Hamminkeln Ruft, Ausgabe Nr. 46 - Dezember ... - HVV Hamminkeln
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Nikolaus 1953/54<br />
von Irma Heyne-Beuse<br />
Weihnachten war<br />
eine geheimnisvolle<br />
Zeit. In meiner Erinnerung<br />
war diese<br />
Zeit voller Spannung.<br />
Wie würde das Fest<br />
von unseren Eltern<br />
gestaltet werden, welche<br />
Geschenke würden<br />
unter dem Weihnachtsbaum<br />
liegen?<br />
Natürlich spielt auch<br />
die Religion bei uns<br />
eine große Rolle. Wir<br />
wurden „Christkatholisch”erzogen,<br />
d.h.<br />
regelmäßig zum Kirchgang,<br />
manchmal täg-<br />
Nikolaus und Knecht Ruprecht<br />
lich. Alle vier Wochen<br />
war Beichte angesagt. Und ich wußte manchmal gar nicht,<br />
was ich sagen sollte. Es waren immer dieselben „Sünden”<br />
die ich zu beichten hatte. Ich hatte meine täglichen Gebete<br />
nicht verrichtet, ich hatte gelogen, ich war ungehorsam und<br />
manchmal war auch das 6. Gebot an der Reihe, was aber<br />
immer - nach den heutigen Gesichtspunkten - eine sehr<br />
harmlose Sünde war. Z. B. hatte ich meine Brüder unbekleidet<br />
gesehen und das mußte natürlich gebeichtet werden.<br />
Also - das war schnell erledigt und ich war wieder im Stande<br />
der Unschuld und konnte, wenn ich damals gestorben<br />
wäre, sofort in den Himmel kommen - so war mein fester<br />
Glaube.<br />
In der Vorweihnachtszeit wurden natürlich Plätzchen<br />
gebacken. Im Backofen, der mit den Kohlen vom „Steiger”<br />
beheizt wurde und der immer noch im Betrieb war und<br />
eine heimelige Wärme verbreitete. Stollen wurden mit<br />
„Guter” Butter und Rosinen gebacken. Man leistete sich<br />
was.<br />
Alles war wunderbar, wenn es<br />
nicht noch etwas gegeben hätte,<br />
was meine Schwester und meine<br />
Brüder verfolgte, und sie entsetzte<br />
- jedes Jahr von neuem. Der Nikolaus<br />
kam am 6. <strong>Dezember</strong>. Das<br />
wäre ja noch ok. gewesen, aber<br />
mit dem Nikolaus kam natürlich<br />
auch der Knecht Ruprecht. Es war<br />
grauenvoll. Dem strahlenden Nikolaus<br />
mit der roten Mütze und<br />
dem goldenen Buch folgte der Ruprecht.<br />
Schwarz angezogen und<br />
mit einer Rute bewaffnet, dunkle<br />
Laute ausstoßend und mit einem<br />
Sack auf dem Buckel. Sie klammerten<br />
sich an unsere Mutter. Die<br />
wusste natürlich Bescheid. Bloß<br />
die armen Wichte glaubten natürlich<br />
alles, was man ihnen erzählte.<br />
14 <strong>Hamminkeln</strong> <strong>Ruft</strong> · <strong>Ausgabe</strong> <strong>46</strong> · <strong>Dezember</strong> 2006<br />
Also: Der Nikolaus schlug sein goldenes Buch auf und<br />
las uns die Sünden vor. Dasselbe wie bei der Beichte: ungehorsam,<br />
liederlich, unordentlich - der Ruprecht schwang<br />
seine Rute und sie wurden noch kleiner. Dann frage der<br />
Nikolaus, ob sie sich bessern wollten, was sie natürlich sofort<br />
mit einem Nicken beantworteten. Nun ja - er wurde<br />
gnädig. Sie mussten noch ein Gedicht aufsagen, dasselbe,<br />
was Weihnachten auch an der Reihe war. z.B.: „Denkt Euch<br />
- ich habe das Christkind gesehen.........”<br />
Dann machte der Ruprecht seinen Sack auf und hatte<br />
mit Silberpapier eingepackte Päckchen für sie. Es war meistens<br />
etwas zum Anziehen oder ein Würfelspiel, oder Spielkarten,<br />
aber sie sahen es als Belohnung an, denn sicherlich<br />
waren sie auch lieb gewesen. Bis Weihnachten - mindestens<br />
- hielt die Wirkung des Besuchs vom Nikolaus und<br />
Knecht Ruprecht an. Meine Geschwister waren nur noch<br />
brav. Und gehorchten aufs Wort - sonst - Die Drohung<br />
stand im Raum – der Nikolaus und Knecht Ruprecht kommen<br />
zurück.<br />
Als Hilde, die Nachzüglerin, 1950 geboren, dann schon<br />
da war und ein paar Jahre alt - so um 1953 bis 1954. Da<br />
war ich natürlich schon fast erwachsen und voll aufgeklärt<br />
von wegen Knecht Ruprecht. Da hatte man aus der Nachbarschaft<br />
zwar einen Nikolaus rekrutieren können, aber<br />
keinen Ruprecht. Man fragte mich, ob ich das nicht machen<br />
wollte. Natürlich sagte ich zu. Konnte ich doch so meine<br />
Brüder und meine Schwester mal so richtig in Angst und<br />
Schrecken versetzen. Ich hatte lange dunkle Haare, die ich<br />
nach vorne schwang, so daß sie mir vor dem Gesicht baumelten.<br />
Dann der schwarze Kittel mit der Kapuze, die Rute<br />
und ein Sack. Sie können sich sicher denken, daß ich furchterregend<br />
aussah.<br />
Wir stapften also durch die beiden Straßen unseres<br />
kleinen Karrees und besuchten die Leute, die einen Nikolaus<br />
bestellt hatten für ihre Kinder.<br />
Nach dem Klingeln und dem Öffnen der Türe, wurden<br />
uns die gesammelten Sünden der Kinder zugesteckt, die