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Sonderdruck aus: Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie, 36 (3), 226–227<br />

226 Klinische Untersuchungsverfahren © Hogrefe Verlag Göttingen 2007<br />

Klinische<br />

Untersuchungsverfahren<br />

Schütz, A. & Sellin, I. (2006). Multidimensionale Selbstwertskala.<br />

Göttingen: Hogrefe.<br />

Die Multidimensionale Selbstwertskala (MSWS) ist ein<br />

standardisierter Selbstbeschreibungsfragebogen zur Erfassung<br />

von verschiedenen Facetten der Selbstwertbeurteilung<br />

bei Jugendlichen (ab etwa 14 Jahren) und Erwachsenen.<br />

Die MSWS stellt eine deutschsprachige Adaptation<br />

der Multidimensional Self-Concept Scale (MSCS) von Fleming<br />

und Courtney (1984) dar, die auf der Grundlage des<br />

Modells von Shavelson, Hubner und Stanton (1976) entwickelt<br />

wurde. Shavelson et al. (1976) betrachten das<br />

Selbstkonzept als eine mehrdimensionale und hierarchische<br />

Struktur mit akademischen und nicht-akademischen<br />

Anteilen. Das nicht-akademische Selbstkonzept wird weiter<br />

untergliedert in ein emotionales, soziales und physisches<br />

Selbstkonzept. Die MSWS enthält Übersetzungen<br />

von Originalitems aus der englischen MSCS, einige umformulierte<br />

Items sowie einige neue Items, die das Modell<br />

von Shavelson et al. (1976) weiter differenzieren.<br />

Die MSWS weist einen hierarchischen Aufbau auf. Der<br />

Gesamtwert setzt sich zusammen aus einer Allgemeinen<br />

Selbstwertschätzung und einer Körperbezogenen Selbstwertschätzung,<br />

denen die insgesamt sechs Subskalen<br />

zugeordnet sind. Die Allgemeine Selbstwertschätzung beinhaltet<br />

die emotionale, soziale und leistungsbezogene Einstellung<br />

zum Selbst. Zu diesem Bereich gehören vier Subskalen:<br />

1. Emotionale Selbstwertschätzung zur Erfassung von<br />

allgemeiner Selbstakzeptanz, Selbstzufriedenheit sowie von<br />

Einstellungen zur eigenen Peson.<br />

2. Soziale Selbstwertschätzung – Sicherheit im Kontakt<br />

zur Erfassung von sozialen Fähigkeiten und Einstellungen<br />

zu sozialen Fähigkeiten sowie Gefühlen beim Umgang<br />

mit anderen Menschen.<br />

3. Soziale Selbstwertschätzung – Umgang mit Kritik<br />

zur Erfassung wahrgenommener Meinungen anderer über<br />

die eigene Person, der wahrgenommenen Wertschätzung<br />

durch Andere sowie von Empfindlichkeit gegenüber Kritik.<br />

4. Leistungsbezogene Selbstwertschätzung zur Erfassung<br />

der Bewertung von Leistungsfähigkeit in Beruf und<br />

Die Klinischen Untersuchungsverfahren werden von der Mitherausgeberin,<br />

Prof. Dr. Renate de Jong-Meyer, betreut. Rückfragen<br />

bezüglich Klinischer Untersuchungsverfahren richten Sie bitte<br />

direkt an: Prof. Dr. Renate de Jong-Meyer, Psychologisches Institut<br />

I der Universität Münster, Fliednerstr. 21, 48149 Münster.<br />

Arbeit sowie zu Überzeugungen bezüglich allgemeiner<br />

beruflicher und fachlicher Kompetenzen.<br />

Die Körperbezogene Selbstwertschätzung beinhaltet<br />

Einstellungen zu eigener Attraktivität und zu sportlichen<br />

Fähigkeiten, die in zwei Skalen erfasst werden:<br />

1. Selbstwertschätzung Physische Attraktivität zur Erfassung<br />

von Einstellungen zu eigener physischer Attraktivität<br />

und zur Zufriedenheit mit dem eigenen Körper.<br />

2. Selbstwertschätzung Sportlichkeit zur Erfassung<br />

von Einstellungen zu eigenen sportlichen und Koordinationsfähigkeiten.<br />

Mit insgesamt 32 Items handelt es sich um einen sehr<br />

ökonomischen Fragebogen. Die Subskalen bestehen aus<br />

jeweils 5 Items, nur die Subskala Emotionale Selbstwertschätzung<br />

enthält 7 Items. Es existieren zwei unterschiedliche<br />

Antwortformate: die ersten 15 Items werden hinsichtlich<br />

Intensität anhand einer 7-stufigen Antwortskala („gar<br />

nicht“ bis „sehr“) beantwortet und die restlichen 17 in einem<br />

Häufigkeitsformat durch eine 7-stufige Antwortskala<br />

(von „nie“ bis „immer“).<br />

Die Erstellung und Überprüfung der MSWS erfolgte<br />

mittels Klassischer Testtheorie. Die Gütekriterien der<br />

MSWS wurden durch Untersuchungen an einer Normstichprobe<br />

(N = 453) und an Studenten (N = 125) überprüft und<br />

belegt. Die internen Konsistenzen lagen bei den Subskalen<br />

zwischen .85 und .93 für die Normstichprobe und zwischen<br />

.80 und .89 bei der Studentenstichprobe. Bei den<br />

übergeordneten Skalen betrugen die internen Konsistenzen<br />

zwischen .75 und .87 für die Normstichprobe und zwischen<br />

.84 und .93 für die Studentenstichprobe. Zur Überprüfung<br />

der Retest-Reliabilität wurde eine weitere Studentenstichprobe<br />

(N = 52) herangezogen, die die MSWS zehn<br />

Wochen später ein zweites Mal ausfüllte. Bei den übergeordneten<br />

Skalen lag die Stabilität bei r tt<br />

= .73 bzw. .77. Bei<br />

vier Subskalen lagen die Korrelationskoeffizienten zwischen<br />

r tt<br />

= .70 und .86, bei der Subskala Leistungsbezogene Selbstwertschätzung<br />

allerdings nur bei .46 und bei der Subskala<br />

Selbstwertschätzung Physische Attraktivität bei .62. Zu<br />

überprüfen bleibt bei diesen beiden letztgenannten Subskalen,<br />

ob die geringere Korrelation mit fehlender Messgenauigkeit<br />

oder mit Schwankungen der zu erfassenden<br />

Eigenschaften zu tun hat. Weiterhin bedarf es hier<br />

insgesamt einer Überprüfung der Stabilität bei einer Bevölkerungsstichprobe.<br />

Zur Konstruktvalidität liegen einige Hinweise vor. Die<br />

Subskalen weisen in der Normstichprobe (r = .26 bis r =<br />

.68) und in der Studentenstichprobe (r = .21 bis r = .57)


Klinische Untersuchungsverfahren<br />

227<br />

relativ hohe Interkorrelationen auf. Zudem korrelieren die<br />

übergeordneten Skalen hoch mit den zugeordneten Subskalen<br />

und alle Subskalen korrelieren hoch mit dem Gesamtselbstwert.<br />

Die Facettenstruktur wurde mit einer Hauptkomponentenanalyse<br />

geprüft. Es ergaben sich sechs Faktoren mit<br />

Eigenwerten größer als 1, die mehr als 60% der Varianz<br />

aufklärten und den theoretisch postulierten Dimensionen<br />

der Subskalen zuzuordnen waren. Eine konfirmatorische<br />

Faktoranalyse stützte die Annahme eines Modells mit<br />

sechs Faktoren erster Ordnung und drei Faktoren zweiter<br />

Ordnung. Die konvergente Validität wurde durch hohe<br />

Korrelationen mit der Rosenberg-Skala (Ferring & Filipp,<br />

1996, revidiert durch von Collani & Herzberg, 2003), die<br />

Frankfurter Selbstkonzeptskalen (Deusinger, 1986) und die<br />

Frankfurter Körperkonzeptskalen (Deusinger, 1998) bestätigt.<br />

Die diskriminative Validität wurde durch geringe Korrelationen<br />

mit dem NEO-Fünf-Faktoren Inventar (Borkenau<br />

& Ostendorf, 1993) und der Soziale-Erwünschtheits-<br />

Skala-17 (Stöber, 1999) belegt.<br />

Die MSWS wurde für die Altersspanne von 14 bis 92<br />

Jahren normieret. Im Manual befinden sich für Frauen und<br />

Männer getrennte Normtabellen mit T-Werten und Prozenträngen<br />

sowie Konfidenzintervallen.<br />

Die MSWS kann in den Kontexten der Klinischen, der<br />

Pädagogischen, der Organisationspsychologie sowie in<br />

der Sozial- und Persönlichkeitspsychologie angewendet<br />

werden. Für die klinisch-psychologische Forschung ist das<br />

Messinstrument besonders deshalb interessant, weil differenziertere<br />

Aussagen über spezifische Aspekte des<br />

Selbstwertgefühls bei Störungsgruppen wie Depression,<br />

Soziale Phobie oder Posttraumatische Belastungsstörung<br />

ermöglicht werden. Auf Grund der guten Strukturierung<br />

von Manual, Fragebogen, Auswertungsschablonen und<br />

Auswertungsblatt/Profilbogen ist der Fragebogen auch<br />

für die Anwendung in der Praxis gut geeignet. Die MSWS<br />

kann weiterhin in der individuellen Statusdiagnostik, der<br />

Interventionsplanung und der Therapieevaluation mit<br />

potenziellem Nutzen eingesetzt werden.<br />

Mit der MSWS steht insgesamt ein gut standardisiertes<br />

und psychometrisch weit entwickeltes Verfahren zur<br />

Erfassung von Selbstwertschätzung zur Verfügung, das<br />

auf einem theoretisch fundierten Modell basiert.<br />

Literatur<br />

Borkenau, P. & Ostendorf, F. (1993). NEO-Fünf-Faktoren-Inventar<br />

(NEO-FFI) nach Costa und McCrae. Göttingen:<br />

Hogrefe.<br />

Von Collani, G. & Herzberg, P. Y. (2003). Eine revidierte Fassung<br />

der deutschsprachigen Skala zum Selbstwertgefühl von<br />

Rosenberg. Zeitschrift für Differentielle und Diagnostische<br />

Psychologie, 24, 3–7.<br />

Deusinger, I. (1986). Die Frankfurter Selbstkonzeptskalen. Göttingen:<br />

Hogrefe.<br />

Deusinger, I. (1998). Die Frankfurter Körperkonzeptskalen.<br />

Göttingen: Hogrefe.<br />

Ferring, D. & Filipp, S. H. (1996). Messung des Selbstwertgefühls:<br />

Befunde zu Reliabilität, Validität und Stabilität der<br />

Rosenberg-Skala. Diagnostica, 42, 284–292<br />

Fleming, J. S. & Courtney, B. E. (1984). The dimensionality of<br />

self-esteem: II. Hierarchical facet model for revised measurement<br />

scales. Journal of Personality and Social Psychology,<br />

46, 404–421.<br />

Shavelson, R. J., Hubner, J. J. & Stanton, G. C. (1976). Selfconcept:<br />

Validation of construct interpretations. Review of<br />

Educational Research, 46, 407–441.<br />

Stöber, J. (1999). Die Soziale-Erwünschtheits-Skala-17 (SES-<br />

17): Entwicklung und erste Befunde zur Reliabilität und Validität.<br />

Diagnostica, 45, 173–177.<br />

Nexhmedin Morina und Ulrich Stangier<br />

Friedrich-Schiller-Universität Jena<br />

DOI: 10.1026/1616-3443.36.3.226


166 Testinformationen<br />

renzierung kompensatorischen und süchtigen Kaufverhaltens<br />

vorgelegt, das insbesondere durch die Bereitstellung<br />

von Normwerten praktisch gut einsetzbar ist. Gerade<br />

weil das Verfahren das einzige seiner Art im deutschsprachigen<br />

Raum ist und dem Phänomen Kaufsucht auf Grund<br />

zunehmender Verbreitung und öffentlicher Aufmerksamkeit<br />

eine wachsende Bedeutung zuzukommen scheint,<br />

stellt die Veröffentlichung eine Bereicherung der Testlandschaft<br />

dar. Zu hoffen ist, dass der Test dazu beitragen<br />

wird, die Aufmerksamkeit der klinisch tätigen Kollegen<br />

mehr auf Verhaltenssüchte, insbesondere die Kaufsucht,<br />

zu lenken, da diese häufig noch zu wenig Beachtung<br />

finden.<br />

Auf Grund seiner Kürze und der nachgewiesenen<br />

Testgüte eignet sich das SKSK sehr gut für den Einsatz<br />

in repräsentativen Befragungen und verhaltenswissenschaftlichen<br />

Studien. Im klinischen Kontext lässt es sich<br />

mit Sicherheit hervorragend als Screeninginstrument einsetzen,<br />

um einen ersten Eindruck zum Kaufverhalten zu<br />

bekommen. Auf Grund der hohen Komorbidität der Kaufsucht<br />

insbesondere mit anderen Süchten ist dadurch eine<br />

Differenzierung der diagnostischen Information zu erwarten.<br />

Zu berücksichtigen bleibt, dass es sich bei dem SKSK<br />

um ein Screeninginstrument handelt. Für eine umfassende<br />

Diagnostik, bei der die Schwere der Kaufsucht und ihre<br />

Relation zu komorbiden psychischen Störungen eingeschätzt<br />

werden, sind Informationen über Dosissteigerung<br />

und Entzugserscheinungen notwendig. Hierfür lassen<br />

sich sowohl diagnostische Gespräche als auch zusätzliche<br />

Instrumente einsetzen. In diesem Zusammenhang ist<br />

beispielhaft auf die „Yale-Brown-Obsessive-Compulsive-<br />

Scale – Shopping Version (YBOCS-SV)“ (Monahan, Black<br />

& Gabel, 1996) zu verweisen, die detaillierter auf die Beeinträchtigung<br />

anderer Lebensbereiche, Leidensdruck,<br />

Widerstand gegen Gedanken und Verhaltensweisen<br />

und Grad der Symptomkontrolle eingeht (vgl. Albrecht &<br />

Grüsser, 2007). Nach unseren Informationen liegen keine<br />

Untersuchungen zur Veränderungssensitivität vor, die<br />

eine Therapieevaluation mit dem SKSK rechtfertigen.<br />

Trotz dieser Einschränkungen möchten wir zum klinischen<br />

Einsatz des Instruments als Screeningverfahren ausdrücklich<br />

motivieren. Abschließend bleibt noch das Internetangebot<br />

der Arbeitsgruppe unter www. kaufsucht.org zu<br />

erwähnen, in dem man sich über aktuelle Entwicklungen<br />

und Forschungsergebnisse informieren kann.<br />

Literatur<br />

Albrecht, U. & Grüsser, S. M. (2007). Diagnostic instruments<br />

for behavioral addiction. An overview. GMS Psycho-Social-<br />

Medicine, 4, DocM (20071004).<br />

Monahan, P., Black, D. W. & Gabel, J. (1996). Reliability and<br />

validity of a scale to measure change in persons with compulsive<br />

bying. Psychiatry Research, 64, 59–67.<br />

Müller, A. & de Zwaan, M. (2004). Aktueller Stand der Therapieforschung<br />

bei pathologischem Kaufen. Verhaltenstherapie,<br />

14, 112–119.<br />

Reisch, L. A., Neuner, M. & Raab, G. (2004). Ein Jahrzehnt<br />

verhaltenswissenschaftlicher Kaufsuchtforschung in Deutschland.<br />

Verhaltentherapie, 14, 120–125.<br />

Valence, G., D’Astous, A. & Fortier, L. (1988). Compulsive<br />

Bying. Concept and measurement. Journal of Consumer<br />

Policy, 11, 419–433.<br />

Dr. Heide Glaesmer<br />

Universität Leipzig<br />

Abteilung für Medizinische Psychologie und Soziologie<br />

Philipp-Rosenthal-Straße 55<br />

04103 Leipzig<br />

E-Mail: Heide.Glaesmer@medizin.uni-leipzig.de<br />

DOI: 10.1026/0012-1924.54.3.164<br />

Die Multidimensionale Selbstwertskala (MSWS) von A.<br />

Schütz und I. Sellin (2006). [Göttingen: Hogrefe, Testmappe<br />

komplett 49,00 €]<br />

Isolde Daig, Thomas Gunzelmann und Elmar Brähler<br />

1. Testart<br />

Die Multidimensionale Selbstwertskala (MSWS) erfasst<br />

mittels eines Selbstbeurteilungsfragebogens verschiedene<br />

Facetten der Selbstwertschätzung bei Jugendlichen<br />

und Erwachsenen. Selbstwertschätzung wird dabei dem<br />

englischen Begriff des „self-esteem“ angelehnt und wird<br />

als subjektive Einschätzung des eigenen Wertes verstanden.<br />

Die MSWS ist eine für den deutschen Sprachraum<br />

und für eine nicht-studentische Population adaptierte Version<br />

der Multidimensional Self-Concept Scale (MSCS;<br />

Fleming & Courtney, 1984). Neben der Allgemeinen<br />

Selbstwertschätzung, die wiederum in vier Unterbereiche<br />

unterteilt ist, wird die Körperbezogene Selbstwertschätzung<br />

mit zwei Subskalen erhoben. Zudem kann ein Gesamtselbstwert<br />

bestimmt werden.<br />

2. Testmaterial<br />

In der Testmappe befinden sich eine Handanweisung (106<br />

Seiten), 5 Exemplare des 4-seitigen Fragebogens, 5 Auswertungsbogen<br />

und 2 Auswertungsschablonen.<br />

3. Testgliederung<br />

Der Fragebogen erfasst mit 32 Items verschiedene Facetten<br />

der Selbstwertschätzung. Die MSWS ist hierarchisch<br />

aufgebaut (Abbildung 1). Der Gesamtselbstwert setzt sich<br />

aus der „Allgemeinen Selbstwertschätzung“ sowie der<br />

„Körperbezogenen Selbstwertschätzung“ zusammen. Die<br />

„Allgemeine Selbstwertschätzung“ wiederum gliedert sich<br />

in Emotionale Selbstwertschätzung, Soziale Selbstwertschätzung/Sicherheit<br />

im Kontakt, Soziale Selbstwertschätzung/Umgang<br />

mit Kritik und Leistungsbezogene<br />

Selbstwertschätzung. Die „Körperbezogene Selbstwertschätzung“<br />

setzt sich aus der physischen Attraktivität<br />

und der Sportlichkeit zusammen.


Testinformationen<br />

167<br />

Gesamtselbstwert<br />

Allgemeine<br />

Selbstwertschätzung<br />

Körperbezogene<br />

Selbstwertschätzung<br />

Emotionale<br />

Selbstwertschätzung<br />

Soziale<br />

Selbstwertschätzung –<br />

Sicherheit im Kontakt<br />

Soziale<br />

Selbstwertschätzung –<br />

Umgang mit Kritik<br />

Leistungsbezogene<br />

Selbstwertschätzung<br />

Selbstwertschätzung<br />

Physische Attraktivität<br />

Selbstwertschätzung<br />

Sportlichkeit<br />

Abbildung 1. Hierarchischer Aufbau der Multidimensionalen Selbstwertskala.<br />

4. Grundkonzept<br />

Der Multidimensionalen Selbstwertskala liegt das Konstrukt<br />

der Selbstwertschätzung zu Grunde, in dem Sinne,<br />

dass die Selbstwertschätzung einer Person sich aus<br />

selbstbezogenen Bewertungen zusammensetzt. Der Begriff<br />

Selbstwertschätzung wird dabei dem international<br />

gebräuchlichen Begriff des „self-esteem“ angelehnt und<br />

umfasst einen evaluativen Aspekt selbstbezogener Einstellungen,<br />

im Vergleich zu einer deskriptiven Komponente<br />

des Selbstkonzeptes. Selbstwertschätzung wird häufig<br />

als Persönlichkeitseigenschaft, folglich als zeitlich relativ<br />

stabiles Merkmal angesehen. Durch Misserfolgserlebnisse<br />

kann es jedoch zu kurzfristigen Selbstwertschwankungen<br />

kommen. Ferner wird dem Selbstwert eine hierarchische,<br />

facettenreiche Struktur zugesprochen, mit intellektuellen,<br />

emotionalen, sozialen und physischen Bereichen.<br />

Diese Struktur wird von der MSWS aufgenommen. Als<br />

Vorläufer der MSWS gelten die Feelings of Inadequacy<br />

Scale (FIS; Janis & Field, 1959) sowie als deren revidierte<br />

Version die Multidimensional Self-Concept Scale (MSCS;<br />

Fleming & Courtney, 1984). Die Multidimensionale Selbstwertskala<br />

(MSWS) basiert auf der MSCS, wurde ins Deutsche<br />

übertragen, entsprechend adaptiert und um einige<br />

Items ergänzt.<br />

5. Durchführung<br />

Die Durchführung erfolgt standardisiert. Eine vollständige<br />

Testinstruktion ist auf der Vorderseite des Fragebogens<br />

abgedruckt. Die beiden Innenseiten des Fragebogens<br />

umfassen die 32 Items in Frageform (Beispielitem<br />

„Haben Sie das Gefühl, dass es keinen Bereich in Ihrem<br />

Leben gibt, in dem Sie „gut“ sind?“), die auf einer 7-stufigen<br />

Ratingskala beantwortet werden sollen. Der Test kann<br />

als Einzel- oder Gruppenverfahren durchgeführt werden.<br />

Er ist für Jugendliche und Erwachsene konzipiert. Die Bearbeitungsdauer<br />

beträgt ca. 10–15 Minuten inkl. Lesen der<br />

Instruktion und Veranschaulichung des Beispielitems.<br />

6. Auswertung und Interpretation<br />

Zur Auswertung müssen die Auswertungsschablonen,<br />

der Profilbogen sowie die Normtabellen herangezogen<br />

werden. Auf den Auswertungsschablonen sind die Nummern<br />

der Items, die Subskalenbezeichnungen und die<br />

Punktwerte für die Items ablesbar. Die einzelnen Punktwerte<br />

(Range von 1 bis 7) werden pro Seite und Subskala<br />

summiert und in den dafür vorgesehenen Kästchen eingetragen.<br />

Bei invertierten Items sind auf den Schablonen die<br />

richtigen Punktwerte eingetragen, so dass diese nur noch<br />

abgelesen werden müssen. In den Profilbogen, der einer<br />

grafischen Veranschaulichung dient, werden die Rohwerte<br />

sowie unter Zuhilfenahme der Tabellen die Prozentränge<br />

und T-Werte eingetragen. Hierbei bestehen unterschiedliche<br />

Normtabellen für Männer und Frauen, die<br />

jedoch nicht altersspezifisch sind. Neben den 6 Subskalen<br />

können auch die Werte für die übergeordneten Skalen<br />

Allgemeine Selbstwertschätzung, Körperbezogene<br />

Selbstwertschätzung und Gesamtselbstwert durch Addition<br />

der Subskalenwerte berechnet werden. Die Auswertungszeit<br />

liegt zwischen 5–10 Minuten.<br />

Bei der Interpretation ist darauf zu achten, dass höhere<br />

Werte jeweils eine höhere Selbstwertschätzung für den<br />

durch die Subskala abgebildeten Bereich ausdrücken. Prozentränge<br />

zwischen 16 und 84 (T-Wert 40–60) werden als<br />

durchschnittliche Ausprägung angesehen, Prozentränge<br />

zwischen 2 und 16 (T-Wert 30–40) als unterdurchschnittlich,<br />

Prozentränge zwischen 84 und 98 (T-Wert 60–70) als<br />

überdurchschnittlich und Prozentränge unter 2 und über<br />

98 (T-Wert kleiner 30 und größer 70) werden als extreme<br />

Ausprägung der Selbstwerteinschätzung angesehen.<br />

7. Gütekriterien<br />

Die empirische Überprüfung der Gütekriterien erfolgte an<br />

zwei Stichproben. Es handelte sich um eine studentische<br />

Stichprobe (N = 125, Frauen: n = 120, Männer: n = 5) mit<br />

einem Altersdurchschnitt von 21 Jahren (SD = 2) sowie um<br />

eine nach Alter und Geschlecht geschichtete Stichprobe<br />

der allgemeinen Bevölkerung (N = 453, Frauen: n = 235,<br />

Männer: n = 218) mit einem Altersrange von 14 bis 92 Jahren<br />

(M = 44 Jahre, SD = 18 Jahre).<br />

7.1 Objektivität. Durch die Standardisierung des Fragebogens<br />

und die vorgegebenen Auswertungsrichtlinien<br />

sowie Schablonen kann von einer hohen Durchführungsund<br />

Auswertungsobjektivität ausgegangen werden. Die<br />

Interpretationsobjektivität wird durch Hinweise zur Interpretation<br />

der Testergebnisse sowie durch Fallbeispiele im<br />

Handbuch gewährleistet.


168 Testinformationen<br />

Tabelle 1. Interne Konsistenz der Subskalen der MSWS (N = 415–453)<br />

Skala Items N M SD <br />

Gesamtselbstwert (GSW) 32 158.43 27.97 .93<br />

Allgemeine SWS (ASW) 22 113.39 20.13 .92<br />

Emotionale SWS (ESWS) 7 37.71 6.87 .84<br />

Soziale SWS – Sicherheit im Kontakt (SWKO) 5 25.48 6.05 .85<br />

Soziale SWS – Umgang mit Kritik (SWKR) 5 24.35 6.64 .87<br />

Leistungsbezogene SWS 5 26.13 4.82 .75<br />

Körperbezogene SWS (KSW) 10 45.16 10.84 .85<br />

SWS Physische Attraktivität (SWPA) 5 23.73 6.05 .74<br />

SWS Sportlichkeit (SWSP) 5 21.51 6.50 .78<br />

Anmerkung: SWS = Selbstwertschätzung.<br />

7.2 Reliabilität. Die interne Konsistenz (Cronbach’s Alpha)<br />

der Subskalen des MSWS liegt zwischen .75 und .87,<br />

für die übergeordneten Skalen zwischen .85 und .93 (Tabelle<br />

1). Die Retest-Reliabilität lag bei einer Messung im<br />

Abstand von zehn Wochen für die Subskalen ESWS,<br />

SWKO, SWKR und SWSP zwischen r = .70–.86. Die Subskalen<br />

LSWS (r = .46) und SWPA (r = .62) erreichten deutlich<br />

geringere Koeffizienten. Dies kann auf eine ungenügende<br />

Messgenauigkeit des Instruments hinweisen oder<br />

auf tatsächliche Schwankungen der erfragten Eigenschaften.<br />

Die Stabilität wurde nur an einer studentischen Stichprobe<br />

(N = 52) erhoben.<br />

7.3 Validität. Die Interkorrelationen der Subskalen variieren<br />

zwischen r = .26 und .68. Die Subskalen der Allgemeinen<br />

Selbstwertschätzung korrelieren stärker untereinander<br />

als mit den beiden Subskalen der Körperbezogenen<br />

Selbstwertschätzung. Relativ hohe Korrelationen weisen<br />

die Subskalen zu den drei übergeordneten Skalen auf. Die<br />

korrespondierenden Subskalen korrelieren mit der Allgemeinen<br />

Selbstwertschätzung zwischen r = .73–.86, die beiden<br />

körperbezogenen Subskalen nur zu r = .41–.60. Erwartungsgemäß<br />

sind die körperbezogenen Subskalen mit der<br />

Körperbezogenen Selbstwertschätzung stärker assoziiert,<br />

mit jeweils r = .82. Interkorrelationen mit dem Gesamtselbstwert<br />

liegen für die sechs Subskalen zwischen r =<br />

.57–.82, für die zwei hierarchisch höher angesiedelten Skalen<br />

zwischen r = .82–.95.<br />

Mittels Hauptkomponentenanalyse mit obliquer Rotation<br />

auf Grund der theoretischen Annahme, dass die Subskalen<br />

Bestandteile eines Gesamtselbstwertes sind, wurden<br />

sechs Faktoren extrahiert, die 61% der Gesamtvarianz<br />

aufklärten. Mittels Kreuzvalidierung an einer studentischen<br />

Stichprobe wurden die Ergebnisse mit denen der<br />

Normstichprobe verglichen. Ebenfalls zeigten die Ergebnisse<br />

in der Studierendenstichprobe sechs Faktoren mit<br />

Eigenwerten > 1 und erreichten eine Varianzaufklärung<br />

von 65%. Eine konfirmatorische Faktorenanalyse wurde<br />

nachgeschaltet, um zu überprüfen, ob zwischen dem theoretisch<br />

angenommenen Modell und den empirischen Ergebnissen<br />

eine Passung besteht. Es fand sich eine akzeptable<br />

Anpassung für ein Modell mit sechs interkorrelierten<br />

Faktoren erster Ordnung und zwei Faktoren zweiter<br />

Ordnung (RMSEA = .077, GFI = .82). Allerdings erreichte<br />

ein Modell mit sechs Faktoren erster Ordnung und drei<br />

Faktoren zweiter Ordnung (Allgemeine Selbstwertschätzung,<br />

Soziale Selbstwertschätzung und Körperbezogene<br />

Selbstwertschätzung) einen leicht verbesserten Modellfit.<br />

Die konvergente Validität wurde über Korrelationen<br />

mit unterschiedlichen Skalen geprüft, die eine globale<br />

Selbstwertschätzung erfassen, wie die Rosenberg-Skala,<br />

sowie Skalen, die Facetten der Selbstwertschätzung erheben,<br />

wie die Subskalen der Frankfurter Selbstkonzeptskalen.<br />

Die Korrelationen der MSWS-Subskalen mit Unterskalen<br />

der Frankfurter Selbstkonzeptskalen (FSKN,<br />

FKKS) und der Rosenberg-Skala sind moderat bis hoch<br />

(r = .37–.78).<br />

Die diskriminante Validität wurde mit Korrelationen<br />

zwischen dem NEO-Fünf-Faktoren Inventar und Korrelationen<br />

mit dem Fragebogen zur Erfassung der sozialen Erwünschtheit<br />

ermittelt sowie an Teilstichproben mit der<br />

deutschen Version des Narcissistic Personality Inventory<br />

und Fragebogen zur Selbsttäuschung, Selbstwirksamkeit,<br />

Self-Monitoring, „Akzeptanz Anderer“ sowie zur Bindung<br />

(Experiences in Close Relationships Inventory). Die Korrelationskoeffizienten<br />

mit inhaltlich entfernteren Skalen<br />

waren im Allgemeinen niedriger als die mit inhaltlich ähnlichen<br />

Konstrukten (siehe konvergente Validität). Eine<br />

Ausnahme bildeten hohe negative Korrelationen mit der<br />

Neurotizismus-Skala (r = –.42 bis –.75), da diese offensichtlich<br />

das Gegenteil der Selbstwertschätzung darstellt.


Testinformationen<br />

169<br />

Die MSWS-Subskalen korrelierten nur gering mit der Skala<br />

zur sozialen Erwünschtheit (r = .07–.21).<br />

Sensitivität der MSWS wurde anhand einer klinischen<br />

Stichprobe (N = 114), die in drei Gruppen unterteilt wurde,<br />

überprüft (Depression, Angst, Essstörung). Die Mittelwerte<br />

des Gesamtselbstwertes unterschieden gut zwischen<br />

Patienten und Nicht-Patienten mit Effektstärken<br />

von d = .68–1.21. In der Verlaufsdiagnostik zeigt die<br />

MSWS für alle klinischen Gruppen einen Anstieg der<br />

Selbstwertsteigerung unter Therapie (d = .21–.56).<br />

7.4 Normierung. Bei der Normierung der MSWS wurde<br />

auf verschiedene Altersgruppen und eine möglichst<br />

gleichmäßige Geschlechterverteilung geachtet. Die Stichprobe<br />

umfasst 453 Personen, 235 Frauen und 218 Männer<br />

im Alter zwischen 14 und 92 Jahren. Normen für T-Werte<br />

und Prozentränge sowie deren Konfidenzintervalle werden<br />

in Tabellenform getrennt für Männer und Frauen<br />

für alle Subskalen sowie für die drei übergeordneten Skalen<br />

(Allgemeine Selbstwertschätzung, Körperbezogene<br />

Selbstwertschätzung, Gesamtselbstwertschätzung) aufgelistet.<br />

8. Kritik<br />

8.1 Die Multidimensionale Selbstwertskala ist eine<br />

deutschsprachige Adaptation der Multidimensional Self-<br />

Concept Scale (MSCS; Fleming & Courtney, 1984). Sie ist<br />

ein Instrument zur Erfassung verschiedener Facetten der<br />

Selbstwertschätzung. Die Basis bildet ein Modell, das eine<br />

facettenreiche, hierarchische Struktur des Selbstkonzeptes<br />

annimmt.<br />

8.2 Die Multidimensionale Selbstwertskala ist ein objektives,<br />

hinreichend reliables sowie valides Messinstrument<br />

sowohl zur Statusdiagnostik als auch zur Verlaufsdiagnostik<br />

in klinischen sowie nicht-klinischen Gruppen.<br />

8.3 Die Durchführung und Auswertung des Fragebogens<br />

ist mit 32 Items und 2 Schablonen, die jeweils die Subskalenzuordnung<br />

grafisch schnell ermöglichen, als ökonomisch<br />

zu bezeichnen; der Profilbogen zur grafischen Veranschaulichung<br />

ist ein willkommener Zusatz.<br />

8.4 Das Handbuch ist übersichtlich strukturiert und verständlich<br />

geschrieben. Wünschenswert wären nähere Interpretationen<br />

zu den einzelnen Subskalen, die im Bereich<br />

der Testinterpretation relativ kurz gehalten sind. Eine profiliertere<br />

theoretische Fundierung der Konstrukte der Subskalen<br />

wäre hier hilfreich.<br />

8.5 Eine theoretische Gegenüberstellung und Abgrenzung<br />

zu Konstrukten wie Neurotizismus und Bindungs-<br />

Ängstlichkeit wäre vor dem Hintergrund der relativ hohen<br />

Korrelationskoeffizienten zwischen den Subskalen der<br />

MSWS und den entsprechenden Variablen hilfreich.<br />

8.6. Für die Validierung der MSWS wäre es wünschenswert,<br />

neben der Normierung an einer repräsentativen<br />

Stichprobe umfangreichere und differenziertere klinische<br />

Stichproben sowie die stärkere Einbeziehung von direkt<br />

beobachtbarem Verhalten, das nicht per Selbstbericht erhoben<br />

wird, einzubeziehen.<br />

9. Fazit und Empfehlung<br />

Die Multidimensionale Selbstwertskala ist ein ökonomisches,<br />

reliables und valides Instrument zur Erfassung verschiedener<br />

Facetten der Selbstwertschätzung. Sie ist bei<br />

Jugendlichen und Erwachsenen gut einsetzbar. Die übersichtliche<br />

und strukturierte Testhandanweisung sowie die<br />

guten teststatistischen Kennwerte erlauben einen unkomplizierten<br />

Einsatz der MSWS zur Status- sowie zur Verlaufsdiagnostik<br />

im klinischen sowie nicht-klinischem Bereich.<br />

Literatur<br />

Fleming, J. S. & Courtney, B. E. (1984). The dimensionality of<br />

self-esteem: II. Hirarchical facet model for revised measurement<br />

scales. Journal of Personality and Social Psychology,<br />

46, 404–421.<br />

Janis, I. L. & Field, P. B. (1959). Sex differences and factors<br />

related to persuability. In C. Il. Hovland & I. L. Janis (Eds.),<br />

Personality and persuability (pp. 55–68). New Haven, CT:<br />

Yale University Press.<br />

Dr. phil. Isolde Daig<br />

Institut für Medizinische Psychologie<br />

Charité – Universitätsmedizin Berlin<br />

Luisenstraße 57<br />

10117 Berlin<br />

E-Mail: isolde.daig@charite.de<br />

DOI: 10.1026/0012-1924.54.3.166

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