Heft 1 - Institut für Zeitgeschichte
Heft 1 - Institut für Zeitgeschichte
Heft 1 - Institut für Zeitgeschichte
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Zum Eintritt der Vereinigten Staaten in den zweiten Weltkrieg 107<br />
Roosevelt würden sich treffen. Bei Bedingungen, die Japan das Gesicht wahren<br />
ließen, sei Konoye durchaus zu Kompromissen bereit.<br />
Trotz dieses Rates lehnte Hull noch am 2. Oktober ein solches Treffen ab. Er bestand<br />
auf den amerikanischen Forderungen und bedauerte, daß die Japaner nicht<br />
darauf eingegangen seien. Andererseits stand nun aber Konoye auch unter dem<br />
Druck der militärischen Führer Japans, die endlich einen Erfolg der Verhandlungen<br />
sehen wollten, widrigenfalls sie die Diplomatie durch militärische Maßnahmen<br />
ablösen würden. Nach Hulls negativer Note kam es dann am 16. Oktober zum<br />
Sturz von Konoye. Damit war auch die Möglichkeit einer Konferenz auf höchster<br />
Ebene vertan.<br />
Die Revisionisten sind sich einig, daß darin ein schwerer Fehler lag. Die Ablehnung<br />
der Konferenz ist nach ihrer Meinung ein typischer Fall von Kriegstreiberei.<br />
Morgenstern etwa schreibt, daß die überspitzten amerikanischen Forderungen ein<br />
Beweis <strong>für</strong> die tatsächlich vorhandene Allianz mit den imperialistischen Mächten<br />
wie Großbritannien, den Niederlanden und China waren. Er sowohl wie Beard<br />
fragen sich, warum man die Chance einer Konferenz auf höchster Ebene sich habe<br />
entgehen lassen. Offenbar war Hull voller Mißtrauen, aber eben deshalb trägt er<br />
eine erhebliche Verantwortlichkeit <strong>für</strong> den ausbrechenden Krieg, ja, Beard meint,<br />
das Zustandekommen der Konferenz würde Roosevelts Verschwörung vereitelt<br />
haben 84 .<br />
Für Tansill lag in der Mahnung Grews zugleich die Bestätigung, daß bei beiderseitiger<br />
Kompromißbereitschaft durchaus der Friede hätte gewahrt werden können.<br />
Statt dessen brachte die amerikanische Verzögerungstaktik den Sturz Konoyes<br />
und damit den endgültigen Verlust der Konferenzmöglichkeit 85 . In diesem Zusammenhang<br />
verweist Sanborn auf zwei japanische Noten vom 4. und 26. September,<br />
die man in der Sammlung der amerikanischen Dokumente von 1941 nur kurz<br />
abtat. Sie beweisen einmal mehr die japanische Kompromißbereitschaft, die auf<br />
keine amerikanische Gegenliebe stieß 86 . Das Argument der übrigen revisionistischen<br />
Autoren folgt diesen vorgezeichneten Linien 87 .<br />
Demgegenüber bezweifeln die regularistischen Autoren den Wert der Konferenz.<br />
Sie habe erfahrungsgemäß nur dann eine Aussicht auf Erfolg bieten können,<br />
wenn sich die gegenseitigen Standpunkte einigermaßen in Vorverhandlungen angenähert<br />
hätten. Die harten Tatsachen sprechen indessen gegen die japanischen<br />
Friedensworte 88 . Im besten Falle hätte die Konferenz den Krieg hinausschieben<br />
können, ohne ihn wirklich zu verhindern. Nicht das „Ultimatum" vom 26. November,<br />
sondern schon die Note vom Oktober bedeutete den Bruch 89 . In einer<br />
Konferenz sah man zu sehr die Gefahr eines neuen München. Es war richtig, daß<br />
84 Morgenstern, a.a.O., S. 145.Beard, Roosevelt and the Coming of the War, S. 189-192, 496-<br />
506.<br />
85 Tansill, a. a. O., S. 640-642.<br />
86 Sanborn, a. a. O., S. 368, 391-412.<br />
87 Chamberlin, a. a. O., S. 161-163. Flynn, a. a. O., S. 11.<br />
88 Rauch, Roosevelt from Munich to Pearl Harbor, S. 437—454.<br />
89 Feis, a. a. O., S. 251-254, 274-278.