03.10.2012 Aufrufe

Die vier Hoogsteder Kirchen - Evangelisch-altreformierte Kirche in ...

Die vier Hoogsteder Kirchen - Evangelisch-altreformierte Kirche in ...

Die vier Hoogsteder Kirchen - Evangelisch-altreformierte Kirche in ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Die</strong> <strong>vier</strong><br />

<strong>Hoogsteder</strong><br />

<strong><strong>Kirche</strong>n</strong><br />

8


8<br />

<strong>Die</strong> <strong>Evangelisch</strong>-reformierte<br />

<strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>de<br />

Pastor Günther ter Stal<br />

Zeichnung der Ev.-reformierten <strong>Kirche</strong><br />

<strong>Die</strong> Entstehung und Entwicklung des heutigen<br />

Dorfes Hoogstede s<strong>in</strong>d eng mit der Gründung<br />

und dem Aufbau der evangelisch-reformierten<br />

<strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>de verbunden. Mit der Errichtung<br />

e<strong>in</strong>er <strong>Kirche</strong> bekam vor fast 200<br />

Jahren das damalige Geme<strong>in</strong>wesen e<strong>in</strong> geistliches<br />

und räumliches Zentrum, um das herum<br />

es sich zum heutigen Ort entwickelte.<br />

<strong>Die</strong> Geschichte<br />

Am Rande der Gildschaft Scheerhorn stand im<br />

sogenannten Bereich „Arkel“ um 1800 e<strong>in</strong>e<br />

kle<strong>in</strong>e Kapelle. Vermutlich stammte sie aus<br />

dem 14./15. Jahrhundert und war von den<br />

Herren von Gramsbergen erbaut worden.<br />

Neben der kle<strong>in</strong>en Kapelle lag e<strong>in</strong> Friedhof,<br />

auf dem über Jahrhunderte Verstorbene aus<br />

der Gildschaft zu Grabe getragen wurden.<br />

Kirchlich gehörten die E<strong>in</strong>wohner der Gildschaft<br />

Scheerhorn zum Kirchspiel der evangelisch-reformierten<br />

Geme<strong>in</strong>de Emlichheim.<br />

404<br />

Nach alter Tradition hatten die Emlichheimer<br />

Prediger alle 14 Tage <strong>in</strong> der Kapelle e<strong>in</strong>en<br />

Sonntagsgottesdienst zu leiten.<br />

Jedoch geriet diese Regelung Anfang des<br />

18. Jahrhunderts <strong>in</strong> Vergessenheit. Lediglich an<br />

den monatlichen Bettagen und den sogenannten<br />

Freitagen vor Ostern fanden um 1818 noch<br />

Gottesdienste statt. Ferner musste der Konfirmandenunterricht<br />

<strong>in</strong> Emlichheim besucht werden.<br />

<strong>Die</strong>se Umstände und die große Entfernung<br />

nach Emlichheim – etwa zwei bis drei Stunden<br />

Fußmarsch - führten zu e<strong>in</strong>er Verkümmerung<br />

des kirchlichen Lebens: Nur wenige Leute g<strong>in</strong>gen<br />

regelmäßig zum Geme<strong>in</strong>degottesdienst<br />

nach Emlichheim.<br />

Jugendliche besuchten den Konfirmandenunterricht<br />

nur schlecht und ältere Leute konnten<br />

an den Abendmahlsfeiern kaum teil -<br />

nehmen. Kirchlich gesehen war die Gildschaft<br />

Scheerhorn von den Pastoren der reformierten<br />

Geme<strong>in</strong>de Emlichheim vernachlässigt worden.<br />

<strong>Kirche</strong><br />

um 1900


<strong>Kirche</strong> - Pfarrhaus<br />

von 1821 und 1929<br />

Unter den E<strong>in</strong>wohnern der Gildschaft<br />

machte sich Unmut über diesen Zustand breit<br />

und es kam der Wunsch auf, e<strong>in</strong>en eigenen<br />

Pastor an der Kapelle zu Arkel anzustellen. Im<br />

Jahr 1818 nahm dieses Ans<strong>in</strong>nen Gestalt an:<br />

<strong>Die</strong> E<strong>in</strong>wohner fanden sich zu e<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>deversammlung<br />

zusammen, <strong>in</strong> der sie ihre<br />

Absichten schriftlich formulierten. Es kam zu<br />

e<strong>in</strong>em Briefwechsel mit dem <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>rat der<br />

reformierten Geme<strong>in</strong>de Emlichheim und<br />

schließlich zu e<strong>in</strong>em positiven Bescheid der<br />

kirchlichen Leitungsbehörde der Grafschaft<br />

Bentheim. Am 5. Dezember 1819 wurde J.B.T.<br />

Nyhuis (aus Coevorden) <strong>in</strong> se<strong>in</strong> Amt als erster<br />

Prediger an der Kapelle zu Arkel e<strong>in</strong>geführt.<br />

<strong>Die</strong> nun entstandene <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>de trug<br />

den Namen „<strong>Evangelisch</strong>-reformierte Geme<strong>in</strong>de<br />

Arkel“. Der Prediger fand se<strong>in</strong>e erste Unterkunft<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Scheune neben der Kapelle. Um<br />

diesen betrüblichen Zustand so schnell wie<br />

möglich zu beenden und um die Kapelle auch<br />

bei schlechter Witterung erreichbar zu machen<br />

(die Vechte trat damals oft über die Ufer), bemühte<br />

sich die Geme<strong>in</strong>de um e<strong>in</strong>en Pfarrhausneubau<br />

und um e<strong>in</strong>e Versetzung der Kapelle an<br />

e<strong>in</strong>en zentralen und höher gelegenen Ort. Am<br />

30. August 1820 wurden von der kirchlichen<br />

Leitungsbehörde die Genehmigungen erteilt, an<br />

DIE EVANGELISCH-REFORMIERTE KIRCHENGEMEINDE<br />

der „Hochstätte“ – mitten <strong>in</strong> der Gildschaft –<br />

beides zu errichten.<br />

Bei der Versetzung der Kapelle von Arkel<br />

nach Hoogstede kam es zu handfesten Ause<strong>in</strong>andersetzungen<br />

zwischen den Emlichheimer<br />

Geme<strong>in</strong>degliedern und den E<strong>in</strong>wohnern<br />

der <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>de Arkel, die die Formen<br />

e<strong>in</strong>es „Bürgerkrieges“ annahmen. Schließlich<br />

konnte das Pfarrhaus und e<strong>in</strong>ige Monate später<br />

die <strong>Kirche</strong> (23. Dezember 1821) „auf Hoogstede“<br />

<strong>in</strong> Gebrauch genommen werden.<br />

Über viele Jahrzehnte blieb die <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>de<br />

Arkel <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er rechtlichen Abhängigkeit<br />

zur Nachbargeme<strong>in</strong>de Emlichheim. Sie<br />

erlangte schließlich am 8. März 1870 ihre<br />

volle Souveränität.<br />

Das kirchliche Leben entwickelte sich nach<br />

jenen ereignisreichen Anfängen <strong>in</strong> den folgenden<br />

Jahrzehnten <strong>in</strong> erfreulicher Weise. <strong>Die</strong><br />

Menschen der ehemaligen Gildschaft hatten<br />

auf Hoogstede <strong>in</strong> der evangelisch-reformierten<br />

<strong>Kirche</strong> ihr geme<strong>in</strong>dliches und geistliches<br />

Zentrum gefunden. Gehörten zur <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>de<br />

am Anfang 887 Mitglieder, so hat sich<br />

diese Zahl mit dem Wachsen der Dorfes heute<br />

auf 1800 Geme<strong>in</strong>demitglieder erhöht. In den<br />

Jahren von 1819 bis 2008 haben elf Pastoren<br />

ihren <strong>Die</strong>nst <strong>in</strong> der <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>de ausgeübt<br />

und das kirchliche Leben zusammen mit<br />

dem <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>rat gefördert und betreut.<br />

405


8<br />

Das älteste <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>gebäude ist <strong>in</strong> Hoogstede<br />

die „evangelisch-reformierte <strong>Kirche</strong>“.<br />

Mitten im Ort, auf der damaligen „höchsten<br />

Stätte“ = Hoogstede errichtet, hat sie e<strong>in</strong>e bewegende<br />

Baugeschichte h<strong>in</strong>ter sich, auf die es<br />

sich lohnt, e<strong>in</strong>en kurzen Blick zu werfen.<br />

Der Grundste<strong>in</strong> für die <strong>Kirche</strong> wurde am<br />

9. August 1821 auf Hoogstede gelegt. Sie<br />

wurde als e<strong>in</strong>e Saalkirche errichtet und hatte<br />

bis 1951 die Maße von 18,3 m Länge und 9,5<br />

m Breite. Aus den vorhandenen Sandste<strong>in</strong>blöcken<br />

der Kapelle zu Arkel wurde die <strong>Kirche</strong><br />

errichtet. Sie hatte neben e<strong>in</strong>em Haupte<strong>in</strong>gang<br />

an der Südseite e<strong>in</strong>en weiteren Zugang auf der<br />

Westseite (Richtung Straße), der im Jahre 1951<br />

bei der <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>erweiterung zugemauert wurde.<br />

In der <strong>Kirche</strong> fanden zunächst 264 Personen<br />

e<strong>in</strong>en Sitzplatz.<br />

E<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er Dachreiter zierte <strong>in</strong> den ersten<br />

Jahren das Gebäude, bis er im Jahre 1899<br />

durch e<strong>in</strong>en größeren Dachreiter erneuert<br />

wurde. Schließlich wurde auch dieser durch<br />

e<strong>in</strong>en Turm im Jahre 1986 ersetzt. Im Jahre<br />

1857 erhielt die <strong>Kirche</strong> e<strong>in</strong>e erste Orgel, die<br />

den bis dah<strong>in</strong> üblichen „Vorsänger“ ablöste.<br />

Im Jahre 1951 wurde die alte Saalkirche<br />

baulich grundlegend verändert. Sie wurde um<br />

zwei Seitenschiffe erweitert und bekam die<br />

Form e<strong>in</strong>er Kreuzkirche. Hierdurch vergrößerte<br />

sich das Platzangebot <strong>in</strong> der <strong>Kirche</strong> auf<br />

400 Sitzplätze.<br />

Bis <strong>in</strong> die Gegenwart unterliegt das <strong><strong>Kirche</strong>n</strong><strong>in</strong>nere<br />

e<strong>in</strong>er stetigen Anpassung an die<br />

Erfordernisse der Geme<strong>in</strong>de. Neben moderns -<br />

ter Technik hat sich auch die farbliche Gestaltung<br />

über die Jahrzehnte verändert.<br />

Historische Gegenstände<br />

<strong>Die</strong> evangelisch-reformierte Geme<strong>in</strong>de kann<br />

bald auf e<strong>in</strong>e 200-jährige Geschichte zurücksehen.<br />

Im Chor anderer Geme<strong>in</strong>den ist das<br />

e<strong>in</strong>e kurze Zeitspanne. Und so bef<strong>in</strong>den sich<br />

nur wenige historische D<strong>in</strong>ge im Besitz der<br />

Geme<strong>in</strong>de. Zumeist s<strong>in</strong>d es Gaben und Spenden<br />

von Geme<strong>in</strong>degliedern an ihre <strong>Kirche</strong>;<br />

denn im Rückblick war die <strong>Hoogsteder</strong> Geme<strong>in</strong>de<br />

e<strong>in</strong>e f<strong>in</strong>anziell arme Geme<strong>in</strong>de, die<br />

stets auf die tatkräftige Unterstützung ihrer<br />

Geme<strong>in</strong>deglieder angewiesen war. E<strong>in</strong>er der<br />

406<br />

DIE VIER HOOGSTEDER KIRCHEN<br />

ältesten Gegenstände ist der Abendmahlsbecher,<br />

e<strong>in</strong> Geschenk des ersten Predigers J.B.T.<br />

Nyhuis.<br />

<strong>Die</strong> Gebäude<br />

<strong>Die</strong> bauliche Gestalt der <strong>Kirche</strong> geht <strong>in</strong> ihrer<br />

heutigen Form auf e<strong>in</strong>e äußere Umgestaltung<br />

im Jahre 1986 (Turmbau) und zwei Innenreno<strong>vier</strong>ungen<br />

<strong>in</strong> den folgenden zehn Jahren zurück.<br />

Sie bietet heute 360 Personen e<strong>in</strong>en<br />

Sitzplatz.<br />

Der Blick des Betrachters fällt beim Betreten<br />

der <strong>Kirche</strong> zunächst auf die Kanzel. Vermutlich<br />

stammt sie aus dem Jahre 1644 und<br />

stand schon <strong>in</strong> der alten Kapelle zu Arkel. In<br />

der äußeren Gestaltung gleicht sie e<strong>in</strong>em geöffneten<br />

Kelch. Sie symbolisiert den geöffneten<br />

Kelch des Wortes. Vor der Kanzel steht der<br />

Abendmahlstisch. Auf ihm stehen die Abendmahlsgeräte<br />

und liegt die aufgeschlagene<br />

Bibel. Davor steht das Taufbecken, <strong>in</strong> dem die<br />

Taufschale und die Taufkanne sich bef<strong>in</strong>den.<br />

Taufe und Abendmahl s<strong>in</strong>d die beiden Sakramente,<br />

die wir <strong>in</strong> der Nachfolge Jesu feiern.<br />

Der Gesang der Geme<strong>in</strong>de wird begleitet<br />

von unserer Orgel, die sich auf der Empore an<br />

der Südseite der <strong>Kirche</strong> bef<strong>in</strong>det. Sie ist die<br />

alte Orgel aus der Nachbargeme<strong>in</strong>de Lage und<br />

wurde <strong>in</strong> ihrem Kernbestand im Jahre 1692<br />

erbaut. 1857 kam sie als Geschenk <strong>in</strong> unsere<br />

<strong>Kirche</strong>. In ihrer jetzigen Gestalt und ihrem<br />

Klangvolumen geht sie auf den großen<br />

Umbau im Jahre 1883 zurück.<br />

Abendmahlsbecher<br />

aus<br />

dem 17.<br />

Jahrhundert


<strong>Die</strong> <strong>Evangelisch</strong>reformierte<br />

<strong>Kirche</strong> Hoogstede<br />

Innenansicht<br />

der <strong>Kirche</strong> 2008<br />

Geme<strong>in</strong>dehaus<br />

2008<br />

DIE EVANGELISCH-REFORMIERTE KIRCHENGEMEINDE<br />

Ebenfalls e<strong>in</strong> Geschenk an die <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>de<br />

war die Turmuhr aus dem Jahre 1905,<br />

die heute den E<strong>in</strong>gangsbereich ziert.<br />

Versammelt sich die Geme<strong>in</strong>de zum Gottesdienst<br />

<strong>in</strong> der <strong>Kirche</strong>, so hat sie unter der<br />

Woche e<strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>dehaus, das für vielfältige<br />

Zwecke genutzt wird.<br />

Das Geme<strong>in</strong>dehaus wurde <strong>in</strong> drei großen<br />

Bauabschnitten immer wieder den Bedürfnissen<br />

der Geme<strong>in</strong>de angepasst. Im Jahre 1968<br />

wurde der große Saal des heutigen Geme<strong>in</strong>dehauses<br />

erstellt. Se<strong>in</strong>e Besonderheit bestand<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Bühne, die auch der Spielschar Hoogstede<br />

bis heute die Möglichkeit zu Aufführungen<br />

bietet.<br />

Im Jahre 1980 wurde das Geme<strong>in</strong>dehaus<br />

um e<strong>in</strong>en Anbau für die K<strong>in</strong>derarbeit und um<br />

e<strong>in</strong> Büro mit Geme<strong>in</strong>dearchiv erweitert. Hier-<br />

407


8<br />

durch konnten die Geme<strong>in</strong>degruppen, die sich<br />

im Laufe der Jahre gebildet hatten, ausreichenden<br />

Platz für ihre Aktivitäten f<strong>in</strong>den.<br />

Schließlich wurde im Jahre 1991 das Geme<strong>in</strong>dehaus<br />

um e<strong>in</strong>en Jugendbereich erweitert<br />

und mit e<strong>in</strong>er großen, zeitgemäßen Küche<br />

ausgestattet.<br />

Vor <strong>vier</strong> Jahren s<strong>in</strong>d Maßnahmen zur Energie<br />

e<strong>in</strong>sparung durchgeführt worden: Das Geme<strong>in</strong>dehaus<br />

wurde neu e<strong>in</strong>gedeckt und mit<br />

e<strong>in</strong>er modernen Heizungsanlage versehen.<br />

Das heutige Geme<strong>in</strong>dehaus ist nicht das<br />

erste Gebäude, das neben der <strong>Kirche</strong> als Versammlungsort<br />

gebraucht wurde. Im Jahre<br />

1929 ist e<strong>in</strong> Lehrsaal errichtet worden, der<br />

über 40 Jahre Konfirmanden als Unterrichtsraum<br />

diente und daneben für Bibelstunden,<br />

dem K<strong>in</strong>dergottesdienst, dem Posaunenchor<br />

und dem Frauenkreis <strong>in</strong> ihren Anfangsjahren<br />

als Ort der Begegnung diente.<br />

Der Friedhof der evangelisch-reformierten<br />

Geme<strong>in</strong>de liegt <strong>in</strong> der Mitte des Dorfes <strong>in</strong> der<br />

Nähe der <strong>Kirche</strong>. Er hat e<strong>in</strong>e Größe von ca.<br />

e<strong>in</strong>em Hektar. Bis zum Jahre 1822 wurden die<br />

Verstorbenen des Kirchspiels Hoogstede auf<br />

dem Friedhof <strong>in</strong> Emlichheim beigesetzt. Daneben<br />

gab es e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en Friedhof <strong>in</strong> Arkel, der<br />

nur für wenige Beerdigungen genutzt wurde.<br />

408<br />

DIE VIER HOOGSTEDER KIRCHEN<br />

Im Jahre 1822 kaufte die <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>de<br />

e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Fläche an der Hauptstraße <strong>in</strong> Hoogstede<br />

<strong>in</strong> der Nähe der neu errichteten <strong>Kirche</strong>.<br />

Am 1. November 1822 fand die erste Beerdigung<br />

auf dem Friedhof statt. Seit jener Zeit ist<br />

der Friedhof um immer neue Flächen erweitert<br />

worden. Schließlich wurde mit Unterstützung<br />

der politischen Geme<strong>in</strong>de Hoogstede e<strong>in</strong>e Leichenhalle<br />

errichtet und laufend modernisiert.<br />

In den letzten Jahren wurde e<strong>in</strong>e Neugestaltung<br />

der Friedhofsanlagen vorgenommen.<br />

Neben e<strong>in</strong>er Neubepflanzung des Friedhofs<br />

s<strong>in</strong>d auch viele Wege ausgepflastert worden.<br />

Der Friedhof ist dadurch immer mehr zu<br />

e<strong>in</strong>em Ort der Bes<strong>in</strong>nung und der Stille geworden.<br />

Das kirchliche Leben<br />

Auch unter der Woche herrscht bei uns <strong>in</strong> der<br />

<strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>de e<strong>in</strong> reges Leben: Posaunenchor,<br />

S<strong>in</strong>gkreis und Gitarrenkreis üben für ihre<br />

E<strong>in</strong>sätze <strong>in</strong> den Gottesdiensten. In verschiedenen<br />

Kreisen treffen sich die Frauen, um im<br />

Frauenkreis Themen zu besprechen oder durch<br />

Aktionen wohltätige E<strong>in</strong>richtungen zu unterstützen.<br />

Beim monatlichen „Seniorennachmittag“<br />

kommen sehr viele Geme<strong>in</strong>deglieder<br />

zusammen. Der Tonbandkreis organisiert die<br />

Leichenhalle<br />

2008


Fünfzig Jahre<br />

Posaunenchor<br />

Hoogstede.<br />

<strong>Die</strong> Mitglieder<br />

im Jubiläumsjahr<br />

2008<br />

K<strong>in</strong>dergottesdienst<br />

(bei Niers<br />

<strong>in</strong> Neur<strong>in</strong>ge)<br />

Kassettenaufnahme der Gottesdienste. Auf<br />

Geme<strong>in</strong>deausflügen <strong>in</strong> die nähere Umgebung<br />

und bei Geme<strong>in</strong>defesten lernen wir e<strong>in</strong>ander<br />

näher kennen und wachsen so mite<strong>in</strong>ander zu<br />

e<strong>in</strong>er „Geme<strong>in</strong>de-Familie“ zusammen.<br />

Für die kle<strong>in</strong>en K<strong>in</strong>der wird jede Woche e<strong>in</strong><br />

K<strong>in</strong>dergottesdienst im Geme<strong>in</strong>dehaus abgehalten.<br />

<strong>Die</strong>ser wird regelmäßig von e<strong>in</strong>em K<strong>in</strong>dergottesdienst-Helferkreis<br />

vorbereitet. E<strong>in</strong>mal im<br />

Jahr wird e<strong>in</strong>e Fahrt für die Kle<strong>in</strong>en <strong>in</strong> der Ge-<br />

DIE EVANGELISCH-REFORMIERTE KIRCHENGEMEINDE<br />

me<strong>in</strong>de organisiert oder auf dem Geme<strong>in</strong>defest<br />

e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>dernachmittag veranstaltet. In den<br />

Taufgottesdiensten wirkt der K<strong>in</strong>dergottesdienst<br />

ebenso mit wie <strong>in</strong> dem feierlichen Gottesdienst<br />

am Heiligen Abend. Daneben wird für<br />

die K<strong>in</strong>der e<strong>in</strong>e Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>dergruppe „Schlümpfegruppe“<br />

angeboten, die an zwei Vormittagen<br />

der Woche im Geme<strong>in</strong>dehaus stattf<strong>in</strong>det.<br />

Ferner treffen sich junge Frauen mit ihren<br />

K<strong>in</strong>dern <strong>in</strong> zwei Krabbelgruppen und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

409


8<br />

K<strong>in</strong>derbibelgruppe wird K<strong>in</strong>dern die frohe<br />

Botschaft von Jesus Christus nahegebracht.<br />

Der Konfirmandenunterricht dauert <strong>vier</strong><br />

Jahre: Im W<strong>in</strong>terhalbjahr besuchen die Jugendlichen<br />

wöchentlich e<strong>in</strong>e Unterrichtsstunde<br />

und im Sommerhalbjahr treffen sie<br />

sich nach dem wöchentlichen Sonntagsgottesdienst<br />

zu e<strong>in</strong>er kurzen Unterweisung im<br />

Geme<strong>in</strong>dehaus. Der Konfirmandenunterricht<br />

soll dazu dienen, dass die Jugendlichen mit<br />

der frohen Botschaft von Jesus Christus vertraut<br />

werden und <strong>in</strong> unsere <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>de<br />

h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>wachsen. Dazu werden die Grundlagen<br />

des christlichen Glaubens verständlich und<br />

gegenwartsnah vermittelt. In ihrem 17. Lebensjahr<br />

legen die Jugendlichen vor der Geme<strong>in</strong>de<br />

das Glaubensbekenntnis ab.<br />

In den Übungsstunden der Chöre kommen<br />

wöchentlich viele erwachsene Geme<strong>in</strong>deglieder<br />

zusammen. Neben den Auftritten <strong>in</strong> den Gottesdiensten<br />

werden Konzerte vorbereitet und<br />

Lieder für die feierliche Umrahmung bei Eheju-<br />

410<br />

DIE VIER HOOGSTEDER KIRCHEN<br />

biläen und Geburtstagen von Geme<strong>in</strong>degliedern<br />

e<strong>in</strong>geübt. Von Zeit zu Zeit werden auch Gesprächskreise<br />

angeboten, <strong>in</strong> denen aktuelle Fragen<br />

und biblische Themen behandelt werden.<br />

E<strong>in</strong> weiteres Aufgabenfeld <strong>in</strong> unserer <strong>Kirche</strong><br />

ist die Unterstützung wohltätiger Projekte. <strong>Die</strong>ser<br />

Aufgabe hat sich über 20 Jahre (1985-2006)<br />

durch jährliche Aktionen <strong>in</strong> besonderer Weise<br />

der Frauen-Handarbeitskreis angenommen. Daneben<br />

beteiligen wir uns <strong>in</strong> regelmäßigen Abständen<br />

auch an Kleider-Sammelaktionen für<br />

Geme<strong>in</strong>den <strong>in</strong> Rumänien. Heute versammeln<br />

sich die Frauen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>samen Frauenkreis,<br />

der über 40 Jahre <strong>in</strong> Hoogstede e<strong>in</strong>e segensreiche<br />

Geme<strong>in</strong>schaft stiftet. <strong>Die</strong> Vielfalt des<br />

Geme<strong>in</strong>delebens ist nur dadurch möglich, dass<br />

sich viele Geme<strong>in</strong>deglieder aktiv beteiligen und<br />

sich mit ihren Gaben e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen. Gerade auch<br />

die Mitarbeit <strong>in</strong> den Gremien des <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>rates,<br />

der Geme<strong>in</strong>devertretung, des Diakonenrates<br />

und anderer Ausschüsse sei hier ausdrücklich<br />

erwähnt.<br />

Reformierte Geme<strong>in</strong>deglieder um 1930 am Hermannsdenkmal.<br />

U.l. Geertien Vette, S<strong>in</strong>a Hatger, Frau Buitkamp, Zwenne Sloot, VN Ens<strong>in</strong>k, Berta und Jan Koops, H<strong>in</strong>drik Jan Scholten;<br />

2.R.v.l. Jan Vette, H<strong>in</strong>drik Hatger, Pastor Buitkamp, Hermann Sloot, Geert Ens<strong>in</strong>k, Unbekannt, Unbekannt, S<strong>in</strong>a Scholten;<br />

3 R.v.l. Gastwirt Jan-Harm Harms-Ens<strong>in</strong>k und Frau Zwenne, Unbekannt, Unbekannt, Pastor Voget und Frau;<br />

4. R. v.l. Fenna und Harm Kolthoff, unbekanntes Ehepaar, Unbekannter, unbekanntes Ehepaar (M<strong>in</strong>i Büdden)


Pastoren der Geme<strong>in</strong>de<br />

Johannes Bernhardus Theodorus Nyhuis<br />

(1783–1858), 1819-1858 <strong>in</strong> Hoogstede,<br />

verheiratet mit Ges<strong>in</strong>a Albers aus Bathorn.<br />

Er stiftet 1837 den Abendmahlsbecher<br />

aus dem 17. Jahrhundert<br />

Leonhard Eberhard Lucassen (1832–1916),<br />

1859–1866 <strong>in</strong> Hoogstede<br />

Johannes Hendrikus Nyhuis (1849–1917)<br />

1866–1917 <strong>in</strong> Hoogstede, Sohn von JBT<br />

Nyhuis; Kreisschul<strong>in</strong>spektor, Herausgeber<br />

der größtenteils verschollenen „Reformierte<br />

Monatsschrift“ etwa 1881 bis 1905<br />

Otto Re<strong>in</strong>hold Voget (1892–1976)<br />

1919-1925 <strong>in</strong> Hoogstede<br />

Johannes Penn<strong>in</strong>g Sanders (1892–1928)<br />

1926-1928 <strong>in</strong> Hoogstede<br />

Wilhelm Ferd<strong>in</strong>and Buitkamp (1900–1967)<br />

1928-1936 <strong>in</strong> Hoogstede,<br />

1953-1965 <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>präsident<br />

Werner Mennen (1907–1944)<br />

1936-1944 <strong>in</strong> Hoogstede,<br />

als Soldat <strong>in</strong> Russland gefallen<br />

Hermann Wever (1914–2000)<br />

1947-1950 <strong>in</strong> Hoogstede, danach <strong>in</strong> Uelsen<br />

Harm Wolts (1912–2001)<br />

1950-1955 <strong>in</strong> Hoogstede,<br />

danach <strong>in</strong> Vohw<strong>in</strong>kel (Wuppertal)<br />

Pastor Jan R<strong>in</strong>gena war von 1955 bis 1985<br />

<strong>in</strong> Hoogstede (R<strong>in</strong>gena)<br />

Jan R<strong>in</strong>gena (* 27.04.1920)<br />

1955–1985 <strong>in</strong> Hoogstede,<br />

lebt im Ruhestand <strong>in</strong> Neuenhaus<br />

Günther ter Stal (* 13.07.1957)<br />

seit 1985 <strong>in</strong> Hoogstede.<br />

DIE EVANGELISCH-REFORMIERTE KIRCHENGEMEINDE<br />

Pastor Günther ter Stal <strong>in</strong> 2008<br />

Kontakt<br />

<strong>Evangelisch</strong>–reformierte<br />

<strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>de Hoogstede<br />

Hauptstraße 49, 49846 Hoogstede<br />

Ansprechpartner: Pastor Günther ter Stal,<br />

Telefon (0 59 44) 14 04<br />

Weitere Informationen<br />

Weitere Informationen über die <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>de<br />

können e<strong>in</strong>geholt werden:<br />

1) über den monatlichen Geme<strong>in</strong>debrief<br />

2) im Internet unter der Adresse:<br />

www.reformiertekirchehoogstede.de<br />

3) im Buch von Günther ter Stal, 175 Jahre<br />

<strong>Evangelisch</strong>-reformierte <strong>Kirche</strong> Hoogstede<br />

1821 – 1996, Beiträge zu ihrer Geschichte<br />

und Gegenwart, Bad Bentheim 1996.<br />

411


8<br />

<strong>Die</strong> Römisch-katholische<br />

St. Bonifatius <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>de<br />

Vom Arbeitskreis der <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>de, Anno 2008<br />

Vorgeschichte<br />

Der im Jahre 1648 zu Osnabrück und Münster<br />

geschlossene Friedensvertrag setzte nicht nur<br />

e<strong>in</strong>en Schlussstrich unter e<strong>in</strong>en s<strong>in</strong>nlosen Krieg,<br />

der unsere Gebiete im Verlauf von dreißig Jahren<br />

an den Rand des Abgrundes brachte. Für unsere<br />

Nachbarn im Westen g<strong>in</strong>g damit e<strong>in</strong> achtzig<br />

Jahre währendes R<strong>in</strong>gen um ihre Befreiung von<br />

der spanischen Vorherrschaft zu Ende.<br />

<strong>Die</strong> neuen Herren <strong>in</strong> den Niederlanden setzten<br />

nun alles daran, den Gottesdienst nunmehr<br />

<strong>in</strong> allen Prov<strong>in</strong>zen nach der Lehre der Reformierten<br />

durchzusetzen. Der Osten ihres Landes<br />

war jedoch durchweg von den Spaniern besetzt<br />

gewesen. Hier war die Bevölkerung katholisch<br />

geblieben.<br />

412<br />

Postkarte mit der Römisch-katholischen <strong>Kirche</strong> <strong>in</strong> 1920 (K. D. Haubrich)<br />

<strong>Die</strong> St. Bonifatiuskirche<br />

im Jahr 2009<br />

(Stefan Westhuis)


In den uns benachbarten Kirchspielen von<br />

Oldenzaal und Oortmarsum kam es zu unaufhörlichen<br />

Spannungen zwischen der katholischen<br />

Bevölkerung und den Vertretern der<br />

Obrigkeit. Ihre <strong><strong>Kirche</strong>n</strong> wurden den Reformierten<br />

zugesprochen. <strong>Die</strong> noch vorhandenen katholischen<br />

Geistlichen waren schweren Verfolgungen<br />

ausgesetzt.<br />

<strong>Die</strong>sseits der Grenze lagen die Verhältnisse<br />

anders. <strong>Die</strong> zur Twenter Hauptkirche Oldenzaal<br />

gehörenden Kirchspiele aus der Grafschaft Bentheim<br />

waren bereits im Jahre 1544 unter Graf<br />

Arnold I. zur neuen Lehre übergetreten …<br />

Nicht zuletzt durch eigene Lektüre der<br />

Schriften Luthers ließ sich der Graf 1544 dazu<br />

bewegen, alle Geistlichen zusammenzurufen<br />

und ihnen aufzutragen, künftig nach dem<br />

Augsburgischen Glaubensbekenntnis zu predigen.<br />

(Aus: He<strong>in</strong>rich Frese, Der Landkreis Grafschaft<br />

Bentheim)<br />

St. Antonius Kapelle zu Arkel<br />

(Aus der Chronik von H. Koch,<br />

1891–93 Lehrer <strong>in</strong> Hoogstede)<br />

Hoogstede und se<strong>in</strong>e Umgebung sche<strong>in</strong>t zu<br />

Anfang des Mittelalters gar nicht oder nur<br />

sehr spärlich bewohnt gewesen zu se<strong>in</strong> …<br />

<strong>Die</strong> ersten dieser Ansiedlungen mögen etwa<br />

im 12. oder 13. Jahrhundert erfolgt se<strong>in</strong>. Unter<br />

diesen oder vielleicht auch die ersten waren der<br />

Sage zufolge zwei adelige Damen, Schwestern<br />

namens Arkel. Da dieser Name noch jetzt <strong>in</strong><br />

Westfalen vorkommt, sche<strong>in</strong>en sie dorther gekommen<br />

zu se<strong>in</strong>, um hier e<strong>in</strong>e Art E<strong>in</strong>siedlerleben<br />

zu führen.<br />

Sie bauten am E<strong>in</strong>fluss der Bathorner Lehe<br />

e<strong>in</strong>e Kapelle aus guten Bruchste<strong>in</strong>en – die<br />

wohl per Schiff von Gildehaus kamen – mit<br />

Gewölbe, Turm und dicken Mauern. Wahrsche<strong>in</strong>lich<br />

haben sie neben dieser Kapelle (aus<br />

dem 14./15. Jahrhundert) auch e<strong>in</strong>e Burg gebaut;<br />

denn der Volksmund spricht noch von<br />

e<strong>in</strong>er Arkelburg.<br />

Wenn dem so ist, dann ist diese aber nicht<br />

aus Bruchste<strong>in</strong>en ausgeführt gewesen; denn<br />

sonst würde man noch wohl e<strong>in</strong>ige Ru<strong>in</strong>en f<strong>in</strong>den,<br />

und das ist nicht der Fall. <strong>Die</strong> Ortschaft<br />

Arkel hat zwei Bauernhöfe, Schulte und Völker.<br />

Schulte hatte <strong>in</strong> der Kapelle e<strong>in</strong>zig und<br />

DIE RÖMISCH-KATHOLISCHE ST. BONIFATIUS KIRCHENGEMEINDE<br />

alle<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Erbsitz. Völker hatte dem Geistlichen<br />

e<strong>in</strong>e Wohnung zu reser<strong>vier</strong>en.<br />

<strong>Die</strong> Glocke im Turm war von e<strong>in</strong>em Völker<br />

geschenkt; denn sie enthält die Aufschrift: „St.<br />

Antonius Volkerus, ora pro nobis!“ <strong>Die</strong> folgende<br />

Jahreszahl ist leider unsichtbar, weil die<br />

Glocke an der Stelle e<strong>in</strong> Loch hat. Antonius<br />

war der Patron der Kapelle, weshalb wohl der<br />

Schluss auf e<strong>in</strong>e ganz oder fast ganz unbevölkerte<br />

Gegend zur Zeit der Erbauung derselben<br />

gestattet ist. Der Name Schulte sche<strong>in</strong>t wohl<br />

anzudeuten, dass <strong>in</strong> dessen Familie das Vorstehersamt<br />

der Kapellengeme<strong>in</strong>de vererbt<br />

wurde, wofür der Platz <strong>in</strong> der Kapelle als Vergütung<br />

mag gegeben worden se<strong>in</strong>. Aus vergilbten<br />

Urkunden geht hervor, dass die<br />

nahegelegenen Bauernhöfe Leistungen für die<br />

Kapelle und für den dort wirkenden Seelsorger<br />

erbracht haben. – Der Hof Völkers würde dann<br />

das frühere Gut se<strong>in</strong>; wenigstens sche<strong>in</strong>en die<br />

Verpflichtungen gegen die Kapelle auf denselben<br />

übertragen worden se<strong>in</strong>. Es wäre jedoch<br />

auch nicht unmöglich, dass das Gut bis zum<br />

30-jährigen Kriege wirklich fortbestanden<br />

hätte. Wie es sche<strong>in</strong>t, ist <strong>in</strong> der Kapelle bis <strong>in</strong><br />

diesen Krieg h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> katholischer Gottesdienst<br />

gehalten. Dann wäre leicht denkbar, dass holländische<br />

Soldaten das Gut zerstört und <strong>in</strong><br />

zwei Bauernhöfe verwandelt hätten …<br />

In dieser Kapelle wurde von Emlichheim<br />

aus, woh<strong>in</strong> die Katholiken von Hoogstede und<br />

Umgebung e<strong>in</strong>gepfarrt waren, das heilige<br />

Messopfer gefeiert.<br />

Nach E<strong>in</strong>führung der neuen Lehre wurde<br />

der Gottesdienst von den reformierten Predigern<br />

aus Emlichheim <strong>in</strong> der alten, ehemals katholischen<br />

Kapelle zu Arkel an der Vechte<br />

abgehalten …<br />

Der Kaufmann Johann van Laar,<br />

Gründung der Geme<strong>in</strong>de<br />

<strong>Die</strong> Katholiken des Kirchspiels gehörten pfarramtlich<br />

und kirchenrechtlich noch immer<br />

nach Emlichheim. Zunächst mögen es nur wenige<br />

Familien gewesen se<strong>in</strong>. Um das Jahr<br />

1800 wuchs die Zahl der Katholiken im<br />

Kirchspiel Arkel-Hoogstede immer mehr. Aus<br />

dem benachbarten Holland und Emsland siedelten<br />

sich hier zugezogene Katholiken an. <strong>Die</strong><br />

413


8<br />

seelsorgliche Betreuung war bei der weiten<br />

Entfernung von der Pfarrkirche <strong>in</strong> Emlichheim<br />

(8 bis 12 km) sehr mangelhaft.<br />

<strong>Die</strong> K<strong>in</strong>der besuchten die reformierten<br />

Schulen <strong>in</strong> Hoogstede, Scheerhorn und Kalle.<br />

<strong>Die</strong> älteren Jahrgänge erhielten <strong>in</strong> Emlichheim<br />

nur an den Sonntagen nach dem Gottesdienst<br />

Religionsunterricht.<br />

Nun lebte um 1850 <strong>in</strong> Bathorn bei Hoogstede<br />

e<strong>in</strong> katholischer Kaufmann Johann van<br />

Laar, den das immer tiefer herabs<strong>in</strong>kende religiöse<br />

Leben bei se<strong>in</strong>er aufrichtigen Frömmigkeit<br />

nachdenklich stimmte.<br />

Se<strong>in</strong> Verlangen nach Abhilfe wurde noch<br />

verstärkt durch e<strong>in</strong>ige plötzliche Todesfälle<br />

unter lauen Katholiken. E<strong>in</strong>e katholische <strong>Kirche</strong><br />

und e<strong>in</strong>e katholische Schule <strong>in</strong> Hoogstede<br />

zu erhalten, das war se<strong>in</strong> Ziel. Um es zu erreichen,<br />

g<strong>in</strong>g er mit ganzer Kraft und mit vorbildlichem<br />

Eifer ans Werk.<br />

Bei den anderen Katholiken <strong>in</strong> Hoogstede<br />

fand er leider nur wenig Verständnis für se<strong>in</strong>e<br />

Ideen. <strong>Die</strong> kle<strong>in</strong>e, arme Geme<strong>in</strong>de war nämlich<br />

nicht <strong>in</strong> der Lage, die materielle Grundlage für<br />

Bau und Unterhalt von <strong>Kirche</strong> und Schule für<br />

Geistlichen und Lehrer auch nur zum ger<strong>in</strong>gs -<br />

ten Teil zu schaffen.<br />

Aber ke<strong>in</strong> H<strong>in</strong>dernis und ke<strong>in</strong>e Unannehmlichkeit<br />

konnte den energischen van Laar<br />

entmutigen. Se<strong>in</strong>e Reisen, se<strong>in</strong>e Bitten und<br />

Vorstellungen sowohl bei der geistlichen als<br />

auch bei der weltlichen Behörde führten zu<br />

dem Entschluss, im Jahre 1857 e<strong>in</strong>e Katholische<br />

Schule <strong>in</strong> Hoogstede zu eröffnen.<br />

Und wirklich, der 2. Januar 1857 sah<br />

e<strong>in</strong>en katholischen Lehrer beim Unterrichten<br />

von 26 katholischen K<strong>in</strong>dern. Lehrer Ludwig<br />

Brill, der spätere Rektor der höheren Bürgerschule<br />

zu Quakenbrück, dessen Name weiteren<br />

Kreisen durch se<strong>in</strong>e epischen Gedichte<br />

(„S<strong>in</strong>gschwan“, „Waldenhorst“) bekannt geworden<br />

ist, eröffnete die Schule. Se<strong>in</strong> Nachfolger<br />

wurde Hümmel, der hier nur gut e<strong>in</strong><br />

Jahr wirkte. Derselbe verließ den Schuldienst,<br />

um sich nach Rom zu wenden und <strong>in</strong> die<br />

päpstliche Truppe e<strong>in</strong>zutreten.<br />

Als erstes Schullokal diente e<strong>in</strong>e Stube des<br />

Schmiedemeisters Gerhart Wösten <strong>in</strong> Hoogstede,<br />

der sich zugleich mit dem alten Peters<br />

414<br />

DIE VIER HOOGSTEDER KIRCHEN<br />

(Großvater des Landwirts Hermann Peters <strong>in</strong><br />

Berge) für die ganze Angelegenheit <strong>in</strong>teressierte.<br />

<strong>Die</strong>ser Erfolg verdoppelte noch den<br />

Eifer van Laars, der alle se<strong>in</strong>e Reisen nach<br />

Neuenhaus, Bentheim, ja selbst nach Osnabrück<br />

zu Fuß machen musste.<br />

Durch se<strong>in</strong>e unermüdliche Arbeit gelang<br />

es van Laar, bedeutende Geldmittel für den<br />

Bau e<strong>in</strong>er Kapelle und e<strong>in</strong>er Wohnung des<br />

Geistlichen hauptsächlich vom Bischof von<br />

Osnabrück, Paulus Melchers, und vom Bonifatiusvere<strong>in</strong><br />

flüssig zu machen, so dass unverzüglich<br />

mit dem Bau begonnen werden<br />

konnte, der Ende 1859 fast ohne Schulden fertiggestellt<br />

wurde. Am 23. November 1859<br />

weihte der damalige Bischof von Osnabrück,<br />

Dr. Paulus Melchers, die <strong>Kirche</strong> <strong>in</strong> Hoogstede<br />

zu Ehren des heiligen Bonifatius e<strong>in</strong>.<br />

Der Altar <strong>in</strong> der Kapelle stammte aus Tilligte<br />

bei Ootmarsum (Holland). Kommunionbank,<br />

Kanzel und Bänke wurden von der<br />

Firma Mecklenburg <strong>in</strong> Neuenhaus geliefert.<br />

Zur Kapellengeme<strong>in</strong>de gehörten die Katholiken<br />

der Geme<strong>in</strong>den Hoogstede, Bathorn,<br />

Scheerhorn, Berge, T<strong>in</strong>holt und Kalle.<br />

Kapelle, Schule und Wohnung des Geistlichen<br />

waren unter e<strong>in</strong>em Dach untergebracht.<br />

Neben dem Raum für den Gottesdienst war e<strong>in</strong><br />

Lokal für die Schule (Teil der jetzigen <strong>Kirche</strong>,<br />

über dem sich die Orgelbühne bef<strong>in</strong>det) sowie<br />

e<strong>in</strong>e Wohnung für den Vikar. Der anzustellende<br />

Vikar sollte zugleich den Unterricht <strong>in</strong><br />

der Schule erteilen. Der erste Schulvikar <strong>in</strong><br />

Hoogstede hieß Bröcker. Er war ungefähr zehn<br />

Jahre hier, von 1860 bis 1869. Zu se<strong>in</strong>er Zeit<br />

wurde e<strong>in</strong> eigenes Schulhaus gebaut – im Jahre<br />

1866 – und die Räumlichkeit für den Gottesdienst<br />

um das bisherige Lokal vergrößert …<br />

(Ende Auszug aus der Chronik, angefertigt<br />

Hoogstede, im März 1892, Lehrer H. Koch)<br />

Vom Primissariat zum<br />

selbstständigen Seelsorgebezirk<br />

Bis 1869 war <strong>in</strong> der Kapelle an den Sonn- und<br />

Feiertagen nachmittags e<strong>in</strong>e Andacht oder<br />

Vesper und vormittags nur e<strong>in</strong>e heilige Messe,<br />

die Frühmesse (lat. Prima missa), weshalb der<br />

Geistliche offiziell Primissar, der Seelsorgebezirk<br />

Primissariat genannt wurde. <strong>Die</strong> Katholi-


ken des Primissariates Hoogstede mussten also<br />

zehn Jahre lang an den Sonn- und Feiertagen<br />

das Hochamt <strong>in</strong> ihrer Mutterkirche, <strong>in</strong> der<br />

Pfarrkirche zu Emlichheim, besuchen, obwohl<br />

sie <strong>in</strong> Hoogstede e<strong>in</strong>e eigene Kapelle und<br />

e<strong>in</strong>en eigenen Geistlichen hatten. Vom Jahre<br />

1884 an durften die Katholiken des Primissariates<br />

Hoogstede auch e<strong>in</strong>en eigenen Friedhof<br />

haben und dort ihre Toten begraben. In demselben<br />

Jahre wurde die Erlaubnis erteilt, die<br />

K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> der Kapelle zu taufen, während bislang<br />

die Taufen und Beerdigungen <strong>in</strong> Emlichheim<br />

stattf<strong>in</strong>den mussten. Erst im Jahre1944<br />

erhielt der Geistliche <strong>in</strong> Hoogstede die allgeme<strong>in</strong>e<br />

Trauungsbefugnis. Bis dah<strong>in</strong> war für<br />

die Trauungen alle<strong>in</strong> der Pfarrer von Emlichheim<br />

zuständig.<br />

Durch e<strong>in</strong>e Verordnung des Bischofs von<br />

Osnabrück, Dr. Wilhelm Bern<strong>in</strong>g, wurde 1944<br />

das Primissariat Hoogstede zu e<strong>in</strong>em selbstständigen<br />

Seelsorgebezirk erhoben, dessen<br />

Vier Geistliche bei der 100-Jahr-Feier 1959.<br />

An der Spitze des Dekanates Bentheim nahm der<br />

93-jährige Dechant Msgr. Rosemann, Wietmarschen,<br />

an der 100-Jahr-Feier der <strong>Kirche</strong> <strong>in</strong> Hoogstede teil. L<strong>in</strong>ks<br />

im Bild der Ortsgeistliche, Hochwürden Pastor Andrèe<br />

DIE RÖMISCH-KATHOLISCHE ST. BONIFATIUS KIRCHENGEMEINDE<br />

Grenzen sich mit denen des ehemaligen Primissariates<br />

deckten. E<strong>in</strong>e neue, schöne Wohnung<br />

für den Geistlichen, das jetzige Pfarrhaus,<br />

wurde im Jahre 1934 auf e<strong>in</strong>em neuerworbenen<br />

Grundstück erbaut.<br />

Damals erhielt auch das Innere der <strong>Kirche</strong><br />

se<strong>in</strong>e jetzige Gestalt. <strong>Die</strong> <strong>Kirche</strong> wurde um den<br />

Teil vergrößert, der 75 Jahre lang als Wohnung<br />

für den Geistlichen gedient hatte. <strong>Die</strong><br />

von Walter Nellmann, Osnabrück, angefertigte<br />

Madonna traf im September 1935 e<strong>in</strong> und<br />

wurde am 6. Oktober 1935 geweiht.<br />

Der Pfarrer Josef Rakel (später Pfarrer von<br />

Haselünne), war damals vom Bischof mit der<br />

Leitung des Umbaues betraut worden. <strong>Die</strong> im<br />

Jahre 1934 umgebaute <strong>Kirche</strong> wurde zunächst<br />

durch den bischöflichen Generalvikar Dr. Sel<strong>in</strong>g<br />

benediziert, und am 16. Mai 1938 wurden<br />

der neue Altar und die neue <strong>Kirche</strong> vom<br />

Bischof von Osnabrück, Dr. Wilhelm Bern<strong>in</strong>g,<br />

feierlich konsekriert.<br />

Jubiläumsfeier St. Bonifatius 1959<br />

Aus dem Nachrichtenblatt<br />

für die Diözese Osnabrück:<br />

Aus Anlass des 100-jährigen Bestehens der<br />

Kath. <strong>Kirche</strong> fand am 23. November 1959 <strong>in</strong><br />

dem schön geschmückten Gotteshaus <strong>in</strong> Hoogstede<br />

e<strong>in</strong> feierliches Levitenamt statt. An drei<br />

aufe<strong>in</strong>anderfolgenden Abenden hatten die<br />

Pfarrer Jaeger, Nordhorn, Koops, Neuenhaus<br />

und Von Ohr, Laar, Vorbereitungspredigten<br />

gehalten. Das Levitenamt zelebrierte Pastor<br />

Andrée unter Assistenz von Pfarrer Purk,<br />

Lohne, als Diakon und Pater Töller O. Carm.<br />

(Neuenhaus), Sohn der Geme<strong>in</strong>de Hoogstede,<br />

als Subdiakon.<br />

Fast alle Geistlichen des Dekanates Bentheim,<br />

unter ihnen auch der 93jährige Dechant<br />

Rosemann, Wietmarschen, nahmen an der<br />

Feier teil.<br />

<strong>Die</strong> zahlreich erschienenen Gläubigen g<strong>in</strong>gen<br />

fast ausnahmslos zum Tisch des Herrn.<br />

<strong>Die</strong> Festpredigt hielt Pfarrer Jaeger, Nordhorn,<br />

St. August<strong>in</strong>us, der auch e<strong>in</strong> Glückwunschschreiben<br />

des hochwürdigsten Herrn Bischofs<br />

verlas. Schulk<strong>in</strong>der sangen unter der Leitung<br />

von Lehrer Hoffman die Choralmesse „Missa<br />

de anglis“.<br />

415


8<br />

DIE VIER HOOGSTEDER KIRCHEN<br />

Kranzniederlegung 1959 für Johannes Veltmann und Johann<br />

van Laar; Messdiener Horst Drees, Pater Marcellus<br />

Töller, Messdiener Karl Westhuis, Pastor Johannes Andrèe,<br />

Pastor Bernhard Purk aus Neuenhaus; Bannerträger<strong>in</strong>nen:<br />

Franziska Fark, Ges<strong>in</strong>e Sommer, Elisabeth Sommer,<br />

Fr. Gödicker, Franziska Heidott<strong>in</strong>g, Maria Schlie<br />

Nach dem Levitenamt gedachte Pastor Andrée<br />

auf dem Friedhof neben der <strong>Kirche</strong> <strong>in</strong> ehrenden<br />

Worten des e<strong>in</strong>zigen hier beerdigten Seelsorgers<br />

Johannes Veltmann und des Kaufmanns Johann<br />

van Laar, der vor 100 Jahren sich mit vorbildlichem<br />

Eifer und ganzer Kraft für die Errichtung<br />

e<strong>in</strong>er kath. <strong>Kirche</strong> und e<strong>in</strong>er kath. Schule <strong>in</strong><br />

Hoogstede e<strong>in</strong>gesetzt hat. An den Gräbern der<br />

beiden Männer legte er Kränze nieder.<br />

Reno<strong>vier</strong>ungen der letzten 50 Jahre<br />

<strong>Die</strong> kirchlichen Gebäude wurden fortlaufend reno<strong>vier</strong>t.<br />

So wurde 1955 das Pfarrhaus <strong>in</strong>nen und<br />

außen neu gestrichen und die <strong>Kirche</strong> ausgemalt.<br />

Unter der Regie von Pastor Haskamp (seit<br />

1960 <strong>in</strong> Hoogstede) wurde im Jahre 1962 die<br />

<strong>Kirche</strong> reno<strong>vier</strong>t. Im gleichen Jahre wurde die<br />

Sakristei erweitert und im Jahre 1964 der Bau<br />

des Pfarrheims durchgeführt.<br />

Im Jahre 1967 wurde die 1934 aufgestellte<br />

gebrauchte Orgel durch Anschaffung e<strong>in</strong>er<br />

neuen Orgel ersetzt. Auf der Geme<strong>in</strong>deversammlung<br />

wurde am 16. Dezember 1966 die<br />

416<br />

Anschaffung e<strong>in</strong>er neuen, zweimanualigen<br />

Schleifladenorgel mit acht kl<strong>in</strong>genden Registern<br />

gutgeheißen. <strong>Die</strong>se sollte das vorhandene<br />

Ins trument ersetzen, das aus der Spätzeit<br />

des 19. Jahrhunderts stammte, technisch verbraucht<br />

und vom Holzwurm befallen war.<br />

Von Fachleuten der Osnabrücker Orgelbauanstalt<br />

M. Kreienbr<strong>in</strong>k wurde die neue<br />

Orgel mit mechanischer Traktur und 567 Pfeifen<br />

und drei Normalkoppeln im Frühjahr e<strong>in</strong>-<br />

Katholischer <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>vorstand 1964.<br />

He<strong>in</strong>rich Weusten, Hermann Kotten, Bernhard Sommer,<br />

Hermann Töller, Fritz Müller, Franz Kennepohl,<br />

Pastor August Haskamp


<strong>Die</strong> Orgel von 1967<br />

gebaut und <strong>in</strong>toniert sowie im Beise<strong>in</strong> von<br />

Domkapitular Msgr. Dr. He<strong>in</strong>rich Rahe, Osnabrück,<br />

Diözesan-Musikdirektor Eberhard Bonitz,<br />

L<strong>in</strong>gen und mehreren Geistlichen aus<br />

Nordhorn und Neuenhaus (unter ihnen auch<br />

Dechant Jaeger) am 5. März 1967, um 15.00<br />

Uhr geweiht und ihrer Bestimmung übergeben.<br />

In beispielhafter Weise trug die gesamte<br />

Geme<strong>in</strong>de dazu bei, das neue Orgelwerk zu f<strong>in</strong>anzieren.<br />

Unter der Leitung von Pastor N. Vedder<br />

wurden im Jahre 1999 umfangreiche Reno<strong>vier</strong>ungs-<br />

und Anbauarbeiten am Pfarrheim<br />

vorgenommen. Hier entstanden zusätzlich zwei<br />

Abstellräume, außerdem konnte e<strong>in</strong> Carport<br />

neu errichtet werden. Durch die f<strong>in</strong>anzielle Unterstützung<br />

vom Bischöflichen Generalvikariat<br />

konnte außerdem <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e neue Heizungsanlage<br />

sowie auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en neuen Fußboden, Türen<br />

und Fenster <strong>in</strong>vestiert werden.<br />

Im W<strong>in</strong>ter 2002/03 lieferte die Sitzmöbelfabrik<br />

Göhnermeier, Vlotho, die bestellten 70<br />

Stapelstühle und 16 Tische <strong>in</strong>kl. Zwischenplatten<br />

für das reno<strong>vier</strong>te Pfarrheim. Es erfolgte<br />

e<strong>in</strong>e Zuschussbewilligung seitens des<br />

Bonifatiuswerkes Osnabrück.<br />

DIE RÖMISCH-KATHOLISCHE ST. BONIFATIUS KIRCHENGEMEINDE<br />

Im Jahre 2003 konnten größere Reparaturarbeiten<br />

am Pfarrhaus (neue Fenster, Malerarbeiten<br />

sowie Balkonerneuerung) und an der<br />

Pfarrkirche (Malerarbeiten und Fugarbeiten)<br />

durchgeführt werden.<br />

Unter anderem durch den Erlös der Pfarrkirmes<br />

und Eigenleistungen der Geme<strong>in</strong>de<br />

konnte bereits im Jahre 2006 dann das Dach<br />

des Pfarrheims neu e<strong>in</strong>gedeckt sowie das<br />

Pfarrhaus durch weitere Malerarbeiten (Decke,<br />

Wände, Türen und Treppe) wohnfreundlich<br />

hergerichtet werden.<br />

Geme<strong>in</strong>deverbund 2006<br />

Im Jahre 2006 schloss sich unsere Geme<strong>in</strong>de<br />

mit Neuenhaus (Veldhausen, Uelsen), Emlichheim<br />

und Laar zum Geme<strong>in</strong>deverbund Niedergrafschaft<br />

zusammen.<br />

Emlichheim, Hoogstede und Laar arbeiteten<br />

bed<strong>in</strong>gt durch die Besetzung mit nur<br />

e<strong>in</strong>em Pfarrer, nämlich Pater N. Vedder, schon<br />

länger eng zusammen.<br />

Durch den Weggang von Pfarrer Lier <strong>in</strong><br />

Neuenhaus wurde der Geme<strong>in</strong>deverbund vom<br />

Bistum <strong>in</strong> Osnabrück anerkannt. Für diesen<br />

riesigen Bezirk wurde dann Pater N. Vedder<br />

als erster Pfarrer benannt. Ihm zur Seite und<br />

als Unterstützung kam Pastor Anh Vu Ta<br />

dazu. Nach etwa e<strong>in</strong>em Jahr hat dann aber<br />

unerwartet Pastor Anh Vu Ta den Geme<strong>in</strong>deverbund<br />

verlassen.<br />

Pater N. Vedder hat <strong>in</strong> dieser neuen Situation<br />

lange überlegt und dann doch aus gesundheitlichen<br />

Gründen das Amt des Pfarrers<br />

zur Verfügung gestellt. Damit das Amt des ltd.<br />

Pfarrers <strong>in</strong> diesem Geme<strong>in</strong>deverbund nicht zu<br />

lange vakant bleibt, hat Osnabrück schnell gehandelt<br />

und uns im Oktober 2007 mit Pastor<br />

H. Bischof e<strong>in</strong>en neuen Pfarrer geschickt.<br />

Pater N. Vedder bleibt weiterh<strong>in</strong> im Geme<strong>in</strong>deverbund<br />

als Pastor tätig.<br />

Zu unserer <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>de gehören zur<br />

Zeit 526 Personen. Neben den oben genannten<br />

Ortsteilen von Hoogstede stellen auch die<br />

Geme<strong>in</strong>den Neugnadenfeld und Großr<strong>in</strong>ge aktive<br />

Mitchristen unserer selbstständigen Pfarrgeme<strong>in</strong>de<br />

und Kirchgänger, die aber auch aus<br />

den umliegenden Ortschaften stets herzlich<br />

willkommen s<strong>in</strong>d.<br />

417


8<br />

Zur Zeit s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> unserer Geme<strong>in</strong>de 59 Personen<br />

Mitglieder <strong>in</strong> der kfd und 49 Personen<br />

<strong>in</strong> der KAB. Ehrenamtlich tätig s<strong>in</strong>d ca. 30<br />

Mitglieder <strong>in</strong> verschiedenen Gremien, die da<br />

wären: <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>vorstand, Pfarrgeme<strong>in</strong>derat,<br />

Liturgiekreis, Lektoren, Kommunionhelfer und<br />

Messdiener. Außerdem arbeiten für die <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>de<br />

noch zwei Küster, zwei Organisten,<br />

e<strong>in</strong> Rendant und e<strong>in</strong> Mitarbeiter im<br />

Pfarrbüro. Zu erwähnen s<strong>in</strong>d außerdem Tanzund<br />

Skatgruppe. Nicht nur die Jugend wird<br />

von unserem Diakon H. Heitz von Emlichheim<br />

betreut, sondern geschätzt wird auch die christliche<br />

Arbeit anlässlich der vielen Wortgottesdienste<br />

und anderer Aktivitäten <strong>in</strong> und um St.<br />

Bonifatius. Nach dem Weggang unseres Diakons<br />

im März 2009 wurde durch das Bischöfliche<br />

Generalvikariat Herr He<strong>in</strong>o Bön<strong>in</strong>g ab 1.<br />

August 2009 zum Geme<strong>in</strong>deassistenten <strong>in</strong> der<br />

Pfarreiengeme<strong>in</strong>schaft – Neuenhaus, Emlichheim,<br />

Hoogstede, Laar – berufen.<br />

<strong>Die</strong> Firmung im November 2007 wurde <strong>in</strong><br />

diesem Jahr zum ersten Mal zentral <strong>in</strong> Emlichheim<br />

gefeiert. Aus unserer Geme<strong>in</strong>de waren 13<br />

Firml<strong>in</strong>ge dabei. <strong>Die</strong> nächste Firmung (wahrsche<strong>in</strong>lich<br />

im Jahre 2010) wird wieder <strong>in</strong> unserer<br />

Geme<strong>in</strong>de se<strong>in</strong>, wo dann auch Bischof<br />

Bode bei uns zu Gast se<strong>in</strong> wird.<br />

Sterns<strong>in</strong>ger 2008<br />

Warum gibt es <strong>in</strong> Hoogstede ke<strong>in</strong>e Sterns<strong>in</strong>ger?<br />

<strong>Die</strong>se Frage kam nicht nur von den katholischen,<br />

sondern auch von den evangelischen<br />

Christen. So s<strong>in</strong>d dann im Jahre 2008, Dank<br />

Sterns<strong>in</strong>ger 2008<br />

im Pfarrheim<br />

418<br />

DIE VIER HOOGSTEDER KIRCHEN<br />

e<strong>in</strong>es f<strong>in</strong>anziellen und arbeits<strong>in</strong>tensiven Engagements,<br />

zum ersten Mal Sterns<strong>in</strong>ger von St.<br />

Bonifatius unterwegs gewesen. E<strong>in</strong>e fleißige Näher<strong>in</strong><br />

aus unserer Geme<strong>in</strong>de hat hierfür schöne<br />

Gewänder genäht. E<strong>in</strong>ige Erwachsene haben die<br />

K<strong>in</strong>der begleitet, die dann bei dieser Aktion über<br />

550 € <strong>in</strong> Hoogstede und Umgebung gesammelt<br />

haben. Der Stern von Bethlehem leuchtet weiter<br />

voran <strong>in</strong> das vor uns liegende Jahr, und e<strong>in</strong>e<br />

leuchtende Er<strong>in</strong>nerung bleibt sicher die ganze<br />

Wegstrecke der 50. Aktion Dreikönigss<strong>in</strong>gen, für<br />

alle, die – wo auch immer – dabei waren.<br />

Ökumene<br />

Am 28. Februar 2008 feierten alle <strong>vier</strong> Geme<strong>in</strong>den<br />

den Ökumenische Passionsgottesdienst<br />

mit Pastor Dr. Beuker (ev.-altrefor -<br />

miert). Unsere <strong>Kirche</strong> war gut besucht, und<br />

anlässlich der Kollekte konnte der Hospizhilfe<br />

<strong>in</strong> Nordhorn e<strong>in</strong> Betrag von 127,09 € überwiesen<br />

werden.<br />

<strong>Die</strong> alljährliche Ökumenische Bibelwoche<br />

f<strong>in</strong>det abwechselnd <strong>in</strong> den <strong>Hoogsteder</strong> <strong><strong>Kirche</strong>n</strong><br />

statt. Im Februar 2009 wurde die Veranstaltung<br />

<strong>in</strong> unserer <strong>Kirche</strong> durchgeführt.<br />

50 Jahre kfd (Katholische<br />

Frauen Deutschlands) 2008<br />

Generell seit dem 1. April 2008 f<strong>in</strong>det nun<br />

wieder auch bei den Katholiken regelmäßig<br />

jede Woche e<strong>in</strong>e Vorabendmesse zum Sonntag<br />

<strong>in</strong> unserer St. Bonifatius Geme<strong>in</strong>de statt.<br />

Am 6. April 2008 feierte unsere kfd (Katholische<br />

Frauen Deutschlands) ihr 50-jähriges<br />

Jubiläum. Mit e<strong>in</strong>em Festgottesdienst am Vormittag<br />

mit Präses Pater N. Vedder und der<br />

Festpredigt von Diözesan-Frauenseelsorger U.<br />

Beckwermert begann der Jubeltag. Abordnungen<br />

der kfd aus den umliegenden Geme<strong>in</strong>den<br />

waren mit ihren Bannern anwesend.<br />

Ebenso waren Ehrengäs -te aus der Geme<strong>in</strong>de<br />

Hoogstede dabei. Anschließend war Empfang<br />

<strong>in</strong> unserem Pfarrheim, wo noch e<strong>in</strong> Zelt angebaut<br />

wurde, um allen Gästen Platz bieten<br />

zu können. Grußworte sprachen unter anderen<br />

Pater Norbert Vedder und Bürgermeister<br />

Jan Ens<strong>in</strong>k sowie für die Regionalleitung<br />

Grafschaft Bentheim Teamsprecher<strong>in</strong> Anne<br />

M<strong>in</strong>nich.


Anhang<br />

In 2009 feiert die St. Bonifatiuskirche <strong>in</strong> Hoogstede<br />

ihr 150-jähriges Jubiläum. Als Term<strong>in</strong> ist der 3./4.<br />

Oktober 2009 festgesetzt, mit weiteren Vorbereitungen<br />

wurde schon begonnen. Es ist geplant, zu<br />

diesem Anlass e<strong>in</strong>e eigene Chronik zu erstellen. Bischof<br />

Franz-Josef Bode aus Osnabrück hat schon<br />

e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>ladung erhalten und wird dann unsere Geme<strong>in</strong>de<br />

besuchen.<br />

Ansprechpartner<br />

Pfarrbüro: Jürgen Kirste<strong>in</strong><br />

Küster: Mart<strong>in</strong> Westhuis, Jürgen Kirste<strong>in</strong><br />

Friedhof: He<strong>in</strong>rich Westhuis<br />

Pfarrheim: Rita Goedereis<br />

kfd: Agnes Lübber<strong>in</strong>k, Doris Kotten<br />

KAB: Willi Fark, Rudi Töller,<br />

Karl Westhuis<br />

Organisten: Anke Westhuis, Frank Töller<br />

Rendant: Karl-He<strong>in</strong>z Sommer<br />

Pfarrgeme<strong>in</strong>derat: Ute Büdden, Günter<br />

Dyhuis, Gunnar Kirste<strong>in</strong>, Nicole Lübbers,<br />

Ulla Schnö<strong>in</strong>k, Agnes Westhuis<br />

<strong><strong>Kirche</strong>n</strong>vorstand: Pfarrer H. Bischof,<br />

Rita Goedereis, He<strong>in</strong>rich Massl<strong>in</strong>g,<br />

Hermann Sentker, Helmut Töller,<br />

He<strong>in</strong>rich Westhuis, Hermann Westhuis<br />

Ab Mitte 2009 wird die katholische <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>de<br />

Hoogstede im Internet präsent se<strong>in</strong>. <strong>Die</strong>se<br />

geme<strong>in</strong>deübergreifende Internetpräsenz ist <strong>in</strong> Zusammenarbeit<br />

mit allen katholischen <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>den<br />

der Pfarreiengeme<strong>in</strong>schaft entstanden.<br />

Geme<strong>in</strong>sam haben wir das Layout entwickelt, für den<br />

Inhalt s<strong>in</strong>d die Geme<strong>in</strong>den selbst verantwortlich. Es<br />

ist vorgesehen, hier auch den wöchentlichen Pfarrbrief<br />

zu veröffentlichen.<br />

DIE RÖMISCH-KATHOLISCHE ST. BONIFATIUS KIRCHENGEMEINDE<br />

Jubilar<strong>in</strong>nen 50 Jahre Katholische Frauen Deutschland<br />

(kfd) <strong>in</strong> 2008; 10 Frauen wurden für ihre fünfzigjährige<br />

Mitgliedschaft geehrt. Auf dem Foto oben s<strong>in</strong>d die Jubilare<br />

mit der kfd-Teamsprecher<strong>in</strong> Agnes Lübber<strong>in</strong>k zu sehen,<br />

vorne; v.l. Anna Kottkamp, Maria Schlie und Antonia<br />

Wohlfahrt; h<strong>in</strong>ten, v.l. Johanna Eichhorst, Teamsprecher<strong>in</strong><br />

Agnes Lübber<strong>in</strong>k, Maria Massl<strong>in</strong>g, Anna Köcklar,<br />

Christ<strong>in</strong>e Lübber<strong>in</strong>k (es fehlen Maria Schnö<strong>in</strong>k,<br />

Elisabeth Sommer und Franziska Fark)<br />

Während des 150-jährigen Bestehens der katholischen<br />

<strong>Kirche</strong> <strong>in</strong> Hoogstede s<strong>in</strong>d 19 Seelsorger hier<br />

tätig gewesen. <strong>Die</strong> Namen der Geistlichen s<strong>in</strong>d<br />

11. Wilhelm Bröker, 1859–1869<br />

(gest. als Pfarrer <strong>in</strong> Westrhauderfehn),<br />

12. Bernhard Schröder, 1869-1888<br />

(gest. als Pfarrer <strong>in</strong> Emsbüren),<br />

13. Johannes Veltmann, 1888-1889<br />

(gest. als Schulvikar <strong>in</strong> Hoogstede),<br />

14. Hermann zum Hebel, 1890-1898<br />

(gestorben <strong>in</strong> Neuß),<br />

15. Johann Lagemann, 1899-1902<br />

(gest. als Pfarrer <strong>in</strong> Neurhede),<br />

16. Franz Weßler, 1903-1909<br />

(gest. als Pfarrer von Vrees),<br />

17. Johannes Staelberg, 1909-1920<br />

(gest. als Pfarrer von Brandlecht),<br />

18. Klemens Becker, 1920-1933<br />

(gest. als Pfarrer von Schledehausen),<br />

19. Josef Rakel, 1933-1935<br />

(danach Pfarrer <strong>in</strong> Haselünne),<br />

10. Bernhard Purk, 1935-1944<br />

(danach Pfarrer <strong>in</strong> Lohne),<br />

11. Hermann Thoben, 1944-1947<br />

(danach Pfarrer <strong>in</strong> Leer),<br />

12. Johannes Andrée, 1947-1960<br />

(danach Pfarrer <strong>in</strong> Börgermoor)<br />

13. August Haskamp 1960-1968<br />

(danach Pfarrer <strong>in</strong> Twist)<br />

14. Gerhard Lampe, 1968-1971<br />

(danach Pfarrer <strong>in</strong> Lehe)<br />

15. P. Antonius Lugtenberg O.Carm.<br />

1971-1976 (danach Pfarrer <strong>in</strong> Hebelermeer)<br />

16. Hubert Lorbach, 1976-1980<br />

(danach <strong>in</strong> Ruhestand)<br />

17. P. Bruno Güthoff CSSp, 1981-1988<br />

(danach Kloster Speyer)<br />

18. P. Norbert Vedder OFM, seit 1989<br />

(Pfarrer <strong>in</strong> Emlichheim seit 1979<br />

19. Hubert Bischof, seit 2007 (Pfarrer<br />

im Geme<strong>in</strong>deverbund Neuenhaus).<br />

419


8<br />

<strong>Die</strong> <strong>Evangelisch</strong>-<strong>altreformierte</strong><br />

<strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>de<br />

Pastor Dr. Gerrit Jan Beuker und <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>rat<br />

<strong>Die</strong> Wiege der Niedergrafschafter Altreformierten<br />

liegt <strong>in</strong> T<strong>in</strong>holt. <strong>Die</strong>ser relativ abgeschiedene,<br />

durch die Vechte von Hoogstede getrennte Ortsteil<br />

liegt mittig zwischen Emlichheim, Hoogstede,<br />

Wilsum, Uelsen und Veldhausen. In diesen<br />

fünf Kirchspielen entstanden zwischen 1838<br />

und 1849 eigene <strong>altreformierte</strong> Geme<strong>in</strong>den.<br />

Ihre Mitglieder feierten schon vor der Geme<strong>in</strong>degründung,<br />

etwa ab 1835 regelmäßig eigene<br />

Gottesdienste auf dem Hof Luttermann<br />

(zuvor Zomer, davor Steffen) <strong>in</strong> T<strong>in</strong>holt. Sie<br />

wurden von Laienpredigern aus den eigenen<br />

Reihen oder aus den Niederlanden und äußerst<br />

selten auch e<strong>in</strong>mal von e<strong>in</strong>em <strong>altreformierte</strong>n<br />

Pastor aus den Niederlanden geleitet.<br />

Niederländische Prediger wurden bis 1848<br />

<strong>in</strong> der Grafschaft mit Gefängnisstrafen bedroht.<br />

In den Niederlanden gab es ke<strong>in</strong>e polizeiliche<br />

Verfolgung. 1834 war <strong>in</strong> Ulrum bei<br />

Gron<strong>in</strong>gen die erste <strong>altreformierte</strong> Geme<strong>in</strong>de<br />

überhaupt gegründet worden.<br />

Altreformierte Gottesdienste mit mehr als<br />

zwanzig Personen waren <strong>in</strong> der Grafschaft<br />

nicht erlaubt. Wer daran teilnahm, musste mit<br />

empf<strong>in</strong>dlichen Geldstrafen rechnen. Unter diesen<br />

Umständen wählten die beiden Geme<strong>in</strong>den<br />

Emlichheim und Hoogstede im Frühjahr 1845<br />

jede ihren ersten <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>rat, der jeweils aus<br />

zwei Ältesten und zwei Diakonen bestand.<br />

<strong>Die</strong>se g<strong>in</strong>gen mit ihren beiden Geme<strong>in</strong>den<br />

am 25. Mai 1845 nach Coevorden, wo sie<br />

von e<strong>in</strong>em niederländischen Pastor, vermutlich<br />

Albertus van Raalte, <strong>in</strong> ihr Amt e<strong>in</strong>geführt<br />

worden s<strong>in</strong>d. Van Raalte wäre dafür <strong>in</strong><br />

Deutschland <strong>in</strong>s Gefängnis gekommen.<br />

Damit gab es neben der 1838 gegründeten<br />

Geme<strong>in</strong>de Uelsen und der 1840 entstandenen<br />

420<br />

Geme<strong>in</strong>de Bentheim zwei weitere <strong>altreformierte</strong><br />

Geme<strong>in</strong>den <strong>in</strong> der Grafschaft. 1848 kam Wilsum<br />

h<strong>in</strong>zu und 1849 Veldhausen.<br />

Unter dem Druck der politischen und wirtschaftlichen<br />

Verhältnisse wanderte fast die gesamte<br />

<strong>altreformierte</strong> Geme<strong>in</strong>de Hoogstede im<br />

Frühjahr 1847 <strong>in</strong> die USA aus. <strong>Die</strong> genannten <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>räte<br />

der Geme<strong>in</strong>den Emlichheim und Hoogstede<br />

zogen mit ihren Familien und vielen<br />

Geme<strong>in</strong>degliedern auf den Spuren von Albertus<br />

van Raalte nach Holland, Michigan, USA. Südlich<br />

dieser Stadt gründeten sie den Ort „Graafschap“.<br />

E<strong>in</strong>ige wenige daheim gebliebene <strong>altreformierte</strong><br />

<strong>Hoogsteder</strong> schlossen sich 1851 der weiter<br />

bestehenden Geme<strong>in</strong>de Emlichheim an. <strong>Die</strong><br />

<strong>Hoogsteder</strong> Geme<strong>in</strong>de war damit aufgehoben.<br />

<strong>Die</strong> verbleibenden Altreformierten im Kirchspiel<br />

Hoogstede mussten wohl noch bis um 1870 oder<br />

1880 die normalen <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>lasten der reformierten<br />

Geme<strong>in</strong>de vor Ort und die der reformierten<br />

Geme<strong>in</strong>de Emlichheim mittragen. Sie zahlten<br />

dreimal: für die reformierte Geme<strong>in</strong>de <strong>in</strong> Emlichheim,<br />

für die <strong>in</strong> Hoogstede 1821 gegründete<br />

reformierte Geme<strong>in</strong>de und für die eigene <strong>altreformierte</strong><br />

Geme<strong>in</strong>de.<br />

Neugründung 1. Mai 1953<br />

Über hundert Jahre nach Auflösung der ersten<br />

<strong>altreformierte</strong>n Geme<strong>in</strong>de Hoogstede wurde<br />

am 1. Mai 1953 wieder e<strong>in</strong>e neue Geme<strong>in</strong>de<br />

gegründet. Pastor Albertus van der Zanden, der<br />

von 1951 bis 1977 <strong>in</strong> Emlichheim tätig war,<br />

führte an diesem Tag drei Älteste und zwei Diakone<br />

<strong>in</strong> ihr Amt e<strong>in</strong>. Es waren dies Jan Harm<br />

Beuker, Albert Köster und H<strong>in</strong>drik-Jan Neerken<br />

sowie Albert Jan Luttermann und Gerrit Jan<br />

Büter.


Gottesdienst 2003 <strong>in</strong> der Ev.-<strong>altreformierte</strong>n <strong>Kirche</strong>,<br />

von der Empore aus (Jürgen Nyboer)<br />

<strong><strong>Kirche</strong>n</strong>gebäude und Pastorat waren <strong>in</strong> den<br />

beiden vorhergehenden Jahren seit Anfang<br />

1951 errichtet worden. E<strong>in</strong>en Teil der benötigten<br />

Ste<strong>in</strong>e kaufte man von der ev.-reformierten<br />

<strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>de. <strong>Die</strong>se hatte für die Erweiterung<br />

ihrer <strong>Kirche</strong> bereits Ste<strong>in</strong>e angeschafft und<br />

vor Ort transportiert. Sie durfte 1951 für die<br />

beiden neuen Querschiffe der <strong>Kirche</strong> aber nur<br />

Bentheimer Sandste<strong>in</strong> und ke<strong>in</strong>e roten Ziegelste<strong>in</strong>e<br />

verwenden. E<strong>in</strong> Teil der schon vorhandenen<br />

roten Ste<strong>in</strong>e wurde für e<strong>in</strong> Wohnhaus im<br />

Dorf genutzt, der andere Teil für die <strong>altreformierte</strong><br />

<strong>Kirche</strong>. Schaut man sich die <strong>Kirche</strong><br />

genau an, kann man sehen, dass sich etwa ab<br />

Dachhöhe im Giebel andere Ste<strong>in</strong>e f<strong>in</strong>den.<br />

E<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelner Raum zwischen <strong>Kirche</strong> und<br />

Pastorat, der sogenannte Lehrsaal, reichte <strong>in</strong><br />

den 1950er Jahren aus für alle Aktivitäten<br />

während der Woche. Hier tagte der Jüngl<strong>in</strong>gsund<br />

Jungfrauenvere<strong>in</strong> oder der Männervere<strong>in</strong>.<br />

Hier wurde kirchlicher (Konfirmanden-)Unterricht<br />

erteilt, hier übte der S<strong>in</strong>gkreis. Mehr<br />

Gruppen und Angebote gab es kaum.<br />

Altreformierte Pastoren<br />

Erster Pastor der Geme<strong>in</strong>de war von 1955 bis<br />

1959 der aus Hoogstede gebürtige Steven<br />

DIE EVANGELISCH-ALTREFORMIERTE KIRCHENGEMEINDE<br />

Neerken (1895–1962). Hoogstede war se<strong>in</strong>e<br />

fünfte und letzte Geme<strong>in</strong>de. Se<strong>in</strong>e Frau He<strong>in</strong>tien<br />

Ekenhorst (1900–1960) stammte aus Laar.<br />

Der ebenfalls aus Hoogstede gebürtige Pastor<br />

Jan Köster nahm von 1953 bis 1955 von Laar<br />

aus die Vakanzvertretung wahr.<br />

Auf Pastor Neerken folgte 1960 bis 1968<br />

Joachim Guhrt, gebürtig aus der Nähe von<br />

Berl<strong>in</strong>, der zuvor seit 1955 Pastor <strong>in</strong> Emden<br />

gewesen war. Er g<strong>in</strong>g 1968 <strong>in</strong> den Schuldienst<br />

und ist danach lange Zeit Generalsekretär des<br />

Reformierten Bundes gewesen. Joachim Guhrt<br />

(Jg. 1925) lebt heute <strong>in</strong> Bad Bentheim.<br />

<strong>Die</strong> Vakanzzeit überbrückten Guhrts Schwiegervater,<br />

Pastor Bernd-H<strong>in</strong>drik Lankamp aus<br />

Uelsen, der 1968 pensioniert wurde, und Pastor<br />

Albert Br<strong>in</strong>k aus Veldhausen.<br />

1971 kamen Pastor Roel Visser und se<strong>in</strong>e<br />

Frau Erika <strong>in</strong> ihre erste Geme<strong>in</strong>de <strong>in</strong> das neu<br />

erbaute Pastorat, Bathorner <strong>Die</strong>k 3. Visser<br />

stammt aus Deventer <strong>in</strong> den Niederlanden. Er<br />

ist heute <strong>in</strong> der Zerstreutenseelsorge <strong>in</strong> Süddeutschland<br />

tätig.<br />

Nach Pastor Visser folgte 1977 bis 1983 der<br />

aus Ostfriesland kommende Pastor He<strong>in</strong>rich<br />

Lüchtenborg. Es war auch für ihn se<strong>in</strong>e erste<br />

Geme<strong>in</strong>de. Se<strong>in</strong>e aus Emlichheim stammende<br />

Frau, Anna Kl<strong>in</strong>ge, unterrichtete zeitweise an<br />

der Grundschule <strong>in</strong> Emlichheim. Pastor Lüch-<br />

421


8<br />

EBEN-EZER Altreformierte <strong>in</strong> Hoogstede und ihre Vorgeschichte<br />

tenborg wechselte von Hoogstede zur Geme<strong>in</strong>de<br />

Wuppertal, wo er bis heute tätig ist.<br />

Auf Pastor Lüchtenborg folgte e<strong>in</strong>e längere<br />

Vakanz, die von Pastoren aus den umliegenden<br />

Geme<strong>in</strong>den aufgefangen wurde. Als man<br />

endlich me<strong>in</strong>te, wieder e<strong>in</strong>en Seelsorger und<br />

Prediger gefunden zu haben, war die Freude<br />

nur von kurzer Dauer:<br />

Am 9. November 1986 wurde Pastor Pierre<br />

van Rooyen e<strong>in</strong>geführt, am 26. Juli 1987 verließ<br />

er die Geme<strong>in</strong>de „aus gesundheitlichen<br />

Gründen“. Er zog mit se<strong>in</strong>er Frau und den drei<br />

kle<strong>in</strong>en K<strong>in</strong>dern zurück nach Südafrika. Wenige<br />

Jahre später kam er nach Leer <strong>in</strong> Ostfriesland,<br />

wo er bis heute lebt. Er hat dort e<strong>in</strong>e<br />

kle<strong>in</strong>e eigene Geme<strong>in</strong>de(gruppe) aufgebaut<br />

und ist nach wie vor <strong>in</strong> der Afrikamission<br />

„Kreuz des Südens“, mit Sitz <strong>in</strong> Leer, tätig.<br />

Fast zwanzig Jahre blieb danach Pastor Dr.<br />

Gerrit Jan Beuker <strong>in</strong> Hoogstede. Er stammt aus<br />

Vorwald (heute Laar) und kam mit se<strong>in</strong>er aus<br />

Emden gebürtigen Frau Gese Sweers und den<br />

drei K<strong>in</strong>dern im Dezember 1988 aus Uelsen <strong>in</strong><br />

die Geme<strong>in</strong>de. Er blieb bis zum März 2008 und<br />

ist jetzt Pastor der ev.-<strong>altreformierte</strong>n und der<br />

ev.-reformierten <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>den<br />

<strong>in</strong> Laar.<br />

422<br />

DIE VIER HOOGSTEDER KIRCHEN<br />

<strong>Kirche</strong> und<br />

Geme<strong>in</strong>de<br />

1953 - 2003<br />

Titel „Eben-Ezer<br />

Altreformierte<br />

<strong>in</strong> Hoogstede“<br />

EBEN-EZER<br />

Altreformierte <strong>in</strong><br />

Hoogstede und ihre<br />

Vorgeschichte<br />

<strong>Die</strong> sechs Pastoren der Geme<strong>in</strong>de von 1955 bis 2008<br />

In Beukers Zeit fiel 2003 das fünfzigjährige<br />

Jubiläum der Geme<strong>in</strong>de. Aus diesem Anlass<br />

schrieb er das Buch „Eben-Ezer. Altreformierte<br />

<strong>in</strong> Hoogstede und ihre Vorgeschichte. <strong>Kirche</strong><br />

und Geme<strong>in</strong>de 1953–2003“.<br />

Es ist nach wie vor <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>de<br />

und im Buchhandel erhältlich.<br />

Es beschreibt ausführlich Geschichte<br />

und Gegenwart der Geme<strong>in</strong>de.<br />

<strong>Kirche</strong> und Geme<strong>in</strong>dehaus<br />

Seit den Anfängen der ev.-<strong>altreformierte</strong>n<br />

<strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>de Hoogstede<br />

hat sich e<strong>in</strong>iges verändert.<br />

1961 erhielt die Geme<strong>in</strong>de e<strong>in</strong>e<br />

Orgel und e<strong>in</strong>e Heizung. Im Laufe<br />

der Zeit reichte der e<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>deraum<br />

(alter Lehrsaal) für die Bedürfnisse<br />

der Gruppen und Kreise nicht<br />

mehr aus. So wurde <strong>in</strong> Pastor Lüchtenborgs<br />

Zeit das Geme<strong>in</strong>dehaus mit <strong>in</strong>sgesamt<br />

fünf Räumen und e<strong>in</strong>em großen<br />

Obergeschoss gebaut. <strong>Die</strong>ser „Dachboden“<br />

wird als Jugendraum genutzt. Heute


Das <strong>altreformierte</strong> Pastorat<br />

von 1971 <strong>in</strong> 2007<br />

dient er sonntags den K<strong>in</strong>dern vom K<strong>in</strong>dergottesdienst<br />

und <strong>in</strong> der Woche der Jungschar,<br />

den KOMA-Leuten (Konfer mal anders), dem<br />

Jugendkreis und den Jungerwachsenen. Der<br />

Raum wird nach wie vor von Jugendlichen<br />

gestaltet und verwaltet.<br />

Das Geme<strong>in</strong>dehaus wird am Sonntagvormittag<br />

parallel zum Gottesdienst von den K<strong>in</strong>dern<br />

genutzt. Es gibt e<strong>in</strong>en K<strong>in</strong>derhort und<br />

drei K<strong>in</strong>dergottesdienst-Gruppen. Weiter dient<br />

das Geme<strong>in</strong>dehaus <strong>in</strong> der Woche dem Chor,<br />

den Kreisen und Gruppen, für Schulungen<br />

und Konferenzen. Es wäre heute völlig undenkbar,<br />

wenn die Geme<strong>in</strong>de mit nur e<strong>in</strong>em<br />

Raum neben der <strong>Kirche</strong> auskommen müsste.<br />

Küsterwohnung, <strong>Kirche</strong>, Geme<strong>in</strong>dehaus <strong>in</strong> 2006<br />

DIE EVANGELISCH-ALTREFORMIERTE KIRCHENGEMEINDE<br />

1998 wurde die Orgel um e<strong>in</strong> zweites Manual<br />

und e<strong>in</strong> Rückpositiv erweitert. 2002 bis<br />

2004 bekam die <strong>Kirche</strong> e<strong>in</strong> neues Dach und<br />

neue Fenster und Türen.<br />

Küsterdienste<br />

Von 1953 bis Anfang 2007, weit über fünfzig<br />

Jahre, war H<strong>in</strong>drikk<strong>in</strong> Snippe die gute Seele<br />

der Geme<strong>in</strong>de. Sie war mit allem und jedem<br />

vertraut, kannte als gebürtige Bathorner<strong>in</strong> fast<br />

jeden <strong>in</strong> Hoogstede. Jahrelanges Zeitungsaustragen<br />

förderte das noch. H<strong>in</strong>drikk<strong>in</strong> Snippe<br />

lebt seit 2007 <strong>in</strong> Georgsdorf.<br />

Nach ihrer Eheschließung 1960 erfuhr sie<br />

tatkräftige Unterstützung durch ihren Mann, Johannes<br />

Snippe, der im Jahre 2001 verstarb. Mit<br />

dem Neubau des Pastorats Bathorner <strong>Die</strong>k 3 zog<br />

sie 1971 mit ihrer Familie <strong>in</strong> das alte Pastorat<br />

Bathorner <strong>Die</strong>k 1. Seit etwa 1992 erhielt das<br />

Ehepaar Snippe Unterstützung <strong>in</strong> ihrer Arbeit.<br />

Zuständig s<strong>in</strong>d heute: Brigitte Voogd für<br />

das Geme<strong>in</strong>dehaus, Annegret Helweg für das<br />

<strong><strong>Kirche</strong>n</strong>gebäude, Gerrit-Jan Bloemendal für<br />

die Außenanlagen und Johann Köster für<br />

Schlüsseldienst, Heizung und Glocken. Viele<br />

Hände machen leichte Arbeit und fördern die<br />

Geme<strong>in</strong>schaft.<br />

423


8<br />

Ehepaar Johannes Snippe und<br />

H<strong>in</strong>drikk<strong>in</strong> geb. Bloemendal <strong>in</strong> 1985<br />

DIE VIER HOOGSTEDER KIRCHEN<br />

<strong>Die</strong> <strong>Evangelisch</strong> <strong>altreformierte</strong><br />

<strong>Kirche</strong> <strong>in</strong> Niedersachsen<br />

Es gibt <strong>in</strong> Niedersachsen etwa 7.000 Altreformierte<br />

<strong>in</strong> 14 Geme<strong>in</strong>den, davon acht <strong>in</strong> der<br />

Grafschaft Bentheim und fünf <strong>in</strong> Ostfriesland.<br />

1983 hat sich die Niederländisch-reformierte<br />

Geme<strong>in</strong>de Wuppertal (Pastor Lüchtenborg war<br />

vorher bis 1983 <strong>in</strong> Hoogstede tätig) der <strong>Evangelisch</strong>-<strong>altreformierte</strong>n<br />

<strong>Kirche</strong> <strong>in</strong> Niedersachsen<br />

angeschlossen.<br />

In der Zeit von 1923 bis 2004 gehörten<br />

die <strong>altreformierte</strong>n Geme<strong>in</strong>den den „Gereformeerde<br />

Kerken <strong>in</strong> Nederland“ an. Reformierte,<br />

Altreformierte und Lutheraner bilden seit<br />

2004 <strong>in</strong> den Niederlanden die Protestantische<br />

<strong>Kirche</strong>, mit der die <strong>altreformierte</strong>n Geme<strong>in</strong>den<br />

<strong>in</strong> lockerer Geme<strong>in</strong>schaft assoziiert s<strong>in</strong>d. 2006<br />

schlossen die Ev.-reformierte <strong>Kirche</strong> (mit Sitz<br />

<strong>in</strong> Leer) und die <strong>Evangelisch</strong>-<strong>altreformierte</strong><br />

<strong>Kirche</strong> e<strong>in</strong>en Kooperationsvertrag.<br />

Charakteristisch für die <strong>altreformierte</strong>n Geme<strong>in</strong>den<br />

ist ihre Eigenständigkeit und ihre presbyterial-synodale<br />

Struktur. <strong>Die</strong> Geme<strong>in</strong>deleitung<br />

liegt <strong>in</strong> den Händen des <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>rates. Ihm gehören<br />

Männer und Frauen im Pastoren-, Ältes -<br />

ten- und Diakonenamt an. Bis auf den Pastor<br />

werden sie alle für <strong>vier</strong> Jahre von der Geme<strong>in</strong>de<br />

gewählt. E<strong>in</strong>e direkte Wiederwahl ist nicht<br />

möglich. In den Synoden behandeln die<br />

Vertreter der <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>räte alle übergeme<strong>in</strong>dlichen<br />

Fragen.<br />

424<br />

Altreformierte Geme<strong>in</strong>den f<strong>in</strong>anzieren sich<br />

selbst durch freiwillige Beiträge und verwalten<br />

die Gelder selbstständig. Ab 300 Geme<strong>in</strong>deglieder<br />

muss e<strong>in</strong>e <strong>altreformierte</strong> Geme<strong>in</strong>de<br />

alle Kosten für Gehälter und Gebäude selber<br />

aufbr<strong>in</strong>gen. Etwa zehn Kollekten im Jahr s<strong>in</strong>d<br />

synodal vorgeschrieben. <strong>Die</strong> Höhe der Gehälter<br />

unterliegt ebenfalls synodalen Regeln.<br />

Rechnungsführer der Geme<strong>in</strong>de Hoogstede<br />

waren H<strong>in</strong>drik Köster (1953–1965), Ludwig<br />

Büter (1966–69), He<strong>in</strong>rich Köster (1970–73),<br />

Hermann Breukelman (1974–93) und seitdem<br />

Wilhelm Lammer<strong>in</strong>g. Der Rechnungsführer ist<br />

im Auftrag des <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>rates für die E<strong>in</strong>nahmen<br />

und Ausgaben der Geme<strong>in</strong>de verantwort -<br />

lich. Er erstellt Jahresrechnungen und Haus -<br />

haltspläne, über die der <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>rat entscheidet.<br />

In vielen Geme<strong>in</strong>den steht e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er<br />

Rechnungsführer seit 1953. Ludwig Büter, He<strong>in</strong>rich Köster,<br />

Hermann Breukelman und jetzt, 2003, Wilhelm Lammer<strong>in</strong>g<br />

(Jürgen Nyboer)<br />

F<strong>in</strong>anzausschuss dem Rechnungsführer und<br />

dem <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>rat zur Seite. Er ist e<strong>in</strong> wenig vergleichbar<br />

mit der reformierten Geme<strong>in</strong>devertretung,<br />

arbeitet allerd<strong>in</strong>gs wesentlich eigenständiger<br />

und unabhängiger. Älteste, Diakone<br />

und Pastoren, alle, die mit der Seelsorge oder<br />

dem diakonischen <strong>Die</strong>nst betraut s<strong>in</strong>d, haben <strong>in</strong><br />

der Regel ke<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> die f<strong>in</strong>anziellen,<br />

freiwilligen Beiträge der Geme<strong>in</strong>deglieder. Wer<br />

was bezahlt, weiß nur der Rechnungsführer und<br />

e<strong>in</strong> oder zwei weitere Verantwortliche (aus dem<br />

F<strong>in</strong>anzausschuss). Sie s<strong>in</strong>d zur Verschwiegenheit<br />

verpflichtet.


Freikirchen gehen davon aus, dass alle Geme<strong>in</strong>deglieder<br />

sich mit ihren Gaben und Fähigkeiten<br />

e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen und mitwirken. Jeder<br />

E<strong>in</strong>satz ist e<strong>in</strong> Segen für alle. So ist jede Geme<strong>in</strong>de<br />

z. B. selbst für ihren K<strong>in</strong>dergottesdienst<br />

verantwortlich. <strong>Die</strong> MitarbeiterInnen<br />

organisieren sich selbst, sorgen für die eigene<br />

(übergeme<strong>in</strong>dliche) Fortbildung und überlegen<br />

und entscheiden <strong>in</strong> ihren Geme<strong>in</strong>den, wie<br />

sie den K<strong>in</strong>dergottesdienst gestalten und welche<br />

Materialien sie verwenden.<br />

Freikirchliche Frauenkreise, Jugendvere<strong>in</strong>e<br />

oder andere Kreise wählen ihre eigenen Vorstände,<br />

die die Arbeit leiten. <strong>Die</strong> verschiedenen<br />

Arbeitsbereiche haben sich aus sich selbst<br />

heraus auch übergeme<strong>in</strong>dlich organisiert. Auf<br />

dieser Ebene treffen sie sich regelmäßig zum<br />

Austausch und zur Fortbildung.<br />

Hauskreise<br />

Pastor Visser richtete <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>de Hoogstede<br />

<strong>in</strong> 1971 für jeden Kont<strong>in</strong>ent der Erde<br />

e<strong>in</strong>en Hauskreis e<strong>in</strong>. Sie sollten die Geme<strong>in</strong>schaft<br />

<strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>de stärken und „ihren“<br />

Kont<strong>in</strong>ent der Geme<strong>in</strong>de näherbr<strong>in</strong>gen. Bis<br />

heute ist die Geme<strong>in</strong>de mit e<strong>in</strong>er großen Zahl<br />

von Hauskreisen gesegnet. Von Anfang an besteht<br />

bis heute der Afrikakreis. Jahrzehntelang<br />

hat er u.a. mit Altkleiderspenden den Kontakt<br />

zu Mitarbeitern der Hermannsburger Mission<br />

<strong>in</strong> Tansania gehalten. Heute pflegt der Kreis<br />

engere Beziehungen nach Gambia.<br />

Der Bangladeschkreis beschäftigt sich mit<br />

Berichten aus der Mission <strong>in</strong> Bangladesch und<br />

Indonesien und fördert entsprechende Begegnungen.<br />

Weitere Kreise s<strong>in</strong>d Katechismuskreis,<br />

Gebetskreis, Kreis Vierzig Plus, Hausbibelkreis,<br />

Handarbeits- und Bastelkreis, OFT (Offener Frauentreff),<br />

Young Generation und Ungarnkreis.<br />

Der letzte hält seit 1992 den Kontakt zur<br />

reformierten Partnergeme<strong>in</strong>de <strong>in</strong> Budapest aufrecht.<br />

<strong>Die</strong> Geme<strong>in</strong>den besuchen sich abwechselnd<br />

e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> zwei Jahren <strong>in</strong> Hoogstede und<br />

<strong>in</strong> Budapest. E<strong>in</strong> Gastgeschenk der Ungarn, e<strong>in</strong>e<br />

Platte aus Olivenholz mit e<strong>in</strong>em herausgeschnittenen<br />

Kreuz hängt h<strong>in</strong>ten <strong>in</strong> der <strong>Kirche</strong>.<br />

<strong>Die</strong> „<strong>Hoogsteder</strong> Gruppe“ bietet seit 1973<br />

jede Woche den Inhaftierten <strong>in</strong> der Justizvollzugsanstalt<br />

jeweils <strong>in</strong> <strong>vier</strong> verschiedenen Häu-<br />

DIE EVANGELISCH-ALTREFORMIERTE KIRCHENGEMEINDE<br />

sern der E<strong>in</strong>richtung <strong>in</strong> Groß-Hesepe Gesprächsabende<br />

an. In der „<strong>Hoogsteder</strong> Gruppe“<br />

wirken mittlerweile auch viele Mitglieder aus<br />

anderen <strong><strong>Kirche</strong>n</strong> und Geme<strong>in</strong>den mit.<br />

Kreuz im Olivenholz<br />

h<strong>in</strong>ten <strong>in</strong> der <strong>Kirche</strong>;<br />

aus Ungarn<br />

Gottesdienst und Geme<strong>in</strong>deleben<br />

<strong>Die</strong> <strong>altreformierte</strong> Geme<strong>in</strong>de Hoogstede feiert<br />

jeden Sonntag zwei Gottesdienste. E<strong>in</strong>mal<br />

vormittags um 10.00 Uhr e<strong>in</strong>en Wortgottesdienst,<br />

<strong>in</strong> dem die Bibel ausgelegt wird, und<br />

am Nachmittag um 14.00 Uhr e<strong>in</strong>en Lehrgottesdienst,<br />

wo häufig aus dem Heidelberger Katechismus<br />

gepredigt wird. <strong>Die</strong>ses Bekenntnis<br />

(der Heidelberger Katechismus von 1561) stellt<br />

sicher, dass alle Themen des christlichen Glaubens<br />

auch auf die Kanzel kommen.<br />

Manchmal f<strong>in</strong>den Gottesdienste besonderer<br />

Form statt. S<strong>in</strong>ggottesdienste, Jugendgottesdienste<br />

oder e<strong>in</strong> „offener“ Gottesdienst. <strong>Die</strong><br />

„offenen Gottesdienste“ wurden von Pastor<br />

Beuker <strong>in</strong>itiiert. <strong>Die</strong> Geme<strong>in</strong>de durfte im Gottesdienst<br />

die Lieder und Psalmen nennen, die<br />

man s<strong>in</strong>gen wollte. Es gab immer etwas zu<br />

sehen (Folien, Graphiken, Bilder) und e<strong>in</strong> unvorbereitetes<br />

Gespräch zwischen Prediger und<br />

Geme<strong>in</strong>de zu den unterschiedlichsten Themen.<br />

Z.B. Segen, K<strong>in</strong>der, Hände, Abraham, Gebet ...<br />

und anderes.<br />

Jede Gruppe und jeder Kreis ist herzlich<br />

e<strong>in</strong>geladen, Gottesdienste mitzugestalten.<br />

425


8<br />

DIE VIER HOOGSTEDER KIRCHEN<br />

Ökumene<br />

Alle <strong>vier</strong> <strong>Hoogsteder</strong> <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>den bieten<br />

(seit Anfang der neunziger Jahre auch<br />

reihum <strong>in</strong> allen <strong>vier</strong> <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>) jedes Jahr e<strong>in</strong>e<br />

Bibelwoche an. Sie feiern seit mehreren Jahren<br />

e<strong>in</strong>en geme<strong>in</strong>samen Passionsgottesdienst,<br />

der vom Ökumenischen Arbeitskreis, den es<br />

seit etwa 1995 gibt, vorbereitet und durchgeführt<br />

wird. Der Ökumenische Arbeitskreis hat<br />

die frühere Pastorenkonferenz abgelöst. Im<br />

Arbeitskreis treffen sich je drei Vertreter aus<br />

jeder Geme<strong>in</strong>de e<strong>in</strong>mal im halben Jahr. Der<br />

Kreis beschäftigt sich mit allem, was alle Geme<strong>in</strong>den<br />

angeht. Schulgottesdienste und<br />

Reden zum Volkstrauertag werden reihum von<br />

den e<strong>in</strong>zelnen Geme<strong>in</strong>den vorbereitet.<br />

In geme<strong>in</strong>samer Regie hat es 2003 e<strong>in</strong>e<br />

K<strong>in</strong>derbibelwoche gegeben und alle zwei<br />

Jahre f<strong>in</strong>det nun e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>derbibeltag statt.<br />

Neben den geme<strong>in</strong>samen Angeboten aller<br />

<strong>vier</strong> <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>den vor Ort pflegen die<br />

Altreformierten besondere Beziehungen zur<br />

reformierten Geme<strong>in</strong>de. Mit ihr gab es etwa<br />

seit 1998 e<strong>in</strong>en jährlichen Kanzeltausch. Er<br />

wurde von e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>samen Sonntagsgottesdienst<br />

abgelöst, den beide Geme<strong>in</strong>den seit<br />

<strong>vier</strong> Jahren meistens im Oktober feiern. 2008<br />

haben beide zum ersten Mal zusammen e<strong>in</strong>en<br />

426<br />

Kanzel,<br />

Lesepult,<br />

Taufbecken<br />

und Abendmahlstisch<br />

<strong>in</strong> 2003<br />

Flyer Christliche<br />

<strong><strong>Kirche</strong>n</strong> <strong>in</strong> Hoogstede


Himmelfahrtsgottesdienst gefeiert. Gute Tradition<br />

hat auch die e<strong>in</strong>mal im Jahr stattf<strong>in</strong>dende<br />

geme<strong>in</strong>same <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>ratssitzung.<br />

Mit der lutherischen Geme<strong>in</strong>de feiern die<br />

Altreformierten ebenfalls e<strong>in</strong>mal im Jahr e<strong>in</strong>en<br />

geme<strong>in</strong>samen Gottesdienst, und zwar immer<br />

dann, wenn der Chor aus Drehbach bei der lutherischen<br />

Geme<strong>in</strong>de zu Gast ist. Gerne denken<br />

wir an die Aktion „Nachbarn laden Nachbarn<br />

e<strong>in</strong>“ zurück. Zu e<strong>in</strong>em gemütlichen Beisammense<strong>in</strong><br />

trafen sich die Nachbarn aus den Neubaugebieten<br />

rund um die beiden <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>.<br />

Schon 1964 gründeten Frauen aus allen drei<br />

evangelischen Geme<strong>in</strong>den vor Ort e<strong>in</strong>en Geme<strong>in</strong>samen<br />

Frauenkreis, der bis heute besteht.<br />

<strong>Die</strong> Initiator<strong>in</strong>nen waren Frau R<strong>in</strong>gena (ref.) ,<br />

Frau Franke (luth.) und Frau Kl<strong>in</strong>ge (altref.). Es<br />

werden Referenten zu den unterschiedlichsten<br />

Themen e<strong>in</strong>geladen oder geme<strong>in</strong>same Ausflüge<br />

unternommen.<br />

An jedem ersten Freitag im März treffen<br />

sich Frauen aller <strong>vier</strong> <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>den zum<br />

Weltgebetstag der Frauen. Im Wechsel übernimmt<br />

jeweils e<strong>in</strong>e Frauengruppe (e<strong>in</strong>er <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>de)<br />

die Ausgestaltung der Weltgebetstagsordnung,<br />

tatkräftig unterstützt durch<br />

die Frauen der anderen <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>den.<br />

In e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>samen Flyer stellt sich jede<br />

der <strong>vier</strong> <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>den seit e<strong>in</strong>igen Jahren<br />

allen Neubürgern und Interessierten vor.<br />

Alle <strong><strong>Kirche</strong>n</strong> am Ort s<strong>in</strong>d <strong>Kirche</strong> Jesu<br />

Christi. Ihn predigen sie, ihn beten sie an, ihn<br />

erwarten sie. <strong>Die</strong> Unterschiede zwischen den<br />

<strong><strong>Kirche</strong>n</strong> heben diese große Geme<strong>in</strong>samkeit<br />

nicht auf: E<strong>in</strong> Herr, e<strong>in</strong>e Taufe, e<strong>in</strong> Geist –<br />

zum Nutzen aller.<br />

<strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>den können Hilfe und Halt<br />

bieten, Geme<strong>in</strong>schaft und Begegnung. Sie bewirken<br />

durch ihr Handeln und ihre Verkündigung<br />

Herzenskraft und Erbauung im besten<br />

S<strong>in</strong>n des Wortes, damit die Welt erkennt, dass<br />

Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, unser<br />

Retter und Erlöser, unser Herr und Heiland.<br />

DIE EVANGELISCH-ALTREFORMIERTE KIRCHENGEMEINDE<br />

427


8<br />

<strong>Die</strong> <strong>Evangelisch</strong>-lutherische<br />

<strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>de<br />

Recherche: Ute Suhr, Re<strong>in</strong>hard Golde<br />

Zusammenstellung und Text: Re<strong>in</strong>hard Golde<br />

Als jüngste und kle<strong>in</strong>ste der <strong>vier</strong> <strong><strong>Kirche</strong>n</strong> <strong>in</strong><br />

Hoogstede steht die ev.-lutherische Thomaskirche<br />

am Ortsausgang Richtung R<strong>in</strong>ge. Sie<br />

„duckt“ sich sche<strong>in</strong>bar an e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en Erdhügel,<br />

so als würde sie sich e<strong>in</strong> wenig genieren.<br />

Für den flüchtig vorbeieilenden Autofahrer<br />

präsentiert sie sich wohl kaum als e<strong>in</strong>, wie anderorts<br />

übliches <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>gebäude. Ke<strong>in</strong>e große<br />

Kirchturmuhr, ke<strong>in</strong> Kreuz auf dem Dach, ke<strong>in</strong><br />

imposanter Glockenturm oder wenigstens e<strong>in</strong><br />

Dachreiter, <strong>in</strong> dem Glocken hätten hängen können,<br />

weisen darauf h<strong>in</strong>, dass man es mit e<strong>in</strong>er<br />

<strong>Kirche</strong> zu tun hat. Erst beim näheren H<strong>in</strong>schauen<br />

auf das, die l<strong>in</strong>ke Giebelseite des Gebäudes<br />

e<strong>in</strong>nehmende, von unten nach oben<br />

durchgehende farbige Glasfenster (auf welches<br />

wir an späterer Stelle ausführlich e<strong>in</strong>gehen<br />

werden) erkennt man, dass es sich um e<strong>in</strong>en<br />

Sakralbau handelt.<br />

<strong>Die</strong> Anfänge<br />

Das „Häufle<strong>in</strong>“ Lutheraner, welches vor 1945 <strong>in</strong><br />

der Niedergrafschaft lebte, wurde bis zum Ersten<br />

Weltkrieg von L<strong>in</strong>gen aus betreut. Nach Errichtung<br />

des ev.-lutherischen Pfarramtes Grafschaft<br />

Bentheim mit Sitz <strong>in</strong> Bad Bentheim (später <strong>in</strong><br />

Nordhorn) gehörten die Geme<strong>in</strong>deglieder zu diesem<br />

Amtsbezirk. Hierbei handelte es sich um e<strong>in</strong>ige<br />

wenige, aus familiären Gründen zugezogene<br />

Angehörige lutherischen Bekenntnisses. Des Weiteren<br />

Textilarbeiter aus Oberschlesien, die <strong>in</strong> der<br />

aufstrebenden Textil<strong>in</strong>dustrie <strong>in</strong> Nordhorn <strong>in</strong> den<br />

1920er Jahren und später die „W<strong>in</strong>tershaller“, die<br />

mit Beg<strong>in</strong>n der Erdölförderung <strong>in</strong> der Niedergrafschaft<br />

Lohn und Brot fanden.<br />

Preußische Zollbeamte (obwohl mehrheitlich<br />

Lutheraner), die an der deutsch-niederlän-<br />

428<br />

dischen Grenze ihren <strong>Die</strong>nst taten, können eigentlich<br />

nicht mit dazugerechnet werden, da sie<br />

<strong>in</strong> der Regel nur immer e<strong>in</strong>ige wenige Jahre <strong>in</strong><br />

der Grafschaft blieben, bis sie schließlich wieder<br />

versetzt wurden, damit sie nicht mit der<br />

„schmuggelnden“ e<strong>in</strong>heimischen Bevölkerung<br />

allzu vertraut werden konnten. Mit dem Ende<br />

des Zweiten Weltkrieges stieg die Zahl der Menschen<br />

lutherischen Bekenntnisses durch Zuzug<br />

bzw. Zuweisung von Flüchtl<strong>in</strong>gen und Heimatvertriebenen<br />

aus den deutschen Ostgebieten<br />

(Schlesien, Sudetenland, Ostpreußen, Pommern,<br />

u.a.) stark an.<br />

Im Mai 1946 entstand <strong>in</strong>nerhalb des Pfarramtes<br />

Grafschaft Bentheim der Seelsorgebezirk Niedergrafschaft-Nord.<br />

Mit se<strong>in</strong>er Betreuung wurde<br />

der aus Neustadt <strong>in</strong> Oberschlesien stammende<br />

Pastor Günther Nitsche beauftragt. <strong>Die</strong> Geme<strong>in</strong>deglieder<br />

lebten weit verstreut <strong>in</strong> und um Emlichheim,<br />

R<strong>in</strong>ge, Hoogstede, Laar, Wilsum und den<br />

heute dazugehörenden Ortsteilen, die bis zur Gebietsreform<br />

Mitte der 1970er Jahre eigenständige<br />

politische Geme<strong>in</strong>den waren. Als Fortbewegungsmittel<br />

diente Pastor Nitsche (soweit sich ke<strong>in</strong>e<br />

Mitfahrgelegenheit auf e<strong>in</strong>em Fuhrwerk oder Lieferwagen<br />

ergab) e<strong>in</strong> Fahrrad, dass er vom Uhrmachermeister<br />

Wächter, <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>vorsteher <strong>in</strong> Nordhorn,<br />

geschenkt bekommen hatte.<br />

Aus den Er<strong>in</strong>nerungen von Pastor<br />

Nitsche an die Nachkriegsjahre<br />

<strong>Die</strong> Sammlung der ev.-lutherischen Geme<strong>in</strong>de<br />

<strong>in</strong> der nördlichen Niedergrafschaft vollzog sich<br />

ohne jegliche Schwierigkeiten. Man brauchte<br />

nur zu sammeln. Und Sammeln ist e<strong>in</strong>facher als<br />

Zusammenhalten. Aber für beides gibt es das<br />

gleiche Mittel: Unterwegsse<strong>in</strong>.


Wenn man sich als Hirtenhund verstand,<br />

war die Aufgabenstellung und <strong>Die</strong>nstanweisung<br />

klar und e<strong>in</strong>deutig: Suchen – aufsuchen<br />

– besuchen. E<strong>in</strong>laden – begleiten. So geziemt<br />

es e<strong>in</strong>em Hirtenhund.<br />

Unsere Heimat lag im Osten. Hier waren<br />

wir Fremdl<strong>in</strong>ge. Nichts Gewohntes, nichts<br />

Vertrautes war vorhanden. Wir waren <strong>in</strong><br />

Deutschland und konnten doch die E<strong>in</strong>heimischen<br />

nicht verstehen, wenn sie mite<strong>in</strong>ander<br />

sprachen.<br />

Wir waren unter <strong>Evangelisch</strong>en. Und doch<br />

waren wir <strong>in</strong> ihren Gottesdiensten nicht zu<br />

Hause. Ke<strong>in</strong> Altar, ke<strong>in</strong> Kruzifix, ke<strong>in</strong> Bild fiel<br />

<strong>in</strong>s Auge. Das Gesangbuch aus dem Flüchtl<strong>in</strong>gsgepäck<br />

war unbrauchbar, es wurde ja<br />

ke<strong>in</strong> Choral gesungen. <strong>Die</strong> Texte und Melodien<br />

der Reimpsalmen kannte man nicht. Am<br />

Grabe sagte der Pastor ke<strong>in</strong> Wort. Im Hause<br />

reichte er den Kranken und Sterbenden nicht<br />

das Abendmahl. <strong>Die</strong> K<strong>in</strong>der lernten und zählten<br />

die Zehn Gebote anders – eben nach dem<br />

Heidelberger Katechismus. <strong>Die</strong> <strong>Evangelisch</strong>en<br />

aus der Altpreußischen Union entdeckten,<br />

dass evangelisch nicht gleich evangelisch war.<br />

Sie wurden sich ihres lutherischen Bekenntnisses<br />

bewusst.<br />

Für die E<strong>in</strong>heimischen war man der<br />

„Flüchtl<strong>in</strong>gspastor“, den man respektierte und<br />

akzeptierte. Ihn machte man darauf aufmerksam,<br />

wenn „die Flüchtl<strong>in</strong>ge“ nicht am Sonntag<br />

zur <strong>Kirche</strong> g<strong>in</strong>gen. Wenn man Besuche<br />

machte, kam man nur über die Alte<strong>in</strong>gesessenen<br />

zu se<strong>in</strong>en Geme<strong>in</strong>degliedern, solange sie<br />

auf den Höfen saßen und ke<strong>in</strong>e eigene Wohnung<br />

hatten.<br />

Man saß auch nachher mit ihnen (den E<strong>in</strong>heimischen)<br />

<strong>in</strong> der großen Küche zusammen,<br />

weil die „Upkammern“ ke<strong>in</strong>en Platz für e<strong>in</strong>en<br />

Besucher boten. Dabei lernte man sie kennen<br />

und hatte über ihr Denken und Fühlen nachzudenken.<br />

Man begriff nach und nach die Geme<strong>in</strong>detheologie.<br />

Sie war geprägt von der<br />

Lehre der „Gnadenwahl vor dem Fall“. Was für<br />

e<strong>in</strong>en, der theologisch gebildet war, <strong>in</strong> die<br />

Dogmengeschichte h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gehörte, war hier<br />

Gegenwart und wirkte.<br />

Man hatte viel zu lernen und neu zu begreifen,<br />

damit die eigenen Geme<strong>in</strong>deglieder<br />

DIE EVANGELISCH-LUTHERISCHE KIRCHENGEMEINDE<br />

vor Missdeutungen und Fehlurteilen bewahrt<br />

werden konnten. Man hatte Lutheraner für die<br />

anderen, nicht gegen andere zu se<strong>in</strong>. Sonst<br />

versagte man.<br />

Konfessionelle Spannungen gab es nicht.<br />

Man beherbergte den „Fremdl<strong>in</strong>g“, aber man<br />

missionierte ihn nicht. Der Grund dafür war,<br />

dass bei allen Konfessionen <strong>in</strong> der Niedergrafschaft<br />

e<strong>in</strong>e gute, feste kirchliche Sitte<br />

herrschte. Man war gewohnt, dass nicht jeder<br />

<strong>in</strong> die gleiche <strong>Kirche</strong> g<strong>in</strong>g. Aber, dass jeder <strong>in</strong><br />

„se<strong>in</strong>e“ <strong>Kirche</strong> g<strong>in</strong>g, war selbstverständlich.<br />

Wir hatten darauf zu achten, dass „Lutherisch<br />

se<strong>in</strong>“ nicht als die bequemste und billigste Art<br />

des Christse<strong>in</strong>s verstanden werden konnte.<br />

<strong>Die</strong> <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>zucht der Reformierten und vor<br />

allem der Altreformierten war streng. Wer sich<br />

darum drücken wollte, versuchte zu uns auszuweichen.<br />

In solchen Fällen war e<strong>in</strong> klares<br />

Ne<strong>in</strong> notwendig. Zucht, wenn sie nicht unbarmherzig<br />

ist, darf man nicht auflösen.<br />

Spannungen gab es zwischen den E<strong>in</strong>heimischen<br />

und dem „Fremden Volk“ (<strong>Die</strong>ser Ausdruck<br />

war aber nicht böse oder diffamierend<br />

geme<strong>in</strong>t. Das hatte man aber erst e<strong>in</strong>mal zu begreifen.)<br />

Es stießen aufe<strong>in</strong>ander: E<strong>in</strong>heimische<br />

und Fremde, Agrar- und Industriewirtschaft,<br />

Reformierte, Altreformierte und Lutheraner.<br />

Auf unserer Seite geschah das Gleiche: „<strong>Die</strong>“<br />

Bauern, „<strong>Die</strong>“ E<strong>in</strong>heimischen, usw.<br />

Aber das ist festzuhalten: Der Flüchtl<strong>in</strong>g<br />

oder Vertriebene war voll <strong>in</strong> die Nachbarschaft,<br />

die auf dem Hof galt, e<strong>in</strong>geschlossen.<br />

Der Flüchtl<strong>in</strong>g hatte die gleiche Beerdigung<br />

wie der Hofbesitzer, dem Vertriebenenmädchen<br />

wurde die gleiche Hochzeit ausgerichtet<br />

wie der Bauerntochter.<br />

Man beherbergte uns im Hause und mit unseren<br />

Gottesdiensten <strong>in</strong> ihren <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>. Unsere<br />

Gottesdienste – gänzlich ungewohnt nach dem<br />

Mittagessen und Kaffeetr<strong>in</strong>ken – erwiesen sich<br />

als gut und heilsam. Für die Menschen aus dem<br />

Osten, die es hierher verschlagen hatte, war der<br />

Sonntag e<strong>in</strong> gefährlicher Tag.<br />

Er war wie e<strong>in</strong>e moorige Stelle auf Feldwegen,<br />

wo man e<strong>in</strong>sackt. Er konnte zum<br />

„Moorloch“ werden, das e<strong>in</strong>en verschl<strong>in</strong>gt.<br />

Wochentags konnte man sich regen und bewegen.<br />

Man hatte se<strong>in</strong>e Arbeit. Das half, die<br />

429


8<br />

erdrückende Last zu vergessen, die man mit<br />

dem Verlust der Heimat zu tragen hatte. Aber<br />

am Sonntag war sie nicht zu verdrängen. Beschäftigungslos<br />

überfiel e<strong>in</strong>em das erfahrene<br />

Leid. Man war schutzlos den Er<strong>in</strong>nerungen<br />

ausgeliefert …<br />

„Ich hatte im Heimkehrerheim (Bleibe für<br />

entlassene Kriegsgefangene, die ohne Heimat<br />

waren) <strong>in</strong> Bentheim zu tun. In der Nacht von<br />

Sonnabend zu Sonntag hatte ich vor Frenswegen<br />

Reifenpanne. In der Klosterschänke<br />

brannte noch Licht. Ich wurde aufgenommen<br />

und durfte <strong>in</strong> der Gaststube schlafen. Am<br />

Sonntagmorgen erhielt ich unbestelltes Frühstück.<br />

Geld wurde nicht angenommen. Man<br />

wies mir den Weg zu Fahrradhändler Kamps.<br />

In der kle<strong>in</strong>en Werkstatt wurde me<strong>in</strong> Schlauch<br />

geflickt. Bezahlung wurde auch hier abgelehnt.<br />

Aber Flickzeug und e<strong>in</strong>e Tube Gummilösung<br />

wurden mir geschenkt. Das war damals<br />

e<strong>in</strong>e Kostbarkeit.<br />

In Wilsum suchte ich die Gastwirtschaft<br />

auf, weil me<strong>in</strong> Gottesdienst erst um 13.00 Uhr<br />

begann. Ich bestellte mir Tee, erhielt ihn, …<br />

und dazu Sch<strong>in</strong>kenbrote. Ich machte darauf<br />

aufmerksam, dass ich ke<strong>in</strong>e Fleischmarken bei<br />

mir hätte. Man w<strong>in</strong>kte ab.<br />

Herr Ridder sagte mir: ,Herr Pastor, wenn<br />

Sie nicht zum Gottesdienst unterwegs wären,<br />

bekämen Sie überhaupt nichts. Ihnen müssen<br />

wir helfen. Sie können doch nicht mit leerem<br />

Magen auf der Kanzel stehen. Sie s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong> Gast<br />

<strong>in</strong> der Gastwirtschaft, Sie s<strong>in</strong>d Gast bei uns.‘<br />

<strong>Die</strong>se Beispiele mögen verdeutlichen, was<br />

damals unter Hilfe, Unterstützung und Nächstenliebe<br />

<strong>in</strong> der Grafschaft verstanden wurde.<br />

Beim Nachlesen und Zurückblenden stellte<br />

man mit Erstaunen und Verwunderung fest,<br />

dass e<strong>in</strong>em viel Zeit zur Verfügung gestanden<br />

haben muss. Das lag wohl daran, dass ,Stress‘<br />

noch nicht entdeckt war und so dieses Wort<br />

e<strong>in</strong>en nicht kränken konnte. Das Abwehrmittel:<br />

,unzumutbar‘ befand sich noch nicht im<br />

Verkehr.<br />

Beim Unterwegsse<strong>in</strong> zum Sammeln und<br />

Besuchen durfte man nicht vergessen, dass<br />

man auff<strong>in</strong>d- und ansprechbar zu se<strong>in</strong> hatte.<br />

Das g<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>em endgültig zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> jenem<br />

Augenblick auf, als man se<strong>in</strong>e damals 14-jäh-<br />

430<br />

DIE VIER HOOGSTEDER KIRCHEN<br />

rige Tochter, die man wegen Arbeit abwimmeln<br />

wollte, sagen hörte: ,Vati, ich gehöre<br />

auch zu de<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>de.‘<br />

Man kann nun dankbar für das voll-gefüllte<br />

Hirtenhundeleben se<strong>in</strong>. Es war ke<strong>in</strong><br />

,Hundeleben‘. Und es waren alles andere als<br />

,Hundejahre‘.“<br />

Lutherische Gottesdienste<br />

<strong>in</strong> den anderen <strong><strong>Kirche</strong>n</strong><br />

Am 22. Mai 1946 wird <strong>in</strong> Wilsum, Emlichheim<br />

und Hoogstede der Konfirmandenunterricht<br />

aufgenommen. <strong>Die</strong> Zeiten richten sich nach<br />

den Fahrzeiten des „Quarkauto´s“, das die<br />

Molkereien <strong>in</strong> der Niedergrafschaft abfuhr und<br />

den Pastor <strong>in</strong> diese Orte mitnahm.<br />

Mit unseren Gottesdiensten nach lutherischer<br />

Ordnung wurden wir brüderlich von den<br />

ev.-reformierten Geme<strong>in</strong>dekirchenräten aufgenommen.<br />

Es wurde auch erlaubt, dass wir<br />

auf den Abendmahlstisch Kruzifix und Leuchter<br />

stellten. In der Christvesper am Heiligen<br />

Abend brannten am Weihnachtsbaum Lichter.<br />

Dass dies geschehen konnte, haben manche<br />

Kenner Grafschafter Art nicht für möglich gehalten.<br />

Aber man g<strong>in</strong>g eben mit den aus ihren<br />

Heimatkirchen Vertriebenen barmherzig um. So<br />

fand am Pf<strong>in</strong>gstsonntag, den 9. Mai 1946 <strong>in</strong> der<br />

reformierten <strong>Kirche</strong> zu Hoogstede der erste Gottesdienst<br />

für die lutherische Geme<strong>in</strong>de statt.<br />

Von nun an gab es im 14-tägigen Rhythmus lutherische<br />

Gottesdienste <strong>in</strong> Hoogstede.<br />

Am 24. April 1947 bekommt der „Vertriebenen-<br />

bzw. Flüchtl<strong>in</strong>gspastor“ wie Nitsche von<br />

den E<strong>in</strong>heimischen bald genannt wird, von der<br />

britischen Militärregierung für 46,– Reichsmark<br />

e<strong>in</strong> Motorrad Zündapp 200 (Baujahr 1928) zugeteilt.<br />

Nun geht es mit dem Abhalten von Gottesdiensten<br />

und den Besuchen wesentlich<br />

schneller als mit der „Fietse“. Allerd<strong>in</strong>gs ist es<br />

auch vorgekommen, dass sich der Pastor am<br />

heißen Auspuff den Talar versengt hatte, als<br />

zwischen den Gottesdiensten <strong>in</strong> den verschiedenen<br />

Orten ke<strong>in</strong>e Zeit zum Umziehen war.<br />

Nach e<strong>in</strong>er Lungenentzündung Ende Dezember<br />

1950 bekommt Pastor Nitsche vom Arzt<br />

Motorradfahrverbot verordnet, sodass im Februar<br />

1951 e<strong>in</strong> generalüberholter VW-Standard<br />

aus englischen Beständen angeschafft wurde.


Grundste<strong>in</strong>legung<br />

für die<br />

Thomaskirche<br />

im Mai 1960.<br />

Pastor Nitsche<br />

(mit Barrett)<br />

Beg<strong>in</strong>nende Bautätigkeit<br />

In den ersten Jahren nach Kriegsende kam<br />

ke<strong>in</strong> Lutheraner <strong>in</strong> der Niedergrafschaft auf<br />

die Idee, e<strong>in</strong>e eigene <strong>Kirche</strong> oder gar e<strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>dezentrum<br />

zu bauen. Zum e<strong>in</strong>en wäre<br />

jede avisierte Baumaßnahme zu jener Zeit<br />

zweifelsohne an der mangelnden f<strong>in</strong>anziellen<br />

Grundlage gescheitert. Doch wozu auch<br />

bauen? Schließlich wollte man ja <strong>in</strong> die angestammte<br />

Heimat <strong>in</strong> Deutschlands Osten zurück,<br />

aus der man e<strong>in</strong>st vertrieben wurde oder<br />

Hals über Kopf flüchten musste und wo man<br />

oftmals Häuser, Bauernhöfe, das ganze Hab<br />

und Gut und eben auch die <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>, aber<br />

nicht den Glauben zurückgelassen hatte.<br />

Erst mit der Zeit setzte sich (besonders bei<br />

den nachfolgenden jüngeren Geme<strong>in</strong>degliedern)<br />

die Erkenntnis durch, dass die politischen<br />

Verhältnisse e<strong>in</strong>e Rückkehr <strong>in</strong> die Heimat unmöglich<br />

machten und man sich dieser unabwendbaren<br />

Realität zu stellen hatte.<br />

Nachdem die lutherische Geme<strong>in</strong>de <strong>in</strong> Emlichheim,<br />

mit der Hoogstede wie anfangs beschrieben<br />

im Seelsorgebezirk Niedergrafschaft-<br />

Nord vere<strong>in</strong>t war, am 7. November 1954 an der<br />

Mühlenstraße ihre neu erbaute Friedenskirche<br />

weihen und beziehen konnte, mussten die<br />

<strong>Hoogsteder</strong> Lutheraner noch e<strong>in</strong>ige Jahre ihre<br />

Gottesdienste <strong>in</strong> den anderen <strong><strong>Kirche</strong>n</strong> (vornehmlich<br />

der reformierten) abhalten oder allsonntäglich<br />

nach Emlichheim fahren.<br />

DIE EVANGELISCH-LUTHERISCHE KIRCHENGEMEINDE<br />

<strong><strong>Kirche</strong>n</strong>baustelle Spätsommer<br />

1960 (vgl. zwei Bilder weiter)<br />

<strong>Die</strong> „eigene“ <strong>Kirche</strong> entsteht<br />

So reifte mit den Jahren auch <strong>in</strong> Hoogstede<br />

der Wunsch nach e<strong>in</strong>em eigenen <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>gebäude.<br />

Hier musste man jedoch mit den ger<strong>in</strong>gen<br />

f<strong>in</strong>anziellen Mitteln das größtmögliche<br />

herausholen. An e<strong>in</strong> separates Geme<strong>in</strong>dezent -<br />

rum neben e<strong>in</strong>er <strong>Kirche</strong> war aus den erwähnten<br />

Kostengründen nicht zu denken.<br />

Nachdem man von den <strong>Hoogsteder</strong> Eheleuten<br />

Albert Jan und H<strong>in</strong>drik<strong>in</strong> Keute e<strong>in</strong><br />

geeignetes Grundstück am Dorfrand an der<br />

Hauptstraße <strong>in</strong> Richtung R<strong>in</strong>ge kaufen konnte,<br />

musste e<strong>in</strong> geeigneter Architekt gefunden werden,<br />

der aus den vorhandenen (oder besser:<br />

kaum vorhandenen) Mitteln das Beste herausholen<br />

konnte. <strong>Die</strong>s erwies sich schwerer als gedacht.<br />

So gab der Architekt Zobel se<strong>in</strong>en<br />

Auftrag zurück, da die relativ kle<strong>in</strong>e <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>de<br />

se<strong>in</strong>e Pläne nicht bezahlen konnte.<br />

In dem Architekten Eugen Stamm aus Georgsmarienhütte<br />

fand man dann jemanden,<br />

dessen wohldurchdachter Entwurf für e<strong>in</strong>en<br />

<strong><strong>Kirche</strong>n</strong>bau vorbehaltlos angenommen werden<br />

konnte. Stamm löste das Problem, mit ger<strong>in</strong>gstem<br />

Bauvolumen den erforderlichen<br />

Raumbedarf (<strong>Kirche</strong> im Obergeschoss und Geme<strong>in</strong>deraum<br />

mit Küche, Toilette und Büro im<br />

Erdgeschoss) zu decken.<br />

So entstand das unter Ausnutzung des Daches<br />

zweigeschossige Gebäude, das dreiseitig<br />

<strong>in</strong> den Eschboden h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gestellt wurde, was<br />

bei den Fundamenten erhebliche Mehrkosten<br />

verursachte.<br />

431


8<br />

DIE VIER HOOGSTEDER KIRCHEN<br />

Blick <strong>in</strong> den Geme<strong>in</strong>deraum im Erdgeschoss<br />

Der ursprüngliche Plan e<strong>in</strong>es Geme<strong>in</strong>dezentrums<br />

mit <strong>Kirche</strong> und Geme<strong>in</strong>dehaus <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Ebene scheiterte – wie erwähnt – am<br />

Geld. Es gäbe aber auch nicht die, trotz der<br />

ger<strong>in</strong>gen Maße des Gesamtgebäudes, großzügig<br />

zugeschnittenen Räume.<br />

Eugen Stamm arbeitete mit zwei Trapezen<br />

im Grundriss. Weiten und Sammeln s<strong>in</strong>d zugleich<br />

da. Was sich <strong>in</strong> der Wandführung abspielt,<br />

wiederholt sich <strong>in</strong> der Höhe. <strong>Die</strong> Decke<br />

steigt und fällt: Hut – Schutz – Schirm: behütet<br />

– beschützt – beschirmt.<br />

So ist die <strong>Kirche</strong> <strong>in</strong> ihrem Stil an die damals<br />

hier üblichen „Heuerhäuser“, mit Wohntrakt<br />

und angrenzender <strong>Die</strong>le, angelehnt.<br />

Am 25. März 1960 wurden die Maurerarbeiten<br />

an das Bauunternehmen Kwade aus<br />

R<strong>in</strong>ge vergeben, die Zimmererarbeiten führte<br />

die Firma <strong>Die</strong>trich Steg<strong>in</strong>k, Emlichheim, aus.<br />

Im Mai des gleichen Jahres erfolgte die<br />

Grundste<strong>in</strong>legung. <strong>Die</strong> künstlerische Ausgestaltung<br />

der <strong>Kirche</strong> erfolgte nach den Entwürfen<br />

des Nordhorner Künstlers Hans Ohlms.<br />

Endlich E<strong>in</strong>zug 1961<br />

Ab Ende 1960 führte die lutherische Geme<strong>in</strong>de<br />

Hoogstede e<strong>in</strong>en eigenen Haushalt.<br />

Am 15. Januar 1961 erfolgte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Fest-<br />

432<br />

gottesdienst die E<strong>in</strong>weihung der Thomaskirche<br />

Hoogstede durch Landessuper<strong>in</strong>tendent Degener.<br />

Dazu läuteten die Glocken der reformierten<br />

<strong>Kirche</strong> Hoogstede, <strong>in</strong> der man über 15<br />

Jahre mit eigenen lutherischen Gottesdiensten<br />

zu Gast se<strong>in</strong> durfte.<br />

Aus Kostengründen wurde beim Neubau der<br />

Thomaskirche auf e<strong>in</strong>en Glockenturm verzichtet.<br />

So rufen bis <strong>in</strong> die heutige Zeit sonntags die<br />

Glocken der benachbarten <strong>altreformierte</strong>n <strong>Kirche</strong><br />

kurz vor 9.00 Uhr die <strong>Hoogsteder</strong> Lutheraner<br />

zum Gottesdienst.<br />

Am darauffolgenden Sonntag, dem 22. Januar<br />

1961, begann der Gottesdienst <strong>in</strong> der<br />

neuen <strong>Kirche</strong> um 9.00 Uhr und <strong>in</strong> der Frie-<br />

<strong>Die</strong> fertiggestellte<br />

<strong>Kirche</strong> Anfang<br />

der 1960er Jahre<br />

vom Grundstück<br />

Keute aus gesehen


denskirche Emlichheim um 10.30 Uhr. An diesen<br />

Anfangszeiten hat sich <strong>in</strong> all den vergangenen<br />

Jahren nichts verändert.<br />

Mit der Gründungsurkunde der pfarramtlich<br />

verbundenen Muttergeme<strong>in</strong>den Hoogstede<br />

und Emlichheim vom 24. Oktober 1961<br />

erhielt die <strong>Hoogsteder</strong> Thomaskirchengeme<strong>in</strong>de<br />

ihre formelle Selbstständigkeit.<br />

Längst hatte Pastor Nitsche aufgrund se<strong>in</strong>er<br />

regen Bautätigkeit <strong>in</strong> Emlichheim (Pfarrhaus,<br />

Grenzlandheim, Küsterhaus, <strong>Kirche</strong>) und danach<br />

die neue <strong>Kirche</strong> <strong>in</strong> Hoogstede neben dem<br />

bereits erwähnten Spitznamen „Flüchtl<strong>in</strong>gspas -<br />

tor“, e<strong>in</strong>en weiteren Namen von der e<strong>in</strong>heimischen<br />

Bevölkerung bekommen: „Baupastor“.<br />

War die erste Titulierung ke<strong>in</strong>eswegs respektlos<br />

oder abfällig geme<strong>in</strong>t, so zeugte die letztere Bezeichnung<br />

von hoher Wertschätzung. Später<br />

wurde er auch noch „Reisepastor“ genannt.<br />

Nach der privaten Anschaffung e<strong>in</strong>es Wohnwagens<br />

(Wer hatte so etwas zur damaligen Zeit<br />

<strong>in</strong> der Niedergrafschaft schon!), unternahm<br />

Pastor Nitzsche ausgedehnte Urlaubsreisen, die<br />

ihn weit über Deutschlands Grenzen <strong>in</strong>s Ausland<br />

führten.<br />

Das „Innenleben“ der Thomaskirche<br />

Wie an vorhergehender Stelle bereits genannt,<br />

wurde die künstlerische Ausgestaltung der<br />

<strong>Kirche</strong> dem Nordhorner Künstler Hans Ohlms<br />

übertragen, der sich bereits mit se<strong>in</strong>en Arbeiten<br />

an anderen Sakralbauten <strong>in</strong> Niedersachsen<br />

e<strong>in</strong>en hervorragenden Ruf erworben hatte.<br />

Man kann <strong>in</strong> der Nachbetrachtung nur<br />

feststellen: Hans Ohlms war e<strong>in</strong> absoluter<br />

Könner se<strong>in</strong>es Fachs und e<strong>in</strong> wahrer Glücksgriff<br />

für die <strong>Hoogsteder</strong> Lutheraner.<br />

Nach dem Verständnis lutherischen Bekenntnisses<br />

gehört neben dem „Hören“, Predigt,<br />

Gesang und Lesung, gleichwertig auch<br />

das „Sehen“, also die entsprechende Ausgestaltung<br />

e<strong>in</strong>er <strong>Kirche</strong>. Dazu gehört für Lutheraner<br />

wenigstens e<strong>in</strong> Blatt aus der Bilderbibel.<br />

Das wurde <strong>in</strong> den reformierten <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>räumen,<br />

die von streng calv<strong>in</strong>istischer Prägung<br />

ist, doch sehr vermisst. <strong>Die</strong> bildende<br />

Kunst hilft, sich des Gehörten zu er<strong>in</strong>nern,<br />

regt zum Nachs<strong>in</strong>nen an und führt zum Sprechen<br />

mit Gott.<br />

DIE EVANGELISCH-LUTHERISCHE KIRCHENGEMEINDE<br />

Das Glasfenster im <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>raum mit Taufbecken<br />

Könnte man bei der Gestaltung und E<strong>in</strong>richtung<br />

von Geme<strong>in</strong>dehäusern noch dem eigenen<br />

Geschmack, den eigenen Vorlieben<br />

vertrauen und nach eigenem Gutdünken die<br />

E<strong>in</strong>richtung und Ausstattung vornehmen, so<br />

sollte man zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er <strong>Kirche</strong> bei der<br />

Ausgestaltung e<strong>in</strong>en Künstler zu Rate ziehen.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs kann man <strong>in</strong> das künstlerische<br />

Werk eigene Vorstellungen der Geme<strong>in</strong>de (jedoch<br />

immer <strong>in</strong> enger Absprache mit dem beauftragten<br />

Kunstexperten) e<strong>in</strong>fließen lassen.<br />

<strong>Die</strong> Glasmalerei des Ostfensters, im Erdgeschoss<br />

2,4 m x 2,4 m und weiter nach oben <strong>in</strong><br />

den <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>raum übergehend 2,4 m x 5,96 m,<br />

somit <strong>in</strong>sgesamt knapp 8,4 m x 2,4 m groß,<br />

wurde nach den Entwürfen Hans Ohlms´ von<br />

den Vere<strong>in</strong>igten Werkstätten August Wagner<br />

<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>/Neukölln ausgeführt. Ebenso das<br />

Christus-Mosaik 2,0 m x 0,8 m groß, von dem<br />

die Thomaskirche ihren Namen hat. Ohlms<br />

schlug vor: „Christus für Thomas“ <strong>in</strong> Mosaik<br />

als Mauerdurchbruch zu gestalten. So bekam<br />

der Nicht-im-Tod-Gebliebene se<strong>in</strong>en Platz gegenüber<br />

dem Treppenaufgang.<br />

Der Auferstandene spricht den „Thomas<br />

von heute“ mit den gleichen Worten wie den<br />

433


8<br />

Das Christusmosaik am<br />

Treppenaufgang zum <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>raum<br />

DIE VIER HOOGSTEDER KIRCHEN<br />

Thomas von damals an: „Reiche mir de<strong>in</strong>en<br />

F<strong>in</strong>ger und siehe me<strong>in</strong>e Hände und reiche de<strong>in</strong>e<br />

Hand her und lege sie <strong>in</strong> me<strong>in</strong>e Seite und sei<br />

nicht ungläubig, sondern gläubig.“ Und er entlässt<br />

ihn mit den Worten: „Selig s<strong>in</strong>d, die nicht<br />

sehen und doch glauben“ (Joh. 20, 24–29).<br />

434<br />

Der Weg zum Platz <strong>in</strong> den <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>bänken<br />

führt zum Taufbecken (zur Taufe zu). Das soll<br />

uns daran er<strong>in</strong>nern, dass gesagt ist: „Fürchte<br />

dich nicht, denn ich habe dich bei de<strong>in</strong>em<br />

Namen gerufen; du bist me<strong>in</strong>“ (Jes. 43,1).<br />

Das kupferne Taufbecken, e<strong>in</strong>er Wiege nachempfunden,<br />

ebenfalls von Hans Ohlms entworfen,<br />

wurde <strong>in</strong> der Werkstätte Falger, Münster<br />

i. W. gefertigt. Architekt Eugen Stamm machte<br />

es der Thomaskirchengeme<strong>in</strong>de zum Geschenk.<br />

<strong>Die</strong> Bänke, auf dem <strong>in</strong> den 1980er Jahren<br />

durch Parkett ersetzten, ehemals grünen Teppichboden,<br />

deren Sitzhöhe von h<strong>in</strong>ten nach<br />

vorn zu vom Stuhl- auf Sesselmaß abs<strong>in</strong>kt,<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Block zusammengefasst.<br />

Auf der Mittelachse steht der Altar, dessen<br />

Fuß und Platte aus Sichtbeton gefertigt ist. Er<br />

ruht auf e<strong>in</strong>em dreistufigen Sockel. Dah<strong>in</strong>ter die<br />

große sandste<strong>in</strong>farbene Wand, aus Ziegelste<strong>in</strong>en<br />

errichtet, an der das kle<strong>in</strong>e blau-goldene<br />

Emaillekreuz förmlich zu schweben sche<strong>in</strong>t.<br />

L<strong>in</strong>ks davon die kle<strong>in</strong>e, ebenfalls aus gelben<br />

Ziegelste<strong>in</strong>en gemauerte Kanzel.<br />

Das Buntglasfenster rechts vom Altar und<br />

somit h<strong>in</strong>ter dem Taufbecken ruft <strong>in</strong>s Gedächtnis<br />

zurück: „Gott gibt täglich Brot, auch<br />

wohl ohne unsere Bitte. Aber wir bitten <strong>in</strong> die-<br />

<strong><strong>Kirche</strong>n</strong><strong>in</strong>nenraum (l<strong>in</strong>ks Kanzel, mittig Altar)<br />

vom Orgelboden aus betrachtet


sem Gebet, dass er es uns erkennen lasse und<br />

wir mit Danksagung empfangen unser täglich<br />

Brot“ (Luthers kle<strong>in</strong>er Katechismus, 3. Hauptstück,<br />

4. Bitte).<br />

Das Besondere an diesem Fensterbild s<strong>in</strong>d<br />

jedoch se<strong>in</strong>e Motive. So f<strong>in</strong>det man unter anderem<br />

die Abbildung e<strong>in</strong>er Ölpumpe, wie man<br />

sie besonders um Hoogstede des Öfteren sieht,<br />

sowie sogenannte „Getreidepuppen“.<br />

Das Fensterbild, welches aufgrund se<strong>in</strong>er<br />

Anordnung an der Ostseite, besonders durch<br />

die Vormittagssonne dem Betrachter von der<br />

Innenseite mit se<strong>in</strong>er Lebendigkeit und Vielfalt<br />

<strong>in</strong> Bann zieht, zeichnet die hiesige Lebenswelt<br />

ebenso nach wie die, die man durch<br />

Flucht und Vertreibung aus Deutschlands<br />

Osten dort hat zurücklassen müssen.<br />

Aus den Er<strong>in</strong>nerungen<br />

des Künstlers Hans Ohlms<br />

„Im W<strong>in</strong>ter 1971 besuchte mich Pastor Nitsche<br />

und gab mir me<strong>in</strong>en Begleitbrief zum <strong>Hoogsteder</strong><br />

Fensterentwurf im Orig<strong>in</strong>al, den er bei<br />

se<strong>in</strong>er Pensionierung bewusst nicht bei den<br />

kirchlichen Akten zurückließ. Nach vielen<br />

Jahren wieder gelesen, kam es mir vor, als<br />

hätte ich das Vaterunser, das ich als katholisch<br />

erzogenes K<strong>in</strong>d selbstverständlich kannte, <strong>in</strong><br />

den Jahren des Jüngl<strong>in</strong>gs, der Zeit des Dritten<br />

Reiches, den sieben Jahren Soldat-se<strong>in</strong> vergessen<br />

und nun mühsam aus Bruchstücken<br />

stammelnd zu rekonstruieren versucht. Ich<br />

danke Pastor Nitsche für se<strong>in</strong>e Fe<strong>in</strong>fühligkeit.<br />

Wenn ich den Text unkorrigiert trotz se<strong>in</strong>er<br />

Intimität der Öffentlichkeit preisgebe, dann<br />

aus dem Grund, weil er das <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>fenster<br />

,von unten nach oben‘ erklärt und die ständig<br />

gestellte Frage beantwortet, ,was man sich<br />

denn dabei gedacht habe‘, auch vermag er<br />

me<strong>in</strong>e damalige <strong>in</strong>nere Situation zu kennzeichnen:<br />

Lieber Gott, gib uns unser täglich unser Brot<br />

und lass uns unsere alten Eltern speisen dürfen.<br />

Gib auch unseren Tieren, die uns dienen, e<strong>in</strong><br />

reichliches Futter.<br />

Hilf uns Handwerkszeug erf<strong>in</strong>den,<br />

dass wir recht helfen können.<br />

Kleide uns, dass wir nicht frieren müssen.<br />

Erhalte den Neugeborenen die Mutter.<br />

DIE EVANGELISCH-LUTHERISCHE KIRCHENGEMEINDE<br />

Schenke uns Wasser, uns zu re<strong>in</strong>igen<br />

und den Durst zu stillen.<br />

Lass die Bäume grünen<br />

und uns wie sie <strong>in</strong> De<strong>in</strong>er Gnade wachsen.<br />

Halte unser Heim <strong>in</strong> Frieden<br />

und lass uns Heimat f<strong>in</strong>den.<br />

(Erhalte uns die Gewohnheit,<br />

De<strong>in</strong>er im Abendmahl <strong>in</strong>nig zu gedenken.)<br />

Gib uns Licht und e<strong>in</strong>en hellen wachen Geist.<br />

Gib uns Arbeit und lass uns <strong>in</strong> der tiefen Erde<br />

und <strong>in</strong> der hohen Luft<br />

De<strong>in</strong>e Gaben f<strong>in</strong>den.<br />

Erhalte uns das Lachen der K<strong>in</strong>der<br />

und deren re<strong>in</strong>e Herzen.<br />

Mach uns leicht<br />

und lass uns lustig s<strong>in</strong>gen,<br />

wie es die Vögel tun.<br />

Erfreue uns weiter mit saftigen Früchten.<br />

Gönne uns die Kunst,<br />

damit wir Dich loben können.<br />

Lass uns reifen wie Korn <strong>in</strong> harter Sonne<br />

und bewahre uns den Glauben,<br />

von den Toten e<strong>in</strong>st auferstehen zu dürfen,<br />

um zu Dir, unserem Vater, zurückzukehren,<br />

von dem wir kommen. Amen.“<br />

Da schreibt Hans Ohlms: „… gönne uns die<br />

Kunst, damit wir Dich loben können, …“ Ich<br />

denke, diese Bitte wurde <strong>in</strong> und mit der Thomaskirche<br />

erhört.<br />

Unsere Pastoren<br />

Da die beiden <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>den Emlichheim<br />

und Hoogstede zwar selbstständig, aber pfarramtlich<br />

verbunden s<strong>in</strong>d, trägt der <strong>in</strong> Emlichheim<br />

wohnende jeweilige lutherische Pastor<br />

auch für die Anliegen und Belange der <strong>Hoogsteder</strong><br />

Lutheraner Verantwortung.<br />

Günther Nitsche, Pastor von<br />

Mai 1946 bis April 1976.<br />

Nitsche wurde am 12. Februar 1911 <strong>in</strong> Neustadt<br />

(Oberschlesien) geboren. Studium der<br />

Theologie <strong>in</strong> Breslau und Leipzig.<br />

Nach Kriegsgefangenschaft <strong>in</strong> den USA, se<strong>in</strong>e<br />

Familie war <strong>in</strong>zwischen aus Schlesien vertrieben,<br />

überträgt ihm die Hannoversche Landeskirche<br />

den pfarramtlichen <strong>Die</strong>nst über den<br />

damaligen Seelsorgebezirk Niedergrafschaft<br />

Nord.<br />

435


8<br />

Ehepaar Nitsche verließ Emlichheim/Hoogstede<br />

nach be<strong>in</strong>ahe 30 Jahren segensreichem<br />

<strong>Die</strong>nst am 3. Mai 1976 und zog nach Scheeßel<br />

<strong>in</strong> die Nähe se<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>der.<br />

Pastor Nitsche wurde im Juni 2000 von se<strong>in</strong>em<br />

Schöpfer <strong>in</strong> die Ewigkeit abberufen.<br />

Vakanzvertretung<br />

von Mai 1976 bis Oktober 1977:<br />

Pastor Arnecke, Twist<br />

Peter Lüdtke, Pastor vom<br />

1. November 1977 bis 30. August 1980.<br />

Studium an der Theologischen Akademie<br />

Celle. Zum Pastor ord<strong>in</strong>iert am 6. November<br />

1977 <strong>in</strong> der Friedenskirche Emlichheim.<br />

Lüdtke verließ aus familiären Gründen die<br />

Niedergrafschaft, lebte <strong>in</strong> den letzten Jahren<br />

<strong>in</strong> Hildesheim-Ochtersum. Dort wurde er am<br />

29. Juli 2004 <strong>in</strong> die Gnade des Herrn gerufen.<br />

Vakanzvertretung<br />

von September 1980 bis Oktober 1981:<br />

Pastor Arnecke, Twist<br />

Pastor Kohnert, Dalum<br />

Pastor Craemer, Neuenhaus<br />

Re<strong>in</strong>hard Riemer, Pastor von<br />

November 1981 bis Juni 1987.<br />

Kam aus dem <strong>Die</strong>nst bei der Missionsgesellschaft,<br />

für die er mehrere Jahre <strong>in</strong> Kondoa/<br />

Tansania tätig war, zum Seelsorgedienst nach<br />

Emlichheim und Hoogstede.<br />

1987 wurden Pastor Riemer, zusammen mit<br />

se<strong>in</strong>er Frau, die ebenfalls Pastor<strong>in</strong> ist, erneut<br />

<strong>in</strong> den Missionsdienst nach Afrika berufen.<br />

Vakanzvertretung<br />

von Juli bis August 1987<br />

Pastor Kohnert, Dalum<br />

Bernhard Pippiers, Pastor von<br />

September 1987 bis Juli 1993.<br />

Geboren 1956 <strong>in</strong> Großenwörden bei Himmelpforten<br />

im Landkreis Stade. Theologiestudium<br />

<strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen, September 1987 <strong>in</strong> Veldhausen<br />

ord<strong>in</strong>iert, bis 1990 erst als Hilfspastor, danach<br />

Pfarramts<strong>in</strong>haber <strong>in</strong> Emlichheim und Hoogstede.<br />

436<br />

DIE VIER HOOGSTEDER KIRCHEN<br />

Vakanzvertretung<br />

von August 1993 bis Januar 1994<br />

Pastor Kohnert, Dalum<br />

Dr. Frank Frühl<strong>in</strong>g, Pastor von<br />

Februar 1994 bis Februar 2000<br />

Geboren <strong>in</strong> Ostfriesland. Frau Frühl<strong>in</strong>g hatte<br />

ab Anfang 1992 e<strong>in</strong>e Lehrerstelle am Gymnasium<br />

Emlichheim <strong>in</strong>ne. Frank Frühl<strong>in</strong>g war <strong>in</strong><br />

dieser Zeit noch als Geme<strong>in</strong>de- und Berufsschulpastor<br />

<strong>in</strong> Ostfriesland, später als Studentenpastor<br />

<strong>in</strong> Osnabrück tätig.<br />

Im Jahr 2000 nahm er <strong>in</strong> Holzm<strong>in</strong>den im Weserbergland<br />

die Stelle als Super<strong>in</strong>tendent an.<br />

Pastor Dr. Frank Frühl<strong>in</strong>g ist mittlerweile als<br />

M<strong>in</strong>isterialrat im Innenm<strong>in</strong>isterium des Landes<br />

Niedersachsen <strong>in</strong> Hannover tätig.<br />

Vakanzvertretung<br />

von März bis November 2000<br />

Pastor Kohnert, Dalum<br />

Arnold Magdanz, Pastor seit Dezember 2000<br />

Geboren 1954 <strong>in</strong> Altenau im Harz. Aufgewachsen<br />

<strong>in</strong> Hessen. Studium an der Theologischen<br />

Akademie <strong>in</strong> Hermannsburg und Celle.<br />

Erste Pfarrstelle <strong>in</strong> Cadenberge/W<strong>in</strong>gst. Zwölf<br />

Jahre als Militärpfarrer <strong>in</strong> den Bundeswehrstandorten<br />

Fassberg und Schwanewede, von<br />

dort aus e<strong>in</strong>gesetzt unter anderem als Seelsorger<br />

während der Kurdenhilfe im Bakhtavan/Iran<br />

und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em UN-Hospital <strong>in</strong> Kambodscha.<br />

Nach eigenen Aussagen hat sich Pastor Magdanz<br />

als Ziel gesetzt, viele Jahre <strong>in</strong> Emlichheim<br />

und somit auch <strong>in</strong> Hoogstede bleiben zu wollen:<br />

„Wenn es Emlichheim (und Hoogstede)<br />

nicht geben würde, müsste man es erf<strong>in</strong>den,<br />

denn e<strong>in</strong>e solche vielschichtige und facettenreiche<br />

Geme<strong>in</strong>de gerade <strong>in</strong> ökumenischer Sicht<br />

muss man erst e<strong>in</strong>mal f<strong>in</strong>den! Hier kann man<br />

als Pastor viel lernen und manches bewegen,<br />

denn diese Geme<strong>in</strong>de ist beweglich!“<br />

(Ich me<strong>in</strong>e: Recht hat er!)<br />

Unsere Küster und Küster<strong>in</strong>nen<br />

Ernst Ste<strong>in</strong>er, Hoogstede<br />

Küster von 1961 bis 1977<br />

Gerda Leuchtmann, Hoogstede<br />

Küster<strong>in</strong> von 1977 bis 1990


<strong>Die</strong> ev.-lutherische<br />

Thomaskirche<br />

im Frühl<strong>in</strong>g 2008<br />

Jennegien Barth, Hoogstede<br />

Küster<strong>in</strong> von 1990 bis 2000<br />

Renate Hessel<strong>in</strong>k, R<strong>in</strong>ge-Neugnadenfeld<br />

Küster<strong>in</strong> seit 2000<br />

Geme<strong>in</strong>deleben jetzt und heute<br />

Derzeit gehören zur ev.-luth. Thomaskirchengeme<strong>in</strong>de<br />

rund 370 Geme<strong>in</strong>deglieder, die<br />

neben den sonn- und feiertäglichen Gottesdiensten<br />

auch auf e<strong>in</strong> vielfältiges Angebot an<br />

Gruppen und Kreisen zurückgreifen können.<br />

So gibt es neben der Jugendgruppe, dem<br />

Frauenkreis I und dem Frauen- und Mütterkreis,<br />

den geme<strong>in</strong>samen Frauenkreis mit den<br />

anderen <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>den.<br />

Des Weiteren organisieren <strong>in</strong> regelmäßigen<br />

Abständen Geme<strong>in</strong>demitglieder, die aus den<br />

Niederlanden nach Hoogstede gezogen s<strong>in</strong>d,<br />

Informationsveranstaltungen und Deutschkurse<br />

für niederländische Mitbürger.<br />

<strong>Die</strong> ökumenische Zusammenarbeit zwischen<br />

den verschiedenen Konfessionen verläuft<br />

erfreulicherweise weitestgehend problemlos,<br />

wofür wir sehr dankbar s<strong>in</strong>d. Das be<strong>in</strong>haltet<br />

nicht nur geme<strong>in</strong>same Gottesdienste und Andachten<br />

aller <strong>Hoogsteder</strong> <strong><strong>Kirche</strong>n</strong> und den alle<br />

zwei Jahre stattf<strong>in</strong>denden und bislang jeweils<br />

wechselseitig <strong>in</strong> der Thomas- und <strong>in</strong> der <strong>altreformierte</strong>n<br />

<strong>Kirche</strong> durchgeführten Konzertgottesdienst<br />

des K<strong>in</strong>der- und Jugendchores unserer<br />

ev.-luth. Partnergeme<strong>in</strong>de aus Drebach im<br />

Erzgebirge.<br />

Ebenfalls zeugen die unter dem Motto<br />

„Nachbarn laden Nachbarn e<strong>in</strong>“ <strong>in</strong> regelmäßi-<br />

DIE EVANGELISCH-LUTHERISCHE KIRCHENGEMEINDE<br />

<strong><strong>Kirche</strong>n</strong>vorstand der lutherischen Thomaskirche <strong>in</strong> 2008<br />

Derzeit gehören dem <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>vorstand sechs Mitglieder<br />

an. Von l<strong>in</strong>ks: Kerst<strong>in</strong> Warmer, <strong>Die</strong>ter Czypulowski,<br />

Erna Engler, Kar<strong>in</strong> Barth, Ute Suhr und Re<strong>in</strong>hard Golde.<br />

Rechts Pastor Arnold Magdanz<br />

gen Abständen veranstalteten Nachbarschaftstreffen<br />

für Bewohner der um die <strong>altreformierte</strong><br />

und lutherische <strong>Kirche</strong> entstandenen Neubaugebiete<br />

und „Alte<strong>in</strong>gesessenen“, von der fruchtbaren<br />

und vertrauensvollen Zusammenarbeit<br />

über die Konfessionsgrenzen h<strong>in</strong>weg.<br />

Auch zum Kreiswettbewerb: „Unser Dorf hat<br />

Zukunft“ im Juni 2008 präsentierten sich alle<br />

<strong>vier</strong> <strong>Hoogsteder</strong> <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>den geme<strong>in</strong>sam<br />

<strong>in</strong> der reformierten <strong>Kirche</strong> mit e<strong>in</strong>er kurzen<br />

Vorstellung, e<strong>in</strong>igen sakralen Gegenständen<br />

sowie Bild- und Texttafeln den Juroren.<br />

Stand die Thomaskirche bis vor kurzer Zeit<br />

noch am westlichen Rand von Hoogstede, sozusagen<br />

fast e<strong>in</strong>sam <strong>in</strong> den Feldern, so ist sie,<br />

bed<strong>in</strong>gt durch neue, schnell wachsende Baugebiete<br />

mehr und mehr <strong>in</strong> die Dorfmitte gerückt.<br />

Aber wie sagt der Volksmund so<br />

treffend: „Nun lasst mal die <strong>Kirche</strong> im Dorf!“<br />

Ich denke, und das gilt für alle <strong>vier</strong> <strong>Hoogsteder</strong><br />

<strong><strong>Kirche</strong>n</strong>: Genau da gehören sie auch h<strong>in</strong>.<br />

Quellen<br />

Unterlagen von Pastor Nitsche<br />

Gespräche mit Zeitzeugen<br />

Daten der ev.-luth. <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>de<br />

Emlichheim und Hoogstede,<br />

Arno Piechorowski: Hans Ohlms Arbeiten für den sakralen<br />

Raum, Arm<strong>in</strong> Vaas Verlag, Langenau-Albeck 1981<br />

Broschüre 50 Jahre ev.-luth. Friedenskirche Emlichheim<br />

437


8<br />

Kirchliches aus Zeitung und<br />

Anzeigenblatt 1885–1922<br />

Kreisblatt für den Kreis Grafschaft Bentheim<br />

Zusammengestellt von Johann Jeur<strong>in</strong>k<br />

Hoogstede, 23. August 1902<br />

Um was sich nicht alles e<strong>in</strong> Pastor bemühte<br />

Es erkrankte kürzlich die dreizehnjährige<br />

Tochter des Landwirthes K. <strong>in</strong> B. an e<strong>in</strong>em<br />

schweren Halsleiden. Da die Gefahr des Erstickens<br />

immer größer wurde, wurde dieselbe,<br />

als ich abends zu ihr gerufen wurde, auf me<strong>in</strong><br />

Drängen noch während der Nachtzeit <strong>in</strong> das<br />

Krankenhaus zu Nordhorn gebracht. Da Gefahr<br />

im Verzuge war, nahm der dortige Dr.<br />

med. Rön<strong>in</strong>k noch <strong>in</strong> der Nacht die Operation<br />

vor. <strong>Die</strong>selbe gelang vollständig, und bef<strong>in</strong>det<br />

sich das Mädchen bei der geschickten Behandlung<br />

des genannten Arztes und der sorgfältigen<br />

Pflege der dortigen Schwestern <strong>in</strong> der<br />

Genesung, so daß baldige vollständige Heilung<br />

zu erhoffen steht.<br />

Da noch e<strong>in</strong> anderer Kranke aus me<strong>in</strong>er<br />

Geme<strong>in</strong>de <strong>in</strong> demselben Krankenhaus war,<br />

nahm ich später die Gelegenheit wahr, dasselbe<br />

zu besuchen. Alles was ich dort sah und<br />

hörte, machte auf mich den günstigsten E<strong>in</strong>druck.<br />

Ich fühle mich dadurch aus freiem Antriebe<br />

veranlaßt, von dieser Stelle aus für<br />

vorkommende ähnliche Krankheitsfälle das<br />

evangelische Krankenhaus zu Nordhorn zu<br />

empfehlen. Nyhuis, Pastor<br />

Hoogstede, 5. Juni 1905<br />

Auch früher gab es spendable Bürger<br />

<strong>Die</strong> hiesige reformierte <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>de wurde<br />

<strong>in</strong> letzterer Zeit durch e<strong>in</strong> ihr gewordenes,<br />

wertvolles Geschenk freudig überrascht. <strong>Die</strong><br />

Frau Witw. Gastwirt Laarmann von hier<br />

schenkte der hiesigen <strong>Kirche</strong> e<strong>in</strong>e schon längst<br />

begehrte Turmuhr mit zwei Zifferblättern. <strong>Die</strong><br />

von der Firma Korfhage <strong>in</strong> Buer bei Osnabrück<br />

438<br />

angefertigte und durch den Uhrmacher Borggreve<br />

<strong>in</strong> Veldhausen gelieferte Uhr ist sehr solide<br />

und akkurat gearbeitet. Sie geht bis jetzt<br />

tadellos, und hört man den Glockenschlag <strong>in</strong><br />

weitem Umkreise. Um die Symmetrie am<br />

Kirchturme zu bewahren, hat der <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>rat<br />

zwei weitere Zifferblätter anbr<strong>in</strong>gen lassen<br />

und gereicht nunmehr das Uhrwerk auch äußerlich<br />

dem vor e<strong>in</strong>igen Jahren neu erbauten<br />

Turme zur Zierde. Möge die Turmuhr der<br />

spendablen Geber<strong>in</strong>, die sich mit derselben e<strong>in</strong><br />

bleibendes Gedächtnis <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>de geschaffen<br />

hat, noch manche freudige und<br />

glückliche Stunde schlagen.<br />

<strong>Die</strong> Ev.-reformierte <strong>Kirche</strong> um 1920,<br />

Ausschnitt aus e<strong>in</strong>er colorierten Postkarte


Arkel, 26. November 1917<br />

Das Ende der Ära „Nyhuis“<br />

Heute wurde hier unter großer Beteiligung<br />

unser langjähriger Prediger, Herr Konsistorialrat<br />

Nyhuis, auf dessen Ableben unsere Zeitung<br />

schon h<strong>in</strong>gewiesen hat, zu Grabe getragen.<br />

Unter dem Trauergefolge bemerkten wir<br />

zahlreiche Geistliche beider Konfessionen und<br />

viele Lehrer, besonders auch viele Herren aus<br />

Neuenhaus und Nordhorn, sowie e<strong>in</strong>en Vertreter<br />

der Königlichen Regierung aus Osnabrück.<br />

<strong>Die</strong> Geme<strong>in</strong>de, an der der Entschlafene fast<br />

51 Jahre h<strong>in</strong>durch gewirkt hatte, war äußerst<br />

zahlreich vertreten. Im Trauerhause hielt Pas -<br />

tor Hold e<strong>in</strong>e kurze Andacht, <strong>in</strong> der dicht gefüllten<br />

<strong>Kirche</strong> Pastor Bode die Gedächtnisrede<br />

über Luc. 12, 35-37. Letzterer verwies u.a.<br />

darauf, daß schon der Vater des Entschlafenen<br />

ca. 40 Jahre an der neu gegründeten <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>de<br />

Arkel gewirkt habe, Vater und<br />

Sohn also zusammen – nach 7 Jähriger Unterbrechung<br />

– 90 Jahre h<strong>in</strong>durch das Predigtamt<br />

an derselben Geme<strong>in</strong>de verwaltet hätten.<br />

Außerdem sei der Entschlafene über 30 Jahre<br />

lang Kreisschul<strong>in</strong>spektor der Niedergrafschaft<br />

und etwa 10 Jahre h<strong>in</strong>durch Vorsitzender des<br />

reformierten Oberkirchenrats, Mitglied des<br />

evangel. Konsortiums und Vorsitzender der<br />

KIRCHLICHES AUS ZEITUNG UND ANZEIGENBLATT 1885 – 1922<br />

reformierten Klassis gewesen und habe als<br />

solcher stets die Interessen der von ihm so<br />

heiß geliebten und ihm so <strong>in</strong>nig vertrauten engeren<br />

Heimat vertreten … Wir aber scheiden<br />

von se<strong>in</strong>em Grabe mit dem Wunsche: Er ruhe<br />

<strong>in</strong> Frieden und das ewige Licht leuchte ihm.<br />

Hoogstede, 22. Juni 1919<br />

E<strong>in</strong> freudiges Ereignis<br />

Nach fast zweijähriger Vakanz erhält die ref.<br />

<strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>de Arkel endlich wieder e<strong>in</strong>en<br />

neuen Seelsorger. Der anstelle des im November<br />

1917 hier verstorbenen langjährigen Pas -<br />

tor Konsistorialrat Nyhuis gewählte Prediger<br />

Otto Voget aus Bedekaspel (Ostfr.) wird voraussichtlich<br />

am Donnerstag hier e<strong>in</strong>treffen<br />

und am kommenden Sonntag <strong>in</strong> se<strong>in</strong> Amt e<strong>in</strong>geführt.<br />

Für die so lange verwaiste Geme<strong>in</strong>de<br />

Arkel bedeutete die Ankunft des neuen Pas -<br />

tors e<strong>in</strong> Freudentag, und die Geme<strong>in</strong>deglieder<br />

werden es sich nicht nehmen lassen, ihn freudig<br />

und festlich zu begehen. Um den neuen<br />

Seelsorger hier rasch heimisch werden zu lassen<br />

und ihm den Aufenthalt so angenehm wie<br />

Pastor Otto Voget und Familie, mit sechs K<strong>in</strong>dern<br />

am 8. Oktober 1939: Hans Joachim, Cornelia,<br />

Pastor Otto Voget, Ajold, Ulrike, Friedchen,<br />

davor Erdmuthe und Frau Paula Voget geb. Ziethe<br />

439


8<br />

möglich zu gestalten, hat man das Pfarrhaus<br />

e<strong>in</strong>em gründlichen Umbau unterzogen. Herr<br />

Pastor Voget ist der Grafschaft ke<strong>in</strong> Fremder.<br />

Zu Anfang des Krieges war er <strong>in</strong> Nordhorn als<br />

Kandidat tätig. Zwei se<strong>in</strong>er Brüder s<strong>in</strong>d ebenfalls<br />

Grafschafter Prediger, und zwar <strong>in</strong> Georgsdorf<br />

und Laar.<br />

Arkel, 10. Dezember 1919<br />

Grund genug zu feiern<br />

Am letzten Sonntag feierte die ev.-reformierte<br />

<strong><strong>Kirche</strong>n</strong>geme<strong>in</strong>de Arkel das Fest ihres 100jährigen<br />

Bestehens. <strong>Die</strong> Concession, e<strong>in</strong>en eigenen<br />

Prediger an der Capelle zu Arkel<br />

anzustellen ist datiert vom 30. August 1819;<br />

der erste Pastor der Geme<strong>in</strong>de, Johannes<br />

Bernhardus Theodor Nyhuis wurde im Anfang<br />

Dezember 1819 e<strong>in</strong>geführt. So wurde der Jubiläumstag<br />

auf diesen Sonntag festgesetzt.<br />

... Als erster Redner eröffnete der Ortsprediger<br />

die Feier mit der Festpredigt über 1. Petri<br />

2, 4–10. … Unter anderem wurde auch der<br />

verstorbenen Vorgänger Konsistorialrat Nyhuis,<br />

se<strong>in</strong>es Vaters und des Pastors L.H.E. Lucassen<br />

gedacht.<br />

… Danach kamen dann noch Konsistorialrat<br />

Stokmann aus Bentheim, der Bentheimer<br />

Oberkirchenrat Dr. Hollweg aus Gildehaus und<br />

P. Stockmann aus Veldhausen zu Wort.<br />

Zum Schluß bestieg P. Weusmann aus Emlichheim<br />

die Kanzel, um zugleich im Namen<br />

der beiden mit erschienenen <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>ältesten<br />

Alfer<strong>in</strong>k und Kwade die Grüße der Muttergeme<strong>in</strong>de<br />

Emlichheim der feiernden Tochtergeme<strong>in</strong>de<br />

zu entbieten.<br />

Anschließend an Ps. 122. 6.7 zeigte der<br />

Redner unter dem Bilde der Entlassung e<strong>in</strong>er<br />

Tochter zur Ehe, wie es der Tochtergeme<strong>in</strong>de<br />

<strong>in</strong> ihrer Ehe mit dem himmlischen Bräutigam<br />

ergangen sei. Sie habe nicht Wohnungsnot<br />

gelitten, und die Aussteuer – die Kleider des<br />

Heils – seien reichlich vorhanden allezeit, und<br />

am täglichen Brot habe es ihr nicht gefehlt, <strong>in</strong><br />

der Geme<strong>in</strong>schaft mit dem der das Brot des<br />

Leibes ist.<br />

Gewiß ist es der Muttergeme<strong>in</strong>de noch<br />

heute wehmütig, daß die Lostrennung hat<br />

stattf<strong>in</strong>den müssen, doch s<strong>in</strong>d die Bande, die<br />

Emlichheim und Arkel noch heute verb<strong>in</strong>den,<br />

440<br />

DIE VIER HOOGSTEDER KIRCHEN<br />

so stark, daß nur Freude se<strong>in</strong> kann über das<br />

Wohlergehen und Wachsen der Tochtergeme<strong>in</strong>de.<br />

…Von besonderer Bedeutung war der Gottesdienst<br />

auch dadurch, dass <strong>in</strong> ihm zum letzten<br />

Mal holländisch gesungen wurde. Um der<br />

Jugend willen hauptsächlich ist der deutsche<br />

<strong><strong>Kirche</strong>n</strong>gesang beschlossen und soll vom<br />

nächsten Sonntag ab e<strong>in</strong>geführt werden.<br />

Doch – ob holländisch oder deutsch – das<br />

rechte Lob steht nicht <strong>in</strong> Worten, sondern<br />

kommt vom Herzen zu dem, der Se<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>de<br />

segnete dieses ganze Jahrhundert h<strong>in</strong>durch.<br />

Hoogstede, 2. Januar 1923<br />

In unserer ref. <strong>Kirche</strong> werden alljährlich etwa<br />

60 <strong><strong>Kirche</strong>n</strong>sitze verpachtet. Noch <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em<br />

Jahr ist auch nur annähernd e<strong>in</strong> derartiger<br />

Mietbetrag erzielt wie für 1923. <strong>Die</strong> Mieten<br />

br<strong>in</strong>gen rund 170.000 Mk. auf.<br />

Hoogstede, 12. Dezember 1924<br />

Mit großer Freude konnte die reformierte Geme<strong>in</strong>de<br />

Arkel am 2. Advent zum ersten Male<br />

wieder durch ihre zwei neue Glocken zum<br />

Gottesdienst geladen werden. Zur Er<strong>in</strong>nerung<br />

an die Ursache des Glockenwechsels steht auf<br />

den Glocken der Reim: „Als Denkmal der Brüder,<br />

erneut nach dem Kriege – so rufet uns<br />

wieder zum Kampf und zum Siege!“ Daß<br />

dabei nicht an e<strong>in</strong>e neue Kriegszeit gedacht<br />

ist, sondern an „den Kampf, der uns verordnet<br />

ist“, besagen die Sprüche, die die Glocken zieren:<br />

Schaffet, dass ihr selig werdet, mit Furcht<br />

und Zittern“, Phil. 2:12 und „Lobe, Zion, de<strong>in</strong>en<br />

Gott“ Ps. 147:12. Mögen diese Glockentöne<br />

der Geme<strong>in</strong>de recht tief <strong>in</strong>s Herz h<strong>in</strong>e<strong>in</strong><br />

kl<strong>in</strong>gen, zu ihrem Heil und zur Ehre Gottes!

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!