />

Clarenberg. „Die Häuser sind toll saniert, wir feiern regelmäßig Nachbarschaftsfeste,<br />

für unsere Kin<strong>der</strong> gibt es schöne Spielplätze.“ Saliha ist<br />

Libanesin und wohnt in Körne. „Das ist angeblich alles so schön bei euch.<br />

Das kann ich gar nicht glauben.“ Wie viele Dortmun<strong>der</strong> erinnert sie sich<br />

noch gut, welches Konfliktpotenzial „Der Clarenberg“ in den 1980er und<br />

1990er Jahren barg. Als Hinterlassenschaft einer verfehlten Städteplanung<br />

galt die graue Trabantenstadt lange Zeit als Hort <strong>der</strong> Kriminalität. Saliha<br />

ist in <strong>Dortmund</strong> geboren. Sie kann die Begeisterung für die Hochhaussiedlung<br />

nicht teilen. Elena hingegen unterstützt Olgas Eindrücke: „Die<br />

Siedlung hat Farbe und Charme. Es gibt Sozialarbeiter, die im Auftrag <strong>der</strong><br />

Wohnungsgesellschaft tätig sind“, berichtet sie. Außerdem, so ergänzt sie,<br />

löse es auch nach acht Jahren in <strong>Dortmund</strong> bei ihr immer noch Glücksgefühle<br />

aus, den Wasserhahn aufzudrehen und heißes Wasser zu bekommen.<br />

„Tagsüber und nachts!“ Saliha nickt verständnisvoll: „So müssen sich unsere<br />

Großeltern gefühlt haben, als sie nach Deutschland gekommen sind.“<br />

Das Einfühlungsvermögen, das die junge Frau in <strong>der</strong> Diskussion<br />

beweist, ist ein wichtiger Faktor für das Gelingen des Projekts „Stadtteilmütter“.<br />

Menschen mit Zuwan<strong>der</strong>ungsgeschichte wissen oft nicht,<br />

wohin sie sich mit ihren Fragen und Problemen wenden können. Weil die<br />

Stadtteilmütter selbst Kin<strong>der</strong> haben, die Sprache ihrer Klienten sprechen<br />

und – entwe<strong>der</strong> aus eigener Erfahrung o<strong>der</strong> aus Erzählungen <strong>der</strong> Eltern<br />

– <strong>der</strong>en Probleme kennen, werden sie akzeptiert und sind ideale Multiplikatorinnen.<br />

Gleichzeitig entdecken die Stadtteilmütter durch die Arbeit<br />

vor Ort ihre persönlichen und beruflichen Potenziale und entwickeln neue<br />

Kompetenzen.<br />

18 _ argumente<br />

INFo<br />

Das Pilotprojekt „Stadtteilmütter in Nordrhein-Westfalen – Aktiv für Arbeit<br />

und Integration“ startet als Arbeitsgelegenheit Entgelt in den Modellstädten<br />

Bochum, <strong>Dortmund</strong> und Essen. Die Frauen werden nach einer Qualifizierungsphase<br />

von sechs Monaten ihre praktische Tätigkeit als Stadtteilmütter<br />

aufnehmen. Während <strong>der</strong> insgesamt 18-monatigen Projektphase erhalten die<br />

Frauen Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende vom zuständigen<br />

<strong>Jobcenter</strong>.<br />

Durchgeführt wird das Projekt von <strong>der</strong> Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe<br />

gemeinsam mit den <strong>Jobcenter</strong>n und den Trägern <strong>der</strong> Diakonie an den Standorten<br />

Bochum, <strong>Dortmund</strong> und Essen. In Essen hat die Qualifizierungsphase bereits<br />

am 1. Februar begonnen. Bochum und <strong>Dortmund</strong> gingen im März an den<br />

Start. Für das Projekt stehen insgesamt 1,522 Millionen Euro zur Verfügung.<br />

Davon übernimmt die Regionaldirektion NRW <strong>der</strong> Bundesagentur für Arbeit<br />

rund 1,1 Millionen Euro, das Arbeitsministerium stellt 360.000 Euro aus EU-<br />

Mitteln zur Verfügung und die Diakonie beteiligt sich mit rund 62.000 Euro.<br />

In NRW leben rund 4,3 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund. Im<br />

Vergleich zu Menschen ohne Migrationshintergrund sind sie mehr als doppelt<br />

so häufig von Erwerbslosigkeit betroffen. Die Erwerbslosenquote bei Menschen<br />

mit Zuwan<strong>der</strong>ungsgeschichte im Jahr 2009 lag bei 13,9 Prozent, bei Menschen<br />

ohne Zuwan<strong>der</strong>ungsgeschichte bei sechs Prozent. Bei den Frauen ist <strong>der</strong> Unterschied<br />

beson<strong>der</strong>s deutlich: Bei Frauen mit Zuwan<strong>der</strong>ungsgeschichte beträgt<br />

die Erwerbstätigenquote nur 49 Prozent, bei Frauen ohne Zuwan<strong>der</strong>ungsgeschichte<br />

dagegen 65 Prozent (jeweils bezogen auf die Altersgruppe zwischen 15<br />

und 64 Jahren).<br />

(Quelle: „Arbeitsmarktreport NRW 2010. Migrantinnen und Migranten auf<br />

dem Arbeitsmarkt“.)<br />

Olga Plokha (Bild links) und Elena Kostezki (Bild rechts) berichten anhand von Fotos und Flipp-<br />

Charts, wie sie ihren Stadtteil erleben. Fotos: Joe Kramer<br />

Kristina Krcmarek, Fachanleiterin für das Projekt „Stadtteilmütter“<br />

beim Diakonischen Werk <strong>Dortmund</strong> und Lünen erläutert: „Menschen mit<br />

Zuwan<strong>der</strong>ungsgeschichte sind doppelt so häufig arbeitslos wie Menschen<br />

ohne Migrationshintergrund. Sie haben überdurchschnittlich oft keine<br />

abgeschlossene Berufsausbildung. Die Stadtteilmütter wollen diese Mechanismen<br />

aufbrechen, bei sich selbst, aber auch in ihrer Community.“ Das<br />

soll gelingen, indem sie zunächst selbst im Rahmen <strong>der</strong> Qualifizierung lernen,<br />

welche Behörden, Institutionen und Hilfeeinrichtungen in <strong>Dortmund</strong><br />

von Bedeutung sind und – falls notwendig – ihre Kenntnisse <strong>der</strong> deutschen<br />

Sprache verbessern. Die eigentliche Arbeit <strong>der</strong> Stadtteilmütter beginnt<br />

dann nach <strong>der</strong> Qualifizierung. „Unsere Teilnehmerinnen werden Kontakt<br />

zu hilfebedürftigen Familien im Stadtteil aufnehmen und diese über die<br />

verschiedenen Hilfsangebote informieren“, erklärt Martina Herold, Dozentin<br />

für die Dortmun<strong>der</strong> Stadtteilmütter.<br />

integrieren _ Stadtteilmütter<br />

Das Projekt Stadtteilmütter ist gestartet: Zum Auftakt begrüßten (hintere Reihe, von rechts:) Birgit<br />

Zoerner, Sozialdezernentin <strong>der</strong> Stadt <strong>Dortmund</strong>, Werner Bracht, stellvertreten<strong>der</strong> Geschäftsführer<br />

des Diakonischen Werks <strong>Dortmund</strong> und Lünen gGmbH, Frank Neukirchen-Füsers, Geschäftsführer<br />

<strong>Jobcenter</strong> <strong>Dortmund</strong>, Axel Rolfmeier, Arbeitsgebietsleiter Sozialbüro, und Kristina Krcmarek, Fachanleiterin<br />

für das Projekt Stadtteilmütter die Teilnehmerinnen. Foto: Christian scherney<br />

„Wo starke Kulturen aufeinan<strong>der</strong> treffen, ist es nicht immer einfach“,<br />

bemerkt eine junge Türkin im Laufe <strong>der</strong> angeregten Diskussion. Der<br />

Austausch junger Frauen, gestandener Mütter, westlich o<strong>der</strong> traditionell<br />

gekleidet, mit o<strong>der</strong> ohne Kopftuch zeigt: Wo starke Kulturen aufeinan<strong>der</strong><br />

treffen und miteinan<strong>der</strong> ins Gespräch kommen, bereichert das vor allem<br />

die deutsche Gesellschaft.<br />

Sie wollen mehr wissen?<br />

› Kristina Krcmarek<br />

krcmarek@diakoniedortmund.de<br />

› heike.bettermann@jobcenter-ge.de<br />

argumente _ 19

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