NR. 8 - AUGUST 1960 - 7. JAHRGANG IN HA L T S V ER ... - THWhS
NR. 8 - AUGUST 1960 - 7. JAHRGANG IN HA L T S V ER ... - THWhS
NR. 8 - AUGUST 1960 - 7. JAHRGANG IN HA L T S V ER ... - THWhS
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Dr. Julius Michels<br />
Seuchengefahr •<br />
In den letzten Tagen des Juni <strong>1960</strong><br />
erlebten Tausende von Ferienr,eisenden<br />
und UI"laubern, dJe das liebliche<br />
Moseltal als Reiseziel ,als Touristen,<br />
Sportfischer oder Schwimmer besuchen<br />
wollten, eine grauenvolle Begegnung:<br />
Zehntausende von Fischen<br />
aller Art, darunter Barben von<br />
30-70 cm Größe, trieben tot auf der<br />
Wasserfläche der ruhigen Mosel.<br />
Dbereifr.ige Sportbootfahrer trugen<br />
durch den hohen Wellengang ihrer<br />
Boote dazu bei, daß Tausende von<br />
FischkaJdavern an Land gespült wurden.<br />
Von Sachverständigen wurde das<br />
Fischsterben ,als das "weitaus größte<br />
FLschsterben der letzten Jahrzehnte<br />
in deutschen Gewässern" bezeichnet.<br />
Fast aUe Fische in der Mosel sind<br />
eingegangen. - Ursache dieses Fischsterbens<br />
waren FJußvergiftungen, die<br />
nach Feststellungen ,deutscher Sachverständiger<br />
dlurch Industrieabwässer<br />
obeI1halb von Thionv.ille (Diedenhofen)<br />
im lothr,ingischen Industriegehiet<br />
in die Mosel flossen.<br />
Die Zeitungen berichteten, daß die<br />
ersten Anzeichen einer Flußvevgiftung<br />
ber,eits Mitte Juni in der Obermosel<br />
bemerkbar w,aren. Zahlreiche<br />
Grundfische kamen "notatmend" ,an<br />
die FlußräIlJder oder flüchteten flußabwärts.<br />
An der Mittelmosel sammelte<br />
'ein Fischer in wenigen Stunden<br />
allein 15 Zentner tote Barsche. Bei<br />
Triel' allein wurden einige hundert<br />
Zentner aus der Mosel gefischt. Die<br />
in diesen Tagen herrschende große<br />
Hitze machte den Gestank der verwesenden<br />
Fischkadaver besonders<br />
schlimm.<br />
Der ,infernalische Gestank und die<br />
Seuchengefahr machten umfangreiche<br />
Gegenmaßnahmen notwendig: Technisches<br />
Hilfswerk und Bundeswehr<br />
mußten ZUr Bergung der treibenden<br />
und sich an den Ufern ansammelnden<br />
Fischkadaver eing,esetzt weI1den.<br />
Auf AnfoI1deruIlJg des Wasser- und<br />
Schiffahrtsamtes Trier WUI1de der<br />
OV Tr,ier alarmiert, der sich sofort<br />
mit den zur Verfügung gestellten<br />
Booten an d,ie unangenehme und<br />
nicht gefahrlose Arbeit machte. In<br />
3 Tagen mit insgesamt 61 Stunden<br />
trugen hier 7 Helfer mit dazu bei, die<br />
Seuchengefahr für Trier zu beseitigen.<br />
Der üble Verwesungsgeruch zog<br />
sich bis in die Stadt und war an den<br />
Einsatzstellen so stark, daß die Helfer<br />
gegen Brechreiz anzukämpfen hatten.<br />
Am größten war die Seuch,engefahr<br />
an der Untermosel bei Winningen,<br />
wo infolge der Koblenzer Moselstaustufe<br />
die Ablaufgeschwindigkeit<br />
des Wassers gering ist und wo sich<br />
daher die toten Fische von der Oberund<br />
Mi ttelmos el in außerordentlich<br />
großen Mengen angesammelt hatten.<br />
Der Geschäftsführer des OV Koblenz<br />
Moselgebiet gebannt<br />
bot in einer ersten Lagebesprechung<br />
mit Landrat Jost, Koblenz, und Amtsbürgermeister<br />
Gräf, Winningen, den<br />
Einsatz des THW an; der Einsatz des<br />
THW und der Bundeswehr wurde<br />
daraufhin angeordnet und der THW<br />
Geschäftsführer mit der Einsatzleitung<br />
beauftra,gt.<br />
Nach knapp 1 1 / 2 Stunden bereits<br />
waren die THW-Helfer zur Stelle,<br />
kurz darauf meldete sich auch die<br />
Bundeswehr einsatzbereü. Mit drei<br />
Motorbooten, Beibooten und Nachen<br />
des Wasser- und S chiffahrts amtes,<br />
mit zwei großen Landungsbooten,<br />
mit kleinen und großen Schlauchbooten<br />
und den entsprechenden Landrahrzeugen,<br />
ausgerüstet mit Käschern<br />
g,ingen 26 THW -Helfer gemeinsßm<br />
mit SoLdaten der Bundeswehr ans<br />
Wevk, nachdem sich binnen kurzem<br />
herausgestelat hatte, daß die F,angerg,ebnisse<br />
VOn den Schlauch- und<br />
Bffibooten im Schlepp der Motorboote<br />
am günstigsten waren.<br />
640 Stunden in drei Tagen leisteten<br />
die THW-Helfer bei größter Hitze<br />
unermüdlich Hilfe beim Fang der<br />
Kadaver, beim Verladen und Vergraben<br />
der toten Fische, eine Arbeitsleistung,<br />
die man normalerweise keinem<br />
Menschen zumuten mann. Eini<br />
,gen Helfern wurden Mund- und<br />
Nasentücher zum Schutze ausgegeben.<br />
Der Tvuppenarzt, der zugleich<br />
auch die THW-Helfer betr,eute, achtete<br />
darauf, daß sich alle Helfer<br />
laufend mit desinfiziertem Wasser<br />
waschen konnten. Die Zusammenarbeit<br />
mit den Behörden und der<br />
Bundeswehr war ganz ausgezeichnet.<br />
Außer Landrat Jost und Vertretern<br />
der Behörden war auch Reg!ierungspräsident<br />
Dr. Schmitt am Einsatzort<br />
erschienen und ließ sich die Lage und<br />
die ang,elaufenen Maßnahmen berichten.<br />
Insgesamt konnten hier in zwei<br />
Tagen etwa 36 t tote Fische geborgen<br />
werden. Sie wurden auf Lastwagen<br />
in einer 7 km entfernten Sand,grube<br />
in vorbereiteten Gräben abgeladen,<br />
mit urugelöschtem Kalk urud einer 1 m<br />
hohen Sandschicht abgedeckt.<br />
Wasser- und Schiffahrts,amt Trier<br />
und Landrat Jost, Koblenz, dankten<br />
den OV Trier und Koblenz in besonderem<br />
Schreiben für die schnelle und<br />
tatkräftige Mitwirkung und wiesen<br />
dabei besonders darauf hin, daß es<br />
diesem Einsatz zu verdanken sei, daß<br />
die völlige Räumung der Mosel von<br />
den Fischileichen zugunsten der<br />
Volksgesundheit beschleuni,gt durchgeführt<br />
und in kürzester Frist abgeschlossen<br />
wenden konnte.<br />
Wieder einmal hat das THW bewl,esen,<br />
daß.es mit seinen freiwilligen<br />
Helfern jederzeit nicht nur in der<br />
Lage, sondern auch tatkräftig und<br />
blitzartig ber,eit ist, in Fällen der Gefahr<br />
der ALlgemeinheit zur Verfügung<br />
ZlU stehen.<br />
Wie ergänzend berichtet werden<br />
kann, hat die LandesJ:1eg,ierung Rheinland-Pfalz<br />
die Bundesregierung ersucht,<br />
bei der französischen Regierung<br />
wegen der Flußvevgiftung der<br />
Mosel urud der dadurch entstandenen<br />
Schäden vorstelLig zu weJ:1den.<br />
Glühende Hitze und bestialischer Gestank verlangten den Helfern alles ab<br />
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