Heft 1 - Institut für Zeitgeschichte
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Zum Eintritt der Vereinigten Staaten in den zweiten Weltkrieg 99<br />
durch den deutschen Koloß bedroht und handelte entsprechend." 36 Craig beschuldigt<br />
die Revisionisten, an keiner Stelle die Konsequenzen einer alliierten Niederlage<br />
<strong>für</strong> die USA zu bedenken 36 .<br />
Die meisten Historiker des zweiten Weltkrieges stimmen darin überein, daß die<br />
USA schon vor dem 8. und 11. Dezember 1941 in den Krieg eingetreten seien.<br />
Gerade hier liegt <strong>für</strong> die Revisionisten eine besonders schwere Schuld der amerikanischen<br />
Regierung, die den Status der Neutralität in unzulässiger Weise verletzt habe.<br />
Auch die Regularisten stellen ein solches Abweichen fest. Für sie ist diese Feststellung<br />
jedoch relativ unwichtig, da ein Eingreifen auf alliierter Seite <strong>für</strong> die USA<br />
ohnehin wünschenswert war. Insbesondere das Zerstörer-Abkommen und die lendlease<br />
sind den Revisionisten klare Anhaltspunkte <strong>für</strong> die Beendigung der Neutralität.<br />
Zahlreiche revisionistische Stimmen kennzeichnen beide als Kriegsmaßnahmen<br />
37 . Für Bemis dagegen würde strikte Neutralität Hilfe <strong>für</strong> den Angreifer bedeutet<br />
haben. Es kam <strong>für</strong> Washington darauf an, „eine Niederlage Großbritanniens<br />
zu verhindern, während es sich der steigenden Gefahr gegenüber anfing zu<br />
bewaffnen" 38 . Bei den Regularisten findet sich auch die These, daß die alten Konzeptionen<br />
des internationalen Rechts durch die aggressive Praxis der Achsenmächte<br />
längst umgeworfen waren. So kann etwa Bailey zu dem Schluß kommen: „Seit<br />
Ende Frühjahr 1940 hatte Hitler die Rechte der Neutralen abgeschafft und allen<br />
Demokratien den Krieg erklärt 39 ." Da die Neutralität nicht mehr respektiert<br />
wurde, waren auch die Neutralen ihrerseits von der Einhaltung der Neutralität<br />
entbunden 40 . Die Achsenmächte „betrachteten das internationale Recht als eine<br />
Farce. Enthaltung vom Kriege wurde sehr viel gefährlicher als Teilnahme 41 ."<br />
Ein wichtiges Argument des Revisionismus liegt in der Frage, welchen Wert<br />
der Kriegseintritt gehabt habe und ob er auch im Rückblick noch <strong>für</strong> notwendig<br />
gehalten werden könne. Barnes behauptet wiederholt, daß eine der wichtigsten<br />
Folgen von Amerikas zweitem Kreuzzug eine Umwandlung der amerikanischen<br />
Gesellschaft in Richtung auf George Orwells „1984" gewesen sei 42 . Hitler wurde<br />
man zwar los, aber Stalin trat an seine Stelle und dazu kamen psychologische und<br />
wirtschaftliche Folgen bis hin zum Zwang zur allgemeinen Wehrpflicht und zum<br />
„Kalten Krieg" 43 .<br />
Von den Regularisten wird die Wertfrage positiv beantwortet. Erst der Sieg<br />
35<br />
Perkins, New York Times, 11. Mai 1952; Yale Review 43 (Dez. 1953), S. 293;<br />
Reviewing Revisionism and the Reo.<br />
36<br />
Craig, New York Times, 9. Feb. 1947.<br />
37<br />
Flynn a. a. O., S. 5. Barnes, Rauch on Roosevelt, S. 13. Tansill a. a. O., S. 599. Chamberlin<br />
a. a. O., S. 129.<br />
38<br />
Bemis, a. a. O., S. 391.<br />
39<br />
Bailey, a. a. O., S. 757-778.<br />
40<br />
Rauch, a. a. O., S. 252.<br />
41<br />
Nevins and Hacker, The United States and its Place in World Affairs, S. 527.<br />
42<br />
Barnes, Rauch on Roosevelt, S. 3; The Struggle Against the Historical Blackout, S. 52-54;<br />
Perpetual War for Perpetual Peace, S. 70—74.<br />
43 Chamberlin a. a. O., S. 337-345.