Bauleitplanung und Lärmkontingentierung - Baden-Württemberg
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Tagung „Lärmkongress 2000“<br />
Entwicklung des Städtebaus im<br />
Hinblick auf die Ordnung der<br />
Funktionen <strong>und</strong> den (Lärm -)<br />
Immissionsschutz<br />
Die Diskussion um die Ordnung der<br />
Funktionen im modernen Städtebau hat ihren<br />
Ursprung vor allem in der rasanten<br />
Stadtentwicklung ab der 2. Hälfte des<br />
19. Jahrh<strong>und</strong>erts als Folge von landwirtschaftlichen,<br />
industriellen <strong>und</strong> demographischen<br />
Umwälzungen von bis dahin unbekannten<br />
Ausmaßen. Dem technischen Fortschritt<br />
steht das weitgehend unkoordinierte<br />
Wachstum der Städte gegenüber. Lärm <strong>und</strong><br />
Luftschadstoffe durch die neuen Industrien<br />
führen zu Stadtquartieren mit unzumutbaren<br />
Wohn- <strong>und</strong> Arbeitsverhältnissen. Räumliche<br />
<strong>und</strong> soziale Segregationsprozesse setzen<br />
ein.<br />
Der 1928 konstituierte „Congres International<br />
d´Architecture Moderne“ (CIAM) stellt<br />
die städtebaulichen Funktionen Wohnen,<br />
Arbeit, Erholung (Freizeit) <strong>und</strong> Verkehr <strong>und</strong><br />
deren Wechselwirkungen in den Mittelpunkt<br />
der modernen städtebaulichen Planung. In<br />
Bezug auf diese Schlüsselfunktionen fordert<br />
der 4. CIAM 1933 in der „Charta von Athen“<br />
unter anderem, dass<br />
• Industriezonen von Wohngebieten zu<br />
trennen sind <strong>und</strong> an überörtlichen Verkehrswegen<br />
angelegt werden,<br />
• die Entfernungen zwischen Arbeitsplätzen<br />
<strong>und</strong> Wohnungen auf ein Mindestmaß<br />
reduziert werden,<br />
• das Handwerk, das aufs Engste mit dem<br />
städtischen Leben verb<strong>und</strong>en ist, genau<br />
bezeichnete Plätze im Innern der Stadt<br />
belegen kann,<br />
• die Freizeit sich in bevorzugt ausgestatteten<br />
Räumen, wie Parks, Wäldern,<br />
Sportplätzen, Stadien, Strandbädern<br />
•<br />
usw. abspielen solle <strong>und</strong> dass dabei die<br />
Naturgegebenheiten berücksichtigt werden,<br />
die City, die der öffentlichen <strong>und</strong> privaten<br />
Verwaltung dient, gute Verkehrsverbindungen<br />
mit den Wohnvierteln, den<br />
Industrien <strong>und</strong> dem in der Stadt oder in<br />
der Nachbarschaft gebliebenen Handwerk<br />
erhält.<br />
Der Wiederaufbau der kriegszerstörten<br />
Städte <strong>und</strong> die Erstellung von Wohnungen<br />
sind die dringlichsten Aufgaben des Städtebaus<br />
in der Nachkriegsphase in Deutschland.<br />
Das Schlagwort der "gegliederten <strong>und</strong><br />
aufgelockerten Stadt" 1 charakterisiert die<br />
wichtigsten strukturellen Merkmale der modernen<br />
Stadt, über die unter den Planern in<br />
der Aufbauphase nach dem 2. Weltkrieg<br />
weitgehend Einigkeit herrscht. Die verschiedenen<br />
Funktionen der Stadt sollen, um<br />
gegenseitige Beeinträchtigungen so gering<br />
wie möglich zu halten, in jeweils eigenen,<br />
von einander getrennten Gebieten untergebracht<br />
werden.<br />
Im Jahre 1962 wird auf der Gr<strong>und</strong>lage<br />
des B<strong>und</strong>esbaugesetzes (BBauG) von 1960<br />
die erste Baunutzungsverordnung (BauN-<br />
VO) erlassen. Der Verordnungsgeber regelt<br />
damit zum ersten Mal b<strong>und</strong>esweit einheitlich,<br />
was in Bauleitplänen dargestellt bzw.<br />
festgesetzt werden kann. Zur Darstellung<br />
bzw. Festsetzung der Art der baulichen<br />
Nutzungen stellt die BauNVO Bauflächenbzw.<br />
Baugebietskategorien zur Verfügung,<br />
in denen die zulässigen Nutzungen nach typisierten<br />
Störgraden abgestuft sind. Mit der<br />
Aufteilung der Baugebietstypen nach Störgraden<br />
sollen empfindliche Nutzungen, entsprechend<br />
den in der ersten Hälfte des<br />
Jahrh<strong>und</strong>erts entwickelten Leitgedanken der<br />
Funktionstrennung, vor schädlichen Umwelteinwirkungen<br />
geschützt werden.<br />
In den 60er Jahren kommt erstmals Kritik<br />
an der im Wiederaufbau praktizierten<br />
Trennung der Funktionen auf. Vor allem die<br />
Verödung der Innenstädte nach Geschäftsschluss<br />
<strong>und</strong> die Entwicklung der neuen großen<br />
Wohnsiedlungen zu reinen „Schlafstädten“<br />
wird beklagt. Mit der Trennung der<br />
Funktionen gehe, so die Kritiker, etwas vom<br />
Wesen der Stadt, die „Urbanität“, verloren.<br />
Der motorisierte Individualverkehr wird zunehmend<br />
zum Problem. Die Charta von A-<br />
1 Vgl. Göderitz, J., Rainer, R. <strong>und</strong> Hoffmann, H.:<br />
„Die gegliederte <strong>und</strong> aufgelockerte Stadt“, Tübingen<br />
1957.