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Einblick 03/2011 - Stiftung Tosam

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Mein leben als ‹ ich›<br />

Hallo ihr lieben Leser und Leserinnen.<br />

Ich möchte Euch schon im Voraus danken, dass<br />

Ihr Euch die Zeit nehmt, diesen Artikel über<br />

mein bisheriges Leben durchzulesen. Ausserdem<br />

will ich klar stellen, dass dieser Artikel auf<br />

keinen Fall eine billige Mitleidstour sein soll! ;­)<br />

Angefangen hat alles im Leib meiner Mutter,<br />

aber ich fange mit meiner Geschichte lieber<br />

ein Stückchen weiter vorne an. Als sich meine<br />

Eltern 1999 trennten, zogen meine Mutter,<br />

meine Schwestern und ich nach Gossau. Bald<br />

stellte sich heraus, dass meine Mutter ein Alkoholproblem<br />

hatte. Da ich seit der Scheidung<br />

meiner Eltern, durch eigene Entscheidung, keinen<br />

Kontakt zum Vater mehr pflegte, und mir<br />

meine Mutter durch den Alkohol auch genommen<br />

wurde, traf mich das schwer. Ziemlich früh<br />

(im Alter von 12 Jahren) begann ich dann selbst<br />

Alkohol zu trinken, und das im Übermass. Vorübergehend<br />

half mir dieser Rausch, doch war<br />

leider nicht immer die Möglichkeit da, etwas zu<br />

trinken. Also gewöhnte ich mir zusätzlich das<br />

Schneiden an. Meine Arme, Beine, wie auch<br />

meine Brust sind heute noch übersät mit Wunden<br />

und Schnitten. Auch nahm ich gerne mal<br />

irgendwelche Medikamente ein, von denen ich<br />

nicht wusste was sie bewirken. Zu rauchen und<br />

kiffen begann ich so mit 13. Meine Lust nach<br />

Betäubung und Vergessen war aber noch lange<br />

nicht gestillt. So war der Griff zu XTC, MDMA<br />

und LSD schnell getan. Neue Drogen, neue<br />

Erfahrungen. Mit 15 wurde mir von einer<br />

Freundin das erste Mal Heroin angeboten. Wir<br />

rauchten es auf Alufolie am Arnegger Bahnhof.<br />

Leider blieb es nicht bei diesem einten Mal. Als<br />

wir erfuhren, dass zwei unserer alten Freunde<br />

ebenfalls gelegentlich Shuger (Gassenname für<br />

Heroin) konsumierten, verbrachten wir<br />

viel Zeit mit ihnen. Am Anfang snifften<br />

oder rauchten wir zu viert etwas, bevor<br />

wir im Ausgang uns betrinken gingen.<br />

Meine Freundin, mit der ich begann zu<br />

konsumieren, stieg aus, da sie, ich<br />

zitiere: «Ihre Erfahrungen nun gemacht<br />

hat und dies auch in diesem Ausmasse genüge.»<br />

Wir anderen drei hörten nicht auf. Und schon<br />

bald war es täglicher Konsum. Damals war ich<br />

noch in der dritten Sekundarschule und mir<br />

stand im Sommer eine Lehrstelle als Pfleger in<br />

der Psychiatrie in Wil an. Durch Eigeninitiative<br />

ging ich also mit 15 Jahren das erste Mal nach<br />

Münsterlingen in den Entzug, blieb jedoch nur<br />

zwei Tage. Als ich die Lehre begann, war ich<br />

längst psychisch wie auch körperlich abhängig.<br />

Ich brach diese Lehre nach vier Monaten im<br />

Dezember ab, um wieder nach Münsterlingen<br />

zu gehen.<br />

Ich blieb diesmal für fünf Monate auf der<br />

Entzugsstation, jedoch mit einigen Unterbrüchen.<br />

An den letzten stationären Aufenthalt auf<br />

dem K2 (Entzugsstation) hängte ich vier Monate<br />

Psychotherapie auf dem K3 an. Durfte in dieser<br />

Zeit viel dazulernen und auf meinen Weg mitnehmen.<br />

Jedoch hatte ich auf dem K3 keinen<br />

guten Austritt – ich führte eine Beziehung mit<br />

einem Mitpatienten – also wurde ich rausgeschmissen.<br />

Da stand ich also wieder, ohne<br />

Job, ohne Geld und vor allem ohne Perspektive.<br />

Durch eine gute Freundin erfuhr ich, dass Buchplanet<br />

noch eine Stelle zu vergeben hat. Am<br />

nächsten Tag stand ich dann auch schon bei<br />

ihnen auf der Matte. Für mich stimmte es gleich<br />

von Anfang an. Und auch heute noch bin ich<br />

sehr dankbar für diese Stelle. Ich habe ein super<br />

Arbeits­Team, einen geregelten Tages ablauf und<br />

verdiene mein Geld selber. Ich sage Euch, dass<br />

ich manchmal nicht weiss, was mit dem Geld<br />

anstellen. Wenn man mal Heroin konsumiert<br />

hat, war das ganze Geld in der ersten Woche<br />

schon für den Stoff draufgegangen.<br />

Nun bin ich seit gut sieben Monaten clean.<br />

Meine Therapeuten sagten mir immer, dass<br />

man ein ganzes Leben lang süchtig sein wird,<br />

man kann nur clean werden, aber nicht «nicht<br />

süchtig». Und ich denke, ich bin auf einem ganz<br />

anschaulichen Weg um dieses Ziel weiter zu<br />

erfüllen.<br />

etwas Grüsst :-), Mitarbeiter y<br />

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