VOB/C - ATV DIN 18299 (ff.) Allgemeine Technische ... - VSVI Hessen
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<strong>VOB</strong>/C - <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> (<strong>ff</strong>.)<br />
<strong>Allgemeine</strong> <strong>Technische</strong> Vertragsbedingungen für Bauleistungen jeder Art<br />
I. Einleitung<br />
<strong>Technische</strong> Regeln –<strong>Allgemeine</strong> Geschäftsbedingung ?<br />
<strong>VSVI</strong> <strong>Hessen</strong> e.V. –Vortrag 16. Februar 2005<br />
Rechtsanwalt Josef Grauvogl 1<br />
1. <strong>VOB</strong> - Vergabe- und Vertragsordnung<br />
Bauingenieure, Bautechniker, Auftraggeber und Bauherren, die sich wiederholt mit der<br />
Ausführung von Bauleistungen beschäftigen betrachten es als selbstverständlich, dass<br />
bei der Abwicklung von Bauverträgen die „<strong>VOB</strong>“ Anwendung findet. Der damalige Deut-<br />
sche Verdingungsausschuss (DVA) hat diese <strong>VOB</strong> mit der Ausgabe 2000 in „Vergabe-<br />
und Vertragsordnung für Bauleistungen“umbenannt 2 . Ja sogar der DVA selbst hat<br />
sich jetzt in seiner neuen Satzung vom 3. November 2004 den Namen „Deutscher<br />
Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen“gegeben. Dieser eher leise<br />
volzogene Abschied von der alten Bezeichnung „Verdingungsordnung für Bauleistun-<br />
gen“ blieb jedoch vielfach unbeachtet. Tatsächlich hat sich am Aufbau dieser „alten“<br />
Verdingungsordnung für Bauleistungen nichts Wesentliches geändert:<br />
- Für die Vergabe von Bauleistungen durch den ö<strong>ff</strong>entlichen Auftraggeber bleibt die<br />
<strong>VOB</strong>/A mit ihren vier Abschnitten von besonderer Bedeutung; dies nicht zuletzt<br />
durch die gesetzlichen Bestimmungen des § 97 Abs. 7 GWG zur Einhaltung der<br />
„Vergabevorschriften“und auch durch § 6 VgV mit dem dortigen Verweis auf die<br />
Einhaltung der Bestimmungen der <strong>VOB</strong>/A.<br />
- Ebenso bildet die <strong>VOB</strong>/B für die Abwicklung eines Bauvertrages auch weiterhin<br />
das Kernstück der „<strong>VOB</strong>“, also die <strong>Allgemeine</strong>n Vertragsbedingungen für die Aus-<br />
führung von Bauleistungen.<br />
- Dem gegenüber führte der drite Teil der „<strong>VOB</strong>“, also die <strong>Allgemeine</strong>n Techni-<br />
schen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen - <strong>VOB</strong>/C mit<br />
ihren <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> bis zuletzt <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> 18451 innerhalb des privaten Baurechts<br />
eher einen langjährigen Dornröschenschlaf bei der Ausführung von Bauarbeiten.<br />
Mitunter hat sich ein Bautechniker oder Bauingenieur bei einzelnen technischen<br />
Problemen in der Abwicklung der in den <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> <strong>ff</strong>. betro<strong>ff</strong>enen Bauarbeiten<br />
1 RA Josef Grauvogl ist Partner der stark baurechtlich orientierten Kanzlei Kupferschmid Englert Pichl<br />
Grauvogl & Kollegen in Pfa<strong>ff</strong>enhofen und zugleich Lehrbeauftragter für Tiefbaurecht an der FH Hannover.<br />
2 Beck´scher <strong>VOB</strong>-Kommentar <strong>VOB</strong> Teil C/Motzke, Syst III Rdn. 12.<br />
1
auf dort enthaltene Regelungen besonnen, um nach einer Lösung zu suchen. Bei<br />
Bauprozessen haben Sachverständigen auf diese „<strong>DIN</strong>-Normen“ ebenfals im Ein-<br />
zelfal verwiesen. Baujuristen hingegen haben sich mit diesem „technischen“ Regel-<br />
werk nur selten beschäftigt. Auch die Rechtsprechung war bei der Behandlung der<br />
<strong>VOB</strong>/C lange Jahre zurückhaltend. Rechtsprechung und Literatur haben sich seit<br />
jeher traditionell den Teilen A und B der <strong>VOB</strong> gewidmet, hier steht auch eine Fülle<br />
von Material zur Verfügung 3 .<br />
2. Die „neue“ Rechtsprechung zur <strong>VOB</strong>/C<br />
Die <strong>VOB</strong>/C mit ihren in der Ausgabe Januar 2005 zwischenzeitlich für 60 einzelne Ge-<br />
werke geltenden <strong>Allgemeine</strong>n <strong>Technische</strong>n Vertragsbedingungen <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> bis 18451<br />
wurde in den zurück liegenden fünf Jahren regelrecht wach gerüttelt. Die „Algemeinen<br />
<strong>Technische</strong>n Vertragsbedingungen für Bauleistungen“ sind zwischenzeitlich bei der<br />
technischen und vor allem auch juristischen Abwicklung von Bauleistungen deutlich<br />
stärker in den Vordergrund getreten.<br />
Beispielhaft ist für die zunehmende Bedeutung der <strong>VOB</strong> Teil C auf die folgenden wichti-<br />
gen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs hinzuweisen, in denen sich der BGH in<br />
der jüngeren Vergangenheit wiederholt mit der Stellung der <strong>VOB</strong> Teil C und den dort an-<br />
zutre<strong>ff</strong>enden <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> <strong>ff</strong>. beim Bauvertrag befasst.<br />
- In seiner sog. „Traggerüstentscheidung“ 4 befasst sich der BGH mit der Bedeutung<br />
der <strong>VOB</strong>/C innerhalb des Bauvertrags. Er kommt dabei zu dem Ergebnis, dass es<br />
für die Abgrenzung zwischen unmittelbar vertraglich geschuldeten und zusätz-<br />
lichen Leistungen maßgeblich und vorrangig auf den Inhalt der Leistungsbe-<br />
schreibung ankommt und nicht etwa auf die Unterscheidung in den <strong>DIN</strong>-<br />
Vorschriften (der <strong>VOB</strong> Teil C) zwischen Nebenleistungen und Besonderen<br />
Leistungen. Dieses Urteil hat zu einer bemerkenswerten und in Juristenkreisen sel-<br />
ten zu beobachtenden „emotionalen“ Diskussion geführt. 5<br />
- Von großer Bedeutung ist eine weitere Entscheidung des BGH, in der festgehalten<br />
ist, dass (mindestens) die Abrechnungsregelungen der <strong>VOB</strong> Teil C im Abschnitt<br />
5 als <strong>Allgemeine</strong> Geschäftsbedingungen eingestuft werden müssen. Bei der Aus-<br />
3 Beispielhaft seien die Standard-Kommentare genannt Ingenstau/Korbion <strong>VOB</strong> Teile A und B, Kommentar,<br />
15. Aufl., Werner-Verlag 2003 –Beck´scher <strong>VOB</strong>-Kommentar, <strong>VOB</strong> Teil A und <strong>VOB</strong> Teil B, Beck<br />
Verlag 1997 und 2001.<br />
4 BGH, BauR 2002, 935 = NZBau 2002,0324 = IBR 2002, 231.<br />
5 Befürworter: Quack in BauR 2002, 1248 (Anmerkung); Schwenker IBR 2003, 286; Kritisch: Kelungs<br />
BauR 2002, 1248; Markus Jahrbuch BauR 2004, 1 <strong>ff</strong>. vor allem –zutre<strong>ff</strong>end - Kapellmann, Der BGH und<br />
die „Konsolentraggerüste“ – Bausolbestimmung durch die <strong>VOB</strong>/C oder die „konkreten Verhältnisse“<br />
NJW 2005, Seite 182 <strong>ff</strong>.<br />
2
legung dieser <strong>Allgemeine</strong>n <strong>Technische</strong>n Vertragsbedingungen komme dabei der<br />
Verkehrssitte maßgebliche Bedeutung zu, wenn der Wortlaut und der Sinn der Re-<br />
gelung nicht zu einem eindeutigen Ergebnis führen. Die Kommentierungen der<br />
<strong>VOB</strong>/C seien dabei grundsätzlich keine geeignete Hilfe für deren Auslegung 6 .<br />
- In diesen Kontext passt auch noch Entscheidung des OLG Koblenz 7 im Zusammen-<br />
hang mit der Abrechnung von Verbauarbeiten und den Regelungen in <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong><br />
18303 –Verbauarbeiten und 18304 –Rammarbeiten: Ergibt sich aus dem Leis-<br />
tungsverzeichnis eine bestimmte Verbau-Ausführung als Mindestanforderung, kann<br />
auch bei statisch zulässiger günstigerer Herstellung ein durch Antre<strong>ff</strong>en von geän-<br />
derten Bodenverhältnissen notwendig werdender Mehraufwand für Erschwernisse<br />
nicht abweichend von diesen vorrangigen Abrechnungsregelungen des Leis-<br />
tungsverzeichnisses geltend gemacht werden. Daran ändern auch die Abrech-<br />
nungsregeln der <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> 18304 <strong>VOB</strong>/C nichts. Der BGH hat diese Entscheidung<br />
o<strong>ff</strong>enbar für zutre<strong>ff</strong>end befunden und die Nichtzulassungsbeschwerde gegen dieses<br />
Urteil am 25.11.2004 zurück gewiesen.<br />
3. Beispiel Schrifttum<br />
Neben diesen neueren Entscheidungen haben sich auch im Bereich des juristischen<br />
Schrifttums wesentliche Neuerungen bei der Behandlung der <strong>VOB</strong>/C ergeben.<br />
- Erstmals seit Bestehen der <strong>VOB</strong> Teil C wurde von den Herausgebern Eng-<br />
lert/Katzenbach/Motzke der Beck´sche <strong>VOB</strong>-Kommentar Teil C mit einer fach-<br />
übergreifenden Bearbeitung aller <strong>ATV</strong> <strong>18299</strong> <strong>ff</strong>. verö<strong>ff</strong>entlicht. Dort ist es in Zusam-<br />
menarbeit zwischen Technikern und Juristen gelungen, alle bis zum Erscheinen<br />
des Kommentars bestehenden <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> bis 18451 umfassend aufzubereiten<br />
und zu kommentieren. Sowohl für die baurechtliche Beratungspraxis wie auch für<br />
die mit der Entscheidung von Bausachen befassten Gerichte stellt dies eine wertvol-<br />
le neue Hilfestellung dar 8 , wenngleich solche Kommentierungen für die Ausle-<br />
gung der <strong>ATV</strong> nicht maßgeblich sein sollen 9 .<br />
- Neben diesen Entscheidungen der obergerichtlichen Rechtsprechung zur <strong>VOB</strong>/C<br />
gibt es ebenso wichtige Beiträge vor Allem zur Klärung der Frage, welche Rechts-<br />
natur und Rechtsqualität die <strong>VOB</strong>/C aufweist. Die Tendenzen müssen für alle<br />
Baubeteiligten beachtet werden. Es geht dabei besonders um die Frage, ob die Be-<br />
6<br />
BGH, BauR 2004, 1438 = NZBau 2004, 500 = IBR 2003, 647.<br />
7<br />
OLG Koblenz IBR 2005, 70.<br />
8<br />
Beck´scher <strong>VOB</strong>-Kommentar, <strong>VOB</strong> Teil C, heraus gegeben von Englert/Katzenbach/Motzke, Verlag C.<br />
H. Beck/ Beuth 2003; zuletzt auch Kapellmann, Der BGH und die „Konsolentraggerüste“ –Bausollbestimmung<br />
durch die <strong>VOB</strong>/C oder die „konkreten Verhältnisse“ NJW 2005, Seite 182 f.<br />
9<br />
BGH, BauR 2004, 1438 = NZBau 2004, 500 = IBR 2003, 647.<br />
3
stimmungen der <strong>VOB</strong>/C ihrer Qualität nach als „Regeln der Technik“ einzustufen ist,<br />
vergleichbar einer „typischen“ <strong>DIN</strong>-Norm oder vielmehr als „Algemeine Geschäfts-<br />
bedingungen“ im Sinne der §§ 305 <strong>ff</strong>. BGB einzuordnen sind.<br />
- Es wird behauptet, die <strong>VOB</strong>/C sei als „AGB“ zu behandeln, die einzelnen <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong><br />
<strong>18299</strong> bis 18451 müssen grundsätzlich durch eine entsprechende rechtlich wirksa-<br />
me Einbeziehung zum Bestandteil des Bauvertrags erklärt werden 10 .<br />
II. Entstehung <strong>VOB</strong>/C –Zweckrichtung <strong>DIN</strong>-Norm<br />
1. Historische Entwicklung<br />
Die historische Entwicklung der <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> ist in der gebotenen Kürze zu skizzie-<br />
ren:<br />
Die <strong>VOB</strong> Teile A und B können auf eine lange Tradition und Entstehungsgeschichte zu-<br />
rückblicken und haben ihren Ursprung in der vom Reichsverdingungsausschuss<br />
im Jahre 1926 verabschiedeten Fassung. Eine „<strong>VOB</strong> Teil C“gab es damals noch nicht,<br />
der „technische Teil“ war damals noch in den <strong>Technische</strong>n Vorschriften für Bauleis-<br />
tungen im Hochbau <strong>DIN</strong> 1962 bis <strong>DIN</strong> 1985 und in den <strong>Technische</strong>n Vorschriften<br />
für den Tiefbau <strong>DIN</strong> 4135 enthalten und verharrte dort über eine lange Zeit bis 1952 11 .<br />
Erst mehr als 10 Jahre nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde<br />
durch den Deutschen Verdingungsausschuss (DVA) erstmals in die <strong>VOB</strong> –Ausgabe<br />
1958 auch der Teil C mit den damals für 33 Gewerke bestehenden „Algemeinen<br />
<strong>Technische</strong>n Vorschriften - <strong>ATV</strong> “aufgenommen. 12 Die <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> war darin noch<br />
nicht enthalten. Der DVA lag schon damals nicht im Trend und hat im Gegensatz zur<br />
sichtbaren Gesetzesflut der Folgejahre bis heute eine eher behutsame Erweiterung der<br />
<strong>VOB</strong> Teil C - <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> <strong>ff</strong>. vorgenommen. In der jüngsten Ausgabe 2005 der<br />
<strong>VOB</strong>/C sind insgesamt 60 <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> –Regeln für die verschiedenenartigen Bauleis-<br />
tungen enthalten. Auch die Bezeichnung der ehemals „<strong>Technische</strong>n Vorschriften“ hat<br />
sich gewandelt: Aus den früheren „Algemeinen <strong>Technische</strong>n Vorschriften“ wurden seit<br />
der <strong>VOB</strong> –Ausgabe 1988 die heutigen „Algemeinen <strong>Technische</strong>n Vertragsbedin-<br />
gungen“ 13 . Daraus lässt sich schon im Ansatz erkennen, dass die <strong>VOB</strong>/C weniger ei-<br />
ne klassische, technisch orientierte <strong>DIN</strong> sein will und das Augenmerk mehr auf einen<br />
vertraglichen Regelungscharakter gerichtet ist. Damit spricht bereits die historische<br />
10<br />
Beck´scher <strong>VOB</strong>-Kommentar, <strong>VOB</strong> Teil C /Motze, Syst III, Rdn. 24 <strong>ff</strong>. ; Beck´scher <strong>VOB</strong>-Kommentar<br />
Teil C / Vogt Syst. V, Rdn. 19 mwN; Grauvogl, <strong>VOB</strong> Teil C und der Bauvertrag in Jahrbuch Baurecht<br />
1998, Seite 315, zuletzt auch Kapelmann, Der BGH und die „Konsolentraggerüste“ –Bausollbestimmung<br />
durch die <strong>VOB</strong>/C oder die „konkreten Verhältnisse“ NJW 2005, Seite 182 f.<br />
11<br />
Gemeinsamer Runderlass der Bundesministerien für Finanzen, Verkehr und Post- und Fernmeldewesen,<br />
in Die Bauverwaltung 1953, Seite 156.<br />
12<br />
Gemeinsamer Runderlass vom 23.1.1959, in Die Bauverwaltung 1959, Seite 77.<br />
13<br />
Franke, Die neue <strong>VOB</strong> und ihre Auswirkungen, in ZfBR 1988, 204 <strong>ff</strong>.<br />
4
Entwicklung dafür, dass die <strong>VOB</strong>/C als Vertragsregelung eher den Charakter von<br />
AGB hat.<br />
1.1 Damit nicht genug: In den <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> 18300 <strong>ff</strong>. des Teiles C der <strong>VOB</strong> fanden sich<br />
zunehmend - und wiederholend - jeweils gleich lautende Bestimmungen und<br />
Formulierungen für die verschiedenen Phasen der Ausführung von Bauleistun-<br />
gen, angefangen von der Aufstellung der Leistungsbeschreibung bis hin zu den<br />
Abrechnungsbestimmungen. Das führte zu einer sichtbar zunehmenden Unüber-<br />
sichtlichkeit der einzelnen <strong>ATV</strong>. Der Deutsche Verdingungsausschuss reagierte<br />
darauf in den späten 80er Jahren und führte in der <strong>VOB</strong> - Ausgabe 1988 die allen<br />
<strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> 18300 <strong>ff</strong>. vorangestellte <strong>DIN</strong>-Norm <strong>18299</strong> - <strong>Allgemeine</strong> Regelungen<br />
für Bauarbeiten jeder Art ein. Diese wurde als „Generalnorm“für Bauarbeiten<br />
jeder Art eingeführt, sie gilt auch für Bauarbeiten, die noch keine eigene „speziel-<br />
le“ und vorangige <strong>ATV</strong> besitzen.Seit ihrer Einführung hat die <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> bei<br />
nahezu sämtlichen weiteren Ausgaben bzw. Ergänzungsbänden der <strong>VOB</strong> Ände-<br />
rungen bzw. Erweiterungen erfahren. Eine Vielzahl an Neuerungen bezog sich<br />
dabei vor allem auf Regelungen zur Entsorgung, zur Verwendung wieder auf-<br />
bereiteter Sto<strong>ff</strong>e, zu maschinellen und elektrotechnischen Anlagen, zur<br />
Kampfmittelkontamination, Baustellenverordnung und zur Abrechnung.<br />
In den letzten Ausgaben der <strong>VOB</strong>/C im Jahre 2002 und 2005 wurden zusätzlich<br />
noch eigenständige neue <strong>ATV</strong> für bestimmte Gewerke bzw. Bauleistungen einge-<br />
führt wie auch eine Vielzahl an fachtechnischen Neuerungen. Beispielhaft sollen<br />
hier aus dem Bereich des Tiefbaus nur die <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> 18321 - Düsenstrahlarbeiten<br />
und für den Hochbau die <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> 18340 –Trockenbauarbeiten genannt werden.<br />
2. <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> <strong>ff</strong>. – keine „typische“ technische Regel / <strong>DIN</strong>-Norm<br />
Eine nüchterne Betrachtung aller <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> <strong>ff</strong>. <strong>VOB</strong>/C zeigt von Beginn an, dass<br />
es sich bei diesen Regelwerken nicht um klassische <strong>DIN</strong>-Normen im Sinne von „an-<br />
erkannten Regelen der Technik“ handeln kann. Dazu unterscheiden sich sowohl in ihrer<br />
Entstehung als auch in ihrem inhaltlichen Regelungsgehalt. Es ist mindestens missver-<br />
ständlich, wenn beschrieben wird, die <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> <strong>ff</strong>. <strong>VOB</strong>/C würden für das jeweili-<br />
ge Gewerk die Grundlage für die „Normalausführung“ 14 festlegen, Abweichungen müss-<br />
ten deshalb auch vertraglich geregelt werden. Denn zur technischen Ausführung, also<br />
gerade zur technischen Bescha<strong>ff</strong>enheit der jeweils betro<strong>ff</strong>enen Leistung wird in den <strong>ATV</strong><br />
<strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> sehr wenig festgeschrieben, vielmehr wird darin deutlich stärker auf das ver-<br />
14 Ingenstau/Korbion/Vygen, <strong>VOB</strong> 15. Aufl., Einl. Rdn 35.<br />
5
tragliche „Wie“ der Ausführungder jeweiligen Bauleistung abgestellt. Die vertrags-<br />
rechtliche Bedeutung steht sichtbar im Vordergrund. 15<br />
2.1 Zweck und Entstehung <strong>DIN</strong>-Norm<br />
<strong>DIN</strong>-Normen für einzelne technische (Bau-Leistungen) geben häufig den Stand der an-<br />
erkannten Regeln der Technik wider. Allgemein enthalten die klassischen <strong>DIN</strong>-Normen<br />
die übergeordneten Merkmale für eine ordnungsgemäße, den allgemeinen Anforderun-<br />
gen der Bautechnik entsprechende Handlungsweise. 16 Damit bilden sie innerhalb des<br />
Rahmens der Rechtsordnung den Maßstab für ein einwandfreies technisches Verhalten.<br />
Zwar stellen <strong>DIN</strong>-Normen keine Rechtnormen sondern nur private technische Regeln mit<br />
Empfehlungscharakter dar. 17 Dennoch sollen durch die <strong>DIN</strong>-Normen vor allem<br />
- technische Standards definiert und damit eine zuverlässige und einheitliche Abwick-<br />
lung von technischen Abläufen gewährleistet werden,<br />
- innerhalb der Erbringung einer technischen Leistung genaue Anforderungen an die<br />
Ausführung gestellt werden wie z.B. genaue Abmessungen, Gewichte, Toleranzen,<br />
Herstell- und Meßmethoden.<br />
Nimmt man als Beispiel die <strong>DIN</strong> 4020 - Geotechnische Untersuchungen für bautechni-<br />
sche Zwecke, so zeigt sich, dass dort in den Abschnitten 1 bis 10 und in den Anhängen<br />
nahezu ausschließlich technische Sachverhalte geregelt werden und gerade keine<br />
vertraglichen Einzelheiten. In Abschnitt 1 ist für den Anwendungsbereich der Norm<br />
festgelegt, dass sie „Anforderungen für die Planung, Ausführung und Auswertung von<br />
geotechnischen Untersuchungen“ enthält. Relevante Angaben für die vertragsrechtliche<br />
Abwicklung der geotechnischen Untersuchung finden sich dagegen in der <strong>DIN</strong>-Norm<br />
nicht.<br />
Ein wesentlicher Unterschied zwischen einer „typischen“ technisch orientierten <strong>DIN</strong>-<br />
Norm und den <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> ist auch die jeweils völlig unterschiedliche Entstehung.<br />
Die Erstellung und Verabschiedung von <strong>DIN</strong>-Normen ist durch einen Normungs-<br />
vertrag zwischen der Bundessrepublik Deutschland und dem Deutschen Institut<br />
für Normung (<strong>DIN</strong>) geregelt, zusätzlich gelten für die Scha<strong>ff</strong>ung einer <strong>DIN</strong>-Norm ge-<br />
naue, festgelegte Regeln. Die <strong>DIN</strong> 820 Teil 1 stellt dazu genaue von den <strong>DIN</strong>-<br />
Ausschüssen zu beachtende Regelungen für die Normungsarbeit auf. Beispielhaft<br />
ist auf die Pflicht zur Verö<strong>ff</strong>entlichung der Arbeit des <strong>DIN</strong> hinzuweisen oder auch dar-<br />
15 Beck´scher <strong>VOB</strong>-Kommentar, <strong>VOB</strong> Teil C /Vogel, Syst V, Rdn. 2 mwN.<br />
16 Ingenstau/Korbion/Oppler, <strong>VOB</strong> 15. Aufl., <strong>VOB</strong>/B § 4 Nr. 2 Rdn 40 mwN.<br />
17 BGH BauR 1998, 872; Beck´scher <strong>VOB</strong>-Kommentar, <strong>VOB</strong> Teil C /Motzke, Syst III, Rdn. 10.<br />
6
auf, dass vor der Verabschiedung einer (neuen oder überarbeiteten) <strong>DIN</strong>-Norm diese<br />
der Ö<strong>ff</strong>entlichkeit zur Stellungnahme vorgelegt werden muss. 18 Mit der Verabschiedung<br />
solcher <strong>DIN</strong>-Normen solen diese auch gemäß Abschnit 6.1 <strong>DIN</strong> 820 Teil 1 als „aner-<br />
kannte Regel der Technik“ eingeführt werden. Auf diese Weise gescha<strong>ff</strong>ene <strong>DIN</strong>-<br />
Normen bilden hiernach auch den Maßstab für einwandfreies technisches Verhalten,<br />
dieser Maßstab ist auch für die Rechtsordnung von Bedeutung. Der Schwerpunkt der<br />
<strong>DIN</strong>-Normen liegt also von der Entstehung über den Inhalt bis hin zur Zweckbestim-<br />
mung gerade nicht im vertraglichen sondern vielmehr im technischen Regelungs-<br />
bereich.<br />
Bei der Ausführung von Bauleistungen sind solche <strong>DIN</strong>-Normen dann auch ohne beson-<br />
dere „Vereinbarung“ bei einem <strong>VOB</strong>-Bauvertrag von jedem Auftragnehmer zu beachten.<br />
Denn die Bauleistung ist nach § 4 Nr. 2 Abs. 1 <strong>VOB</strong>/B unter Beachtung der „aner-<br />
kannten Regeln der Technik“auszuführen, ohne dass es hierzu etwa der namentli-<br />
chen Bezeichnung einer einzelner oder mehrerer technischer <strong>DIN</strong>-Normen im Bauver-<br />
trag selbst bedarf. Ebenso muss die konkrete Bauleistung diesen Regeln bei der Ab-<br />
nahme nach § 13 Nr. 1 <strong>VOB</strong>/B entsprechen. Gleiches gilt auch bei einem BGB-<br />
Bauvertrag, dort sind nach herrschender Meinung bei der Ausführung einer mangelfrei-<br />
en Bauleistung die anerkannten Regeln der Technik im Rahmen der „üblichen Beschaf-<br />
fenheit“ nach § 634 Abs. 2 Nr. 2 BGB ebenfalls einzuhalten. 19<br />
2.2 Zweck und Entstehung <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> <strong>ff</strong>. <strong>VOB</strong>/C<br />
Völlig anders als die <strong>DIN</strong>-Normen werden die Regelungen der <strong>VOB</strong>/C von vorne herein<br />
gerade nicht durch das <strong>DIN</strong> erarbeitet und verabschiedet. Ebenfalls gelten für die Er-<br />
arbeitung auch nicht die strengen Anforderungen der Normungsarbeit nach der <strong>DIN</strong> 820<br />
Teil. Überspitzt formuliert: Die <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> <strong>ff</strong>. können weder die Bezeichnung einer<br />
„anerkannten Regel der Technik“ im Sinne einer <strong>DIN</strong>-Norm aufweisen, noch können sie<br />
den Charakter einer „typischen“ <strong>DIN</strong>-Norm beanspruchen.<br />
Alle Regelungen der <strong>VOB</strong>/C werden vollständig außerhalb des <strong>DIN</strong> behandelt und auch<br />
verabschiedet. Zuständig ist ausschließlich der Deutsche Vergabe- und Ver-<br />
tragsausschuss für Bauleistungen in Berlin. Entsprechend § 2 der Satzung des DVA<br />
(Fassung November 2004) zählt es zu seinen Aufgaben, „Grundsätze für die sachge-<br />
rechte Vergabe und Abwicklung von Bauaufträgen zu erarbeiten und weiterzuentwi-<br />
18 <strong>DIN</strong> 820 Teil 1 Ausgabe 1994; <strong>DIN</strong>-Normenheft 10, Grundlagen der Normungsarbeit des <strong>DIN</strong>, 6. Auflage<br />
1995, S. 40 <strong>ff</strong>.; ausführlich dazu auch Beck´scher <strong>VOB</strong>-Kommentar, <strong>VOB</strong> Teil C /Motzke, Syst III,<br />
Rdn. 12 <strong>ff</strong> mwN zur Normung.<br />
19 Kni<strong>ff</strong>ka, ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht, Stand 31.01.2005, § 633 Rdn 48 mwN; BGH BauR<br />
2000, 261 mwN.<br />
7
ckeln. Dies erfolgt insbesondere durch die Erarbeitung und Fortschreibung der Ver-<br />
gabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (<strong>VOB</strong>)“. Dies war seit jeher so, wie<br />
oben die geschichtliche Entwicklung aufgezeigt hat. Innerhalb des DVA sind für die Er-<br />
arbeitung der Einzelbestimmungen der <strong>VOB</strong>/C die beiden Hauptausschüsse Hochbau<br />
und Tiefbau zuständig. Die Hauptausschüsse müssen nach § 16 der Satzung paritä-<br />
tisch mit ordentlichen Mitgliedern der Auftraggeber- und Auftragnehmerseite besetzt sein<br />
Dort werden die von Fachberatern vorbereiteten Vorlagen zur Neuscha<strong>ff</strong>ung oder Ände-<br />
rung einer <strong>ATV</strong> nochmals beraten und beschlossen. Im Anschluss daran erfolgt die Wei-<br />
terleitung nur an die Mitglieder des DVA zur Stellungnahme und zu möglichen Einsprü-<br />
chen. Eine weitergehende Beteiligung der Ö<strong>ff</strong>entlichkeit findet nicht statt. Anschließend<br />
erfolgt eine nochmalige Beratung und Beschlussfassung mit der Folge, dass die neue<br />
oder geänderte <strong>ATV</strong> dem Vorstand es DVA zur abschließenden Beschlussfassung<br />
vorgelegt wird. Dieser entscheidet letztlich über die Verö<strong>ff</strong>entlichung der betro<strong>ff</strong>enen<br />
Norm. Nach diesem Vorgang wird die betro<strong>ff</strong>ene Norm der <strong>ATV</strong> <strong>18299</strong> f. als „Deutsche<br />
Norm“ für die <strong>VOB</strong>/C - <strong>Allgemeine</strong> <strong>Technische</strong> Vertragsbedingungen für Bauleistungen)<br />
im Auftrag des DVA durch das <strong>DIN</strong> verö<strong>ff</strong>entlicht. Dabei ist beachtlich, dass das <strong>DIN</strong><br />
keine eigene Prüfungskompetenz für die jeweilige <strong>ATV</strong> besitzt. 20<br />
Entsprechend diesem Ablauf und seiner originären Aufgabenstellung will der DVA also<br />
gerade keine „typischen“ Regelwerke mit ausschließlich technischem Charakter schaf-<br />
fen sondern vor allem auch Vertragsregeln für die Abwicklung eines Bauauftrages<br />
aufstellen. Nach der jetzt eindeutigen Einordnung der <strong>VOB</strong>/C mit den Bestimmungen der<br />
<strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> <strong>ff</strong>. als Teil der „Vergabe- und Vertragsordnung“ –<strong>VOB</strong> wird die <strong>VOB</strong>/C<br />
beim Abschluss eines <strong>VOB</strong>-Vertrages vor allem über die Regelung des § 1 Nr. 1 Satz 2<br />
<strong>VOB</strong>/B nach dem erklärten Willen der beiden Vertragpartner eigenständiger Vertragsbe-<br />
standteil. 21 Insoweit ist es deshalb auch zutre<strong>ff</strong>end, bei den <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> <strong>ff</strong>. <strong>VOB</strong>/C<br />
allenfalls von „atypischen“ <strong>DIN</strong>-Normen 22 zu sprechen, da sie nur zum geringeren<br />
Teil technische Sachverhalte regeln und zu einem wesentlichen Teil vertragliche Regeln<br />
aufstellt. So finden sich beispielsweise in der „Generalnorm“ <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> praktisch<br />
nur im dortigen Abschnitt 2 überwiegend technische Angaben zur Bescha<strong>ff</strong>enheit der<br />
Sto<strong>ff</strong>e und Bauteile, während in Abschnitt 3 vertragsrechtlich relevante Angaben zur<br />
Ausführung einer Bauleistung enthält. Werden z.B. nach Abschnitt 3.3 Schadsto<strong>ff</strong>e im<br />
Boden angetro<strong>ff</strong>en, hat der Auftragnehmer die Vertragspflicht, dies dem Auftraggeber<br />
unverzüglich anzuzeigen. Beide haben dann gemeinsam die weiteren Maßnahmen<br />
zur Fortführung zu tre<strong>ff</strong>en, etwa die Art der Beseitigung und Entsorgung solcher<br />
20 Beck´scher <strong>VOB</strong>-Kommentar, <strong>VOB</strong> Teil C /Motzke, Syst III, Rdn. 10 und 11 mwN zur Normung.<br />
21 Beck´scher <strong>VOB</strong>-Kommentar, <strong>VOB</strong> Teil C /Vogel, Syst V, Rdn. 19 <strong>ff</strong>. mwN.<br />
22 Beck´scher <strong>VOB</strong>-Kommentar, <strong>VOB</strong> Teil C /Motzke, Syst III Rdn 39.<br />
8
Schadsto<strong>ff</strong>e. Dies wiederum hat dann erneut vertragsrechtliche Konsequenzen, da sol-<br />
che Leistungen dann „Besondere Leistungen“nach dem Abschnitt 4.2 der <strong>ATV</strong> dar-<br />
stellen, die zu Gunsten des Auftragnehmers einen Mehrvergütungsanspruch auslösen<br />
können.<br />
Betrachtet man diese wesentlichen Unterschiede der „Entstehung“ und der Zielsetzung<br />
einer „typischen“ und nahezu ausschließlich technisch orientierten <strong>DIN</strong>-Norm gegenüber<br />
der Ausrichtung der „atypischen“ <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> f. <strong>VOB</strong>/C als überwiegende Vertragsnorm,<br />
gelangt man auch hiernach zu dem Ergebnis, dass die <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> <strong>ff</strong>. <strong>VOB</strong>/C deut-<br />
lich weniger „technische“ Regel als vielmehr im Sinne von § 305 „vorformulierte Ver-<br />
tragsbedingungen“ darstellen. 23<br />
2.3 <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> (<strong>ff</strong>.) <strong>VOB</strong>/C –<strong>Allgemeine</strong> Geschäftsbedingung<br />
Bevor eine weitere Erörterung zur Einordnung der <strong>VOB</strong>/C erfolgt ist ein nur kurzer 24<br />
Blick auf die Definition in § 305 Abs. 1 BGB zum Vorliegen von „Algemeinen Geschäfts-<br />
bedingungen“ zu werfen. Die gesetzliche Regelung des § 305 Abs. 1 BGB verlangt,<br />
dass es sich um für „ein Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingun-<br />
gen“handeln muss, die eine Vertragspartei (Verwender) bei Vertragsabschluss der<br />
anderen stellt. Dass die <strong>VOB</strong>/B und C vorformuliert sind und diese auch für eine Viel-<br />
zahl von Bauverträgen gelten sollen ist unzweifelhaft, es ist ja gerade Zweck der einheit-<br />
lichen Erarbeitung und Verabschiedung durch den DVA, für die Abwicklung von Bauvor-<br />
haben solche einheitlich abgefassten und allgemein für Bauverträge verwendbare Rege-<br />
lungen den betro<strong>ff</strong>enen Wirtschaftskreisen zur Verfügung zu stellen. Auch werden diese<br />
Vertragbedingungen „gestelt“ in dem sie von einem Vertragsteil –z.B. bei einer ö<strong>ff</strong>entli-<br />
chen Vergabe von Bauleistungen nach der <strong>VOB</strong>/A - dem Bauvertrag zu Grunde gelegt<br />
werden. Mit der Rechtsprechung und der zunehmenden Meinung kann deshalb davon<br />
ausgegangen werden, dass die <strong>VOB</strong>/B und C als <strong>Allgemeine</strong> Geschäftsbedingungen<br />
einzustufen sind. 25<br />
Allerdings besteht zwischen beiden Teilen der Unterschied, dass nur die <strong>VOB</strong>/B wegen<br />
ihrer ausdrücklichen Erwähnung in den §§ 308 Nr. 5 b und 309 Nr. 7 f BGB nach der<br />
noch überwiegenden Au<strong>ff</strong>assung bei ihrer Vereinbarung „als Ganzes“ privilegiert und<br />
23<br />
So im Ergebnis auch Tempel, die Einbeziehung der <strong>VOB</strong>/B und <strong>VOB</strong>/C in den Bauvertrag NZBau<br />
2003, 4655 <strong>ff</strong>., 469 mwN.<br />
24<br />
Ausführlich vor zum alten AGBG Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Gesetz 8. Auflage 1997; Palandt BGB,<br />
68. Aufl. § 305 Rdn. 9 <strong>ff</strong>. mwN; Werner/Pastor aaO, Rdn. 2141 <strong>ff</strong>.<br />
25<br />
Ingenstau/Korbion/Locher, <strong>VOB</strong>, 15. Aufl Anhang I Rdn 52 <strong>ff</strong>. BGHZ 86, 139 =BauR 1983, 161= NJW<br />
1983, 816; BGHZ 101, 369 =BauR 1987, 702= NJW 1988, 143; Heiermann/Riedl/Rusam, Teil B § 1 Rdn.<br />
10; Wolf/Horn/Lindacher, § 23 Rdn. 240; Korbion/Locher, AGB-Gesetz und Bauerrichtungsverträge, D<br />
Rdn. 34.<br />
9
damit der Inhaltskontrolle der AGB-Bestimmungen entzogen sein soll. 26 Dieser Vor-<br />
teil gilt für den Teil C der <strong>VOB</strong> jedoch nicht, da das Gesetz diesen Teil nicht erwähnt. Es<br />
ist in der Bauvertragspraxis ohnehin ganz selten –wenn nicht „nie“ –ein Bauvertrag an-<br />
zutrefen, für den ausschließlich und völig „puristisch“die <strong>VOB</strong>/B gilt. Nachdem der<br />
BGH 27 zuletzt entschieden hat, dass bereits jeder Eingri<strong>ff</strong> in die <strong>VOB</strong>/B dazu führt,<br />
dass alle Einzelbestimmungen der <strong>VOB</strong>/B der Inhaltskontrolle der AGB-<br />
Bestimmung nach den §§ 307 bis 309 BGB unterliegen, ergeben sich für die Baupra-<br />
xis hier praktisch keine Unterschiede. Beide Regelwerke sind danach AGB und damit an<br />
der Messlatte der §§ 305 <strong>ff</strong>. BGB zu messen sind.<br />
2.4 Universalnorm <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong><br />
Inhaltlich sind die <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> <strong>ff</strong>. mit den jeweiligen Abschnitten 0 bis 5 wie alle an-<br />
deren <strong>Allgemeine</strong>n <strong>Technische</strong>n Vertragsbedingungen des Teils C der <strong>VOB</strong> aufgebaut.<br />
Sie reichen also von den –generellen –<br />
- Hinweisen zur Aufstellung der Leistungsbeschreibung –Abschnitt 0<br />
- Der Benennung des (jeweiligen) Geltungsbereiches –Abschnitt 1<br />
- Angaben zu den Sto<strong>ff</strong>en und Bauteilen –Abschnitt 2<br />
- Hinweisen zur Ausführung –Abschnitt 3<br />
- Abgrenzung von Nebenleistungen und Besonderen Leistungen –Abschnitt 4<br />
- bis hin zu Abrechnungsbestimmungen für die Bauleistung –Abschnitt 5<br />
Dieser Aufbau ist feststehend und gilt für alle <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> 18300 <strong>ff</strong>. Eine genauere Betrach-<br />
tung zeigt auch hier den doch überwiegenden Charakter der vertragsrechtlichen Bedeu-<br />
tung der dortigen Regelungen und zwar für die Bereiche der Vertragsanbahnung, des<br />
Vertragsabschlusses und schließlich auch für die der Vertragsabwicklung. 28<br />
2.4.1 Die Bestimmungen der <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> <strong>VOB</strong>/C innerhalb der einzelnen Ab-<br />
schnitte sind so gefasst, dass diese für Bauleistungen jeder Art angewendet<br />
werden können, also auch für solche, für die (noch) keine <strong>Allgemeine</strong>n Techni-<br />
schen Vertragsbedingungen (<strong>ATV</strong>) bestehen. In den <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> 18300 sind dage-<br />
gen nur die für diese Bauleistung jeweils gewerkespezifischen Regelungen ent-<br />
halten.<br />
26<br />
Hierzu ausführlich und mit Widergabe des Meinungsstandes Ingenstau/Korbion/Locher, <strong>VOB</strong>, 15. Aufl.<br />
Anhang I Rdn 67 <strong>ff</strong>.<br />
27<br />
BGH, Urteil vom 22.01.2004 –VII ZR 419/02, NJW 2004, 1597, BauR 2004, 668 und BGH, Urteil vom<br />
15.04.2004 –VII 129/02, BauR 2004, 1142;<br />
28<br />
Beck´scher <strong>VOB</strong>-Kommentar, <strong>VOB</strong> Teil C /Motzke, Syst III Rdn 2.<br />
10
Damit wird aus der Überschrift der <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> „<strong>Allgemeine</strong> Regelungen für<br />
Bauarbeiten jeder Art – <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong>“ in zweifacher Weise der Charakter einer<br />
Generalnorm unterstrichen: Einmal durch die Verwendung des Wortes „Alge-<br />
meine“, das sich auchjeweils einleitend bei den Langüberschriften der <strong>VOB</strong>/A<br />
und <strong>VOB</strong>/B findet. Zum anderen durch die Bezeichnung „jeder Art“. Im Unter-<br />
schied zu allen nachfolgenden Spezialnormen ist damit hier eine o<strong>ff</strong>ene Norm<br />
gescha<strong>ff</strong>en worden, die sämtliche Bauarbeiten –also auch (noch) nicht genorm-<br />
te -, umfasst. Dies gilt z.B. für die (noch) nicht im Teil C der <strong>VOB</strong> enthaltenen<br />
Abbrucharbeiten, für die zwischenzeitlich bereits die Neueinführung einer eige-<br />
nen <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> 18xxx –Abbrucharbeiten vorgesehen ist. oder auch für in der<br />
Entwicklung befindliche neuartige Bauverfahren. Die Definition der „Bauarbeiten“<br />
ist insoweit identisch mit dem Begri<strong>ff</strong> der Bauleistung in § 1 Nr. 1 <strong>VOB</strong>/A: Es<br />
handelt sich um Arbeiten jeder Art, durch die eine bauliche Anlage hergestellt,<br />
instand gehalten, geändert oder beseitigt wird. Welche Leistungen schon oder<br />
noch zu den Bauarbeiten gerechnet werden können, ist im Einzelfall streitig und<br />
hat eine Vielzahl von Entscheidungen provoziert. 29<br />
2.4.2 Kurz ist auf das Verhältnis der <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> zu den nachfolgenden und be-<br />
stimmten Bauleistungen betre<strong>ff</strong>enden <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> 18300 <strong>ff</strong>. einzugehen. Hier gilt<br />
der Grundsatz: Die speziellen <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> 18300 <strong>ff</strong>. oder einzelne Bestimmungen<br />
hieraus verdrängen eine etwaige generelle Regelung der <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong>. Es<br />
liegt ein Stufenverhältnis vor, das sich auch aus den der <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> –Ausgabe<br />
1988 vorangestellten Hinweisen wie auch aus konkreten Formulierungen in der<br />
<strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> selbst ergibt: In den <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> 18300 <strong>ff</strong>. sollen die leistungsspezifi-<br />
schen Regelungen für die einzelnen Leistungsbereiche und entsprechend de-<br />
ren technischer Erfordernisse vorrangig geregelt werden. Verbleibt dort eine „Lü-<br />
cke“ wird diese durch die <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> aufgefült. Die Algemeinen Regelungen für<br />
Bauarbeiten jeder Art gelten also subsidiär und haben insoweit vertraglichen<br />
„Aufangcharakter“.<br />
Hierauf wird auch in alen „Spezialnormen“ der <strong>VOB</strong>/C im jeweiligen Abschnitt 1 -<br />
Geltungsbereich wörtlich hingewiesen<br />
„Ergänzend gilt die <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> „Algemeine Regelungen für Bauarbeiten<br />
jeder Art“, Abschnite 1 bis 5. Bei Widersprüchen gehen die Regelungen der <strong>ATV</strong><br />
<strong>DIN</strong> . vor“.<br />
29 Vgl. dazu die einschlägigen <strong>VOB</strong>-Kommentare, jeweils zu § 1 <strong>VOB</strong>/A bzw. § 1 <strong>VOB</strong>/B; sehr umfassend<br />
Daub/Piel/Soergel, Kommentar zur <strong>VOB</strong>, Teil A, ErlZ A 1.8 <strong>ff</strong>.; s. insbesondere die Auflistung in<br />
Motzke/Pietzcker/Prieß, Beck-Kommentar <strong>VOB</strong> Teil A, § 1 Rdn.70 mit zahlreichen Nachweisen;<br />
11
Damit wird deutlich, dass die <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> als „Generalnorm“ oder auch „Auf-<br />
fangnorm“ der <strong>VOB</strong>/C zu betrachten ist.<br />
III. Stellung und Bedeutung <strong>VOB</strong>/C im (<strong>VOB</strong>-) Bauvertrag<br />
1. Grundsätze zur Einbeziehung der <strong>VOB</strong> in den Bauvertrag<br />
Es ist allgemein anerkannt, dass die Teile A und B der <strong>VOB</strong> nicht den Charakter einer<br />
eigenständigen Rechtsnorm haben, sie sind weder Gesetz, noch Handelsbrauch<br />
noch Verkehrssitte und auch kein Gewohnheitsrecht. Gleiches gilt auch für die<br />
<strong>VOB</strong>/BC. Die <strong>VOB</strong> weist keine Allgemeinverbindlichkeit auf und bedarf zu ihrer Geltung<br />
regelmäßig der Vereinbarung im Bauvertrag. 30 Da die <strong>VOB</strong> Teil B und auch Teil C den<br />
Charakter von <strong>Allgemeine</strong>n Geschäftsbedingungen haben, müssen sie nach Maßgabe<br />
des § 305 Abs. 2 BGB in den Vertrag einbezogen werden, der betro<strong>ff</strong>ene Vertrags-<br />
partner muss mit Ihrer Geltung auch einverstanden sein. Für diese „Einbeziehung“ sind<br />
verschiedene, nach dem Gesetz vorgesehene und nach der Rechtsprechung und herr-<br />
schenden Meinung entwickelte Vorgaben zu beachten. Wegen der unterschiedlichen<br />
Erfordernisse bei der Einbeziehung ist hierauf kurz einzugehen:<br />
1.1 Ö<strong>ff</strong>entliche Bauaufträge<br />
Werden Bauleistungen durch einen ö<strong>ff</strong>entlichen Auftraggeber im Sinne von § 98<br />
GWG vergeben, sind regelmäßig schon durch haushaltsrechtliche Vorgaben oder auch<br />
etwa durch die §§ 97 Abs. 7 GWG und § 6 VgV die vergaberechtlichen Vorschriften der<br />
<strong>VOB</strong>/A einzuhalten. Die <strong>VOB</strong> wiederum enthält in ihren Teilen A und B eine Verwei-<br />
sungskette als sog. Sta<strong>ff</strong>elverweisung. § 10 Nr. 1 Abs. 2 <strong>VOB</strong>/B gibt dem ö<strong>ff</strong>entlichen<br />
Auftraggeber ausdrücklich vor, dass bei der Zusammenstellung der Vergabeunterla-<br />
gen bei der Ausschreibung von Bauleistungen die <strong>VOB</strong>/B und auch die <strong>VOB</strong>/C<br />
Bestandteil der Vertragsunterlagen sein müssen. Sodann findet sich in § 1 Satz 2<br />
<strong>VOB</strong>/B (nochmals) die Regelung, dass im Falle der Geltung der <strong>VOB</strong>/B auch die Allge-<br />
meinen <strong>Technische</strong>n Vertragsbedingungen Bestandteil des Bauvertrages sind. Schließ-<br />
lich werden bei der Nennung der Vertragsbestandteile und deren Reihenfolge in § 2<br />
Nr. 1 e <strong>VOB</strong>/B die <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> <strong>ff</strong>. nochmals und sogar vorrangig vor den Bestim-<br />
mungen der <strong>VOB</strong>/B aufgeführt. Da bei ö<strong>ff</strong>entlichen Vergaben regelmäßig ein Bauunter-<br />
nehmer als Auftragnehmer beteiligt ist, dem die Bestimmungen der Teile der <strong>VOB</strong>/A bis<br />
C kraft seiner beruflichen Tätigkeit ebenfalls bekannt sind, erfolgt die Einbeziehung der<br />
<strong>VOB</strong>/B und C nach § 305 Abs. 2 BGB durch den entsprechenden Hinweis in den Ver-<br />
30 Grundlegend BGH NJW 1984, 1621 und Beck´scher <strong>VOB</strong>-Kommentar, <strong>VOB</strong> Teil C /Ku<strong>ff</strong>er, Syst VII<br />
Rdn 1 <strong>ff</strong>., 14 <strong>ff</strong>.<br />
12
gabeunterlagen und dem Einverständnis des Auftragnehmers mit diesen. Der Hinweis<br />
in den Vergabeunterlagen auf die Geltung der <strong>VOB</strong> reicht also für die wirksame Einbe-<br />
ziehung aus. 31<br />
1.2 Bauvertrag mit im Baugewerbe tätigen Beteiligten<br />
In abgeschwächter Form gilt diese „erleichterte“ Einbeziehung der <strong>VOB</strong>/B und C auch in<br />
den Fällen, in denen sowohl der (private) Auftraggeber als auch der Auftragnehmer<br />
regelmäßig und wiederholt auf dem Bausektor gewerblich tätig sind. 32 Hier genügt<br />
für eine wirksame Einbeziehung der <strong>VOB</strong>/B ebenfalls der Hinweis auf die Geltung der<br />
<strong>VOB</strong>/B bzw. die Benennung der <strong>VOB</strong>/B als Vertragsbestandteil. In diesem Fall wer-<br />
den über die ausdrückliche Verweisung in § 1 Satz 2 <strong>VOB</strong>/B auf die Geltung der <strong>ATV</strong><br />
die <strong>VOB</strong>/C und die dortigen <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> <strong>ff</strong>. Bestandteil des <strong>VOB</strong>-Bauvertrages. 33<br />
1.3 Bauvertrag mit Privatmann –Verbraucher<br />
Wesentlich sorgfältiger ist zu verfahren, wenn etwa –typischerweise –der vob-kundige<br />
Unternehmer einen <strong>VOB</strong>-Bauvertrag mit einem Privatmann, also einem Verbraucher<br />
nach § 13 BGB abschließen und die Geltung der <strong>VOB</strong>/B vereinbaren will. Hier sind<br />
an eine wirksame Einbeziehung der <strong>VOB</strong>/B und auch des Teils C stärkere Anforderun-<br />
gen zu stellen, die zur Vermeidung von Unsicherheiten und Rechtsnachteilen beachtet<br />
werden müssen. Wenn der Auftraggeber als Bauherr im Baugewerbe nicht tätig ist, hat<br />
der Unternehmer als „Verwender“ den Inhalt der <strong>VOB</strong>/B und C seinem Vertragspart-<br />
ner in zumutbarer und geeigneter Weise zur Kenntnis zu bringen. Der BGH 34 äu-<br />
ßert sich hier für eine wirksame Einbeziehung der <strong>VOB</strong> Teil B unmissverständlich und<br />
deutlich:<br />
Gegenüber einem weder im Baugewerbe tätigen noch sonst im Baubereich bewander-<br />
ten Vertragspartner kann die <strong>VOB</strong>/B nicht durch eine Klausel in den Vertrag einbezogen<br />
werden, dem Vertragspartner werde vom Verwender der Text auf Wunsch kostenlos zur<br />
Verfügung gestellt.<br />
Diese Vorgaben sind zu beachten, es kann im Lichte eines zunehmenden Verbraucher-<br />
schutzes deshalb nur die generelle Empfehlung ausgesprochen werden, hier aus-<br />
nahmslos dem Vertragspartner eine Ausfertigung des Textes der <strong>VOB</strong>/B zur Verfü-<br />
31<br />
Werner/Pastor, Der Bauprozess, 10. Aufl. Rdn 1010.<br />
32<br />
hM BGH BauR 1989, 87 = BGH NJW 1986 836; Ingenstau/Korbion/Locher <strong>VOB</strong> 15. Aufl. Anhang I<br />
Rdn 44 mwN.<br />
33<br />
So auch Tempel NZBau 2003, 465 <strong>ff</strong> Die Einbeziehung der <strong>VOB</strong>/B und <strong>VOB</strong>/C in den Bauvertrag mit<br />
zahlreichen weiteren Nachweisen aus der Rspr. und Literatur.<br />
34<br />
BGH BauR 1999, 403 mwN; Werner/Pastor, aaO. Rdn. 1012; Ingenstau/Korbion/Locher <strong>VOB</strong> 15. Aufl.<br />
Anhang I Rdn 44 mwN.<br />
13
gung zu stellen und sich entweder schriftlich bestätigen zu lassen, dass der Auftragge-<br />
ber entweder den Inhalt der <strong>VOB</strong>/B und C kennt oder den Erhalt der maßgeblichen<br />
<strong>VOB</strong>-Texte bestätigt. 35 Das sollte im Zweifel sogar beachtet werden, wenn der Auftrag-<br />
geber durch einen Architekten vertreten wird, aber dessen Vertretungsmacht nicht be-<br />
kannt ist oder der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht anwesend ist. 36 Denn<br />
verbleibende Zweifel über eine wirksame Einbeziehung gehen zu Lasten desjenigen,<br />
der sich auf die Geltung der <strong>VOB</strong>/B beruft.<br />
1.4 Ausdrückliche Einbeziehung der <strong>VOB</strong>/C in den (<strong>VOB</strong>-) Bauvertrag<br />
Diese soeben unter 1.1 bis 1.3 dargestellten Grundsätze für die Einbeziehung der<br />
<strong>VOB</strong>/B in den Bauvertrag sind auch ohne weitere Einschränkung auf die „Einbeziehung“<br />
der <strong>VOB</strong>/C anzuwenden. Nachdem diese selbst als AGB einzustufen sind, gelten hier<br />
die gesetzlichen Anforderungen des § 305 Abs. 2 BGB ebenfalls uneingeschränkt. Beim<br />
öfentlichen Auftraggeber und „baukundigen“ Vertragspartner eines <strong>VOB</strong>-Bauvertrages<br />
entsprechend 1.1 und 1.2 gelten die gleichen Anforderungen an eine wirksame Einbe-<br />
ziehung der <strong>VOB</strong>/C wie bei der <strong>VOB</strong>/B, hier gibt es für die Einbeziehung keinen Unter-<br />
scheid zwischen den <strong>Allgemeine</strong>n Geschäftsbedingungen des Teils B und des Teils C. 37<br />
Ist dagegen der Vertragspartner des Verwenders der <strong>VOB</strong> Teile B und / oder C wieder-<br />
um ein „Baulaie“ oder Privatmann bzw. Verbraucher, ist neben der wirksamen Einbezie-<br />
hung der <strong>VOB</strong>/B auch diejenige der <strong>VOB</strong>/C notwendig. Die „Stafelverweisung“ des § 1<br />
Satz 2 <strong>VOB</strong>/B ist hier für eine wirksame Einbeziehung der „Algemeinen <strong>Technische</strong>n<br />
Vertragsbedingungen mindestens zweifelhaft 38 wenn nicht sogar unzureichend. 39 Dabei<br />
ist zu sehen, dass für einen privaten Auftraggeber der bloße Verweis auf die <strong>ATV</strong><br />
<strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> (<strong>ff</strong>.) <strong>VOB</strong>/B auch zu einer unzumutbaren Verunsicherung führen würde.<br />
Beispiel:<br />
Der private Bauherr –ein Lehrerehepaar –will seine Hofeinfahrt sanieren lassen. Es fal-<br />
len Pflasterarbeiten an, ebenso ist der Hausanschluss der Abwasserleitung zu sanieren.<br />
Dieser mündet wiederum in das ö<strong>ff</strong>entliche Kanalnetz, dazu muss auch ein Stück Straße<br />
aufgerissen und wieder hergestellt werden.<br />
Mit der bloßen Verweisung auf die Geltung der <strong>VOB</strong>/C mit Ihren zwischenzeitlich 60 un-<br />
terschiedlichen <strong>Allgemeine</strong>n <strong>Technische</strong>n Vertragsbedingungen ist hier dem Verbrau-<br />
35<br />
Beispiele aus der Rspr für eine unwirksame Einbeziehung der <strong>VOB</strong>/B bei Werner/Pastor aaO, Rdn<br />
1012.<br />
36<br />
Auch Tempel NZBau 2003, 465 <strong>ff</strong>., 467.<br />
37<br />
Beck´scher <strong>VOB</strong>-Kommentar, <strong>VOB</strong> Teil C /Vogel, Syst V Rdn 20 <strong>ff</strong>. Beck´scher <strong>VOB</strong>-Kommentar, <strong>VOB</strong><br />
Teil C /Ku<strong>ff</strong>er, Syst VII Rdn mwN; Tempel NZBau 2003, 465 <strong>ff</strong>., 470.<br />
38<br />
BGH NJW 1990, 3187.<br />
39 Tempel NZBau 2003, 465 <strong>ff</strong>., 470.<br />
14
cherschutz und vor allem dem Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht<br />
gedient. Es kommen im genannten Beispiel je nach Anfall und abhängig von der Art der<br />
Ausführung wenigstens folgende <strong>ATV</strong> der <strong>VOB</strong>/C zur Anwendung:<br />
- <strong>18299</strong> <strong>Allgemeine</strong> Regeln für Bauarbeiten jeder Art<br />
- 18300 Erdarbeiten<br />
- 18306 Entwässerungskanalarbeiten<br />
- 18308 Drainarbeiten<br />
- 18317 Verkehrswegebauarbeiten –Oberbauschichten aus Asphalt<br />
Es kann dem bautechnischen Laien nicht zugemutet werden sich über die einschlägigen<br />
<strong>ATV</strong> „kundig“ zu machen, zumal er gar nicht wissen muss, welche Ausführungsart der<br />
Auftragnehmer wählt und welche konkreten Einzelarbeiten anfallen werden. Dagegen<br />
kann der sachkundige und mit den einschlägigen <strong>ATV</strong> vertraute Unternehmer ab-<br />
schätzen, welche Regelungen maßgeblich für die gesamte Bauleistung werden sollen;<br />
umso mehr wird dies gelten, wenn der Unternehmer von vorne herein eine bestimmte<br />
Ausführungsart wählt und seinem Angebot und damit dem abzuschließenden Bauver-<br />
trag zu Grunde legt.<br />
Aus diesem Grunde sollten sich in einer solchen Situation die Vertragspartner von vor-<br />
neherein im Vertrag bzw. durch eine zusätzliche Erklärung absichern und dafür Sor-<br />
ge tragen, dass auch die <strong>VOB</strong>/C in dem für die vertragsgegenständlichen Bauleis-<br />
tungen maßgeblichen Umfang wirksam mit einbezogen wird. Es kann sich dabei emp-<br />
fehlen, etwa die im gewählten Beispiel für die konkrete Bauleistung „typischen“ und<br />
einschlägigen Einzel-<strong>ATV</strong> zusätzlich zu vervielfältigen und gegen Bestätigung im<br />
Bauvertrag dem Vertragspartner auszuhändigen. 40<br />
1.5 Einbeziehung <strong>VOB</strong>/C in den BGB-Bauvertrag<br />
Ist im gewählten Beispiel etwa nur der Abschluss eines BGB-Bauvertrages nach den<br />
Regeln der §§ 631 <strong>ff</strong>. BGB abgeschlossen und ist dort zusätzlich die Geltung der<br />
<strong>VOB</strong>/C –auch ohne <strong>VOB</strong>/B - vorgesehen, ist die ausdrückliche Vereinbarung der ge-<br />
samten <strong>VOB</strong>/C oder zumindest die Vereinbarung der für die jeweilige vertragliche Bau-<br />
leistung entsprechenden <strong>ATV</strong> nach § 305 Abs. 2 BGB im beschriebenen Sinne unbe-<br />
dingt zu empfehlen. 41 Denn wenn –nur –die Bestimmungen der <strong>VOB</strong>/C gelten sollen<br />
40 Grauvogl, Jahrbuch Baurecht 1998, Die <strong>VOB</strong> Teil C und der Bauvertrag 315, 331. Tempel NZBau<br />
2003, 465 <strong>ff</strong>.469 will dies wenigstens bei einer Einbeziehung der <strong>VOB</strong>/C für den BGB-Vertrag gelten<br />
lassen, ebenso Beck´scher <strong>VOB</strong>-Kommentar, <strong>VOB</strong> Teil C /Motzke, Syst V Rdn 20 <strong>ff</strong>.<br />
41 Zur Problematik der Einbeziehung der <strong>VOB</strong> Teil C vgl. Grauvogl aaO, dort Seite 333 <strong>ff</strong>. mwN und vor<br />
allem auch Beck´scher <strong>VOB</strong>-Kommentar, <strong>VOB</strong> Teil C /Vogel, Syst V Rdn 19 <strong>ff</strong> mwN<br />
15
und nicht auch die <strong>VOB</strong>/B, fehlt es bereits an der „Stafelverweisung“ eines § 1 Satz 1<br />
<strong>VOB</strong>/B mangels dessen Geltung. Wer keine Zweifel o<strong>ff</strong>en lassen will, sollte die hier be-<br />
handelten Vorgaben zur Einbeziehung der <strong>VOB</strong>/C <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> <strong>ff</strong>. unbedingt einhal-<br />
ten. Dies vor alem dann wenn nur ein „Baulaie“ Vertragspartner ist. Nachdem der BGH<br />
(auch) die Bestimmungen der <strong>VOB</strong>/C grundsätzlich als AGB charakterisiert hat, verbleibt<br />
doch eine ganz erhebliche Unsicherheit, ob diese <strong>Allgemeine</strong>n <strong>Technische</strong>n Vertrags-<br />
bedingungen eine Art „baugewerbliche Verkehrssite“ oder eine „Subsidiärordnung“ dar-<br />
stelen und auf diese Weise „stilschweigend“ auch in einen BGB-Werkvertrag einbezo-<br />
gen werden können. 42 Wenngleich eine solche Lösung zumindest für die „Bauinteres-<br />
sierten“ charmante Züge hat, dürfte sie in der Praxis doch erhebliche Abgrenzungs-<br />
schwierigkeiten ergeben. Dies schon deshalb, weil dann innerhalb der <strong>VOB</strong>/C wieder<br />
unterschieden werden müsste, ob etwa eine „alte“ und seit Jahren bestehende <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong><br />
18300 –Erdarbeiten schon eine solche Verkehrssitte darstellt oder in gleichem Masse<br />
etwa auch die <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> 18321 - Düsenstrahlarbeiten, die noch ganz „jung“ erst im Jahre<br />
2002 eingeführt wurde.<br />
2. Bedeutung des Inhaltes der <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> (<strong>ff</strong>.) im Bauvertrag<br />
Für jeden Bauvertrag über die Ausführung von Bauarbeiten gelten die gesetzlichen<br />
Normen der §§ 631 <strong>ff</strong>. BGB. Soweit die dortigen Bestimmungen dispositiv sind, werden<br />
sie bei Vereinbarung der <strong>VOB</strong>/B (und damit auch der <strong>VOB</strong>/C) durch die in diesen Re-<br />
gelwerken enthaltenen Bestimmungen ergänzt bzw. ersetzt.<br />
Einigkeit besteht darüber, dass die <strong>VOB</strong> als Teil der zivilen Rechtsordnung anzusehen<br />
ist. Sie ist eine bewährte Vertragsordnung für den Bereich des privaten Baurechts dar.<br />
Auch die Frage nach ihrer "rechtlichen Qualifizierung" ist beantwortet und braucht des-<br />
halb vor allem für den Teil A und B der <strong>VOB</strong> hier nicht weiter vertieft werden. 43 Es stellt<br />
die herrschende Meinung dar, dass die <strong>VOB</strong> insgesamt wegen ihrer allgemeinen<br />
Verbreitung in der Bauwirtschaft einen Anhaltspunkt dafür bietet, was im Bauge-<br />
werbe als üblich und den Beteiligten zumutbar angesehen werden kann. Das gilt nur,<br />
soweit ihre Vorschriften sachlich nicht im Widerspruch zu denjenigen des BGB stehen.<br />
Die <strong>VOB</strong>/B kann zur ergänzenden Auslegung eines Bauvertrages herangezogen wer-<br />
den, wenn eine Frage weder gesetzlich noch vertraglich geregelt ist. 44 Damit steht auch<br />
42<br />
Beck´scher <strong>VOB</strong>-Kommentar, <strong>VOB</strong> Teil C /Motzke, Syst IV Rdn 44 <strong>ff</strong>., 84; Ablehnend Tempel NZBau<br />
2003, 465 <strong>ff</strong>.469.<br />
43<br />
Ingenstau/KorbionVygen aaO, Einleitung Rdnr 18 <strong>ff</strong>.;<br />
Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur <strong>VOB</strong> Teile A und B, 9. Auflage, Rdnr. 29 und 30, A § 9.3<br />
Rdnr. 7 mwN.<br />
44<br />
in Ingenstau/Korbion/Vygen, aaO, Rdnr. 32; BGH SFH Z.2.0. Bl. 3; OLG München SFH Z 2.0. Bl. 4<br />
16
fest, dass die <strong>VOB</strong>, also auch der Teil C vor allem Vertragscharakter aufweist und ei-<br />
ne <strong>Allgemeine</strong> Vertragsbedingung darstellt.<br />
2.1 Der Gesetzgeber hat sowohl in der alten Bestimmung des § 23 Abs.2 Nr.5 AGBG als<br />
auch nach der Reform des Schuldrechts jetzt in den §§ 308 Nr. 5 b und 309 Nr. 8 b <strong>ff</strong><br />
BGB die "Verdingungsordnung für Bauleistungen Teil B“besonders erwähnt und dort<br />
diese AGB-Regelungen für nicht anwendbar erklärt. Dabei wurde schon im (alten) §<br />
23 Abs. 2 Nr. 5 AGBG keine Unterscheidung zwischen den Teilen B und C getro<strong>ff</strong>en, ja<br />
eine solche überhaupt nicht erwähnt. Seit der Schuldrechtsreform im Jahre 2002 erfolgt<br />
im reformierten BGB auch nur noch die Verweisung auf den Teil B der <strong>VOB</strong>. Da nach<br />
der amtlichen Begründung 45 zu den §§ 308 und 309 BGB der „status quo“ der <strong>VOB</strong>/B<br />
und deren bisher geltenden „Privilegierung“nicht geändert werden sollte, geht die herr-<br />
schende Meinung in Literatur und Rechtsprechung für den Bereich der <strong>VOB</strong>/B auch<br />
weiterhin (noch) von dieser Privilegierung der <strong>VOB</strong>/B aus. Allerdings ändert dies nichts<br />
daran dass deren Regelungen und auch die Bestimmungen der <strong>VOB</strong>/C und damit aller<br />
<strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> <strong>ff</strong>. den Charakter von <strong>Allgemeine</strong>n Geschäftsbedingungen im Sinne des<br />
§ 305 Abs. 1 BGB aufweisen. 46 Durch die jetzt erfolgte Entscheidung des BGH 47 zum<br />
Charakter (wenigstens) der Abrechnungsbestimmungen der <strong>VOB</strong>/C als AGB ist ein<br />
klarstellender Schritt erfolgt, der in der baurechtlichen Beratung zu beachten ist.<br />
2.2 Bei der Behandlung der der <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> (<strong>ff</strong>.) als <strong>Allgemeine</strong> Geschäftsbedin-<br />
gung ist dennoch auch künftig innerhalb der dortigen Abschnitte 0 bis 5 eine Dif-<br />
ferenzierung geboten. Es ist von einer „Doppelnatur“ der <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> (f.)<br />
auszugehen. 48 Je nach Abschnitt und auch Einzelformulierung können die dorti-<br />
gen Bestimmungen einmal mehr „technisches Regelungsgehalt“ aufweisen oder<br />
mehr als „Algemeine Geschäftsbedingung“ eingestuft werden.<br />
2.3 Aus dem vorangestellten Hinweis in Abschnitt 0 der <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> (und in<br />
allen folgenden <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> 18300 <strong>ff</strong>.) ergibt sich die Klarstellung, dass alle im Ab-<br />
schnitt 0 der <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> <strong>VOB</strong>/C enthaltenen Hinweise zur Aufstellung der<br />
Leistungsbeschreibung „nicht Vertragsbestandteil“werden. Vielmehr soll<br />
deren Beachtung lediglich Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Leistungs-<br />
45 siehe hierzu amtliche Begründung BT-Drucksache 14/6040, Seite 154 mit den dortigen Verweisen auf<br />
die Rspr. Kratzenberg, Der Beschluss des DVA-Hauptausschusses zur Neuherausgabe der <strong>VOB</strong> 2002 in<br />
NZBau 2002, 177 <strong>ff</strong>. mwN.<br />
46 BGH NJJW 1983, 806; zuletzt kritisch zur <strong>VOB</strong>/B Tempel, Ist die <strong>VOB</strong>/B noch zeitgemäß? in NZBau<br />
2002, 465 <strong>ff</strong>., 468; für den Teil C der <strong>VOB</strong> auch OLG Düsseldorf NJW-RR 1992, 217;<br />
47 BGH, BauR 2004, 1438 = NZBau 2004, 500 = IBR 2003, 647.<br />
48 Beck´scher <strong>VOB</strong>-Kommentar, <strong>VOB</strong> Teil C /Motzke, Syst III Rdn 55 <strong>ff</strong>.<br />
17
eschreibung nach § 9 <strong>VOB</strong>/A sein. Damit fehlt es bereits am Merkmal der „Ver-<br />
tragsbedingung“ nach § 305 Abs. 1 BGB, die dortigen Regelungen werden eben<br />
gerade nicht in den Bauvertrag einbezogen, mithin können diese „Hinweise“ in<br />
Abschnitt 0 auch nicht den Charakter einer <strong>Allgemeine</strong>n Geschäftsbedingung<br />
haben. Allerdings können die dortigen Hinweise im Rahmen des vorvertragli-<br />
chen Vertrauensverhältnisses nach § 311 Abs. 1 BGB durchaus von Bedeu-<br />
tung sein, legen sie doch den beiden Verhandlungspartnern wechselseitige<br />
Schutzpflichten auf, bei deren schuldhafter Verletzung es zu Ersatzansprüchen<br />
kommen kann. 49<br />
2.4 Ebenso werden auch die Bestimmungen der Abschnitte 1 und 2 –Geltungsbe-<br />
reich und Sto<strong>ff</strong>e, Bauteile –der <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> kaum als „typische“ <strong>Allgemeine</strong> Ge-<br />
schäftsbedingungen gelten können. Zwar werden sie ohne Zweifel Vertragsbe-<br />
standteil, ihr Regelungsgehalt zielt aber weniger auf das „Wie“ der Abwicklung<br />
eines Bauvertrages und die Verteilung einzelner Rechte und Pflichten ab. Die<br />
vor allem in den Klauselverboten der §§ 308 und 309 BGB enthaltenen Rege-<br />
lungsbereiche –z. B. Fiktion des Zuganges von Willenserklärungen oder Rege-<br />
lungen zur Vertragsstrafe –werden in diesen beiden ersten Abschnitten nicht<br />
berührt. Vielmehr tri<strong>ff</strong>t Abschnitt 1 vor allem nur eine Abgrenzung zum Gel-<br />
tungsbereich gegenüber anderen <strong>ATV</strong> und anderen technischen Normen<br />
und zum Vorrang der Spezialnormen der <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> 18300 <strong>ff</strong>. <strong>VOB</strong>/C. Damit<br />
ist auch die Gefahr einer Kollision mit den Bestimmungen der §§ 305 bis<br />
310 BGB in der Praxis auszuschließen. In gleicher Weise ist es berechtigt, für<br />
den Abschnitt 2 Sto<strong>ff</strong>e und Bauteile der <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> <strong>ff</strong>. den Schluss zu<br />
ziehen, dass es sich hier nicht um „typische“ <strong>Allgemeine</strong> Geschäftsbedin-<br />
gungen iSd der vorgenannten gesetzlichen Bestimmungen handelt sondern das<br />
vertragsrechtliche Moment in den Hintergrund tritt, während der technisch be-<br />
schreibende Charakter der Regelungen in den genannten Abschnitten den<br />
Schwerpunkt bildet. Es werden vor allem generelle technische Anforderun-<br />
gen an die Sto<strong>ff</strong>e und Bauteile der auszuführenden bauvertraglichen Leistung<br />
beschrieben, und konkretisiert, also welche "Standardqualität" bzw. welche<br />
„Normalausführung“ 50 sie wenigstens aufweisen muss, um als vertragsgemäße<br />
49 Beck´scher <strong>VOB</strong>-Kommentar, <strong>VOB</strong> Teil C /Motzke, Syst III Rdn 3 und 4.<br />
50 Ingenstau/Korbion/Vygen aaO, Einleitung Rdnr. 22; Grauvogl aaO. Seite 330 <strong>ff</strong>.; aaO. Vogel, Die<br />
<strong>VOB</strong>/C –terra incognita in BauR 2000, 345 <strong>ff</strong>.<br />
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Leistung eingestuft werden zu können. Damit haben wir es in diesem Abschnitt<br />
mit einer „technischen Regel“ zu tun.<br />
2.5 Abschnitt 3 bis 5 der <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> (und aller folgenden <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> 18300)<br />
kommt dagegen eine gesteigerte vertragliche Bedeutung für die Abwicklung<br />
des Bauvertrages zu. Auf den ersten Blick tre<strong>ff</strong>en die Abschnitte 3.1. bis 3.3<br />
<strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> nur Aussagen zur Lage und Erkundung von sog. Sparten, also Ver-<br />
sorgungs- und Entsorgungsleitungen sowie zu freizuhaltenden Flächen bzw.<br />
schließlich zum Umgang mit Schadsto<strong>ff</strong>en. Gewerkespezifisch werden auch in<br />
alen übrigen <strong>ATV</strong> in diesem Abschnit Regelungen für die „Ausführung“ der je-<br />
weiligen Bauleistung getro<strong>ff</strong>en. Damit werden zugleich auch bestimmte Ver-<br />
tragspflichten aus dem Bauvertrag zwischen Auftraggeber und Auftrag-<br />
nehmer konkretisiert und festgelegt, welche vertraglichen Konsequenzen<br />
sich aus der notwendigen Beachtung z.B. bei der Erkundung von und Sicherung<br />
von Versorgungsleitungen ergeben. Durch die explizite Verweisung auf den Ab-<br />
schnitt 4.2 –Besondere Leistungen wird zugleich auch in das System der ver-<br />
traglich vereinbarten Vergütung eingegri<strong>ff</strong>en und diese aufgebrochen. § 2 Nr.<br />
1 <strong>VOB</strong>/B stellt klar, dass mit den vereinbarten (Einheits-)Preisen alle Leistungen<br />
abgegolten sind, die nach den …Algemeinen <strong>Technische</strong>n Vertragsbedingun-<br />
gen … zur Leistung zählen. Hiernach zählen dazu sicherlich alle Nebenleistun-<br />
gen nach Abschnitt 4.1 aller <strong>ATV</strong>. Diese Nebenleistungen müssen, da zur Ver-<br />
tragsleistung zählend, nach Abschnitt 0.4.1 nicht einmal in der Leistungsbe-<br />
schreibung erwähnt werden 51 , es sei denn, wenn ihre Kosten für die Preisbil-<br />
dung von erheblicher Bedeutung sind. Dagegen zählen die Besonderen Leis-<br />
tungen nach Abschnitt 4.2 nicht zu den mit der Vertragspreisen nach § 2<br />
Nr. 1 <strong>VOB</strong>/B abgegoltenen Vertragsleistung, Vielmehr müssen solche Leis-<br />
tungen ausdrücklich nach Abschnitt 0.4.2 in der Leistungsbeschreibung genannt<br />
werden, ja es sind sogar eigene Positionen dafür vorzusehen. Fehlt eine solche<br />
„Erwähnung“ in der Leistungsbeschreibung, steht dem Auftragnehmer im Falle<br />
der Ausführung solcher Besonderer Leistungen eine gesonderte Vergü-<br />
tung nach § 2 Nr. 6 <strong>VOB</strong>/B zu. 52 Dies gilt für alle Abschnitte 4.2 der <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong><br />
<strong>18299</strong> bis 18451 <strong>VOB</strong>/C, in denen nur beispielhaft und nicht abschließend „typi-<br />
51 Auf diese Unterscheidung weist Kapellmann in seiner Stellungnahme zum Traggerüstfall völlig zu<br />
Recht hin - Kapelmann, Der BGH und die „Konsolentraggerüste“ –Bausollbestimmung durch die <strong>VOB</strong>/C<br />
oder die „konkreten Verhältnisse“ NJW 2005, Seite 182 f.<br />
52 Kapellmann/Schi<strong>ff</strong>ers, aaO., Rdnr. 1116 mwN.<br />
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sche“ Detaileistungen für die verschiedenen Stadien der Abwicklung eines Bau-<br />
vertrages genannt sind. Diese zählen bei fehlenden vertraglichen Regelungen<br />
gerade nicht zu den vertraglich ohnehin - vergütungsfreien –Nebenleistungen<br />
des Abschnitts 4.1 und damit auch nicht zum geschuldeten „Bausol“.<br />
2.6 Schließlich greift Abschnitt 5 mit seinen Festlegungen zur Abrechnung in<br />
den zahlreichen Spezialnormen der <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> 18330 <strong>ff</strong>. in den Bereich der Vergü-<br />
tung ein. Dort ist das „Wie“ der Abrechnung und damit auch zugleich die<br />
Abwicklung des Aufmasses und der Abrechnung nach § 14 <strong>VOB</strong>/B geregelt.<br />
Zwar begnügt sich die Universalnorm <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> hier mit einem eher allgemei-<br />
nen Hinweis zur Leistungsermittlung nach Plänen und Zeichnungen; schon in<br />
der folgenden <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong> 18300 –Erdbau sind aber konkrete Regelungen zur<br />
Massenermittlung enthalten. So werden z.B. in Abschnitt 5.3 konkrete Vorgaben<br />
zum Abzug bestimmter Raummaße bei Hinterfüllungen angegeben. Dass dies<br />
Auswirkung auf die Vergütung haben kann, versteht sich von selbst. Gerade auf<br />
diese Abrechnungsbestimmungen zielt die bereits mehrfach erwähnte Ent-<br />
scheidung des BGH ab, in der der Charakter der <strong>VOB</strong>/C als „Algemeine Ge-<br />
schäftsbedingungen“unzweifelhaft bestätigt wird. 53<br />
In diesen Abschnitten 3 bis 5 der <strong>DIN</strong> <strong>18299</strong> werden also nahezu keine „techni-<br />
sche Regeln“ aufgestelt, sondern konkrete Festlegungen und Abgrenzungen<br />
zum vereinbarten Vertragsumfang (= Bausoll) und zur Abrechnung mit mögli-<br />
chen erheblichen Auswirkungen auf die zu entrichtende Vergütung getro<strong>ff</strong>en. 54<br />
Mithin sind die Abschnitte 3 bis 5 gerade keine technische Vorgaben bzw. tech-<br />
nische Regeln zur ordnungsgemäßen Ausführung einer Bauleistung, sondern sie<br />
bestimmen vielmehr das „Wie“ der jeweils von den Vertragspartnern zu erbrin-<br />
genden Pflichten und Leistungen. Sie bestimmen nachhaltig das Bausoll und<br />
damit den Inhalt der Vertragsleistung. Damit kommt diesen Abschnitten 3 und<br />
4 aller <strong>ATV</strong> eine erhebliche vertragsrechtliche Bedeutung zu, sie sind als „echte“<br />
<strong>Allgemeine</strong> Geschäftsbedingungen einzustufen. Damit unterliegen sie also auch<br />
der Inhaltskontrolle nach den §§ 305 <strong>ff</strong>. BGB. 55<br />
53<br />
BGH, BauR 2004, 1438 = NZBau 2004, 500 = IBR 2003, 647.<br />
54<br />
Mantsche<strong>ff</strong>, Die Bestimmungen der <strong>VOB</strong>/C und ihre vertragsrechtliche Bedeutung in Festschrift für<br />
Korbion, S. 245 <strong>ff</strong> mwN<br />
55<br />
So auch Vogel, aaO, Seite 346; ausdrücklich Kapellmann/Schi<strong>ff</strong>ers aaO., 133.<br />
20
IV. Fazit:<br />
Es ist nachvollziehbar, dass nach der eigenen Aufgabenstellung des DVA die<br />
<strong>VOB</strong> insgesamt eine „Vergabe- und Vertragsordnung“sein will. Sowohl his-<br />
torisch wie auch aktuell werden dabei (auch) die Einzelregelungen der <strong>ATV</strong> <strong>DIN</strong><br />
<strong>18299</strong> (<strong>ff</strong>.) der <strong>VOB</strong>/C gerade nicht vom <strong>DIN</strong> oder nach Maßgabe der Nor-<br />
mungsvorgaben der <strong>DIN</strong> 820 Teil 1 erstellt, sondern nur über das <strong>DIN</strong> veröf-<br />
fentlicht. Damit kann die <strong>VOB</strong>/C auch nicht als „anerkannte Regel der Tech-<br />
nik“eingestuft werden. Sie war und ist vielmehr Teil einer baurechtlichen Ver-<br />
tragsordnung. Es ist einzuräumen, dass die Abschnitte 1 und 2 eher Techni-<br />
sche Inhalte aufweisen und nicht als „typische“ Algemeine Geschäftsbedingun-<br />
gen nach den § 305 <strong>ff</strong>. BGB angesehen werden können. Vor allem aber die Ein-<br />
zelregelungen in den Abschnitten 3 bis 5 enthalten im Vergleich zu den dorti-<br />
gen nur „technischen“ Aussage überwiegende erhebliche vertragsrechtliche<br />
Gestaltungselemente. Sie bestimmen hier vor allem auch das „Wie“ der ver-<br />
traglichen Bauabwicklung und haben auch erheblichen Einfluss auf den Ver-<br />
gütungsumfang. Nachdem auf diese Weise in die beiderseitigen Rechte und<br />
Pflichten der Vertragspartner eingegrifen wird, handelt sich auch um „vorformu-<br />
lierte“ Bedingungen, die gleichzeitig für eine „Vielzahl“ von Bauverträgen gelten<br />
sollen. Damit haben die Regelungen der <strong>DIN</strong> <strong>ATV</strong> <strong>18299</strong> (<strong>ff</strong>.) vor allem den<br />
Charakter <strong>Allgemeine</strong>r Geschäftsbedingungen nach den §§ 305 <strong>ff</strong>. BGB, sie<br />
müssen ausdrücklich zum Bestandteil eines Bauvertrag erklärt und in die-<br />
sen auch unter Beachtung des § 305 Abs. 2 BGB einbezogen werden.<br />
RA Josef Grauvogl –Pfa<strong>ff</strong>enhofen / Ilm<br />
Lehrbeauftragter für Tiefbaurecht<br />
FH Hannover<br />
<strong>VSVI</strong> <strong>Hessen</strong> e.V.<br />
Februar 2005<br />
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