MIT KOPF, HERZ UND HAND - Institut Beatenberg
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Informationen aus dem <strong>Institut</strong> <strong>Beatenberg</strong> Januar 2010 · Nr. 98<br />
<strong>MIT</strong> <strong>KOPF</strong>, <strong>HERZ</strong><br />
<strong>UND</strong> <strong>HAND</strong><br />
Die Welt ist stets eine Antwort auf die Frage, die wir<br />
stellen. Das heisst: Eigentlich liefert die natürliche<br />
Umgebung eine Menge spannender Antworten –<br />
eben, wenn die entsprechenden Fragen gestellt<br />
werden. Und das ist denn auch eines der Ziele der<br />
so genannten «Units»: von relevanten Fragen ausgehen<br />
und plausible Antworten darauf finden.<br />
In regelmässigen Intervallen haben die Jugendlichen<br />
die Möglichkeit, sich einen Nachmittag lang<br />
mit Phänomenen aus Natur und Technik oder mit<br />
Themen aus Geografie und Geschichte vertieft auseinander<br />
zu setzen: Weshalb gibt es eigentlich Jahreszeiten?<br />
Und gibt es die überall? Woher kommt<br />
das Wasser, das wir trinken? Was ist Feuer? Was<br />
machen und machten die Menschen damit? Woher<br />
kommt der Wind? Was macht er, wenn er nicht weht?<br />
Übers ganze Jahr verteilt finden sich in relativ kurzen<br />
Abständen spezielle Lerntage – und eben Units.<br />
Ein Vorteil solcher Arrangements: Es steht mehr Zeit<br />
zur Verfügung. Und das schafft automatisch mehr<br />
Gestaltungsoptionen, bis hin zur Möglichkeit, ausserschulische<br />
Lernorte miteinzubeziehen. Denn die<br />
Phänomene der Natur beispielsweise erforscht man<br />
sinnvollerweise dort, wo sie sich zeigen: in der Natur.<br />
Und wie es in einem Wasserreservoir oder in<br />
einer ehemaligen Festung aussieht, das lässt sich<br />
am besten erfahren, wenn man hingeht und es sich<br />
anschaut.<br />
Aus mehreren Angeboten können sich die Lernenden<br />
jeweils dem für sie interessantesten Thema zuwenden.<br />
Arrangiert und aufgebaut sind die Units als<br />
Zusammenspiel von Kopf, Herz und Hand. Die<br />
Jugendlichen erhalten dosierte Inputs, die sie zusammen<br />
mit eigenen Recherchen in die Lage versetzen,<br />
sich die wesentlichen Aspekte eines Themas<br />
zu erschliessen. Aber das reicht bei weitem<br />
nicht. Denn: Grundlage aller Erkenntnis ist die Erfahrung.<br />
Deshalb ist das Ausprobieren, das handelnde<br />
und konstruktive Suchen nach Lösungen ein integraler<br />
Bestandteil der Units. Die Jugendlichen sollen<br />
Phänomenen und Fragen offen begegnen lernen.<br />
Damit die Welt eine Antwort geben kann.
PERSÖNLICHES<br />
COACHING<br />
Letztlich ist alles eine Frage der Beziehung – zu<br />
sich, zu den anderen und zu den Dingen, um die<br />
es geht. Viele wissenschaftliche Forschungen<br />
gehen deshalb der Frage nach: «Was ist es denn<br />
eigentlich, das schulisches Lernen erfolgreich<br />
macht?» Eine der wichtigen Antworten: eben,<br />
Beziehung. John Hattie von der Universität Auckland<br />
beispielsweise hat in einer der grössten<br />
Bildungsstudien die grosse Bedeutung der Lehrer-<br />
Schüler-Beziehung erneut bestätigt (Grafik).<br />
Deshalb haben alle Lernenden des <strong>Institut</strong>s<br />
<strong>Beatenberg</strong> einen persönlichen Coach. Was ist<br />
seine Aufgabe? Der Coach von Andre Agassi hat es<br />
auf den Punkt gebracht: «Ich verhelfe ihm zum<br />
Erfolg, dafür bin ich da.» Das heisst: Der Coach<br />
begleitet die Lernenden auf ihrem Weg zur<br />
Anschlussfähigkeit. Das beginnt mit der Klärung<br />
der Ausgangslage: Wo steht der Lernende? Was<br />
sind seine Stärken in Bezug auf Wissen, Fähigkeiten<br />
und Einstellungen. Aber auch: Welche Ziele<br />
werden angestrebt? Wie sind die entsprechenden<br />
Gelingensbedingungen zu gestalten.<br />
Häufige gemeinsame Präsenz (Zusammenarbeit)<br />
im Lernteam, Zeit für die Hilfe zur Selbsthilfe, individuelle<br />
Verbindlichkeiten und regelmässigen<br />
Bilanzgespräche tragen dazu bei, dass die<br />
Coaches die schulische und persönliche Entwicklung<br />
«ihrer» Jugendlichen erfolgswirksam unterstützen<br />
können.<br />
MUSIK GIBT<br />
DEN TAKT AN<br />
Musik und Singen zäheln sich mehr und mehr<br />
zu den beliebten Aktivitäten, nicht nur in der<br />
Schule, sondern auch in der Freizeit. Der Chor, der<br />
wöchentlich einen Abend in den Gesang investiert,<br />
die Band und die vielen Jugendlichen, die sich mit<br />
ihren Instrumenten ein musikalisches Stelldichein<br />
geben. Der Gala-Abend bot Gelegenheit, verschiedene<br />
Kostproben der gesanglichen und instrumentalen<br />
Fähigkeiten zum Besten zu geben. Auch<br />
die Band der Coaches liess es sich nicht nehmen,<br />
ihre musikalischen Kompetenzen unter Beweis zu<br />
stellen.
STOLZ SEIN AUF<br />
PORTFOLIOS<br />
Lernaktivitäten sollen zu Ergebnissen führen, die<br />
einen Wert haben. Solche Lernnachweise bilden<br />
das «Ausgangsmaterial» für die Gestaltung des<br />
speziellen Lernportfolios. Die Jugendlichen vertiefen<br />
sich noch einmal in ein Thema und transformieren<br />
es in eine andere Art der Darstellung. Das<br />
führt unter anderem zu einem nachhaltigeren Lernen.<br />
Und es wirkt sich auch sehr positiv auf die<br />
Motivation aus. In der Portfolioarbeit fordern sich<br />
die Jugendlichen gegenseitig zu guten Leistungen<br />
an. Wöchentlich findet eine Portfoliorunde statt.<br />
Die Lernenden geben einander Feedbacks und<br />
wählen den Portfoliobeitrag der Woche. Das spornt<br />
an – und die Qualität der Beiträge steigt zusehends.<br />
EINE BURG IM<br />
MODELL<br />
Mittelalter war das Thema, speziell die Burg als<br />
Sinnbild dieser Zeit. Nach einem kurzen Input mit<br />
Diskussion ging es an den praktischen Teil. Mit<br />
Papier, Kleber und viel Eifer und Fantasie entstand<br />
in kürzester Zeit ein tolles Modell komplett mit<br />
Bergfried, Mauern, Schiessscharten und einer<br />
Zugbrücke.<br />
EIN ABEND<br />
IN GALA<br />
Einmal im Jahr legen alle einen ganz besonderen<br />
Wert auf ihr Äusseres. Denn: Der Gala-Abend steht<br />
auf dem Programm. Zur festlichen Kleidung passt<br />
ein festliches Buffet. Es lädt in mehreren Etappen<br />
ein zum kulinarischen Genuss. Dazwischen erzählen<br />
Jugendliche und Erwachsene von ihren Erlebnissen<br />
mit dem Schutzengelspiel und beschenken<br />
sich gegenseitig. Neben den kulinarischen gibt es<br />
auch musikalische Leckerbissen. Und natürlich<br />
kann der Chor zeigen, welches Potenzial in ihm<br />
steckt. Die Band spielt zum Walzer auf und die Jugendlichen<br />
können – mehr oder weniger elegant<br />
– unter Beweis stellen, was sie in ein paar kurzen<br />
Tanzlektionen so alles gelernt haben. Und am<br />
Schluss wartet dann noch die Disco. Heissere<br />
Rhythmen und technische Effekte lösen Weihnachtslieder<br />
und Kerzenlicht ab. Er gehört zu den<br />
Traditionen des <strong>Institut</strong>s <strong>Beatenberg</strong>, der Gala-<br />
Abend. Seit vielen Jahren schon setzt er einen<br />
Schlusspunkt, auf den sich alle freuen – und an<br />
den sich alle gerne erinnern.<br />
LERNENDE ALS LERNEXPERTEN<br />
Die zahlreichen – und zum Teil weitgereisten – Besucher geben den Jugendlichen des <strong>Institut</strong>s <strong>Beatenberg</strong><br />
immer wieder Gelegenheit, sich und ihr Lernen in realen Situationen zu präsentieren und auf<br />
reale Fragen Antworten zu geben. Natürlich macht es Spass, interessierten Gästen einen Einblick in den<br />
Alltag zu gewähren. Dass die Kinder in solchen «Ernstfallsituationen» ihre sprachlichen Kompetenzen<br />
erweitern und lernen, frei zu sprechen und vorzutragen ist klar. Aber mehr als das: Sie lernen auch, ihr<br />
Lernen zu reflektieren und ihre metakognitiven Fähigkeiten auszubauen. Und gerade das, das eigene<br />
Lernen zu verstehen nämlich, ist eine der wichtigen Voraussetzungen für den Erfolg. Denn das Gewusstwie<br />
macht es möglich, die Aktivitäten zielführend zu gestalten und sein Lernen in die eigenen Hände zu<br />
nehmen.
SPASS DURCH<br />
LEISTUNG<br />
Schule muss Spass machen. Wirklich? Hat die<br />
Schule für Spass zu sorgen? Geht es darum,<br />
Lernende zu unterhalten, damit sie ihren Spass<br />
haben? Wohl kaum! Und dennoch stimmt es:<br />
Schule muss Spass machen. Nur: Spass ist –<br />
wenn es ums Lernen geht – kein Konsumgut. Es<br />
geht vielmehr um die Freude an der eigenen Leistung.<br />
Zu erkennen, «aha, jetzt verstehe ich, wie<br />
das geht», etwas geleistet, etwas geschafft zu<br />
haben, das ist die eigentliche Quelle, aus der sich<br />
das Wohlbefinden schöpft. Deshalb erbringen die<br />
Jugendlichen jede Woche eine bestimmte Anzahl<br />
Lernnachweise. Und jeder Lernnachweis hat das<br />
Potenzial, ein Erfolgserlebnis zu sein.<br />
DER DRITTE<br />
PÄDAGOGE<br />
Räume bestimmen das Verhalten von Menschen.<br />
Gerade auch wenn es um schulilsches Lernen<br />
geht. Klar, wenn der Aktivitätsschwerpunkt «vorne»<br />
ist, sind «hinten» die Zuhörer und Zuschauer.<br />
Deshalb wirkt der Raum als dritter Pädagoge –<br />
neben den anderen Lernenden und der Lehrperson.<br />
Das heisst: Der Wahl und der Gestaltung der<br />
Lernumgebung kommt eine grosse Bedeutung zu.<br />
Vorab: Lernen ist nicht an Räume gebunden. Im<br />
Gegenteil. Wenn es darum geht, sich mit einer<br />
Karte im Gelände zu orientieren geht man besten<br />
ins Gelände. Und wenn schon Räume, dann müssen<br />
den Funktionen Rechnung tragen. Eigenständiges<br />
und selbst gesteuertes Lernen zum Beispiel<br />
verlangt nach einer Gestaltung der Räume, die<br />
eine solche Art des Arbeitens unterstützt. In den<br />
Lernteams in <strong>Beatenberg</strong> gilt deshalb das Prinzip<br />
der «offenen Nische». Die Lernenden haben die<br />
Möglichkeit, in Ruhe für sich zu arbeiten. Deshalb<br />
verfügen alle für ihren eigenen Arbeitsplatz. Doch<br />
gleichzeitig sind sie integraler Teil einer Lerngemeinschaft,<br />
können kooperieren, können mit den<br />
anderen Jugendlichen und den Coaches im Aus-<br />
tausch sein. Räume spielen aber nicht nur eine<br />
funktionale Rolle. Locations have emotions. Räume<br />
strahlen etwas aus, (zum Beispiel Wertschätzung)<br />
sie laden ein – oder sie weisen ab. Und in<br />
einladenden Räumlichkeiten fühlt man sich halt<br />
einfach wohler. Das beeinflusst in starkem Masse<br />
das Verhalten von Menschen. In einer «guten» Umgebung<br />
lässt sich leichter lernen und arbeiten: der<br />
Raum als dritter Pädagoge.