Die Wirtschaft Nr. 31-32 vom 5. August 2011
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Foto: waldhaeusl.com<br />
HANDEL<br />
Uhren, Käse, Schokolade: <strong>Die</strong> Schweiz ist<br />
ein Land mit vielen Exportschlagern<br />
und trumpft neuerdings mit einem<br />
weiteren auf - dem Franken. Kaum eine andere<br />
Weltwährung hat in den vergangenen Monaten<br />
einen derart fulminanten Aufstieg hingelegt.<br />
Doch der Gipfel scheint noch nicht erreicht. Experten<br />
halten inzwischen für möglich was lange<br />
undenkbar schien - die Parität zum Euro.<br />
Der starke Franken lockt die Schweizer Konsumenten<br />
vermehrt ins grenznahe Ausland, also<br />
auch nach Vorarlberg. <strong>Die</strong> Konjunkturfor-<br />
8 DIE WIRTSCHAFT Freitag, <strong>5.</strong> <strong>August</strong> <strong>2011</strong><br />
Der starke Franken<br />
zum Einkaufen<br />
Handel in Vorarlberg profitiert – bis zu 20% mehr geben<br />
die Schweizer heuer im benachbarten Ausland aus.<br />
schungsstelle BAK Basel Economics rechnet<br />
damit, dass die Schweizer Haushalte im Jahr<br />
<strong>2011</strong> rund <strong>31</strong>0 Mio. Franken (268 Mio. Euro)<br />
mehr für Lebensmittel im grenznahen Ausland<br />
ausgeben als im vergangenen Jahr.<br />
Allein in Vorarlberg werden die Schweizer<br />
und Liechtensteiner heuer hochgerechnet für<br />
rund 60 Millionen Euro einkaufen. Das entspricht<br />
einer Steigerung gegenüber 2009 um<br />
etwa 15 %“, bestätigt Mag. Michael Tagwerker<br />
(WKV Handel) die zunehmende Schweizer Lust<br />
am Einkauf über der Grenze.<br />
Steigerungen bis zu 20 Prozent<br />
In grenznahen Geschäften (vorwiegend im<br />
Lebensmittelhandel) werden jetzt schon Steigerungen<br />
von bis zu 20 % registriert. So etwa im<br />
Dornbirner Messepark und in Lebensmittelgeschäften<br />
in Lustenau.<br />
2009 betrugen die Kaufkraft-Zuflüsse aus der<br />
Schweiz und Liechtenstein etwas mehr als 52<br />
Mio. Euro. Während die Kaufkraft-Zuflüsse aus<br />
Liechtenstein seit 2001 um 59 % angestiegen<br />
sind, haben sich die von Schweizer Konsumenten<br />
erzielten Umsätze seit damals um mehr als<br />
110 % gesteigert.<br />
Eine aktuelle Schweizer Studie belegt das<br />
Ausmaß für den Schweizer Handel: 70 Prozent<br />
der Schweizer Konsumenten tätigen Einkäufe<br />
im Ausland. Den Schweizer Anbietern entgehen<br />
dadurch Umsätze in der Höhe von 3,2 Mrd.<br />
Franken. Insgesamt flossen dem Vorarlberger<br />
Einzelhandel € 199,4 Mio. (KAVO-Studie 2009)<br />
von außerhalb der Landesgrenzen zu. Fast zwei<br />
Drittel dieser Kaufkraft-Zuflüsse resultierten aus<br />
Umsätzen, die von Touristen (Anm.: sowohl<br />
Nächtigungs- als auch Tagestourismus) getätigt<br />
werden, der Rest entfällt auf regelmäßige Einkaufsfahrten<br />
von Konsumenten aus dem benachbarten<br />
Ausland.<br />
Überwiegend Lebensmittel<br />
<strong>Die</strong> Konsumenten aus dem grenznahen<br />
Schweizer bzw. Liechtensteiner Raum kauften<br />
Dank Franken-Hoch: Vorarlberger Handel<br />
Österreichweit hat sich der Einzelhandel im ersten Halbjahr auf der Stelle bewegt. <strong>Die</strong><br />
Vorarlberger konnten hingegen ein leichtes Plus verzeichnen – sie profitieren <strong>vom</strong> Hoch des<br />
Schweizer Frankens, das Vorarlberg zum Einkaufsparadies für die Eidgenossen macht.<br />
<strong>Die</strong> Einzelhandelsbetriebe in<br />
Vorarlberg haben in allen<br />
Monaten des ersten Halbjahres<br />
<strong>2011</strong> mehr Mitarbeiter als im Vorjahr<br />
beschäftigt. <strong>Die</strong> Zahl der Beschäftigten<br />
ist um fast 3 Prozent gestiegen“,<br />
zeigt sich Gebhard Sagmeister,<br />
Obmann der Sparte Handel in<br />
der WKV erfreut. „Insgesamt“, so<br />
Sagmeister, „arbeiten im gesamten<br />
Handel in Vorarlberg – das sind Einzel-,<br />
Groß- und Kfz-Handel zusammen<br />
- fast 20.000 Menschen. Und das<br />
trotz teilweise stagnierender Umsätze:<br />
Das zeigt aber einerseits das große<br />
Interesse des Handels an der Schaffung<br />
und Sicherung von Arbeitsplätzen:<br />
Grosso modo konnte die Zahl der<br />
Beschäftigten stabil gehalten werden.<br />
Andererseits dürfen in diesem Zusammenhang<br />
die Notwendigkeit von<br />
qualifizierten Mitarbeitern für den<br />
Handel und die Schwierigkeiten, die<br />
es oftmals gibt, solche zu finden,<br />
nicht unter den Teppich gekehrt werden“,<br />
so der Handelsobmann.<br />
Nur leichter Zuwachs:<br />
0,7 Prozent<br />
Das Bild, das die Erhebungen der<br />
KMU Forschung Austria wiedergibt,<br />
zeigt aber auch stagnierende Umsätze<br />
im Bundesschnitt: „Zwar konnte<br />
der stationäre Einzelhandel in Österreich<br />
im ersten Halbjahr ein nominelles<br />
Umsatzplus von 2,8 Prozent erwirtschaften,<br />
real kam es jedoch zu<br />
einer Umsatzstagnation“, führte Han-<br />
delsforscher Peter Voithofer, Direktor<br />
der KMU Forschung Austria, aus. In<br />
„Der Handel<br />
hat großesInteresse<br />
und Bedarf<br />
an<br />
qualifiziertenMitarbeitern.“<br />
Gebhard Sagmeister, Obmann der Sparte Handel<br />
Vorarlberg betrug der nominelle Zuwachs<br />
3,5 Prozent, real waren es aber<br />
dann lediglich 0,7 Prozent, die<br />
hauptsächlich auf das Konto der<br />
Schweizer Kunden gehen. Absolut<br />
betrug der Halbjahres-Einzelhan-<br />
delsumsatz in Österreich 24,5 Milliarden<br />
Euro. Insgesamt setzt der<br />
Handel in den Bereichen Einzel-,<br />
Groß- und Kfz-Handel jährlich etwa<br />
220 Milliarden Euro um.<br />
Lebensmitteleinzelhandel<br />
ist Branchensieger<br />
Nach Branchen betrachtet, haben<br />
sich in der ersten Jahreshälfte <strong>2011</strong><br />
der Einzelhandel mit Lebensmitteln<br />
sowie der Handel mit kosmetischen<br />
Erzeugnissen mit einem nominellen<br />
Umsatzplus von mehr als 4 Prozent<br />
am besten entwickelt. Im Einzelhandel<br />
mit Bau- und Heimwerkerbedarf<br />
fielen die Erlössteigerungen mit 2,9<br />
Prozent ebenfalls etwas höher aus als<br />
im Gesamtdurchschnitt. Nominelle