VfL - FC Hansa Rostock
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2005/06 stieg er dann als Stammspieler<br />
in die zweite Mannschaft auf. 2006/2007<br />
absolvierte Assani bereits 21 Partien; seit<br />
2006/07 ist Lukimya-Mulongoti Stammspieler<br />
gewesen.<br />
Aber Assani schien in Berlin auf der Stelle<br />
zu treten. „Manchmal ist es gut, einen<br />
Schritt zurück zu machen, um auf seinem<br />
Weg einen Schritt vorwärts zu kommen. Ich<br />
habe bei Hertha drei Jahre gespielt und ich<br />
denke, dass ich mich gut entwickelt habe.<br />
Aber Hertha hat sehr viele Talente und ich<br />
sollte noch ein Jahr auf einen Profivertrag<br />
warten, weiter bei den Amateuren spielen.<br />
Deshalb suchte ich suchte etwas Neues. Ich<br />
habe mich für <strong>Rostock</strong> entschieden.“<br />
Es war die Perspektive in <strong>Rostock</strong>, die den<br />
Berliner aus Afrika reizte. Lukimya-Mulongoti:<br />
„Es geht bei <strong>Hansa</strong> wie in einer<br />
Familie zu. Bei Hertha war alles größer,<br />
gewaltiger. Ich sehe, was seit zwei Jahren<br />
hier passiert. Junge Spieler bekommen<br />
hier wirklich eine Chance. <strong>Hansa</strong> ist von<br />
unten nach oben durchlässiger als Hertha.<br />
Diese Struktur gefällt mir und ich möchte<br />
mich hier durchsetzen. Bislang habe ich alles<br />
richtig gemacht. Ich war kaum hier, da<br />
durfte ich schon mit zum DFB-Pokalspiel.<br />
Dann war ich am 9. Spieltag unter den 20<br />
Spielern, die nach Wolfsburg fuhren und<br />
kam in der Partie drei Minuten zum Einsatz.<br />
Ich trainiere jeden Tag mit dem Bundesliga-Kader.<br />
Das bringt mir etwas.“<br />
Der Trainer lobt: Stark in der Luft, Übersicht<br />
am Boden, abgebrüht. Frank Pagelsdorf:<br />
„Auch bei unseren Sprintwerten ist er<br />
Assani Lukimya-Mulongoti<br />
ganz vorne dabei. Er bietet sich an, wird<br />
eine Alternative für unsere Abwehr.“<br />
Sein Landsmann Ardiles-Waku Menga ist<br />
schon zwei Jahre älter und in <strong>Rostock</strong> die<br />
Alternative für die <strong>Hansa</strong>-Stürmer. Sein<br />
erstes Bundesliga-Spiel machte er schon<br />
am ersten Spieltag gegen die Bayern in<br />
der Allianz-Arena. Er kämpft um weitere<br />
Chancen…<br />
Sein Schicksal ist noch viel bewegender.<br />
Im Pass des Kickers steht der Name Ardiles-Waku<br />
Menga. Aber alle rufen ihn nur<br />
„Addy“. Sein Vater Malens ist ein großer<br />
Fußball-Fan und hat ihn<br />
damals nach dem argentinischen<br />
Weltmeister Ardiles<br />
benannt. Sein Bruder Eder<br />
wurde nach einem brasilianischen<br />
Fußball-Profi, sein<br />
Bruder Tardelli nach einem<br />
italienischen Weltmeister<br />
gerufen. Nur Bruder Christian,<br />
der in Deutschland<br />
geboren wurde, hat einen<br />
„normalen“ Namen.<br />
„Als ich ein kleines Kind<br />
war, haben meine Eltern mir<br />
einen Fußball geschenkt.<br />
Den habe ich überall mithingeschleppt<br />
und abends<br />
sogar in mein Bett mitgenommen.<br />
Gespielt wurde<br />
anfangs in Straßenschuhen.<br />
Bei Amis-Luanga in der 3.<br />
Liga habe ich dann erstmals<br />
in Fußballschuhen gekickt. Aber von Hause<br />
aus bin ich ein richtiger Straßenfußballer,<br />
wie es viele bei uns im Lande gibt.“ „Addy“<br />
war aber auch ein guter Turner. So erlernte<br />
er auch den Salto, den er nach Toren machte,<br />
auf den er inzwischen aber aus Verletzungsgründen<br />
verzichtet.<br />
So weit der Sport.<br />
Das Herz des gläubigen „Addy“<br />
Menga hat aber auch schwere<br />
seelische Narben. Menga kam<br />
durch eine Familien-Zusammenführung<br />
nach Deutschland.<br />
„Mein Vater musste schon<br />
1990 aus politischen Gründen<br />
fliehen. Da war ich sieben. Ich<br />
habe ihn sehr vermisst.“<br />
In einer großen Zeitung sprach<br />
Menga erstmals über die Zeit<br />
in der Heimat, der Demokratischen<br />
Republik Kongo. „Wir<br />
wohnten in zwei Räumen. Es<br />
gab nur ein Klo für alle im<br />
Haus. Gekocht wurde auf der<br />
Straße auf einem Grill. Wenn<br />
es etwas zu kochen gab... Morgens<br />
gab es ein kleines Brot für<br />
die Schule. Wenn Essen da war,<br />
wurde Mittag gekocht. Wenn<br />
nicht, gab es erst abends was.<br />
Wir hatten Glück, weil Papa Geld schickte.<br />
Andere haben zwei, drei Tage nichts gegessen.“<br />
Und auch dies gab es. „Manchmal<br />
bin ich morgens im Bett hochgeschreckt,<br />
da standen Soldaten im Zimmer und rich-<br />
VORGESTELLT<br />
DIE KOGGE<br />
teten ihre Gewehre auf mich. Sie suchten<br />
Waffen. Ich hatte Todesangst. Es war die<br />
schlimmste Zeit meines Lebens. Ohne<br />
Gott, ohne seine Unterstützung, hätte ich<br />
das nicht ausgehalten.“<br />
Als „Addy“11 Jahre alt war, beantragten die<br />
Mengas im Kongo schließlich ihre Ausreise:<br />
„Es hat dann noch sechs Jahre gedauert,<br />
Freundin Dany und Ardiles-Waku Menga<br />
bis die deutsche Behörde uns das Visum<br />
ausstellte. Ein ewiges Hoffen.“ 2000 reisten<br />
„Addy“, seine Geschwister und seine Mutter<br />
Jeanne dann nach Deutschland, nach<br />
Venne bei Osnabrück, wo Vater Malens<br />
damals schon lebte.<br />
Hier lernte er 2002 seine Freundin Dany<br />
kennen. Sie arbeitet als Sozialpädagogin,<br />
kommt momentan deshalb auch nur am<br />
Wochenende an die Küste. In Osnabrück<br />
in der 2. Liga lernte er auch erstmals Frank<br />
Pagelsdorf als Trainer kennen. Im vergangenen<br />
Sommer wechselte er dann zum F.C.<br />
<strong>Hansa</strong>.<br />
Menga lebt heute zwar in Europa, aber er<br />
liebt sein Afrika.<br />
„Der Umgang der Menschen dort ist sehr<br />
liebevoll. Man merkt kaum, dass sie so<br />
große Probleme haben. Sie versuchen immer<br />
positiv zu leben. Deutsche sind oft unzufrieden,<br />
dabei haben sie doch alles. Wir<br />
haben uns über Kleinigkeiten gefreut.“<br />
Und so lässt er sich die Lebensfreude auch<br />
nicht von seiner sportlichen Situation verderben:<br />
„Ich versuche, immer positiv zu<br />
denken und mit allem und allen klarzukommen.“<br />
In seiner Heimat war Addy-Waku Menga<br />
allerdings noch nicht wieder. „Meine Oma<br />
und Freunde leben noch da. Wir telefonieren<br />
oft. Aber ehrlich, ich traue mich nicht<br />
hin. Die Unruhen können jederzeit wieder<br />
losgehen. Ich bin froh, mit meiner Familie<br />
hier in Sicherheit zu sein.“<br />
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