42628_HANIEL L+D_06_D - Haniel Stiftung
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LECTURES & DISCUSSIONS<br />
DIE INTERNATIONALE WETTBEWERBSFÄHIGKEIT<br />
DEUTSCHER UNTERNEHMEN<br />
UND DIE ROLLE DER EUROPÄISCHEN<br />
KOMMISSION
LECTURES & DISCUSSIONS<br />
DIE INTERNATIONALE WETTBEWERBSFÄHIGKEIT<br />
DEUTSCHER UNTERNEHMEN<br />
UND DIE ROLLE DER EUROPÄISCHEN<br />
KOMMISSION<br />
Sechste <strong>Haniel</strong> Lecture<br />
Duisburg, 25. November 2004
Inhalt<br />
Einleitung<br />
Franz M. <strong>Haniel</strong> 5<br />
Die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen<br />
und die Rolle der Europäischen Kommission<br />
Frits Bolkestein 11<br />
Professor Dr. Jürgen Kluge 21<br />
Über die Referenten 30<br />
Teilnehmer 32<br />
3
Franz M. <strong>Haniel</strong><br />
4<br />
EINLEITUNG
Die <strong>Haniel</strong> <strong>Stiftung</strong> hat mit den <strong>Haniel</strong> Lectures<br />
ein Forum geschaffen, auf dem wichtige<br />
gesellschafts- und wirtschaftspolitische Fragen<br />
diskutiert werden und – so Sie alle mitwirken –<br />
ihrer Lösung ein wenig näher gebracht werden.<br />
Im Mittelpunkt unseres Interesses steht die europäische<br />
Integration. Wir haben deshalb unseren<br />
Blick in den bisherigen Lectures seit 1993,<br />
von einer Ausnahme abgesehen, stets auf<br />
Europa gerichtet: Wir beschäftigten uns mit<br />
den Maastrichter Verträgen, anschließend mit<br />
der EU-Osterweiterung, dann mit der Frage:<br />
„Warum noch Europa in Zeiten der Globalisierung?“<br />
»Im Mittelpunkt unseres Interesses<br />
steht die europäische Integration.«<br />
Im letzten Jahr schließlich tauchte Europa zwar<br />
nicht im Titel der Veranstaltung auf, bildete aber<br />
einen Pol des Spannungsfeldes, das uns interessierte:<br />
„Hegemonie oder Partnerschaft?“ lautete<br />
unsere Frage zum Zustand und zur Zukunft<br />
der transatlantischen Beziehungen.<br />
Heute Abend wenden wir uns wieder Europa<br />
zu mit einem Thema, das seit jeher aktuell war<br />
und immer sein wird: Wie steht es um die Wettbewerbsfähigkeit<br />
deutscher Unternehmen und<br />
welche Rolle spielt dabei die Europäische Kom-<br />
EINLEITUNG<br />
FRANZ M. <strong>HANIEL</strong><br />
mission? Es ist mir eine große Freude, dass wir<br />
auch dieses Thema wie immer auf höchstem<br />
Niveau diskutieren können – hierarchisch wie<br />
intellektuell.<br />
Ich begrüße Herrn Frits Bolkestein als unseren<br />
ersten Redner heute Abend. Herr Bolkestein,<br />
Sie waren von 1999 bis 2004 in der Euro-<br />
5
Franz M. <strong>Haniel</strong><br />
6<br />
EINLEITUNG<br />
päischen Kommission zuständig für die Gene-<br />
raldirektionen „Binnenmarkt“ und „Steuern und<br />
Zollunion“, die neben der Generaldirektion<br />
„Wettbewerb“ die zentralen Schaltstellen für<br />
die europäische Wirtschaftspolitik darstellen.<br />
Man könnte sagen, dass Sie, Herr Bolkestein,<br />
als zuständiger EU-Kommissar für die Wett-<br />
bewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen<br />
die exekutive Hauptverantwortung getragen<br />
haben – soweit dies die politischen Rahmenbedingungen<br />
betrifft.<br />
Sie kennen die Erfolgschancen und Zwänge<br />
des unternehmerischen Handelns aus eigener<br />
Erfahrung. Nach Abschluss Ihrer Studien in<br />
Mathematik, Physik, Philosophie, Griechisch,<br />
Wirtschaft und Jurisprudenz in den Vereinigten<br />
Staaten, in Amsterdam, London und Leiden waren<br />
Sie 16 Jahre für den Shell-Konzern in verschiedenen<br />
Ländern tätig, ehe Sie sich in der<br />
niederländischen Politik engagierten und diese<br />
über viele Jahre mitgestalteten: als Abgeordneter,<br />
Außenhandelsminister, Verteidigungsminister<br />
und zuletzt als Fraktionsvorsitzender<br />
der liberalen „Volkspartei für Freiheit und Demokratie“.<br />
Herr Bolkestein, herzlich willkommen<br />
und ich freue mich, dass Sie heute Abend<br />
bei uns sind!<br />
Eigentlich war vorgesehen, dass ich nun den<br />
Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, Herrn<br />
Wolfgang Clement, begrüßen darf. Leider musste<br />
der Herr Minister absagen, weil er kurzfristig<br />
bei einem wichtigen Treffen des Wettbewerbsfähigkeitsrats<br />
in Brüssel deutsche Interessen<br />
vertreten muss.<br />
So sehr ich bedauere, dass wir durch diese Absage<br />
um den Genuss gebracht werden, einer<br />
Diskussion über unser Thema sozusagen auf<br />
höchstem politischen Parkett zu folgen, so sehr<br />
freue ich mich, dass Herr Professor Dr. Jürgen<br />
Kluge als operational verantwortlicher Unternehmer<br />
und damit Betroffener der politischen<br />
Rahmengestaltung die Position der im Wettbewerb<br />
Tätigen vertritt.<br />
Herr Professor Kluge, Sie sind heute Office<br />
Manager von McKinsey Deutschland.<br />
In dieser Rolle helfen Sie<br />
nicht nur Ihren Klienten, Spitzenleistungen<br />
zu erbringen. Auch die<br />
Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit<br />
des Standorts Deutschland<br />
und des Standorts Europa haben<br />
Sie sich auf die Fahnen geschrieben.<br />
In diesem Zusammenhang setzen<br />
Sie sich insbesondere für ein besseres<br />
Bildungssystem ein und haben<br />
dazu zahlreiche konkrete<br />
Vorschläge in die Diskussion eingebracht,<br />
die Sie auch in mehreren<br />
Büchern und Beiträgen publiziert<br />
haben. Nach dem Physikstudium
in Köln mit dem Schwerpunkt experimentelle<br />
Laserphysik und Promotion an der Universität<br />
Essen kamen Sie 1984 als Berater zu McKinsey.<br />
Seit 1999 leiten Sie das deutsche Büro von<br />
McKinsey und lehren als Honorarprofessor an<br />
der TU Darmstadt.<br />
Wettbewerbsfähig zu bleiben bedeutet in der<br />
heutigen Zeit des immer schnelleren Wandels<br />
auch flexibel zu sein. Für Ihre Flexibilität, Herr<br />
Professor Kluge, möchte ich Ihnen ganz besonders<br />
danken. Ich freue mich sehr, dass Sie<br />
es nach der kurzfristigen Absage von Herrn<br />
Minister Clement möglich machen konnten, uns<br />
am heutigen Abend zur Verfügung zu stehen.<br />
Herr Professor Kluge, ich begrüße Sie herzlich<br />
und freue mich auf Ihren Vortrag.<br />
Das Thema, das Herr Bolkestein und Herr Professor<br />
Kluge heute Abend erörtern, ist ohne<br />
Zweifel von großem gesellschafts- und wirtschaftspolitischen<br />
Interesse. Es ist aber auch<br />
von besonderem Interesse für die <strong>Haniel</strong> <strong>Stiftung</strong>.<br />
Die <strong>Stiftung</strong> handelt zwar immer gemeinund<br />
nie eigennützig. Aber heute Abend denken<br />
wir ein wenig eigennützig, denn bei jeder<br />
Unternehmensstiftung gibt es eine natürliche Affinität<br />
zwischen der Arbeit der <strong>Stiftung</strong> auf der<br />
einen Seite und dem Profil des sie tragenden<br />
Unternehmens auf der anderen Seite. Und was<br />
liegt für uns näher, als sich ständig Gedanken<br />
über den Erhalt und Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit<br />
und damit den Fortbestand eines<br />
international agierenden, traditionsreichen Familienunternehmens<br />
zu machen?<br />
Die Franz <strong>Haniel</strong> & Cie., deren Geschichte bis<br />
in das Jahr 1756 zurückreicht, ist heute in mehr<br />
als 30 Ländern auf fünf Kontinenten tätig. In den<br />
sechs Unternehmensbereichen sind weltweit<br />
54.000 Mitarbeiter beschäftigt. Die Wettbewerbsfähigkeit<br />
unseres Unternehmens in einer<br />
globalen Ökonomie ist für uns eine besondere<br />
Herausforderung, der sich Management und<br />
Mitarbeiter tagtäglich zu stellen haben.<br />
Schlüssel für mehr Wettbewerbsfähigkeit ist<br />
Innovation. Europa verliert sowohl Forschungskapazitäten<br />
als auch Hightech-Produktion an<br />
»Die Wettbewerbsfähigkeit unseres Unternehmens<br />
in einer globalen Ökonomie ist für uns eine besondere<br />
Herausforderung, der sich Management und Mitarbeiter<br />
tagtäglich zu stellen haben.«<br />
andere Weltregionen. In den letzten zehn Jahren<br />
hat Europa rund acht Prozent seines globalen<br />
Exportanteils verloren. Im Vergleich zu den<br />
Vereinigten Staaten oder Japan sind die Investitionen<br />
in Forschung und Entwicklung zu gering.<br />
In der EU werden 1,9 Prozent des Bruttoinlandsproduktes<br />
für Forschung und Entwicklung<br />
ausgegeben, in den USA sind es fast drei<br />
Prozent. Dabei sind Forschungsgelder, Erfindergeist<br />
und Unternehmertum notwendig aber nicht<br />
hinreichend, um gegenüber der weltweiten Konkurrenz<br />
zu bestehen. Die politischen Rahmen-<br />
7
Franz M. <strong>Haniel</strong><br />
8<br />
EINLEITUNG<br />
»Die EU konnte beim Wachstum und der<br />
Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen<br />
den Rückstand zu den USA nicht verringern<br />
oder gar aufholen.«<br />
bedingungen spielen eben auch eine Rolle.<br />
Andere Länder bieten deutlich bessere Rahmenbedingungen<br />
als Deutschland: Forschungsergebnisse<br />
können schneller umgesetzt werden.<br />
Unternehmen müssen weniger Verwaltungsaufwand<br />
betreiben und finden dadurch dynamischere<br />
Märkte vor.<br />
Wichtig sind daher innovationsfreundliche und<br />
-fördernde gesetzliche Rahmenbedingungen.<br />
Man kann nicht einerseits in Brüssel neue<br />
Technologien mit EU-Förderprogrammen massiv<br />
unterstützen und andererseits die Vermarktung<br />
von zum Beispiel biotechnischen Verfahren und<br />
Produkten mit verbotsnahen Beschränkungen<br />
und unabsehbaren Haftungspflichten belegen.<br />
Rahmenbedingungen finden sich auf verschiedenen<br />
Ebenen: das reicht von der kommunalen<br />
bis zur globalen Ebene, von der Festsetzung<br />
der Hebesätze für die Gewerbesteuer bis hin<br />
zu internationalen Handelsabkommen und Urheberrechtsregelungen.<br />
Dazwischen liegen<br />
die nationale und die europäische Ebene,<br />
über die wir heute sprechen. Klar ist: Der<br />
Wirkungsgrad nationaler Politik hat im vereinten<br />
Europa abgenommen, die Bedeutung Brüssels<br />
zugenommen. 80 Prozent der Rahmengesetzgebungen,<br />
die heute für die Industrie<br />
gelten, kommen von der EU. Aber: bereits<br />
heute ist die EU die am stärksten regulierte<br />
Wirtschaftsregion der Welt. Allein im Umweltbereich<br />
haben wir seit 1990 mehr als 600<br />
EU-Richtlinien und -Verordnungen hinzu bekommen.<br />
Hier ist die EU Weltspitze, nur leider<br />
in der falschen Sportart.<br />
Ich bin der Meinung, dass bei den Politikern<br />
ein völlig neuer Denkansatz einsetzen muss. Als<br />
Leistungsnachweis darf nicht die Zahl neuer<br />
Gesetze zur Regulierung der Industrie, sondern<br />
nur deren Abbau gelten. Bestehende Regelungen<br />
müssen durchforstet und abgebaut werden,<br />
um Hindernisse für Innovation und Wachstum<br />
zu beseitigen.<br />
Nun wäre es zu optimistisch gedacht, dass auf<br />
einmal ein großer Kahlschlag bei den Vor-<br />
schriften und Richtlinien einsetzt. Ich erwarte<br />
vielmehr, daß es künftig eine wesentlich bessere<br />
Ausgewogenheit zwischen umwelt- und<br />
sozialpolitischen Anliegen einerseits und die<br />
Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen<br />
fördernden Maßnahmen andererseits gibt. Um<br />
dem schleichenden Verfall unserer Wettbewerbsfähigkeit<br />
entgegenzusteuern, hat der<br />
Europäische Rat bereits im März 2000 eine<br />
„Strategie zur wirtschaftlichen, sozialen und<br />
ökologischen Erneuerung“ – kurz: die Lissabon-<br />
Strategie – beschlossen.
Die EU soll binnen der nächsten zehn Jahre zur<br />
weltweit dynamischsten und wettbewerbsfähigsten<br />
Wirtschaft werden. Nach mehr als vier<br />
Jahren, also fast der Halbzeit, ist das Ergebnis<br />
dieser Strategie eher ernüchternd. Trotz aller<br />
guten Vorsätze konnte die EU beim Wachstum<br />
und der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen<br />
den Rückstand zu den USA nicht verringern<br />
oder gar aufholen. Es reicht eben nicht,<br />
wenn der Kommissionspräsident einmal im Jahr<br />
eine Rede zur Wettbewerbsfähigkeit hält. Auch<br />
wenn die Kommission natürlich die Mitgliedsstaaten<br />
nicht zu Reformen zwingen kann, so<br />
muss sie umso mehr über Mittel nachdenken,<br />
wie sie die Durchsetzbarkeit wichtiger Reformen<br />
gestalten kann. Dass die Ziele der Lissabon-Strategie<br />
vernünftig sind und im allgemeinen<br />
Interesse liegen, bestreitet niemand. Auch<br />
die makroökonomischen und gesellschaftspolitischen<br />
Rahmenbedingungen stimmen.<br />
Strittig sind aber bisweilen die Wege zur Erreichung<br />
dieser Ziele, nicht nur zwischen den<br />
verschiedenen politischen Ebenen und Akteuren,<br />
sondern auch zwischen Wirtschaft und Politik.<br />
So auch zwischen der deutschen Wirtschaft<br />
und der Europäischen Kommission. Lassen<br />
Sie mich ein kleines Beispiel geben: Wenn<br />
der Binnenmarkt-Kommissar Richtlinien für die<br />
Regelung der Unternehmensführung – Corporate<br />
Governance – vorlegt, um den Wettbewerb<br />
im Binnenmarkt transparenter und einheitlicher<br />
zu gestalten, diese Richtlinien aber<br />
gegen deutsche Unternehmens- und Rechtstraditionen<br />
verstoßen, fühlt sich die deutsche Wirtschaft<br />
wohl zu Recht herausgefordert.<br />
Was für die Kommission „Unabhängigkeit von<br />
Aufsichtsratsmitgliedern“ heißt, könnte auf<br />
Deutsch übersetzt werden mit:<br />
– Ende der Mitbestimmung in der bisherigen<br />
Form;<br />
– keine paritätische Besetzung von Aufsichtsrä-<br />
ten mehr;<br />
– keine Vertreter der Großaktionäre oder Vor-<br />
stände der Muttergesellschaften mehr im Auf-<br />
sichtsrat der Tochtergesellschaften.<br />
»Wenn der Binnenmarkt-Kommissar<br />
Corporate-Governance-Richtlinien vorlegt,<br />
diese aber gegen deutsche Unternehmens- und<br />
Rechtstraditionen verstoßen, fühlt sich die deutsche<br />
Wirtschaft wohl zu Recht herausgefordert.«<br />
Sehr geehrter Herr Bolkestein, sehr geehrter<br />
Herr Professor Kluge, Sie können sich denken,<br />
dass wir noch eine Vielzahl anderer strittiger<br />
Punkte bei der Konzeption dieser Veranstaltung<br />
im Sinn hatten. Wir erhoffen uns daher eine<br />
lebendige Diskussion. Ich freue mich sehr, dass<br />
wir als Moderatoren für die an die Vorträge anschließende<br />
Diskussion Herrn Dr. Uwe Jean<br />
Heuser, Leiter Wirtschaftsressort Die Zeit, sowie<br />
Herrn Roger de Weck, Publizist und Gastprofessor<br />
am Europa Kolleg in Brügge, gewinnen<br />
konnten.<br />
Meine Herren, ich bin gespannt auf Ihre Vorträge.<br />
9
Frits Bolkestein<br />
10<br />
DIE INTERNATIONALE WETTBEWERBSFÄHIGKEIT DEUTSCHER UNTERNEHMEN<br />
UND DIE ROLLE DER EUROPÄISCHEN KOMMISSION
DIE INTERNATIONALE WETTBEWERBSFÄHIGKEIT<br />
DEUTSCHER UNTERNEHMEN<br />
UND DIE ROLLE DER EUROPÄISCHEN<br />
KOMMISSION<br />
Die bisherigen Lesungen<br />
im Rahmen Ihrer<br />
alle zwei Jahre stattfindendenVeranstaltungen<br />
haben sich so<br />
wichtigen und strittigen<br />
Themen gewidmet<br />
wie der Frage,<br />
was Europa sei oder<br />
der Rolle Europas angesichtsfortschreitender<br />
Globalisierung.<br />
Gerade Letztere hat,<br />
tut es derzeit und<br />
wird auch in Zukunft<br />
eine ganz entscheidende<br />
Rolle spielen.<br />
Sie wird weiter voranschreiten. China wird<br />
die nächste große Herausforderung für uns alle.<br />
Und die gelegentlich kritisierte Globalisierung<br />
wird sich nicht aufhalten lassen. Es gibt,<br />
wie ich verschiedentlich schlagwortartig gesagt<br />
habe, keine Inseln der Glückseligen<br />
mehr, wenn es diese überhaupt jemals gab.<br />
Und bitte, meine Damen und Herren, ganz<br />
simpel ausgedrückt: Geiz ist geil, wie es allenthalben<br />
in Deutschland Mode zu sein<br />
scheint, ist nur wegen Wettbewerb und Globalisierung<br />
möglich! Denn nur dadurch sind<br />
preisbewusste Angebote möglich, die zu solchen<br />
Werbeslogans führen.<br />
FRITS BOLKESTEIN<br />
Der Titel der diesjährigen Lesung stellt eine direkte<br />
Verknüpfung zwischen der Wettbewerbsfähigkeit<br />
deutscher Unternehmen auf internationalem<br />
Parkett und dem Handeln der Europäischen<br />
Kommission her. Dies suggeriert, dass<br />
die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen<br />
in erster Linie von europäischen Regeln<br />
abhängt.<br />
Ich hatte mit Minister Clement bezüglich dieses<br />
Themas einen interessanten Briefwechsel um<br />
die Jahreswende 2002/2003. Wir waren uns<br />
einig, dass eine bessere Abstimmung der politischen<br />
Entscheidungen und rasche Beschlussfassung<br />
für die wichtigsten Vorlagen dringend<br />
nötig wären. Oder wie es in Minister Clements<br />
Antwort von Ende Februar 2003 hieß: „Wir<br />
müssen die gemeinsamen Grundsätze jetzt in<br />
der täglichen Arbeit mit Leben füllen.“ Ist das<br />
tatsächlich gelungen?<br />
Lassen Sie mich meine Ausführungen unterscheiden<br />
in<br />
– europäische Entscheidungen, die Einfluss auf<br />
die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unter-<br />
nehmen, aber natürlich auf alle europäischen<br />
Unternehmen, hatten bzw. haben werden und<br />
– einige interessante Ergebnisse von Studien,<br />
die zur Wettbewerbsfähigkeit und möglichen<br />
Auswirkungen Stellung genommen haben.<br />
11
Frits Bolkestein<br />
12<br />
DIE INTERNATIONALE WETTBEWERBSFÄHIGKEIT DEUTSCHER UNTERNEHMEN<br />
UND DIE ROLLE DER EUROPÄISCHEN KOMMISSION<br />
Also zunächst zu den europäischen Entschei-<br />
dungen, vornehmlich solche, die in meinen<br />
bisherigen Aufgabenbereich als Binnenmarktkommissar<br />
fielen.<br />
Finanzdienstleistungen: Oberstes Ziel meiner<br />
Arbeit war die Schaffung eines gemeinsamen<br />
Finanzmarktes. Der hierzu aufgestellte Finanzaktionsplan<br />
wurde erfolgreich abgearbeitet,<br />
aber nun muss er in der Praxis Anwendung<br />
finden, ja seine Bewährungsprobe bestehen.<br />
Die Finanzmärkte passen sich den veränderten<br />
Bedingungen an. Ein Beispiel ist die Schaffung<br />
der BaFin, einer branchenübergreifenden<br />
Finanzaufsicht. Viele Unternehmen erkennen die<br />
aus den Veränderungen erwachsenden Chancen.<br />
Aber der Prozess des Umdenkens ist damit<br />
noch nicht abgeschlossen.<br />
»Oberstes Ziel meiner Arbeit war die Schaffung<br />
eines gemeinsamen Finanzmarktes.«<br />
Basel II, also die neu ausgerichteten Eigenkapitalvorschriften<br />
für Finanzinstitute, ist innerhalb<br />
des Aktionsplans ein entscheidender Baustein.<br />
Es ist offensichtlich so, dass im Vorgriff auf Basel II<br />
einige deutsche Kreditinstitute die Versorgung<br />
mit Fremdkapital verschlechtert haben, was bedauerlich<br />
ist. Aber die neue Kultur einer möglichst<br />
objektiven Risikobewertung von Krediten ist<br />
zu begrüßen. Ich würde mir darüber hinaus sehr<br />
wünschen, dass mit Basel II in Deutschland ein<br />
Umdenken, weg von Kreditfinanzierung hin zu<br />
mehr Anlagekapital und einer deutlicheren<br />
Betonung von Eigenkapitalaufbau einsetzen<br />
würde. Dies kann vermutlich ohne Veränderungen<br />
im Steuersystem nicht gelingen.<br />
Graf Lambsdorff hat das in seinem zweiten<br />
Wendepapier, das des Jahres 2004, nachdem<br />
er das erste angesichts des Regierungswechsels<br />
1982 schrieb, auf den Punkt gebracht.<br />
Unter Punkt 3 konstatiert er sicher<br />
provokativ, dass Deutschland nur noch bei<br />
Steuern und Abgaben Weltmeister sei. Und er<br />
erinnert an die seit längerem bekannten Vorschläge<br />
des Beirates des Bundesfinanzministeriums,<br />
welches eine flat tax vorschlug bei<br />
gleichzeitiger Abschaffung der vielen Hundert<br />
Ausnahmetatbeständen.<br />
Zu diesem Themenkomplex gehört aber ein<br />
weiteres Element, welches ich häufig sehr kontrovers<br />
mit den verschiedenen Gesprächspartnern<br />
diskutiert habe. Ich habe nie einen Hehl<br />
daraus gemacht, dass ich der Auffassung bin,<br />
dass die Drei-Säulen-Struktur des deutschen<br />
Bankwesens nicht nur nicht mehr den Anforderungen<br />
angemessen ist, sondern eher hinderlich<br />
ist, um die Kultur der beinahe ausschließlichen<br />
Finanzierung von Investitionen über<br />
Kredite ändern kann. Und diese Ansicht hat<br />
weder etwas damit zu tun, dass ich die deutsche<br />
föderale Struktur nicht verstanden habe,<br />
noch damit, dass ich grundsätzlich Probleme<br />
mit Deutschland hätte, wie mir von einigen immer<br />
mal wieder vorgeworfen wurde.
Warum also sollte sich der deutsche Bankensektor<br />
anpassen? Natürlich kann man sich trefflich<br />
über die Synergieeffekte aus Zusammenschlüssen<br />
von Banken streiten. Aber der entscheidende<br />
Punkt ist, dass die deutschen<br />
Banken im internationalen Geschäft zwar bedeutende<br />
Mitspieler sind, aber gleichzeitig von<br />
der Eigenkapitalrendite sowie ihrem Börsenwert<br />
her betrachtet, Leichtgewichte sind. Der<br />
stark verzweigte staatliche Sektor der Sparkassen<br />
und Landesbanken ist durch hohe Ineffizienz<br />
gekennzeichnet, die häufig Unsummen<br />
an Steuergeldern fordert, um künstlich am<br />
Leben gehalten zu werden. Ich fand es schon<br />
bemerkenswert, dass von der WestLB genau zu<br />
dem Zeitpunkt, als bestimmte unberechtigte<br />
Staatsbeihilfen zur Rückzahlung fällig wurden,<br />
eine entsprechende Kapitalerhöhung angekündigt<br />
wurde.<br />
Sie werden mir nun entgegnen, dass mit einer<br />
möglichen Verschmelzung und Auflösung des<br />
Sparkassensektors die Bürgernähe völlig verloren<br />
ginge. Dem ist entgegenzuhalten, dass<br />
andere Länder, wie etwa Österreich und Italien,<br />
ganz andere Erfahrungen gemacht<br />
haben. Oder wie es die FAZ vor einiger Zeit<br />
so trefflich ausdrückte „die Auflösung der Sparkassen<br />
ist in Italien niemand auch nur eine Träne<br />
wert“. Und in Großbritannien kündigt sich<br />
nach dem Übernahmeangebot seitens der<br />
Santander Bank aus Spanien für die Abbey<br />
National vermutlich eine strategische Neuausrichtung<br />
des Bankensektors an. Eine neue und<br />
ungehemmte Bieterwelle befürchten die Experten<br />
vor Ort jedoch nicht.<br />
Wieder mit Blick auf Deutschland muss man<br />
fragen, wie private Vermittler für Wagniskapital<br />
eine Marktchance sehen sollen, wenn jede<br />
Finanzierungsfrage allein mit der Bank möglich<br />
ist? Wie sollen die Unternehmer lernen, sich mit<br />
Alternativen zur herkömmlichen Finanzierung<br />
auseinander zu setzen, wenn manche von<br />
ihnen nur ihre Hausbank fragen und nicht<br />
einmal im Nachbarort an die Tür klopfen? Hier<br />
gilt es also, eine Grundhaltung zu überdenken.<br />
Entscheidungen im Binnenmarkt: Ein zweites<br />
wichtiges Ziel meiner Arbeit, meine Damen<br />
und Herren, war der Abbau von Investitionshindernissen.<br />
Dabei habe ich konsequent die<br />
besonderen Rechte, die sich Staaten in Form<br />
von so genannten golden shares zur Beeinflussung<br />
von privaten Unternehmen gesichert<br />
haben, immer da angegriffen, wo diese dem<br />
durch den Gerichtshof gesetzten engen<br />
»Die Daseinsvorsorge kann nicht unbegrenzt gelten.<br />
Weg von einer Vollversorgung,<br />
hin zu mehr Eigenverantwortung und<br />
unternehmerischem Engagement.«<br />
Rahmen nicht entsprachen. Zu keiner Zeit gab<br />
es hierbei eine besondere Behandlung in Bezug<br />
auf Deutschland. Im Gegenteil, wir haben<br />
Deutschland, mehr als anderen Ländern, viel<br />
Zeit zugestanden, zu demonstrieren, warum<br />
aus deutscher Sicht solche Sonderrechte möglicherweise<br />
gerechtfertigt sind. Hinweise auf<br />
historische Gründe, wie im Fall Volkswagen,<br />
können allerdings schlechterdings als juristisch<br />
haltbare Rechtfertigung dienen.<br />
Des Weiteren habe ich die Liberalisierung vorangetrieben,<br />
wo sie sinnvoll und nötig war. Dabei<br />
wurde weder das Thema Gemeinwohlverpflichtung<br />
aus dem Auge verloren noch der<br />
Daseinsvorsorge eine Absage erteilt. Ich sage<br />
ganz deutlich, dass auch aus meiner Sicht<br />
weiterhin die Daseinsvorsorge ihre Berechtigung<br />
hat. Aber sie kann nicht unbegrenzt gelten,<br />
wenn sich der Staat vernünftigerweise<br />
13
Frits Bolkestein<br />
14<br />
DIE INTERNATIONALE WETTBEWERBSFÄHIGKEIT DEUTSCHER UNTERNEHMEN<br />
UND DIE ROLLE DER EUROPÄISCHEN KOMMISSION<br />
zunehmend von Aufgabengebieten trennt, im<br />
besten Sinne, weg von einer Vollversorgung,<br />
die niemand mehr finanzieren kann, hin zu<br />
mehr Eigenverantwortung und unternehmerischem<br />
Engagement. In gleichem Sinne hat die<br />
EU die vielfältigen Lösungsansätze der Regierungen<br />
Europas im Rentenbereich unterstützt<br />
»Mit dem Vorschlag zur Dienstleistungsfreiheit<br />
will ich dem Grundprinzip der gegenseitigen<br />
Anerkennung auch für Dienstleistungen<br />
zum Durchbruch verhelfen.«<br />
und das grenzüberschreitende Angebot von<br />
betrieblichen Altersversorgungssystemen erleichtert.<br />
Die Kostenersparnisse, die letztlich<br />
den Bürgern zugute kommen, sind enorm. Deshalb<br />
sind aus meiner Sicht mehr Kapitaldeckungssysteme<br />
in Deutschland unabdingbar,<br />
um die Sozialsysteme sichern zu können. Noch<br />
einmal Bezug nehmend auf das Wendepapier<br />
von Graf Lambsdorff unterstützt er diesen Gedanken<br />
mit Nachdruck.<br />
Dienstleistungssektor und weitere Entscheidungen:<br />
Den dritten Bereich meiner Tätigkeit konn-<br />
te ich nur beginnen. Wir alle sind uns einig,<br />
dass der Dienstleistungsmarkt als Motor der<br />
Wirtschaft gilt. Dennoch ist es der Bereich der<br />
vier Grundfreiheiten, der am wenigsten an die<br />
modernen Herausforderungen einer global<br />
organisierten Wirtschaft angepasst ist. Mit dem<br />
kürzlich vorgelegten Vorschlag zur Dienstleistungsfreiheit<br />
will ich dem Grundprinzip der<br />
gegenseitigen Anerkennung auch für Dienstleistungen<br />
zum Durchbruch verhelfen. Dazu<br />
bedarf es einer wesentlich verbesserten Kooperation<br />
der Behörden über Ländergrenzen<br />
hinweg. Ich akzeptiere, dass dieser Vorschlag<br />
viel Beratungsbedarf erzeugt hat, der Teufel im<br />
Detail steckt und die Kontrolle, dass es fair<br />
funktionieren wird, nicht in jedem Fall von vorne<br />
herein evident ist. Ich bin daher offen für<br />
eine ehrliche Diskussion, aber ich sage auch,<br />
dass Polemik nicht hilft. Dass mein Gesicht auf<br />
der kommunistischen Zeitschrift La Libération<br />
in diesem Zusammenhang erschien, erheitert<br />
mich allerdings eher.<br />
Es hat mich sehr gefreut, dass Minister Clement<br />
nach dem letzten Wettbewerbsfähigkeitsrat<br />
mein Ansinnen, das Herkunftslandsprinzip auch<br />
in der Dienstleistungsrichtlinie zu verankern,<br />
öffentlich unterstützt hat.<br />
Ich kann diesen ersten Teil natürlich nicht abschließen,<br />
ohne ein Wort über jene Projekte zu<br />
verlieren, die in der Kritik standen, industriepolitisch<br />
gesehen Irrwege gewesen zu sein. Da<br />
fällt jedem natürlich zu aller Erst die Chemikalienpolitik<br />
ein. Ich kann nur noch einmal unterstreichen,<br />
dass meine Dienste, mein Kabinett<br />
und ich selbst hart an der Erarbeitung eines akzeptablen<br />
Kompromisses gearbeitet haben.<br />
Ob dies wirklich gelungen ist, kann und wird<br />
jetzt in Rat und Parlament diskutiert. Ich mache<br />
keinen Hehl daraus, dass ich mir auch gut einen<br />
mehr auf Risikoanalyse basierten Ansatz
hätte vorstellen können, aber der war seinerzeit<br />
in der Kommission nicht mehrheitsfähig.<br />
Nur, meine sehr verehrten Damen und Herren,<br />
wie kann es angehen, dass Deutschland die<br />
Chemikalienpolitik heftig kritisiert, aber zustimmt,<br />
dass das Thema exklusiv im Umweltrat<br />
beraten wird und nicht einmal der Wettbewerbsfähigkeitsrat<br />
ein Wort, ich würde sagen,<br />
ein entscheidendes, mitreden kann. Hier muss<br />
die Frage erlaubt sein, ob nicht ein Teil des Problems<br />
auf Seiten der Mitgliedsstaaten zu<br />
suchen ist. Auch Deutschland hat sich hier<br />
nicht ernsthaft gewehrt.<br />
Das zweite Thema, welches ich nennen muss,<br />
ist der Verbraucherschutz. Auch meine ehemaligen<br />
Kommissarkollegen wissen, dass ich der<br />
Meinung war und noch immer bin, dass wir als<br />
Kommission zu viel des Guten getan haben.<br />
Manches Thema hätte einfach in der Schublade<br />
bleiben sollen, in der es war. Aber noch einmal,<br />
wie in jeder Regierung oder politischen<br />
Debatte, man braucht Mehrheiten für die<br />
eigene Meinung. Das war zu meiner Zeit als<br />
Minister nicht anders als bis vor kurzem in der<br />
Kommission. Lassen Sie mich in diesem<br />
Zusammenhang auch noch mal deutlich machen,<br />
dass wir im Fall des Dosenpfands nicht<br />
das Pfand als solches, sondern alleine die Ausgestaltung<br />
des Systems bemängelt haben.<br />
Warum tut sich, möchte ich auch in diesem Fall<br />
fragen, Deutschland so häufig schwer damit,<br />
zu seinen Nachbarn in Europa zu schauen, anstatt<br />
das Rad neu erfinden zu wollen? Die<br />
Nordeuropäer haben, teils auch im Streit mit<br />
Brüssel, gezeigt, wie man europarechtskonform<br />
die Bevorzugung von ökologischen<br />
Verpackungen ausgestaltet.<br />
Also kann ich bis hierher festhalten, dass die<br />
Kommission versucht hat, die Wettbewerbsfä-<br />
»Warum tut sich Deutschland so häufig schwer damit,<br />
zu seinen Nachbarn in Europa zu schauen,<br />
anstatt das Rad neu erfinden zu wollen?«<br />
higkeit zu stärken. Dabei hat sie leider immer<br />
mal wieder Irrwege beschritten beziehungsweise<br />
die eine gute Tat durch Aktionismus auf<br />
anderem Feld wieder teils zunichte gemacht.<br />
Aber ist dies Erklärung genug für eine allenthalben<br />
konstatierte mangelnde Wettbewerbsfähigkeit?<br />
Wenden wir uns also jenen Realitäten<br />
zu, welche die Wettbewerbsfähigkeit deutscher<br />
Unternehmen beeinflussen.<br />
Übernahmerichtlinie: Ich hatte mir als eine Auf-<br />
gabe gesetzt, den Prozess von Unternehmensübernahmen<br />
neu zu regeln. Es war von Anfang<br />
an klar, dass dies eine Art Henne-Ei-Problem<br />
darstellen würde. Einige Experten waren der<br />
Meinung, man solle erst eine Analyse der verschiedenen<br />
nationalen Gesellschaftsrechtssysteme<br />
in Europa vornehmen und dann darüber<br />
nachdenken, wie ein erster Harmonisierungsschritt<br />
hin zu einem europäischen Gesellschaftsrecht<br />
aussehen könnte. Mir wurde sehr<br />
15
Frits Bolkestein<br />
16<br />
DIE INTERNATIONALE WETTBEWERBSFÄHIGKEIT DEUTSCHER UNTERNEHMEN<br />
UND DIE ROLLE DER EUROPÄISCHEN KOMMISSION<br />
schnell deutlich, dass Sisyphus seinerzeit eine<br />
einfache Aufgabe hatte.<br />
Also haben wir die Frage näher betrachtet, wo<br />
denn die eigentlichen Hindernisse bei grenzüberschreitenden<br />
Firmenzusammenschlüssen<br />
bestanden. Hier ist die mangelnde Transparenz<br />
zu nennen, aber ebenso die Problematik, dass<br />
es an einer Beschreibung des fairen Preises<br />
mangelte, die Rechte von Mehrheits- sowie von<br />
Minderheitsaktionären nicht ausreichend be-<br />
»Bei der Neuregelung des Übernahmeprozesses<br />
galt der Grundsatz, dass wir letztendlich zu einem System<br />
‚one share, one vote‘ kommen sollten.«<br />
schrieben waren und letztlich die Frage des<br />
Umgangs mit Abwehrmaßnahmen von Übernahmeangeboten.<br />
Dabei galt, und ich stehe<br />
heute noch dazu, der Grundsatz, dass wir<br />
letztendlich zu einem System one share, one<br />
vote kommen sollten. Dem Grundsatz und der<br />
Orientierung haben auch zunächst nahezu alle<br />
beinahe uneingeschränkt zugestimmt.<br />
In der Rückschau kann man beklagen, dass es<br />
nicht viel früher zu offenen Gesprächen ge-<br />
kommen ist, ehe Deutschland seine 180-Grad-<br />
Wendung vollzogen hat. Man kann auch<br />
sagen, dass wir die mit dem Absturz der<br />
Aktienbörsen verbundenen Veränderungen in<br />
der Wahrnehmung der Situation unterschätzt<br />
haben. Den Vorwurf, wir hätten einen Vorschlag<br />
zum Schaden für Deutschland vorgelegt,<br />
lasse ich keinesfalls gelten. Ich sage aber<br />
an dieser Stelle mit aller Deutlichkeit: das letztlich<br />
verabschiedete Ergebnis macht keinen<br />
Sinn! Ich betrachte dies und zwar nicht aus persönlicher<br />
Verärgerung als verpasste Chance.<br />
So wird die in einigen Bereichen wünschenswerte<br />
und teils notwendige Marktbereinigung<br />
nicht stattfinden. Dadurch, dass die Neuregelung<br />
in ihrer denaturierten Fassung letztlich verabschiedet<br />
wurde, ist die Möglichkeit auf viele<br />
Jahre verbaut, dieses Thema anzugehen, so<br />
viel sagt mir meine langjährige politische Erfahrung.<br />
Warum nur ist es so schwer zu begreifen,<br />
dass jede Marktbereinigung zwar<br />
Unternehmen verschwinden lässt, meist jene,<br />
die nicht mehr marktnah wirtschaften, aber<br />
eben dadurch Platz macht für neue innovative<br />
Unternehmen? Wir wollen doch eine europäische<br />
Industriepolitik, oder nicht?<br />
Gemeinschaftspatent: Ein ähnliches Trauerspiel<br />
ist die beinahe unendliche Geschichte des<br />
Gemeinschaftspatents. Regierungen und Wirtschaftsverbände,<br />
ja auch der Bundeswirtschaftsminister<br />
in dem bereits mehrfach erwähnten<br />
Briefwechsel haben immer wieder<br />
unterschrieben, dass Innovationen ohne Rechtsschutz<br />
nicht funktionieren. Auch das Memorandum<br />
der deutschen Industrie an Herrn<br />
Barroso unterstrich erneut die Wichtigkeit dieses<br />
Projektes. Alle sind sich einig, dass die<br />
Kostenschere zwischen Anmeldungen in den<br />
USA und Europa ein wesentlicher Grund für die<br />
viel zu niedrige Zahl an Patentanmeldungen ist.<br />
Haben wir das Problem gelöst? Keineswegs!
Aus heutiger Sicht muss ich feststellen, dass es<br />
vermutlich ein Fehler war, nicht direkt ein Einsprachenregime<br />
vorgeschlagen zu haben.<br />
Dennoch muss ich festhalten, dass die unterschiedlichen<br />
Verhaftungsversuche aus nationalem<br />
Interesse, auch seitens Deutschlands, nicht<br />
nur wenig hilfreich waren, sondern es mangelte<br />
in jedem Einzelfall an der Bereitschaft etwas<br />
– ich füge an Sinnvolles – als Gegenleistung<br />
anzubieten, um die anderen Partner mitzunehmen.<br />
Wieder einmal bleiben die Absichtserklärungen<br />
als Worthülsen inhaltsleer und<br />
die Wirtschaft leidet nahezu schweigend. So<br />
holen wir den Abstand zu den USA nie auf.<br />
Sparsamkeit bei Investitionsförderungen: Ein<br />
weiteres Petitum, welches ich häufig vertreten<br />
habe und für das ich immer wieder gescholten<br />
wurde respektive man einfach weggehört wur-<br />
de, ist die sparsame Verwendung von öffent-<br />
lichen Geldern wenn es um Investitionsför-<br />
derung geht. Nicht dass ich diese für völlig<br />
unsinnig oder in jedem Fall überflüssig erach-<br />
te. Nein, der Grund ist, dass wir zu großzügig<br />
und großflächig damit umgehen. Sie nennen<br />
das glaube ich in Deutschland sehr anschaulich<br />
Gießkannenprinzip.<br />
Im Juli dieses Jahres stellte hierzu die Münchner<br />
Konferenz des Council on Public Policy fest,<br />
dass jeder staatliche Euro eineinhalb private<br />
Euro an Innovationsförderung verdrängt. Das<br />
heißt, der Staat macht es nur noch unattraktiver,<br />
private Mittel zu Investitionen freizumachen. Es<br />
belegt aber auch, dass die Steuerlast zu hoch<br />
ist und nicht zu niedrig. Deshalb kann der<br />
Binnenmarkt auch gut ohne Steuerharmonisierung<br />
funktionieren! Was gebraucht wird, ist<br />
eine wesentlich bessere Abstimmung im Bereich<br />
der indirekten Steuern. Und natürlich,<br />
zwecks Transparenz für Investoren, eine gemeinsame<br />
Steuerbasis, aber sicher keine ein-<br />
heitlichen Unternehmenssteuersätze. Steuern<br />
zurückzufahren, öffentliche Intervention zu<br />
begrenzen und Privatmittel für Investitionen<br />
zu animieren, ist das Gebot der Stunde.<br />
»Nur vier Prozent der Investitionsförderung<br />
zeigen eine echte Wirkung.<br />
Der Rest der Mittel verpufft beziehungsweise<br />
schadet den unmittelbaren Nachbarn.«<br />
Ein weiteres Indiz dafür ist eine Untersuchung,<br />
die Mitte des Jahres von zwei Kasseler Wirtschaftswissenschaftlern<br />
vorgelegt wurde. Sie<br />
haben die Wirkung von Bundes- und EU-Mitteln<br />
zur Investitionsförderung untersucht. Dabei<br />
kamen erschreckende Werte heraus, die eigentlich<br />
zu radikalem Umdenken aufrufen, so<br />
sie mich nicht überraschen. Hans-Friedrich<br />
Eckey und Reinhold Kosfeld stellten fest, dass<br />
nur vier Prozent der Investitionsförderung eine<br />
echte Wirkung zeigen. Der Rest der Mittel verpufft<br />
beziehungsweise schadet den unmittelbaren<br />
Nachbarn, das heißt eben auch direkt<br />
angrenzenden innerdeutschen Regionen.<br />
Interessanterweise führt nach diesen Analysen ei-<br />
ne moderate Absenkung der Förderung sogar zu<br />
verbesserten Bedingungen in angrenzenden<br />
strukturschwächeren Gebieten, weil das niedrigere<br />
Fördergefälle zu weniger künstlichen<br />
Investitionsverschiebungen führt. Warum, so<br />
muss man also fragen, wird dieser wirtschaftliche<br />
Unsinn weiter betrieben? Oder um es – ein<br />
letztes Mal – mit den Worten von Graf Lambsdorff<br />
zu sagen: „Man muss eine Perspektive entwickeln,<br />
was für ein Gesellschaftsideal man verwirklichen<br />
will.“ Und er fährt fort: „Vor allem muss<br />
man aber den Wert von Freiheit und Eigentum<br />
in den Herzen der Menschen verankern.“<br />
Weitere Beispiele: Um eine weitere Verwerfung<br />
zu nennen, die nicht von Brüssel zu ver-<br />
17
Frits Bolkestein<br />
18<br />
DIE INTERNATIONALE WETTBEWERBSFÄHIGKEIT DEUTSCHER UNTERNEHMEN<br />
UND DIE ROLLE DER EUROPÄISCHEN KOMMISSION<br />
antworten ist, darf getrost bezweifelt werden,<br />
ob sich Unternehmen von französischen Steuererleichterungen<br />
bei Rückkehr in die Heimat,<br />
die viele Steuermilliarden verschlingen werden,<br />
wirklich anlocken lassen. Es ist aus meiner Sicht<br />
dann auch sehr bedauerlich, dass Herr Stoiber<br />
bei seinem sommerlichen Besuch bei Herrn<br />
Sarkozys dessen Credo für nationale Cham-<br />
»Ich möchte aber ausdrücklich anmerken,<br />
dass ich die in Deutschland eingeleiteten Reformschritte<br />
als sehr mutig bewerte.«<br />
pions gleich mit unterschrieben hat. Da ist<br />
entweder der Oppositionspolitiker zu Wort gekommen<br />
oder eben doch eine korporatistische<br />
Grundhaltung zum Ausdruck gebracht worden.<br />
So sehr ich die Kritik des Wirtschaftsministers,<br />
die er ohne Umschweife in Richtung Frankreich<br />
geäußert hat, teile, so sehr habe ich mit Verwunderung<br />
seinerzeit die Diskussion um die<br />
Ministererlaubnis hinsichtlich Printmedienzusammenschlüssen<br />
verfolgt, nachdem das<br />
Bundeskartellamt jene aus wettbewerbsrechtlichen<br />
Gründen negativ beschieden hatte. Und<br />
neuere Zeitungsartikel suggerieren, dass<br />
Deutschland und Frankreich bei der Frage nationaler<br />
Champions nun wohl leider doch gemeinsame<br />
Wege gehen wollen.<br />
In Erinnerung rufen möchte ich noch eine wei-<br />
tere Untersuchung. Die von internationalen Managern<br />
als größte Hindernisse im Binnenmarkt<br />
ausgewiesenen Faktoren sind die mangelnde<br />
Flexibilität des Arbeitsmarktes und eines fehlenden<br />
europäischen Passes zur Erhöhung der<br />
Mobilität von Arbeitnehmern, zu wenig Marktöffnung,<br />
zu intransparente öffentliche Ausschreibungen<br />
und das zu komplizierte Mehrwertsteuersystem.<br />
Einer weiteren Verbesserung des letzten Themas<br />
haben sich ja die Mitgliedsstaaten noch<br />
kurz vor dem Ende meines Mandates zuwidergesetzt,<br />
als ich sowohl im Bereich der Alkoholbesteuerung<br />
als auch für die Abschaffung<br />
der unzähligen Ausnahmetatbestände bei den<br />
ermäßigten Mehrwertsteuersätzen neue Vorschläge<br />
gemacht hatte. Ich möchte aber ausdrücklich<br />
anmerken, dass ich die in Deutschland<br />
eingeleiteten Reformschritte als sehr mutig<br />
bewerte. Der Weg ist lang und steinig, wie ich<br />
aus der niederländischen Erfahrung weiß, aber<br />
manchmal muss man einfach unpopuläre Entscheidungen<br />
durchfechten, wenn man sie als<br />
richtig bewertet. Den Erfolg ernten leider<br />
manchmal dann viel später die seinerzeitigen<br />
Gegner solcher Reformen. Trotzdem gilt es<br />
standhaft zu bleiben.<br />
Meine sehr verehrten Damen und Herren, genau<br />
heute vor 31 Jahren gab es das erste Fahrverbot<br />
in Deutschland im Rahmen der Ölkrise und der<br />
Rezession, die damit einherging. Die Rezession<br />
war aber nicht nur bedingt durch die Ölkrise, sie<br />
war auch Reaktion auf die überhöhte Ausgabenpolitik<br />
des Staates. Seitdem ist die Staatsquote<br />
immer weiter gewachsen, anstatt sie ein-
zufrieren oder besser zurückzufahren. Ich mache<br />
mir ernste Sorgen um den Fortbestand der europäischen<br />
Sozialsysteme, wenn es uns nicht gelingen<br />
sollte, die Finanzierungsprobleme in den<br />
Griff zu bekommen. Deutschland sollte sich hierzu<br />
die gelungenen Reformkonzepte der Nordeuropäer<br />
genauer ansehen.<br />
Wettbewerbsfähigkeit trägt nicht nur das Wort<br />
Wettbewerb in sich und damit auch Marktwirtschaft,<br />
sondern meint implizit Freiraum zum<br />
Handeln. Auch, um Fehler zu machen. Ein wenig<br />
mehr des Verständnisses in den USA, Freiräume<br />
für wirtschaftliches Handeln zuzulassen,<br />
Fehler zuzugestehen und Gestrauchelten wieder<br />
aufzuhelfen, würde ich mir wünschen.<br />
Dann sollte es gelingen, das Modell der sozialen<br />
Absicherung aufrechtzuerhalten. Heute<br />
erkennen selbst die schärfsten Kritiker des von<br />
Bill Clinton auf den Weg gebrachten Welfare<br />
Reform Act an, dass die Kombination aus<br />
radikaler Begrenzung von Sozialleistung,<br />
Eigenverantwortung der Bundesstaaten sowie<br />
Anreizen zur Aufnahme jedweder Arbeit nicht<br />
zur befürchteten Verarmung der US-Bevölkerung<br />
geführt hat.<br />
Schlussfolgerung: die internationale Wettbewerbsfähigkeit<br />
deutscher Unternehmen hätte<br />
sicher in dem einen oder anderen Fall besser<br />
von Europa gefördert werden können, wenn<br />
sich Brüssel mehr Zurückhaltung auferlegen<br />
würde. Es mangelte auch an einer besseren<br />
Koordinierung. Aber die aus meiner Sicht größeren<br />
Stolpersteine liegen im nationalen Kontext<br />
begraben.<br />
Globalisierung und Alterung der Gesellschaft<br />
sind Fakten. Anstatt sie weiter zu analysieren<br />
und zu beklagen, wird es Zeit, sie als Realität<br />
anzunehmen und zu begleiten. Das heißt dann<br />
aber auch, die damit verbundenen unange-<br />
nehmen Wahrheiten auszusprechen und die<br />
entsprechenden Politikanpassungen wirklich<br />
durchzuführen.<br />
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.<br />
»Es wird Zeit Globalisierung<br />
und Alterung der Gesellschaft als Realität<br />
anzunehmen und zu begleiten.<br />
Das heißt aber auch, die damit verbundenen unangenehmen<br />
Wahrheiten auszusprechen und die<br />
entsprechenden Politikanpassungen<br />
wirklich durchzuführen.«<br />
19
Prof. Dr. Jürgen Kluge<br />
20<br />
DIE INTERNATIONALE WETTBEWERBSFÄHIGKEIT DEUTSCHER UNTERNEHMEN<br />
UND DIE ROLLE DER EUROPÄISCHEN KOMMISSION
DIE INTERNATIONALE WETTBEWERBSFÄHIGKEIT<br />
DEUTSCHER UNTERNEHMEN UND DIE ROLLE DER<br />
EUROPÄISCHEN KOMMISSION<br />
PROFESSOR DR. JÜRGEN KLUGE<br />
Wie Sie wissen, habe ich heute Abend die Ehre,<br />
Herrn Minister Clement vertreten zu dürfen.<br />
Erwarten Sie aber bitte nicht die Worte eines<br />
Politikers von mir. Erlauben Sie mir stattdessen,<br />
Ihnen meine Perspektive aus der Sicht der Wirtschaft<br />
und des Unternehmensberaters zu schildern.<br />
Also ausgehend von der Basis des wirtschaftlichen<br />
Geschehens in den Unternehmen in<br />
Deutschland und Europa. Es handelt sich dabei<br />
wohlgemerkt um meine persönliche Einschätzung,<br />
nicht um eine Meinung von McKinsey.<br />
Wahrscheinlich erwarten Sie jetzt von mir, dass<br />
ich in das allgemeine Lamento über die mangelnde<br />
Wettbewerbsfähigkeit Europas im Allgemeinen<br />
und von Deutschland im Besonderen<br />
einstimme. Ich darf Sie beruhigen: Es kommt<br />
noch schlimmer. Wir alle, die wir Verantwortung<br />
tragen, stehen derzeit vor der Frage, ob<br />
nicht das ständige Hinweisen auf Missstände<br />
und mangelnde, längst überfällige Reformen<br />
den notwendigen Erneuerungsprozess in Gesellschaft<br />
und Wirtschaft nicht eher behindert.<br />
In einem Satz: Machen wir derzeit den Standort<br />
Europa, den Standort Deutschland madig?<br />
Ich bin überzeugt von der Kraft der Menschen<br />
in Europa. Ich tue mich aber auch ein wenig<br />
schwer damit, Realitäten zu verkennen. Deshalb<br />
kommen wir an einer nüchternen Analyse<br />
nicht vorbei, die – nach allem was Sie und ich<br />
wissen – ernüchternd ausfallen muss. Meine<br />
Botschaft für den heutigen Abend möchte ich in<br />
drei Sätzen zusammenfassen. Erstens: Wir müs-<br />
sen in Europa dringend etwas tun, um unseren<br />
heutigen Standard zu halten. Zweitens: Wir<br />
haben in Europa nach wie vor eine starke<br />
Basis, um es zum Rollenmodell für die Welt zu<br />
machen. Drittens: Es gibt Mittel und Wege, die<br />
Unternehmen und alle staatlichen Ebenen beschreiten<br />
können, um Europa wieder nach vorn<br />
zu bringen. Darauf werde ich mich in den<br />
nächsten 30 Minuten konzentrieren.<br />
Beginnen wir mit einer guten Nachricht: Europa<br />
ist ein grandioser Erfolg! Vor 58 Jahren<br />
skizzierte Winston Churchill in der Züricher<br />
21
Prof. Dr. Jürgen Kluge<br />
22<br />
DIE INTERNATIONALE WETTBEWERBSFÄHIGKEIT DEUTSCHER UNTERNEHMEN<br />
UND DIE ROLLE DER EUROPÄISCHEN KOMMISSION<br />
Rede seine Idee der Vereinigten Staaten von<br />
Europa, in denen – ich zitiere – „drei- oder vierhundert<br />
Millionen Einwohner ein Glück, einen<br />
Wohlstand und einen Ruhm ohne Grenzen genießen“.<br />
Churchill hat Recht behalten. Der<br />
Wohlstand jedes Westeuropäers hat sich seit<br />
Gründung der damaligen EG mehr als verdreifacht<br />
– preisbereinigt wohlgemerkt. Der<br />
Prozess der europäischen Einigung war die<br />
wesentliche Voraussetzung für einen dauerhaften<br />
Frieden in weiten Teilen Europas. Und das<br />
Projekt „Europa“ ist unvermindert attraktiv:<br />
1958 lebten 169 Millionen Menschen in der<br />
EG, heute sind es nach der Osterweiterung<br />
457 Millionen! Und weitere Länder wollen beitreten.<br />
Wir haben die große Chance, die<br />
Prinzipien von Rechtsstaatlichkeit, Demokratie<br />
und Marktwirtschaft in ganz Europa weiter zu<br />
»Europa ist für mich heute eine ambitionierte,<br />
aber immer auch etwas konfuse Firma, die ihr Potenzial<br />
nicht ausschöpft und Gefahr läuft, im Wettbewerb<br />
gegenüber der Konkurrenz zurückzufallen.«<br />
verbreiten. Unsere Aufgabe ist es, durch die<br />
Bewältigung unserer aktuellen ökonomischen<br />
und politischen Schwierigkeiten die Attraktivität<br />
des europäischen Modells auch zukünftig zu<br />
bewahren und weiter zu erhöhen.<br />
Soviel zur Ausgangslage. Wie würden Sie nun<br />
das heutige Unternehmen „Europa“ beschreiben?<br />
Ist es wachstumsorientiert und dynamisch?<br />
Oder eher unflexibel und ohne klare<br />
Strategie? Vielleicht sogar ein Sanierungsfall?<br />
Auf den Punkt gebracht ist Europa für mich heu-<br />
te eine ambitionierte, aber immer auch etwas<br />
konfuse Firma, die ihr Potenzial nicht ausschöpft<br />
und Gefahr läuft, im Wettbewerb<br />
gegenüber der Konkurrenz zurückzufallen.<br />
Nicht zuletzt auch wegen der anhaltenden<br />
Probleme bei der größten Konzerntochter, der<br />
„Deutschland AG“.<br />
Auf dem Papier hat sich die Geschäftsführung<br />
viel vorgenommen. Vor zehn Jahren fuhr die Europäische<br />
Union auf die Überholspur: Der Abstand<br />
zu den USA wurde geringer, die Ziele<br />
waren mit Recht ambitioniert. Der Binnenmarkt<br />
war gerade Wirklichkeit geworden, die Einführung<br />
des Euros war beschlossen und die<br />
Osterweiterung stand vor der Tür. In Lissabon<br />
bekräftigte die EU ihr Ziel, bis 2010 die führende<br />
Wirtschaftsmacht der Welt zu werden.<br />
So weit der Plan.<br />
Was ist daraus geworden? Die „Europa AG“,<br />
wenn ich in dem Bild bleiben darf, ist ein großes,<br />
stark diversifiziertes Unternehmen mit weiter<br />
wachsendem Portfolio. Leider hat sie ein<br />
gravierendes Kostenproblem und leidet unter<br />
umständlichen Geschäftsprozessen. Die Folgen<br />
sind deutlich sichtbar: Seit Jahren wächst die<br />
europäische Wirtschaft spürbar langsamer als<br />
z. B. die amerikanische, von den boomenden
Märkten in Asien ganz zu schweigen. Zu<br />
einem wesentlichen Teil ist das auf die chronische<br />
Wachstumsschwäche Deutschlands<br />
zurückzuführen. Die vorhergesagten ein bis<br />
zwei Prozent Wirtschaftswachstum sind gar<br />
nicht einmal außergewöhnlich schlecht. Das ist<br />
ziemlich genau die Größenordnung, die<br />
Deutschland auch schon über die vergangenen<br />
zehn Jahre durchschnittlich erreicht hat. Aber<br />
machen wir uns nichts vor: Dies reicht bei Weitem<br />
nicht aus, um in Deutschland neue Jobs zu<br />
schaffen, und es reicht auch nicht aus, den<br />
Rückstand gegenüber den USA aufzuholen. Im<br />
Gegenteil: Damit wird die Lücke zu den USA<br />
noch größer werden. Vor zehn Jahren hatten<br />
wir die Wohlstandslücke gegenüber den USA<br />
fast geschlossen, mittlerweile ist uns Amerika<br />
wieder deutlich voraus.<br />
Das gleiche Bild zeigt sich bei der Entwicklung<br />
der Arbeitsproduktivität: Sowohl in Deutschland<br />
als auch in Frankreich ließ sich von den frühen<br />
1950er Jahren bis in die 1990er Jahre hinein<br />
ein kontinuierlicher Aufholprozess gegenüber<br />
den USA beobachten. Die Europäer hatten das<br />
amerikanische Produktivitätsniveau beinahe erreicht.<br />
Doch seit einigen Jahren hat sich der<br />
Trend umgekehrt, wird der Abstand wieder größer.<br />
Ursache der wachsenden Wohlstandslücke<br />
und der nachlassenden Wettbewerbsfähigkeit<br />
ist eine unselige Kombination aus hohen<br />
Arbeitskosten und zu geringer Kapitalproduktivität,<br />
noch dazu auf einem niedrigen Beschäftigungsniveau.<br />
Als Unternehmensberater kann<br />
ich mir dazu einige Fakten nicht verkneifen:<br />
So kostet in Deutschland eine Arbeitsstunde im<br />
verarbeitenden Gewerbe 27 Euro. In den USA<br />
sind es nur 22 Euro, in Japan 20 Euro. Den<br />
Unterschied machen dabei nicht einmal die direkten<br />
Entgelte, sondern die Lohnnebenkosten,<br />
mit denen überwiegend der Sozialstaat finan-<br />
»Vor zehn Jahren hatten wir die Wohlstandslücke<br />
gegenüber den USA fast geschlossen, mittlerweile<br />
ist uns Amerika wieder deutlich voraus.«<br />
ziert wird. Die Zahlen: Deutschland zwölf Euro,<br />
die USA nur die Hälfte – sechs Euro. Kein Wun-<br />
der, dass auf diese Weise vor allem die weniger<br />
produktiven Arbeitskräfte vom Arbeitsmarkt<br />
ausgeschlossen werden oder diese sich angesichts<br />
vergleichsweise üppiger Ersatzleistungen<br />
selbst ausschließen.<br />
Gleichzeitig sind die Kapitalkosten bei uns relativ<br />
gering. Zusammen mit den hohen Arbeitskosten<br />
hat das zu einer Kapitalintensität<br />
der Produktion geführt, die volkswirtschaftlich<br />
gar keinen Sinn mehr hat. Die europäische<br />
Wirtschaft hat einen Kapitalstock aufgebaut,<br />
der 63 Prozent höher ist als in den USA. Pro<br />
Erwerbstätigen sind es in der EU 138.000 Euro<br />
gegenüber 85.000 Euro in den USA. Die<br />
23
Prof. Dr. Jürgen Kluge<br />
24<br />
DIE INTERNATIONALE WETTBEWERBSFÄHIGKEIT DEUTSCHER UNTERNEHMEN<br />
UND DIE ROLLE DER EUROPÄISCHEN KOMMISSION<br />
Folge ist eine gegenüber den USA um 50 Pro-<br />
zent geringere Kapitalproduktivität. Dies ist<br />
das Ergebnis einer Untersuchung, in der<br />
McKinsey die USA mit den zwölf größten EU-<br />
Ländern verglichen hat.<br />
»Die europäische Wirtschaft hat einen Kapitalstock<br />
aufgebaut, der 63 Prozent höher ist als in den USA.<br />
Die Folge ist eine gegenüber den USA um 50 Prozent<br />
geringere Kapitalproduktivität.«<br />
Ein Unternehmen, das langsamer wächst als<br />
die Konkurrenz, das mit dem Produktivitätsfortschritt<br />
in der Branche nicht mithalten kann und<br />
seinen Kapitalstock nicht so intelligent nutzt wie<br />
die anderen, bezahlt das über kurz oder lang<br />
mit der Erosion seiner Marktposition. Wir sehen<br />
das in erster Linie auf dem Arbeitsmarkt. Und<br />
werden wir bei gut vier Millionen Arbeitslosen<br />
allein in Deutschland die Talsohle erreicht haben?<br />
Eher nein. Ich sehe eher die Gefahr, dass<br />
sich die Arbeitsplatzverluste in Deutschland beschleunigen.<br />
Das Stichwort lautet: Offshoring.<br />
Die Unternehmen in Europa reagieren auf den<br />
globalen Wettbewerb. Der ungenügenden<br />
Wachstumsdynamik in Europa weichen sie<br />
aus. Sie werden internationaler und entwickeln<br />
aktiv diejenigen Märkte, die ihnen noch ein<br />
auskömmliches Wachstum ermöglichen. So erwirtschaftet<br />
die Metro AG mittlerweile fast die<br />
Hälfte des Umsatzes im Ausland, das Umsatzwachstum<br />
wird zu mehr als 70 Prozent außerhalb<br />
Deutschlands erzielt. Und auch auf der<br />
Kostenseite nutzen Unternehmen die Möglichkeiten<br />
globaler Märkte, indem sie z. B. arbeitsintensive<br />
Geschäftsprozesse ins Ausland verlagern,<br />
„offshoren“. Das muss zunächst nicht<br />
unbedingt schlecht für den heimischen Arbeitsmarkt<br />
sein.<br />
Kürzlich haben meine amerikanischen Kollegen<br />
eine interessante Analyse vorgelegt. Sie<br />
zeigt die Auswirkungen von Offshoring-Projekten<br />
amerikanischer Unternehmen nach Indien<br />
auf die Wirtschaft der USA. Danach fließen<br />
von jedem Dollar, der aus den USA nach<br />
Indien wandert, volkswirtschaftlich 1,13 Dollar<br />
zurück. Es ist also zumindest in den USA<br />
nichts dran an der Mär, dass so genannte Billiglohnländer<br />
die heimische Wirtschaft bedrohen.<br />
„Wie kann das sein?“, werden Sie fragen.<br />
Ganz einfach: Durch die Repatriierung von<br />
Gewinnen, den Export von Hightech-Gütern<br />
und vor allem durch den Umstand, dass der<br />
flexible amerikanische Arbeitsmarkt Menschen<br />
schnell wieder in Lohn und Brot bringen kann.<br />
Wir sind daraufhin neugierig geworden und<br />
haben die Effekte von Offshoring auf die deutsche<br />
Wirtschaft ausgerechnet. Wir erwarten,<br />
dass von jedem Euro nur etwa 80 Cent nach<br />
Deutschland zurückkommen. Bei uns fließt also<br />
tatsächlich Wohlstand ab. Der Grund dafür<br />
ist unser inflexibler Arbeitsmarkt: Wer einmal<br />
seinen Job verliert, findet häufig erst nach<br />
längerer Arbeitslosigkeit eine Neubeschäftigung<br />
– wenn überhaupt.<br />
Jetzt werden Sie vielleicht sagen: „Was interessiert<br />
mich Amerika, solange wir in Europa<br />
unser jetziges Niveau halten können. Amerikanische<br />
Verhältnisse wollen wir sowieso nicht.“<br />
Das stimmt, ich will sie auch nicht, aber: Ohne<br />
Wachstum werden wir verarmen. Nur wenn es<br />
uns gelingt, den Kuchen durch mehr und produktivere<br />
Arbeit größer zu machen, werden<br />
wir auch unseren Wohlstand halten können.<br />
Und das wird zukünftig noch schwieriger werden,<br />
als es heute ohnehin schon ist. In ganz Europa<br />
altert die Gesellschaft. Wir werden der
einzige Kontinent sein, dessen Bevölkerungs-<br />
zahl zurückgeht. Die Auswirkungen der Demo-<br />
grafie sind hinlänglich bekannt. Aber Politiker<br />
jeglicher Couleur tun immer noch so, als sei<br />
dies alles mit herkömmlichen Mitteln beherrschbar.<br />
Ein paar Fakten: Aktuell werden in<br />
Deutschland 42 Prozent der Bruttolöhne und<br />
-gehälter an die Sozialversicherungen abgeführt.<br />
Ohne strukturelle Reformen würde der Anteil<br />
auf Grund der demografischen Entwicklung<br />
nach unseren Berechnungen weiter bis auf über<br />
60 Prozent steigen. Dadurch werden wir sehr<br />
schnell in den roten Bereich kommen, in dem<br />
das niedrige Produktivitätswachstum nicht mehr<br />
ausreichen wird, um die steigenden Sozialausgaben<br />
vor allem bei Rente und Gesundheit<br />
finanzieren zu können. In den meisten anderen<br />
europäischen Ländern sieht es übrigens nicht<br />
besser aus.<br />
Die schlichte Konsequenz: Wir werden mehr<br />
arbeiten müssen, und wir werden produktiver<br />
arbeiten müssen, um die Mittel zu erwirtschaften,<br />
die wir zusätzlich für die private Altersvorsorge<br />
brauchen werden. Machbar erscheint<br />
es, mindestens ein Viertel der Rente aus privaten<br />
Quellen aufzubringen. Einen solchen Wert<br />
erreicht zum Beispiel die Schweiz. Dort stammen<br />
42 Prozent der Alterseinkommen aus der<br />
umlagefinanzierten gesetzlichen Rente, 32<br />
Prozent aus obligatorischen Betriebsrenten und<br />
26 Prozent aus individueller Vorsorge. Die entsprechenden<br />
Werte für Deutschland lauten: 85<br />
Prozent zu 5 Prozent zu 10 Prozent. Aber auch<br />
die Niederlande und Schweden haben es geschafft,<br />
erfolgreich kapitalgedeckte Elemente in<br />
die Rentenversicherung einzuführen und damit<br />
die Folgen des demografischen Wandels abzufedern.<br />
Unser niedriges Wachstum ist die Folge verschleppter<br />
struktureller Veränderungen. Hohes<br />
»Nur wenn es uns gelingt, den<br />
Kuchen durch mehr und produktivere Arbeit<br />
größer zu machen, werden wir<br />
auch unseren Wohlstand halten können.«<br />
Wachstum ist Voraussetzung für geringe<br />
Arbeitslosigkeit. Produktivitätsverbesserungen<br />
sind die Grundlage für wirtschaftliches Wachstum<br />
und Beschäftigung. Nur mit einer stetig<br />
verbesserten Produktivität erwirtschaften Unternehmen<br />
höhere Erlöse, die sie in Form niedrigerer<br />
Preise, höherer Löhne und größerer Gewinne<br />
an Kunden, Mitarbeiter und Anteilseigner<br />
weitergeben können – oder in neue Produkte<br />
oder innovative Prozesse investieren, um<br />
wiederum die Produktivität zu verbessern. Das<br />
klingt, gebe ich gerne zu, nach Binsenweisheit.<br />
Ich erzähle Ihnen wirklich nichts Neues. Aber<br />
plagt Sie nicht auch manchmal der Verdacht,<br />
dass wir zwar das Richtige wissen, aber trotzdem<br />
das Falsche – oder gar nichts – tun? Was<br />
muss passieren, damit wir wieder in eine Phase<br />
dauerhaften Wachstums kommen?<br />
25
Prof. Dr. Jürgen Kluge<br />
26<br />
DIE INTERNATIONALE WETTBEWERBSFÄHIGKEIT DEUTSCHER UNTERNEHMEN<br />
UND DIE ROLLE DER EUROPÄISCHEN KOMMISSION<br />
Zunächst einmal sind natürlich die Unternehmen<br />
gefordert. „Wirtschaft wird in der Wirtschaft ge-<br />
macht“ – diese simple Weisheit des leider ver-<br />
storbenen Günter Rexrodt hat ihre volle Berech-<br />
tigung. Im Wettbewerbsumfeld stehen dem<br />
Management grundsätzlich zwei Wege offen,<br />
um die Produktivität und damit die Konkurrenzfähigkeit<br />
zu erhalten und auszubauen.<br />
»Das Stichwort für den Weg aufwärts heißt „Innovation“,<br />
und zwar nicht nur durch neue Produkte,<br />
sondern auch durch neue Prozesse oder<br />
durch neue Geschäftsmodelle.«<br />
Der erste Weg heißt „Restrukturieren und sparen“<br />
– das heißt Ineffizienzen beseitigen und<br />
obsolete Aufgaben abbauen. Unternehmen<br />
verbessern ihren Einkauf, ihre Produktion, sie<br />
trennen sich von Geschäftsbereichen, die nicht<br />
länger Wert schöpfend für sie sind. Sparen ist<br />
allerdings kein Selbstzweck. Frei werdende<br />
Ressourcen werden genutzt, um Erfolg versprechende<br />
Geschäftsfelder aus- oder aufzubauen.<br />
Wir McKinsey-Berater – Sie erkennen, ich kann<br />
es doch nicht ganz lassen – sprechen dabei<br />
vom so genannten „V-Konzept“, da die Bewegungen<br />
aus Zurückführen und Neuaufbau genau<br />
den beiden Schenkeln des Buchstabens<br />
„V“ entspricht.<br />
Das Stichwort für den Weg aufwärts heißt „Innovation“,<br />
und zwar Innovation nicht nur durch<br />
neue Produkte, sondern auch durch neue Prozesse<br />
oder durch neue Geschäftsmodelle. Das<br />
sind z. B. Ideen wie internetbasierte Apotheken<br />
oder SMS, Starbucks oder ESP. In dem<br />
Moment, in dem auch die Wettbewerber diese<br />
Innovationen übernehmen, kommt es zu<br />
volkswirtschaftlich relevanten Produktivitätsverbesserungen.<br />
– Wir haben kürzlich die Produktivitätsentwicklung<br />
in europäischen und amerikanischen<br />
Schlüsselindustrien untersucht. Nehmen<br />
Sie die Banken: Durch Internet-Banking<br />
oder die Nutzung neuer Technologien für die<br />
Abwicklung von Back-Office-Funktionen stieg<br />
die Produktivität in den vergangenen Jahren<br />
um ca. 2,5 Prozent – pro Jahr, versteht sich.<br />
Das ist fast doppelt so viel wie der gesamtwirtschaftliche<br />
Produktivitätsfortschritt.<br />
– Auch in den so genannten reifen Industrien<br />
sichern ständige Innovationen die Wettbewerbsfähigkeit.<br />
So konnte die europäische<br />
Stahlindustrie in den vergangenen 30 Jahren<br />
ihre Produktivität glatt verfünffachen. 1970<br />
schaffte ein Stahlkocher rechnerisch 190<br />
Tonnen Stahl im Jahr, heute produziert er fast<br />
1.000 Tonnen.<br />
Nur wenn Produktinnovationen und operative<br />
Exzellenz zusammenkommen, kann es Unternehmen<br />
gelingen, die Spielregeln in einem<br />
Markt zu prägen, zum Inbegriff und Maßstab in<br />
einer Industrie zu werden. Kurz: Europas Unternehmen<br />
werden dauerhaft erfolgreich sein,<br />
wenn sie die Deutungshoheit auf ihrem Gebiet<br />
erringen. Bei Autos gelingt dies besonders gut<br />
den deutschen Premium-Herstellern. Aber in zu<br />
vielen Schlüsseltechnologien überlassen wir<br />
zurzeit den USA oder Asien das Feld.<br />
So weit zum Beitrag der Wirtschaft, der Leistung<br />
der privaten Unternehmen und ihrer Mitarbeiter.<br />
Wie aber sieht es mit dem öffentlichen<br />
Sektor aus? Gibt es auch ein Rezept für den<br />
Beitrag des Staates, um Europa tatsächlich<br />
ganz nach vorn zu bringen? Und welche Rolle<br />
sollte die europäische Ebene dabei spielen?<br />
Den ersten Stellhebel haben Sie, Herr Kommissar<br />
Bolkestein, in den vergangenen Jahren
verantwortlich bedient. Es ist der Binnenmarkt.<br />
Das richtige Konzept, geeignet, um Skaleneffekte<br />
mit den Vorteilen eines fairen und intensiven<br />
Wettbewerbs zu verknüpfen. Ich bin allerdings<br />
auch überzeugt, dass wir die Chancen<br />
des Gemeinsamen Marktes noch nicht voll<br />
ausschöpfen. Die Liste nicht abgeschlossener<br />
Initiativen ist immer noch viel zu lang: Kein funktionierender<br />
europäischer Markt bei Finanzund<br />
Versicherungsdienstleistungen, die unzulänglichen<br />
transeuropäischen Verkehrsnetze,<br />
der mangelnde europäische Wettbewerb im<br />
öffentlichen Beschaffungswesen, Defizite bei<br />
der Mobilität von Arbeitskräften usw.<br />
Als zweites komme ich zu einem Schlüsselwort<br />
meines Vortrags: Innovation! Es ist eine vordringliche<br />
Aufgabe des Staates, ideale Rahmenbedingungen<br />
für Innovation zu schaffen.<br />
Angefangen bei Bildung. Bildung schafft Wissen.<br />
Wissen ist der Grundstoff für Innovation.<br />
Innovation schafft Wachstum. Und Wachstum<br />
bedeutet: Wohlstand.<br />
– Wir können von der ungeheuren Vielfalt<br />
Europas profitieren, die in allen Teilen der<br />
Bildungs- und Wissenskette Erfolgsbeispiele<br />
hervorbringt, die sich auf andere europäische<br />
Länder übertragen lassen. In Europa<br />
haben wir den Wettbewerbsföderalismus,<br />
der uns in Deutschland zurzeit noch so sehr<br />
fehlt. Hier nur einige Gedanken:<br />
– Bei den Schulen spricht zurzeit wieder jeder<br />
über die PISA-Studie, in Deutschland tun wir<br />
es mit gesenktem Haupt. Wie man es besser<br />
machen kann, zeigt uns z. B. Großbritannien.<br />
Dort werden Schulen einer strikten<br />
Qualitätskontrolle unterworfen, die auch<br />
ein entschlossenes Konsequenzenmanagement<br />
einschließt, falls eine Schule ihre<br />
Qualitätsprobleme nicht abstellt.<br />
»Europas Unternehmen werden<br />
dauerhaft erfolgreich sein, wenn sie<br />
die Deutungshoheit auf ihrem Gebiet erringen.«<br />
– Nicht nur in Finnland werden viele Lehrveranstaltungen<br />
an den Hochschulen ganz<br />
selbstverständlich auf Englisch abgehalten:<br />
die Attraktivität für ausländische Studenten<br />
steigt dadurch ungemein. Und Großbritannien,<br />
Frankreich oder Spanien verfügen über<br />
die Elite-Unis, die uns in Deutschland immer<br />
noch fehlen.<br />
– Bildung ist nach meiner Überzeugung eine<br />
Angelegenheit der Länder und Regionen. Für<br />
die Großforschung sehe ich dagegen Europa<br />
und die europäischen Institutionen in der<br />
Verantwortung. Erfolgreiche Projekte wie das<br />
Kernforschungszentrum CERN in Genf oder<br />
Airbus-Industries zeigen, dass wir Weltspitze<br />
sein können. Wir haben das Potenzial,<br />
wenn eine Voraussetzung erfüllt ist: Konzen-<br />
27
Prof. Dr. Jürgen Kluge<br />
28<br />
DIE INTERNATIONALE WETTBEWERBSFÄHIGKEIT DEUTSCHER UNTERNEHMEN<br />
UND DIE ROLLE DER EUROPÄISCHEN KOMMISSION<br />
tration auf zukunftsträchtige Technologien<br />
heißt das Zauberwort, das Gegenteil weit<br />
verbreiteter Förderung mit der Gießkanne.<br />
Sie werden fragen: Wie soll das konkret<br />
gehen? Als Berater sage ich: Mit Smart Regulation.<br />
Das ist die Schaffung von Rahmenbedingungen<br />
für eine optimale Unterstützung<br />
der Unternehmen im Wettbewerb durch intelligente<br />
Regulierung. Damit meine ich ausdrücklich<br />
keine tumbe Deregulierung von Märkten.<br />
Sondern Spielregeln, die es Europa und seinen<br />
Unternehmen ermöglichen, in ihren Branchen<br />
die Standards zu setzen.<br />
»Wir brauchen Smart Regulation.<br />
Rahmenbedingungen also, die es Europa<br />
und seinen Unternehmen ermöglichen,<br />
in ihren Branchen die Standards zu setzen.«<br />
Smart Regulation hat vier Merkmale:<br />
– Erstens eine klare Kosten-Nutzen-Analyse<br />
mit einem zahlenmäßigen Verständnis der<br />
Auswirkungen eines Regulierungsmodells.<br />
– Zweitens die Konzentration auf einen Rahmen,<br />
der den Marktkräften ausreichenden<br />
Raum zur Entfaltung lässt.<br />
– Drittens die Schaffung unabhängiger<br />
Instanzen, die Einführung und Kontrolle<br />
der Regulierung verantworten – und zwar<br />
möglichst auf europäischer Ebene, um<br />
Kleinstaaterei zu verhindern.<br />
– Schließlich viertens die regelmäßige Überprüfung<br />
und gegebenenfalls Abschaffung<br />
der beschlossenen Regelungen.<br />
Ich möchte mir schon hier einen Hinweis für die<br />
anschließende Diskussion erlauben: Wir brauchen<br />
öffentliche Gelder, um in unsere Zukunft<br />
investieren zu können. Ich denke da an Bildung<br />
und Innovation, aber auch an den Aufbau<br />
einer Demografierücklage für die Rentenversicherung.<br />
Wir werden sie aber nur bekommen, wenn wir<br />
die bestehenden Mittel intelligent umschichten.<br />
Das heißt: weniger Konsum z. B. bei Subventionen<br />
und Arbeitsmarktausgaben, dafür aber<br />
mehr Investitionen. Nach unseren Analysen<br />
könnten in Europa durch ein kritisches Hinterfragen<br />
staatlicher Leistungen, durch drastische Effizienzsteigerungen<br />
im öffentlichen Bereich und<br />
die Fokussierung, nicht den flächendeckenden<br />
Abbau, sozialer Leistungen bis zu zwölf Prozent<br />
des Bruttoinlandsprodukts freigespielt werden.<br />
Allein in Deutschland wären das 200 Mrd. Euro<br />
im Jahr. Die übliche Antwort aus der Politik lautet<br />
meistens: Völlig utopisch, geht nicht.
Lassen Sie mich mit einem Werbespruch entgegnen:<br />
„Geht nicht, gibt’s nicht!“ Eine Reihe<br />
von Ländern hat es geschafft, über beschäftigungswirksames<br />
Wachstum und eine Reduzierung<br />
der Leistungsausgaben ihre Haushalte zu<br />
sanieren. Schauen wir nur nach Schweden:<br />
Das Land konnte seine Staatsausgaben und<br />
den Schuldenstand zwischen 1993 und 2001<br />
um jeweils 16 Prozentpunkte, bezogen auf das<br />
Bruttoinlandsprodukt, senken. Auch Australien<br />
speckte ab – um zehn Prozentpunkte von 31,5<br />
auf 21,5 Prozent.<br />
Analysen helfen, Probleme zu erkennen. Nur<br />
sie allein helfen allerdings nicht weiter. Um<br />
auch praktisch zum Erfolg zu kommen, müssen<br />
viele Menschen und Institutionen zusammenwirken,<br />
müssen viele einzelne Veränderungen<br />
ineinander greifen. Wir sollten uns aber von<br />
der Komplexität der Aufgabe nicht entmutigen<br />
lassen. Sie ist aus meiner Sicht lösbar, wenn es<br />
uns gelingt, Europa nicht als bloßes Konstrukt<br />
zu begreifen, sondern als unsere gemeinsame<br />
Zukunft. Nur zusammen werden Unternehmen<br />
und politische Institutionen eine Lösung für<br />
neues Wachstum und soliden Wohlstand<br />
herbeiführen. Europa bietet in seiner Vielfalt<br />
einen ungeheuren Schatz an Beispielen und<br />
Modellen in allen relevanten Bereichen dafür,<br />
wie wir diesen Kontinent ganz nach vorne bringen<br />
können. Wichtig ist aber auch, den Glauben<br />
an das eigene Können in den Menschen<br />
zu stärken. Zuversicht und Vertrauen in die eigene<br />
Leistungsfähigkeit sind Treibsätze für die<br />
Prosperität einer Gesellschaft. Dazu gehören<br />
Mut zur Veränderung bei jedem Einzelnen und<br />
eine Politik, die auch zu empfindlichen Einschnitten<br />
bereit ist.<br />
Schon vor Churchill, der am Anfang meines Referats<br />
steht, hat Victor Hugo vor 150 Jahren ein<br />
geeintes Europa vorhergesehen. Ich zitiere:<br />
„Ein Tag wird kommen, wo es keine anderen<br />
Schlachtfelder mehr geben wird als die Märkte,<br />
die sich dem Handel öffnen und die Geister,<br />
die für die Ideen geöffnet sind.“ Er erntete<br />
damals Hohn und Spott. Aber er hat Recht behalten.<br />
Ich bin überzeugt, die europäische Idee<br />
trägt auch die nächsten 150 Jahre – wenn wir<br />
heute damit beginnen, das Richtige zu tun.<br />
Ich danke Ihnen sehr für Ihre Aufmerksamkeit.<br />
»Ich bin überzeugt, die europäische Idee<br />
trägt auch die nächsten 150 Jahre – wenn wir<br />
heute damit beginnen, das Richtige zu tun.«<br />
29
30<br />
ÜBER DIE REFERENTEN<br />
ÜBER DIE REFERENTEN<br />
Frits Bolkestein, geboren 1933 in Amsterdam, studierte<br />
Mathematik, Physik, Philosophie und Griechisch an den<br />
Universitäten Oregon State und Amsterdam. Danach hat er<br />
sein Studium mit Abschlüssen in Wirtschaft und Recht<br />
ergänzt. Seine Karriere begann er 1960 beim Shell-Konzern,<br />
wo er 1973 zum Direktor von Shell Chemie ernannt<br />
wurde. Zwischen 1978 und 1999 war Frits Bolkestein für<br />
insgesamt drei Legislaturperioden Abgeordneter der V.V.D.<br />
(Volkspartij voor Vrijheid en Democratie; Liberale). In diesem<br />
Zeitraum war er auch als Außenhandelsminister, Verteidigungsminister<br />
und Fraktionsvorsitzender der V.V.D. tätig.<br />
Von 1999 bis 2004 diente er in der Europäischen Kommission<br />
von Romano Prodi als Kommissar für den Binnenmarkt,<br />
Steuern und Zollunion. Heute ist er Dozent für<br />
„Intellektuelle Grundlagen der politischen Entwicklungen“ an<br />
den Universitäten Leiden und Delft.
Professor Dr. Jürgen Kluge, geboren 1953 in Hagen, ist<br />
promovierter Physiker (Universitäten zu Köln und Essen mit<br />
Schwerpunkt auf experimentelle Laserphysik) und hat eine<br />
Honorarprofessur der Technischen Universität Darmstadt<br />
inne. Er ist seit 1984 bei McKinsey & Company in<br />
Düsseldorf. Er wurde 1989 zum Partner und 1995 zum<br />
Director gewählt. Seit 1998 ist er für das Recruiting der<br />
Berater verantwortlich. 1999 übernahm er die Leitung des<br />
deutschen Büros. Er ist Mitglied im Shareholder Council,<br />
dem internationalen Führungsgremium der Firma. Als Leiter<br />
der weltweiten Automotive & Assembly Sector Industry<br />
Practice hat er vor allem Unternehmen des Automobil-,<br />
Maschinen- und Anlagenbaus beraten. Daneben hat er sich<br />
vorrangig auf die Themenbereiche Strategie, Technologiemanagement<br />
und Innovation konzentriert und dazu zahlreiche<br />
Beiträge und Bücher publiziert. Jürgen Kluge engagiert<br />
sich zusätzlich für Bildung und soziale Initiativen.<br />
31
32<br />
TEILNEHMER<br />
Dr. Konrad Adam<br />
Chefkorrespondent Die Welt, Berlin<br />
Kurator <strong>Haniel</strong> <strong>Stiftung</strong><br />
Dr. Günther Altenburg<br />
Assistant Secretary General for<br />
Political Affairs NATO, Brüssel<br />
Dr. Rupert Antes<br />
<strong>Haniel</strong> <strong>Stiftung</strong>, Duisburg<br />
Dr. Ferdinand Graf von Ballestrem<br />
Mitglied des Vorstands MAN Aktiengesellschaft,<br />
München<br />
Dr. Georg F. Baur, Hamburg<br />
Matthias Beck<br />
Principal McKinsey & Company, München<br />
Jan Behlau, Mainfeld<br />
Willi Berchtold<br />
Präsident Bundesverband Informationswirtschaft,<br />
Telekommunikation und neue Medien, Berlin<br />
Dr. Christoph Binge<br />
Partner Haarmann, Helmmelrath, Berlin<br />
Werner Binnenbrücker<br />
Schulleiter Franz-<strong>Haniel</strong>-Gymnasium, Duisburg<br />
TEILNEHMER<br />
Ursula Binnenbrücker, Duisburg<br />
Dr. Gottfried von Bismarck<br />
Senior Consultant Körber AG, Hamburg<br />
Andreas Blätte<br />
Wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />
Universität Erfurt<br />
Frits Bolkestein<br />
ehem. EU-Kommissar, außerordentlicher Professor<br />
an den Universitäten Leiden und Delft<br />
Hans-Detlef Bösel<br />
Partner M.M. Warburg & Co., Hamburg<br />
Volker Brandt<br />
Leiter Deutsche SchülerAkademie, Bonn<br />
Dominic Brenninkmeyer, Neuss<br />
Prof. Dr. Dr. h.c. Klaus Brockhoff<br />
Rektor Wissenschaftliche Hochschule für<br />
Unternehmensführung (WHU), Vallendar<br />
Dr. Georg Brodach<br />
Senior Vice President<br />
Asea Brown Boveri Europe, Brüssel<br />
Dr. Bernhard Bueb<br />
Schulleiter Schule Schloss Salem
Heike Bueb, Salem<br />
Dr. Ludger Buerstedde<br />
Botschafter a.D., Bonn<br />
Christian v. Bülow, Nürnberg<br />
Veronika v. Bülow, Nürnberg<br />
Dr. Dirk Busse, Meerbusch<br />
Ursula Busse, Meerbusch<br />
Jürgen Büssow<br />
Regierungspräsident, Düsseldorf<br />
Dr. Ulrich Cartellieri, Frankfurt/Main<br />
Michael Cramer, Düsseldorf<br />
Dr. Vera Cramer, Düsseldorf<br />
Prof. Dr. Julius Michael Curtius,<br />
Weimar<br />
Dr. Joachim Curtius<br />
Wissenschaftlicher Assistent,<br />
Johannes Gutenberg-Universität<br />
Mainz<br />
Dr. Gert Dahlmanns,<br />
Zeppelin University, Friedrichshafen<br />
Marita Dahlmanns, Marburg<br />
Prof. Dominique Demougin, Ph. D.<br />
Institutsleiter Walther-Rathenau-Institut,<br />
Humboldt-Universität zu Berlin<br />
Dr. Claus-Michael Dill<br />
Vorsitzender des Vorstands<br />
AXA Konzern AG, Köln<br />
Susan Lynn Dortants<br />
Wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />
Universität Erfurt<br />
Christian Graf v. Dürckheim, London<br />
Prof. Dr. Siegfried Englert<br />
Geschäftsführer Ostasieninstitut der<br />
Fachhochschule Ludwigshafen<br />
Dr. Rainer Esser<br />
Geschäftsführer Die Zeit, Hamburg<br />
Dr. Christoph T. Feddersen<br />
Rechtsanwalt Cleary, Gottlieb,<br />
Steen & Hamilton, Brüssel<br />
Jens Fischer<br />
Vorsitzender des Vorstands Förderverein der<br />
<strong>Stiftung</strong> Wissenschaft und Politik (SWP), Berlin<br />
John Flüh<br />
Rechtsanwalt und Notar Hengeler Mueller,<br />
Berlin<br />
Rüdiger Frohn<br />
Staatssekretär a.D., Gevelsberg<br />
33
34<br />
TEILNEHMER<br />
Dr. Ina Frost<br />
Associate Hengeler Mueller, Frankfurt/Main<br />
Dr. Felix Ganteführer, Düsseldorf<br />
Monika Ganteführer, Düsseldorf<br />
Jürgen Gehrels<br />
Chairman Siemens plc, Berks<br />
Thomas W. Geisel<br />
Direktor Gaseinkauf E.ON Ruhrgas AG,<br />
Essen<br />
Dr. Vera Geisel<br />
Rechtsanwältin, Essen<br />
Thomas Geitner<br />
Executive Director Vodafone AG, Düsseldorf<br />
Dr. Rolf Giebeler<br />
Partner Clifford Chance, Düsseldorf<br />
Bergass. a.D. Dr. Gerd Glatzel, Meerbusch<br />
Rolf Göbel<br />
Mitglied des Aufsichtsrats PwC Deutsche<br />
Revision AG, Essen<br />
Wilhelmine Göbel, Essen<br />
Dr. Heike Grimm<br />
Hochschuldozentin Universität Erfurt<br />
Peter Groos<br />
Vorsitzender des Beirats<br />
Franz <strong>Haniel</strong> & Cie. GmbH<br />
Kurator <strong>Haniel</strong> <strong>Stiftung</strong>, Duisburg<br />
Signe Groos, München<br />
Hans Jakob <strong>Haniel</strong>, Köln<br />
Franz M. <strong>Haniel</strong><br />
Vorsitzender des Aufsichtsrats<br />
Franz <strong>Haniel</strong> & Cie. GmbH, Vorsitzender des<br />
Kuratoriums <strong>Haniel</strong> <strong>Stiftung</strong>, Duisburg<br />
Dr. Michael Hanssler<br />
Vorstand Gerda Henkel <strong>Stiftung</strong>, Düsseldorf<br />
Johan Frederik Hartle<br />
Lehrbeauftragter Kunstakademie Münster<br />
Dr. Damian Hecker<br />
Partner Clifford Chance, Düsseldorf<br />
Dr. Andrej Heinke<br />
Projektleiter Robert Bosch <strong>Stiftung</strong>, Stuttgart<br />
Monika Heitkamp, Herne<br />
Prof. Dr. Dietmar Herz<br />
Vizepräsident Universität Erfurt<br />
Dr. Uwe Jean Heuser<br />
Leiter des Wirtschaftsressorts Die Zeit,<br />
Hamburg<br />
Prof. Dr. Thomas Heberer<br />
Institut für Ostasienwissenschaften,<br />
Universität Duisburg-Essen, Duisburg<br />
Peter Graf von Hochberg<br />
Geschäftsführer Booz Allen Hamilton,<br />
Düsseldorf<br />
Ulrich Hocker<br />
Hauptgeschäftsführer Schutzvereinigung für<br />
Wertpapierbesitz, Düsseldorf<br />
Prof. Dr. Michael Hoffmann-Becking<br />
Rechtsanwalt Hengeler Mueller, Düsseldorf<br />
Beate Hoffmann-Becking, Düsseldorf
Prof. Dr. Barbara Ischinger<br />
Vizepräsidentin für Internationales und Öffentlichkeitsarbeit<br />
Humboldt-Universität zu Berlin<br />
Cordula Janowski<br />
Programmleiterin Master of European Studies<br />
Zentrum für Europäische Integrationsforschung<br />
(ZEI), Rheinische Friedrich-Wilhelm-Universität,<br />
Bonn<br />
Dr. Friedrich Janssen<br />
Mitglied des Vorstands E.ON Ruhrgas AG, Essen<br />
Eva Janssen, Essen<br />
Dr. Ludger Kahl, Duisburg<br />
Bernhard Kahl, Duisburg<br />
Prof. Dr. Gert Kaiser<br />
Präsident Wissenschaftszentrum NRW,<br />
Düsseldorf<br />
Dieter Kämmerer, Holzgerlingen<br />
Gerhard C. Kappelhoff-Wulff,<br />
Düsseldorf<br />
Wilhelm Dietrich Karmann<br />
Geschäftsführer Wilhelm Karmann GmbH,<br />
Osnabrück<br />
Ursula Karmann, Osnabrück<br />
Christel Kaufmann-Hocker, Düsseldorf<br />
Dr. Horst Jörg Kayser<br />
Division President Industrial Automation<br />
Systems Siemens AG, Nürnberg<br />
Dr. Richard Kiessler<br />
Chefredakteur NRZ, Essen<br />
Dr. Ulrich Kleier<br />
Präsident IHK Duisburg, Duisburg<br />
Annabel von Klenck<br />
Geschäftsführerin <strong>Stiftung</strong> Mercator, Essen<br />
Max Dietrich Kley<br />
Mitglied des Aufsichtsrats BASF AG,<br />
Ludwigshafen<br />
Dr. Thomas Klischan<br />
Hauptgeschäftsführer NORDMETALL,<br />
Vorstand NORDMETALL-<strong>Stiftung</strong>, Hamburg<br />
Dr. Udo von Klot-Heydenfeldt<br />
B. Metzler seel. Sohn & Co. KGaA,<br />
Frankfurt/Main<br />
Prof. Dr. Jürgen Kluge<br />
Director – Office Manager<br />
McKinsey & Company Deutschland,<br />
Düsseldorf<br />
Prof. Dr. Hannes Kniffka<br />
Leiter Sprachwissenschaftliches Institut der<br />
Rheinischen Friedrich-Wilhelm-Universität Bonn<br />
Dr. Gabriele Kniffka<br />
Institut für deutsche Sprache und Literatur,<br />
Universität zu Köln<br />
35
36<br />
TEILNEHMER<br />
Marija Korsch<br />
Partner B. Metzler seel. Sohn & Co. Holding<br />
AG, Frankfurt/Main<br />
Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte<br />
Leiter Institut für Politikwissenschaft<br />
Universität Duisburg-Essen, Duisburg<br />
Armin Kummer<br />
European Commission, Brussels<br />
Katharina Kusserow, Monaco<br />
Heidi Landwers-Schädlich, Düsseldorf<br />
Dr. Wolfhard Leichnitz<br />
Vorsitzender des Vorstands Viterra AG,<br />
Essen<br />
Dr. Doris Leichnitz, Essen<br />
Verena Lepper<br />
Wissenschaftliche Assistentin,<br />
Rheinische Friedrich-Wilhelm-Universität Bonn<br />
Jürgen Libbert<br />
Rechtsanwalt Latham & Watkins Schön Nolte,<br />
Hamburg<br />
Mathias Lingnau<br />
Head of Integration Masterplanning DHL<br />
Worldwide Network, Diegem<br />
Gabriele Logemann-Spiegel<br />
Franz <strong>Haniel</strong> Akademie GmbH, Duisburg<br />
Prof. Dr. Ralph-Alexander Lorz<br />
Lehrstuhl für deutsches und ausländisches<br />
öffentliches Recht, Heinrich-Heine-Universität<br />
Düsseldorf<br />
Dr. Hartmut Marhold<br />
Generalsekretär Centre International de<br />
Formation Européenne (CIFE), Nizza<br />
Eric Martin<br />
Head of Territory BNP Paribas, Frankfurt/Main<br />
Dr. Jost A. Massenberg<br />
Mitglied des Vorstands<br />
Thyssen Krupp Stahl AG, Duisburg<br />
Dr.-Ing. Michael Maurer<br />
Hauptgeschäftsführer Arbeitsgemeinschaft<br />
industrieller Forschungsvereinigungen, Köln<br />
Dr. Michael Meimeth<br />
Geschäftsführer Europäische Akademie<br />
Otzenhausen, Saarbrücken<br />
Dr. Jochen Melchior<br />
Vorsitzender des Vorstands STEAG AG,<br />
Essen<br />
Dr. Klaus von Menges<br />
Mitglied des Aufsichtsrats Ferrostaal AG,<br />
Essen
Heinke von Menges, Essen<br />
Julia Merkel<br />
Leiterin Personalentwicklung METRO AG,<br />
Düsseldorf<br />
Friedrich von Metzler<br />
Bankier B. Metzler seel. Sohn & Co. KGaA,<br />
Frankfurt/Main<br />
Prof. Dr. Meinhard Miegel<br />
Geschäftsf. Vorstand/wissenschaftl. Leiter<br />
Institut für Wirtschaft und Gesellschaft,<br />
Bonn<br />
Barbara-Maria Monheim<br />
Vorsitzende Deutsch-Polnisch-Ukrainischer<br />
Verein für Osteuropa, Berlin<br />
Dr. Hartmut Müller-Peddinghaus<br />
Notar H.-U. Neumann und Partner,<br />
Duisburg<br />
Dr. Klaus Neuhoff<br />
Institut <strong>Stiftung</strong> und Gemeinwohl,<br />
Universität Witten/Herdecke<br />
Gottfried Noelle<br />
Rechtsanwalt, Düsseldorf<br />
Prof. Dr. Christian Oberländer<br />
Seminar für Japanologie<br />
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg<br />
Dr. Frank d’Oleire, Meerbusch<br />
Christa d’Oleire, Meerbusch<br />
Ingo Pahl, Ratingen<br />
Mathias Pahl, Ratingen<br />
Dr. Miriam Parmentier<br />
Rechtsanwältin, Frankfurt<br />
Prof. Dr. Werner Pascha<br />
Lehrstuhl für Ostasienwirtschaft/Wirtschaftspolitik<br />
Universität Duisburg-Essen, Duisburg<br />
Gisela Philipsenburg<br />
Bundesministerium für Bildung und Forschung,<br />
Berlin<br />
Prof. Dr. Andrea Plinke, Berlin<br />
Paul Pruss, Meerbusch<br />
Dr. Henner Puppel<br />
Sprecher des Vorstandes Nationalbank AG,<br />
Essen<br />
Stefan Quandt, Bad Homburg<br />
Dr. Hartmut Rahn<br />
Generalsekretär a.D. Studienstiftung des<br />
deutschen Volkes, Remagen<br />
37
38<br />
TEILNEHMER<br />
Jochen Richter<br />
Europäisches Parlament, Brüssel<br />
Jürgen Riesenbeck<br />
Regierungsvizepräsident Bezirksregierung<br />
Düsseldorf<br />
Dr. Rolf Ruhfus<br />
Chairman und CEO LodgeWorks<br />
Corporation, Düsseldorf<br />
Adolf Sauerland<br />
Oberbürgermeister Stadt Duisburg<br />
Prof. Dr. Christian Schade<br />
Institut für Entrepreneurship/Innovationsmanagement,<br />
Humboldt-Universität zu Berlin<br />
Dr. Michael Schädlich<br />
Geschäftsführer Dorma Holding GmbH + Co.<br />
KGaA, Ennepetal<br />
Dr. Dieter Schadt, Mülheim<br />
Renate Schadt, Mülheim<br />
Dr. Marc Schattenmann<br />
stellv. Direktor Erfurt School of Public Policy,<br />
Universität Erfurt<br />
Dr. Jochen Scheel<br />
Rechtsanwalt Shearman & Sterling,<br />
Mannheim<br />
Dr. Till Schemmann<br />
Geschäftsführer Bundesnotarkammer,<br />
Berlin<br />
Dr. Jochen Schmidt<br />
Rechtsanwalt und Notar<br />
Schmidt, von der Osten & Huber,<br />
Essen<br />
Anita Schmidt, Essen<br />
Dr. Armin Schmiedeberg<br />
Geschäftsführer The Boston Consulting Group<br />
GmbH, Düsseldorf<br />
Insa Schmiedeberg, Düsseldorf<br />
Dr. Karsten Schnetzer<br />
Leiter Head Office Deutsche Telekom <strong>Stiftung</strong>,<br />
Bonn<br />
Dr. Klaus Schubert, Bremen<br />
Gerd Schulte-Hillen, Hamburg<br />
Prof. Peter Schupp, Ph.D.<br />
School of Engineering and Science,<br />
International University Bremen<br />
Franz-Josef Schwarzhof<br />
Mitglied des Vorstands PwC Deutsche<br />
Revision Aktiengesellschaft, Düsseldorf<br />
Gabriele Schwarzhof, Düsseldorf
Daniel Seebach<br />
Wissenschaftlicher Mitarbeiter,<br />
Universität zu Köln<br />
Prof. Dr. Theo Siegert<br />
Mitglied des Vorstands Franz <strong>Haniel</strong> & Cie.<br />
GmbH, Duisburg<br />
Dr. Verena Siegert, Düsseldorf<br />
Dr. Dieter Siempelkamp<br />
Vorsitzender des Beirats Siempelkamp<br />
GmbH, Krefeld<br />
Dr. Annette Simon<br />
Rechtsreferendarin Bundesministerium<br />
der Verteidigung, Bonn<br />
Dr. Gary Smith<br />
Executive Director American Academy,<br />
Berlin<br />
Jörn Söder, Generalleutnant a.D.,<br />
Hamburg<br />
Jenny Söder, Hamburg<br />
Marius Spiecker gen. Döhmann<br />
Leiter Auslandsförderung Studienstiftung<br />
des deutschen Volkes, Bonn<br />
Ludger W. Staby, Hamburg<br />
Prof. Dr. Joachim Starbatty<br />
Vorsitzender Aktionsgemeinschaft<br />
Soziale Marktwirtschaft, Tübingen<br />
Dr. Wulf v. Starck, Gräfelfing<br />
Dr. Rainer Stephan<br />
Vorsitzender der Geschäftsleitung Barclays<br />
Bank, Frankfurt/Main<br />
Gesa Stollenwerk<br />
Richterin, Wiesbaden<br />
Friedhelm Teusch<br />
Governor Lions-Clubs International, Essen<br />
Monika Teusch, Essen<br />
Dr. Alexander von Tippelskirch<br />
IKB Deutsche Industriebank AG, Düsseldorf<br />
Gudrun von Tippelskirch, Düsseldorf<br />
Dr. Klaus Trützschler<br />
Mitglied des Vorstands Franz <strong>Haniel</strong> & Cie.<br />
GmbH, Duisburg<br />
Gabriele Trützschler, Duisburg<br />
Dr. Michael J. Ulmer<br />
Rechtsanwalt Gleiss Lutz,<br />
Frankfurt/Main<br />
Ulrich Voswinckel<br />
Vorsitzender des <strong>Stiftung</strong>srats Körber-<strong>Stiftung</strong>,<br />
Hamburg<br />
39
40<br />
TEILNEHMER<br />
Dr. Philipp-Christian Wachs<br />
Leiter Vorstandsbüro Zeit-<strong>Stiftung</strong><br />
Ebelin und Gerd Bucerius,<br />
Geschäftsführer Deutsche Nationalstiftung,<br />
Hamburg<br />
Dr. Harald Wagner<br />
Geschäftsführer Verein Bildung und<br />
Begabung e.V., Bonn<br />
Brigitte Wagner, Bonn<br />
Dr. Peter Wand<br />
Cleary, Gottlieb, Steen & Hamilton,<br />
Frankfurt/Main<br />
Jing Wang, Duisburg<br />
Roger de Weck<br />
Publizist, Gastprofessor am Europa-Kolleg<br />
in Brügge, Zürich<br />
Peter Weidig<br />
<strong>Haniel</strong> <strong>Stiftung</strong>, Duisburg<br />
Prof. Dr. C. Christian von Weizsäcker<br />
Max-Planck-Institut zur Erforschung von<br />
Gemeinschaftsgütern, Bonn<br />
Prof. Dr. Peter Welzel<br />
Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre<br />
Universität Augsburg<br />
Wilhelm Weerth<br />
Principal Mummert Consulting,<br />
Frankfurt/Main<br />
Dr. Angelika Westerwelle<br />
Geschäftsführerin Weidemann Holding,<br />
Paderborn<br />
Prof. Dr. Hans Georg Willers<br />
Kurator <strong>Haniel</strong> <strong>Stiftung</strong>, Duisburg<br />
Prof. Dr. Elmar Windthorst, Stuttgart<br />
Albrecht Woeste, Düsseldorf<br />
Dr. Agnieszka von Zanthier<br />
Kreisau-Initiative Berlin<br />
Dr. Karsten W. Zimmermann<br />
Vice President The Boston Consulting Group<br />
GmbH, München
42<br />
VERANSTALTUNGSREIHE <strong>HANIEL</strong> LECTURE<br />
1. <strong>Haniel</strong> Lecture<br />
Hagen Schulze, Was ist eigentlich Europa?<br />
David Marsh, Ist das Maastricher Modell<br />
noch zeitgemäß?<br />
1993<br />
2. <strong>Haniel</strong> Lecture<br />
Europa und seine Nachbarn<br />
Jean François-Poncet, Die Ost- und die<br />
Südflanke Europas<br />
Otto von der Gablentz, Die Herausforderungen<br />
im Osten Europas<br />
1996<br />
3. <strong>Haniel</strong> Lecture<br />
Wie entsteht Innovation?<br />
Hubert Markl, Was macht Forschung<br />
innovativ?<br />
Giuseppe Vita, Innovationsimpulse aus der<br />
Wirtschaft<br />
1998<br />
VERANSTALTUNGSREIHE<br />
<strong>HANIEL</strong> LECTURE<br />
4. <strong>Haniel</strong> Lecture<br />
Warum noch Europa im Zeichen der<br />
Globalisierung?<br />
Leon Brittan/Kurt Biedenkopf<br />
2001<br />
5. <strong>Haniel</strong> Lecture<br />
Hegemony or Partnership? The Transatlantic<br />
Relationship in a Changing World<br />
Prof. Joseph S. Nye jr./<br />
Dr. Wolfgang Schäuble<br />
2003<br />
Publikationen sind erhältlich im <strong>Stiftung</strong>sbüro<br />
oder unter www.haniel-stiftung.de<br />
Kontakt<br />
<strong>Haniel</strong> <strong>Stiftung</strong><br />
Franz-<strong>Haniel</strong>-Platz 1<br />
47119 Duisburg<br />
Deutschland<br />
Telefon +49-(0)203-8<strong>06</strong>-367<br />
Telefax +49-(0)203-8<strong>06</strong>-720<br />
E-Mail stiftung@haniel.de<br />
www.haniel-stiftung.de
Impressum<br />
Herausgeber: <strong>Haniel</strong> <strong>Stiftung</strong>, Duisburg<br />
Redaktion: Susan Lynn Dortants, Maria Reppas,<br />
Dr. Marc Schattenmann<br />
Fotografie: Tom Jasny, Düsseldorf<br />
Produktion: Druckhaus Duisburg OMD GmbH,<br />
Duisburg<br />
Die Dokumentation zur 6. <strong>Haniel</strong> Lecture<br />
erscheint in deutscher und englischer Sprache.