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E R S T E R T E I L 167 Takte Z W E I T E R T E I L 28 Takte Komm, �esu, komm, mein Leib ist müde, die Kraft verschwindt je mehr und mehr. Ich sehne mich nach deinem Friede; der saure Weg wird mir zu schwer. Komm, komm, ich will mich dir ergeben; du bist der rechte Weg, die Wahrheit und das Leben Drum schließ ich mich in deine Hände Aria, schlichter Liedsatz und sage, Welt zu guter Nacht! Eilt doch mein Lebenslauf zu Ende, ist doch der Geist wohl angebracht. Er soll bei seinem Schöpfer schweben, weil �esus ist und bleibt der wahre Weg zum Leben. 3/2-Takt, jeder Zeile wird ein eigenständiger Charakter zugewiesen 4/4-Takt, fugato 6/8--Takt, abwechselnd ein- oder mehrstimmig.Enorme Ausdehnung! M O T E T T E »Komm, Jesu, komm« bwv 229 ... 7
e i n f ü h r u n g ... 8 auch, dass Bach, Vivaldi-Verehrer und Kenner italienischer Musik, hier die knappen langsamen Einleitungen von italienischen Konzert-Kopfsätzen nachbildet. Er zeigt sich also auch hier als experimentierfreudiger Kenner, der Gattungen zum Zwecke höherer Komplexität vermengt. Nach diesem dramatischen Beginn folgt eine, zumindest formal, höchst traditionelle Motette. Jede Sinneinheit, in diesem Fall jede Zeile eines Liedes aus einem Leipziger Gesangbuch, bekommt einen je eigenen musikalischen Duktus, immer dem Inhalt angemessen. Anders als in der vorherigen Motette teilt Bach die zwei Verse genau in der Mitte auf zwei verschiedene musikalische Blöcke auf, doch auch hier kann er uns überraschen, wie sich noch zeigen wird. Bach selbst gewichtet im ersten Teil den Text, indem er die Taktarten wechselt: die ersten vier Zeilen erklingen im 3/2-Takt, die fünfte im 4/4- und die sechste im 6/8-Takt. Die Abwechslung von Zweier- und Dreier-Metrum lässt uns leicht die einzelnen Teile auseinanderhalten; zusätzlich trennt Bach die Abschnitte durch einen Halb- bzw. einen Ganzschluss. Inhaltlich lassen sich die Gewichtungen schnell nachvollziehen: Die Schilderung des Leidens macht die erste Sinneinheit aus, die Bitte um Erlösung die zweite. Einen Schwerpunkt setzt Bach auf die letzte Zeile des ersten Verses, »du bist der rechte Weg, die Wahrheit und das Leben«, für Bach fraglos die Essenz des Textes: Dieser Abschnitt erstreckt sich über etwa ein Drittel der Motette. Man rechnet nach diesem gewaltigen Abschnitt kaum noch mit einem weiteren Teil, doch gerade hier zeigt Bach nun seine ganze Meisterschaft und bringt den noch ausstehenden zweiten Vers als homophonen, knappen Liedsatz. Der Titel »Aria« deutet zwar an – und ein Blick in die Partitur bestätigt –, dass es sich um ein Kunstlied und keinen Gemeindegesang handelt. Doch der Höreindruck vermittelt einen schlichten Kirchengesang, der nach dem leidenden Beginn endlich Gottvertrauen und ein zuversichtliches Loslassen vermittelt. Zum Abschluss greift Bach noch einmal auf den polyphonen Motettenstil zurück, vermutlich auch, weil seine Lieblingszeile aus dem ersten Teil in Variation wieder erscheint: »Weil Jesus ist und bleibt der wahre Weg zum Leben.« Passend betont Bach durch Auszierung oder Dehnung die Worte »Schöpfer«, »Jesus« »bleibt« und »Weg zum Leben«. Klaus Hofmann schreibt über diese Motette: »Worin liegt die Kunst Bachs, abgesehen von der Erfindung der Melodie, abgesehen von jener geschilderten Variation der Barform und abgesehen von den erwähnten inhaltlichen Hervorhebungen? Sie liegt in der Schönheit des Satzes, in der Fülle der Harmonien, in der Erlesenheit der Akkorde. Bachs Satz ist unglaublich reich nicht nur an konsonanten Akkorden, sondern auch an wohlklingenden Dissonanzen…« Aufgrund des gewählten Textes, der nur in Leipzig im Umlauf war, muss die Motette dort etwa zwischen 1723 und 1732 entstanden sein. Aufführungsort und -anlass sind unbekannt. w w w . B A C H A k A D E M I E . D E
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