Fledermaus Winterquartier - Fröruper Berge - Schrobach-Stiftung
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FLENSBURGER TAGEBLATT<br />
<strong>Winterquartier</strong> mit 70er-Jahre-Charme<br />
10. Oktober 2011 | 06:30 Uhr | Von Sven Windmann<br />
Das hat doch was: Britta Gottburg und Wiebke Sach (rechts) zeigen das neue<br />
<strong>Winterquartier</strong> für Fledermäuse in den <strong>Fröruper</strong> <strong>Berge</strong>n. Auf die Tapetenwahl haben die<br />
fliegenden Säugetiere allerding keinen Einfluss. Foto: windmann (3)<br />
Bild 1 von 5<br />
Ein Keller mit einer ungewöhnlichen Geschichte und bunten Tapeten dient in den <strong>Fröruper</strong> <strong>Berge</strong>n als neue<br />
Wohnstätte für Fledermäuse<br />
Ob Fledermäuse auf gelb-orange-farbene Ornament-Tapeten abfliegen? Diese Frage wurde von der Wissenschaft<br />
bislang weder gestellt noch beantwortet. Jetzt allerdings könnte es da rauf, wenn auch ungewollt, eine Antwort geben.<br />
Denn ein neues <strong>Fledermaus</strong>quartier in den <strong>Fröruper</strong> <strong>Berge</strong>n bietet den fliegenden Säugetieren ab sofort die Möglichkeit,<br />
ihren Winterschlafplatz genau in einem solchen Ambiente - also ganz im Stile der 1970er Jahre - zu wählen.<br />
Möglich gemacht hat das der Naturschutzverein Obere Treenelandschaft in Kooperation mit der Kurt und Erika<br />
<strong>Schrobach</strong>-<strong>Stiftung</strong>, die gemeinsam den Feldsteinkeller eines ehemaligen Wohnhauses für die geflügelten Wintergäste<br />
umbauen ließen. Ein ideales Quartier für Fledermäuse - und gleichzeitig ein Haus mit einer besonderen Geschichte.<br />
Denn jahrzehntelang hatten dessen Bewohner ein weitgehend autarkes Leben geführt - abseits der Dörfer, irgendwo<br />
am Rande des <strong>Fröruper</strong> Holzes. "Das Haus wurde in den 50er Jahren gebaut, allerdings zunächst nur der etwa 30<br />
Quadratmeter große Keller. Darin haben die Besitzer - die offenbar in der Gegend sehr beliebt waren - 20 Jahre lang<br />
gelebt, bis in den 70er Jahren eine weitere Etage in Leichtbauweise darauf gesetzt wurde", erzählt Britta Gottburg,<br />
Mitarbeiterin des Naturschutzvereins Obere Treenelandschaft.<br />
Jene Besitzer dieses ungewöhnlichen Domizils, das waren Dora und Richard Szyza. Das Ehepaar hatte sich rund um<br />
sein Waldhaus ein eigenes kleines Reich geschaffen, das es ihnen ermöglichte, sich fast vollständig selbst zu versorgen.<br />
Im Garten stand ein eigener Brunnen, daneben wuchsen Obst und Gemüse, es liefen Hühner umher, der Fernseher<br />
wurde über eine Autobatterie betrieben. Fließendes Wasser oder Strom - Fehlanzeige. Nachdem Richard Szyza, ein<br />
passionierter Steinmetz, starb, lebte seine Witwe noch fast 20 Jahre allein in der selbstgebauten Behausung im Wald.<br />
Als schließlich die Kurt und Erika <strong>Schrobach</strong>-<strong>Stiftung</strong> 1998 den <strong>Fröruper</strong> Wald vom Kreis Schleswig-Flensburg kaufte,<br />
kam es dazu, dass das Stifterehepaar und Dora Szyza sich kennen - und schätzen - lernten. Und da die rüstige Witwe<br />
vom <strong>Schrobach</strong>schem Naturschutzkonzept schnell überzeugt war und gleichzeitig keine direkten Nachkommen hatte,
vermachte sie das Haus kurzerhand noch zu Lebzeiten der <strong>Stiftung</strong>. Als Dank dafür bekam sie auf ihre alten Tage noch<br />
einmal einen Anschluss ans öffentliche Wasser- und Stromnetz spendiert.<br />
Nach dem Tod Dora Szyzas haben sich Verein und <strong>Stiftung</strong> schließlich dazu entschieden, dass künftig Fledermäuse in<br />
das Haus einziehen sollten - oder zumindest in dessen von Steinmetz Richard Syza aufwändig gestalteten Keller. Der<br />
Oberbau wurde abgerissen und unten wurde es für die Insektenfresser "gemütlich" gemacht: Rund 30<br />
<strong>Fledermaus</strong>kästen in verschiedenen Bauweisen hängen nun an den mit Tapetenresten verzierten Wänden des Kellers.<br />
Der Schornstein sorgt dafür, dass Wasser ins Innere gelangen kann, drei Einfluglöcher weisen den neuen Bewohnern<br />
den Weg.<br />
"Wir sind optimistisch, dass die ersten Tiere hier bald einziehen. Fledermäuse sind neugierig und ständig auf der<br />
Suche. Ein neues Quartier spricht sich schnell herum", sagt Wiebke Sach, die gemeinsam mit Britta Gottburg für die<br />
Betreuung der über 2000 Hektar großen <strong>Fröruper</strong> <strong>Berge</strong> durch den Verein zuständig ist.<br />
Dass sie zurecht Hoffnungen hat, dass der Keller von den Tieren gut angenommen wird, beweisen erste Kotspuren im<br />
Innern. Zudem sei bekannt, dass sich in den Feuchtwiesen und Wäldern am Rande der Gemeinde Oeversee mindestens<br />
neun von 15 in Schleswig-Holstein nachgewiesenen <strong>Fledermaus</strong>arten tummeln. Und die meisten von ihnen mögen es<br />
im Winter am liebsten genau so, wie es der Keller des Hauses Szyza bietet: frostfrei, feucht und so dunkel, dass auch<br />
die grellen Tapeten nicht stören.<br />
Zu Ehren der Szyzas soll übrigens schon bald eine Gedenktafel am <strong>Fledermaus</strong>keller angebracht werden. Eine, die<br />
Wande rern das Wesen der fliegenden Säugetiere näher bringt, hängt bereits dort. Unter anderem ist darauf zu lesen,<br />
dass Fledermäuse bis zu 4000 Mücken pro Nacht verspeisen. Bei dem aktuell so immens hohen Vorkommen der<br />
summenden Quälgeister durchaus eine Information, die für Sympathie sorgt.