Testbesprechung - Testzentrale
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198 <strong>Testbesprechung</strong><br />
Die inhaltliche Validität der Aufgaben ist durchweg<br />
gegeben. Die Powerkomponente weist signifikante Rangkorrelationen<br />
(r tc –.38 bis –.53) mit einem Elternurteil (einfache<br />
schulnotenanaloge Skala) und den Schulnoten im<br />
Fach Mathematik (r tc zwischen –.16 und –.60; signifikant<br />
mit Ausnahme von Teststufe 4) auf (N zwischen 43 und<br />
119). Daten zu klinischen Stichproben werden nicht berichtet.<br />
Folglich fehlen auch Angaben zu Sensitivität und<br />
Spezifität (vgl. von Suchodoletz, 2005) des Verfahrens hinsichtlich<br />
der Diagnose von Rechenstörungen. Auf eine<br />
Kreuzvalidierung mit anderen Rechentests wurde verzichtet.<br />
Leider fehlen auch Angaben zum Zusammenhang mit<br />
Intelligenzmaßen. Faktorenanalysen für die einzelnen<br />
Teststufen sollen einen Hauptfaktor ergeben haben, nähere<br />
Angaben zu den damit verbundenen teststatistischen<br />
Prozeduren fehlen im Manual jedoch vollständig.<br />
Der Test enthält ausschließlich sehr leichte bis mittelschwere<br />
Items, die Trennschärfen werden summarisch als<br />
eher niedrig beschrieben.<br />
Die Normierungsstichprobe besteht aus 497 Schülern<br />
aus Bremen und Niedersachsen (90–154 Schüler je Teststufe).<br />
Bei der Auswahl der Schulen sei auf eine Mischung<br />
hinsichtlich des sozialen Umfeldes und die Berücksichtigung<br />
von Stadt- und Landbevölkerung geachtet worden.<br />
Der Anteil ausländischer Schüler entspricht etwa dem<br />
Bundesdurchschnitt. Die Verteilung der Schulleistungen<br />
in der Normstichprobe wird nicht berichtet. Angaben zur<br />
Rekrutierungsprozedur sowie zur Auswahl, Schulung und<br />
Qualitätskontrolle der Testleiter fehlen.<br />
Normen werden als Prozentränge und Prozentrangbänder<br />
(68%-Konfidenzintervalle) getrennt nach Power- und<br />
Speedkomponente für Gesamtwert und Untertests bereitgestellt.<br />
Zur statistischen Beurteilung von Wiederholungsmessungen<br />
werden kritische Differenzen für die Gesamtwerte<br />
(Power und Speed) angegeben.<br />
Plus/Minus<br />
Mit dem RZD 2-6 liegt ein Test zur Diagnostik von Rechenstörungen<br />
vor, der als Individualtest auf die diagnostischen<br />
Leitlinien der DGKJP (2003) abgestimmt ist und<br />
der sowohl numerische Basisfähigkeiten als auch schulisch<br />
vermittelte Rechenfertigkeiten erfasst.<br />
Bei der Bewertung des Verfahrens ist zum einen die<br />
Qualität des RZD 2-6 als Instrument zur quantitativen Erfassung<br />
mathematischer Fertigkeiten zu beurteilen, zum<br />
anderen stellt sich die Frage, welchen Stellenwert das Verfahren<br />
bei der klinischen Diagnostik und Therapieplanung<br />
von Rechenstörungen haben kann.<br />
Bei deutlichen inhaltlichen Überschneidungen mit der<br />
kürzlich in Revision und jetzt auch mit deutschen Normen<br />
erschienenen „Neuropsychologischen Testbatterie für<br />
Zahlenverarbeitung und Rechnen bei Kindern ZAREKI-<br />
R“ (von Aster, Weinhold Zulauf & Horn, 2006; erste Veröffentlichung<br />
von Aster, 2001) kann der RZD 2-6 als Rechentest<br />
weitgehend überzeugen. Das Testmaterial ist<br />
überwiegend benutzerfreundlich und für die Probanden<br />
ansprechend gestaltet, die Durchführung für den Anwen-<br />
der weitgehend unproblematisch. Der RZD kann auf<br />
Grund seiner guten Differenzierung im unteren Leistungsbereich<br />
auch bei leistungsschwachen Kindern problemlos<br />
eingesetzt werden. Im oberen Leistungsbereich wird sein<br />
Einsatz auch von den Testautoren nicht empfohlen. Augenschein-<br />
und inhaltliche Validität der Subtests sind gegeben.<br />
Die im Manual leider viel zu knapp berichteten<br />
Testgütekriterien deuten auf die Brauchbarkeit des Verfahrens<br />
hin. Der RZD 2-6 bietet im Gegensatz zu anderen<br />
Rechentests auch die Möglichkeit, die Rechengeschwindigkeit<br />
normiert zu erfassen, wobei wir für eine ausschließlich<br />
an der Rechengeschwindigkeit orientierte Dyskalkuliediagnose<br />
zusätzliche theoretische und empirische Argumente<br />
für erforderlich halten.<br />
Von Nachteil für die Anwendung des Tests im diagnostischen<br />
Alltag ist die Einschränkung der Anwendung<br />
jeweils auf die erste Hälfte jedes Schuljahres. Da der RZD<br />
2-6 erst ab Ende des 2. Schuljahres eingesetzt werden<br />
kann, muss man für die Erfassung von Rechenproblemen<br />
in den ersten beiden Schuljahren auch weiterhin auf andere<br />
Verfahren zurückgreifen. Die Normierung als Einzeltest<br />
kommt den Bedürfnissen der Praxis in klinischen Institutionen<br />
entgegen, in denen Kinder ja fast durchgehend in<br />
Einzeluntersuchungen beurteilt werden.<br />
Im Hinblick auf die Diagnostik von Rechenstörungen<br />
überrascht insbesondere die Diskrepanz zwischen einem<br />
theoretischen Hintergrund, der die Bedeutung mathematischer<br />
Basiskompetenzen betont und sich in der Vielfalt<br />
und Differenziertheit der Untertests widerspiegelt, und der<br />
Reduktion des diagnostischen Entscheidungsprozesses<br />
auf ein einfaches Diskrepanzmodell, bei dem unterdurchschnittliche<br />
Rechenleistungen (Gesamttestwert) und Intelligenz<br />
in Beziehung gesetzt werden. Dies ist angesichts<br />
der erheblichen und gut begründeten inhaltlichen und<br />
methodischen Kritik an Diskrepanzdefinitionen von Lernstörungen<br />
(z.B. Sternberg & Grigorenko, 2002; Dombrowski,<br />
Kamphaus & Reynolds, 2004), die in den USA<br />
bereits in bildungspolitische Entscheidungen eingeflossen<br />
ist, bedauerlich. Darüber hinaus werden selbst Anhänger<br />
eines Diskrepanzmodells Daten zur Reliabilität<br />
und Valididät der Diagnosestellung ebenso vermissen<br />
wie Daten zum Zusammenhang zwischen RZD 2-6 und<br />
– möglichst verschiedenen – Intelligenzmaßen. Bisher<br />
bleibt auch die Frage, wie aus dem RZD 2-6 spezifische<br />
Therapie- und Förderansätze abgeleitet werden können,<br />
offen.<br />
Trotz dieser Einschränkungen wird der Testanwender<br />
von der Möglichkeit, auch leistungsschwache Kinder bei<br />
der Bearbeitung grundlegender mathematischer Anforderungen<br />
eingehend zu untersuchen und zu beobachten,<br />
profitieren. Die mit dem RZD 2-6 gewonnenen Daten können<br />
sicherlich auch als Grundlage für differenzierte Diagnose-<br />
und Interpretationsprozesse dienen.<br />
Literatur<br />
Aster, M. v. (2001). ZAREKI – Neuropsychologische Testbatterie<br />
für Zahlenverarbeitung und Rechnen bei Kindern. Lisse:<br />
Swets & Zeitlinger.