Klinik-Dialog Ausgabe 2/2010 - Caritasklinik St. Theresia
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fRAnzösIschE hEbAmmEn bEsuchTEn<br />
Am 8. APRIL <strong>2010</strong> DIE cARITAskLInIk<br />
ursprünglich hat alles damit angefangen,<br />
dass im Frühjahr 2009 in unserem<br />
Krankenhaus eine Französin ihr erstes Kind<br />
geboren hat.<br />
Das ist eigentlich nichts Ungewöhnliches in<br />
anbetracht der Tatsache, dass jährlich rund<br />
800 Kinder in unserem Kreißsaal das Licht<br />
der Welt erblicken. Den Grund, warum sie<br />
ausgerechnet in Deutschland und nicht in<br />
Frankreich gebären wollte, hat sie mir dann<br />
in ein bis zwei Sätzen schnell beantwortet:<br />
„In Frankreich ist die medizinische Geburtshilfe<br />
zwar genauso fortschrittlich wie in<br />
Deutschland, aber die Möglichkeiten einer<br />
Hebamme in der individuellen Geburtsbegleitung<br />
und auch der Betreuung von Mutter und Kind nach der<br />
Geburt zu Hause sind sehr eingeschränkt“, erläutert die Französin.<br />
„Als Schwangere hat man eher selten Mitspracherecht<br />
in der Geburtsgestaltung und wenn man mit Vorstellungen wie<br />
Wassergeburt, Entspannungsmusik oder z. B. Aromatherapie<br />
kommt, wird man eher belächelt und mit knappen Sätzen wie<br />
z. B. ‚… da müssen sie eher nach Paris oder hinter die Grenze<br />
nach Deutschland gehen, wenn Sie solche Wünsche haben…‘<br />
konfrontiert. Als Schwangere nicht gerade zufriedenstellend.“<br />
Die Geschichte der frischgebackenen Mama hat mich echt<br />
nachdenklich gemacht. Da ich selbst in Frankreich wohne,<br />
französische Freundinnen mit Kindern habe, der französischen<br />
Sprache mächtig bin, lag für mich nichts näher, als die<br />
französische Hebammentätigkeit mal näher zu betrachten.<br />
Schnell fand ich Kontakt zu einer französischen Hebamme aus<br />
<strong>St</strong>. Avold und einer Hebamme aus Forbach. Nachdem ich ihnen<br />
die Geschichte und mein Anliegen geschildert hatte, zeigten<br />
auch die beiden französischen Kolleginnen<br />
großes Interesse und ich wurde zu<br />
einem regionalen Hebammentreffen nach<br />
Forbach eingeladen. Dort treffen sich<br />
monatlich ca. 35 französische Hebammenkolleginnen<br />
aus den Regionen Metz,<br />
Nancy, <strong>St</strong>raßburg, <strong>St</strong>. Avold, Forbach und<br />
Sarrguemines, um aktuelle Themen zu<br />
besprechen.<br />
Bei diesem Treffen sollte ich den französischen<br />
Kolleginnen unsere <strong>Klinik</strong> vorstellen<br />
und unter anderem über die Rechte und<br />
Pflichten einer deutschen Hebamme und<br />
die individuellen Möglichkeiten einer<br />
Schwangeren berichten.<br />
Im Juni 2009 war es schließlich soweit. Im Krankenhaus Marie<br />
Madeleine in Forbach konnte ich Rede und Antwort stehen und<br />
habe gleichzeitig interessante Unterschiede zwischen dem<br />
deutschen und französischen Hebammensystem feststellen<br />
können.<br />
Das Krankenhaus Marie Madeleine in Forbach verfügt über<br />
35 Betten in der gynäkologischen/geburtshilflichen Abteilung,<br />
einen Kreißsaal mit 4 Entbindungszimmern bei jährlich ca. 950<br />
Geburten sowie eine Neonatologie mit 18 Betten (inkl. 7 Intensivbetten).<br />
Entbindungen werden hier ab der 32 Schwangerschaftswoche<br />
betreut und somit zählt das Krankenhaus Marie<br />
Madeleine zu einem Krankenhaus mittlerer Größe.<br />
Die französischen Hebammenkolleginnen waren von den Möglichkeiten<br />
der deutschen Hebammen in der Schwangeren-<br />
und Geburtsbegleitung sowie der Betreuung von<br />
Mutter und Kind zu Hause begeistert. Der Freiraum der Schwangeren<br />
in ihrer individuellen Geburtsgestaltung in Form von<br />
Homöopathie, Akupunktur, Aromatherapie, Entspannungsmusik,<br />
Wassergeburt usw. kann in Frankreich nur in seltenen Fällen<br />
gewährleistet werden und ist noch eher in der Probephase.<br />
Ich durfte mir an diesem Abend auch den Kreißsaal, die Mutter-<br />
Kind-<strong>St</strong>ation und die Neonatologie anschauen. Diese waren<br />
zwar renoviert und mit hochmodernem medizinischem Equipment<br />
ausgestattet, hatten jedoch keinen Charme und wirkten<br />
eher steril. Diese französische geburtshilfliche Abteilung war<br />
von einer warmen, familiären Atmosphäre, in der man gerne<br />
ein Kind empfangen möchte, weit entfernt. Kurzerhand habe<br />
ich meine französischen Hebammenkolleginnen zu uns in die<br />
<strong>Caritasklinik</strong> eingeladen.<br />
Am 08. April <strong>2010</strong> war es endlich soweit. Nach langer Zeit hatten<br />
wir endlich ein Datum gefunden, an dem es zumindest einigen<br />
von meinen französischen Hebammenkolleginnen möglich war,<br />
die „kleine Reise“ nach Saarbrücken anzutreten. Tatkräftige<br />
Unterstützung hatte ich durch unsere Assistenzärztin<br />
Dr. Sita Ngoumou.<br />
Neben der Präsentation unseres Kreißsaales, der Mutter-Kind-<br />
<strong>St</strong>ation und der Neonatologie konnten auch an diesem Abend<br />
wieder einige Fragen in Bezug auf die evtl. Unterschiede der<br />
deutsch-französischen Arbeitsweise beantwortet werden. Ein<br />
rundum gelungener Abend.<br />
So wünscht man sich einen<br />
deutsch-französischen Austausch.<br />
Text: Kerstin Welker, Fotos: Susanne Moll<br />
KliniK : <strong>Dialog</strong><br />
Als Fazit möchte ich einfach hervorheben, dass<br />
wir Hebammen, egal aus welchem Land, mit welcher<br />
Sprache oder ob angestellt oder freiberuflich tätig, den<br />
Frauen und Kindern gegenüber nur ein Ziel haben und<br />
das lautet: „…Ankunft in Geborgenheit…“<br />
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