Dokumentation als Download - Erklärung von Bern
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Bei allen Spekulationen über mögliche Ursachen der schrecklichen<br />
Anschläge am 11. September 2001 auf die USA wurde ein<br />
Aspekt deutlich: der fehlende Dialog zwischen dem Norden und<br />
den Ländern, aus denen mutmassliche Täter stammen. Als ein<br />
Grund dafür wird die Überheblichkeit des Nordens genannt. Sie<br />
reicht weit zurück in die europäische Geschichte.<br />
Europa <strong>als</strong> Zentrum der Welt<br />
Am Beispiel <strong>von</strong> Kinder- und Jugendbüchern<br />
wird aufgezeigt, wie bereits junge<br />
Menschen über Jahrhunderte hinweg in dieser<br />
Haltung geprägt wurden und was der<br />
Kinderbuchfonds Baobab entgegensetzt, um<br />
einen Dialog zu fördern.<br />
Menschenfresser-Saison in<br />
Neuseeland<br />
Es fing damit an, <strong>als</strong> die ersten Weissen ihren<br />
Fuss in Gebiete setzten, die ausserhalb<br />
Europas lagen, und die Welt zu entdecken<br />
und erobern begannen. In vielen Reise- und<br />
Tagebuchberichten finden sich Zeugnisse,<br />
wie die Entdecker dies in der vollen Überzeugung<br />
taten und meinten, ihre Lebensform,<br />
ihr Glaube und ihre Errungenschaften seien<br />
die einzig richtigen. Europa bildete das Zentrum<br />
der Zivilisation, des Wissens und Glaubens.<br />
Alles, was da<strong>von</strong> abwich, war verwerflich<br />
oder zumindest nicht erstrebenswert. Es<br />
war daher nur selbstverständlich, dass man<br />
fremde Menschen <strong>als</strong> unwürdig und abstossend<br />
empfand. Die nicht eingestandene<br />
Furcht vor ihnen – diesen unbekannten Individuen<br />
– verstärkte die Abwehr bis hin zur<br />
Verabscheuung.<br />
«Paganel hatte recht. Die Menschenfresserei<br />
in Neuseeland hat einen chronischen Zustand<br />
erreicht ... Übrigens gibt es in den Augen der<br />
Maori nichts Natürlicheres, <strong>als</strong> dass die einen<br />
die andern auffressen ... Auch haben sich die<br />
Maori seit jeher <strong>von</strong> Menschenfleisch ernährt.<br />
Es gibt sogar «Menschenfresser-Saisons», wie<br />
es in zivilisierten Ländern Jagd-Saisons gibt.<br />
Dann finden grosse Treibjagden statt, das<br />
heisst grosse Kriege, und ganze Völkerstämme<br />
werden auf den Tischen der Sieger aufgetragen.»<br />
JULES VERNE, 1868<br />
Vorbilder für die Jugend<br />
So entstand eine Grundhaltung gegenüber<br />
anderen Kulturen, die über Jahrhunderte prägend<br />
war und auch heute noch unbewusst<br />
mitwirkt, wenn <strong>von</strong> Menschen aus fremden<br />
Gesellschaften die Rede ist. Abenteuerliche<br />
Reisebeschreibungen gehörten <strong>von</strong> Beginn an<br />
zur Kinderliteratur, die im Zeitalter der Aufklärung<br />
entstanden war. Bildung und Erziehung<br />
bildeten dam<strong>als</strong> das Hauptaugenmerk,<br />
und es war wichtig, die Kinder auch über die<br />
Erfahrungen zu informieren, die ausserhalb<br />
Europas gewonnen wurden. Solche Berichte<br />
eigneten sich ausserdem gut, der Jugend zu<br />
zeigen, wie richtig und nachahmenswert die<br />
abendländische, christliche Lebens-, Denkund<br />
Glaubensweise war. Jene Helden, die sogar<br />
gewagt hatten, das christliche Gedankengut<br />
an die Unwissenden hinauszutragen, stellten<br />
ideale Vorbilder dar. Im Zentrum standen<br />
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