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Steht das digitale Radio kurz vor dem D - Radio Swiss Classic

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STREITGESPRÄCH<br />

<strong>Steht</strong> <strong>das</strong> <strong>digitale</strong> <strong>Radio</strong> <strong>kurz</strong> <strong>vor</strong> <strong>dem</strong><br />

Das <strong>digitale</strong> <strong>Radio</strong> DAB soll in der Schweiz<br />

endlich UKW ablösen – aber wann und wie? Das<br />

radiomagazin lud den Optimisten Pietro Ribi und<br />

den Skeptiker Dieter Zieglmeier zum Gespräch.<br />

radiomagazin: Herr Ribi, DAB<br />

wurde in der Schweiz 1999 eingeführt,<br />

dann stufte die SRG <strong>das</strong><br />

Projekt zurück. Kommt es jetzt?<br />

Pietro Ribi: Ja, ich bin optimistisch.<br />

Damals gab es keine erschwinglichen<br />

Empfangsgeräte<br />

und keine neuen Programme.<br />

Man hat einfach die SRG-Programme,<br />

die schon auf UKW zu<br />

haben waren, auf DAB aufgeschaltet.<br />

Klar, <strong>das</strong>s sich kein Konsument<br />

damals ein DAB-Gerät<br />

kaufte.<br />

Dieter Zieglmeier: Der Südwestrundfunk<br />

(SWR) hat DAB Ende<br />

der 90er-Jahre gepusht. Er blieb<br />

auf mehr als 1000 Empfangsgeräten<br />

sitzen. Kein Mensch hat sich<br />

für DAB interessiert. SWR verbreitete<br />

ein DAB-Programm und<br />

niemand hörte zu. Das war<br />

schlimm. Damals war DAB auf<br />

die Autofahrer ausgerichtet, aber<br />

heute ist <strong>das</strong> nicht anders. DAB<br />

kann man entlang der Autobahnen<br />

hören. Ich wohne in Wettswil,<br />

<strong>das</strong> ist hinter <strong>dem</strong> Üetliberg, und<br />

empfange nur ein DAB-Programm<br />

– <strong>das</strong> des SWR.<br />

Warum soll der zweite Anlauf von<br />

DAB in der Schweiz gelingen?<br />

Ribi: Man hat in der ersten Phase<br />

den grossen Fehler gemacht, <strong>das</strong><br />

Sendernetz ausschliesslich auf die<br />

Autofahrer auszurichten. In den<br />

Haushalten hatte man deshalb nur<br />

mittelmässigen Empfang. DAB hat<br />

sich aber in England und in Dänemark<br />

zuerst im Home-Bereich<br />

durchgesetzt. Im Herbst wird <strong>das</strong><br />

DAB-Netz im Tessin und in der<br />

Ostschweiz für einen guten<br />

Indoor-Empfang ausgerüstet, in einem<br />

zweiten Schritt soll auch der<br />

Rest der Deutschschweiz DAB besser<br />

zuhause empfangen können.<br />

Die SRG hat mit den privaten Firmen<br />

Tamedia, Viva und <strong>Radio</strong>tele<br />

ein DAB-Konsortium gegründet,<br />

um <strong>das</strong> DAB-Programmangebot<br />

rasch zu erhöhen. Ringier hat diesbezüglich<br />

Interesse angemeldet.<br />

Ringier – <strong>das</strong> wäre eher ein Neuling<br />

im <strong>Radio</strong>geschäft.<br />

Ribi: DAB stellt eine Chance für<br />

die Medienindustrie dar und wird<br />

die zementierte Schweizer UKW-<br />

<strong>Radio</strong>welt revolutionieren. Auch<br />

<strong>das</strong> sprachregionale Monopol der<br />

SRG wird mit DAB wegfallen.<br />

Welche Vorteile hat der Konsument?<br />

Ribi: Mitte nächstes Jahr werden<br />

Sie bereits in Zürich an die 20<br />

DAB-Sender empfangen. Heute<br />

sind es über UKW nur 11 Sender.<br />

Die SRG plant zu<strong>dem</strong> einen Infound<br />

einen neuen Wort-Kanal.<br />

Zieglmeier: Bis jetzt, Herr Ribi,<br />

muss ich sagen: Alles, was Sie sagen,<br />

hört sich wunderschön an,<br />

aber wie bereits in den vergangenen<br />

sechs Jahren sinds Versprechungen.<br />

Mir ist bekannt, <strong>das</strong>s<br />

beim Ausbau der Sender noch<br />

grosse Schwierigkeiten bestehen,<br />

zum Beispiel bei der Leistung, wo<br />

Strahlungsgesetze im Wege stehen,<br />

oder weil diverse Baubewilligungen<br />

nicht erteilt sind.<br />

Ribi: Solche Schwierigkeiten gibt<br />

es immer, und im Übrigen belasten<br />

DAB-Sender die Umwelt viel<br />

weniger als UKW-Sender. Für<br />

DAB sind heute alle Signale auf<br />

Grün. Die SRG hat den Ausbau<br />

von UKW gestoppt. Die Anzahl<br />

der DAB-Gerätehersteller hat sich<br />

in einem Jahr mehr als verdoppelt,<br />

<strong>das</strong> Angebot an DAB-Empfängern<br />

ist gestiegen. Verkauft werden<br />

die Geräte bisher <strong>vor</strong> allem<br />

vom Fachhandel, aber auch die<br />

Discounter steigen jetzt ein.<br />

Bei den Branchenverbänden<br />

werden die DAB-Verkäufe gar<br />

Skeptiker Dieter Zieglmeier (links): «Alles bloss Versprechungen – wie in den vergangenen sechs Jahren»<br />

6 radiomagazin 33 l 05


Durchbruch?<br />

Optimist Pietro Ribi (links): «Es sind die Pläne der SRG, und sie sind glaubwürdig»<br />

nicht erhoben. Woher stammen<br />

Ihre Zahlen?<br />

Ribi: Aus einer SRG-Umfrage<br />

beim Fachhandel.<br />

Das Kürzel DAB kennt heute<br />

immer noch niemand.<br />

Ribi: Das wird sich ändern. Wir<br />

starten eine Kinokampagne in der<br />

Deutschschweiz im September,<br />

und Ende November eine TV-<br />

Kampagne.<br />

Welches Gerät soll der Konsument<br />

nun kaufen?<br />

Ribi: UKW wird in absehbarer<br />

Zeit eingestellt. Ich würde ihm<br />

daher raten, kein reines UKW-<br />

Gerät zu kaufen, sondern eines,<br />

<strong>das</strong> UKW und DAB empfangen<br />

kann.<br />

Zieglmeier: Im Auto empfehle ich<br />

auch ein kombiniertes DAB/<br />

UKW-<strong>Radio</strong>, zuhause würde ich<br />

<strong>vor</strong>läufig nichts ändern, die<br />

Klangqualität von UKW und<br />

DAB ist praktisch gleich. Beim<br />

Autofahren hat DAB den Vorteil,<br />

<strong>das</strong>s man die Frequenz nicht<br />

wechseln muss, aber den Nachteil,<br />

<strong>das</strong>s ich keinen Verkehrsfunk bekomme.<br />

Der ist in der Schweiz<br />

nur auf UKW erhältlich. Das<br />

DAB-System hätte zu<strong>dem</strong> Platz<br />

für Begleitdaten wie Kartenausschnitte<br />

oder CD-Hüllen. Mir ist<br />

nicht klar, warum <strong>das</strong> in der<br />

Schweiz nicht genutzt wird. Nach<br />

meinen Informationen ist auch in<br />

naher Zukunft nicht <strong>vor</strong>gesehen,<br />

den Verkehrsfunk auf DAB zu<br />

übertragen. Wenn diese Dinge kämen,<br />

würde sich DAB zumindest<br />

beim Autoradio durchsetzen.<br />

Ribi: Der Verkehrsfunk auf DAB<br />

wird nächstes Jahr kommen, so-<br />

Die Gesprächspartner<br />

Dieter Zieglmeier war Ausbildungsbeauftragter<br />

für den Verband Schweizer <strong>Radio</strong>-TV-Fachhändler<br />

und ist Chefredaktor der Zeitschrift «Multimedia-<br />

Revue». Er beschäftigt sich seit ca. 50 Jahren<br />

professionell mit Unterhaltungselektronik.<br />

bald wir eine zweite Senderpalette<br />

aufgeschaltet haben.<br />

Gibt es Alternativen zu DAB?<br />

Zieglmeier: Es gibt andere Technologien,<br />

zum Beispiel Digital <strong>Radio</strong><br />

Mondial (DRM), die <strong>digitale</strong><br />

Mittel- und Kurzwelle, die Qualität<br />

ist markant besser als bei der<br />

analogen Mittelwelle und die Abdeckung<br />

viel grösser als bei DAB.<br />

In der Schweiz ist <strong>das</strong> unbekannt.<br />

Dann gibt es den <strong>digitale</strong>n Satellitenrundfunk,<br />

mit <strong>dem</strong> man mehr<br />

als 200 Sender aus Europa empfangen<br />

kann. Für den, der zuhause<br />

<strong>Radio</strong> hört, ist DAB sicher nicht<br />

die einzige Lösung.<br />

Ribi: Wir können mit DAB viel<br />

mehr Programme anbieten als mit<br />

DRM. DRM ist auf Mittel- und<br />

Kurzwellensender beschränkt und<br />

erlaubt pro Sender nur ein Pro-<br />

HINTERGRUND<br />

gramm. Diese Sender sind zu<strong>dem</strong><br />

umweltbelastend und haben in der<br />

Schweiz kaum noch eine Chance.<br />

Sie bleiben weiterhin skeptisch,<br />

Herr Zieglmeier?<br />

Zieglmeier: Grundsätzlich bin ich<br />

jeder neuen Entwicklung gegenüber<br />

aufgeschlossen. Nur möchte<br />

ich bei DAB <strong>vor</strong> Euphorie warnen.<br />

Ich habe bereits eine erste<br />

Blamage mit Digitalradio erlebt.<br />

Die Empfänger konnte man später<br />

wegwerfen, weil <strong>das</strong> System<br />

floppte.<br />

Ribi: Dieses erste Digitalradio war<br />

in der Schweiz als Digit Superradio<br />

bekannt. Die Einführung<br />

war früh, 1989, der Empfang exzellent,<br />

und es ist gescheitert, weil<br />

<strong>das</strong> Programmangebot zu klein<br />

war und nur zwei teure Empfänger<br />

auf <strong>dem</strong> Markt waren.<br />

Zieglmeier: Die SRG hat schon vieles<br />

versprochen. Was Sie sagen,<br />

Herr Ribi, klingt für meine Ohren<br />

schon fast zu schön. Wir müssen in<br />

zwei Jahren nochmals schauen,<br />

was passiert ist. Momentan ist die<br />

Situation blamabel: Ich empfange<br />

bei mir keinen einzigen Schweizer<br />

DAB-Sender, nur einen deutschen.<br />

Der DAB-Indoor-Empfang<br />

ist ein Problem. Ihre Zukunftspläne,<br />

Herr Ribi, können wir glauben<br />

oder nicht glauben.<br />

Ribi: Es sind die Pläne der SRG,<br />

und sie sind glaubwürdig, da die<br />

Kredite gesprochen und die Bestellungen<br />

erfolgt sind.<br />

Moderation: Matthias Böhni<br />

radiomagazin 33 l 05 7<br />

FOTOS DOMINIQUE SCHÜTZ<br />

Pietro Ribi ist Programmleiter von <strong>Swiss</strong> Satellite<br />

<strong>Radio</strong> (<strong>Radio</strong> <strong>Swiss</strong> Pop, <strong>Swiss</strong> Jazz und <strong>Swiss</strong><br />

<strong>Classic</strong>). Er ist Mitglied der nationalen DAB-Projektgruppe<br />

der SRG.<br />

Siehe auch Seite 5: DAB-Empfänger

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