Die Conti-Schaeffler-Saga: Alles wird gut - Reifenpresse.de
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Neue Reifenzeitung 2/2011<br />
te. Wennemer hatte mit seiner Feststellung,<br />
obwohl sie an<strong>de</strong>rs gemeint war, vermutlich<br />
recht: Das Vorgehen war verantwortungslos.<br />
Lästermäuler könnten sich zur Feststellung<br />
hinreißen lassen, <strong>de</strong>r Verstand<br />
<strong>de</strong>r Firmenchefin habe schon bei<br />
<strong>de</strong>r Entscheidung für <strong>de</strong>n Angriff<br />
„kurzzeitig ausgesetzt“, ansonsten<br />
wäre <strong>de</strong>r Übernahmeversuch unterblieben.<br />
Manager wechseln<br />
Strategien wie<br />
Hem<strong>de</strong>n<br />
Im Dezember 2010 nannte Maria-Elisabeth<br />
<strong>Schaeffler</strong> auf <strong>de</strong>m Wirtschaftsforum in<br />
Hamburg die Attacke auf <strong>Conti</strong>nental „eine<br />
Frage <strong>de</strong>r Vernunft, <strong>de</strong>r Zukunftsorientierung“.<br />
<strong>Die</strong>se Sicht <strong>de</strong>r Dinge überrascht<br />
nicht. In <strong>de</strong>r, nennen wir es doch Business-<br />
World, gibt es keine aus Launen heraus entstan<strong>de</strong>nen<br />
Schnapsi<strong>de</strong>en, alles folgt einer<br />
weitsichtigen Strategie, <strong>de</strong>r intensives<br />
Brainstorming bis <strong>de</strong>r Notarzt in die Meeting<br />
Rooms stürmt vorausgegangen ist. In<br />
diesen Klimazonen läuft nix schief. Mitnichten.<br />
Es gibt bestenfalls ein paar externe,<br />
nicht im Einflussbereich <strong>de</strong>s Managements<br />
liegen<strong>de</strong> Faktoren. Und dann die Synergien!<br />
Zwar schlagen sich die nicht so recht<br />
nie<strong>de</strong>r im Zahlenkleid, doch man müsse ja,<br />
so heißt es stets, im Kopf behalten, dass es<br />
an<strong>de</strong>renfalls wegen weltweit gestiegener<br />
Rohstoffkosten und allgemeiner<br />
Verknappung <strong>de</strong>r Ressourcen<br />
noch weitaus schlechter aussähe.<br />
Und sobald alles so einigermaßen<br />
erledigt ist, <strong>wird</strong> mit großem und<br />
elegantem Schwung <strong>de</strong>r Strategiemantel<br />
über das neue Gebil<strong>de</strong><br />
geworfen. So, genau so, hat man<br />
es gewollt. Weitsichtig, visionär,<br />
zukunftsweisend.<br />
Maria-Elisabeth <strong>Schaeffler</strong> gibt<br />
etwas als vernünftig aus, sieht und<br />
erahnt voraus, was die Zukunft mit<br />
sich bringt, und sie muss sich folgerichtig<br />
daran orientieren, muss<br />
ihre Positionen sich ständig än-<br />
<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>n Ansprüchen anpassen.<br />
Das ist eine bare Selbstverständlichkeit<br />
im Wettbewerb. Aber wer<br />
im Namen <strong>de</strong>s Unternehmens auf<br />
welchen Strategiepfa<strong>de</strong>n auch immer<br />
trampelt, muss stets als obers-<br />
18<br />
ten Unternehmenszweck <strong>de</strong>ssen Sicherung<br />
für die Familie im Kopf haben. Man<br />
lässt Steine liegen, die man nicht heben<br />
kann. Schmalspurpsychologen könnten<br />
In <strong>de</strong>r, nennen wir es doch Business-World,<br />
gibt es keine aus Launen heraus<br />
entstan<strong>de</strong>nen Schnapsi<strong>de</strong>en, alles folgt<br />
einer weitsichtigen Strategie, <strong>de</strong>r intensives<br />
Brainstorming bis <strong>de</strong>r Notarzt in die<br />
Meeting Rooms stürmt vorausgegangen ist<br />
leicht zur Vermutung verführt wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r<br />
Erfolg <strong>de</strong>r letzten zehn Jahre, vor allen Dingen<br />
auch die gelungene Übernahme <strong>de</strong>r<br />
FAG Kugelfischer AG im Jahr 2001, habe<br />
das Management zu optimistisch, zu wenig<br />
selbstkritisch wer<strong>de</strong>n lassen. Motto: Wo wir<br />
sind, ist vorn!<br />
Vom Sinn und Zweck<br />
Man will, so heißt es, einen weltweit führen<strong>de</strong>n<br />
und wettbewerbsfähigen Automotive<br />
Supplier basteln, das liege im Firmeninteresse,<br />
im Interesse <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Automobilindustrie,<br />
und wenn das alles noch nicht<br />
reicht, dann liege es doch auch, so sagt<br />
man, im nationalen Interesse. Ja, das<br />
stimmt. Aber muss es nur einer sein bzw.<br />
nur ein zweiter hinter Bosch?<br />
<strong>Schaeffler</strong> allein hat eine sehr wettbewerbsfähige<br />
Position, die seit Jahren erwirtschafteten<br />
EBIT-<br />
Margen sprechen<br />
eine beredte Sprache.<br />
<strong>Conti</strong>nentals<br />
Gummi- und Reifenbereich<br />
ist,<br />
ebenfalls seit Jahren,<br />
gera<strong>de</strong>zu eine<br />
Goldgrube. Teves<br />
verdient mit<br />
und ohne <strong>Conti</strong>nental<br />
Geld, und<br />
selbst die VDO<br />
hat unter <strong>de</strong>m<br />
Siemens-Dach<br />
<strong>gut</strong>e Gewinne er-<br />
Dr. Alan Hippe<br />
Der 44-jährige hat bereits viel erreicht.<br />
Stellv. Vorstandsvorsitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r <strong>Conti</strong>nental<br />
AG, Finanzchef von Thyssen-<br />
Krupp und nunmehr Finanzchef von<br />
Hoffmann-La Roche<br />
wirtschaftet,<br />
wenngleich die<br />
EBIT-Margen geringer<br />
ausgefallen<br />
waren. All diese<br />
Bereiche haben<br />
eine ausreichen<strong>de</strong> Größe, um sich allein <strong>gut</strong><br />
entwickeln und behaupten zu können. Größe<br />
allein be<strong>de</strong>utet nichts. <strong>Die</strong> sehr erfolgreiche<br />
Reifenfirma Pirelli steuert mit einem<br />
Umsatz von rund vier Milliar<strong>de</strong>n<br />
Euro zweistelligen EBIT-Margen<br />
entgegen, während die dreimal<br />
größere Goodyear seit ebenfalls<br />
schon mehreren Jahren um eine<br />
schwarze Null o<strong>de</strong>r sogar nur um<br />
Reduzierung früherer Verluste<br />
kämpft.<br />
Während man sich somit in<br />
Hannover und Herzogenaurach Gedanken<br />
um einen größeren Automobilzulieferer<br />
macht, hält Bosch im Automobilbereich die<br />
Stellung, strebt aber mit Siebenmeilenstiefeln<br />
neuen Geschäftsfel<strong>de</strong>rn mit großartigen<br />
Zukunftschancen entgegen. Und verringert<br />
so die Abhängigkeit von <strong>de</strong>r Automobilindustrie.<br />
Gedankenspiele dieser Art führen<br />
zwangsläufig zur Frage, ob es <strong>de</strong>nn tatsächlich<br />
wertvoll und attraktiv sein kann, aus vier<br />
Bereichen, die samt und son<strong>de</strong>rs allein und<br />
unabhängig voneinan<strong>de</strong>r lebens- und wettbewerbsfähig<br />
sind, ein riesiges Unternehmen<br />
zu machen, um es sodann <strong>de</strong>n Launen<br />
<strong>de</strong>r Automobilhersteller aussetzen zu<br />
müssen.<br />
Konzentration auf das Kerngeschäft?<br />
Ja, aber was ist Kerngeschäft? Wälzlager?<br />
Reifen? Keilriemen? Bremsen? Navigationsgeräte?<br />
<strong>Alles</strong>, was direkt o<strong>de</strong>r indirekt<br />
mit <strong>de</strong>m Auto zu tun hat? Dann wären <strong>de</strong>mnächst<br />
die Batteriehersteller und irgendwann<br />
sogar die Ölgesellschaften (die haben<br />
ja auch was mit Autos zu tun) heim unters<br />
<strong>Conti</strong>-Dach zu holen.<br />
O<strong>de</strong>r geht es um Diversifikation? Man<br />
soll ja nicht alle Eier in einen Korb legen,<br />
o<strong>de</strong>r?<br />
<strong>Die</strong> Frage, was Gegenstand von Strategien<br />
wer<strong>de</strong>n soll, lässt sich rational nicht beantworten.<br />
Es kommt immer auf die Menschen<br />
an, auf das bisschen Macht, das sie<br />
gera<strong>de</strong> haben, o<strong>de</strong>r die Fülle von Macht, die<br />
ihnen gera<strong>de</strong> zur Verfügung steht. Und was<br />
diese Herrschaften wollen, än<strong>de</strong>rt sich nach<br />
Lebenslage. „Lan<strong>de</strong>sfürsten“, also <strong>de</strong>r<br />
Frankreich-Chef für <strong>Conti</strong>-Reifen o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />
für Amerika zuständige Teves-Manager,<br />
wissen zu genau, dass sie, und nur sie wissen,<br />
was für das Unternehmen in ihrem Gebiet<br />
<strong>gut</strong> und richtig ist und dass sich „die<br />
Zentrale“ gefälligst am besten aus allem