Download Liturgische Hilfen - Adveniat
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„Dein Reich komme“<br />
inhaltliche Überlegungen zu „50 Jahre <strong>Adveniat</strong>“ und zur <strong>Adveniat</strong>-Aktion 2011<br />
1 2011 – 50 JAhre AdveniAt<br />
In diesem Jahr besteht <strong>Adveniat</strong> seit 50 Jahren. Seit seiner Gründung arbeitet es unter dem Namen<br />
„<strong>Adveniat</strong>“ aus der Vaterunser-Bitte „<strong>Adveniat</strong> regnum tuum“ (Dein Reich komme). Dieser Name<br />
ist Programm. Er steht daher auch als Thema und biblisches Leitwort über dem Jubiläumsjahr und<br />
der Aktion 2011. Unser Grundauftrag ist es, an der Verwirklichung des Reiches Gottes mitzuwirken<br />
– und die Menschen in Lateinamerika zu unterstützen, vor Ort ebendies tun zu können.<br />
2 Gleichnisse vom reich Gottes – AnmerkunGen zum BiBlischen BeFund<br />
2.1 „Auch ohne Frucht hABen Wir schon sAAtGut“ –<br />
Fiktives intervieW mit einem sämAnn<br />
(hP = heutige Person aus Deutschland; S = Herr Simon, Sämann in Palästina zur Zeit Jesu)<br />
hP: Guten Tag, Herr Simon. Danke, dass Sie sich Zeit nehmen, um mir ein bisschen von Ihrer Zeit und<br />
Ihrer Arbeit zu erklären, wo doch heute bestimmt gutes Wetter für die Aussaat wäre!<br />
S: Och, das ist schon in Ordnung. Heute wäre es doch ein bisschen zu kalt.<br />
hP: Herr Simon, Sie – und die anderen Bauern, die Korn aussäten – sind ja auch in unserer Zeit noch<br />
sehr bekannt. Wir lesen in unserer Bibel, unserer Heiligen Schrift, gleich an drei Stellen eine<br />
Geschichte, die so beginnt: „Ein Sämann ging aufs Feld, um zu säen. Als er säte, fiel ein Teil der<br />
Körner auf den Weg, und die Vögel kamen und fraßen sie. Ein anderer Teil fiel auf felsigen Boden,<br />
wo es nur wenig Erde gab, und ging sofort auf, weil das Erdreich nicht tief war; als aber die Sonne<br />
hochstieg, wurde die Saat versengt und verdorrte, weil sie keine Wurzeln hatte.“ 1<br />
S: Ah, ja, das ist mein täglich Brot.<br />
hP: Ehrlich gesagt, Herr Simon, ich verstehe das gar nicht. Wieso fällt denn bei Ihnen so viel Saatgut<br />
daneben?<br />
S: Also, ich weiß ja nicht, wie das die Bauern in Ihrer Gegend machen, aber hier bei uns in Israel haben<br />
wir gar keine großen Ackerflächen am Stück, sondern viel unebenes, steiniges Gelände. Und<br />
da gehe ich dann mit dem Saatgut im Beutel los und werfe es auf meinem Acker mit der bloßen<br />
Hand aus, damit es überhaupt irgendwo auf fruchtbaren Boden fällt. Aber dazwischen sind Felsbrocken,<br />
Steine, Pfade, Dornen…<br />
hP: (unterbricht) Ach ja, stimmt, das steht auch im Matthäusevangelium: „Wieder ein anderer Teil fiel<br />
in die Dornen, und die Dornen wuchsen und erstickten die Saat.“ 2<br />
S: … Aber anders als so zu Fuß und mit dieser „Wurftechnik“ kommen die Körner gar nicht aufs Feld.<br />
Und so kommt dann eben doch ein Teil auf den eigentlichen Ackerboden!<br />
hP: Und nur dieser Teil geht dann auf?<br />
Dein Reich komme · Grundlagen 5<br />
S: Ja! Manchmal mit hundertmal so viel Gewinn, mit 60 oder 30 Mal mehr Gewinn als Einsatz –<br />
ich vermute, mit diesen Worten würden Sie das wohl ausdrücken. 3<br />
hP: Wenn ich das vorhin richtig verstanden habe, dann machten das also viele Männer auf dem Land<br />
zu Ihrer Zeit so mit dem Säen – nicht nur Sie?<br />
S: Ja, das war schon typisch. 4 Vielleicht ist dieses Bild vom Sämann ja auch deshalb in Ihren Schrif-<br />
ten überliefert worden.<br />
hP: Wie meinen Sie das???<br />
S: Weil wir Sämänner so etwas Typisches sind und alle Menschen, zumindest zu unserer Zeit, mit<br />
diesem Bild etwas anfangen konnten, dass eben nicht jede Saat aufgeht, aber dass es wichtig ist,<br />
das Säen wenigstens zu versuchen, denn sonst wird man sicher nicht ernten können. Sollte ich,<br />
nur weil die Umstände in unserer Natur hier so widrig sind, einfach erst gar nicht nach draußen<br />
gehen und säen? Woher käme denn dann unsere Ernte, unser Korn, unser Mehl, unser Brot? Wie<br />
sollten wir überleben, wenn wir es nicht wenigstens versuchen – und uns freuen, wenn es an den<br />
fruchtbaren Stellen auch wächst und gedeiht?<br />
1 Mt 13,3b-6.<br />
2 Mt 13,7.<br />
3 Vgl. Mt 13,8.<br />
4 In der Literatur gibt es hierzu unterschiedliche Meinungen: Jeremias bestätigt die Auffassung, dass das Säen vor dem<br />
Pflügen in Palästina das Übliche gewesen sei (Jeremias, J.: Die Gleichnisse Jesu. Göttingen 7. Aufl. 1965. S. 7.) und es<br />
sich daher bei der Gattungsbestimmung auch um ein Gleichnis handele. Klauck vertritt die Meinung, dass es normal<br />
war, vor und nach dem Säen zu pflügen, so dass nicht so viel Saatgut verloren ging und es sich bei dem Schrifttext<br />
daher eher um eine Allegorie handele, die sich mit einem Einzelfall befasst. (Klauck, H.-J.: Allegorie und Allegorese in<br />
synoptischen Gleichnissen. [NTA 13]. Münster 2. Aufl. 1986. S. 189.) (Vgl. Gnilka 478) Barros teilt in seinem kleinen<br />
brasilianischen Bibelkurs von 2010 die Darstellung Jeremias’, zumal er darin deutliche Bezüge zur Aussaattechnik<br />
indigener Gruppen in Brasilien sieht, wie sie nun auch in neueren Techniken der Agroforstwirtschaft (agroforestry)<br />
wieder aufgenommen werden. (Vgl. Barros, Marcelo: Parábolas do projeto divino no mundo. Círculos bíblicos sobre<br />
Mateus 13,1-30.36-43. PNV 271. CEBI / São Leopoldo-RS 2010. S. 16.)