23.04.2013 Aufrufe

Kilwibrauch von Robert Scherer, Auszug aus Südkurier vom 20

Kilwibrauch von Robert Scherer, Auszug aus Südkurier vom 20

Kilwibrauch von Robert Scherer, Auszug aus Südkurier vom 20

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Kilwibrauch</strong> <strong>von</strong> <strong>Robert</strong> <strong>Scherer</strong>, <strong>Auszug</strong> <strong>aus</strong> dem <strong>Südkurier</strong> <strong>vom</strong> <strong>20</strong>.10 <strong>20</strong>03<br />

Kilwi, das Kirchweihfest, war einst ein Fest des Essens und Trinkens wie kein<br />

anderes kirchliches Fest im Jahreskreis. Kaiser Joseph II. <strong>von</strong> Österreich hatte, <strong>aus</strong><br />

Gründen der Sparsamkeit, verfügt, dass alle Pfarrorte in seinem Reich am dritten<br />

Sonntag im Oktober das Fest der Kirchenweihe zu feiern hätten.<br />

Die Kirchengemeinden nahmen diese Anordnung zwar gerne an, verzichteten aber<br />

trotzdem nicht auf ihr ganz spezielles Kirchweihfest. So bekam das staatlich<br />

verordnete Kirchweihfest einen völlig anderen Stellenwert.<br />

Das Landvolk machte am Ende der schweren Arbeit in Feld und Wald ein lustiges<br />

Fest dar<strong>aus</strong> mit Spiel, Tanz auf der Tenne, vor allem aber mit allem, was Küche und<br />

Keller aufbieten konnten. Es wurde für Kilwi, alemannisch Chilbi, extra gebacken und<br />

geschlachtet und es galt die eiserne Regel: Jeder durfte essen und trinken, soviel er<br />

nur konnte und wollte.<br />

Geblieben ist <strong>von</strong> der einstigen Kilwiherrlichkeit nicht mehr viel. Da und dort noch der<br />

Kilwitanz und der Kilwimarkt und in der Raumschaft um Furtwangen die zwei<br />

Besonderheiten, die hauchdünnen, fettgebackenen Kilwiküchle und das Kilwifeuer.<br />

Letzteres entstand <strong>aus</strong> dem Brauch, wonach die Hirtenbuben am Kilwisamstag das<br />

vorher gut getrocknete Kartoffelkraut verbrennen durften nach dem Motto: Wer hat<br />

das größte Feuer. In manchen Orten, etwa in Schönwald, war es Ehrensache, dass<br />

kein Holz, kein Reisig darunter geschmuggelt wurde.<br />

Der heiße, trockene Sommer hatte nicht nur für zundertrockenes Holz gesorgt,<br />

sondern auch für <strong>aus</strong>getrocknete Fluren und somit für Brandgefahr. So wurde die<br />

Samstagnacht für einige Väter, die die Brandwache stellten eine sehr lange.<br />

In Furtwangen sammeln die Jugendlichen, aber auch die Eltern mit ihren Kindern oft<br />

schon Tage vor Kilwi Holz in den umliegenden Wäldern zusammen, um es dann auf<br />

den umliegenden Bergen zu riesigen Holz- und Reisigstößen aufzuschichten.<br />

Um die mitgebrachten Kartoffeln und Würste zu grillen, werden in einiger Entfernung<br />

<strong>vom</strong> richtigen „Kilwifiir“ kleine Vorfeuer entfacht. Oft werden auch ganze Tafeln mit<br />

Kilwiküchle, Most, Wein, Zwiebelkuchen, Kinderpunsch, Kaffee und Kuchen<br />

hergerichtet.<br />

Bei Anbruch der Dunkelheit werden dann die Kilwifeuer angezündet, und innerhalb<br />

weniger Minuten sieht man dann an allen Bergen um die Stadt die Flammen lodern.<br />

Wenn dann die Kilwifeuer an den Bergen brennen, ziehen die Kinder mit den<br />

selbstgemachten Lampions durch die Stadt und singen das Lied:<br />

„Hit isch Kilwi, morn isch Kilwi bis em Zischtig z’Obe,<br />

wenn i zue d’r Lisbet kumm, sag i guate Obe.<br />

Guate Owe Lisebet, sag mer wo di Bettli steht,<br />

hint’rem Ofe an d’r Wand, s’Kiachlibache isch kai Schand.“<br />

Sie klingeln an den Wohnungstüren und bitten um eine kleine Gabe. Die Bürger<br />

haben mit Liebe ihre Anwesen mit Kürbissen und Kilwigeister geschmückt, und am<br />

Sonntag wird dann Erntedank gefeiert.<br />

Leider haben in der Vergangenheit einige Unverbesserliche den Sinn der Kilwi und<br />

des Erntedankfestes darin gesehen, den Abend im Alkoholr<strong>aus</strong>ch und im<br />

Zerstörungstrubel zu verbringen.


Zwiebelkuchenbacken in der Arche

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!