[ Lettisch-deutsche Kunstbegegnung ] [ Fit für die Professur ...
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Kultur auf dem Campus<br />
Weltraum-Comics und Hirsche<br />
auf gesticktem Grund<br />
<strong>Lettisch</strong>-<strong>deutsche</strong> <strong>Kunstbegegnung</strong><br />
Acht lettische und acht<br />
<strong>deutsche</strong> junge Künstler zeigten im<br />
vergangenen November und Dezember<br />
ihre Arbeiten in Mainz. Das Gemeinschafts-Projekt<br />
„starp citu RIGA<br />
MAINZ“ ging auf das neue Sokrates/<br />
Erasmus-Austauschprogramm <strong>für</strong><br />
Stu<strong>die</strong>rende der Kunst-Akademien<br />
beider Städte zurück.<br />
Was erzählt das Ölbild eines afrikanischen Künstlers<br />
über den afrikanischen Kontinent? Zunächst<br />
einmal gar nichts, denn Ölbilder haben mit einer<br />
genuin afrikanischen Tradition nicht das Mindeste<br />
zu tun, in den Ländern Afrikas widmete<br />
man sich vorrangig der Skulptur, und <strong>die</strong>se besaß<br />
einen primär religiösen Bezug. Beim innereuropäischen<br />
Kunstaustausch scheinen solche Missverständnisse<br />
ausgeschlossen zu sein, immerhin<br />
gibt es den gemeinsamen, den kontinentalen<br />
Nenner – <strong>die</strong> vielbeschworene Kontinuität<br />
abendländischer Kulturgeschichte. Was also soll<br />
da noch schief gehen – vorausgesetzt, dass der<br />
Ausstellungs-Besucher Klischees aus seinem Ge-<br />
[JOGU] 195/2006<br />
„Defilee“ von Agnese Rudzıte -<br />
dächtnis streicht, allgemeine historische Sonderentwicklungen<br />
beachtet und auf keinen Fall den<br />
internationalen Bezug außer Acht lässt, schließlich<br />
ist der Kunstmarkt weltumspannend, und <strong>die</strong><br />
Künstler nutzen dessen vielfältige Einflüsse.<br />
Lebensgroße gipserne Schafe,<br />
Mäuse und Affen hatten sich<br />
auf Geheiß der Künstlerin in<br />
grelle Kunststoff-Felle gehüllt<br />
und auf <strong>die</strong> Hinterbeine<br />
gestellt.<br />
Im November und Dezember zeigten lettische<br />
und <strong>deutsche</strong> Künstler ihre Arbeiten in den Beton-Gewölben<br />
der Mainzer Katakomben und in<br />
den Räumen der Hauptfiliale Mainz der Deutschen<br />
Bundesbank. Die Gemeinschaftsausstellung<br />
war ein Projekt der Universität, genauer, ein<br />
Geschenk der Uni an <strong>die</strong> ganze Stadt, das dritte<br />
nach einer rein <strong>deutsche</strong>n Kunstschau im vorletzten<br />
und einer italienischen Gastpräsentation im<br />
letzten Jahr. Auslöser der jüngsten<br />
Ausstellung war der frisch initiierte<br />
Sokrates/Erasmus-Stu<strong>die</strong>rendenaustausch<br />
der Kunstakademien Mainz<br />
und Riga. Tanja Löhr, ihres Zeichens<br />
Künstlerin und Beauftragte <strong>für</strong> Öffentlichkeitsarbeit<br />
an der Mainzer<br />
Akademie und Sabine Teichreb, als<br />
Slawistin speziell <strong>für</strong> <strong>die</strong> Auslandskontakte<br />
eben der Akademie zuständig,<br />
waren ab November 2004 in Riga<br />
unterwegs. Sie stellten ihr Vorhaben<br />
vor, knüpften Kontakte und tourten<br />
durch <strong>die</strong> Ateliers, denn Kuratorin<br />
Löhr und Übersetzerin Teichreb wa-<br />
ren und sind neugierig auf Kultur(en).<br />
Die Projektleiterinnen verbuchten<br />
ihre optischen Eindrücke nicht unter<br />
dem Stichwort „Reizüberflutung“, sondern unter<br />
der Kategorie „prima, gefällt mir gut, aber was<br />
gibt’s sonst noch?“. Zur Seite stand ihnen <strong>die</strong> in<br />
Riga arbeitende Künstlerin Solveiga Vasiljeva. Im<br />
Oktober 2005 waren <strong>die</strong> auf der Grundlage von<br />
Bewerbungen jurierten Ergebnisse der <strong>deutsche</strong>n<br />
Kunstreise durch fremde und heimische Werkstätten<br />
in Riga zu sehen, es folgte Mainz.<br />
24<br />
Lettland also – ehemals sozialistisch, inzwischen<br />
moderner als der Westen, zumindest in Teilen der<br />
Gesellschaft. Aus der Kunstszene schwappen immer<br />
wieder avantgardistische Highlights nach<br />
Westeuropa, aus der Theaterszene zumal. Und<br />
<strong>die</strong> Bildende Kunst? Sie hat sich vom sozialistischen<br />
Realismus längst verabschiedet, und vom<br />
krampfhaften Festhalten an ins Illustrative gewendeten<br />
Vorbildern der Klassischen Moderne<br />
auch. Kein Ostblock-typischer Neo-Chagall also<br />
in Mainz, das wäre auch fatal gewesen, schließlich<br />
haben wir den echten. Und <strong>die</strong> Künstler waren<br />
<strong>für</strong> so etwas auch viel zu jung. Der Hang zum<br />
Poetischen, Erzählerischen und Magischen aber<br />
war durchaus gegeben, und <strong>die</strong>ses Spielerisch-<br />
Leichte hätte eine Ostperspektive bestätigen<br />
können, wenn, ja wenn <strong>deutsche</strong> Kolleg/innen<br />
nicht zuweilen ähnliche Vorlieben hegten. Aber<br />
vielleicht sind alle internationalen Gemeinsamkeiten<br />
bereits <strong>die</strong> Früchte diverser Austauschprogramme<br />
oder privater Reisen.<br />
Im Falle Laura Prikules, Jahrgang 1977, ist das definitiv<br />
so. Wie alle Gäste hat sie an der lettischen<br />
Kunstakademie stu<strong>die</strong>rt, zugleich hat sie am San<br />
Francisco Art Institute ihren Master of Fine Arts<br />
erworben. Ihre farbigen Bildtafeln arbeiten mit<br />
den Prinzipien der Reihung und Variation von Zeichen,<br />
ihre Arbeit lässt sich wie eine Theorie der<br />
Semiotik lesen – der entsprechende Diskurs aber<br />
gehört in West und Ost zum intellektuellen Rüstzeug,<br />
<strong>die</strong> Frage nach Herkunftsidentitäten muss<br />
einmal mehr unbeantwortet bleiben.<br />
Bei der zweiten im lettischen Bunde könnte man<br />
genuin Östliches vermuten, suchte man es denn.<br />
Agnese Rudzıte, - wurde 1980 geboren und<br />
machte ihr Examen im Fach Bildhauerei. Rudzıtes -<br />
in Mainz gezeigte „Defilees“ wirkten wie Bühnenbilder<br />
zu einem Science-Fiction-Film, lebensgroße<br />
gipserne Schafe, Mäuse und Affen hatten<br />
sich auf Geheiß der Künstlerin in grelle Kunststoff-Felle<br />
gehüllt und auf <strong>die</strong> Hinterbeine gestellt<br />
– eine psychologisch motivierte Feier des<br />
Skurrilen.<br />
Rasa Jansone dann, Jahrgang 1973. Das Figurenbild<br />
ist ihr Fach, allerdings behandelt sie das<br />
Genre nicht in klassischer Manier. Zum Ausdruck<br />
von Gemütszuständen hat sie offensichtlich Comic-,<br />
genauer Manga-Vorlagen bemüht, das