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ForestFinest 2/2012

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Titel<br />

„Geld ist offensichtlich da”<br />

Prof. Dr. Niekisch fordert mehr Mittel für Naturschutz und will, dass Bauern und Förster für das Bewahren von<br />

Natur- und Gemeingütern aus EU-Töpfen Geld bekommen. Was noch auf politischer Ebene für die Umwelt getan<br />

werden kann und muss, fragte ihn Jan Fockele für <strong>ForestFinest</strong>.<br />

Prof. Dr. Niekisch arbeitet wissenschaftlich vor allem<br />

an Strategien und Instrumenten zur nachhaltigen<br />

Nutzung natürlicher Ressourcen, speziell zum<br />

Schutz der Biodiversität. Foto: Zoo Frankfurt am Main<br />

Zur Person:<br />

Der Frankfurter Zoodirektor Professor Dr. Manfred<br />

Niekisch ist im Juli <strong>2012</strong> erneut in den<br />

Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU)<br />

der Bundesregierung berufen worden. Der studierte<br />

Biologie war von 1983 bis 1989 Direktor<br />

der Artenschutzzentrale/TRAFFIC Germany der<br />

Umweltstiftung WWF Deutschland, anschließend<br />

bis 1998 wissenschaftlicher Geschäftsführer<br />

der Tropenwaldstiftung Oro-Verde.<br />

Seit März 2008 ist er Direktor des Frankfurter<br />

Zoos und seit Juli 2010 zudem Professor für<br />

„Internationalen Naturschutz“ an der Goethe-<br />

Universität Frankfurt. Von 1998 bis 2008 hatte<br />

er die gleichnamige Professur an der Universität<br />

Greifswald inne und nimmt zudem seit vielen<br />

Jahren Lehraufträge zum Naturschutz u.a.<br />

an den Universitäten Hanoi/Vietnam und in<br />

Spanien wahr.<br />

Ehrenamtlich ist er in zahlreichen Funktionen<br />

tätig, so z. B. als Vizepräsident der Zoologischen<br />

Gesellschaft Frankfurt und Präsident der Gesellschaft<br />

für Tropenökologie sowie im Beirat von<br />

National Geographic.<br />

Sie sind Mitglied im Sachverständigenrat für<br />

Umweltfragen der Bundesregierung. Was sind<br />

die Hauptaufgaben dieses Gremiums?<br />

Der Sachverständigenrat hat die Aufgabe, die<br />

Umweltpolitik der Bundesrepublik kritisch zu begleiten,<br />

auf Fehlentwicklungen hinzuweisen und<br />

Verbesserungsvorschläge zu machen. Wir sind<br />

dabei unabhängig. Das heißt, wir suchen uns die<br />

Themen unserer Gutachten selbst, diskutieren<br />

diese im Laufe des Entstehens mit zuständigen<br />

Fachministerien und anderen Institutionen, erörtern<br />

spezielle Fragen in Anhörungen mit Fachleuten<br />

und legen die daraus entstehenden Gutachten<br />

dann der Öffentlichkeit vor. Überraschend<br />

waren zum Beispiel die Folgen unseres Sondergutachtens<br />

über eine Stromversorgung aus 100<br />

Prozent erneuerbaren Ressourcen, für das wir von<br />

mancher Seite ziemlich viel Häme einstecken<br />

mussten. Das war wenige Wochen vor Fukushima.<br />

Und nach Fukushima wurde genau das von<br />

der Bundesregierung beschlossen, was wir empfohlen<br />

hatten, nämlich der Einstieg in eine richtig<br />

konsequente Energiewende.<br />

Wie hoch schätzen Sie Ihren Einfluss ein, den<br />

Sie mit dem Sachverständigenrat haben?<br />

Der Sachverständigenrat ist ja nicht einfach ein<br />

Klub von sieben Professoren, die ab und zu mal<br />

was von sich geben. Wir haben eine mit wissenschaftlichen<br />

Mitarbeitern besetzte Geschäftsstelle<br />

in Berlin. Jeder von uns Räten hat einen wissenschaftlichen<br />

Assistenten, und wir treffen uns<br />

jeden Monat für zwei Tage, um unsere Thesen zu<br />

diskutieren. Dazwischen haben wir jede Menge<br />

Telefon- und E-Mail-Kontakt. Wir erheben nicht<br />

einfach Forderungen, was getan werden müsste<br />

und wo man mal genauer drauf schauen müsste,<br />

sondern wir arbeiten wissenschaftlich fundiert<br />

und konkret: Wir lassen Szenarien durchrechnen<br />

und analysieren genau.<br />

Wie zufrieden sind Sie mit der Bundesregierung<br />

hinsichtlich des Umgangs mit den<br />

Em pfehlungen des Sachverständigenrates?<br />

Wenn ich mit den Ergebnissen nicht zufrieden<br />

bin, liegt das nicht unbedingt daran, dass sich<br />

irgendjemand standhaft geweigert hätte, unsere<br />

Empfehlungen anzunehmen. Es liegt oft daran,<br />

dass solche Umstellungen Zeit brauchen. Ich denke,<br />

da tut sich schon einiges, auch wenn wir uns<br />

natürlich wünschen, dass manches schneller ginge<br />

und dass manches direkter umgesetzt würde.<br />

Ihre Vorschläge sind ja Basis für nationale<br />

und internationale Empfehlungen, oder?<br />

Wir haben eine ganze Reihe von Instrumentarien<br />

vorgeschlagen, mit denen die Bundesregierung<br />

im eigenen Lande Biodiversitätsschutz viel besser<br />

gestalten könnte. Etwa indem man in der Landwirtschaftspolitik<br />

aufhört, Bauern dafür zu subventionieren,<br />

dass sie sich an Gesetze halten.<br />

Wenn ich an einer roten Ampel halte, kommt kein<br />

Polizist und gibt mir 50 Euro. Warum kommt die<br />

EU mit ihren Geldern und gibt dem Bauern Geld<br />

dafür, dass er seine gute fachliche Praxis durchführt?<br />

Wir sind dafür, dass Bauern ruhig weiter<br />

unterstützt werden aus diesen Töpfen, aber für<br />

die Erbringung von Gemeingütern. Und damit<br />

sind wir bei dem Punkt, wer für Ökosystemleistungen<br />

zahlt. Ein Land- oder Forstwirt sieht sich<br />

traditionell ja nicht als Subventionsempfänger,<br />

sondern als Bewahrer von Naturgütern, von<br />

Landschaft, von Heimat. Sie sind also von ihrem<br />

Selbstverständnis her sehr viel näher daran, Geld<br />

dafür zu bekommen, dass sie beispielsweise Böden<br />

fruchtbar, Luft sauber und die Erholungsfunktionen<br />

von Landschaft erhalten, als dafür,<br />

dass sie Mais anbauen oder nicht anbauen.<br />

Werden diese Töpfe auch zukünftig gefüllt zur<br />

Verfügung stehen?<br />

Man sieht ja gerade jetzt, wie schnell mal 100,<br />

140, 200 Milliarden Euro zur Bankenrettung zur<br />

Verfügung stehen, und gleichzeitig hat man<br />

Schwierigkeiten, 5 Millionen Euro für den Naturschutz<br />

zu bekommen. Das Geld ist offensichtlich<br />

da. Es wird nur für andere Dinge ausgegeben.<br />

Es gibt zwischen Mono- und Mischkulturen<br />

einen gewaltigen Unterschied. Wie schaffen<br />

wir es, dass die In-Wert-Setzung von solchen<br />

System sich da unterscheidet?<br />

Ich denke, das ist ein Prozess. Wir haben in<br />

Deutschland durch die Sturmschäden eine sehr<br />

viel dynamischere Entwicklung in Richtung naturnaher<br />

Waldbau eingeschlagen, als wir das vor-<br />

16 FF www.forestfinance.de

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