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«Aber wir sind heraus aus der Wand<br />
und jetzt kommen wir durch, kann’s<br />
gehen wie es will. Es liegt nur noch<br />
an uns. Die Gefahr des Berges haben<br />
wir überwunden und der Sturm darf<br />
uns auch nicht mehr umbringen!»<br />
Anderl Heckmair: Um die Eigernordwand, 1938.<br />
Vom 22. bis 24. Juli 1938 kletterten die beiden<br />
Deutschen Anderl Heckmair und Wiggerl<br />
Vörg <strong>als</strong> Erste durch die heftig und blutig umkämpfte<br />
Eigernordwand, mit Fritz Kasparek<br />
und Heinrich Harrer im Schlepptau. Die zwei<br />
Österreicher waren einen Tag früher eingestiegen,<br />
kamen jedoch nur langsam über die<br />
Eisfelder voran, weil Harrer keine Steigeisen<br />
dabei hatte. Dafür hatte Harrer einen Hakenkreuzwimpel<br />
in den Rucksack gesteckt, der<br />
am Zelt gehangen hatte und den er auf dem<br />
Gipfel hissen wollte.<br />
Soweit kam es nicht, weil am 23. Juli der<br />
obligate Wettersturz erfolgt war, der schon<br />
bis anhin alle Versuche, die 1650 Meter hohe<br />
Steilwand zu bezwingen, vereitelt und für<br />
insgesamt neun Tote seit 1935 gesorgt hatte.<br />
Die Nordwand war zur «Mordwand» geworden,<br />
und fast wäre sie vor 75 Jahren ihrem<br />
ebenso traurigen wie werbewirksamen Ruf<br />
gerecht geworden und hätte mit Lawinen die<br />
zähe Doppelseilschaft aus der Spinne und<br />
den Ausstiegsrissen gefegt. Doch Heckmair<br />
kämpfte sich mit zwölfzackigen Grivel-Steigeisen<br />
und nie erlahmendem Elan durch niederschiessenden<br />
Schnee und vereisten Fels<br />
empor, und Vörg schoss weiter Bild um Bild<br />
mit seiner Contax, fast bis auf den Gipfel,<br />
den die vier Alpinisten um 15 Uhr 30 erreichten:<br />
«Im Sturm ging alles unter. Die Hände<br />
drückten wir uns, das Eis kratzten wir von<br />
den Augenbrauen, damit wir überhaupt sehen<br />
konnten.»<br />
Der Sturm <strong>als</strong> Ruhe vor dem Sturm: Als<br />
Heckmair, Vörg, Kasparek und Harrer nach<br />
dem Abstieg über die Westflanke bei der Station<br />
Eigergletscher eintrafen, ging es erst<br />
recht los mit Blitzlichtgewitter und Reporterfragen.<br />
«Die Eigernordwand ist bezwungen»,<br />
titelten die Blätter weltweit. Der Kampf um<br />
die Durchsteigung der Nordwand war auch<br />
einer um die besten Geschichten, die besten<br />
Bilder. Anders gesagt: Eiger live vor 75 Jahren.<br />
Jetzt nachzulesen in drei klassischen<br />
Eigerbüchern, zum Jubiläum vereint in einem<br />
Seilschaftschuber.<br />
Anderl Heckmair, 1906–2005, wurde dank der Erstdurchsteigung<br />
der Eigernordwand, die ihm 1938 <strong>als</strong> Anführer einer<br />
Viererseilschaft gelang, über Nacht zum gefeierten Star.<br />
Rainer Rettner, geboren 1967, recherchiert seit Jahren zur<br />
Geschichte der Eigernordwand und besitzt eines der größten<br />
Privatarchive zu dieser Thematik.<br />
Daniel Anker, geboren 1954, Reisejournalist und Bergpublizist,<br />
Führerautor und im AS Verlag Herausgeber von<br />
Bergmonografien über grosse Gipfel der Schweiz.