Butjadingen - DIABOLO / Mox
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<strong>DIABOLO</strong> WOCHENZEITUNG | Ausgabe 50/12 KINO 9<br />
Szenefoto aus „Der Hobbit – Eine unerwartete Reise“ © Warnerbros.<br />
Müll im Garten Eden<br />
TEXT | DIETER OßWALD<br />
Kein Regisseur ist hierzulande bei Publikum<br />
und Presse gleichermaßen so beliebt<br />
wie der Hamburger Fatih Akin. Auch in seiner<br />
zweiten Heimat, der Türkei, ist Akin<br />
populär. Ob die dortigen Sympathiewerte<br />
nun „Gegen die Wand“ fahren, könnte<br />
spannend werden, denn diese Langzeit-<br />
Dokumentation ist eine Liebeserklärung<br />
an die Wutbürger, ein „Türkisch für Öko-<br />
Anfänger“ gewissermaßen.<br />
Das kleine Bergdorf Camburnu im Nordosten<br />
der Türkei lebt seit Generationen vom<br />
Teeanbau. Doch dann wird in der Idylle eine<br />
neue Müllkippe errichtet, deren gravierenden<br />
Baumängel die Umgebung massiv<br />
beeinträchtigen. Alle Proteste der Bewohner<br />
samt des aufmüpfigen Bürgermeisters<br />
scheinen vergeblich - doch der Widerstand<br />
lässt sich so schnell nicht entmutigen. Akin<br />
stieß auf das Thema, weil es sich bei dem<br />
Schauplatz um den Geburtsort seines Großvaters<br />
handelt. Sechs Jahre lang reiste der<br />
Hamburger immer wieder in die Türkei,<br />
um den aussichtslosen Kampf der Dorfbewohner<br />
gegen Behörden und Bürokratie mit<br />
der Kamera zu begleiten und ihre überraschendes<br />
Aufbegehren zu dokumentieren.<br />
And the Lux goes to…<br />
TEXT | HORST E. WEGENER<br />
Der am 21. November in Straßburg vom<br />
Europäischen Parlament verliehene LUX-<br />
Filmpreis wurde Andrea Segres „Io sono<br />
Li“ zuerkannt. Die seit 2007 jährlich zugesprochene<br />
Auszeichnung kommt Filmwerken<br />
zugute, die sich mit den Grund-<br />
Für hiesige Verhältnisse mag der Protest, wie<br />
auch die Doku darüber, etwas schlicht, analytisch<br />
naiv und unstrukturiert ausfallen.<br />
Dass etwa ein Stichwort wie Müllvermeidung<br />
bei diesem Thema noch nicht einmal<br />
angetippt wird, gehört zu den inhaltlichen<br />
Minuspunkten, auch von der Gruppendynamik<br />
der Protestler hätte man gerne etwas<br />
mehr erfahren. Gleichwohl dürfte diese<br />
Doku über Widerstand und Zivilcourage<br />
für reichlich Wirbel in seiner Heimat sorgen.<br />
Allein der Umstand, wie einfache Frauen<br />
vom Land vor einem Gouverneur zu trotzigen<br />
Wutbürgerinnen werden, die sich nicht<br />
mehr einfach einschüchtern und abspeisen<br />
lassen, wirkt regelrecht revolutionär. Durch<br />
solche Szenen wird der „Müll“ nicht nur<br />
zum eindrucksvollen Zeitdokument, sondern<br />
zugleich zu einem Beispiel, das durchaus<br />
Mut und Schule machen dürfte.<br />
Müll im Garten Eden<br />
D 2011 85 min R: Fatih Akin mit<br />
Hüseyin Alioglu, Bünyamin Seyrekbasan,<br />
Nezihan Haslaman<br />
Wertung: ✱ ✱ ✱ ✱ ✱ ✱<br />
CinemaxX, Casablanca: ab Do. 13.12.<br />
werten europäischer Identität, der kulturellen<br />
Vielfalt Europas oder der europäischen<br />
Konstruktion auseinandersetzen.<br />
Im Rahmen des Preises übernimmt das<br />
Europäische Parlament die Kosten, um<br />
die drei Finalistenfilme (neben Segres Werk<br />
waren dies „Csak a szél“ von Benedek Flie-<br />
Der Hobbit: Eine<br />
unerwartete Reise<br />
TEXT | HORST E. WEGENER<br />
Mittelerde hat uns wieder! Wer an „Herr<br />
der Ringe“-Entzugserscheinungen litt,<br />
sehnt das „Hobbit“-Abenteuer herbei –<br />
allerspätestens seit Regievisionär Peter<br />
Jackson seinen Plan offenbarte, diese Vorgeschichte<br />
der Tolkien´schen Fantasysaga<br />
fürs Kino adaptieren zu wollen.<br />
Wie schon bei der filmischen „Herr der Ringe“-Trilogie<br />
geriet das Tauziehen zwischen<br />
dem Regie-megalomanen Neuseeländer in<br />
Hollywood und den Traumfabriken, das<br />
sich um Etat, Länge, Technikeinsatz und<br />
Produktionszeit drehte, schweißtreibend<br />
mörderisch. Mit einem Gesamtbudget von<br />
rund 500 Millionen Dollar für drei Filme<br />
und einer Besetzung, bei der man auf viele<br />
der Darsteller aus „Der Herr der Ringe“<br />
zurückgreift, dürfte der Boxoffice-Erfolg vorprogrammiert<br />
sein. Professor J. R. R. Tolkiens<br />
Bestsellervorlage „Der Hobbit“<br />
(erschienen 1937) und „Der Herr der Ringe“<br />
(´54/55) verkauften schätzungsweise<br />
250 Millionen Exemplare. Peter Jacksons<br />
„Der Herr der Ringe“-Adaption spielte fast<br />
drei Milliarden Dollar an den Kinokassen<br />
gauf sowie Miguel Gomes „Tabu“) mit<br />
Untertiteln in allen offiziellen EU-Sprachen<br />
zu versehen. Überdies finanziert es<br />
auch die Anpassung der Originalversion<br />
des Preisgewinners an die Bedürfnisse<br />
schwerhöriger oder sehbehinderter Bürger,<br />
sowie eine maßgeschneiderte Promo-<br />
weltweit ein. Wobei die Fantasywelt Tolkiens<br />
auch in der Verfilmung des „Hobbit“-<br />
Auftakts „Eine unerwartete Reise“ gleichermaßen<br />
paradiesisch pittoresk als auch unwirtlich<br />
gruselig rüberkommt.<br />
Die todesmutige Odyssee des Hobbit Bilbo<br />
Beutlin (Martin Freeman) – der vom<br />
trickreichen Zauberer Gandalf (Ian McKellen)<br />
auserwählt wird, gemeinsam mit 13<br />
Zwergen quer durch Mittelerde zu reisen,<br />
um die einstige Zwergen-Heimat, die heilige<br />
Bergfeste Erebor vom mordlüsternen<br />
Drachen Smaug zurückzugewinnen – gerät<br />
höllisch. Widerlinge allerorten – vor allem<br />
die Orks machen dem eindeutig auf Zurükkhaltung<br />
gepolten Halbling Bilbo und seinen<br />
Gefährten das Überleben schwer. Die<br />
Abenteuer häufen sich – mehr als das dem<br />
Zauderer und heimwehsüchtigen Bilbo lieb<br />
ist. Dennoch wächst er ständig über sich<br />
hinaus. Und nachdem er in den Besitz eines<br />
geheimnisvollen goldenen Rings gekommen<br />
ist, der seinen Träger unsichtbar macht,<br />
ahnen wir Kinogänger, dass dieses Schmukkstück<br />
das Schicksal aller Mittelerde-Bewohner<br />
im weiteren Verlauf unweigerlich bestimmen<br />
wird – schon allein, weil wir wissen,<br />
dass es sich hier um denselben Ring handelt,<br />
der auch Frodos Schicksal in der späteren<br />
„Herr der Ringe“-Mär dominieren soll.<br />
Bis es soweit ist, bleibt noch viel Zeit – die<br />
Peter Jackson benutzt, den archaischen<br />
Kampf Gut gegen Böse gewohnt bildermächtig<br />
auszuleuchten. Er lässt sich viel Zeit,<br />
um uns Bilbos Heimat nahezubringen, blickt<br />
zwischendurch immer mal wieder auf einstige<br />
Metzeleien zwischen Orks und den<br />
Zwergen zurück. Doch über all dem Rekapitulieren<br />
früherer Ereignisse verliert Jackson<br />
die bevorstehende Odyssee seiner mutigen<br />
Truppe nie aus den Augen. Ein grandios<br />
inszeniertes Schlachtengetümmel setzt<br />
ein; Teil II soll Ende 2013, und das Finale<br />
2014 ins Kino kommen. Wobei die brandneue<br />
Technik, die mit doppelt soviel Bildern<br />
pro Sekunde arbeitet, das 3D-Spektakel<br />
hyperreal rüberkommen lässt. HFR 3D<br />
lohnt sich.<br />
Der Hobbit:<br />
Eine unerwartete Reise<br />
USA/ England/ Neuseeland ´12: R: Peter<br />
Jackson mit Martin Freeman. Ian McKellen,<br />
Richard Armitage, Elijah Wood,<br />
Cate Blanchett, Ian Holm, Christopher<br />
Lee<br />
Wertung: ✱ ✱ ✱ ✱ ✱ ✱<br />
CinemaxX, Casablanca : ab Do. 13.12.<br />
tion des Films. Ob man uns den Siegerfilm<br />
in Oldenburg jemals auf einer Kinoleinwand<br />
präsentieren wird, bleibt abzuwarten.<br />
„Tabu“ zumindestens hat sogar<br />
schon einen Verleih und einen Dezemberfilmstart<br />
in Deutschlands Kinometropolen;<br />
eindeutig ein Fall fürs Cine k. .